A. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einem Fahrzeugvollversicherungsvertrag wegen eines selbstverschuldeten Unfalls geltend.
Das klägerische Fahrzeug Ferrari 355 war bei der Beklagten kaskoversichert. Der Kläger schloss für die Finanzierung des Kaufvertrags einen Darlehensvertrag bei der F. Bank ab (Anlage HFB 1). Er war der Halter des Fahrzeugs. Der Kläger ist von der Bank zur Prozessstandschaft ermächtigt worden (Anlage K 9). Die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs erfolgte durch den Sohn des Klägers, den Zeugen E. Cü.
Entgegen anders lautender Angaben in einer Schadensanzeige vom 04.10.2011 gegenüber der Beklagten behauptet der Kläger nun im vorliegenden Verfahren, es habe sich am 20.08.2011 gegen 13.40 Uhr in P./M. ein Unfall ereignet. Der Zeuge Ca. sei mit dem klägerischen Pkw im Ortsbereich auf einer asphaltierten ansteigenden Fahrbahn mit einer Geschwindigkeit von 30-50 km/h gefahren. Nach einer Kuppe im Bereich des Endes der ansteigenden Fahrbahn habe sich eine Rechtskurve befunden mit einem Winkel von ca. 45°. In dieser Rechtskurve habe sich auf der Fahrbahn nicht einsehbarer Schmutz und Sand befunden. Hierdurch sei das Fahrzeug ausgebrochen und gegen eine am rechten Fahrbahnrand befindliche betonierte Seitenbegrenzung geprallt. Das Fahrzeug sei im Frontbereich sowie im Bereich des rechten Kotflügels erheblich beschädigt worden. Soweit die Schadensmeldung ursprünglich anderslautend abgegeben worden sei, beruhe dies auf Missverständnissen. Der Sohn des Klägers habe dem Zeugen Os. das Fahrzeug als Freundschaftsdienst geliehen. Der Zeuge Os., Beifahrer während des Unfalls, habe dem Fahrer Ca. das Fahrzeug überlassen.
Die Beklagte bestreitet sowohl den Unfallhergang als auch die klägerische Behauptung, bei dem vorgestellten Unfall seien die geltend gemachten Schäden entstanden.
Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird im Übrigen auf das angefochtene Urteil vom 17.04.2014 (Bl. 161/169 d. A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG München I hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Erstgericht war zwar davon überzeugt, dass am 20.08.2011 der vom Kläger zuletzt behauptete Verkehrsunfall in P./M. stattfand und der Zeuge Ca. Fahrer des Fahrzeugs war, der Kläger habe jedoch nicht nachgewiesen, dass die von ihm geltend gemachten Schäden bei dem von ihm behaupteten Unfallhergang erfolgt seien können.
Gegen dieses dem Kläger am 25.04.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem beim Oberlandesgericht München am 06.05.2014 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 179/180 d. A.) und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem beim Oberlandesgericht München am 25.07.2014 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 190/204 d. A.) begründet. Der Sachvortrag mit Beweisangeboten zur Kausalität zwischen Unfall und Schäden wurde ergänzt mit Schriftsatz vom 05.08.2014 (Bl. 208/210 d. A.).
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem Antrag erster Instanz zu erkennen (Bl. 191 d. A.).
Hilfsweise:
Auf die Berufung des Klägers und Berufungsklägers wird das Urteil des Landgerichts München I vom 17.04.2014, Az. 23 O 10821/12 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht München I zurückverwiesen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die vorgenannte Berufungsbegründungsschrift, die Berufungserwiderung vom 12.09.2014 (Bl. 230/233 d. A.), die Replik vom 05.08.2014 (Bl. 208/210 d. A.), die weiteren im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze des Klägers vom 29.08.2014 (Bl. 215/222 d. A.) und vom 08.12.2014 (Bl. 236/242 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 12.12.2014 (Bl. 243/245 d. A.) Bezug genommen.
B. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache jedenfalls vorläufig Erfolg.
I. Das Landgericht hat nach derzeitigem Verfahrensstand zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf Versicherungsleistung aus einer Fahrzeugvollversicherung verneint.
Der Senat ist nach § 529 I Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Erstgerichts nur dann gebunden, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung vorgetragen werden.
Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung sind ein unrichtiges Beweismaß, Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen sowie Mängel der Darstellung des Meinungsbildungsprozesses wie Lückenhaftigkeit oder Widersprüche, vgl. zuletzt BGH VersR 2005, 945; Senat in st. Rspr., etwa Urt. v. 09.10.2009 - 10 U 2965/09 [juris] und zuletzt Urt. v. 21.06.2013 - 10 U 1206/13). Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen (BGHZ 159, 254 [258]; NJW 2006, 152 [153]; Senat a. a. O.); bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte genügen nicht (BGH a. a. O.; Senat a. a. O.).
Ein solcher konkreter Anhaltspunkt für die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung ist von der Berufung aufgezeigt worden und liegt auch im Übrigen vor.
Unklar ist, welches Beweismaß das Erstgericht zugrunde gelegt hat.
Nach § 286 I 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Diese Überzeugung des Richters erfordert keine - ohnehin nicht erreichbare (vgl. RGZ 15, 339; Senat NZV 2006, 261; Urt. v. 28.07.2006 - 10 U 1684/06 [juris], st. Rspr., zuletzt Urt. v. 11.06.2010 - 10 U 2282/10 [juris = NJW-Spezial 2010, 489 f. m. zust. Anm. Heß/Burmann und Urt. v. 21.06.2013 - 10 U 1206/13) - absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (grdl. BGHZ 53, 245 [256] = NJW 1970, 946, st. Rspr., insbesondere NJW 1992, 39 [40] und zuletzt VersR 2007, 1429 [1431 unter II 2]; Senat NZV 2003, 474 [475] [Revision vom BGH durch Beschl. v. 01.04.2003 - VI ZR 156/02 nicht angenommen]; NZV 2006, 261; Urt. v. 28.07.2006 - 10 U 1684/06 [juris], st. Rspr., zuletzt Urt. v. 11.06.2010 - 10 U 2282/10 [juris = NJW-Spezial 2010, 489 f. m. zust. Anm. Heß/Burmann] und Urt. v. 21.06.2013 - 10 U 1206/13).
Bei Zugrundelegung des hier einschlägigen Beweismaßes des § 286 I ZPO ist die Beweiswürdigung des Landgerichts, worauf der Berufungskläger zutreffend hingewiesen hat, rechtsfehlerhaft.
Wenn sich das Erstgericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt hat, dass der vom Kläger behauptete Verkehrsunfall am 20.08.2011 in P./M. stattfand und der Zeuge Ca. der Fahrer des beim Beklagten versicherten Ferrari war, die Angaben der Zeugen Ca. und O. zum Unfallhergang insoweit glaubhaft und die Zeugen glaubwürdig waren (so S. 6 des Ersturteils) und das Landgericht dem Sachverständigen folgt, dass bei Unterstellung dieser glaubhaften Aussagen (die Ungenauigkeit zur Geschwindigkeit und den Fahrbahnverhältnissen liegt tatsächlich nicht vor) die behaupteten Unfallschäden vorstellbar sind (so S. 7 des Ersturteils), ist die Schlussfolgerung, der Kläger hätte die erforderlichen Anknüpfungstatsachen für den behaupteten Unfall nicht nachgewiesen, nicht zutreffend.
Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist fehlerbehaftet. Unterstellt man die Beweiswürdigung des Landgerichts, gibt es keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, weswegen bei Anlegung des Beweismaßstabs des § 286 I ZPO keine für das praktische Leben brauchbare Gewissheit dafür bestehen soll, dass die behaupteten Schäden beim vorgetragenen Unfall verursacht worden sein sollen. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Frage nicht nachgegangen wurde, weshalb trotz des geglaubten Unfallgeschehens die Schäden bei einem anderen Schadensereignis hervorgerufen worden sein sollen.
Unverständlich bleibt, weshalb das Erstgericht auf Seite 6 des Ersturteils die Angaben der Zeugen zum Unfallhergang als glaubhaft bezeichnet, die Angaben zu den Geschwindigkeiten und den Fahrbahnzustand dann aber als Vermutungen und unzureichend abtut. Dies ist mit den Zeugenaussagen, soweit sie protokolliert wurden, nicht vereinbar. Der Zeuge Ca. hat Angaben zum Fahrbahnzustand gemacht, wobei es sich insoweit nicht nur um Vermutungen handelte (…dann sind wir ins Schleudern gekommen wegen dem Kies…“). Der Berufungskläger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Zeuge O. ausgeführt hat, man sei nicht schnell gefahren, so dass ohne weiteres die Annahme des Sachverständigen Unfug, der bei dem Unfall innerorts einen Geschwindigkeitsbereich von 30 - 50 km/h für plausibel gehalten hat (Bl. 130f. d. A.), herangezogen werden hätte können. Das Erstgericht hat auch unter Verstoß gegen § 139 I ZPO nicht darauf hingewiesen, dass es diese Frage für maßgeblich hält und somit dem Kläger die Möglichkeit genommen, eine ergänzende Befragung der Zeugen zu beantragen oder weitere Zeugen (zum Fahrbahnzustand) zu benennen (wie jetzt in der Berufungsinstanz erfolgt).
Bezüglich der Frage, ob die behaupteten Schäden bei dem vom Landgericht festgestellten Unfall hervorgerufen wurden, hat das Landgericht die Voraussetzungen des Nachweises überzogen, zumindest bei Unterstellung der Zweifel des Erstgerichts dann erforderliche Beweise nicht erholt, Beweisanträge übergangen bzw. mangels Hinweise mögliche Beweisanträge des Klägers vereitelt.
Hierbei ist von Bedeutung, dass die einvernommenen Zeugen O. und Ca. den Unfallverlauf geschildert und damit auch Aussagen getroffen haben, wo in etwa Schäden am Fahrzeug des Klägers zu erwarten sein würden. Weiter ist zu beachten, dass ein DEKRA-Gutachten hinsichtlich der behaupteten Schäden vorliegt (Anlage K 2), das von der Beklagten in Auftrag gegeben wurde, in dem die Schäden als plausibel dargestellt wurden.
Der Sachverständige Unfug hat in seinem Gutachten vom 11.11.2013 (dort auf S. 7 = Bl. 132 d. A.) ausgeführt: „Die Zeugenaussagen und das DEKRA-Gutachten deuten zumindest darauf hin, dass sich der Unfall so wie geschildert abgespielt hat. Aus technischer Sicht ist es auf jeden Fall möglich, dass sich der Unfall so zugetragen hat, wie vom Unterzeichner oben ausführlich beschrieben wurde.“ Diese Angaben sind zu beurteilen im Lichte der im Beschluss vom 05.06.2013 (Bl. 99/102 d. A.) getätigten Vorgaben gemäß § 404a ZPO. Da das Erstgericht den Zeugen den vom Kläger zuletzt behaupteten Unfallhergang geglaubt hat, ist angesichts der Ausführungen des Sachverständigen nur wenig überzeugend, eine Kausalität zwischen dem Unfall und den im DEKRA-Gutachten festgehaltenen Schäden zu verneinen. Einer mathematischen Gewissheit bedarf es bei § 286 I ZPO gerade nicht (s.o.). Da das Erstgericht dennoch Zweifel hatte, hätte es dann aber nicht sofort entscheiden dürfen, sondern musste die Zeugen dazu befragen, ob das Fahrzeug vor dem Unfall, von dem sich das Landgericht überzeugt, Schäden aufwies, sodann, welche Schäden nach Unfall vorhanden waren. Weiter hätte das Landgericht den vom Kläger zum Beweis für die Zuordenbarkeit und Plausibiltät der Schäden angebotenen sachverständigen Zeugen Franz M. (vgl. Bl. 4 d. A.) befragen müssen, da dieser das verunfallte Fahrzeug - im Gegensatz zum Sachverständigen Unfug (vgl. Bl. 129 d. A.) - noch untersuchen konnte.
Das Erstgericht hat, obwohl ausweislich des Ersturteils nur wenige Anknüpfungstatsachen vorhanden sind, die Parteien und Zeugen nicht in Gegenwart des Sachverständigen angehört bzw. vernommen, obwohl dies regelmäßig angezeigt ist (Senat, Beschl. v. 22.09.2014 - 10 W 1643/14; Balzer, Beweisaufnahme und Beweiswürdigung im Zivilprozess, 2. Aufl. 2005, Rz. 211; Bayerlein/Franzki, Praxis-Handbuch Sachverständigenrecht, 4. Aufl. 2008, § 52 Rz. 37, 40; Krumbholz, Juristische Fragestellungen, in: Buck/Krumbholz, Sachverständigenbeweis im Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2013, § 2 Rz. 31; Hk-ZPO/Eichele, 5. Aufl. 2013, § 404 a Rz. 4). Damit hat es die möglicherweise nur eingeschränkten Aufklärungsmöglichkeiten noch weiter verkürzt.
Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich, dass das Ersturteil keinen Bestand haben kann. Eine Abweisung der Klage mit der Begründung, der Kläger hätte den Beweis der Kausalität des Unfalls für die behaupteten Beschädigungen nicht erbracht, ist aufgrund der vom Landgericht festgestellten Tatsachen, nicht haltbar.
II. Der Senat hat eine eigene Sachentscheidung nach § 538 I ZPO erwogen, sich aber aus folgenden Gründen dagegen entschieden:
1. Ein unberechtigtes Übergehen eines Beweisantrags stellt einen Verstoß gegen die Pflicht zur Erschöpfung der Beweismittel als Ausfluss der Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG dar (BVerfGE 50, 32 = NJW 1979, 413; BVerfGE 60, 247 [249]; 69, 145 = NJW 1985, 1150; BVerfG NJW 2003, 125 [127]; NJW 2005, 1487; BGH NJW-RR 2008, 414; Beschl. v. 28.04.2011 - V ZR 220/10 [juris, dort Rz. 11 ff.]; v. 21.07.2011 - IV ZR 216/09 [juris]; OLG München SchiedsVZ 2011, 230 ff.) und begründet, da es sich bei dem Gebot der Ausschöpfung der angebotenen Beweise um das Kernstück des Zivilprozesses handelt (Senat NJW 1972, 2048 [2049]), einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne § 538 II 1 Nr.1 ZPO dar (BGH NJW 1951, 481 [482]; VersR 2011, 1392 [1394 unter Tz. 21]; Senat NJW 1972, 2048; Urt. v. 05.02.2008 - 30 U 563/07 [juris, dort Rz. 26]; v. 25.09.2009 - 10 U 5684/08 (juris, dort Rz. 21 mit zustimmender Anmerkung Krämer jurisPR-VerkR 2/2010 Anm. 5); v. 17.12.2010 - 10 U 1753/10 (juris, dort Rz. 25); v. 26.10.2011 - 3 U 1548/11 [juris, dort Rz. 26]; v. 18.11.2011 - 10 U 405/11 [juris, dort Rz. 33]; v. 10.02.2012 - 10 U 4147/11 [juris, dort Rz. 8]; OLG München, Urt. v. 25.04.2012 - 3 U 4323/11 [juris, dort Rz. 60]; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 28.04.2010 - 9 U 133/09 [juris, dort Rz. 29]; NJW-RR 2010, 1689; KG, Urt. v. 14.02.2010 - 12 U 67/10 [juris]; Beschl. v. 02.08.2010 - 12 U 49/10 [Juris, dort Rz. 52]; OLG Zweibrücken NJW-RR 2011, 496 [498]; NZV 2012, 295 [296 a. E.]; OLG Jena NJW 2012, 2357 f.; OLG Naumburg NJW-RR 2012, 1535 [1536]; Wieczorek/Schütze/Gerken, ZPO, 3. Aufl. 2004, § 538 Rz. 27; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 538 Rz. 25).
Eine Beweisaufnahme in dem vorstehend beschriebenen Umfang wäre umfangreich i. S. d. § 538 II 1 Nr. 1 ZPO und würde den Senat zu einer mit der Funktion eines Rechtsmittelgerichts unvereinbaren vollständigen Wiederholung und Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens (Senat VersR 2011, 549 ff.) zwingen. Hinzu kommt weiter, dass der Kläger nunmehr zu der Behauptung, dass das Fahrzeug unbeschädigt war und nach dem Unfall die im Schriftsatz vom 05.08.2014 (Bl. 209 d. A.) aufgeführten Schäden aufwies, 4 weitere Zeugen benannt hat.
2. Die erheblich fehlerhafte Beweiswürdigung stellt ebenfalls einen Verfahrensverstoß dar, welcher zur Zurückverweisung gem. § 538 II 1 Nr. 1 ZPO berechtigt (BGH NJW 1957, 714 = ZZP 71 [1957] 470; OLG Köln VersR 1977, 577; 1997, 712; Senat, Urt. v. 14.07.2006 - 10 U 5624/05 [juris]; v. 01.12.2006 - 10 U 4328/06; v. 04.09.2009 - 10 U 3291/09; v. 06.11.2009 - 10 U 3254/09; v. 19.03.2010 - 10 U 3870/09 [juris, dort Rz. 23]; v. 25.06.2010 - 10 U 1847/10 [juris, dort Rz. 13]; VersR 2011, 549 ff.; v. 22.07.2011 - 10 U 1481/11 [juris, dort Rz. 8]; OLG Bremen OLGR 2009, 352; Wieczorek/Rössler, ZPO, 2. Aufl. 1988, § 539 Anm. B III d; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 538 Rz. 28).
3. Der durch die Zurückverweisung entstehende grundsätzliche Nachteil, dass eine gewisse Verzögerung und Verteuerung des Prozesses eintritt, muss hingenommen werden, wenn es darum geht, dass ein ordnungsgemäßes Verfahren in erster Instanz nachzuholen ist und dass den Parteien die vom Gesetz zur Verfügung gestellten zwei Tatsachenrechtszüge voll erhalten bleiben (Senat NJW 1972, 2048 [2049]; OLG Naumburg NJW-RR 2012, 1535 [1536]); eine schnellere Erledigung des Rechtsstreits durch den Senat ist im Übrigen angesichts seiner Geschäftsbelastung vorliegend nicht zu erwarten.
Die Frage der Zurückverweisung wurde auch in der mündlichen Verhandlung mit den Parteivertretern ausführlich erörtert (vgl. Bl. 244 d. A.). Beide Parteivertreter sind einer Zurückverweisung nicht entgegengetreten, der Kläger hat dies ausdrücklich beantragt.
4. Für das weitere Verfahren ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts über die vom Kläger gerügten Punkte hinaus fehlerhaft erscheint. Derzeit kann nicht nachvollzogen werden, weshalb das Erstgericht bei der Frage der Beweiswürdigung der Aussagen der Zeugen Ca. und O. die Tatsache, dass die Zeugen zum Unfallhergang gerade nicht übereinstimmende, sondern sogar konträre Aussagen machten, und die im unstreitigen Tatbestand aufgeführten unstreitigen Auffälligkeiten der früheren Angaben gegenüber der Versicherung hinsichtlich des Unfallhergangs, des Unfallzeitpunkts, des Unfallorts und des Unfallfahrers bei der Frage der Würdigung der Zeugenaussagen völlig missachtet hat. Es fehlt jegliche Überprüfung, ob die vom Kläger dargelegten Gründe für die gegenüber der Versicherung fehlerhaft gemachten Angaben plausibel sind bzw. inwieweit dies die Glaubhaftigkeit der Aussagen und die Glaubwürdigkeit der Zeugen erschüttert. Das Landgericht ist weiter ausweislich des Urteils der naheliegenden Frage nicht nachgegangen, wonach sich eine Berechtigung des angeblichen Fahrers Ca., das Fahrzeug führen zu dürfen, selbst nach dem Vortrag des Klägers (vgl. S. 3 des Ersturteils) nicht erschließt. Danach hat der Kläger das Fahrzeug seinem Sohn und dieser dem Zeugen O. das Fahrzeug geliehen, nicht aber dem Zeugen Ca. Die nicht weiter erläuterte Erklärung des Landgerichts, es sei nicht erkennbar, welches Interesse die Zeugen haben sollten, falsche Angaben zum Unfallhergang zu machen, ist angesichts der aufgezeigten Umstände nicht überzeugend. Geradezu ins Auge springt der Aspekt, dass die Zeugen als Schadensverursacher bei einem angerichteten Schaden von 29.000,00 € ein erhebliches Interesse haben, dass die Beklagte den Schaden begleicht und nicht sie selbst als Fahrer oder Entleiher in die Haftung kommen. Die Negierung dieses wirtschaftlichen Interesses der Zeugen allein macht die Beweiswürdigung unverständlich.
Entsprechend den vorstehenden Ausführungen wird es deshalb für die Entscheidung wesentlich darauf ankommen, die Glaubwürdigkeit der Zeugen zu beurteilen. Ein Richterwechsel nach einer Beweisaufnahme erfordert zwar nicht grundsätzlich deren Wiederholung (BGHZ 53, 245 [257] = NJW 1970, 946; NJW 1991, 1180; OLG München NJW-RR 2008, 1523). Frühere Zeugenaussagen können im Wege des Urkundenbeweises durch Auswertung des Vernehmungsprotokolls verwertet werden. Das Gericht darf bei der Beweiswürdigung aber nur das berücksichtigen, was aktenkundig ist und wozu die Parteien sich erklären können. Eindrücke, die nicht in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen seien, dürfen daher nach einem Richterwechsel bei der Entscheidung nicht verwertet werden (BGH NJW 1991, 1180; NJW 1997, 1586). In einem Fall wie dem Vorliegenden reicht es daher nicht aus, nur um sich die erneute Vernehmung der von der Referatsvorgängerin einvernommenen Zeugen zu ersparen, ohne fundierte Beweiswürdigung den Zeugen „einfach“ pauschal alles zu glauben. Es bedarf daher einer vollständigen Wiederholung und Ergänzung der Beweisaufnahme.
Das LG München I hat mit Beweisbeschluss vom 05.06.2013 (Bl. 99/101 d. A.), berichtigt durch Beschluss vom 01.07.2013 (Bl. 107/108 d. A.), aus nicht bekannten Gründen den „öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen für das Kraftfahrzeugmechanikerhandwerk“ (vgl. http://www...de/...html) H. U. mit der Erstellung u. a. eines unfallanalytischen Gutachtens beauftragt und damit gegen § 404 II ZPO (vgl. dazu auch Senat SP 2012, 111) verstoßen. Ein Abweichen von dieser Vorschrift ist nur im Einzelfall und aus besonderen Umständen erlaubt, welche vom Gericht eingehend zu prüfen und im Urteil darzulegen sind (vgl. nur BGH NJW-RR 1998, 1117 [1118 unter II 1]; 2011, 649; MDR 2012, 916 und 2013, 1282); beides ist hier nicht geschehen. Es erscheint daher sachgerecht, einen auch für Unfallanalyse öffentlich bestellt und allgemein vereidigten Sachverständigen zu beauftragen.
III. Die Kostenentscheidung war dem Erstgericht vorzubehalten, da der endgültige Erfolg der Berufung erst nach der abschließenden Entscheidung beurteilt werden kann (OLG Köln NJW-RR 1987, 1032; Senat in st. Rspr., zuletzt VersR 2011, 549 ff. und NJW 2011, 3729).
Die Gerichtskosten waren gem. § 21 I 1 GKG niederzuschlagen, weil ein wesentlicher Verfahrensmangel, welcher allein gem. § 538 II 1 Nr. 1 ZPO zur Aufhebung und Zurückverweisung führen kann, denknotwendig eine unrichtige Sachbehandlung i. S. des § 21 I 1 GKG darstellt. Dies gilt insbesondere bei einem - hier gegebenen - offensichtlichen Versehen (BGH NJW 1962, 2107; BGHZ 98, 318 [320]; BGH, Beschl. v. 27.01.1994 - V ZR 7/92 [juris]; NJW-RR 2003, 1294; OLG Köln NJW 2004, 521; Senat in st. Rspr., zuletzt u. a. VersR 2011, 549 ff. und NJW 2011, 3729; ferner OLG München, Urt. v. 11.07.2013 - 23 U 695/13 [juris, dort Rz. 22 für unzulässiges Teilurteil und Übergehen von Beweisanträgen]).
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Ersturteils und dieses Urteils folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO. Auch im Falle einer Aufhebung und Zurückverweisung ist im Hinblick auf die §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit geboten (BGH JZ 1977, 232; Senat in st. Rspr., zuletzt u. a. VersR 2011, 549 ff. und NJW 2011, 3729), allerdings ohne Abwendungsbefugnis (Senat a. a. O.).
V. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.