Oberlandesgericht Köln Urteil, 21. Okt. 2014 - 15 U 56/14
Gericht
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 19.2.2014 (28 O 433/12) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten,
„bis er nach einem ärztlichen Test belehrt wurde, dass er nicht zeugungsfähig sei“
wenn dies geschieht wie auf „X.de“ in dem nachfolgend wiedergegebenen Artikel vom 13.9.2010 unter der Überschrift „Der nette Wettermann und die SM-Spiele mit Peitsche“.
(Bild/Grafik nur in Originalentscheidung ersichtlich)
Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von der Forderung der Höcker Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 399,72 Euro freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Beklagte zu ¼ und der Kläger zu ¾.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 Euro, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten um die Zulässigkeit einer Wortberichterstattung.
4Der Kläger ist ein bekannter Wettermoderator und moderierte u.a. die von ihm produzierte Sendung „Das Wetter im Ersten“. Ab Frühjahr 2010 wurde gegen ihn wegen des Verdachts der Vergewaltigung ermittelt. Vom 20.3.2010 bis zum 29.7.2010 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim begann am 6.9.2010. Am 31.5.2011 wurde der Kläger vom Vorwurf der schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil von Claudia Dinkel freigesprochen. Das Urteil ist seit dem 7.10.2011 rechtskräftig. Im Ermittlungs- und Strafverfahren stellte sich heraus, dass der Kläger gleichzeitig intime Beziehungen zu mehreren Frauen unterhalten hatte, ohne dass diese voneinander wussten. Die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe fanden in der Öffentlichkeit große Beachtung und waren Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in verschiedenen Medien.
5Nachdem der Kläger in der Hauptverhandlung von seinem Recht zum Schweigen Gebrauch gemacht hatte, wurde am 13.9.2010 das Protokoll der Vernehmung des Klägers durch den Ermittlungsrichter mit seiner Einlassung zu den Geschehnissen in der Tatnacht verlesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Am selben Tage veröffentlichte die Beklagte auf der von ihr betriebenen Internetseite www.X.de den streitgegenständlichen Artikel unter der Überschrift „Der nette Wettermann und die SM-Spiele mit Peitsche“ (Anlage K 2). Darin heißt es unter anderem:
6„Der nette Wettermann und die SM-Spiele mit Peitsche“, „Er habe zwei Kinder, hatte er bei seiner Vernehmung dem Amtsrichter erklärt, und er dachte lange, es seien die eigenen – bis er nach einem ärztlichen Test belehrt wurde, dass er nicht zeugungsfähig sei“, „Im Schlafzimmer, nackt oder dürftig bekleidet, lag seine Geliebte schon bereit zum Sex, gern auch mal mit Handschelle oder bereit gelegter Reitpeitsche“, „Das Kuschelbärchen aus den Schweizer Bergen soll dunkle Triebe mit SM-Spielchen und multiplen Liebschaften ausgelebt haben?“.
7Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 19.04.2011 ab und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Köln, die am 16.5.2011 antragsgemäß erlassen wurde. Soweit durch diese einstweilige Verfügung der Beklagten aufgegeben wurde, es zu unterlassen, über den Kläger zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten
8„Er habe zwei Kinder, hatte er bei seiner Vernehmung dem Amtsrichter erklärt, und er dachte lange, es seien die eigenen“,
9hat der Kläger mit Schreiben vom 9.6.2011 auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung verzichtet.
10Im vorliegenden Hauptsacheverfahren auf Unterlassung und Freistellung von den außergerichtlichen Anwaltskosten hat der Kläger die Ansicht vertreten, er werde durch die Mitteilung von Einzelheiten aus seinem Intim-und Sexualleben durch die Beklagte in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Die angegriffenen Äußerungen über sadomasochistische sexuelle Handlungen griffen in seine absolut geschützte Intimsphäre ein. Darüber hinaus bestünde hinsichtlich dieser Einzelheiten auch kein öffentliches Berichterstattungsinteresse im Hinblick auf das Strafverfahren. Soweit er bzw. sein damaliger Verteidiger während des Strafverfahrens Einzelheiten aus der Ermittlungsakte an ausgewählte Pressevertreter mitgeteilt hätten, sei dies unter der Prämisse der Vertraulichkeit geschehen und nicht zur ungenehmigten Weiterverbreitung mitgeteilt worden. Auch die Mitteilung von Details seines Gesundheitszustandes (Zeugungsunfähigkeit) sei unzulässig, weil dadurch neben seinem Persönlichkeitsrecht auch die verfassungsrechtlich geschützte Eltern-Kind-Beziehung zu seinen Söhnen betroffen sei.
11Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, der streitgegenständliche Artikel enthalte lediglich Äußerungen, die in der im Hauptverhandlungstermin vom 13.9.2010 verlesenen Einlassung des Klägers enthalten seien. Darüber hinaus hätten der Kläger bzw. sein Strafverteidiger den Medien bewusst Einzelheiten aus der Ermittlungsakte mitgeteilt, um so die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Alle im streitgegenständlichen Beitrag wiedergegebenen Details wiesen einen Bezug zur Tat auf, weil sie bei der Frage der Glaubwürdigkeit des Klägers, den Feststellungen zu den Geschehnissen in der Tatnacht sowie bei der Frage einer möglichen Tatneigung des Klägers von Belang seien. Schon bei Verlesung der Einlassung des Klägers am 13.9.2010, spätestens aber bei Erhebung der vorliegenden Klage seien die streitgegenständlichen Äußerungen allgemein bekannt gewesen. Darüber hinaus bestehe ein öffentliches Berichterstattungsinteresse, weil die Angaben einen unmittelbaren Bezug zum Strafverfahren gegen den Kläger aufwiesen. Da die Einlassung in öffentlicher Verhandlung verlesen worden sei und der Kläger keinen Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt habe, seien die teilnehmenden Medien berechtigt, über diesen Vorgang in der mündlichen Verhandlung wahrheitsgemäß zu berichten.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes, des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien sowie der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
13Mit Urteil vom 19.2.2014 hat die Kammer die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers durch die Beklagte sei nicht rechtswidrig. Angesichts des im Zeitpunkt der Berichterstattung eingeleiteten Hauptverfahrens gegen den Kläger wegen des Vorwurfs der schweren Vergewaltigung und gefährlichen Körperverletzung sowie seiner Prominenz sei ein öffentliches Interesse an der individualisierenden Berichterstattung gegeben, so dass – obwohl Details der sexuellen Betätigungen des Klägers sowie das Ergebnis einer medizinischen Untersuchung über seine Zeugungsfähigkeit Gegenstand der Berichterstattung gewesen seien – der absolut geschützte Kernbereich seines Persönlichkeitsrechts nicht betroffen sei. Eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers einerseits und dem Recht der Beklagten auf Pressefreiheit bzw. dem Informationsinteresse andererseits führe zu dem Ergebnis, dass das Berichterstattungsinteresse der Beklagten höher zu bewerten sei, denn nach Verlesung des Protokolls über seine haftrichterliche Vernehmung in der öffentlichen Hauptverhandlung sei eine aktuelle Prozessberichterstattung unter Einbeziehung der beanstandeten Äußerungen zulässig. Es handele sich um eine aktuelle Gerichtsberichterstattung, da sich die streitgegenständlichen Äußerungen in einem Artikel befänden, der am Tage der Hauptverhandlung vom 13.9.2010, in welcher die Verlesung der Aussage des Klägers stattfand, erschienen sei. Die Beklagte sei angesichts der gemeinschaftswichtigen Bedeutung der Gerichtsberichterstattung berechtigt, objektiv und sachlich über alle Gerichtsverfahren zu berichten. Da die Medienöffentlichkeit ein aliud gegenüber der Saalöffentlichkeit sei, müsse dem Interesse der unbegrenzten Öffentlichkeit das Persönlichkeitsrecht der Verfahrensbeteiligten und ihr Anspruch auf ein faires Verfahren gegenübergestellt werden. Diesen Anforderungen genügten die streitgegenständlichen Äußerungen.
14Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiter. Er macht geltend, das Landgericht habe zu Unrecht einen Straftatbezug der streitgegenständlichen Äußerungen bejaht und sei deshalb in eine Abwägung eingetreten, die nicht habe stattfinden dürfen. Ein Ausnahmefall, wonach eine Berichterstattung über Umstände aus der Intimsphäre zulässig sei, sei vorliegend nicht gegeben, weil die beanstandeten Äußerungen nicht in unmittelbarer Beziehung zur Tat stünden, keine Aufschlüsse über Motive oder andere Tatvoraussetzungen gäben und für die Bewertung der Schuld des Klägers auch nicht wesentlich erschienen. Vielmehr dienten die Angaben zur Zeugungsunfähigkeit des Klägers und zu seinen sexuellen Vorlieben lediglich zur Befriedigung der Sensationslust der Nutzer. Die Entscheidung des BGH vom 19.3.2013 (VI ZR 93/12) sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da die Beklagte mit den streitgegenständlichen Äußerungen keine Gerichtsberichterstattung im Sinne einer nüchternen und objektiven Darstellung des Prozesstages vornehme, sondern vielmehr mit „süffisanten Seitenhieben“ und „herablassenden rhetorischen Fragen“ arbeite. Daneben sei das Landgericht rechtsfehlerhaft der vom BGH aufgestellten Prämisse gefolgt, dass alles, was in einer Hauptverhandlung geäußert wurde, im Rahmen einer aktuellen Gerichtsberichterstattung mitgeteilt werden dürfe. Die darin liegende faktische Gleichsetzung von Saal- und Medienöffentlichkeit verletze den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht.
15Der Kläger beantragt,
16unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 19.2.2014 (28 O 433/12) die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten,
17a. Der nette Wettermann und die SM-Spiele mit Peitsche
18und/oder
19b. bis er nach einem ärztlichem Test belehrt wurde, dass er nicht zeugungsfähig sei
20und/oder
21c. zu den üblichen sexuellen Handlungen zwischen der Anzeigenerstatterin und dem Kläger habe der Gebrauch von Handschellen und/oder Reitgerte gehört, wie nachstehend wiedergegeben:
22(…) gern auch mal mit Handschelle oder bereit gelegter Reitpeitsche.
23und/oder
24d. Das Kuschelbärchen aus den Schweizer Bergen soll dunkle Triebe mit SM-Spielchen und multiplen Liebschaften ausgelebt haben?
25wenn dies geschieht wie auf „X.de“ im Artikel vom 13.9.2010 unter der Überschrift „Der nette Wettermann und die SM-Spiele mit Peitsche“.
26Die Beklagte weiter zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der I Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 606,30 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
27Die Beklagte beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die angefochtene Entscheidung.
30II.
31Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet und führt in diesem Umfang zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, da ihm hinsichtlich der Wiedergabe von Details über seine Zeugungsfähigkeit ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG sowie ein entsprechender Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Anwaltskosten zusteht. Die weitergehende Berufung des Klägers ist dagegen unbegründet.
32Im Einzelnen:
331. Die vom Kläger beanstandeten Äußerungen im streitgegenständlichen Beitrag der Beklagten betreffen die Intimsphäre des Klägers, da es um seinen Gesundheitszustand (Angabe über Zeugungsfähigkeit) sowie sein Sexualleben (Aussagen über Verwendung von Handschellen bzw. Reitgerte und Vorliegen von „SM-Spielchen“ sowie multiplen Liebschaften) geht. Ist damit zunächst der Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt, in dem eine öffentliche Erörterung unzulässig ist, gilt dies im vorliegenden Fall allerdings nicht ausnahmslos: Der Bereich der Sexualität kann von dem gegenüber einer Berichterstattung in den Medien unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung ausgenommen sein, wenn eine Sexualstraftat als Ausdrucksform der Sexualität eines Menschen im Raume steht. Die aktuelle Berichterstattung über eine solche Straftat rechtfertigt unter dem Gesichtspunkt des Informationsinteresses nicht allein die identifizierende Veröffentlichung des Tatvorwurfs, sondern unter Umständen auch Berichte über das persönliche Leben des Täters, wenn der Inhalt der Berichte in einer unmittelbaren Beziehung zur Tat steht, Aufschlüsse über Motive oder andere Tatvoraussetzungen gibt und für die Bewertung der Schuld wesentlich erscheint (BVerfG, Beschl. v. 10.6.2009 – 1 BvR 1107/09, NJW 2009, 3357). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die im Beitrag der Beklagten enthaltenen Informationen nicht sämtlich der Intimsphäre des Klägers zuzuordnen:
34a. Dass zu den Ausdrucksformen der Sexualität des Klägers (auch) die Benutzung von Handschellen und Reitpeitsche und damit – wie von der Beklagten in pointierter Form ausgedrückt – die Durchführung von „SM-Spielen/Spielchen“ gehörte, ist für die Würdigung der Einlassung des Klägers zum Tatgeschehen bzw. die Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit von Bedeutung, so dass ein hinreichender Tatbezug zu bejahen ist (vgl. BGH, Urt. v. 19.3.2013 – VI ZR 93/12) und die betreffende Äußerung der Beklagten daher nicht mehr die Intimsphäre des Klägers betrifft.
35b. Gleiches gilt für die Wiedergabe des Umstandes, dass der Kläger mit einer Vielzahl von Frauen sexuell verkehrte („multiple Liebschaften“). Zwar betrifft auch diese Angabe zunächst die Intimsphäre des Klägers, da es sich um eine Ausdrucksform seiner Sexualität handelt. Sie weist jedoch – unabhängig von dem Umstand, dass es keine Tatbestandsvoraussetzung der angeklagten Vergewaltigung ist, ob der Kläger vor, nach oder zeitgleich mit seinem Verhältnis zur Nebenklägerin noch Verhältnisse mit weiteren Frauen gehabt hat – einen hinreichenden Bezug zu dem Strafverfahren auf, über deren Verlauf die Beklagte in dem streitgegenständlichen Beitrag berichtete. Denn der damalige Verteidiger des Klägers selbst hat – was auch der Kläger nicht in Abrede stellt – im Verlauf des Strafverfahrens die zuständige Strafkammer des Landgerichts Mannheim aufgrund der Reihenfolge der Zeugenvernehmung scharf kritisiert und bemängelt, dass es unüblich sei, zunächst eine Vielzahl von (ehemaligen) Freundinnen des Klägers und erst im Anschluss mit der Nebenklägerin die eigentliche Belastungszeugin zu vernehmen. Insoweit haben der Kläger bzw. sein damaliger Verteidiger das Ausmaß der vom Kläger nacheinander bzw. zeitgleich unterhaltenen sexuellen Beziehungen zu verschiedenen Frauen selbst zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, über das die Beklagte berichten wollte. Eine sachgerechte Berichterstattung über das vom Verteidiger kritisierte Vorgehen der Strafkammer konnte nicht darauf verzichten, das Vorbringen des Verteidigers des Klägers und dessen Kritik an der Prozessführung durch die Strafkammer erwähnen.
36c. Abweichend davon ist jedoch die Frage einer Zeugungsfähigkeit des Klägers seiner Intimsphäre zuzurechnen, hinsichtlich derer eine Berichterstattung schlechthin unzulässig ist. Denn dieses medizinische Detail steht weder in unmittelbarer Beziehung zur Tat, noch gibt es Aufschlüsse über Motive oder andere Tatvoraussetzungen oder erscheint es für die Bewertung der Schuld wesentlich.
37Die Beantwortung der Frage, ob der Kläger zeugungsunfähig ist oder nicht, lässt keine Aufschlüsse über mögliche Motive oder andere Tatvoraussetzungen der angeklagten schweren Vergewaltigung zu. Weder die angeklagte Vergewaltigung noch die Beziehung des Klägers zur Nebenklägerin bzw. das von ihm nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen gegenüber Frauen im Allgemeinen gezeigte Dominanzverhalten weisen einen Bezug zu der medizinischen Angabe auf, dass der Kläger zeugungsunfähig sein soll. Der Kläger hat zwar im Rahmen seiner richterlichen Vernehmung vor dem Ermittlungsrichter angegeben, dass die Mitteilung, seine Kinder seien nicht seine leiblichen Kinder, und die nachfolgende Feststellung seiner Zeugungsunfähigkeit mittels Spermatogramm bei ihm ein tiefes Misstrauen gegen feste Beziehungen ausgelöst und dazu geführt hätten, dass er (bei einer Vielzahl von Frauen) auf die Suche nach Bestätigung gegangen sei. Die Zeugungsunfähigkeit war jedoch – nach der insoweit zu unterstellenden Einlassung des Klägers – nicht der Grund für diese Bindungsangst und das Misstrauen gegenüber langfristigen Bindungen, ungeachtet der Tatsache, dass auch diese Gefühle des Klägers keinen Bezug zu der angeklagten schweren Vergewaltigung aufweisen. Grund für die angegebene Bindungsangst war vielmehr der Umstand, dass der Kläger erfahren hat, dass seine beiden Kinder nicht seine leiblichen Kinder sind. Dies ist jedoch weder ein Motiv noch ein Tatbestandsmerkmal der angeklagten Tat und auch für die Schuldfrage nicht von Bedeutung. Des Weiteren spielt die Zeugungsfähigkeit des Klägers weder beim möglichen Geschehensablaufs in der Tatnacht noch bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beteiligten eine Rolle, sondern dient allein der Sensationslust der Leser, die weitere intime Details aus dem Privatleben des Klägers erfahren wollen. Es entspricht insoweit den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Nebenklägerin im Strafverfahren, dass es im Vorfeld der angeblichen Vergewaltigung zwischen den beiden zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr ohne Kondom gekommen ist, was das Auffinden von DNS am Tatort erklärt. Der konkrete Grund für die Nichtbenutzung eines Kondoms ist für das mögliche Tatgeschehen dagegen unerheblich. Die Berichterstattung über den Prozesstag und die Angaben des Klägers zum Ablauf der Tatnacht hätten auch ohne Nennung dieses Details zum Gesundheitszustand des Klägers vollständig erfolgen können.
38Der Kläger hat dieses Detail seines Gesundheitszustandes auch nicht selbst öffentlich gemacht, so dass mangels Geheimhaltung durch ihn eine Zuordnung zum Intimbereich ausscheiden würde. Denn in den öffentlichen Äußerungen des Klägers – namentlich im Interview für die Zeitschrift „Die Zeit“ vom 9.6.2011 (Anl. B 20) – ist lediglich davon die Rede, dass seine beiden Söhne keine leiblichen Kinder sind. Dagegen wird die Zeugungsunfähigkeit des Klägers weder von ihm selbst angesprochen, noch ergibt sie sich zwingend aus diesem Umstand.
39Der einzige objektive Bezugspunkt zwischen der Zeugungsunfähigkeit des Klägers und der vor dem Landgericht Mannheim seinerzeit angeklagten Straftat ist die fehlende Verwendung eines Kondoms durch den Kläger (nach seinen Angaben im Einvernehmen mit der Nebenklägerin, die von seiner Zeugungsunfähigkeit wusste), die zwar bei den gerichtlichen Feststellungen erwähnt wurde, aber weder für den von der Nebenklägerin geschilderten Tatverlauf noch für Tatbestand, Motiv oder Schuldfrage eine Rolle spielt.
402. Soweit die beanstandeten Äußerungen der Beklagten nicht wegen Eingriffs in die Intimsphäre des Klägers schlechthin unzulässig sind, sondern lediglich dessen Privatsphäre betreffen (Anträge zu 2a, 2c, 2d), hängt die Zulässigkeit der Berichterstattung durch die Beklagte von der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit einerseits und den schutzwürdigen Belangen des Klägers andererseits ab. Diese Abwägung führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass die Berichterstattung der Beklagten im Hinblick auf die mit den Anträgen zu 2a, 2c und 2d gerügten Äußerungen nicht zu beanstanden ist.
41Im Einzelnen:
42a. Die Beklagte kann sich zunächst nicht darauf berufen, dass aufgrund der Verlesung des Vernehmungsprotokolls im Hauptverhandlungstermin vor dem Landgericht Mannheim vom 13.9.2010 sämtliche dort genannten Umstände aus der Einlassung des Klägers vor dem Ermittlungsrichter einer Gerichtsberichterstattung zugänglich seien. Eine solche grundsätzliche Zulässigkeit der Berichterstattung scheidet nach Ansicht des Senates aus und lässt sich – entgegen der Ansicht der Beklagten – auch der Entscheidung des BGH vom 19.3.2013 (VI ZR 93/12) nicht entnehmen.
43aa. Der BGH hatte sich in der vorgenannten Entscheidung mit einer Berichterstattung zu befassen, die schon vor Verlesung des haftrichterlichen Vernehmungsprotokolls am 13.9.2010 über Details aus dieser Einlassung des Klägers berichtet hat. Der VI. Zivilsenat hat einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers bejaht, der rechtswidrig sei, weil das Informations- und Berichterstattungsinteresse die für den Kläger sprechenden Umstände nicht überwiege. Er hat jedoch trotzdem einen Unterlassungsanspruch des Klägers verneint, weil nach der etwa drei Monate später erfolgten Verlesung des Vernehmungsprotokolls die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr entfallen sei. Die künftige Veröffentlichung der beanstandeten Aussage würde nur in anderer Form in die Öffentlichkeit tragen, was die Presse aus Anlass der Verlesung des fraglichen Vernehmungsprotokolls in der öffentlichen Hauptverhandlung zulässigerweise berichtet habe. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte allerdings über Details aus der klägerischen Einlassung nicht vor deren Verlesung am 13.9.2010, sondern erst danach berichtet, indem sie diese zum Gegenstand der Prozessberichterstattung des betreffenden Tages gemacht hat. Insofern weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass es vorliegend nicht um die Frage einer Wiederholungsgefahr, sondern darum geht, ob der Berichterstattung überhaupt eine Eingriffseignung zukommt bzw. ob das Schutzinteresse des Klägers nicht schon deshalb zurücktreten muss, weil die Medien berechtigt sind, über die in öffentlicher Verhandlung wiedergegebene Einlassung des Klägers in vollem Umfang zu berichten.
44bb. Soweit der VI. Zivilsenat in der vorgenannten Entscheidung eine Wiederholungsgefahr verneint, wenn „die künftige Veröffentlichung der beanstandeten Aussage nur in anderer Form in die Öffentlichkeit tragen würde, was die Presse aus Anlass der Verlesung des fraglichen Vernehmungsprotokolls in der öffentlichen Hauptverhandlung zulässigerweise berichtete“, bedeutet dies jedoch nicht, dass sämtliche Details aus der Einlassung des Angeklagten von der Presse veröffentlicht oder in sonstiger Weise verbreitet werden dürfen. Denn auch wenn ein Angeklagter sich in öffentlicher Hauptverhandlung zur Tat äußert, stellt dies keine Einwilligung seinerseits dar, sämtliche Details dieser Einlassung unabhängig davon zu veröffentlichen, ob im konkreten Fall das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten eine Wiedergabe der fraglichen Details verbietet oder ob dagegen das öffentliche Berichterstattungsinteresse überwiegt. Eine solche Abwägung muss vielmehr für jedes wiedergegebene Detail der Einlassung gesondert durchgeführt werden. Zwar ist die Einlassung von zentraler Bedeutung für die Berichterstattung und für die öffentliche Meinungsbildung hinsichtlich eines möglichen Geschehensablaufs in der Tatnacht und die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beteiligten. Allerdings kann sich diese zentrale Bedeutung für Berichterstattung und öffentliche Meinungsbildung auch nur auf solche Angaben des Betroffenen beziehen, die gerade den möglichen Geschehensablauf in der Tatnacht sowie die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beteiligten zum Inhalt haben. Nicht in diesem Sinne von zentraler Bedeutung sind dagegen andere persönliche Umstände, die der Angeklagte im Rahmen seiner Vernehmung bzw. der Verlesung eines Vernehmungsprotokolls preisgibt und die eine derartige Verbindung zum Tatgeschehen bzw. zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit nicht aufweisen.
45cc. Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf beruft, der Kläger habe wie jeder Angeklagte selbst entscheiden können, welche Details seiner privaten Lebensumstände er in öffentlicher Hauptverhandlung preisgibt bzw. durch Verlesung des richterlichen Vernehmungsprotokolls preisgeben lässt, geht diese Argumentation fehl: Der Kläger hat sich zunächst in nichtöffentlicher Vernehmung vor dem Haftrichter geäußert und dabei – unabhängig davon, ob er überhaupt das Bewusstsein hatte, dass eine Veröffentlichung seiner Angaben in Zukunft bevorstand – als Betroffener eines Strafverfahrens agiert, was auf die Art und den Umfang der Einlassung Einfluss gehabt hat. Er hatte sodann in der öffentlichen Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim die Wahl, sich nach § 243 Abs. 5 StPO selbst zur Sache zu äußern oder aber die Verlesung des Vernehmungsprotokolls nach § 254 Abs. 1 StPO zu dulden. Bei keiner dieser beiden Alternativen kann jedoch ein (ggf. konkludent geäußerter) Willen festgestellt werden, eine Öffentlichkeit, die über die Saalöffentlichkeit hinausgeht, an Details seines Sexuallebens teilhaben zu lassen. Auch wenn dem Kläger bereits im Rahmen der richterlichen Vernehmung vor dem Haftrichter am 24.3.2010 (Anl. B 21) aufgrund der vorangegangenen Belehrung klar gewesen sein dürfte, dass es ihm freistand, sich zur Sache zu äußern, sind seine dann folgenden Äußerungen nicht darauf angelegt gewesen, die Öffentlichkeit zu informieren, sondern dienten der ihm als Beschuldigten zustehenden Darstellung der Tatnacht. Würde in solchen Fällen eine generelle Berechtigung der Presse bejaht werden, die Einlassung vollumfänglich zum Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung zu machen, wäre es unzulässigerweise der Kläger selbst, der – den Fragen der Prozessbeteiligten bzw. zuvor der nichtöffentlichen Vernehmung durch den Ermittlungsrichter ausgesetzt – im Rahmen der einzelnen Antwort abzuwägen hätte, welche Details aus seinem Privatleben er noch preiszugeben bereit ist, gleichzeitig aber auch im Auge behalten müsste, dass es ihm in erster Linie darum geht, seine Sicht der Dinge im Hinblick auf den Tatvorwurf darzulegen.
46dd. Soweit die Entscheidung des BGH vom 19.3.2013 (VI ZR 93/12) schließlich unter Hinweis auf die Entscheidung vom 19.10.2004 (VI ZR 292/03) sowie deren verfassungsrechtliche Billigung (BVerfG, Beschl. v. 21.8.2006 – 1 BvR 2606/04) darauf verweist, dass die Veränderung tatsächlicher Umstände eine ursprünglich rechtswidrige Berichterstattung für die Zukunft rechtmäßig erscheinen lassen könne, treffen diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall schon nicht zu. Denn dem Urteil vom 19.10.2004 (VI ZR 292/03) lag ein Sachverhalt zugrunde, in welchem die Klägerin mit ihrem prominenten Partner eine öffentliche Veranstaltung (Verleihung eines Film- und Videopreises) aufgesucht und dort die persönliche Beziehung – von der zuvor und anschließend in der Presse berichtet worden war – sowie Details aus ihrem Privatleben offen gelegt hatte. Mit einer solchen Entscheidung, sich gemeinsam bei einer Preisverleihung mit bekanntermaßen hohem Presseaufkommen der medialen Öffentlichkeit zu zeigen und damit willentlich bestimmte private Angelegenheiten öffentlich zu machen, ist die nicht-öffentliche Vernehmung als Beschuldigter durch den Ermittlungsrichter nicht vergleichbar.
47b. Eine danach trotz öffentlicher Verlesung der Einlassung erforderliche Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers sowie dem Berichterstattungsinteresse der Öffentlichkeit führt jedoch im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die von der Beklagten im streitgegenständlichen Beitrag wiedergegebenen Details, wie sie in den Anträgen zu 2a, 2c und 2d angeführt werden, als zulässige Gerichtsberichterstattung einzustufen sind.
48aa. Soweit der Kläger geltend macht, dass die Unzulässigkeit der Berichterstattung sich schon daraus ergebe, dass die Beklagte überhaupt keine Gerichtsberichterstattung im Sinne einer sachlichen und objektiven Wiedergabe des Prozesstages vorgenommen habe, sondern es sich lediglich um herablassende Äußerungen und süffisante Seitenhiebe handele (Bl. 434 GA), greift dieser Einwand im Ergebnis nicht durch. Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Beitrag der Beklagten sich nicht auf eine reine Wiedergabe des Prozessgeschehens vor dem Landgericht Mannheim am 13.9.2010 beschränkt. Dadurch ist er aber nicht schon per se aus dem Geltungsbereich „gerichtliche Berichterstattung“ auszuscheiden. Die Beklagte hat wertende, teilweise sehr pointierte Formulierungen verwendet, um die ihr im Rahmen des Hauptverhandlungstermins bekannt gewordenen (wahren) Tatsachen für den Leser aufzubereiten. Mit diesen Werturteilen („Kuschelbärchen“, „SM-Spielchen“, „dunkle Triebe“) überschreitet sie zum einen jedoch nicht die Grenzen der Schmähkritik. Zum anderen darf es auch einer Gerichtsberichterstattung nicht verwehrt sein, die Geschehnisse im Rahmen der geltenden Grenzen einem Werturteil zu unterziehen bzw. sprachlich zugespitzt auszudrücken. Letztlich ist auch nicht in Abrede zu stellen, dass die Beklagte in dem fraglichen Artikel keine Vorverurteilung des Klägers vornimmt, sondern gerade diese Vorverurteilung durch die Öffentlichkeit kritisch kommentiert und nach Gründen dafür sucht („Es scheint, als habe die Causa Kachelmann ganz tief im deutschen (und Schweizer) Befinden etwas durcheinandergewirbelt, das die Öffentlichkeit auf irgendeine Weise wieder gerade gerückt haben will. Nur so lässt sich das überbordende Interesse erklären, das der Prozess auf sich zieht“).
49bb. Im Rahmen der damit vorliegenden Gerichtsberichterstattung ist die mit dem Antrag zu 2a gerügte Äußerung der Beklagten „Der nette Wettermann und die SM-Spiele mit Peitsche“ nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass diese Äußerung insofern als sachliche Wiedergabe anzusehen ist, als der Kläger in seiner richterlichen Vernehmung ausgeführt hatte „In ihrem Besitz und zu ihrem Haushalt gehörten auch Handschellen, die sie in diesem Fall schon in der Hand hatte und auch eine Reitgerte, die auch zu ihrem Haushalt gehörte, die immer bei ihr war und die sie dann jeweils, wenn sie Lust darauf hatte, bereitlegte“. Aufgrund dieser Angaben des Klägers handelt es sich bei der Überschrift um eine zusammengefasste und wertend pointierte Kommentierung, die zu dem vor dem Strafverfahren in der Öffentlichkeit bestehenden Bild des Klägers in Bezug gesetzt worden ist.
50Gleiches gilt für die mit dem Antrag zu 2c beanstandete Äußerung „gern auch mal mit Handschelle oder bereit gelegter Reitpeitsche“. Auch hier besteht der Tatsachenkern in der Wiedergabe der klägerischen Einlassung, dass im Rahmen seiner Sexualbeziehung zur Nebenklägerin Handschellen und Reitpeitsche eine Rolle gespielt haben. Die Formulierung „gern auch mal“ greift, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, die Einlassung des Klägers auf, die betreffenden Utensilien würden nicht immer, sondern lediglich dann verwandt, „wenn sie Lust darauf hatte“.
51cc. Gleiches gilt schließlich auch für die mit dem Antrag zu 2d gerügte Formulierung „Das Kuschelbärchen aus den Schweizer Bergen soll dunkle Triebe mit SM-Spielchen und multiplen Liebschaften ausgelebt haben?“. Auch hier hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der fraglichen Äußerung um eine echte und nicht lediglich um eine rhetorische Frage handele, die unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit einem Werturteil gleichsteht und als solches zulässig ist. Mit den Formulierungen „Kuschelbärchen aus den Schweizer Bergen“, „dunkle Triebe“ und „SM-Spielchen“ wird in pointierter Form das bis zum Beginn des Strafverfahrens vorherrschende Bild des Klägers in der Öffentlichkeit mit denjenigen Erkenntnissen in Beziehung gesetzt, die die Beklagte zulässigerweise aus der verlesenen Einlassung des Klägers im Strafverfahren gewonnen hat, nämlich die vom Kläger bestätigte gelegentliche Verwendung von Handschellen und Reitgerte als Ausformung seines Sexuallebens mit der Nebenklägerin. Die weiter in der Äußerung enthaltene Angabe der wahren Tatsache, dass der Kläger mit einer Vielzahl von Frauen nacheinander bzw. zeitlich parallel verkehrt hat („multiple Liebschaften“) ist zwar für das unmittelbare Tatgeschehen, nämlich die angeklagte schwere Vergewaltigung als solche unbeachtlich. Allerdings überwiegt auch insoweit das Berichterstattungsinteresse der Beklagten das Persönlichkeitsrecht des Klägers, weil dieser selbst bzw. sein damaliger Verteidiger diese Tatsache zum Gegenstand des Verfahrens gemacht haben, indem das prozessuale Vorgehen des Gerichtes, zunächst die als Zeuginnen auftretenden (ehemaligen) Freundinnen des Klägers und erst dann die Nebenklägerin als Zeugin zu vernehmen, von der Verteidigung kritisiert wurde. Im Rahmen einer Berichterstattung über den Verlauf des dies betreffenden Teils des Prozesstages konnte dieser Umstand nicht ausgespart werden.
523. Soweit der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der betreffenden Äußerung über seine Zeugungsfähigkeit hat, ist diese gemäß § 257 S. 1 BGB auch zur Freistellung des Klägers von den Anwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten verpflichtet. Die erstattungsfähigen Anwaltskosten berechnen sich im Hinblick auf die zu unterlassende Äußerung nach einem Streitwert von 10.000 Euro, so dass sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Ansatz der nicht anzurechnenden 0,65-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) nebst Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) und Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) ein Gesamtbetrag in Höhe von 399,72 Euro ergibt. Die beantragten Zinsen auf den Freistellungsanspruch können dagegen nicht nach §§ 288 Abs. 1 S. 1, 291 S. 1 BGB zuerkannt werden, da ein Freistellungsanspruch keine zu verzinsende Geldschuld darstellt. Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger bereits einen konkreten Schaden durch die bisherige Nichtzahlung der Anwaltsgebühren erlitten hätte.
53III.
54Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
55Die Revision ist nicht entsprechend der Anregung der Beklagten zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf den Einzelfallumständen beruht. Höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.
56Streitwert: 40.000 Euro
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Annotations
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.
(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.
(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.
(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.
(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.
(1) Erklärungen des Angeklagten, die in einem richterlichen Protokoll oder in einer Bild-Ton-Aufzeichnung einer Vernehmung enthalten sind, können zum Zweck der Beweisaufnahme über ein Geständnis verlesen beziehungsweise vorgeführt werden.
(2) Dasselbe kann geschehen, wenn ein in der Vernehmung hervortretender Widerspruch mit der früheren Aussage nicht auf andere Weise ohne Unterbrechung der Hauptverhandlung festgestellt oder behoben werden kann.
Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.