Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 10. Sept. 2015 - 4 UF 13/15


Gericht
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund vom 21.11.2014 abgeändert und der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz trägt die Antragstellerin.
Der Verfahrenswert für die Beschwerde wird auf 6.048,- € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die am ##.##.1993 geborene Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Sie lebt im Haushalt ihrer Mutter, der geschiedenen Ehefrau des Antragsgegners.
4Durch Vergleich vom 27.11.2012 (AG Sulingen, Aktenzeichen 1 F 199/12 UK) war der Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin bis Juni 2013 monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 378,- € zu zahlen.
5Im Juli 2012 erwarb die Antragstellerin ihren Hauptschulabschluss und war für das Schuljahr 2012/2013 an der Berufsfachschule Hauswirtschaft und Pflege mit dem Schwerpunkt Hauswirtschaft und der Zielsetzung des Erwerbs des Realschulabschlusses angemeldet. Tatsächlich nahm sie am Schulunterricht nicht teil. Die Antragstellerin erhält Kindergeld in Höhe von monatlich 184,- €.
6Der Antragsgegner ist Schlosser. Er lebt und arbeitet in China. Dort erzielt er ein monatliches Nettoentgelt in Höhe von mind. 4.855,45 €, von dem diverse Abzüge vorzunehmen sind. Aus seiner neuen Ehe ist die weitere Tochter M, geboren am ##.##.2010, hervorgegangen.
7Die Mutter der Antragstellerin ist wieder verheiratet und erzielt Renteneinkünfte in Höhe von monatlich ca. 1.000,- €. Auch ihr Ehemann erzielt Renteneinkünfte in Höhe von monatlich ca. 1.000,- €.
8Die Antragstellerin hat behauptet, aufgrund schwerer Depressionen mit Angstattacken nicht arbeits-, schul- oder ausbildungsfähig zu sein. Sie sei während des Schuljahres 2012/2013 erkrankt.
9Erstinstanzlich hat sie die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, an sie Kindesunterhalt für August 2013 bis November 2013 in Höhe von 1.512,- € nebst Zinsen sowie ab Dezember 2013 in Höhe von monatlich 378,- € zu zahlen.
10Dem ist der Antragsgegner entgegengetreten und hat Antragszurückweisung beantragt.
11Er ist der Ansicht, ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei jedenfalls verwirkt. Bei Abschluss des Vergleichs am 27.11.2012 habe die Antragstellerin getäuscht, da sie zu keinem Zeitpunkt gewillt oder in der Lage gewesen sei, die von ihr avisierte schulische Ausbildung aufzunehmen. Bereits im September 2012 sei sie attestiert nicht mehr schulfähig gewesen, habe ihn aber erst im März 2013 über die angebliche Schulunfähigkeit informiert.
12Das Familiengericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet, an die Antragstellerin Kindesunterhalt für August 2013 bis November 2013 in Höhe von 1.512,- € nebst Zinsen und ab Dezember 2013 in Höhe von monatlich 378,- € zu zahlen.
13Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Antragstellerin nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens schul-, berufs- und arbeitsunfähig sei.
14Die Kindesmutter sei zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht leistungsfähig. Der Antragsgegner verfüge selbst nach Abzug aller von ihm vorgetragenen Belastungen über ein anrechenbares Nettoeinkommen in Höhe von mindestens 3.611,47 €. Nach der Einkommensgruppe vier der Düsseldorfer Tabelle belaufe sich der Bedarf der Antragstellerin auf 562,- € und nach Abzug des vollen Kindergeldes ergebe sich ein Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 378,- €.
15Der Anspruch sei nicht verwirkt, da die Antragstellerin zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses im Hinblick auf eine begonnene ambulante Behandlung hoffen durfte, das Schuljahr 2012/2013 erfolgreich zu absolvieren.
16Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und begehrt weiterhin Antragszurückweisung, wobei er die vom Amtsgericht vorgenommene Berechnung seines Einkommens nicht mehr rügt und sich nicht gegen die Höhe des Unterhaltsanspruchs wendet.
17Die Antragstellerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
18Sie behauptet, sie habe im Mai 2013 und im Mai 2014 bei dem zuständigen Amt wegen Grundsicherung vorgesprochen. Dort habe man ihr mitgeteilt, dass kein Anspruch bestehe, da sie nicht dauerhaft voll erwerbsgemindert sei.
19Im Schuljahr 2012/2013 habe sie bis September 2012 die Schule besucht und sich am 1.10.2012 in ambulante Behandlung begeben. Im November 2012 sei eine dauerhafte Schul-, Ausbildungs- und Arbeitsunfähigkeit nicht abzusehen gewesen. Im März 2013 habe sie den Antragsgegner informiert, dass sie seit September 2012 bis auf weiteres schulunfähig sei. In der Folgezeit habe der Antragsgegner den im Vergleich vereinbarten Kindesunterhalt weiter gezahlt. Damit sei dieser nicht verwirkt.
20Der Senat hat die Antragstellerin und den Sachverständigen Dr. G in der mündlichen Verhandlung vom 20.8.2015 angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.
21II.
221.
23Die Beschwerde ist zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt wurde.
242.
25Sie ist auch begründet. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner ab August 2013 keinen Anspruch auf Kindesunterhalt gemäß §§ 1601 ff. BGB.
26Die Antragstellerin hat keinen Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner, da sie ihren Bedarf durch vorrangige Leistungen auf Grundsicherung gemäß SGB XII selbst decken kann.
27a)
28Der Bedarf der Antragstellerin beläuft sich nach dem alleinigen Einkommen des Antragsgegners mindestens auf die 4. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle und damit nach Abzug des vollen Kindergeldes auf monatlich 378,- € bis Juli 2015 und auf monatlich 396,- € ab August 2015.
29Der Antragsgegner lebt in China und erzielt dort ein Erwerbseinkommen, aus dem sich – auch unter Berücksichtigung von diversen Abzügen und vorrangigen Unterhaltspflichten gegenüber seinem weiteren Kind – ein Unterhaltsbedarf der Antragstellerin mindestens in der geltend gemachten Höhe ergibt. Der Antragsgegner ist in dieser Höhe leistungsfähig.
30Die Mutter der Antragstellerin ist angesichts eines Selbstbehaltes in Höhe von 1.200,- € (ab Januar 2015 in Höhe von 1.300,- €) zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht leistungsfähig. Sie verfügt selbst lediglich über Renteneinkünfte in Höhe von monatlich 1.000,- €. Einen Unterhaltsanspruch gegen ihren neuen Ehemann kann sie nicht realisieren, da dieser ebenfalls lediglich über Renteneinkünfte in Höhe von monatlich 1.000,- € verfügt.
31b)
32Die Antragstellerin ist jedoch nicht bedürftig.
33aa)
34Sie hat einen Anspruch auf Sozialhilfe gemäß §§ 42 ff. SGB XII, da sie dauerhaft voll erwerbsunfähig ist. Der Anspruch auf Sozialhilfe ist gegenüber dem Unterhaltsanspruch vorrangig (OLG Sachsen-Anhalt, FamRZ 2009, 701; OLG Hamm, FamRZ 2004, 1807); das Einkommen der Eltern bleibt bei einem Anspruch auf Sozialhilfe unberücksichtigt, solange dieses nicht über 100.000,- € jährlich liegt.
35Dauerhaft voll erwerbsgemindert ist gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 Fall 2 SGB XII, 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein und bei dem die Behebung der vollen Erwerbsminderung unwahrscheinlich ist (§ 41 Abs. 3 SGB XII). Unter „auf nicht absehbare Zeit“ wird in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten verstanden (Blüggel in jurisPK SGB XII 2. Auflage § 41 Rn. 41). Für die prognostische Beurteilung der Dauerhaftigkeit ist ein Zeitrahmen von drei Jahren anzusetzen (Blüggel in jurisPK SGB XII 2. Auflage § 41 Rn. 72).
36Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ist die Antragstellerin derzeit weder arbeits-, noch schul-, noch berufsausbildungsfähig. Zunächst sei eine Behandlung über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr erforderlich. Nach diesem Ergebnis des Sachverständigen ist die Antragstellerin auf nicht absehbare Zeit außer Stande, mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
37Die Erwerbsunfähigkeit der Antragstellerin ist auch dauerhaft. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens und insbesondere der mündlichen Anhörung des Sachverständigen Dr. G steht fest, dass die Erwerbsunfähigkeit der Antragstellerin voraussichtlich nicht vor Ablauf von drei Jahren behoben werden kann – es benötigt eine Wartezeit von mindestens einem Jahr sowie einer Behandlungszeit von ein bis zwei Jahren bevor die Antragstellerin wieder mindestens 3 Stunden täglich wird arbeiten können. Prognostisch ist nach den Ausführungen des Sachverständigen davon auszugehen, dass die Erwerbsunfähigkeit der Antragstellerin dauerhaft ist. Unter Einrechnung der Wartezeit auf einen Therapieplatz ist die vorzeitige Behebung der vollen Erwerbsminderung der Antragstellerin unwahrscheinlich und nur spekulativ.
38Diesen Ausführungen des Sachverständigen schließt sich der Senat an. Es hat keinen Zweifel an der objektiven Richtigkeit des von dem Sachverständigen ermittelten Beweisergebnisses. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Grundsicherung nach SGB XII liegen vor.
39bb)
40Die Antragstellerin hätte einen Antrag auf Grundsicherung bereits vor dem im vorliegenden Verfahren streitigen Unterhaltszeitraum ab August 2013 stellen können und müssen.
41Sie selbst sah sich bereits im Mai 2013 veranlasst, bei ihrer zuständigen Gemeinde zur Prüfung von Ansprüchen nach dem SGB XII vorzusprechen. Gegenüber dem Antragsgegner machte die Antragstellerin ihre Unterhaltsansprüche im August 2013 mit der Begründung geltend, sie sei erwerbsunfähig. Auch die behandelnde Ärztin Dr. C stellte bereits im September 2013 in einer Stellungnahme fest, dass die Antragstellerin bis auf weiteres nicht arbeits-, schul- oder ausbildungsfähig sei.
42Bei dieser Sachlage durfte sich die Antragstellerin nicht mit der formlos mitgeteilten Auffassung ihrer Gemeinde, ein Anspruch auf Grundsicherung bestehe nicht, zufrieden geben. Vielmehr oblag es ihr, einen förmlichen Antrag auf Grundsicherung zu stellen und gegebenenfalls zu verfolgen.
43cc)
44Der Antragstellerin sind wegen der Obliegenheitsverletzung fiktive Einkünfte aus Grundsicherung anzurechnen. Für einen Unterhaltsberechtigten besteht die Obliegenheit zur Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen; eine Verletzung dieser Obliegenheit kann zur Anrechnung fiktiver Einkünfte in der Höhe der entgangenen Grundsicherung führen (BGH, Beschluss vom 08. Juli 2015 – XII ZB 56/14 –, Rn. 11).
45Mangels entgegenstehenden Vortrags ist davon auszugehen, dass der Anspruch der Antragstellerin auf Grundsicherung zu vollständig bedarfsdeckenden Einkünften führt, so dass kein weitergehender Unterhaltsanspruch gegenüber dem Antragsgegner verbleibt (ihr Regelbedarf dürfte sich gemäß Anlage zu § 28 SGB XII auf 320,- € zuzüglich Wohnkosten belaufen).
463.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG.
48Rechtsbehelfsbelehrung:
49Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
50Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert (§ 70 Abs. 2 FamFG).

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(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.
(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:
für den Geburtsjahrgang | erfolgt eine Anhebung um Monate | auf Vollendung eines Lebensalters von |
1947 | 1 | 65 Jahren und 1 Monat |
1948 | 2 | 65 Jahren und 2 Monaten |
1949 | 3 | 65 Jahren und 3 Monaten |
1950 | 4 | 65 Jahren und 4 Monaten |
1951 | 5 | 65 Jahren und 5 Monaten |
1952 | 6 | 65 Jahren und 6 Monaten |
1953 | 7 | 65 Jahren und 7 Monaten |
1954 | 8 | 65 Jahren und 8 Monaten |
1955 | 9 | 65 Jahren und 9 Monaten |
1956 | 10 | 65 Jahren und 10 Monaten |
1957 | 11 | 65 Jahren und 11 Monaten |
1958 | 12 | 66 Jahren |
1959 | 14 | 66 Jahren und 2 Monaten |
1960 | 16 | 66 Jahren und 4 Monaten |
1961 | 18 | 66 Jahren und 6 Monaten |
1962 | 20 | 66 Jahren und 8 Monaten |
1963 | 22 | 66 Jahren und 10 Monaten |
ab 1964 | 24 | 67 Jahren. |
(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.
(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie
- 1.
in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder - 2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.
(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.
(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.
(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.
(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.
(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch
- 1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder - 2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.
(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).
Abweichend von den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenverteilung entscheidet das Gericht in Unterhaltssachen nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Es hat hierbei insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten, einschließlich der Dauer der Unterhaltsverpflichtung, - 2.
den Umstand, dass ein Beteiligter vor Beginn des Verfahrens einer Aufforderung des Gegners zur Erteilung der Auskunft und Vorlage von Belegen über das Einkommen nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, es sei denn, dass eine Verpflichtung hierzu nicht bestand, - 3.
den Umstand, dass ein Beteiligter einer Aufforderung des Gerichts nach § 235 Abs. 1 innerhalb der gesetzten Frist nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, sowie - 4.
ein sofortiges Anerkenntnis nach § 93 der Zivilprozessordnung.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.