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| Die Klägerin macht gegen die Beklagte wegen behaupteter Patentverletzung Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung geltend und begehrt die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten. |
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| Die Klägerin ist Inhaberin des in Deutschland in Kraft stehenden europäischen Patents EP 1 746 444 B1 (nachfolgend: Klagepatent) einschließlich aller nationaler Teile betreffend eine rückstrahlende Folie. Das Klagepatent wurde am 06.04.2001 angemeldet. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 14.07.2010 veröffentlicht. Die ursprüngliche Patentschrift liegt in Anlage [...] 4, eine Übersetzung in Anl. [...] 5 vor. |
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| Die auf die Verletzung eines anderen Patents gestützten Ansprüche hat das Landgericht mit Beschluss vom 28.06.2011 abgetrennt. Die verbleibenden Ansprüche aus dem vorliegenden Klagepatent (ursprünglich Klageschutzrecht 2) stützt die Klägerin auf den unabhängigen Anspruch 1 des Klagepatents, der in der Verfahrenssprache folgenden Wortlaut hat: |
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| "Triangular cube-corner retroreflective sheeting having a printed layer (2), the sheeting comprising at least a triangular cube-corner retroreflective elements layer (5) made up of a large number of triangular cube-corner retroreflective elements (4) and a holding body layer (3), and a surface protective layer (1) provided on said triangular cube-corner retroreflective elements layer (5), said printed layer (2) being provided on the lateral faces of said triangular cube-corner retroreflective elements or between said holding body layer (3) and said surface protective layer (1), said printed layer (2) being formed of a discrete repetitive pattern of unit patterns, said unit patterns each having an area of 0.15 mm2 to 30 mm2, and said printed layer (2) comprising an ink with a light colorant which brightens the hue of the sheeting and hides the color of the sheeting beneath the unit patterns." |
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| Nach der deutschen Übersetzung hatte Anspruch 1 (ohne Bezugsziffern) ursprünglich folgenden Wortlaut: |
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| „Rückstrahlende Folie mit dreieckigen Würfelecken, die eine gedruckte Schicht aufweist, wobei die Folie zumindest eine Schicht aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken, die aus einer großen Anzahl an rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken und einer Haltekörperschicht besteht, und eine Oberflächenschutzschicht umfasst, die auf der Schicht aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken vorgesehen ist, wobei die gedruckte Schicht an den seitlichen Flächen der rückstrahlenden Elemente mit dreieckigen Würfelecken oder zwischen der Haltekörperschicht und der Oberflächenschutzschicht vorgesehen ist, die gedruckte Schicht aus einem diskreten, sich wiederholenden Muster aus Einheitsmustern ausgebildet ist, die Einheitsmuster jeweils eine Fläche von 0,15 mm² bis 30 mm² aufweisen und die gedruckte Schicht eine Tinte mit einem hellen Farbstoff umfasst, der den Farbton der Folie aufhellt und die Farbe der Folie unterhalb der Einheitsmuster verdeckt.“ |
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| Im Rahmen des Nichtigkeitsberufungsverfahrens gegen den deutschen Teil des Klagepatents hat der Bundesgerichtshof mit Urt. v. 21.04.2015 (X ZR 74/13) das Klagepatent insoweit für nichtig erklärt, soweit sein Gegenstand über die nachfolgende Fassung des Patentanspruchs 1 hinausgeht: |
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| „Rückstrahlende Folie mit dreieckigen Würfelecken, die eine gedruckte Schicht (2) aufweist, wobei die Folie zumindest eine Schicht (5) aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken, die aus einer großen Anzahl an rückstrahlenden Elementen (4) mit dreieckigen Würfelecken und einer Haltekörperschicht (3) besteht, und eine Oberflächenschutzschicht (1) umfasst, die auf der Schicht (5) aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken vorgesehen ist, wobei die gedruckte Schicht (2) zwischen der Haltekörperschicht (3) und der Oberflächenschutzschicht (1) vorgesehen ist und die Schichten der Folie so angeordnet sind, dass einfallendes Licht die Schichten in der folgenden Reihenfolge durchdringt: |
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| Oberflächenschutzschicht (1), gedruckte Schicht (2), Haltekörperschicht (3), rückstrahlende Elemente (4), dadurch gekennzeichnet, dass |
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| die gedruckte Schicht (2) aus einem diskreten, sich wiederholenden Muster aus Einheitsmustern ausgebildet ist, die Einheitsmuster jeweils eine Fläche von 0,4 mm2 bis 15 mm2 aufweisen und die gedruckte Schicht (2) eine Tinte mit einem hellen Farbstoff umfasst, der den Farbton der Folie aufhellt und die Farbe der Folie unterhalb der Einheitsmuster verdeckt.“ |
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| Das Klagepatent ist also hinsichtlich der Lage der gedruckten Schicht (zwischen Haltekörperschicht und Oberflächenschutzschicht), hinsichtlich der Flächen der Einheitsmuster (nun 0,4 mm² bis 15 mm²) und hinsichtlich der Reihenfolge der Schichten beschränkt worden. Die geänderte Patentschrift liegt als DE 601 42 594 C5 vor. |
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| Die Beklagte, welche dem weltweit tätigen [X.]-Konzern angehört, bietet bundesweit reflektierende Folien mit der Bezeichnung „[X.]™ [...] mit einer Seriennummer (nachfolgend: (erste) angegriffene Ausführungsform) an. Die „Serie [N.]“ betrifft die weiße Folie. Hierfür werden sogenannte Jumbo-Rollen der Folie nach Deutschland geliefert, auf welche sodann im Werk der Beklagten in Hilden noch eine Klebe- und Releaseschicht aufgebracht wird. Ferner werden die Rollen auf kleinere Einheiten umgeschnitten. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der ersten angegriffenen Ausführungsform wird auf die im Parallelverfahren 6 U 13/12 als Anlage [...] 13 vorgelegte Folie sowie das als Anlage [...] 11 vorgelegte technische Informationsblatt Bezug genommen. Die Tinte, mit welchem das Muster auf die angegriffene Ausführungsform gedruckt ist, enthält als Färbemittel „Titaniumdioxid“. Soweit farbige Folien angegriffen werden, unterscheiden sich diese von der weißen Folie (Serie [N.]) allein durch eine Einfärbung der obersten transparenten Schicht, der Oberflächenschutzschicht. |
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| Die Klägerin hat vorgetragen, die angegriffene Ausführungsform verletze den Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß. Insbesondere verfüge die angegriffene Ausführungsform über eine Haltekörperschicht. Diese könne einstückig mit den reflektierenden Elementen ausgebildet sein. Ferner verfüge die angegriffene Ausführungsform über eine erfindungsgemäße gedruckte Schicht, die ein diskretes, sich wiederholendes Einheitsmuster aufweise, und eine Tinte mit einem hellen Farbstoff umfasse, der den Farbton der Folie aufhelle und die Farbe der Folien unterhalb der Einheitsmuster verdecke. |
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| Die Klägerin hat zuletzt beantragt, |
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| I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, diese zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland rückstrahlende Folien herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, die folgende Merkmale aufweisen: |
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| - eine gedruckte Schicht; - eine Schicht aus rückstrahlenden Elementen, die aus einer großen Anzahl an Elementen mit dreieckigen Würfelecken und einer Haltekörperschicht besteht; - eine Oberflächenschutzschicht; - die gedruckte Schicht besteht aus einem diskreten, sich wiederholenden Muster aus Einheitsmustern; - die Einheitsmuster weisen jeweils eine Fläche von 0,15 mm² bis 30 mm² auf; - die gedruckte Schicht ist vorgesehen zwischen der Haltekörperschicht und der Oberflächenschutzschicht; - die gedruckte Schicht umfasst eine Tinte mit einem hellen Farbstoff; - der helle Farbstoff hellt den Farbton der Folie auf; - der helle Farbstoff verdeckt die Farbe der Folie unterhalb der Einheitsmuster; - die Oberflächenschutzschicht ist auf der Schicht aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken vorgesehen; |
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| [EP 1 746 444 B 1 = Anspruch 1] |
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| II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer I. seit dem 14.08.2010 entstanden ist und noch entstehen wird; |
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| III. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unverzüglich darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. aufgeführten Handlungen seit dem 14.08.2010 begangen hat, und zwar unter Angabe |
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| 1. der Menge der hergestellten Erzeugnisse sowie der Herstellungszeiten, 2. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller und Lieferanten, 3. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren, 4. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, 5. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, 6. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs- und Vertriebskosten und des erzielten Gewinns, |
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| - die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu Ziffern III.2 und III.3 Bestellformulare und Lieferscheine und Rechnungen jeweils in Kopie vorzulegen hat, - der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer bzw. Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist; |
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| IV. die Beklagte zu verurteilen, die in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I. an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben. |
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| V. die Beklagte zu verurteilen, die unter Ziffer I. beschriebenen frühestens seit dem 14.08.2010 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klageschutzrechtes EP 1 746 444 B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird, sowie endgültig zu entfernen, indem die Beklagte diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst. |
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| Die Beklagte hat beantragt, |
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| 2. hilfsweise den Rechtsstreit bis zur erstinstanzlichen Erledigung des gegen das Klagepatent EP 1 746 444 B1 eingelegten Rechtsbehelfs auszusetzen. |
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| Die Beklagte hat vorgetragen, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent nicht, da es ihr an einer Haltekörperschicht fehle. Diese müsse von den reflektierenden Elementen körperlich unterscheidbar sein. Weiterhin helle die gedruckte Schicht der angegriffenen Ausführungsform den Farbton der Folie nicht auf, sondern sie habe im Gegenteil die Aufgabe, die Helligkeit der Folie abzuschwächen. Ferner ist die Beklagte der Auffassung, dem Klagepatent fehle es an der Rechtsbeständigkeit. |
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| Das Landgericht, auf dessen Entscheidung wegen der Feststellungen und aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die Klage insoweit abgewiesen, als die Klägerin auch die Verurteilung der Unterlassung der Herstellung und der hierauf rückbezogenen Ansprüche beantragt hatte. Es fehle insoweit an einer Wiederholungsgefahr: Die Folie werde bis auf eine in Deutschland noch anzubringende Klebeschicht in den USA hergestellt. Weder der in Deutschland erfolgende Zuschnitt auf kleinere Rollen, noch das Zufügen der Klebeschicht stelle eine Herstellungshandlung dar. Im Übrigen hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Es hat angenommen, dass die angegriffene Ausführungsform alle Merkmale des Anspruchs 1 verwirkliche und daher das Klagepatent verletze. Die angegriffene Ausführungsform weise eine Haltekörperschicht auf. Der Umstand, dass bei der angegriffenen Ausführungsform die Haltekörperschicht aus dem gleichen Material wie die reflektierenden Elemente bestehe und mit dieser einstückig ausgebildet sei, führe nicht aus dem Anspruch heraus. Dies verdeutlichten die Figuren 1-3 und die nicht durchgehende Trennlinie zwischen den reflektierenden Elementen (4) und der Haltekörperschicht (3). Auch sehe die Beschreibung in Abschn. [0019] ein „vereinigtes Ausformen“ vor. Nach den Absätzen [0037] und [0042] könnten im Übrigen die Haltekörperschicht und die rückstrahlenden Elemente aus dem gleichen Material beschaffen sein. Wie die Abbildung des Querschnitts der angegriffenen Ausführungsform auf AS I 65 zeige, sei auf den reflektierenden Elementen noch eine Schicht vorgesehen, welche die reflektierenden Elemente trage, bevor dann die gedruckte Schicht und schließlich die Oberflächenschutzschicht die Oberfläche der Folie bilde. Darüber hinaus weise die angegriffene Ausführungsform eine gedruckte Schicht auf, die die erfindungsgemäßen Merkmale erfülle. Dabei geht das Landgericht davon aus, dass die Tinte der gedruckten Schicht schon dann einen hellen Farbton umfasse, wenn dieser in der Tinte nachweisbar sei. Die Menge des Farbstoffs sei gleichgültig, auch sei gleichgültig ob darüber hinaus auch dunkle Farbstoffe enthalten seien. Der Patentschrift sei nicht zu entnehmen, dass die Tinte ausschließlich aus hellen Farbstoffen bestehen müsse. Allerdings müsse die Tinte aufgrund des hellen Farbstoffs so beschaffen sein, dass sie den Anforderungen des Aufhellens der Folie und des Verdeckens unterhalb der Einheitsmuster gerecht werde. Diese Anforderungen legt das Landgericht dahin aus, dass es zur Aufhellung des Farbtons ausreiche, wenn die Farbe des Drucks heller sei als die Farbe der darunterliegenden Schicht. Die deckende Eigenschaft der Farbe sei erfüllt, wenn die unter der Druckfarbe befindliche Farbe der Folie nicht mehr sichtbar sei. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde als Tinte ein heller Farbstoff, nämlich Titaniumdioxid verwendet. Dieser sei Bestandteil der Tinte der gedruckten Schicht und stelle ein Weißpigment dar, welches das höchste Aufhell- und Deckvermögen aller handelsüblichen Weißpigmente aufweise (“Weißpigmente“ in Römpp, Chemielexikon, 9. Aufl. 1995, vorgelegt als Anlage [...] 15). Der Umstand, dass in der Tinte auch der dunkle Farbstoff „Carbonblack“ enthalten sei, führe aus der Patentverletzung nicht heraus, solange die Tinte den Farbton der Folie aufhelle und die Farbe der Folie unterhalb des Drucks verdecke. Auch diese Eigenschaften erfülle die angegriffene Ausführungsform. Die Kammer habe die im Parallelverfahren als Anlage [...] 13 vorgelegte angegriffene Ausführungsform in Augenschein genommen und nach sorgfältiger Prüfung festgestellt, dass die gedruckten Linien heller seien, als die darunter befindliche Farbe der Folie. Weiterhin wirke die Druckfarbe deckend, weil die darunter befindliche Farbe an den Stellen des Drucks nicht mehr sichtbar sei. Das Landgericht hat den Rechtsstreit nicht ausgesetzt. Der Klägerin hat es ¼, der Beklagten ¾ der Kosten des Rechtsstreits auferlegt. |
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| Beide Parteien haben Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts eingelegt. |
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| Die Klägerin macht geltend, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, die Beklagte stelle die streitgegenständlichen Folien nicht her. Die reflektierenden Folien seien nur verkehrsfähig, wenn sie selbstklebend beschichtet seien. Außerdem gebe die Beklagte in Bewertung dieses Tatbeitrages als wesentlichen Herstellungsschritt an, dass die Folien „Made in Germany“ seien. Jedenfalls sei die Beklagte im Hinblick auf das Hinzufügen der Klebeschicht Mittäterin oder Gehilfin. Außerdem bestehe Begehungsgefahr. Im Übrigen verkenne die Beklagte, dass Streitgegenstand nicht das Basismaterial, sondern die verkehrsfähigen, von der Beklagten in Deutschland hergestellten und angebotenen Folien, auch in den Farben gelb, rot, orange, blau und grün seien (vgl. Klageschrift Ziff. 6.2). Da sich diese von der weißen Folie lediglich dadurch unterscheide, dass die oberste transparente Schicht, die Oberflächenschutzschicht, in der jeweiligen Farbe eingefärbt sei, führe die Einfärbung nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents heraus Im Rahmen ihrer Erwiderung zur Berufung der Beklagten verteidigt die Klägerin die Auslegung des Landgerichts zur Verwirklichung der Merkmale „gedruckte Schicht“ und „Haltekörperschicht“. Bei der Beurteilung der Anforderungen, denen der Farbstoff zum Zweck der Aufhellung des Farbtons genügen müsse, sei nicht auf die weißen Wabenelemente, sondern auf die Reflektionsschicht abzustellen. Soweit die Beklagte auf die in Abschn. [0076] angeführte Messmethode abstelle, sei diese auf Messpunkte auf der Reflektionsschicht zu beschränken. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei nicht mit dem Gesamteindruck der Folie unter Einschluss der aufhellenden Wirkung der weißen, bienenförmigen Waben abzustellen. Darüber würden die mit den gutachterlichen Stellungnahmen und Untersuchungsergebnissen (Anl. [...] 3, [...] 16-19) vorgetragenen Ergebnisse des Vergleichs bestritten. Die vorgelegten Beweismittel seien als verspätet nicht zu berücksichtigen. |
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| Darüber hinaus erweitert die Klägerin in der Berufung ihre Klage auf die von der Beklagten ab dem Jahr 2012 vertriebene abgeänderte neue Ausführungsform. Sie meint, die Klageerweiterung sei als Klageänderung zulässig (§ 533 ZPO), denn sie sei jedenfalls sachdienlich. Der neue Tatsachenvortrag sei jedenfalls nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen. Die neue Ausführungsform weise bei ansonsten gleichem Schichtaufbau eine andere Länge - und damit auch Fläche - der Einheitsmuster auf: Während die Einheitsmuster in der Mitte der Folien des Jahres 2009 (erste und damit frühere Ausführungsform) ca. 10 mm lang und ca. 0,4 mm breit seien, seien diese bei den neuen Folien bei gleichbleibender Breite von ca. 0,4 mm ca. 229 mm (genau 228,59 mm) lang. Zwar lägen die „verlängerten“ Einheitsmuster im Zentralbereich der abgeänderten Ausführungsform außerhalb der erfindungsgemäßen Anforderungen an die Fläche von 0,4 mm² bis 15 mm², allerdings wiesen die Folien der Beklagten neben dem Einheitsmuster im Zentralbereich auch Einheitsmuster in den Randbereichen zu den Schnittkanten auf, für die dies nicht gelte. Bei dem Zuschnitt der von der Klägerin erworbenen Rolle (beschrieben in Anl. [...] 25, abgebildet auf AS II 299), sei die Linie an der Schnittkante 17 mm lang, was (bei einer unveränderten Linie von 0,41 mm breite) zu einer Fläche des Einheitsmusters von ca. 7 mm² führe. Sie liege damit innerhalb der erfindungsgemäßen Anforderungen der Fläche von 0,4 bis 15 mm². Bei der von der Beklagten in Deutschland gekauften Folie befänden sich an der inneren Schnittkante ca. 762 patentgemäße diskrete Einheitsmuster. Das Einheitsmuster entlang der inneren Schnittkante der nächsten Folie sei dann 229 mm - 196 mm= 33 mm, was ebenfalls zu einem patentgemäßen Flächenbereich führe (33 mm x 0,4 mm= 13,2 mm²; vgl. Abbildung Schema auf AS II 303). Gleiches gelte bei (z.B. für die Verwendung für Verkehrsschilder oder Warnpfosten) konfektionierter Ware. Soweit die Beklagte die Folie schneide, stelle dies eine unmittelbare Patentverletzung dar, die unter die unveränderten Klageanträge falle. Soweit die unkonfektionierte Folie durch Zuschneiden konfektioniert werde, stelle dies eine mittelbare Patentverletzung dar. Denn die Folie sei objektiv geeignet und bestimmt, z.B. zu Verkehrsschildern verarbeitet zu werden. Der unkonfektionierten Folie komme dabei nicht nur eine untergeordnete Bedeutung zu, bei den streitigen Folien handle es sich um ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehe. |
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| Die Klägerin verteidigt die Verurteilung nur noch in der Fassung des nunmehr eingeschränkten Klagepatents. Darüber hinaus begehrt sie mit ihrer Berufung eine Verurteilung der Beklagten hinsichtlich des „Herstellens“. Und schließlich erweitert sie im Rahmen ihrer Berufung ihre Klage durch Einbeziehung einer neuen Ausführungsform, die sie zusätzlich mit den Anträgen wegen unmittelbarer Patentverletzung und darüber hinaus wegen mittelbare Patentverletzung (Anträge Ziff. X -XII) angreift. |
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| Die Klägerin beantragt im Rahmen der eigenen Berufung: |
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| 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.01.2012 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim (Az 2 O 252/11) abgeändert und der Klage mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Verurteilung in Ziff. I wie folgt lautet: |
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| I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, diese zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland rückstrahlende Folien herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, die folgende Merkmale aufweisen: |
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| - eine gedruckte Schicht; - eine Schicht aus rückstrahlenden Elementen, die aus einer großen Anzahl an Elementen mit dreieckigen Würfelecken und einer Haltekörperschicht besteht; - eine Oberflächenschutzschicht; - die Schichten der Folie sind so angeordnet, dass einfallendes Licht die Schichten in der folgenden Reihenfolge durchdringt: |
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| Oberflächenschutzschicht (1) gedruckte Schicht (2) Haltekörperschicht (3) rückstrahlende Elemente (4) |
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| - die gedruckte Schicht besteht aus einem diskreten, sich wiederholenden Muster aus Einheitsmustern; - die Einheitsmuster weisen jeweils eine Fläche von 0,4 mm² bis 15 mm² auf; - die gedruckte Schicht ist vorgesehen zwischen der Haltekörperschicht und der Oberflächenschutzschicht; - die gedruckte Schicht umfasst eine Tinte mit einem hellen Farbstoff; - der helle Farbstoff hellt den Farbton der Folie auf; - der helle Farbstoff verdeckt die Farbe der Folie unterhalb der Einheitsmuster; - die Oberflächenschutzschicht ist auf der Schicht aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken vorgesehen; |
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| X. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR‚ ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, diese zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, Dritten zur Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland rückstrahlende Folien anzubieten oder zu liefern, die geeignet und bestimmt sind, so verarbeitet zu werden, dass sie folgende Merkmale aufweisen: |
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| - eine gedruckte Schicht; - zumindest eine Schicht aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken, - und eine Oberflächenschutzschicht; - die Schicht aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken besteht - aus einer großen Anzahl an rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken und - einer Haltekörperschicht - die Oberflächenschutzschicht ist auf der Schicht aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken vorgesehen; - die gedruckte Schicht ist vorgesehen zwischen der Haltekörperschicht und der Oberflächenschutzschicht; - die Schichten der Folie sind so angeordnet, dass einfallendes Licht die Schichten in der folgenden Reihenfolge durchdringt: |
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| Oberflächenschutzschicht gedruckte Schicht Haltekörperschicht rückstrahlende Elemente |
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| - die gedruckte Schicht ist ausgebildet aus einem diskreten, sich wiederholenden Muster aus Einheitsmustern; - die Einheitsmuster weisen jeweils eine Fläche von 0,4 mm² bis 15 mm² auf; - die gedruckte Schicht (2) umfasst eine Tinte mit einem hellen Farbstoff; - der den Farbton der Folie aufhellt; - und die Farbe der Folie unterhalb der Einheitsmuster verdeckt; |
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| XI. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer X seit dem 14.08.2010 entstanden ist und noch entstehen wird. |
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| XII. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unverzüglich darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer X. aufgeführten Handlungen seit dem 14.08.2007 begangen hat, und zwar unter Angabe |
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| 1. der Menge der hergestellten Erzeugnisse sowie der Herstellungszeiten, 2. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller und Lieferanten, 3. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren, 4. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, 5. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, 6. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs- und Vertriebskosten und des erzielten Gewinns, |
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| - die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu Ziffern 2 und 3 Bestellformulare, Lieferscheine oder Rechnungen vorzulegen hat, - der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegen über zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer bzw. Angebots-empfänger in der Rechnung enthalten ist. |
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| 1. das Urteil des Landgerichts vom 24.01.2012 - 2 O 63/11 - aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit ihr durch das Urteil stattgegeben, wobei die Abweisung auch im Hinblick auf den geänderten Klageantrag aus dem Schrifts. v. 23.12.2015 erfolgen soll. |
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| 2. die Berufung der Klägerin unter Einschluss der Klageerweiterung vom 23.12.2015 zurückzuweisen. |
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| Die Beklagte stellt eine (erneute) Aussetzung des Berufungsverfahrens im Hinblick auf die weitere Nichtigkeitsklage gemäß Anl. [...] 2 in das Ermesse des Senats. |
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| die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. |
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| Beide Parteien regen (jeweils für den Fall ihres Unterliegens) an, die Revision zuzulassen. |
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| Die Beklagte trägt vor, Streitgegenstand sei ursprünglich allein eine reflektierende Folien mit der Bezeichnung [X.]TM [...] Serie [N.] als angegriffene Ausführungsform gewesen. Dabei handle es sich um eine „silberfarbene“ Folie, das Muster liege als Anlage [...] 13 vor. Das Landgericht habe zu Unrecht eine Patentverletzung angenommen. Die angegriffene Ausführungsform weise keine Haltekörperschicht auf. Darüber hinaus fehle es an einer gedruckten Schicht, die eine Tinte mit einem hellen Farbstoff umfasse, der den Farbton der Folie aufhelle. Zu Unrecht lasse es das Landgericht zur Erfüllung des Teilmerkmals genügen, dass in der Tinte der gedruckten Schicht der Farbstoff „Titaniumdioxid“ enthalten sei und berücksichtige nicht, dass auch der dunkle Farbstoff „Carbonblack“ enthalten sei. Darüber hinaus hätten die Druckelemente keine aufhellende Funktion. Der Hinweis der Klägerin auf die verwendete Tinte, die auch die Klägerin als hellgrau beschreibe, sei nicht ausreichend. Die gedruckte Linie dürfe nicht nur mit der darunterliegenden Schicht aus rückstrahlenden Elementen verglichen werden, da sie das Farbgepräge der angegriffenen Folie durch die hellweiße bienenwabenförmige Zellstruktur gewinne. Diese weißen Prägelinien dürften für den Farbtoncharakter der Folie nicht außer Acht gelassen werden. Dies ergebe sich schon aus Abschn. [0076], in dem das Verfahren der Messung der Helligkeit beschrieben werde. Wende man dieses an und wähle fünf Punkte auf einer Scheibe mit einem Durchmesser von 50 mm würden die weißen Prägelinien miteinbezogen. Darüber hinaus müsse ein bestimmter Einfallswinkel des Lichtstrahls und müsse unter einem bestimmten Winkel beobachtet werden. Soweit die Klägerin den Farbton des Inneren einer unbedruckten Wabe mit Y:24,7 und die aufgedruckte Linie mit Y:47,0 benenne (AS II 205), lasse sie zum einen außer Acht, dass die Stege des unbedruckten Wabenmusters einen sehr hellen Farbton von Y:75,6 hätten und zum anderen, dass sie nur den Bereich innerhalb des ca. 1 cm breiten Streifens mit eher dunkler Farbgebung berücksichtigt habe. Der Vergleich der bedruckten und der unbedruckten Folie zeige vielmehr, dass diese durch das Aufbringen der Einheitsmuster verdunkelt werde (SV-Gutachten Dr. [A.] in Anl. [...] 3, [...] 18: unbedruckt: CAP-Y-Wert 52%, bedruckt CAP-Y-Wert: 45 %; Ausarbeitung des sachverständigen Zeugen [B.] Anl. [...] 16/17). Auch das Gutachten in Anl. [...] 19 (Dr. [C.]) bestätige dies: „Es zeigt sich, dass man es hier mit zwei gegenläufigen Effekten zu tun hat. Durch die Bedruckung wird einerseits die mittlere Leuchtdichte der sehr hellen geprägten Stege vermindert, während die Bedruckung andererseits zu einer Erhöhung der mittleren Leuchtdichte der bedruckten Waben führt. Da die Minderung der mittleren Leuchtdichte der geprägten Stege durch die Bedruckung der Erhöhung der mittleren Leuchtdichte innerhalb der Waben übersteigt, ist die mittlere Leuchtdichte der bedruckten Folie im Vergleich zu der mittleren Leuchtdichte der unbedruckten Folie insgesamt eher niedrig.“ Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass es zur Aufhellung des Farbtons ausreichend sei, wenn die Farbe des Drucks heller sei als die Farbe der darunterliegenden Schicht. Zulässig sei allein ein Vergleich eines unbedruckten Musters mit einem bedruckten Muster. Solche habe die Beklagte im Parallelverfahren vorgelegt. Diese aber seien nicht in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen worden. Eine Inaugenscheinnahme außerhalb der mündlichen Verhandlung sei verfahrensfehlerhaft. Darüber hinaus trage bei der angegriffenen Ausführungsform die gedruckte Schicht nicht zur Witterungsbeständigkeit bei. Denn das verringerte Haftvermögen sei ausgeschlossen, da sämtliche Schichten unter Einschluss auch der Druckschicht aus Kunststoff bestünden und diese unter Druck und Wärme eine innige Verbindung eingingen. |
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| Zur Berufung der Klägerin führt die Beklagte aus, das Landgericht habe zu Recht angenommen, dass das Umschneiden von Jumbo-Rollen in kleinere Einheiten sowie das Aufbringen einer Klebe- und Release-Schicht nichts an dem von schon fertigen Erzeugnis ändere, das der Beklagten von ihrer Muttergesellschaft aus den USA angeliefert werde. Die Bezeichnung „Made in Germany“ stelle auf einen anderen Bewertungsmaßstab ab. Auch an der von der Klägerin behaupteten Mittäterschaft fehle es. Das Herstellen der reflektierenden Folie (Jumbo-Rolle) erfolgte ausschließlich in den USA. |
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| Soweit die Klägerin im Berufungsrechtszug die Klage auf eine neue angegriffene Ausführungsform erweitern wolle, willige sie in die Klageänderung nicht ein (Schriftsatz vom 6.5.2016 S. 43, AS II 449). Die Klageänderung sei auch nicht sachdienlich. Der Sachvortrag der Klägerin werde mit Nichtwissen bestritten. Das Bestreiten stehe nicht im Gegensatz zu dem Hinweis der Beklagten auf die vielfältigen Möglichkeiten der Anbringung von Schnitten im Zusammenhang mit der Verarbeitung der Folie der Beklagten. Die Klägerin beziehe sich auf bestimmte Maße von vermeintlichen „Einheitsmustern“ die sich infolge von Schnitten ergeben haben sollen. Diese bestreite die Beklagte mit Nichtwissen. Darüber hinaus sei der neue Sachvortrag nicht zuzulassen und fehle es an den Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO. Deshalb sei die Klageerweiterung bereits unzulässig. Sie sei aber auch unbegründet, da es bei der neuen Ausführungsform an einer erfindungsgemäßen Haltekörperschicht fehle und die gedruckte Schicht keinen aufhellenden Charakter habe. Jedenfalls aber fehle es an dem erfindungsgemäßen Flächenmaß des Einheitsmusters. Nach Anspruch 1 müsse die gedruckte Schicht ein diskretes, sich wiederholendes Muster aus Einheitsmustern aufweisen, wobei der Druck dafür sorge, dass die Einheitsmuster jeweils die im Anspruch genannte Fläche hätten. Dass die Einheitsmuster infolge eines Zuschnitts oder eines Überklebens oder durch Zerstörung entstehen könnten, sei der Klagepatentschrift nicht zu entnehmen. Darüber hinaus fehle es bei der angegriffenen Ausführungsform daran, dass die gedruckten Bereiche voneinander beabstandet („diskret“) seien, dass also zwischen ihnen unbedruckte Bereich liegen. Denn die Teilstücke der Einheitsmuster, die infolge eines Schnittes entstünden, seien nicht mehr vollständig von unbedruckten Bereichen umgeben. Und schließlich sei von mehreren Mustern unterschiedlicher Art weder im Anspruch 1 noch in der Beschreibung des Klagepatents die Rede. Zwar komme auch eine Kombination von zwei oder mehreren dieser Einheiten in Betracht, dies ändere aber nichts daran, dass es sich jeweils nur um ein einziges Einheitsmuster handle, bestehend aus verschiedenen Mustern, die sich regelmäßig abwechselten. Über die Verhältnisse in einem etwaigen Kantenbereich äußere sich das Klagepatent an keiner Stelle. Die Verarbeitung einer nicht klagepatentgemäßen Folie, die zu dem rein zufälligen Ergebnis führe, dass ein Teil von Flächen eines Druckmusters, die zuvor kein sich wiederholendes diskretes Einheitsmusters im Sinne des Klagepatents seien, nunmehr von der Größenordnung her in die Maßangaben des Klagepatents fielen, stelle keinen patentverletzenden Tatbestand dar. Es fehle an einer zielgemäßen Verwirklichung der Lehre des Klagepatents. Auch an einer mittelbaren Patentverletzung fehle es. Es handle sich um ein allgemein im Handel erhältlich Erzeugnis im Sinne des § 10 Abs. 2 PatG. Jedenfalls aber stelle die Beklagte die streitgegenständlichen Erzeugnisse nicht her, sondern biete sie lediglich an und vertreibe sie. Außerdem komme kein Verbot von Herstellungshandlungen in Betracht, sondern allenfalls eine Verpflichtung, die Abnehmer anzuweisen oder entsprechend zu unterrichten, keine Patentverletzungshandlung zu begehen. |
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| Und schließlich werde sich das Klagepatent im erneuten Nichtigkeitsverfahren nicht als rechtsbeständig erweisen (BPatG 2 Ni 41/16 (EP)). Von besonderer Bedeutung seien die Entgegenhaltungen WO 99/37470 (Anl. K 6) i.V. mit US 4,673,699 (Anl. K 8) bzw. i.V. mit US 4,618,518 (Anl. K 5) sowie die Offenlegungsschrift DE 2 118 822 (Anl. K10), die die zeigten, dass dem Gegenstand des Klagepatents jede erfinderische Tätigkeit fehle. |
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| Der Senat hatte den Rechtsstreit nach Verkündung der Entscheidung des Bundespatentgerichts im ursprünglichen Nichtigkeitsverfahren mit Zustimmung der Parteien ausgesetzt. Auf die gewechselten Schriftsätze wird ergänzend ebenso Bezug genommen wie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung. |
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| Die zulässigen Berufungen beider Parteien haben keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zu Unterlassung, Auskunft/Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung verurteilt und die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz festgestellt. Die ursprüngliche angegriffene Ausführungsform macht von allen Merkmalen des Anspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch, weshalb deren Angebot und Vertrieb patentverletzend ist. Zutreffend hat das Landgericht darüber hinaus eine Verurteilung der Beklagten wegen des Herstellens der angegriffenen Ausführungsform abgelehnt. Soweit die Klägerin die Klage in der Berufungsinstanz auf eine weitere Ausführungsform stützt und auch insoweit eine unmittelbare und eine mittelbare Patentverletzung geltend macht, hat die Klage keinen Erfolg. |
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| Das Klagepatent betrifft eine rückstrahlende Folie, die eine gedruckte Schicht aufweist. Nach der Patentbeschreibung sind retroreflektierende Folien im Stand der Technik bekannt und werden in weitem Umfang eingesetzt, etwa bei Verkehrsschildern, Baustellenschildern, Nummernschildern, Sicherheitswesten oder für Sensoren. Folien, die den Effekt rückstrahlender Würfeleckelemente nutzten, seien herkömmlichen rückstrahlenden Folien mit Mikroglasperlen weit überlegen. Als bekannt schildert die Beschreibung auch Folien mit dreieckigen Würfelecken, bei denen die seitlichen Oberflächen der reflektierenden Elemente mit Metall bedampft sind. Eine solche durch Dampfablagerung hergestellte Folie weise den Nachteil auf, dass ihr Erscheinungsbild durch den Einfluss der Metallfarbe verdunkelt werde. Zur Verbesserung des Farbtons bei rückstrahlender Folie mit dreieckigen Würfelecken und bei durch Dampfablagerung hergestellter rückstrahlender Folie mit dreieckigen Würfelecken habe man eine durchgehende gedruckte Schicht in einem Teil der Folie vorgesehen. Jedoch hafte eine solche gedruckte Schicht schlecht an der Schicht aus reflektierenden Elementen und an der Oberflächenschutzschicht. Zudem biete sie eine schlechte Witterungsbeständigkeit und nehme leicht Wasser auf. Vor diesem Hintergrund bestehe das technische Problem darin, eine retroreflektierende Folie mit dreieckigen Würfelecken mit einer bedruckten Schicht zur Einstellung des Farbtons bereitzustellen, die eine verbesserte Witterungsbeständigkeit aufweist und einfach und kostengünstig herzustellen ist. |
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| Zur Lösung des Problems schlägt das Klagepatent im aufrechterhaltenen Patentanspruch 1 eine Folie mit folgenden Merkmalen vor (nach der Merkmalsanalyse des Bundesgerichtshofs im Nichtigkeitsverfahren, Urt. v. 21.04.2015, X ZR 74/13): |
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| Rückstrahlende Folie mit dreieckigen Würfelecken, die eine gedruckte Schicht aufweist, umfassend |
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| 1. zumindest eine Schicht (5) aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken, bestehend aus: |
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| a. einer großen Anzahl von rückstrahlenden Elementen (4) mit dreieckigen Würfelecken und b. einer Haltekörperschicht (3); |
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| 2. eine Oberflächenschutzschicht (1), die auf der Schicht (5) aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken vorgesehen ist; |
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| 3. eine gedruckte Schicht (2), die |
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| a. zwischen der Haltekörperschicht (3) und der Oberflächenschutzschicht (1) vorgesehen ist, b. ein diskretes, sich wiederholendes Muster aus Einheitsmustern aufweist, c. wobei die Einheitsmuster jeweils eine Fläche von 0,4 mm2 bis 15 mm2 haben, d. eine Tinte mit einem hellen Farbstoff umfasst, der den Farbton der Folie aufhellt und die Farbe der Folie unterhalb der Einheitsmuster verdeckt; |
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| 4. die Schichten der Folie sind so angeordnet, dass einfallendes Licht die Schichten in der folgenden Reihenfolge durchdringt: |
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| a. Oberflächenschutzschicht (1) b. gedruckte Schicht (2) c. Haltekörperschicht (3) d. rückstrahlende Elemente (4). |
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| Der Patentanspruch schützt nach Merkmal 3a eine rückstrahlende Folie, bei der die gedruckte Schicht zwischen der Haltekörperschicht und der Oberflächenschicht vorgesehen ist. Solche Anordnungen sind in den Figuren 1 und 2 des Klagepatents dargestellt. Nach der Erfindung ist es nicht ausgeschlossen, dass die Folie weitere, im Anspruch nicht beschriebene Schichten umfasst. Die Ausführungsbeispiele zeigen etwa eine Bindemittelschicht (siehe Abschn. [0020], Figuren 1 bis 3). |
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| Nach Merkmal 3 b muss die gedruckte Schicht ein diskretes, sich wiederholendes Muster aus Einheitsmustern aufweisen. Dies bringt zum Ausdruck, dass eine Schicht gemeint ist, die bedruckte Bereiche aufweist, die voneinander beabstandet (diskret) sind, so dass zwischen ihnen unbedruckte Bereiche liegen. Im Stand der Technik war eine durchgehend gedruckte Schicht bekannt (Abschn. [0005]). Hiergegen grenzt sich das Klagepatent ab. Der Abstand zwischen den einzelnen bedruckten Bereichen soll gewährleisten, dass Feuchtigkeit, die am seitlichen Rand der Folie auftritt und von der Druckfarbe absorbiert wird, nicht weiter in die Folie eindringt. Beispiele für ein patentgemäßes Muster zeigen Figuren 4 und 5, dagegen bietet Figur 6 ein Beispiel für eine - nicht patentgemäße - durchgehend gedruckte Schicht. |
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| B. Berufung der Beklagten |
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| Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte gegen die Annahme des Landgerichts, die angegriffene Ausführungsform weise sowohl eine erfindungsgemäße Haltekörperschicht als auch eine gedruckte Schicht aus, die die erfindungsgemäßen Anforderungen erfülle. |
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| 1. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin mit ihrer Patentverletzungsklage nicht allein die von ihr vertriebene reflektierende Folien mit der Bezeichnung [X.]TM [...] Serie [N.] angegriffen. |
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| Über welchen Lebenssachverhalt das Gericht nach dem Klagebegehren zu entscheiden hat, kann nicht ohne Berücksichtigung der rechtlichen Grundlage entschieden werden, auf die ein Kläger seine Klageanträge stützt. Denn diese rechtliche Grundlage bestimmt, welche Einzelheiten eines behaupteten tatsächlichen Geschehens in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht für das gerichtliche Erkenntnis zumindest potentiell von Bedeutung sind. Bei einer Patentverletzungsklage sind demgemäß für die Eingrenzung des Streitgegenstandes, der der gerichtlichen Entscheidungsfindung unterworfen wird, vornehmlich diejenigen tatsächlichen Elemente von Bedeutung, aus denen sich Handlungen des Beklagten ergeben sollen, die einen der Tatbestände des § 9 PatG ausfüllen. Zur sachlichen Eingrenzung dieser vom Klagebegehren umfassten Handlungen kommt es typischerweise in erster Linie darauf an, aus welcher tatsächlichen Ausgestaltung eines angegriffenen Erzeugnisses oder Verfahrens sich nach dem Klagevortrag ergeben soll, dass das Erzeugnis oder Verfahren unter den mit der Klage geltend gemachten Patentanspruch subsumiert werden kann (BGH GRUR 2012, 485 Rn. 18 - Rohrreinigungsdüse II). Der Streitgegenstand der Patentverletzungsklage wird demgemäß regelmäßig im Wesentlichen durch die üblicherweise als angegriffene Ausführungsform bezeichnete tatsächliche Ausgestaltung eines bestimmten Produkts im Hinblick auf die Merkmale des geltend gemachten Patentanspruchs bestimmt (BGH aaO Rn. 19 - Rohrreinigungsdüse II). |
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| Im Streitfall hat die Klägerin die angegriffene Ausführungsform durch die Merkmale des Klagepatents des Anspruchs 1 beschrieben. In der Klagebegründung (Seite 17 und 18) hat sie ausgeführt, der angegriffene Gegenstand existiere in mehreren Ausführungsformen, die je nach Farbe mit den Artikelnummern [N.] (weiß), [N.+1] (gelb), [N.+2] (rot), [N.+4] (orange), [N.+5] (blau) und [N.+7] (grün) bezeichnet werden. Sie führt aus, dass die Beklagte zu den mit der Klage angegriffenen reflektierenden Folien [X.]TM [...] Serie [N.] im August 2009 bestimmte technische Informationen veröffentlicht habe (vorgelegten Anlage [...] 11). Zur Veranschaulichung hat sie ein Muster als Anl. [...] 13 vorgelegt. Auf die Farbgebung stellt sie bei der folgenden Darstellung nicht mehr ab. Erkennbar ist sie der Auffassung, dass diese für die Beschreibung der angegriffenen Ausführungsform mit den Merkmalen des Patentanspruchs ohne Bedeutung ist. |
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| Streitgegenstand ist damit die im Klageantrag mit den Merkmalen des Klagepatents beschriebene angegriffene Ausführungsform, die jedenfalls in den von der Klägerin genannten Farbgebungen mit den dort genannten Artikelnummern von der Beklagten vertrieben wird. Anderes ergibt sich auch nicht aus der angegriffenen Entscheidung. Zwar hat das Landgericht allein auf die Folie mit der Artikelnummer [N.] und auf das diesen Artikel betreffende Informationsblatt [...] 11 sowie das in Anlage [...] 13 vorgelegte Produkt Bezug genommen (LGU S. 7, 2. u. 3. Abs.), es hat jedoch die Klage im Hinblick auf die übrigen streitgegenständlichen Produkte nicht abgewiesen. |
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| 2. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die angegriffene Ausführungsform eine rückstrahlende Folie darstellt, die eine Schicht aus reflektierenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken umfasst (Merkmal 1) und dass diese aus einer großen Anzahl von rückstrahlenden Elementen (4) mit dreieckigen Würfelecken besteht. Ob die angegriffene Ausführungsform auch eine Schicht umfasst, die aus einer Haltekörperschicht besteht (Merkmal 1b), ist zwischen den Parteien hingegen im Streit. Nicht im Streit ist, dass die angegriffene Ausführungsform eine Oberflächenschutzschicht umfasst, die auf der Schicht aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken vorgesehen ist (Merkmal 2). Die Klägerin hat diese in den Abbildungen 14 und 15 der Klageschrift (Seite 27) bezeichnet. Unstreitig umfasst die angegriffene Ausführungsform auch eine gedruckte Schicht, streitig ist allerdings, ob diese erfindungsgemäß ausgestaltet ist (Merkmal 3). Als gedruckte Schicht werden die parallel verlaufenden, unterbrochenen Linien angegriffen, die z.B. in der Abbildung 4 der Klageschrift auf Seite 19 (AS I 57) dargestellt sind. Die Klägerin macht geltend, dass bei der angegriffenen Ausführungsform die gedruckte Schicht zwischen der Haltekörperschicht und der Oberflächenschutzschicht vorhanden ist (Merkmal 3a). Dies ist streitig, da das Vorhandensein der Haltekörperschicht im Streit ist. Unstreitig wiederum ist, dass die gedruckte Schicht ein diskretes, sich wiederholendes Muster aus Einheitsmustern aufweist (Merkmal 3b). Die Einheitsmuster sind die Streifen bzw. die geraden Linien. Diese weisen jeweils eine Fläche von ca. 3 mm² auf; unstreitig liegt die Fläche damit in dem Bereich der erfindungsgemäßen Anforderungen des Merkmals 3c, nach denen die Fläche zwischen 0,4 mm² bis 15 mm². Streitig zwischen den Parteien ist wiederum, ob die gedruckte Schicht, die ein Muster aus Einheitsmustern aufweisen muss, eine Tinte mit einem hellen Farbstoff umfasst, der den Farbton der Folie aufhellt. Dabei ist unstreitig, dass die Tinte Farbstoff „Titaniumoxid“ beinhaltet und dass dieser ein Weißpigment ist, welches das höchste Aufhell- und Deckvermögen aller handelsüblichen Weißpigmente aufweist. Allerdings ist auch unstreitig, dass die Tinte auch den dunklen Farbstoff „Carbonblack“ enthält. Jedenfalls in der Berufungsinstanz ist unstreitig, dass die Tinte den Farbton der Folie unterhalb der Einheitsmuster verdeckt (Merkmal 3d). Auch die erfindungsgemäße Reihenfolge der Anordnung der Schichten bei der angegriffenen Ausführungsform ist zwischen den Parteien nicht im Streit (Merkmal 4). Im Mittelpunkt des Streits der Parteien steht damit das Vorhandensein einer Haltekörperschicht und die Frage, ob die gedruckte Schicht, die ein Einheitsmuster aufweist, eine Tinte mit den in Merkmal 3 d beschriebenen Anforderungen (heller Farbstoff und Aufhellen des Farbtons der Folie) umfasst. |
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| 3. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die ursprünglich angegriffene rückstrahlende Folie eine erfindungsgemäße Haltekörperschicht aufweist. Diese muss nach der Fassung des Anspruchs 1 eine Schicht (5) aus rückstrahlenden Elementen mit dreieckigen Würfelecken umfassen, die besteht aus einer großen Anzahl von rückstrahlenden Elementen (4) mit dreieckigen Würfelecken und einer Haltekörperschicht (3). |
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| Dabei ist die tatsächliche Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Haltekörperschicht und die Schicht aus reflektierenden Elementen bestehen aus einem einheitlichen Material. Die Beklagte macht geltend, da die Schichten aus einem einheitlichen Material bestünden, seien dies keine zwei unterscheidbare Schichten, die angegriffene Ausführungsform weise daher keine Haltekörperschicht auf. Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung gegen die Annahme des Landgerichts, Anspruch 1 des Klagepatentes verlange keine Materialuneinheitlichkeit zwischen Haltekörperschicht und Schicht aus reflektierenden Elementen. |
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| Schon nach seinem Wortlaut verlangt das Klagepatent im Anspruch keine gesonderte Schicht aus rückstrahlenden Elementen, sondern die Schicht aus rückstrahlenden Elementen besteht aus einer großen Anzahl (näher beschriebener) rückstrahlender Elemente und der Haltekörperschicht. Die Haltekörperschicht ist nach der Erfindung die Schicht, die die rückstrahlenden Elemente hält. Nach der maßgeblichen englischen Verfahrenssprache muss die Schicht (5) aus reflektierenden Elementen sowohl aus einer großen Anzahl von reflektierenden Elementen (4) als auch aus einer Haltekörperschicht bestehen (ʺmade upʺ). Diesem Wortlaut des Anspruches lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entnehmen, dass es eine Materialuneinheitlichkeit geben müsse zwischen der Haltekörperschicht und der Schicht aus reflektierenden Elementen. Zu Recht hat das Landgericht darüber hinaus auf Abschnitt [0019] der englischen Klagepatentschrift verwiesen, nach der die rückstrahlenden Elemente und die Haltekörperschicht, welche die Schicht aus rückstrahlenden Elementen bilden, normalerweise durch vereinigtes Ausformen ausgebildet werden. Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass hier lediglich auf den Herstellungsprozess hingewiesen werde, steht dies der Annahme nicht entgegen, dass der Anspruch ein einheitliches Material zulässt. Dieses Auslegungsergebnis wird darüber hinaus gestützt von der Darstellung in den Figuren 1-3, bei denen die Schicht (5) verbindend aus der Haltekörperschicht (3) und der großen Anzahl von rückstrahlenden Elementen (4) gezeigt wird. Während bei anderen Schichten eine durchgezogene Linie zwischen den Schichten gezeichnet ist, ist zwischen den Schichten mit der Bezugsziffer (3) und (4) lediglich eine gestrichelte Linie gezogen. Darüber hinaus deutet die in der Schemazeichnung angedeutete einheitliche Schraffur ebenfalls auf die Möglichkeit der Verwendung eines einheitlichen Materials hin. |
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| 3. Das Landgericht hat darüber hinaus angenommen, dass die angegriffene Ausführungsform auch von Merkmal 3 wortsinngemäß Gebrauch mache, weil die angegriffene rückstrahlende Folie eine erfindungsgemäße gedruckte Schicht (2) umfasse. |
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| Dabei ist zwischen den Parteien nicht im Streit, dass die angegriffene Ausführungsform eine gedruckte Schicht aufweist. Wie oben bereits ausgeführt, handelt es sich dabei um die sich wiederholenden, parallel verlaufenden, unterbrochenen Linien, die bei dem im Parallelverfahren vorgelegten und in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörterten Muster der angegriffenen Ausführungsform (dort [...] 13) mit bloßem Auge zu erkennen und die im Übrigen in den Abbildungen der Klageschrift (Abbildung 4 und der Abbildung auf Seite 20) zu sehen sind. Handelt es sich um eine erfindungsgemäße gedruckte Schicht und um eine erfindungsgemäße Haltekörperschicht, ist zwischen den Parteien nicht in Streit, dass diese zwischen der Haltekörperschicht und der Oberflächenschutzschicht angeordnet ist (Merkmal 3 a und dass diese ein diskretes, sich wiederholtes Muster aus Einheitsmustern (Merkmal 3 b) mit den erfindungsgemäßen Flächen aufweisen (Merkmal 3 c). |
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| a) Zwischen den Parteien ist jedoch streitig, ob die Einheitsmuster der gedruckten Schicht eine Tinte mit einem hellen Farbstoff umfasst. |
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| Dabei ist unstreitig, dass die Tinte den Farbstoff „Titaniumoxid“ beinhaltet und dass dieser nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts ein Weißpigment ist, welches das höchste Aufhell- und Deckvermögen aller handelsüblichen Weißpigmente aufweist. Ohne Erfolg verweist die Beklagte darauf, dass die Tinte - ebenfalls unstreitig - auch den dunklen Farbstoff „Carbonblack“ enthält. Das Vorhandensein anderer Bestandteile oder Farben schließt das Patent jedoch nicht aus. Dies bestätigt bereits die Fassung des Anspruchs unter Verwendung des Wortes „mit“. Belegt wird dies auch in der englischen Verfahrenssprache (ʺink with a light colorantʺ). |
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| Zu Recht hat bereits das Landgericht den Anspruch dahin ausgelegt, dass allein maßgeblich ist, dass der helle Farbstoff in der Tinte nachweisbar ist. Dies wird der Fachmann im Hinblick auf die nachfolgend näher beschriebene Funktion, den Farbton der Folie aufzuhellen, nicht allein als Hinweis auf einen möglichen Nachweis im Sinne einer chemischen Analyse verstehen, sondern als Anforderung dahin, dass der helle Farbstoff die Farbe der Tinte insoweit beeinflusst, dass er eine aufhellende Funktion erfüllen kann. Dies aber ist vorliegend der Fall. Da als weiterer Bestandteil der dunkle Farbstoff „Carbonblack“ angegeben ist und die Tinte von den Parteien entweder als weiß (so die Klägerin in der Klageschrift) bzw. an anderer Stelle von der Klägerin in Abgrenzung zu dunkelgrau als hellgrau (Schrifts. v. 9.7.2012 S. 29, AS II 195) und von der Beklagten als grau bezeichnet wird (Bekl. im Schrifts. v. 6.5.2016 S. 17, AS II 397), ist die Tinte zur Aufhellung geeignet. Denn es handelt sich bei dem angegebenen grauen Farbton jedenfalls nicht um einen dunkle, sondern um einen hellen Farbton. Die Klagepatentschrift benennt in Abschn. [0034] ausdrücklich „helle Farben“. Lediglich beispielhaft zählt sie u.a. „weiße organische Pigmente, weiße oder gebe anorganische Pigmente auf. Ob der Farbstoff den Farbton der Folie aufhellt, ist erst Gegenstand der Prüfung des nächsten Merkmals. |
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| b) Im Mittelpunkt des Streits zwischen den Parteien steht die Frage, ob die Tinte einen Farbstoff umfasst, der den Farbton der Folie aufhellt. |
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| aa) Dabei streiten die Parteien maßgeblich darum, welche Anforderungen die Erfindung stellt, um eine Verwirklichung dieses Merkmals zu bejahen. Während das Landgericht es als ausreichend angesehen hat, wenn die Farbe des Drucks heller ist als die Farbe der darunterliegenden Schicht (LGU Seite 16, 1. Absatz) und im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform angenommen hat, dass die gedruckten Linien heller seien, als die darunter befindliche Farbe der Folie, geht die Beklagte davon aus, dass die Bejahung des Merkmals einen Vergleich der bedruckten und der ungedruckten Folie verlangt. Sie macht daher geltend, dass bei der Beurteilung der angegriffenen Ausführungsform die weißen Prägelinien für den Farbtoncharakter der Folie nicht außer Acht gelassen werden dürften. Demgegenüber bezieht die Klägerin in den Vergleich zwischen der Tinte und dem Farbton der Folie die weißen Wabenelemente nicht mit ein, sondern stellt allein auf die diese umschließende Reflexionsschicht ab. Komme es auf Messpunkte an, seien nur solche auf dieser Schicht gelegene Messpunkte geeignet. Während also nach Auffassung der Beklagten auf den Gesamteindruck der Folie unter Einschluss der weißen Wabenelemente im Vergleich mit und ohne gedruckte Schicht abzustellen ist, vergleicht die Klägerin den Farbton der Tinte und die Farbe der sie umschließenden Schicht (5). |
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| Nach der Vorgabe in Art. 69 Abs. 1 S. 1 EPÜ wird der Schutzbereich eines Patents durch die Patentansprüche bestimmt. Damit diese Bestimmung so erfolgen kann, dass die Ziele des Art. 1 des Auslegungsprotokolls erreicht werden, ist zunächst unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnungen der technische Sinngehalt zu ermitteln, der dem Wortlaut des Patentanspruchs aus fachmännischer Sicht beizumessen ist (BGHZ 189, 330 Rn. 23 - Okklusionsvorrichtung). Zwar ist ein buchstäbliches Verständnis der Patentansprüche nicht zur Erfassung des geschützten Gegenstands geeignet, andererseits darf der Schutzgegenstand aber auch nicht durch Verallgemeinerung konkreter, im Anspruch angegebener Lösungsmittel erweitert werden (BGHZ 189, 330, Rn. 23 - Okklusionsvorrichtung). Insbesondere darf ein enger Patentanspruch nicht nach Maßgabe einer weiter gefassten Beschreibung interpretiert werden. Der Patentanspruch hat vielmehr Vorrang gegenüber der Beschreibung (BGHZ 160, 204, 209 = GRUR 2004, 1023 - bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGHZ 171,120 = GRUR 2007, 410 - Kettenradanordnung I; BGHZ 172, 88, 97 = GRUR 2007, 778, 779 - Ziehmaschinenzugeinheit I; BGH GRUR 2010, 602 - Gelenkanordnung; BGHZ 189, 330 Rn. 22 - Okklusionsvorrichtung). Für das Verständnis eines Merkmals ist zumindest im Zweifel die Funktion entscheidend, die das einzelne technische Merkmal für sich und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs bei der Herbeiführung des erfindungsgemäßen Erfolgs hat (BGHZ 194, 107 Rn. 27 - Polymerschaum). Dabei ist im Streitfall auf das Verständnis eines Fachmanns, einem Physiker oder Ingenieur mit Fachhochschul- oder Hochschulabschluss im Bereich Materialwissenschaft/Werkstoffkunde abzustellen, der Erfahrung in der Entwicklung von bedruckten Folien, insbesondere mit retroreflektierenden Eigenschaften hat, dem die optische Wirkung solcher Folien bekannt ist und der im Hinblick auf Druckverfahren entweder selbst über gute Kenntnisse verfügt oder hierzu ein Druckingenieur zurate zieht. |
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| bb) Nach diesen Maßstäben kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf einen Vergleich nach dem Gesamteindruck unter Einschluss der Wabenstruktur mit und ohne gedruckte Schicht an. Zwar stellt der Wortlaut des Anspruchs auf die Farbe der Folie ab und erweckt damit zunächst einmal den Eindruck, es komme auf den Gesamteindruck der Folie an. Eine solche Auslegung würde den Funktionszusammenhang der Notwendigkeit der Aufhellung in der Erfindung jedoch außer Acht lassen. Dabei gibt bereits der Wortlaut des Anspruchs einen Anhalt dafür, dass der Begriff der Folie nicht umfassend gemeint sein kann. Denn nach dem weiteren Teilmerkmal muss die Tinte „die Farbe der Folie“ unterhalb der Einheitsmuster verdecken. Die gedruckte Schicht ist jedoch nicht die oberste Schicht. Oberhalb, also das einfallende Licht zunächst durchdringend, liegt nämlich noch die Oberflächenschutzschicht, die ebenfalls Bestandteil der Folie ist. Deren Verdeckung kann ersichtlich nicht durch die nach Merkmal 4 zwingend darunterliegende Schicht erfolgen. Der Begriff der „Folie“ ist daher in diesem Zusammenhang funktional zu verstehen: Aus dem Stand der Technik ist dem Fachmann bekannt, dass rückstrahlende Folien mit dreieckigen Würfelecken - wie sie Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind - den Nachteil aufweisen, dass ihr Erscheinungsbild durch den Einfluss der Metallfarbe verdunkelt wird (Abschnitt [0004]). Der Fachmann weiß darüber hinaus, dass im Stand der Technik versucht worden ist, eine durchgehend gedruckte Schicht in einem Teil der rückstrahlenden Folie vorzusehen, um den Farbton der rückstrahlenden Folie mit dreieckigen Würfelecken und der mittels Dampfablagerung hergestellten rückstrahlenden Folie mit dreieckigen Würfelecken zu verbessern (Abschnitt [0005]). Dem Fachmann ist daher der Zusammenhang zwischen der gedruckten Schicht mit dem Ziel der Verbesserung des Farbtons und der Verwendung dreieckiger Würfelecken als rückstrahlende Elemente geläufig. Der Fachmann entnimmt Abschnitt [0006] der Klagepatentschrift, dass man sich den Vorteil der Verbesserung des Farbtons der rückstrahlenden Folie mit dreieckigen Würfelecken mittels einer durchgehend gedruckten Schicht mit dem Nachteil eines schlechteren Haftvermögens der gedruckten Schicht sowohl an der Schicht aus den reflektierenden Elementen als auch an der Oberflächenschutzschicht erkauft und eine solche Folie auch eine schlechtere Witterungsbeständigkeit aufweist. Kern der Erfindung ist daher die Verwendung einer nicht durchgehend gedruckten Schicht, da diese, wenn sie erfindungsgemäß ausgestaltet ist, den Vorteil einer besseren Haftung infolge der geringeren Fläche mit dem Vorteil einer gewissen Größe der Fläche zur Erleichterung der Farbtonsteuerung verbindet. Die gedruckte Schicht, die dieses näher beschriebene, erfindungsgemäße Einheitsmuster aufweisen muss, umfasst eine Tinte mit einem hellen Farbstoff. Das Einheitsmuster hat daher die Funktion, der durch die dreieckigen Würfelecken als rückstrahlende Elemente verursachten Verdunkelung entgegenzuwirken und damit den Farbton zu verbessern. Das Klagepatent befasst sich in diesem Zusammenhang allein mit der Verdunkelung des Farbtons, die durch die rückstrahlenden Elemente mit dreieckigen Würfelecken verursacht wird, und damit in diesem Zusammenhang allein mit der Schicht (5) aus rückstrahlenden Elementen. Obwohl nach dem Klagepatent die Verwendung weiterer Schichten im Schichtaufbau nicht ausgeschlossen ist, und es daher erkennbar möglich ist, dass auch durch diese eine Aufhellung erfolgen könnte, befasst sich das Klagepatent mit diesen weiteren Schichten nicht. Das Klagepatent stellt allein eine Beziehung zwischen der Verdunkelung der Schicht (5) und der gedruckten Schicht mit den Einheitsmustern her. Wenn daher das Merkmal 3 d eine Aufhellung des Farbtons der Folie fordert, stellt das Klagepatent dabei auf eine Aufhellung der unterhalb der gedruckten Schicht liegenden erfindungsgemäßen Schichten und damit der Schicht (5) ab. Aufhellungsmaßnahmen, die mit einer Schicht erzielt werden, mit der sich die Erfindung nicht befasst, diese aber auch nicht ausschließt, müssen daher außer Betracht bleiben. |
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| Zu Unrecht stellt die Beklagte daher bei der Prüfung des Merkmals 3 d auf einen Gesamteindruck der Folie mit und ohne gedruckte Schicht ab und bezieht damit in den Vergleich auch die nach der Erfindung nicht relevante weiße Wabenstruktur und ihre aufhellende Wirkung mit ein. Zu Recht gehen demgegenüber die Klägerin und wohl auch das Landgericht davon aus, dass es beim Vergleich des Farbtons allein darauf ankommt, den Farbton der Tinte der Einheitsmuster und den Farbton der Schicht 5 zu vergleichen. In Bezug auf die angegriffene Ausführungsform bedeutet dies, dass in den Farbvergleich nicht die weißen Waben einzubeziehen sind, sondern dass allein der helle Farbstoff der Tinte der Einheitsmuster mit dem Farbton der Schicht 5 zu vergleichen ist, bei der es sich um diejenige Schicht handelt, die - ohne die Waben - unterhalb der Einheitsmuster zu erkennen sind. Die Klägerin beschreibt daher mit Recht, dass auf die von den Waben umschlossene Reflexionsschicht (5) abzustellen sei. Auch wenn das Landgericht dies nicht im Einzelnen ausgeführt hat, dürfte auch das Landgericht mit dem Hinweis auf die „darunter befindliche Farbe der Folie“ die Tinte mit der Farbe dieser Schicht verglichen haben. |
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| Die angegriffene Ausführungsform macht damit von dem Teilmerkmal 3 d Gebrauch. Das Einheitsmuster umfasst eine Tinte mit einem hellen Farbstoff, der den Farbton der Folie aufhellt. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Farbe der Tinte des Einheitsmusters heller ist als die Farbe der von der weißen Wabe umschlossenen Fläche, bei der es sich um die Schicht (5) handelt (vgl. Protokoll der mdl. Verhandlung vor dem Senat v. 25.1.2017). Auch das Privatgutachten des Sachverständigen Dr. [C.] in Anlage [...] 19, das die Beklagte vorgelegt hat, bestätigt diesen Befund. Der Gutachter hat festgestellt, dass die Bedruckung zu einer Erhöhung der mittleren Leuchtdichte der bedruckten Wabe führt. Die Beklagte hat diesen Befund im Verfahren vorgetragen. Zwar sind die weiteren Feststellungen des Gutachters nicht maßgeblich, da dieser in seine Beurteilung auch die Abschnitte mit den weißen Waben einbezogen hat, darauf aber ist vorliegend nicht abzustellen. Der schriftsätzliche Vortrag der Beklagten, der behauptete Farbtonvergleich der Klägerin beziehe sich nur auf das ca. 1 cm breite dunklere Band, ist zum einen rechtlich unerheblich, da eine Verwirklichung der Merkmale in diesem Bereich zur Bejahung einer Patentverletzung genügt. Zum anderen ändert sich die Qualifizierung des Streifens als heller oder dunkler Streifen je nach Lichteinfall, so dass jeder Streifen auch als heller Streifen zu qualifizieren ist. |
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| Die Beklagte macht mit ihrer Berufung geltend, dieser Auslegung des Klagepatents stehe entgegen, dass in Abschnitt [0076] eine Methode der Messung der Helligkeit unter Verwendung einer Scheibe von 50 mm Durchmesser und unter Verwendung von fünf Punkten mit einem bestimmten Farbmessgerät beschrieben werde. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Angabe des Messverfahrens bezieht sich ausweislich des Abschnittes [0074] auf Werte, die in der Beschreibung angegeben werden, sowie auf Beispiele. Ein bestimmter Farbtonwert (Y-Wert) ist im Zusammenhang mit Merkmal 3 d aber nicht angegeben. Das Klagepatent gibt solche Werte jedoch im Abschnitt [0095] in den dort genannten Beispielen an und vergleicht damit unterschiedliche Folienbahnen hinsichtlich der Rückstrahlleistung des Farbtons und des Erscheinungsbildes nach einem Witterungsbeständigkeitstest. Daher ist nach dem in Merkmal 3 d erforderlichen Farbtonvergleich auch nicht eine Scheibe mit einem Durchmesser von 50 mm maßgeblich, innerhalb der bei der angegriffenen Ausführungsform zwingend auch die weißen Waben erfasst würden. |
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| Und schließlich macht die Beklagte ohne Erfolg geltend, die Klägerin habe insoweit keinen Vortrag zu farbigen Folien geführt. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 23.12.2015 in der Berufungsinstanz ausgeführt, dass sich die farbigen Folien von der weißen Folie nur dadurch unterschieden, dass die oberste transparente Schicht, die Oberflächenschutzschicht, in der jeweiligen Farbe eingefärbt bzw. bei der weißen Variante nicht gefärbt sei. Im Weiteren träten bei sämtlichen Farbvarianten in Bezug auf die Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents keine Unterschiede auf. Nachdem nach Merkmal 3 d auch nicht ein Gesamteindruck des Farbtons der Folie mit und ohne gedruckte Schicht zu vergleichen ist, sondern die Tinte mit dem hellen Farbstoff und dem Farbton der Schicht 5 der Folie, ergibt sich daraus keine Besonderheit für den Fall der farbigen Folien. Denn die Oberflächenschutzschicht, die in Richtung des einfallenden Lichts oberhalb der gedruckten Schicht liegt, kann insoweit den Farbtonvergleich der unterhalb liegenden Schichten nicht beeinflussen. |
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| Die angegriffene Ausführungsform macht damit auch von Merkmal 3 d wortsinngemäß Gebrauch. Die Verdeckung der Farbe der Folie unterhalb der Einheitsmuster ist zwischen den Parteien unstreitig nicht im Streit. |
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| c) Und schließlich macht die Beklagte ohne Erfolg geltend, die angegriffene Ausführungsform mache deshalb keinen Gebrauch von Anspruch 1 des Klagepatents, weil bei ihr die gedruckte Schicht nicht zur Witterungsbeständigkeit beitrage. Denn das verringerte Haftvermögen der gedruckten Schicht sei bei der angegriffenen Ausführungsform - so die Beklagte - ausgeschlossen. Die Witterungsbeständigkeit sei dadurch gewährleistet, dass sämtliche Schichten unter Einschluss auch der Druckschicht aus Kunststoff bestünden und diese unter Druck und Wärme eine innige Verbindung eingingen. Hierauf aber kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Die Verwendung weiterer zusätzlicher Mittel, die das Haftvermögen und damit die Witterungsbeständigkeit verbessern, schließt das Klagepatent nicht aus. |
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| Nachdem die angegriffene Ausführungsform von allen Merkmalen des Anspruchs 1 wortsinngemäßen Gebrauch macht, verletzt deren Anbieten und Vertrieb durch die Beklagte das Klagepatent und das der Klägerin zugeschriebene Ausschließlichkeitsrecht. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte daher zur Unterlassung, Auskunft/Rechnungslegung, Vernichtung verurteilt und die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz festgestellt. Insoweit wird auf die Begründung des Landgerichts Bezug genommen. |
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| 5. Der Rechtsstreit ist auch nicht im Hinblick auf die nunmehr neu erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen. |
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| a) Die Aussetzung des Verletzungsprozesses nach § 148 ZPO kommt zur Vermeidung widerstreitender Entscheidungen in Betracht, wenn gegen das Klagepatent eine Nichtigkeitsklage oder ein Einspruchsverfahren anhängig ist. Dabei genügt die bloße Möglichkeit der Vernichtung oder des Widerrufs nicht, um den Verletzungsstreit auszusetzen. Auch eine einfache Wahrscheinlichkeit, wenn sie lediglich aufgrund summarischer Prüfung bejaht wird, genügt regelmäßig für eine Aussetzung nicht (Benkard/Grabinski/Zülch, Patentgesetz, 11. Aufl., § 139 Rn. 107). Zurückhaltung bei der Aussetzung ist geboten, damit nicht auf diesem Wege praktisch eine Suspendierung des dem Patentinhaber mit der Patenterteilung verliehenen Verbotsrechts für eine erhebliche Zeitspanne eintritt. Es ist daher im allgemeinen im Rahmen der Prüfung eines Aussetzungsantrages eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine fehlende Rechtsbeständigkeit des Patents zu verlangen. Zwar kommt grundsätzlich eine großzügigere Auslegungspraxis im Berufungsrechtszug in Betracht, wenn ein Beklagter - wie hier - in erster Instanz verurteilt worden ist. Denn das Interesse des obsiegenden Klägers an einer sofortigen Berufungsentscheidung beschränkt sich darauf, die titulierten Ansprüche ohne Sicherheitsleistung vollstrecken bzw. eine bereits geleistete Vollstreckungssicherheit gemäß § 109 ZPO zurückfordern zu können sowie für den Fall einer späteren Urteilsaufhebung nicht auf Schadensersatz (§ 717 Abs. 2 ZPO), sondern bloß auf Bereicherungsausgleich (§ 717 Abs. 3 ZPO) zu haften. Bei dieser Interessenlage kann der Verletzungsprozess daher in der Berufungsinstanz bei einer erstinstanzlichen Verurteilung eher ausgesetzt werden. Allerdings genügt es auch in diesem Fall regelmäßig nicht, dass die Vernichtung des Klagepatents nur möglich ist, sie muss vielmehr zumindest wahrscheinlich sein. Darüber hinaus hat der Senat in seine Entscheidung über die Aussetzung mit einzubeziehen, dass das vorliegende Verfahren im Hinblick auf die erste Nichtigkeitsklage schon einmal ausgesetzt war und diese in letzter Instanz erfolglos geblieben ist. Der Umstand, dass die zweite Nichtigkeitsklage, die in das vorliegende und seit dem Jahr 2012 beim Senat anhängige Berufungsverfahren erst mit Schriftsatz vom 21.7.2016 eingeführt worden ist (vorgelegt in Anl. [...] 21), spricht gegen eine Aussetzung des Berufungsverfahrens. Nach einem erfolglos abgeschlossenen ersten Nichtigkeitsverfahren kommt eine Aussetzung im Hinblick auf die spät erhobene weitere Nichtigkeitsklage nur bei einer erheblichen Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs der Nichtigkeitsklage in Betracht. |
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| Eine solche erhebliche Wahrscheinlichkeit ist mit dem Vortrag, aus den Entgegenhaltungen WO 99/37470 (Anl. K 6) i.V. mit US 4,673,699 (Anl. K 8) bzw. i.V. mit US 4,618,518 (Anl. K 5) sowie der Offenlegungsschrift DE 2 118 822 (Anl. K10) ergebe sich, dass dem Gegenstand des Klagepatents jede erfinderische Tätigkeit fehle, nicht dargetan. Der Umstand, dass bereits ein erstes Nichtigkeitsverfahren rechtskräftig ist und - soweit vorliegend das Klagepatent geltend gemacht wird - erfolglos geblieben ist und darüber hinaus in einer zweiten späten Nichtigkeitsklage lediglich das Fehlen der erfinderischen Tätigkeit geltend gemacht wird, veranlasst den Senat, sein Ermessen dahin auszuüben, den Rechtsstreit nicht (erneut) auszusetzen. Hinzu kommt, dass jedenfalls die Druckschrift WO 99/37470 (Anl. K 6) bereits Gegenstand des ersten Nichtigkeitsverfahrens gewesen ist (vgl. BGH, Urt. v. 21.04.2015, X ZR 74/13 Rn. 54 ff.) |
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| Die Berufung der Beklagten ist daher zurückzuweisen. |
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| 1. Ohne Erfolg bleibt die Berufung der Klägerin, soweit diese auch eine Verurteilung der Beklagten hinsichtlich des Herstellens der ursprünglich angegriffenen Ausführungsform begehrt. |
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| Das Landgericht hat festgestellt (LGU Seite 7, 2. Abs.), dass die angegriffene Ausführungsform in so genannten Jumborollen der Folie nach Deutschland geliefert werden, auf welche sodann im Werk der Beklagten in Hilden noch eine Klebe- und Releaseschicht aufgebracht werden. Ferner werden die Rollen auf kleinere Einheiten umgeschnitten. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die angegriffene Ausführungsform damit außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und damit nicht im räumlichen Schutzbereich des Klagepatents hergestellt wird. |
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| Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin gegen die Annahme, die von der Beklagten in Deutschland erfolgten Handlungen seien nicht als Herstellen im Sinne des § 9 Nr. 1 PatG zu qualifizieren. Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass die Benutzungshandlung des Herstellens den gesamten Schaffungsprozess des Erzeugnisses von Beginn an umfasse und nicht auf den letzten, die Vollendung herbeiführenden Schritt beschränkt werde (BGH GRUR 2009, 655 - Trägerplatte). Im Streitfall sind im Geltungsbereich des Patents und von der Beklagten aber lediglich Handlungen vorgenommen worden, die sich nicht auf die patentgemäßen Merkmale beziehen. Das Hinzufügen einer Klebeschicht und einer Release-Schicht verändert die erfindungsgemäße Folie im Sinne des Klagepatents nicht. Entsprechend beschreibt die Klägerin die angegriffene Ausführungsform auch allein nach den Merkmalen des Klagepatents. Alle Merkmale der Erfindung waren daher bereits verwirklicht, bevor die Folie in den Geltungsbereich des deutschen Teils des Klagepatents verbracht wurde. Weder der Zuschnitt, noch das Anbringen der weiteren Schichten veränderten die erfindungsgemäße Folie. |
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| Die Beklagte hat auch im Geltungsbereich des deutschen Teils des Klagepatents an der Herstellung durch ihre Muttergesellschaft nicht mitgewirkt. Sie ist weder Mittäterin noch Gehilfin. Die Klägerin hat keinen konkreten Vortrag über ein arbeitsteiliges, abgestimmtes Vorgehen der Konzerngesellschaften geführt, der es erlauben würde, die Beklagte nicht nur als Händlerin, sondern auch als (Mit-) Herstellerin zu qualifizieren. Der Umstand, dass die Beklagte das Produkt noch durch das Anbringen der Schicht und Zuschneiden bearbeitet und dadurch verkehrsfähig macht, führt nicht dazu, dass diese dadurch Herstellerin der erfindungsgemäßen Folie wird. Denn die zusätzlich vorgenommenen Herstellungsschritte ändern an dem angegriffenen Gegenstand im Lichte der Erfindung (vgl. dessen Beschreibung in den Klageanträgen) nichts. Dieser wurde bereits zuvor außerhalb des Geltungsbereichs des Klagepatents hergestellt. Deshalb stellt sich das Handeln der Beklagten auch nicht als Beihilfe im Sinne einer Unterstützung fremder Haupttat im territorialen Schutzbereich des Klagepatents dar. |
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| Der Umstand, dass die Beklagte die Folie mit dem Hinweis „Made in Germany“ bewirbt, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Dabei kann der Senat dahingestellt sein lassen, ob der Hinweis in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht zulässig ist, denn die Bewertung der weiteren Handlungsschritte im Geltungsbereich des Klagepatents nach dem Patentgesetz bemisst sich nicht nach wettbewerbsrechtlichen Umständen und der Vorstellung der angesprochenen Verkehrskreise, sondern nach dem durch das Klagepatent geschützten Gegenstand. |
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| Auch eine Begehungsgefahr für ein Herstellen der angegriffenen Folie durch die Beklagte besteht nicht. Es ist nicht dargetan, dass die Beklagte über entsprechende Vorrichtungen verfügt oder eine solche Tathandlung aus anderen Gründen unmittelbar bevorsteht. Hierfür bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Zu Recht hat das Landgericht insoweit die Klage teilweise abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat daher insoweit keinen Erfolg. |
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| 2. Die Berufung der Klägerin ist im Übrigen auch insoweit zurückzuweisen, als sie in der Berufungsinstanz ihre Klage erweitert und eine unmittelbare sowie eine mittelbare Patentverletzung in Bezug auf die abgewandelte und damit neue Ausführungsform der Beklagten geltend macht. |
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| a) Die Erweiterung der Klage in der Berufungsinstanz ist zulässig. Zwar hat die Beklagte der Klageerweiterung nicht zugestimmt, diese ist jedoch sachdienlich. Denn die neue Ausführungsform weist bei ansonsten gleichem Schichtaufbau lediglich eine andere Länge der Einheitsmuster auf, so dass die Fläche der Einheitsmuster - außerhalb von Schnittkanten - unstreitig mit ca. 91 mm² jenseits des erfindungsgemäßen Flächenmaßes des Einheitsmusters liegen. Ohne Berücksichtigung der Schnittkanten fehlt es daher an einer Verwirklichung des Merkmals 3 c. Aus den oben genannten Gründe weist die neue angegriffene Ausführungsform allerdings - unabhängig von einem aufhellenden Charakter - eine gedruckte Schicht und eine Haltekörperschicht auf. Daher ist der bisherige Streitstoff auch im Rahmen der Klageerweiterung weitgehend von Bedeutung. |
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| b) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, dass die Folien der Beklagten trotz des zu großen Flächenmaßes der Einheitsmuster die Merkmale des Klagepatents erfüllten, da neben dem einheitlichen Muster im Zentralbereich auch Einheitsmuster in den Randbereichen zu den Schnittkanten vorhanden seien, wobei bei den zahlreichen möglichen Schnittkanten auch erfindungsgemäße Flächen des Einheitsmusters entstünden. Soweit die Klägerin schildert, dass bei der konkret von ihr erworbenen Rolle die Schnittkante 17 mm lang sei, was bei einer Breite von 0,41 mm zu einer Fläche von 7 mm² führe, hat die Beklagte dies zwar mit Nichtwissen bestritten. Hierauf aber kommt es nicht an. Der Umstand, dass die Folie in jeder Weise geschnitten werden kann und soll um z.B. auf Verkehrsschilder geklebt werden oder aber auch - wie von der Beklagten angegeben - reflektierende Bekleidungsstücke herzustellen, mag dazu führen, dass durch den jeweiligen Schnitt an den Schnittkanten auch Einheitsmuster mit der erfindungsgemäßen Fläche entstehen. Dies genügt aber nicht zu einer Verwirklichung des Merkmals 3 c. Dies ist bei der Schnittkante nach außen jedoch nicht der Fall. Das Klagepatent befasst sich nicht mit der Folge des Zuschneidens der Folie für das Einheitsmuster, obwohl das Erfordernis des Zuschneidens offensichtlich ist. Dies ist offensichtlich, denn die erfindungsgemäße Folie soll nach dem Eingangssatz der Klagepatentschrift Verwendung finden bei Verkehrsschildern, aber auch bei Kleidungsstücken. Bei einem gebogenen oder in einem Winkel verlaufenden Schnitt fehlt es bereits daran, dass sich das Muster der Einheitsmuster an der Schnittkante wiederholt. Denn das Einheitsmuster wird in diesem Fall immer wieder an einer anderen Stelle durchtrennt. Nichts anderes kann im Fall eines gerade verlaufenden Schnittes gelten. Denn das Klagepatent befasst nicht mit einem durch das Zuschneiden eingetretenen zufälligen Ergebnis, das nur an der Schnittkante zu einem erfindungsgemäßen Flächenmaß des Einheitsmusters führen kann. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass gerade dort das Eindringen von Wasser erfolgen kann. Denn das Klagepatent will insgesamt eine hervorragende Witterungsbeständigkeit und Wasserbeständigkeit der Folie und einen verbesserten Farbton zur Verfügung stellen und dies nicht nur an deren Schnittkante erreichen. Ließe man für Merkmal 3c das Vorhandensein von Mustern genügen, die nur durch das Zuschneiden der Folie die patentgemäße Fläche erhalten, würde die Maßangabe ihres technischen Sinngehalts beraubt, weil es erkennbar vom Zufall abhängt, wo der - in der Anwendung unvermeidbare - Schnitt angesetzt wird. Daher scheidet die Annahme einer unmittelbaren Patentverletzung durch die neue Ausführungsform aus. Denn diese macht jedenfalls keinen Gebrauch von Merkmal 3c. |
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| c) Die Beklagte begeht auch keine mittelbare Patentverletzung (§ 10 PatG), da die Folie der neuen angegriffenen Ausführungsform kein Mittel darstellt, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht. Denn durch die Konfektionierung der Folie werden die Merkmale des Klagepatents nicht verwirklicht. |
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| Die im Rahmen der Berufung der Klägerin erweiterte Klage ist daher zurückzuweisen. |
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| Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 92 Abs. 1 S. 1 2. HS ZPO i.V.m. § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der Senat weicht weder von der Auslegung des Klagepatents durch den Bundesgerichtshof im Nichtigkeitsverfahren ab, noch sind die weiteren Revisionsgründe gegeben. |
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