I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte bereicherungsrechtliche Ansprüche auf verzinsliche Rückzahlung der Prämien infolge Widerspruchs vom 11.01.2012 gegen das Zustandekommen eines Rentenversicherungsvertrages mit einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Volksfürsorge D. L. AG, aus dem Jahre 1995, der nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen wurde, geltend.
Sie leistete in der Zeit vom 01.04.1995 bis zum 30.04.2003 Prämien in Höhe von 14.099,92 €, danach lief der Vertrag beitragsfrei weiter, bis er mit Schreiben vom 24.07.2007 von der Klägerin gekündigt wurde und diese einen Rückkaufswert von 14.403,20 € erhielt. Nach Auffassung der Klägerin war die Widerspruchsbelehrung fehlerhaft.
Im Einzelnen und ergänzend wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Traunstein vom 27.05.2014 (Bl.91/95 d. A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da weder ein bereicherungsrechtlicher noch ein Schadensersatzanspruch bestünde. Es hielt die Widerspruchsbelehrung der Rechtsvorgängerin der Beklagten für ordnungsgemäß und das Policenmodell gemäß § 5 a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. für wirksam; § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a. F. komme nicht zur Anwendung. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre bereicherungsrechtlichen Ansprüche weiter. Sie hält die Widerspruchsbelehrung weiterhin für fehlerhaftund beruft sich dabei insbesondere auf OLG Köln, Urteil vom 11.04.2014 - 20 U 70/13 (derzeit beim BGH unter Az. IV ZR 171/14). Daneben rügt sie Unvollständigkeit der Verbraucherinformationen und gründet ihre Ansprüche auch auf Europarechtswidrigkeit des Policenmodells an sich. Ihr habe ein zeitlich unbefristetes Recht zum Widerspruch bzw. zum Rücktritt zugestanden, das sie im Jahr 2012 wirksam ausgeübt habe. Auf die Berufungsbegründung vom 31.07.2014 und die weiteren Schriftsätze der Klägerin im Berufungsverfahren wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:
unter Abänderung des am 27.05.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Traunstein, Az. 1 O 2486/13,
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 15.128,81 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.01.2012 zu zahlen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von € 1.101,46 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Ergänzend beantragt die Klägerin Vorlage der Sache zur Klärung bestimmter Fragen an den EuGH sowie Revisionszulassung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts, hält die Widerspruchsbelehrung für ordnungsgemäß und beruft sich hinsichtlich des Policenmodells auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.07.2014 - IV ZR 73/13. Auf die Berufungserwiderung vom 09.09.2014 (Bl. 114/117 d. A.) und die weiteren Schriftsätze der Beklagten im Berufungsverfahren wird verwiesen.
Der Senat hat mit Verfügungen bzw. Beschlüssen vom 01.10.2014 (Bl. 118 d. A.), 12.03.2015 (Bl. 129/133 d. A.), 07.05.2015 (Bl. 152/154 d. A.) und vom 03.06.2015 (Bl. 159/160 d. A.) rechtliche Hinweise erteilt sowie am 21.07.2015 (Protokoll Bl. 163/165 d. A.) mündlich verhandelt. Auf die genannten Aktenfundstellen wird Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Vorbringen in der Berufungsbegründung ist nicht geeignet, zu einem abweichenden Ergebnis zu gelangen.
Die Klägerin kann nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB Rückzahlung der Prämien oder nach § 818 Abs. 1 BGB die Herausgabe gezogener Nutzungen beanspruchen.
Die Klägerin wurde formell und materiell ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt. Ihr ist es nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten.
1. Der Senat hält - in Übereinstimmung mit dem Landgericht - die Widerspruchsbelehrung (Anlage B 2, Aufbau des Versicherungsscheins samt Anlagen wie Anlage B 4) für ordnungsgemäß. Die erteilte Widerspruchsbelehrung genügt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht dem Gesetzeswortlaut wie auch dem Zweck einer Belehrung. Die Belehrungspflicht bezweckt, dass der Versicherungsnehmer in die Lage versetzt wird, sein Widerspruchsrecht form- und fristgerecht ausüben zu können. Diesem Sinn und Zweck des Gesetzes ist vorliegend Genüge getan.
1.1. Die Form der Belehrung entspricht der maßgeblichen gesetzlichen Regelung. § 5 a VVG a. F. verlangt eine schriftliche, drucktechnisch deutliche Belehrung über „das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer“. Die maßgebliche und vollständige Belehrung ist auf der Seite 1 der Allgemeinen Informationen (Anlage B 2) unter der - fett und in größerer Schrift gehaltenen - Überschrift „1. Abschnitt Verbraucherinformationen“ und der weiteren - ebenfalls fett und in leicht größerer Schrift gehaltenen - Überschrift „Widerspruchsrecht“ enthalten; die Belehrung über das Widerspruchsrecht steht ganz am Anfang der Allgemeinen Informationen. Die obere Hälfte der Belehrung ist ebenfalls fett gedruckt. In diesem fettgedruckten Teil wird - wie nach dem reinen Gesetzeswortlaut gefordert - über das Widerspruchsrecht an sich, den Fristbeginn und die Dauer (sowie zusätzlich über die Schriftlichkeit) belehrt. In der unteren Hälfte erfolgen ergänzende - teils nach der Rechtsprechung notwendige - Erläuterungen, u. a., dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genügt. Die Gestaltung und Präsentation der Belehrung ist hinreichend deutlich und hervorgehoben, um die Aufmerksamkeit des Versicherungsnehmers zu erregen und sein Augenmerk auf die Belehrung zu richten. Die Belehrung steht an prominenter Stelle, nämlich am Beginn der 1. Seite der Allgemeinen Informationen, und wird durch diese Stellung sowie die drucktechnische Gestaltung deutlich aus dem sonstigen Text hervorgehoben; schon wenn der Versicherungsnehmer die Allgemeinen Informationen auch nur überschlägig durchzusehen beginnt, kann er auf den ersten Blick erkennen, dass ihm ein Widerspruchsrecht eingeräumt ist. Insoweit schadet es nicht, dass die Allgemeinen Informationen insgesamt zwei Seiten umfassen und sich die vollständige Belehrung nicht im Versicherungsschein selbst oder einem vorgehefteten Anschreiben befindet.
Die Belehrung ist - neben ihrer herausgehobenen Stellung - durch die einschlägige, in größerer Schrift und Fettdruck gehaltene Überschrift „Widerspruchsrecht“ und durch den Fettdruck der oberen Hälfte des Belehrungstextes drucktechnisch deutlich hervorgehoben; eine vergleichbare Hervorhebung enthalten die Informationen im Übrigen Text nicht.
Durch die Stellung, die Überschrift und den Fettdruck wird die Aufmerksamkeit des Versicherungsnehmers hinreichend geweckt und auf die Belehrung gelenkt. Zur drucktechnischen Hervorhebung genügt das. Dass nicht der gesamte die Belehrung enthaltende Absatz fettgedruckt ist, schadet nach Auffassung des Senats nicht (so aber Oberlandesgericht Köln im Urteil vom 11.04.2014, Az. 20 U 70/13, entgegen Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 07.03.2013, Az. 8 U 36 /13): die drucktechnische Hervorhebung durch Fettdruck hat die Funktion, die Aufmerksamkeit des Versicherungsnehmers zu erregen und auf die Belehrung zu richten; ist dem - wie im vorliegenden Fall - Genüge getan, muss sich die Hervorhebung durch Fettdruck nicht auf den gesamten Text erstrecken, wenn anderweitig sichergestellt ist, dass die Belehrung vollständig zur Kenntnis genommen wird. Dieser Anforderung genügt die Belehrung ohne weiteres durch die Zusammenfassung des Belehrungstextes in einem abgeschlossenen Absatz unter einer einheitlichen Überschrift und die genügende Absetzung vom sonstigen Text der Verbraucherinformationen durch die Absatzgestaltung.
Dass der Versicherungsnehmer, dessen Aufmerksamkeit auf die Belehrung gelenkt wurde und der diese zur Kenntnis genommen hat, mitten im Absatz - mangels Fettdruck - zu lesen aufhören würde und deshalb die Gefahr bestünde, dass er die Belehrung nicht vollständig zur Kenntnis nehmen könnte oder dazu verleitet werden könnte, nur den fett gedruckten Teil der Belehrung für wichtig zu halten und den restlichen Teil nicht zur Kenntnis zu nehmen, erscheint bei dieser Ausgestaltung fernliegend und nahezu ausgeschlossen. Wenn der Versicherungsnehmer von der Möglichkeit des Widerspruchsrechts aufgrund der vorgenannten Umstände Kenntnis erlangt hat, wird er den Absatz vollständig lesen, sofern er eine Lösung vom Vertrag in Betracht zieht.
Die betreffende Seite ist auch - durch die fett gedruckten Überschriften - in sich übersichtlich gestaltet. Damit genügt die Belehrung insgesamt dem Erfordernis der drucktechnisch deutlichen Hervorhebung im Sinne des § 5a VVG a. F..
1.2. Der Inhalt der Belehrung ist ausreichend und ordnungsgemäß. § 5 a VVG a. F. verlangt insoweit nur eine Belehrung über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer.
Für eine ordnungsgemäße Belehrung über „das Widerspruchsrecht“ ist insbesondere weder eine ausdrückliche Belehrung darüber, dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen erklärt werden kann, noch eine nähere Erläuterung der Rechtsfolgen des Widerspruchs erforderlich. Über die grundsätzliche Folge, dass ohne Widerspruch („andernfalls“) der Vertrag auf der Grundlage der übersandten Unterlagen als abgeschlossen gilt, wird ausdrücklich belehrt.
Über den Fristbeginn für den Widerspruch wird in den Allgemeinen Informationen zutreffend informiert, indem es heißt „ nach (Kursivdruck durch den Senat) Zugang dieses Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen, der Tarifbestimmungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen“ (BGH, Urteil vom 11.02.2015 - Az. IV ZR 310/13, Rn. 17,18 bei juris). Dass mit den weiteren maßgeblichen Verbraucherinformationen die nicht schon im Versicherungsschein, den Versicherungsbedingungen und den Tarifbestimmungen enthaltenen Informationen, sondern weitere, in den weiteren mitübersandten Unterlagen enthaltene Informationen gemeint sind, erschließt sich bei verständiger Würdigung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer von selbst. Eine nähere Erläuterung der einzelnen Verbraucherinformationen gemäß Anlage D des VAG a. F. ist nicht erforderlich und würde die Belehrung letztlich überfrachten.
Die vierzehntägige Dauer der Widerspruchsfrist ist ebenfalls angegeben. Dass die Widerspruchsbelehrung nachfolgend auch die zusätzliche Erläuterung „Die Frist beginnt mit (Kursivdruck durch den Senat) deren vollständiger Überlassung“ enthält, ändert angesichts der vorausgegangenen eindeutigen Belehrung über den Beginn des Fristlaufes nichts: Bei verständiger Würdigung erkennt der durchschnittliche Versicherungsnehmer, dass die Frist - wie fettgedruckt mitgeteilt - nach Zugang der Unterlagen beginnt und dass es für den Fristbeginn als weitere notwendige Voraussetzung darauf ankommt, dass ihm die genannten Unterlagen auch vollständig überlassen werden.
Auch über die Form des Widerspruchs, nämlich Schriftlichkeit, ist richtig belehrt.
Schließlich führt die auf Seite 1 des Versicherungsscheins enthaltene, drucktechnisch nicht hervorgehobene Kurzfassung der Widerspruchsbelehrung (vgl. Anlage B 4) zu keiner anderen Beurteilung. Sofern der Versicherungsnehmer sie mangels ausreichender Hervorhebung nicht zur Kenntnis nimmt, schadet sie ohnehin nicht. Nimmt er sie aber zur Kenntnis, so wird er auf die vollständige und richtige Belehrung in den Verbraucherinformationen verwiesen und erkennt anhand der Formulierung als Verweisung ( „vgl. 'Widerspruchsrecht' in den Allgemeinen Informationen“), dass es sich im Versicherungsschein nicht um die vollständige Belehrung, sondern um eine Kurzfassung (plus Verweisung) handelt. Aufgrund der Verweisung wird für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung ohne weiteres erkennbar, dass diese Information nicht vollständig ist und dass sich die vollständige und zutreffende Widerspruchsbelehrung in den Allgemeinen Informationen befindet. Eine Verunsicherung oder Fehlinformation des Versicherungsnehmers ist bei dieser Sachlage nicht zu befürchten.
Im Ergebnis ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer anhand Ziffer 1 der Allgemeinen Informationen, auf die er in aller Deutlichkeit aufmerksam gemacht wird, ohne weiteres erkennbar, dass er ein Widerspruchsrecht hat und wie dieses auszuüben ist. Die Belehrung ist sowohl der Form als auch dem Inhalt nach ordnungsgemäß und nicht zu beanstanden. Sie genügt daher sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch dem Zweck einer „Belehrung“.
1.3. Soweit sich die Klägerin im Berufugsverfahren neu und erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist darauf beruft, dass die Verbraucherinformationen nach § 10 a VAG a. F. unvollständig gewesen seien, ist dieser Vortrag schon gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Erstinstanzlich hat die Beklagte in der Klageerwiderung vom 07.10.2013 (Seite 3, Bl. 31 d. A.) unwidersprochen vorgetragen, dass die der Klägerin zugegangenen Vertragsunterlagen sämtliche Informationen gemäß § 5 a VVG a. F. enthalten hätten. Dies war unstreitig. Im Übrigen hat die Klägerin trotz ergänzenden Hinweises des Senats auf die Unsubstantiiertheit des konkreten Tatsachenvortrags zur behaupteten Unvollständigkeit mit Beschluss vom 07.05.2015 diesen in der Folge nicht ergänzt, also nicht vorgetragen, was konkret gefehlt haben soll. Soweit der Vortrag rechtlich dahingehend zu verstehen sein sollte, dass die erforderlichen Verbraucherinformationen in einer gesonderten, „verständlich und übersichtlich gegliederten“ Zusammenstellung enthalten sein müssten, folgt der Senat dem nicht. Dem steht schon entgegen, dass gemäß Anlage D zum VAG a. F. zu den zu erteilenden Informationen u. a. die allgemeinen Versicherungsbedingungen einschließlich der Tarifbestimmungen gehören (Ziffer 1.b), die üblicherweise für sich bereits mehrere Seiten umfassen und einen Teil der anderen Verbraucherinformationen beinhalten - und damit zur Einstellung in eine etwaige gesonderte - kurze - Zusammenstellung ersichtlich nicht geeignet sind. Außerdem beinhalten die nach Anlage D erforderlichen Verbraucherinformationen ganz unterschiedliche Punkte, die systematisch typischerweise teilweise in den Versicherungsschein selbst gehören, teilweise z. B. in die Allgemeinen Versicherungsbedingungen.
2. Das Bundesverfassungsgericht hat im Verfahren 2 BvR 2437/14 am 02.02.2015 (VersR 2015, 693) die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Bereicherungsanspruch - bei ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung und längerer Durchführung des Vertrages - schon wegen widersprüchlichen Verhaltens des Versicherungsnehmers ausgeschlossen ist, gebilligt. Der Bundesgerichtshof hat in dem zugrundeliegenden Urteil vom 16.07.2014 (Az. IV ZR 73/13, VersR 2014, 1065) die Grundsatzfrage geklärt, dass für eine derartige Fallkonstellation dem Versicherungsnehmer eine Berufung auf das Widerspruchsrecht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB versagt sein kann. In seiner weiteren Entscheidung vom 10.06.2015 (Az. IV ZR 105/13, VersR 2015, 876) hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung bestätigt und fortgeführt. Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Bereicherungsanspruch - bei ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung und längerer Durchführung des Vertrages - schon wegen widersprüchlichen Verhaltens des Versicherungsnehmers ausgeschlossen ist (vgl. Rn. 33 ff. bei juris), an.
3. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 16.07.2014 und vom 10.06.2015 sind auf die hiesige Fallkonstellation übertragbar. In den Einzelheiten unterscheidet sich zwar der hier zur Entscheidung stehende Sachverhalt von den den BGH Urteilen zugrunde liegenden Sachverhalten; dies führt aber zu keiner anderen Bewertung. Es unterscheiden sich zwar die konkreten Fallumstände, die hiesigen sind aber nach den maßgeblichen Kriterien den Fallgestaltungen des BGH vergleichbar.
Für die Beurteilung eines Verstoßes gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ist hier - wie stets - eine Prüfung des konkreten Einzelfalles angezeigt. Der Bundesgerichtshof hat in dem von ihm am 16.07.2014 entschiedenen Fall maßgeblich und im Vordergrund der Bewertung stehend auf die langjährige Vertragsdurchführung abgestellt. Die betreffenden Ausführungen lauten wie folgt: „Die - ihm zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte - Widerspruchsfrist ließ er bei Vertragsschluss 1998 und sogar im Zuge der Vertragsänderung 2004 ungenutzt verstreichen. Bis zur Kündigung des Vertrages im März 2004 zahlte er vielmehr regelmäßig die vereinbarten Versicherungsprämien. Nach der Kündigung ließ er rund sieben weitere Jahre vergehen, bis er sich entschied, dem Vertragsschluss zu widersprechen und sich hilfsweise darauf zu berufen, ein Vertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Mit seinem im eigenen Interesse begründeten und über lange Zeit fortgeführten Verhalten setzt sich der Kläger in Widerspruch, wenn er nun geltend macht, ein Vertrag habe nie bestanden (vgl. BGH, Urteile vom 7. Dezember 1989 - VII ZR 130/88, NJW-RR 1990, 417, 418; vom 23. Oktober 1986 - VII ZR 195/85, NJW-RR 1987, 335, 335 f.).“ (BGH VersR 2014, 1065, Rn. 35 bei juris). Im Urteil vom 10.06.2015 führt der Bundesgerichtshof insoweit weiter aus: Die Versicherungsnehmerin verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist blieb bei Vertragsschluss 2004 ungenutzt. Die Versicherungsnehmerin zahlte bis zur Kündigung im Mai 2008 dreieinhalb Jahre die Versicherungsprämien und ließ danach nochmals einige Monate bis zur Erklärung des Widerspruchs vergehen. Die jahrelangen Prämienzahlungen der bereits im November 2004 über die Möglichkeit, die Verträge nicht zustande kommen zu lassen, belehrten Versicherungsnehmerin und ihre trotz dieser Belehrung zunächst nur für die Zukunft ausgesprochene Beendigung im Mai 2008 haben bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Verträge für die Vergangenheit begründet, was für die Versicherungsnehmerin auch erkennbar war (BGH VersR 2015, 876, Rn. 12 bei juris).
Das Verhalten der Klagepartei im vorliegenden Fall ist jedenfalls entsprechend zu bewerten. Der betroffene Vertrag wurde im Jahr 1995 abgeschlossen, die Klägerin zahlte bis 2003 - 8 Jahre lang - Prämien in Höhe von insgesamt 14.099,92 €, anschließend lief der Vertrag beitragsfrei, bis er im Juli 2007 gekündigt wurde und die Klägerin einen Rückkaufswert von 14.403,20 € erhielt. Erst 4 1/2 Jahre nach der Kündigung und einvernehmlichen Abwicklung, im Januar 2012, wurde der Widerspruch erklärt. Der ordnungsgemäß belehrten Klägerin war bekannt, dass sie den Vertrag nicht hätte zu Stande kommen lassen müssen und ihr die Beklagte jedenfalls ein Recht zur Lösung zugestand. Die Klägerin hat auch dadurch gezeigt, dass sie am Vertrag festhalten will, dass sie im Jahr 1997 eine Erklärung zur Bezugsberechtigung abgab und in den Vertragsjahren 1998 bis 2002 Dynamikerhöhungen annahm. Da die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin die Prämien entgegennahm und erkennbar von einem bestehenden Versicherungsvertrag ausging, konnte die Klagepartei bis zur Kündigung erwarten, Versicherungsschutz zu genießen, der zweifelsfrei bei Eintritt eines Versicherungsfalls in Anspruch genommen worden wäre - bei Tod vor Rentenbeginn bestand ein Anspruch auf Beitragsrückgewähr, bei Unfalltod während der Beitragszahlungsdauer ein zusätzlicher Zahlungsanspruch; ergänzend war eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung vereinbart. Hinzu kommt, dass die Beklagte jedenfalls nach Ablauf der 3-jährigen Verjährungsfrist nach der Kündigung mit nachträglichen Ansprüchen aus der Vertragsbeendigung nicht mehr zu rechnen brauchte. Schließlich geht es der Klägerin nicht um Beitragsrückgewähr, sondern allein um die nachträgliche Realisierung eines attraktiven Zinssatzes auf die eingesetzten Beiträge.
Durch dieses Verhalten wurde bei der Beklagten bzw. bei ihrer Rechtsvorgängerin auch schutzwürdiges Vertrauen auf die Beständigkeit der vertraglichen Bindung begründet. Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin muss sich grundsätzlich für ihre gesamte Kalkulation - insbesondere in Hinblick auf Rückstellungen für die Überschussbeteiligung - darauf verlassen können, dass langfristig angelegte Vertragsbeziehungen nicht plötzlich nach vielen Jahren rückabgewickelt werden müssen. Daneben ist außerdem das Vertrauen der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin in den grundsätzlichen Bestand des vom deutschen Gesetzgeber gesetzten Rechts - auch bei etwaigen Zweifeln an der Europarechtskonformität - schutzwürdig und entsprechend zu berücksichtigen (vgl. Allgemein zum Vertrauensschutz in Hinblick auf das Urteil des BGH vom 07.05.2014 - Az. IV ZR 76/11 - auch Bürkle in VersR 2015, 398).
Die Klägerin verhielt sich treuwidrig, indem sie nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang durchführte und erst dann von der Beklagten, die auf den Bestand des Vertrags vertrauen durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte. Ihr Verhalten war objektiv widersprüchlich, unredliche Absichten oder ein Verschulden der Klägerin waren nicht erforderlich. Die Beklagte hatte durch die Wahl des Policenmodells zwar die Ursache für die vom Kläger behauptete Unwirksamkeit des Vertrages gesetzt. Ihr Vertrauen ist gleichwohl schutzwürdig, weil sie der Klägerin den gesetzlichen Vorgaben des nationalen Rechts entsprechend eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung und auch die weiteren Informationen erteilt hatte. Schließlich war der Klägerin die vertrauensbegründende Wirkung ihres Verhaltens auch erkennbar.
4. Eine Vorlage an den EuGH nach Art 267 AEUV in Hinblick auf eine etwaige Europarechtswidrigkeit des Policenmodells ist nicht veranlasst. Denn darauf kommt es nicht entscheidungserheblich an. Dass eine Vorlage zur Beurteilung der Frage des Verstoßes gegen Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung nicht veranlasst ist, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 16.07.2014 - Az. IV ZR 73/13, sowie aktuell Urteil vom 10.06.2015 - Az. IV ZR 105/13) und des Bundesverfassungsgerichts (Entscheidung vom 02.02.2015 - Az. 2 BvR 2437/14). Dem folgt der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. z. B. Beschluss vom 01.06.2015 - Az. 25 U 3379/14 - Verfahren der hiesigen Klägerin gegen einen anderen Versicherer; Beschluss vom 15.07.2015 - Az. 25 U 3266/14; Beschluss vom 16.07.2015 - Az. 25 U 416/14), auf die zur Begründung ergänzend Bezug zu nehmen ist.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO in Hinblick auf die Ordnungsgemäßheit der Widerspruchsbelehrung zuzulassen. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert insoweit eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Es liegt eine Divergenz vor, da die hier zu entscheidende Rechtsfrage, ob die streitgegenständliche, in Teilfettdruck gehaltene Widerspruchsbelehrung den Anforderungen des § 5a VVG a. F. genügt, vom Senat anders beurteilt wird als vom OLG Köln in der Entscheidung vom 11.04.2014 (Az. 20 U 70/13).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 3 ZPO 47, 48 GKG bestimmt.