Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 23. Sept. 2013 - 13 WF 860/13

ECLI: ECLI:DE:OLGKOBL:2013:0923.13WF860.13.0A
published on 23/09/2013 00:00
Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 23. Sept. 2013 - 13 WF 860/13
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1. Auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Koblenz vom 15./19.08.2013 werden der Verfahrenskostenhilfebewilligungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mayen vom 06.06.2013 und der Nichtabhilfebeschluss vom 12.09.2013 aufgehoben.

2. Die Sache wird an das Amtsgericht - Familiengericht - Mayen zur erneuten Behandlung und Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragstellerin unter Beachtung der nachfolgenden Ausführungen des Senats zurückverwiesen.

Gründe

1

Die nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 3 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Koblenz ist auch sonst zulässig, insbesondere gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 3, 567 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt. Das Rechtsmittel hat in der Sache vorläufig Erfolg.

2

Der Bezirksrevisor rügt zu Recht, dass die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Antragstellerin nach deren dargelegten und belegten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in Betracht kommt. Denn die Antragstellerin hat zum einen nicht ausreichend schlüssig mitgeteilt, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreitet. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass sie die Verfahrenskosten nicht aus ihrem Vermögen aufbringen kann.

3

Die Antragstellerin gibt an, lediglich über Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 500 €/mtl. zu verfügen. Als Nachweis legt sie eine Bestätigung einer/s Frau/Herrn S. über monatliche Mietzahlungen von 300 € sowie eine Erklärung ihres Sohnes, dass dieser ihr 200 € Kostgeld im Monat zahle, vor. Zutreffend weist der Bezirksrevisor darauf hin, dass es sich bei Kostgeld nicht um Miete handelt, sondern um eine Gegenleistung für erfolgte Verköstigung und dgl. Folglich stehen der selbst mietfrei wohnenden Antragstellerin für ihre eigene Lebenshaltung nebst Wohnnebenkosten im Monat nur 300 € zur Verfügung. Das ist deutlich weniger als der sog. Hartz IV Satz nach SGB II und folglich nicht schlüssig.

4

Darüber hinaus zeigt die sofortige Beschwerde zutreffend auf, dass die Antragstellerin (Mit-)Eigentümerin eines Wohnhauses ist. Ausreichende Angaben der Antragstellerin hierzu aber fehlen. Soweit sich diesbezüglich etwas aus der Akte ergibt, müsste es sich um ein Mehrfamilienhaus für drei Parteien handeln, wobei eine Wohnung von der Antragstellerin selbst bewohnt wird. Unabhängig davon, ob die Wohnung der Antragstellerin ihrer Größe nach noch unter den Schutz nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII fallen würde, was vorliegend grundsätzlich nur bei einer Wohnungsgröße von maximal 70 qm der Fall wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 06.09.2013 - 13 WF 745/13 - juris und OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 1159), genießt das Hausanwesen bereits deshalb keinen Schutz als angemessenes Hausgrundstück nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII, weil es sich um ein Mehrfamilienhaus handelt und nicht lediglich von dem in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII genannten Personenkreis bewohnt wird. Eine solches Immobilienvermögen muss ein Beteiligter grundsätzlich für Verfahrenskosten einsetzen und kann ein Verfahren nicht zu Lasten der Allgemeinheit der Steuerzahler führen, um die eigene Vermögensbildung weiter betreiben zu können. Vorausgesetzt dies behindert die Verwertung nicht, könnte es allenfalls zulässig sein, vor der Verwertung Wohnungseigentum zu bilden und sodann die von dem in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII genannten Personenkreis bewohnte(n) Wohnung(en) - ihre Angemessenheit nach den o.g. Ausführungen vorausgesetzt - zu behalten (vgl. OLG Koblenz Beschluss vom 23.07.2013 - 7 WF 663/13). Dass eine Verwertung keinen Überschuss erzielen würde, ist nicht dargetan. Soweit das Hausanwesen im Miteigentum beider Ehegatten steht, stünde der Antragstellerin schließlich ein einklagbarer Anspruch auf Mitwirkung an der Verwertung zu.

5

Steht der Verkauf eines Hauses bevor oder hat er verfahrenskostenhilferechtlich zu erfolgen, ist sodann wiederum bereits im Verfahrenskostenhilfebewilligungsbeschluss der Einsatz des Erlöses zwecks Begleichung der Verfahrenskosten anzuordnen (vgl. OLG Köln FamRZ 2007, 296 und Senatsbeschluss vom 04.09.2013 - 13 WF 682/13 - juris sowie OLG Koblenz Beschluss vom 23.08.2013 - 7 WF 646/13). Dies hat grundsätzlich in der Art zu erfolgen, dass die Pflicht zum Vermögenseinsatz bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem bei entsprechender Anstrengung mit dem Verkauf des Hauses gerechnet werden kann, gestundet wird (vgl. Senatsbeschluss vom 04.09.2013 - 13 WF 682/13 - juris und OLG Koblenz Beschluss vom 23.08.2013 - 7 WF 646/13 sowie OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 138, OLG Koblenz FamRZ 2006, 1285, OLG Nürnberg Rpfleger 1995, 260, OLG Bremen FamRZ 2011, 386, OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 138). Des Weiteren ist auch der aus dem Vermögen zu zahlende Betrag in der Bewilligungsentscheidung der Höhe nach festzulegen. Das entspricht der herrschenden Meinung und ergibt sich überdies aus § 120 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Nur so ist überprüfbar, ob z.B. die Schonvermögensgrenzen beachtet wurden (vgl. Senatsbeschluss vom 04.09.2013 - 13 WF 682/13 - juris und OLG Koblenz FamRZ 2006, 1285). Hierzu sind die dem bedürftigen Beteiligten voraussichtlich erwachsenden Verfahrenskosten (Gerichts- und Anwaltskosten) zu ermitteln. Soweit dies im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch nicht exakt möglich ist, ist der Einsatz des Vermögens bis zu einem bestimmten Höchstbetrag anzuordnen. Sollte zu einem späteren Zeitpunkt für weitere Folgesachen ebenfalls Verfahrenskostenhilfe beantragt und gewährt werden, ist die aus dem Vermögen angeordnete Zahlung dabei zu erhöhen.

6

Schließlich rügt die sofortige Beschwerde auch zutreffend, dass als weiterer Vermögenswert ein Verfahrenskostenvorschussanspruch gegen den Antragsgegner in Betracht kommt. Entgegen den Ausführungen im Nichtabhilfebeschluss führt eine Leistungsunwilligkeit des Antragsgegners noch nicht ohne weiteres zur Unzumutbarkeit des Einsatzes dieses Vermögenswerts. Denn ein Verfahrenskostenvorschuss kann recht schnell im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 246 Abs. 1 FamFG geltend gemacht werden. Diesen Weg hat die Antragstellerin nunmehr offensichtlich auch bereits hinsichtlich Trennungsunterhaltsansprüche eingeschlagen.

7

Die erfolgte Bewilligung ratenloser Verfahrenskostenhilfe kann somit aus verschiedenen Gründen mit der gegebenen Begründung nicht aufrechterhalten werden. Aufgrund des weiteren Aufklärungsbedarfs war dem Familiengericht nach § 572 Abs. 3 ZPO die Neubescheidung des Verfahrenskostenhilfeantrags zu übertragen.

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(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Ziv
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published on 06/09/2013 00:00

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published on 04/09/2013 00:00

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(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Beträge ab und ist anzunehmen, dass die Belastungen bis zum Ablauf von vier Jahren ganz oder teilweise entfallen werden, so setzt das Gericht zugleich diejenigen Zahlungen fest, die sich ergeben, wenn die Belastungen nicht oder nur in verringertem Umfang berücksichtigt werden, und bestimmt den Zeitpunkt, von dem an sie zu erbringen sind.

(2) Die Zahlungen sind an die Landeskasse zu leisten, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof an die Bundeskasse, wenn Prozesskostenhilfe in einem vorherigen Rechtszug nicht bewilligt worden ist.

(3) Das Gericht soll die vorläufige Einstellung der Zahlungen bestimmen,

1.
wenn die Zahlungen der Partei die voraussichtlich entstehenden Kosten decken;
2.
wenn die Partei, ein ihr beigeordneter Rechtsanwalt oder die Bundes- oder Landeskasse die Kosten gegen einen anderen am Verfahren Beteiligten geltend machen kann.

(4) (weggefallen)

(1) Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung abweichend von § 49 auf Antrag die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt oder zur Zahlung eines Kostenvorschusses für ein gerichtliches Verfahren regeln.

(2) Die Entscheidung ergeht auf Grund mündlicher Verhandlung, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder für eine gütliche Beilegung des Verfahrens geboten erscheint.

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.