Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 03. Juni 2015 - 2 VAs 8/15

published on 03/06/2015 00:00
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 03. Juni 2015 - 2 VAs 8/15
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Tenor

1. Der Antrag des Verurteilten auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Heidelberg vom 27. März 2015 (Ausdruck: 30. März 2015) - R640 VRs 420 Js 22461/12 - in der Gestalt des Beschwerdebescheids der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 16. April 2015 - 6 Zs 651/15 - wird als unbegründet verworfen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen.

4. Der Geschäftswert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der seit 1993 vielfach, u.a. einschlägig verurteilte heute 40-jährige Antragsteller wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - Heidelberg vom 14.03.2013 - 2 Ls 420 Js 22461/12 -, rechtskräftig seit dem 23.04.2013, wegen „gemeinschaftlichen“ unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Ausweislich der Feststellungen diente die Tat der Befriedigung der Drogensucht. Nach Verbüßung von Untersuchungshaft (24.12.2012 bis 22.04.2013) und anschließender Strafhaft wurde die Vollstreckung durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Heidelberg vom 21.06.2013 ab dem 27.06.2013 gem. § 35 BtMG zurückgestellt. Darüber hinaus wurde die - hier nicht verfahrensgegenständliche - Vollstreckung der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - Heilbronn vom 18.10.2011 - 12 Ls 62 Js 14538/11 - durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Heidelberg vom 21.06.2013 ebenfalls nach § 35 BtMG zurückgestellt. In der Folgezeit befand sich der Antragsteller vom 27.06.2013 bis zum 26.07.2014 in stationärer Therapie und danach noch weiterhin bis 05.10.2014 in der Nachsorge in der Therapieeinrichtung L. e.V. in F. Mit Beschluss des Amtsgerichts Heidelberg vom 05.11.2014 wurde die nach Zwei-Drittel-Anrechnung verbleibende Restfreiheitsstrafe von 204 Tagen nicht zur Bewährung ausgesetzt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers wurde durch Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 21.01.2015 -1 Qs 3/15 - als unbegründet verworfen.
Durch Schriftsatz vom 02.02.2015 beantragte der Verurteilte eine (erneute) Zurückstellung der Vollstreckung nach § 35 BtMG zur Durchführung einerambulanten Therapie. Unter dem 11.03.2015 legte er ergänzend einen Behandlungsvertrag über eine ambulante Therapie bei der Jugend- und Sozialberatung Heilbronn vor (Therapiebeginn 31.03.2015) vor.
Das Amtsgericht Heidelberg hat mit Beschluss vom 25.03.2015 die Zustimmung zur Zurückstellung verweigert. Mit Bescheid der Staatsanwaltschaft Heidelberg vom 27.03.2015 (Ausdruck: 30.03.2015) wurde der Antrag des Verurteilten abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde durch Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 16.04.2015 als unbegründet verworfen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass eine ambulante Therapie aufgrund der von der früheren Therapieeinrichtung mitgeteilten erheblichen Verstöße des Antragstellers ungeeignet sei.
Mit Schriftsatz vom 28.04.2015, beim Oberlandesgericht Karlsruhe am selben Tag eingegangen, stellt der Verurteilte Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Zur Begründung wird unter anderem - erstmals - darauf abgestellt, dass die von der früheren Therapieeinrichtung mitgeteilten Verstöße unzutreffend seien. Er habe sich nichts zu Schulden kommen lassen und die Therapie von sich aus beendet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschrift verwiesen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Der nach § 23 ff EGGVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unbegründet. Aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung des Zurückstellungsverfahrens nach §§ 35 Abs. 1 und 2 BtMG, 28 Abs. 3 EGGVG hat der Senat die Entschließung der Vollstreckungsbehörde lediglich auf Ermessensfehler und dahin zu überprüfen, ob ein zutreffend und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegt worden ist und die Grenzen eines zustehenden Beurteilungsspielraums eingehalten worden sind (vgl. nur Senat StV 2002, 263).
Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat im Beschwerdebescheid innerhalb des ihr eröffneten Beurteilungsspielraums entschieden. Ihre Auffassung, dass die vorliegend durchgeführte ambulante Therapie nicht ausreichend ist, um eine Zurückstellung nach § 35 Abs. 1 BtMG vorzunehmen, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Die Vollstreckungsbehörde hat berücksichtigt, dass sie grundsätzlich kein Recht hat, einem therapiewilligen Verurteilten die Therapieform vorzuschreiben bzw. die Zurückstellung von einer bestimmten Therapieform abhängig zu machen. Insbesondere kann eine Zurückstellung nicht versagt werden, weil die Strafvollstreckungsbehörde eine stationäre Therapie anstrebt, wenn die ambulante Therapie Erfolg verspricht (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 35 Rn. 150). Anderes gilt jedoch dann, wenn die beabsichtigte Therapie von vornherein als aussichtslos erscheint (Senat, NStZ-RR 2009, 122). Demzufolge scheidet eine ambulante Therapie in der Regel aus, wenn es zuvor während einer anderen ambulanten Therapie zu Straftaten oder Drogenmissbrauch gekommen war (Körner/Patzak/Volkmer, a.a.O., § 35 Rn. 154). Dies gilt nach Auffassung des Senats erst recht, wenn solche Verhaltensweisen sogar bei einer früheren stationären Therapie an den Tag gelegt worden sind. Ausweislich der Mitteilungen der Therapieeinrichtung Lebenswende e. V. vom 28.01.2014, „06.09.2014“ (Datum offensichtlich unzutreffend), 20.10.2014 und 25.10.2014 kam es seitens des Antragstellers zu vielfachen und erheblichen Verstößen (Manipulationsversuche bei Urinkontrollen, aggressives Verhalten, Diebstahl von Schlüsseln und Geld, Drogenkonsum). Daher habe er schließlich die Einrichtung nur deshalb „von sich aus“ verlassen, um eine sofortige Entlassung zu umgehen.
Die Vollstreckungsbehörde durfte sich ohne Ermessensfehler auf die Richtigkeit dieser Mitteilungen verlassen. Ermessensfehlerhaft kann eine Entscheidung zwar auch dann sein, wenn die Vollstreckungsbehörde den Sachverhalt nicht in dem gebotenen Umfang unter Ausschöpfung der ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen geprüft hat (MüKoStGB/Kornprobst, 2. Aufl., § 35 BtMG Rn. 172). Vorliegend war es jedoch unter dem Gebot der erforderlichen Sachaufklärung nicht geboten, im Wege des Freibeweisverfahrens - nur ein solches kommt in Betracht - über die eingeholten Erkundigungen hinaus, Weiteres zu veranlassen. Obgleich dem Verurteilten spätestens durch den Beschluss des Amtsgerichts Heidelberg vom 25.03.2015 und den Bescheid der Staatsanwaltschaft 30.03.2015 die entscheidungserheblichen maßgeblichen Umstände bekannt geworden waren (massives Fehlverhalten während der stationären Therapie), hat er deren Wahrheitsgehalt auch noch im Rahmen der Beschwerdebegründung nicht in Frage gestellt. Daher bestand insoweit für die Vollstreckungsbehörde kein Anlass zu noch weitergehender Sachaufklärung. Erstmals im Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird nunmehr - in pauschaler Weise - bestritten, dass die Therapieeinrichtung zutreffende Mitteilungen gemacht habe. Dies kann die getroffene Entscheidung der Vollstreckungsbehörde und den hierbei herangezogenen Beurteilungsspielraum nicht in Frage stellen. Bei beantragter Verpflichtung zu Maßnahmen mit Beurteilungsspielraum oder Ermessen kommt es nämlich auf den Zeitpunkt an, zu dem der ablehnende Bescheid durch die Vollstreckungsbehörde ergangen ist (vgl. Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl., § 115 Rn. 12 a. E. zur gleichgelagerten Rechtsfrage bei § 115 StVollzG).
10 
Angesichts der Erheblichkeit der festgestellten Verstöße konnte die Vollstreckungsbehörde im Rahmen des Beurteilungsspielraums eine ablehnende Entscheidung in Bezug auf eine ambulante Therapie treffen. Das frühere Therapieverhalten des Antragstellers spricht ersichtlich gegen den Erfolg einer nichtstationären Behandlungsform; entscheidend ist nämlich, welche Therapieform im Einzelfall für den Abhängigen geeignet und erfolgversprechend ist (MüKo, a.a.O., § 35 Rn. 73). Eine ambulante Therapie bietet dem Verurteilten deutlich mehr Gelegenheit zu einem Missbrauch und zu einem Ausweichverhalten als eine stationäre Therapie (MüKo, a.a.O., § 35 Rn. 75; Weber, StGB, 4. Aufl., § 35 Rn. 81). Insoweit konnte die Vollstreckungsbehörde daher im Rahmen des eröffneten Beurteilungsspielraums den Erfolg einer bloß ambulanten Therapie angesichts des Vorverhaltens des Verurteilten während der durchgeführten stationären Therapie verneinen. Es sind letztlich keine durchgreifenden konkreten Umstände ersichtlich, weshalb der Antragsteller die mit einer ambulanten Therapie zwangsläufig einhergehenden „Freiheiten“ nicht - erst recht - missbrauchen sollte. Diese Auffassung des Senats steht nicht im Widerspruch zu dem Senatsbeschluss vom 13.01.2000 - 2 VAs 30/99 (StV 2000, 631). In jenem Fall war es nämlich nach vorherigen Regelverstößen zu einem über sechsmonatigen erstmaligen Strafvollzug gekommen, der die Verurteilte in besonders nachhaltiger Weise beeindruckt hatte.
III.
11 
Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 EGGVG nicht vorliegen.
12 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 1 Abs. 2 Nr. 19, § 22 GNotKG, Nr. 15301 KV zum GNotKG.
13 
Die Festsetzung des Geschäftswerts ergibt sich aus §§ 79 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG. In Ermangelung genügender Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Wertes ist ein Geschäftswert von 5.000 Euro anzusetzen (OLG Celle NStZ-RR 2014,64).
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published on 10/01/2019 00:00

Tenor 1. Auf den Antrag des Verurteilten B auf gerichtliche Entscheidung vom 19. Oktober 2018 werden der Bescheid der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 29. August 2018 - 807 VRs 160 Js 17494/12 - und der Beschwerdebescheid der Generalstaatsanwaltscha
published on 22/06/2018 00:00

Tenor 1. Auf den Antrag des Verurteilten X auf gerichtliche Entscheidung vom 11. April 2018 werden der Bescheid der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 23. Januar 2018 - 760 VRs 240 Js 27523/16 - und der Beschwerdebescheid der Generalstaatsanwaltschaft
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Annotations

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.

(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.

(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(1) Soweit bundesrechtlich nichts anderes bestimmt ist, werden Kosten (Gebühren und Auslagen) durch die Gerichte in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und durch die Notare für ihre Amtstätigkeit nur nach diesem Gesetz erhoben.

(2) Angelegenheiten im Sinne des Absatzes 1 sind auch

1.
Verfahren nach den §§ 98, 99, 132, 142, 145, 258, 260, 293c und 315 des Aktiengesetzes,
2.
Verfahren nach § 51b des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung,
3.
Verfahren nach § 26 des SE-Ausführungsgesetzes,
4.
Verfahren nach § 10 des Umwandlungsgesetzes,
5.
Verfahren nach dem Spruchverfahrensgesetz,
6.
Verfahren nach den §§ 39a und 39b des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes über den Ausschluss von Aktionären,
7.
Verfahren nach § 8 Absatz 3 Satz 4 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie,
8.
Angelegenheiten des Registers für Pfandrechte an Luftfahrzeugen,
9.
Verfahren nach der Verfahrensordnung für Höfesachen,
10.
Pachtkreditsachen nach dem Pachtkreditgesetz,
11.
Verfahren nach dem Verschollenheitsgesetz,
12.
Verfahren nach dem Transsexuellengesetz,
13.
Verfahren nach § 84 Absatz 2 und § 189 des Versicherungsvertragsgesetzes,
14.
Verfahren nach dem Personenstandsgesetz,
15.
Verfahren nach § 7 Absatz 3 des Erbbaurechtsgesetzes,
16.
Verteilungsverfahren, soweit sich die Kosten nicht nach dem Gerichtskostengesetz bestimmen,
17.
Verfahren über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer Willenserklärung und die Bewilligung der Kraftloserklärung von Vollmachten (§ 132 Absatz 2 und § 176 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs),
18.
Verfahren über Anordnungen über die Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten,
19.
Verfahren nach den §§ 23 bis 29 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz,
20.
Verfahren nach § 138 Absatz 2 des Urheberrechtsgesetzes und
21.
gerichtliche Verfahren nach § 335a des Handelsgesetzbuchs.

(3) Dieses Gesetz gilt nicht in Verfahren, in denen Kosten nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu erheben sind. In Verfahren nach der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen werden Kosten nach dem Gerichtskostengesetz erhoben.

(4) Kosten nach diesem Gesetz werden auch erhoben für Verfahren über eine Beschwerde, die mit einem der in den Absätzen 1 und 2 genannten Verfahren im Zusammenhang steht.

(5) Soweit nichts anderes bestimmt ist, bleiben die landesrechtlichen Kostenvorschriften unberührt für

1.
in Landesgesetzen geregelte Verfahren und Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie
2.
solche Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen nach Landesgesetz andere als gerichtliche Behörden oder Notare zuständig sind.

(6) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.

(1) In gerichtlichen Verfahren, die nur durch Antrag eingeleitet werden, schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs schuldet jeder, der an dem Abschluss beteiligt ist.

(1) Soweit eine Entscheidung nach § 78 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Gericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
Gegenstand des Verfahrens eine bestimmte Geldsumme in Euro ist,
2.
zumindest für den Regelfall ein fester Wert bestimmt ist oder
3.
sich der Wert nach den Vorschriften dieses Gesetzes unmittelbar aus einer öffentlichen Urkunde oder aus einer Mitteilung des Notars (§ 39) ergibt.
In den Fällen des Satzes 2 setzt das Gericht den Wert nur fest, wenn ein Zahlungspflichtiger oder die Staatskasse dies beantragt, oder wenn es eine Festsetzung für angemessen hält.

(2) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen des Hauptgegenstands oder wegen der Entscheidung über den Geschäftswert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung wegen des Hauptgegenstands Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.