Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 29. Okt. 2015 - I-15 U 121/14
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 07.08.2014, Az. 4a O 39/13, wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,- Euro abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2A.
3Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten Europäischen Patents 1 798 AAA B3 (nachfolgend Klagepatent, Anlage HL 1; Übersetzung Anlage HL 1a). Das Klagepatent wurde am 24.10.2006 unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom 14.12.2005 in englischer Verfahrenssprache angemeldet und hat einen vorderen Umwerfer für ein Fahrrad zum Gegenstand. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 20.06.2007 veröffentlicht. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 03.08.2012 ein Beschränkungsverfahren eingeleitet; das Europäische Patentamt hat dem Antrag mit Beschluss vom 07.03.2013 stattgegeben (Anlage KR 2). Die geänderte Patentschrift wurde am 03.04.2013 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in Kraft.
4Die Beklagte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 03.12.2013 Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent erhoben, über die das Bundespatentgericht bislang nicht entschieden hat.
5Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 hat in seiner beschränkten Fassung in englischer Verfahrenssprache folgenden Wortlaut:
6„A top/bottom pull bicycle front derailleur (12) comprising:
7a base member (20) configured to be coupled to a portion of a bicycle frame (11);
8an inner link (22) having a first end (54), a second end (56) and an inner wire fixing part (52), the first end (54) being pivotally coupled to the base member (20) about a first inner link axis (A), and configured to guide an inner wire (16) to be selectively guided in one of a top pull arrangement and a bottom pull arrangement;
9an outer link (24) having a first end (70) and a second end (72) with the first end (70) of the outer link (24) being pivotally coupled to the base member (20) about a first outer link axis (B);
10a chain guide (26) pivotally coupled to the second end (56) of the inner link (22) about a second inner link axis (C) and pivotally coupled to the second end (72) of the outer link (24) about a second outer link axis (D) such that the chain guide (26) is configured to move between a retracted position and an extended position relative to the base member (20); and
11a top/low adjustment mechanism (28) coupled to the base member(20), the top/low adjustment mechanism (28) including
12a top position adjusting bolt (28c) with a top Iongitudinal bolt axis (Y) arranged at an angle greater than zero degrees with respect to a plane (P) of the bicycle frame (11) and configured to selectively contact the inner link (22) to selectively adjust the extended position of the chain guide (26) with respect to the base member (20), and a low position adjusting bolt (28b) with a low Iongitudinal bolt axis (X) arranged at an angle greater than zero degrees with respect to the plane (P) of the bicycle frame (11) and configured to selectively contact the inner link (22) to selectively adjust the retracted position of the chain guide (26) with respect to the base member(20),
13characterized in that the inner wire fixing part (52) being arranged between the first end (54) and the second end (56), the top longitudinal bolt axis (Y) is disposed on a first side of the first outer link axis (B) and the low longitudinal bolt axis (X) is disposed on a second, opposite side of the first outer link axis (B),
14the top longitudinal bolt axis (Y) is disposed on a first side of the first inner link axis (A) and the low longitudinal bolt axis (X) is disposed on a second, opposite side of the first inner link axis (A).”
15Die eingetragene deutsche Übersetzung des Patentanspruchs 1 lautet in beschränkter Fassung:
16„Top/Bottom-Zug-Fahrradvorderderailleur (12), umfassend:
17ein Basisteil (20), konfiguriert, um an einen Abschnitt eines Fahrradrahmens (11) gekoppelt zu werden;
18eine innere Kopplung (22), aufweisend ein erstes Ende (54), ein zweites Ende (56) und einen lnnendrahtfixierpart (52), wobei das erste Ende (54) schwenkbar gekoppelt ist an das Basisteil (20) um eine erste lnnenkopplungsachse (A), und der Innendrahtfixierpart (52) konfiguriert ist, um einen Innendraht eines Schaltsteuerkabels (16), gekoppelt an die innere Kopplung (22) zu führen, um wahlweise geführt zu werden in einer Top-Zug-Anordnung oder einer Bottom-Zug-Anordnung;
19eine äußere Kopplung (24), aufweisend ein erstes Ende (70) und ein zweites Ende (72), wobei das erste Ende (70) der äußeren Kopplung (24) schwenkbar gekoppelt ist an das Basisteil (20) um eine erste Außenkopplungsachse (B);
20eine Kettenführung (26), schwenkbar gekoppelt an das zweite Ende (56) der inneren Kopplung (22) um eine zweite lnnenkopplungsachse (C) und schwenkbar gekoppelt an das zweite Ende (72) der äußeren Kopplung (24) um eine zweite Außenkopplungsachse (D), so dass die Kettenführung (26) konfiguriert ist zur Bewegung zwischen einer eingefahrenen Position und einer ausgefahrenen Position relativ zu dem Basisteil (20); und
21einen Top/Low-Einstellmechanismus (28), gekoppelt an das Basisteil (20), wobei der Top/Low-Einstellmechanismus (28) folgendes umfasst: einen Top-Positionseinstellbolzen (28c) mit einer Top-Längsbolzenachse (Y), angeordnet bei einem Winkel größer als null Grad bezüglich einer Ebene (P) des Fahrradrahmens (11) und konfiguriert zur wahlweisen Kontaktierung der inneren Kopplung (22), um wahlweise die ausgefahrene Position der Kettenführung (26) bezüglich dem Basisteil (20) einzustellen, und einen Low-Positionseinstellbolzen (28b) mit einer Low-Längsbolzenachse (X), angeordnet bei einem Winkel größer als null Grad bezüglich der Ebene (P) des Fahrradrahmens (11) und konfiguriert zur wahlweisen Kontaktierung der inneren Kopplung (22), um wahlweise die eingefahrene Position der Kettenführung (26) bezüglich dem Basisteil (20) einzustellen,
22dadurch gekennzeichnet, dass
23der lnnendrahtfixierpart (52) angeordnet ist zwischen dem ersten Ende (54) und dem zweiten Ende (56),
24die Top-Längsbolzenachse (Y) an einer ersten Seite der ersten Außenkopplungsachse (B) angeordnet ist und die Low-Längsbolzenachse (X) an einer zweiten gegenüberstehenden Seite der ersten Außenkopplungsachse (B) angeordnet ist, und dadurch dass die Top-Längsbolzenachse (Y) an einer ersten Seite der ersten Innenkopplungsachse (A) angeordnet ist und die Low-Längsbolzenachse (X) an einer zweiten gegenüberstehenden Seite der ersten Innenkopplungsachse (A) angeordnet ist.“
25Der ursprünglich erteilte Patentanspruch 1 enthielt im Vergleich zur beschränkten Fassung zusätzliche Worte, die im nachfolgend vollständig wiedergegebenen dritten Absatz in Fettdruck hervorgehoben sind:
26„an inner link (22) having a first end (54), a second end (56) and an inner wire fixing part (52), the first end (54) being pivotally coupled to the base member (20) about a first inner link axis (A), and the inner wire fixing part (52) configured to guide an inner wire of a shift control cable (16) coupled to the inner link (22) to be selectively guided in one of a top pull arrangement and a bottom pull arrangement“.
27Nach der Beschränkung waren die Satzteile „the inner wire fixing part (52)“ und „of a shift control cable (16) coupled to the inner link (22)“ nicht mehr im Anspruch enthalten.
28Die eingetragene deutsche Übersetzung von Patentanspruch 1 ist nach der Beschränkung unverändert geblieben; sie unterscheidet sich daher von der beschränkten Fassung in englischer Verfahrenssprache durch die (in Fettdruck hervorgehobenen) Worte „…und der Innendrahtfixierpart (52) konfiguriert ist, um einen Innendraht eines Schaltsteuerkabels (16), gekoppelt an die innere Kopplung (22) zu führen…“.
29Die nachfolgenden Figuren 2, 4 und 5 der Klagepatentschrift betreffen eine bevorzugte Ausführungsform. Figur 2 zeigt eine perspektivische Ansicht des Top/Bottom-Zug-Vorderderailleurs:
30Die Figuren 4 und 5 stellen hintere Seitenansichten des Top/Bottom-Zug-Vorderderailleurs aus der Figur 2 mit der Kettenführung in einer „Low“ (eingefahrenen, Figur 4) und in einer „Top“ (ausgefahrenen, Figur 5) Schaltposition dar:
31Die Beklagte zu 1) vertreibt in Deutschland über den Fachhandel Fahrradkomponenten. Die Beklagte zu 2) ist Großhändler für Fahrräder, die Beklagte zu 3) für Radsportartikel. Sie importieren Produkte der Beklagten zu 1) und verkaufen sie an Fahrradfachhändler in der Bundesrepublik Deutschland. Die Beklagten vertreiben folgende 10-fach Kettenumwerfer im Inland (nachfolgend „angegriffene Ausführungsformen“, Lichtbilder HL 12, 14-26):
32(1) B (Muster Anlage HL 13)
33(2) C,
34(3) D,
35(4) E,
36(5) F,
37(6) G,
38(7) H,
39(8) I,
40(9) J,
41(10) K,
42(11) L,
43(12) M,
44(13) N,
45(14) O.
46Die Klägerin führt an, die angegriffenen Ausführungsformen machten wortsinngemäß, hilfsweise äquivalent von der technischen Lehre des Patentanspruchs 1 Gebrauch. Sie nimmt die Beklagten wegen Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadenersatzpflicht und die Beklagten zu 2) und 3) zusätzlich auf Rückruf in Anspruch.
47Wegen der auf die hilfsweise geltend gemachte äquivalente Patentverletzung gestützten Antragsfassung und der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
48Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 07.08.2014 wie folgt stattgegeben:
49I. Die Beklagten werden verurteilt,
501. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu vollziehen an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten, zu unterlassen,
51einen Top/Bottom-Zug-Fahrradvorderderailleur (12), umfassend:
52ein Basisteil (20), konfiguriert, um an einen Abschnitt eines Fahrradrahmens (11) gekoppelt zu werden; eine innere Kopplung (22), aufweisend ein erstes Ende (54), ein zweites Ende (56) und einen lnnendrahtfixierpart (52), wobei das erste Ende (54) schwenkbar gekoppelt ist an das Basisteil (20) um eine erste lnnenkopplungsachse (A), und konfiguriert, um einen Innendraht (16) zu führen, um wahlweise geführt zu werden in einer Top-Zug-Anordnung oder einer Bottom-Zug-Anordnung; eine äußere Kopplung (24), aufweisend ein erstes Ende (70) und ein zweites Ende (72), wobei das erste Ende (70) der äußeren Kopplung (24) schwenkbar gekoppelt ist an das Basisteil (20) um eine erste Außenkopplungsachse (B); eine Kettenführung (26), schwenkbar gekoppelt an das zweite Ende (56) der inneren Kopplung (22) um eine zweite lnnenkopplungsachse (C) und schwenkbar gekoppelt an das zweite Ende (72) der äußeren Kopplung (24) um eine zweite Außenkopplungsachse (D), so dass die Kettenführung (26) konfiguriert ist zur Bewegung zwischen einer eingefahrenen Position und einer ausgefahrenen Position relativ zu dem Basisteil (20); und einen Top/Low-Einstellmechanismus (28), gekoppelt an das Basisteil (20), wobei der Top/Low-Einstellmechanismus (28) folgendes umfasst:
53einen Top-Positionseinstellbolzen (28c) mit einer Top-Längsbolzenachse (Y), angeordnet bei einem Winkel größer als null Grad bezüglich einer Ebene (P) des Fahrradrahmens (11) und konfiguriert zur wahlweisen Kontaktierung der inneren Kopplung (22), um wahlweise die ausgefahrene Position der Kettenführung (26) bezüglich dem Basisteil (20) einzustellen, und einen Low-Positionseinstellbolzen (28b) mit einer Low-Längsbolzenachse (X), angeordnet bei einem Winkel größer als null Grad bezüglich der Ebene (P) des Fahrradrahmens (11) und konfiguriert zur wahlweisen Kontaktierung der inneren Kopplung (22), um wahlweise die eingefahrene Position der Kettenführung (26) bezüglich dem Basisteil (20) einzustellen,
54dadurch gekennzeichnet, dass
55der lnnendrahtfixierpart (52) angeordnet ist zwischen dem ersten Ende (54) und dem zweiten Ende (56), die Top-Längsbolzenachse (Y) an einer ersten Seite der ersten Außenkopplungsachse (B) angeordnet ist und die Low-Längsbolzenachse (X) an einer zweiten, gegenüberstehenden Seite der ersten Außenkopplungsachse (B) angeordnet ist, die Top-Längsbolzenachse (Y) an einer ersten Seite der ersten lnnenkopplungsachse (A) angeordnet ist und die Low-Längsbolzenachse (X) an einer zweiten, gegenüberstehenden Seite der ersten lnnenkopplungsachse (A) angeordnet ist,
56in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
572. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 6. Mai 2009 begangen haben, und zwar unter Angabe
58a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
59b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
60c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
61wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
623. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses und der entsprechenden Belege, wahlweise Aufträge, Auftragsbestätigungen, Rechnungen oder Liefer- und Zollpapiere vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die vorstehend zur Ziffer 1.1. bezeichneten Handlungen seit dem 6. Juni 2009 begangen hat, und zwar unter Angabe
63a) der Anzahl der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, unter Angabe der Namen und Adressen der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,
64b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
65c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
66d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
67e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
68wobei den Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Abnehmer, Angebotsempfänger oder Lieferungen in der Aufstellung enthalten sind;
694. nur die Beklagten 2 und 3: die vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 6. Mai 2009 in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 7. August 2014) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
70II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I.1. bezeichneten und seit dem 6. Juni 2009 begangenen Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.“
71Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Rückruf und Feststellung der Schadenersatzpflicht, weil sämtliche angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machten.
72Das auf die innere Kopplung bezogene Merkmal sei so zu verstehen, dass die Führung des Innendrahts durch den Innendrahtfixierpart erfolge und dass der geführte Innendraht derjenige des Schaltsteuerkabels sei. Der allein maßgebliche Anspruchswortlaut in englischer Verfahrenssprache und in der beschränkten Fassung sei zwar im Hinblick auf den Nebensatz „and configured to guide an inner wire (16)“ sprachlich unklar, indem diese Angabe zur Führung des Innendrahts sowohl auf das erste Ende als auch auf den Innendrahtfixierpart bezogen sein könne. Die wegen dieser Doppeldeutigkeit des Anspruchswortlauts zur Auslegung heranzuziehende Beschreibung nebst Zeichnungen der Klagepatentschrift führe den Fachmann indes zu dem Verständnis, dass sich der Nebensatz auf den Innendrahtfixierpart als Subjekt beziehe. Dies entnehme er sowohl der allgemeinen Beschreibung in Absatz [0011] als auch der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels in Absatz [0046], die einzig eine Vorrichtung erläuterten, bei denen der Innendrahtfixierpart den Innendraht führe, während eine Führung des Innendrahts durch das erste Ende der inneren Kopplung an keiner Stelle der Beschreibung offenbart werde. Der Fachmann habe keinen Anlass, den Anspruch in einer Weise auszulegen, die weder in der allgemeinen Beschreibung noch beispielhaft anhand einer konkreten Ausführungsform erläutert sei. Zum Einen sei der Klagepatentschrift nicht zu entnehmen, welchen technischen Sinn eine Führung des Innendrahts durch das erste Ende haben oder wie eine solche Gestaltung umgesetzt werden könnte. Zum Anderen erkenne er, dass eine derartige, von sämtlichen Ausführungsbeispielen abweichende Gestaltung eines erheblichen konstruktiven Aufwandes bedürfte, die kaum mehr der formulierten technischen Aufgabe gerecht werde, den Derailleur möglichst kompakt zu gestalten. Ferner sei ein patentgemäßer „Innendraht“ stets der Innendraht des zwischen Schaltungshebel und Vorderradderailleur gespannten Schaltkabels. Dies folge zwingend aus dem Umstand, dass das Klagepatent einen anderen Innendraht weder beanspruche noch irgendwo beschreibe. Demnach erfüllten sämtliche angegriffenen Ausführungsformen dieses Merkmal, da unstreitig das Innendrahtfixierteil und nicht das erste Ende der inneren Kopplung den Innendraht des Schaltkabels führe.
73Ferner sei bei allen angegriffenen Ausführungsformen der Innendrahtfixierpart zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung angeordnet. Dieses Merkmal sei so auszulegen, dass sich dort der Punkt befinden müsse, an dem der Innendrahtfixierpart befestigt sei. Da es sich – um die Führungsfunktion ausüben zu können – um ein flächiges Bauteil handle, müsse es sich außerhalb der gedachten Verbindungslinie zwischen dem ersten und dem zweiten Ende erstrecken, wobei es sich allerdings im Wesentlichen in einem Bereich befinden müsse, der durch gedachte, orthogonal zur Verbindungslinie durch die beiden Außenkopplungsachsen verlaufende Linien gebildet werde und damit zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung liege. Der Innendrahtfixierpart müsse nicht vollständig innerhalb dieser Begrenzung liegen, da weder der Anspruchswortlaut noch die allgemeine Beschreibung die einschränkende Angabe „vollständig“ enthalten und bei sämtlichen Ausführungsbeispielen ein Abschnitt aus dem so begrenzten Bereich hinausrage. Er befinde sich patentgemäß im Wesentlichen in diesem Bereich, wenn seine Befestigung zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung liege, weil diese räumliche Zuordnung ausweislich der Abgrenzung zum Stand der Technik die technische Funktion habe, durch eine Befestigung des Innendrahtfixierparts am richtigen Punkt – konkret die geeignete Positionierung von Drahtanbringungsstruktur und Schwenkpunkt des Innendrahtfixierparts im Sinne des Punkts, an dem dieser über dem Verbindungspart schwenkbar um die Achse L befestigt sei – sowohl in einer Top- als auch in einer Bottom-Zug-Anordnung eine günstige Hebelwirkung zu erzielen. Diese Auslegung werde durch den Unteranspruch 5 und die zugehörigen Figuren 4 und 5 bestätigt. Davon ausgehend verwirklichten alle angegriffenen Ausführungsformen dieses Merkmal, weil bei ihnen unstreitig die Anbringung des schmetterlingsförmig ausgestalteten Innendrahtfixierparts an einem Punkt erfolge, der zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung liege.
74Zu einer Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des europäischen Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage bestehe kein Anlass, weil eine Vernichtung des Klagepatents nicht wahrscheinlich sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten ergebe sich aus den im Beschränkungsverfahren weggefallenen Satzteilen keine Schutzbereichserweiterung, sondern die Auslegung führe zu einem gegenüber der B1-Schrift und der Patentanmeldung unveränderten Schutzbereich. Das Klagepatent sei nach Maßgabe der obigen Auslegung auch nicht im Hinblick auf das Merkmal, wonach der Innendrahtfixierpart zwischen dem ersten und dem zweiten Ende angeordnet sei, unzulässig erweitert. Vielmehr dürfte der beanspruchte Innendrahtfixierpart nicht über die Offenbarung in Absatz [0042] der Anmeldung (deutsche Übersetzung Anlage KR 10), die wortgleich mit Absatz [0044] des Klagepatents sei, hinausgehen.
75Ebenso wenig erscheine es hinreichend wahrscheinlich, dass das Klagepatent aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit vernichtet werde. Entgegen der Ansicht der Beklagten stelle sich das Klagepatent mit einer möglichst kompakt ausgebildeten Anordnung zur Benutzung des Vorderderailleurs in einer Top/Bottom-Zug-Anordnung und mit einem Einstellmechanismus, der leicht zugänglich und einfach zu bedienen sei, nicht zwei vollständig voneinander unabhängige Teilaufgaben. Vielmehr knüpften beide Aspekte an die geeignete Anordnung der einzelnen Bauelemente zueinander an, weshalb eher wahrscheinlich sei, dass sie sich gegenseitig beeinflussten und bedingten. Zudem offenbare die DE 196 05 AAB A1 (Anlage KR 13) keinen Vorderderailleur. Daher sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Fachmann Anlass gehabt hätte, sie mit einer der anderen eingewandten Druckschriften US 6,099,AAC (Anlage KR 11) und/oder EP 1 040 AAD B1 (Anlage KR 12) zu kombinieren.
76Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgen.
77Sie tragen unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisantritten vor: Das Landgericht habe der Klage zu Unrecht stattgegeben. Es habe bei der Auslegung der beiden streitigen Merkmale den Vorrang des Anspruchswortlauts missachtet. Der Wortlaut des auf die innere Kopplung bezogenen Merkmals sei bei unbefangener Lektüre des maßgebenden englischen Patentanspruchs so zu verstehen, dass das erste Ende konfiguriert sei, um einen Innendraht zu führen. Der Nebensatz „and configured to guide an inner wire“ beziehe sich grammatikalisch eindeutig auf das erste Ende, zumal sich das Partizip „being“ im vorherigen Halbsatz „the first end (54) being pivotally coupled…“ gleichermaßen auf „configured“ beziehe. Der Anspruch sei nicht unklar und müsse daher nicht anhand von Ausführungsbeispielen ausgelegt werden. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil ergebe sich aus Beschreibung und Zeichnungen keine abweichende Beurteilung. Aufgrund des Primats des Anspruchs sei ohnehin zunächst das Funktionsgefüge des gesamten Anspruchs zu prüfen. Diese Betrachtung bestätige die grammatikalisch korrekte Auslegung. Denn aus dem weiteren Merkmal, wonach der Innendrahtfixierpart zwischen dem ersten Ende und dem zweiten Ende angeordnet sei, ergebe sich technisch sinnvoll, dass die Führungsfunktion dem ersten Ende zukomme, indem dann der Innendraht über dieses Ende zum Innendrahtfixierpart geführt werde. Hingegen könne ein Innendrahtfixierpart, der nach zutreffendem Verständnis vollständig zwischen den beiden Enden der inneren Kopplung angeordnet sei, keine Führungsfunktion haben. Nur wenn sich die Führungsfunktion auf das erste Ende beziehe, ließen sich daher beide Merkmale widerspruchsfrei zueinander auslegen. Verstehe man stattdessen den Anspruchswortlaut so, dass dem Innendrahtfixierpart die Führungsfunktion zukomme, zwinge dies zu einer Verlegung der räumlich-körperlichen Anordnung des Innendrahtfixierparts, der mit dem Wortsinn nicht mehr vereinbar sei. Eine widerspruchsfreie Auslegung des Patentanspruchs habe indes Vorrang vor einer Auslegung, die Widersprüche im Funktionsgefüge der Merkmale nur dadurch vermeiden könne, dass ein Merkmal anhand eines Ausführungsbeispiels gegen seinen Wortsinn ausgelegt werde. Ohnehin rechne der Fachmann wegen des Hinweises in der B3-Schrift auf ein vorangegangenes Beschränkungsverfahren von vornherein damit, dass nicht mehr sämtliche Ausführungsbeispiele patentgemäß seien.
78Falls sich gleichwohl im Wege der Auslegung ergeben sollte, dass der Innendrahtfixierpart auch die Funktion der Führung des Innendrahtes besitze, so sei jedenfalls der Innendrahtfixierpart bei sämtlichen angegriffenen Ausführungsformen nicht zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung angeordnet. Dieses Merkmal gebe die räumlich-körperliche Anordnung des Innendrahtfixierparts an einer bestimmten Stelle des erfindungsgemäßen Derailleurs vor. Entgegen der Auffassung des Landgerichts befinde sich dabei nach dem eindeutigen Wortlaut das gesamte Element in diesem Bereich, wie aus dem Begriff „angeordnet“ folge. Zudem widerspreche die Auslegung im angefochtenen Urteil der Beschreibung des Innendrahtfixierparts in der Klagepatentschrift, der gemäß den Absätzen [0044] und [0046] zwei wesentliche räumliche-körperliche Strukturen in einer bevorzugt mit der inneren Kopplung einstückigen Ausgestaltung in sich vereinige, die zwei verschiedene Funktionen haben, und zwar zum Einen die Befestigung und zum Anderen die Führung des Innendrahtes. Dadurch gelange der Fachmann zu dem Verständnis, dass beide Strukturen für den Innendrahtfixierpart wesentlich seien und deswegen dieses räumlich-körperlich einheitliche und beide Funktionen auf sich vereinigende Element vollständig zwischen beiden Enden der inneren Kopplung angeordnet sei. Doch selbst wenn es genügen sollte, dass er „im Wesentlichen“ in diesem Bereich liege, sei dieses Merkmal nicht erfüllt, da bei den angegriffenen Ausführungsformen zumindest die Führungsstruktur und damit ein wesentlicher Teil des Innendrahtfixierparts vollständig außerhalb davon liege. Ein einheitliches Bauteil, das zwei unterschiedliche und vom Patent für wesentlich erachtete Funktionen zu erfüllen habe und „im Wesentlichen“ in einem bestimmten räumlich-körperlichen Bereich platziert sein müsse, sei aber nicht patentgemäß ausgestaltet, wenn sich der räumlich-körperliche Teil, der eine dieser beiden Funktionen erfülle, vollständig außerhalb dieses Bereichs befinde.
79Dieser Auslegung zu beiden Merkmalen stehe nicht entgegen, dass die Ausführungsbeispiele nicht mehr patentgemäß seien. Bei einem – wie hier – vorhandenen Widerspruch zwischen dem Patentanspruch und der Beschreibung gebühre dem Patentanspruch der Vorrang. Abgesehen davon werde nicht nur bei einer an den Ausführungsbeispielen orientierten Interpretation der technische Erfolg erzielt, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden solle. Vielmehr gelange der Fachmann unter Berücksichtigung des gesamten Anspruchswortlauts und der Figuren 2 und 4 ohne erfinderische Tätigkeit zu dem Ergebnis, dass das erste Ende zur Führung des Innendrahts konfiguriert werden könne. Der Innendraht ließe sich etwa mit Hilfe einer dort angeformten Führungsrille über das erste Ende führen, indem das erste Ende soweit verlängert werde, dass es in den räumlichen Bereich des Innendrahtfixierteils hineinrage, und der Derailleurmontageabschnitt ggf. etwas höher gesetzt werde, um ein Anstoßen zu vermeiden. Verkürze man dementsprechend den schmetterlingsförmigen Teil mit der Führungsstruktur so, dass er nur noch bis zum oder kurz unter das erste Ende reiche, dann liege der Innendrahtfixierpart im Wesentlichen zwischen den beiden Enden der inneren Kopplung und das erste Ende führe den Innendraht. Es gebe daher keinen Grund, den Patentanspruch anhand eines Ausführungsbeispiels gegen seinen Wortsinn auszulegen. Bei der hier vertretenen Auslegung werde außerdem die Aufgabe des Klagepatents gelöst, einen Vorderderailleur zu schaffen, der sowohl in einer Top- als auch in einer Bottom-Zug-Anordnung nutzbar sei.
80Die angegriffenen Ausführungsformen benutzten das Klagepatent ferner nicht mit äquivalenten Mitteln. Da die dem Innendrahtfixierpart zugewiesene Führungsfunktion wesentlich sei, fehle es jedenfalls an der Gleichwertigkeit, wenn – wie hier – die Führungsstruktur vollständig außerhalb der beiden Enden der inneren Kopplung angeordnet werde.
81Das Klagepatent sei ferner nicht rechtsbeständig. Es liege insbesondere eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs vor, da beim erteilten Patent zwingend eine Führung durch den Innendrahtfixierpart vorgesehen gewesen sei, während das Klagepatent nicht darauf beschränkt sei und Interpretationsspielraum lasse. Nach dem offen formulierten Anspruchswortlaut könnte jedes Element der inneren Kopplung zur Führung dienen. Infolgedessen würden Ausführungsformen, bei denen etwa das erste Ende der inneren Kopplung den Innendraht führe, vom Patentanspruch erfasst, die vorher nicht darunter fielen.
82Die Beklagten beantragen,
83das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 07.08.2014, Az. 4a O 39/13, abzuändern und die Klage abzuweisen;
84hilfsweise den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren auszusetzen.
85Die Klägerin beantragt,
86die Berufung zurückzuweisen.
87Sie nimmt auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag nebst Beweisantritten Bezug und führt ergänzend an: Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Führung des Innendrahts durch den Innendrahtfixierpart – und nicht durch das erste Ende – erfolge. Die technische Anweisung „and configured to guide an inner wire“ beziehe sich eindeutig auf den Innendrahtfixierpart als Subjekt, da der vorangestellte, mit Kommata eingeschlossene Satzteil grammatikalisch nur ein erläuternder Einschub zum „first end“ darstelle. Zumindest sei der Anspruchswortlaut mehrdeutig und damit auslegungsbedürftig. Diese Auslegung ergebe aufgrund des eindeutigen Inhalts von allgemeiner Beschreibung und sämtlichen Ausführungsbeispielen der Klagepatentschrift, dass der Innendrahtfixierpart die Führungsfunktion besitze. Aus dem weiteren Merkmal, wonach der Innendrahtfixierpart zwischen dem ersten und dem zweiten Ende angeordnet sei, folge im Gesamtgefüge des Anspruchs ebenfalls nicht, dass das erste Ende zur Führung des Innendrahts konfiguriert sein müsse, weil dieses Merkmal nicht bestimme, in welchem Bereich die Führung zu erfolgen habe, und dies für die dort relevante Hebelwirkung auch nicht von Bedeutung sei. Des Weiteren erkenne der Fachmann, dass eine Führung des Innendrahts durch das erste Ende technisch nicht sinnvoll möglich sei. Eine Verlängerung des ersten Endes bis zur Innendrahtführung sei bei der im Klagepatent gezeigten Konstruktion ausgeschlossen, weil das erste Ende durch den Derailleurmontageabschnitt verdeckt werde. Ferner müsste der Low- Einstellmechanismus anders konstruiert und verlegt werden, was der Aufgabe der Erfindung entgegenstünde, eine möglichst kompakte Anordnung mit einem relativ leicht zugänglichen und zu justierenden Top-/Bottom-Einstellmechanismus bereitzustellen. Die von der Beklagten vorgenommene Modifikation der Figur 2 zeige ebenfalls keine Führung durch das erste Ende, sondern das den Innendraht führende Teil sei räumlich davor angesetzt. Es sei nicht am ersten Ende schwenkbar an das Basisteil um eine erste Innenkopplungsachse gekoppelt, sondern unterhalb davon zwischen dem ersten Ende und dem zweiten Ende mit dem Verbindungspart der inneren Kopplung verbunden.
88Beim weiteren Merkmal betreffend die räumliche Anordnung des Innendrahtfixierparts komme es nicht auf die Positionierung der Führungsfläche, sondern der Drahtbefestigung zwischen dem ersten und dem zweiten Ende an. Beschreibung und Ausführungsbeispiel bestätigten diese Interpretation des offen formulierten Anspruchswortlauts, da sich der Innendrahtfixierpart in keinem der Ausführungsbeispiele vollständig zwischen dem ersten und zweiten Ende befindet. Zudem gehe es dem Klagepatent in Abgrenzung zum Stand der Technik bei der gebotenen funktionsorientierten Betrachtung darum, wo der Innendraht befestigt werde. Die Positionierung der Drahtanbringung sei technisch für die Kraftübertragung relevant, um bei kompakter Bauform sowohl für die Top- als auch für die Bottom-Zug-Anordnung einen gleichermaßen vorteilhaften Hebel zu haben. Dabei erkenne der Fachmann, dass der Gegenstand des Klagepatentanspruchs nur eine vorteilhafte Positionierung in vertikaler Hinsicht verlange, weshalb es ausreiche, wenn sich die Drahtanbringungsstruktur zwischen gedachten, orthogonal zur Längsachse (L) durch erste und zweite Innenkopplungsachse A und C verlaufende Linien befinde. Hilfsweise mache sie weiterhin eine äquivalente Patentverletzung geltend.
89Der Rechtsstreit sei nicht auszusetzen, da es keine Zweifel am Rechtsbestand des Klagepatents gebe. Insbesondere sei der Schutzbereich nicht unzulässig erweitert, da sich bei zutreffender Auslegung nichts daran geändert habe, dass nur der Innendrahtfixierpart den Innendraht führe.
90B.
91Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
92I.
93Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach sowie – gegen die Beklagten zu 2) und 3) – auf Rückruf gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, §§ 9 S. 2 Nr. 1, 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB, weil sämtliche angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen.
941.
95Das Klagepatent betrifft einen Top/Bottom-Zug-Fahrradvorderderailleur (Umwerfer) mit einem Schwenkmechanismus, der die Top- und Low-Position einer Kettenführung in Bezug auf den Fahrradrahmen einstellt.
96Die Klagepatentschrift führt in Absatz [0003] zum Stand der Technik aus, dass bekannte Vorderderailleure typischerweise ein Basiselement, das unbeweglich am Sitzrohr des Fahrradrahmens oder an der Tretlageraufnahme befestigt ist, ein relativ zum Basiselement bewegliches unterstützendes Element und eine Kettenführung aufweisen. Das bewegliche Element ist demzufolge regelmäßig als ein Paar von Schwenkverbindungen ausgestaltet, die eine Viergelenkverbindung mit dem Basiselement und mit der Kettenführung bilden. Die Kettenführung weist einen Kettenkäfig mit einem Paar von Käfigplatten auf, um eine Kette zu kontaktieren und diese zwischen den Kettenrädern des Fahrradantriebs zu bewegen. Gewöhnlich ist die Kettenführung in einer vorgegebenen Richtung relativ zu dem Basiselement durch eine Feder vorgespannt und sie wird seitlich relativ zu dem Basiselement bewegt, indem ein zwischen einem Schalter und dem Vorderderailleur gekoppeltes Schaltersteuerkabel gezogen und/oder gelöst wird. Das Steuerkabel ist häufig mit einer der Schwenkverbindungen gekoppelt, um daran ein Drehmoment anzubringen und so die Kettenführung zwischen einer ausgefahrenen und einer eingefahrenen Position zu bewegen.
97Des Weiteren sind laut Absatz [0004] Klagepatentschrift bereits Vorderderailleure entwickelt worden, die sowohl als Top-Zug- als auch als Bottom-Zug-Vorderderailleur benutzt werden können. Dort sei ein Top/Low-Einstellmechanismus typischerweise an der Kettenführung und damit an einem beweglichen Element befestigt, während der Einstellmechanismus bei traditionellen Einzelzugrichtungsderailleurs sowohl an der Kettenführung als auch an der Verbindungseinheit oder am Basiselement befestigt sein könne. Die Klagepatentschrift kritisiert an diesen vorbekannten Vorderumwerfern, dass es schwierig und bei einigen Anordnungen sogar nur mit besonderem Werkzeug möglich sein könne, den Einstellmechanismus zu betätigen, insbesondere wenn dieser an einem bestimmten Rahmen befestigt ist. Zudem seien einige dieser Umwerfer möglicherweise für bestimmte Fahrräder aufgrund des Rahmentyps etc. nicht nutzbar.
98Nach der weiteren Darstellung in Absatz [0005] der Klagepatentschrift zeige die US 2004/0185AAE A1 einen Vorderderailleur gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1, bei dem die Kettenführung mittels eines Basiselements an dem Halter befestigt und mittels Verbindungselementen und Stift an das Basiselement gekoppelt sei. Im Gegensatz zur Erfindung offenbare sie, dass das Schaltkabel unbeweglich an ein freies distales Ende des schwenkbaren Verbindungselementes angebracht sei und nicht zwischen dessen erstem und zweitem Ende, wobei das erste Ende schwenkbar an den Halter gekoppelt sei und das zweite Ende schwenkbar an die Kettenführung. Ein weiterer Fahrradvorderderailleur mit einem stationären und einem beweglichen Element sei aus der Patentanmeldung US 4,279,AAF bekannt. Das bewegliche Element sei schwenkbar mittels eines ersten und eines zweiten Verbindungsarms an das stationäre Element gekoppelt. Zusätzlich weise diese Vorrichtung ein weiteres Verbindungselement auf, das schwenkbar mittels eines Stifts und eines freien distalen Endes an das stationäre Element gekoppelt sei. Bei dieser Druckschrift sei ähnlich wie bei der US 2004/0185AAE A1 das innere Schaltkabel unbeweglich an das zweite freie distale Ende des Verbindungselementes gekoppelt und nicht zwischen entsprechenden Schwenkstiften des ersten oder zweiten Verbindungsarmes. Zuletzt offenbare die US 5,816,AAG einen Vorderderailleur, der einen Innendrahtfixierpart mit einem Befestigungspunkt und eine Drahtführungsfläche aufweise, die an einem Endabschnitt einer schwenkbar an einen Halter gekoppelten Verbindung angebracht sei.
99An diesen vorbekannten Vorrichtungen kritisiert die Klagepatentschrift allgemein, dass Bedarf an einem verbesserten Top/Bottom-Zug-Fahrradvorderderailleur bestehe (Absatz [0006]). Davon ausgehend formuliert sie die Aufgabe, einen Fahrradvorderderailleur bereitzustellen, der sowohl in einer Top- als auch in einer Bottom-Zug-Kabelanordnung benutzt werden kann (Absatz [0008]) und der über einen Top/Bottom-Einstellmechanismus verfügt, der zum Einen relativ leicht zugänglich und leicht ohne besonderes Werkzeug justierbar ist, selbst wenn dieser an einer umfassenden Vielzahl von Fahrradkonstruktionen befestigt wird (Absatz [0009]), und der zum Anderen relativ einfach und kostengünstig herstellbar sowie zu montieren ist (Absatz [0010]).
100Zur Lösung dieses technischen Problems schlägt Anspruch 1 des Klagepatents in der beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung einen vorderen Umwerfer für ein Fahrrad mit den folgenden Merkmalen vor:
1011. Top/Bottom-Zug-Fahrradvorderderailleur (12), der umfasst
102a) ein Basisteil (20),
103b) eine innere Kopplung (22),
104c) eine äußere Kopplung (24),
105d) eine Kettenführung (26) und
106e) einen Top/Low-Einstellmechanismus (28).
1072. Das Basisteil (20) ist konfiguriert, um an einen Abschnitt eines Fahrradrahmens (11) gekoppelt zu werden.
1083. Die innere Kopplung (22) weist auf
1093.1 ein erstes Ende (54), das schwenkbar gekoppelt ist an das Basisteil (20) um eine erste lnnenkopplungsachse (A),
1103.2 ein zweites Ende (56) und
1113.3 ein Innendrahtfixierpart (52),
1123.3.1 der konfiguriert ist, um einen Innendraht (16) zu führen, um wahlweise geführt zu werden in einer Top-Zug-Anordnung oder einer Bottom-Zug-Anordnung und
1133.3.2 der zwischen dem ersten Ende (54) und dem zweiten Ende (56) angeordnet ist.
1144. Die äußere Kopplung (24) weist auf
1154.1 ein erstes Ende (70), das schwenkbar gekoppelt ist an das Basisteil (20) um eine erste Außenkopplungsachse (B) und
1164.2 ein zweites Ende (72).
1175. Die Kettenführung (26),
1185.1 ist schwenkbar gekoppelt an das zweite Ende (56) der inneren Kopplung (22) um eine zweite lnnenkopplungsachse (C) und
1195.2 schwenkbar gekoppelt an das zweite Ende (72) der äußeren Kopplung (24) um eine zweite Außenkopplungsachse (D),
1205.3 so dass die Kettenführung (26) konfiguriert ist zur Bewegung zwischen einer eingefahrenen Position und einer ausgefahrenen Position relativ zu dem Basisteil (20).
1216. Der Top/Low-Einstellmechanismus (28),
1226.1 ist gekoppelt an das Basisteil (20) und umfasst
1236.2 einen Top-Positionseinstellbolzen (28c)
1246.2.1 mit einer Top-Längsbolzenachse (Y), angeordnet bei einem Winkel größer als null Grad bezüglich einer Ebene (P) des Fahrradrahmens (11) und
1256.2.2 konfiguriert zur wahlweisen Kontaktierung der inneren Kopplung (22), um wahlweise die ausgefahrene Position der Kettenführung (26) bezüglich dem Basisteil (20) einzustellen, und
1266.3 einen Low-Positionseinstellbolzen (28b)
1276.3.1 mit einer Low-Längsbolzenachse (X), angeordnet bei einem Winkel größer als null Grad bezüglich der Ebene (P) des Fahrradrahmens (11) und
1286.3.2 konfiguriert zur wahlweisen Kontaktierung der inneren Kopplung (22), um wahlweise die eingefahrene Position der Kettenführung (26) bezüglich dem Basisteil (20) einzustellen.
1296.4 Die Top-Längsbolzenachse (Y) und die Low-Längsbolzenachse (X) sind jeweils an zwei gegenüberstehenden Seiten der ersten Innenkopplungsachse (A) und der ersten Außenkopplungsachse (B) angeordnet.
1302.
131Das Landgericht hat zutreffend und mit überzeugender Begründung eine Verletzung des Klagepatents bejaht. Alle angegriffenen Ausführungsformen benutzen das Klagepatent, weil sie sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs erfüllen, insbesondere auch die zwischen den Parteien allein streitigen Merkmale 3.3.1 und 3.3.2.
132a)
133Sämtliche angegriffene Ausführungsformen verwirklichen das Merkmal 3.3.1, wonach der Innendrahtfixierpart konfiguriert ist, um einen Innendraht zu führen, um wahlweise geführt zu werden in einer Top-Zug-Anordnung oder einer Bottom-Zug-Anordnung, wortsinngemäß.
134aa)
135Der Satzteil „and configured to guide an inner wire (16) to be selectively guided in one of a top pull arrangement and a bottom pull arrangement“ ist nach seinem technischen Wortsinn so zu verstehen, dass der Innendrahtfixierpart und nicht das erste Ende der inneren Kopplung den Innendraht führt. Der Innendrahtfixierpart hat damit neben der sich schon aus seiner Bezeichnung („fixing“, „…fixier…“) ergebenden – und zwischen den Parteien unstreitigen – Befestigungsfunktion auch Führungsfunktion für den Innendraht.
136Wie das Landgericht bereits richtig festgestellt hat, ist gemäß Art. 69 Abs. 1, 70 Abs. 1 EPÜ für die Auslegung der Anspruchswortlaut in englischer Verfahrenssprache in der beschränkten Fassung maßgebend, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen wird.
137Dieser Anspruchswortlaut könnte zwar für sich betrachtet für eine technische Lehre des Klagepatents sprechen, wonach das erste Ende der inneren Kupplung den Innendraht führt. Selbst wenn man in diesem Sinne davon ausgeht, dass sich der in Rede stehende Satzteil wegen des voranstehenden Halbsatzes „the first end (54) being pivotally coupled to the base member (20) about a first inner link axis (A)“ auf das erste Ende bezieht, so wird der Durchschnittsfachmann, bei dem es sich um einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit (Fach-) Hochschulabschluss und mit profunden Kenntnissen über Antriebstechnik und Maschinenelemente sowie mehrjähriger praktischer Berufserfahrung in der Entwicklung und Herstellung von Fahrradschaltungen handelt, bei dieser rein sprachlich-grammatikalischen Auslegung nicht stehenbleiben, sondern sich gleichwohl fragen, ob nach dem gesamten Inhalt der Klagepatentschrift und bei der gebotenen funktionsorientierten Auslegung das erste Ende der inneren Kopplung das patentgemäße Element mit Führungsfunktion ist.
138Eine Auslegung des Patentanspruchs hat immer zu erfolgen und darf selbst dann nicht unterbleiben, wenn der Wortlaut des Anspruchs eindeutig zu sein scheint (BGH, GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I, BGH, GRUR 2012, 1124 – Polymerschaum; BGH, Urteil vom 12.05.2015, X ZR 43/13 – Rotorelemente). Sie ist schon deshalb geboten, weil Patentschriften im Hinblick auf die dort verwendeten Begriffe ihr eigenes Lexikon darstellen. Weichen diese vom allgemeinen Sprachgebrauch ab, kommt es letztlich nur auf den sich aus der Patentschrift ergebenden Begriffsinhalt an (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube). Deswegen kann sich aus der Beschreibung und den Zeichnungen ein Verständnis des Patentanspruchs ergeben, das von demjenigen abweicht, welches der bloße Wortlaut des Anspruchs vermittelt (BGH, Urteil vom 12.05.2015, X ZR 43/13 – Rotorelemente; BGH, Urteil vom 02.06.2015, X ZR 103/13 – Kreuzgestänge; BGH, Urteil vom 07.07.2015, X ZR 64/13 – Bitratenreduktion). Diese Grundsätze sind allerdings entgegen der Ansicht der Beklagten nicht auf die Kon- stellation beschränkt, dass in der Patentschrift verwendete Begriffe vom üblichen Fachverständnis abweichen. Vielmehr gelten sie unabhängig von jedweder Unklarheit: Selbst wenn der Anspruchswortlaut (vermeintlich) eindeutig erscheint, muss unter Heranziehung der Beschreibung ausgelegt werden. Der Grund hierfür ist, dass die Beschreibung die Funktion hat, die geschützte Erfindung zu erläutern. Dabei ist die Patentschrift in einem sinnvollen Zusammenhang zu lesen und der Patentanspruch im Zweifel so zu verstehen, dass sich keine Widersprüche zu den Ausführungen in der Beschreibung und den bildlichen Darstellungen in den Zeichnungen ergeben, sondern sie als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen verstanden werden (BGH, GRUR 2009, 653 – Straßenbaumaschine; OLG Düsseldorf, Mitt 1998, 179 – Mehrpoliger Steckverbinder; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Aufl., Rn. 11; Rinken/Kühnen in: Schulte, Patentgesetz mit EPÜ, 9. Aufl., § 14 Rn. 20 m. w. N.). Nur wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen lässt und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, dürfen diejenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, nicht zur Bestimmung zur Bestimmung des Gegenstands des Patents herangezogen werden (BGH, GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung; BGH, Urteil vom 12.05.2015, X ZR 43/13 – Rotorelemente; BGH, Urteil vom 09.06.2015, X ZR 101/13 – Polymerschaum II; BGH, Urteil vom 07.07.2015, X ZR 64/13 – Bitratenreduktion).
139Davon ausgehend kommt eine Auslegung des Patentanspruchs, die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, nur in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, GRUR 2015, 159 – Zugriffsrechte; BGH, Urteil vom 12.05.2015, X ZR 43/13 – Rotorelemente). Werden in der Beschreibung mehrere Ausführungsbeispiele als erfindungsgemäß vorgestellt, sind die im Patentanspruch verwendeten Begriffe sogar im Zweifel so zu verstehen, dass sämtliche Ausführungsbeispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können (BGH, Urteil vom 02.06.2015, X ZR 103/13 – Kreuzgestänge).
140(1)
141Nach Maßgabe dieser Grundsätze dürfte hier eine Auslegung selbst dann nicht unterbleiben, wenn man annehmen würde, dass der Anspruchswortlaut vermeintlich eindeutig dem ersten Ende der inneren Kopplung die Führungsfunktion für den Innendraht zuwiese.
142Abgesehen davon ist der Anspruchswortlaut entgegen der Ansicht der Beklagten nicht eindeutig, sondern lässt – wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat – mehrere Interpretationen zu. Der Halbsatz „the first end (54) being pivotally coupled to the base member (20) about a first inner link axis (A)“ kann auch als Einschub verstanden werden, der das erste Ende abschließend charakterisiert, so dass der nachfolgende Halbsatz „and configured to guide an inner wire (16) to be selectively guided in one of a top pull arrangement and a bottom pull arrangement“ sich nicht auf das erste Ende bezieht, sondern auf die den Absatz einleitende „innere Kopplung“ oder den in der Aufzählung der Bestandteile der inneren Kopplung zuletzt genannten Innendrahtfixierpart.
143Diese Interpretation ist sprachlich-grammatikalisch deshalb möglich, weil beide Halbsätze durch ein Komma voneinander getrennt sind. Auch wenn in der englischen Sprache ein Komma vor das abschließende „and“ einer Aufzählung gesetzt werden soll (Anlage KR 7), wird es tatsächlich in der sprachlichen Praxis häufig weggelassen, wie auch an mehreren Stellen des Anspruchswortlauts geschehen, z. B. „an outer link (24) having a first end (70) and a second end (72)“; „a chain guide (26) pivotally coupled to the second end (56) … and pivotally coupled to the second end (72) …“ usw. Der Fachmann erkennt daher, dass das Komma möglicherweise dazu dient, die Beendigung eines auf das erste Ende bezogenen Einschubs zu kennzeichnen, und demzufolge der nachfolgende Halbsatz nicht mehr auf das erste Ende bezogen ist.
144Das gilt gleichermaßen für den Umstand, dass in diesem Halbsatz das Partizip „configured“ ohne Hilfsverb verwendet wird. Dies kann zwar so verstanden werden, dass sich das Partizip des Halbsatzes „being … coupled“ auch auf „configured“ im nachfolgenden Halbsatz bezieht und somit dort ebenfalls das erste Ende der inneren Kopplung beschrieben wird. Dies ist entgegen der Ansicht der Beklagten jedoch ebenfalls grammatikalisch nicht zwingend. Vielmehr ist insoweit bei der Auslegung der sprachliche Aufbau des Anspruchswortlauts zu berücksichtigen, bei dem nach dem einleitenden Satz „A top/bottom pull bicycle front derailleur (12) comprising…“ im Rahmen der Darstellung der die Vorrichtung umfassenden Teile häufig und teilweise auch in einem Satz mehrfach das Hilfsverb zum Partizip ausgelassen wird, z. B. „a base member (20) configured to…“, a chain guide (26) pivotally coupled to … and pivotally coupled to“, „a top/low adjustment mechanism (28) coupled to … including a top position adjusting bolt (28c) with a top Iongitudinal bolt axis (Y) arranged at … and configured to …”. Deswegen erachtet es der Fachmann für möglich, dass es sich bei der in Rede stehenden Formulierung „and configured to guide an inner wire (16)“ ebenso verhält, mithin nur wegen des sprachlichen Aufbaus des Anspruchswortlauts das Hilfsverb „being“ fehlt, und der Satzteil daher nicht zwingend auf den vorherigen Halbsatz Bezug nimmt, sondern sich auch auf den einleitenden Halbsatz „an inner link (22) having a first end (54), a second end (56) and an inner wire fixing part (52)“ beziehen kann.
145Eine solche Interpretation schließt er zudem deswegen nicht aus, weil sich aus dem Anspruchswortlaut selbst nicht ergibt, welches Element der inneren Kopplung nach der Lehre des Klagepatents funktional dazu geeignet und vorgesehen ist, den Innendraht zu führen, damit dieser gemäß der Zweckangabe im Anspruchswortlaut wahlweise sowohl in einer Top- als auch in einer Bottom-Zug-Anordnung geführt werden kann. Schon aus diesem Grunde wird er daher die Beschreibung in der Klagepatentschrift heranziehen, um Näheres darüber zu erfahren, wie die innere Kopplung und die Führung des Innendrahtes patentgemäß auszugestalten sind, damit dieser technische Zweck erreicht wird.
146Bei dieser Sachlage berufen sich die Beklagten ferner ohne Erfolg darauf, dass es im weiteren Anspruchstext keine Parenthesen gibt und außerdem jeder Subjektwechsel durch die ausdrückliche Benennung des neuen Subjekts eingeleitet wird. Dies sind zwar Aspekte, die für eine philologische Auslegung sprechen, dass das erste Ende den Innendraht führt. Sie vermögen indes die aus den angeführten Gründen bestehende sprachlich-grammatikalische Mehrdeutigkeit des Anspruchswortlauts nicht zu beseitigen und ändern somit nichts daran, dass der Anspruch unklar formuliert ist.
147(2)
148Es widerspricht entgegen der Auffassung der Beklagten ferner nicht dem Gesamtgefüge des Anspruchs, dem Innendrahtfixierpart die Führungsfunktion für den Innendraht zuzuweisen, insbesondere nicht Merkmal 3.3.2, wonach der Innendrahtfixierpart zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung angeordnet ist.
149Abgesehen davon, dass dieses weitere Merkmal keine Aussage über die Führung des Innendrahts und insbesondere darüber trifft, in welchem Bereich diese Führung zu erfolgen hat, trifft es nicht zu, dass der Innendrahtfixierpart bei der dort gelehrten räumlich-körperlichen Anordnung keine Führungsfunktion ausüben kann. Zu diesem Ergebnis könnte man allenfalls gelangen, wenn man mit den Beklagten davon ausginge, dass der Innendraht an einem Ende der inneren Kopplung geführt werden muss und sich der Innendrahtfixierpart nicht einmal teilweise bis zum ersten Ende erstrecken darf, sondern sich vollständig zwischen beiden Enden der inneren Kopplung zu befinden hat. Für beide Annahmen gibt es indes keinen triftigen Grund. Vor allem gibt Merkmal 3.3.2 nach seinem Wortlaut und unter Heranziehung des Inhalts der Beschreibung sowie der Ausführungsbeispiele, die allesamt einen Innendrahtfixierpart zeigen, der sich mit seiner Drahtführungsstruktur zum Teil sogar vertikal über das erste Ende hinaus erstreckt, keinen hinreichenden Anhaltspunkt für eine solch enge Auslegung (siehe dazu im Einzelnen unter b)).
150(3)
151Zu einem Verständnis von der technischen Lehre des Klagepatents, wonach – ausschließlich – der Innendrahtfixierpart die Führungsfunktion für den Innendraht ausübt, gelangt der Fachmann ohne weiteres anhand der allgemeinen Beschreibung in Absatz [0011] der Klagepatentschrift, wonach ausdrücklich „der Innendrahtfixierpart … so konfiguriert (ist), um einen Innendraht zu führen…“ (Seite 4, Zeilen 18-21 der deutschen Übersetzung). Dies untermauern die Darstellung des ersten Ausführungsbeispiels in Absatz [0046] (Seite 13, Zeilen 21-26) und die Zeichnungen zu sämtlichen Ausführungsbeispielen, die ausdrücklich beschreiben und ausschließlich zeigen, dass der Innendrahtfixierpart den Innendraht führt. Demgegenüber sind der Klagepatentschrift an keiner Stelle Hinweise dafür zu entnehmen, dass diese Führung (auch) durch das erste Ende – oder durch ein anderes Element der inneren Kopplung – erfolgen könnte. Auf die überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Urteil, denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt, wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
152Unteranspruch 5 steht dieser Auslegung nicht entgegen, sondern setzt vielmehr die Führungsfunktion des Innendrahtfixierparts voraus und lehrt eine besondere Ausgestaltung dieser Führung. Dies entnimmt der Fachmann sowohl dem Unteranspruch selbst als auch der Beschreibung des zugehörigen Ausführungsbeispiels. Nach dem Wortlaut umfasst der Innendrahtfixierpart (52) einen Innendrahtanbringpunkt (58) und eine Bottom-Zug-Drahtführungsfläche (62), mithin ein Element zur Führung des Innendrahts. Dies bestätigen die Beschreibung in Absatz [0046], wonach der Drahtfixierpart (52) im Wesentlichen eine Drahtanbringstruktur 58 und eine Führungsstruktur 60 beinhaltet (Seite 13, Zeilen 21-22), sowie die Figuren 2, 4 und 5, die jeweils eine solche Führungsstruktur als Bestandteil des Innendrahtfixierparts zeigen. Die Argumentation der Beklagten, nach Unteranspruch 5 müsse eine Drahtführung nicht durch den Innendrahtfixierpart erfolgen, weil dieser eine bloß gedachte Längsachse zum Gegenstand habe, überzeugt schon deswegen nicht, weil dies den Wortlaut dieses Unteranspruchs unzulässig verkürzt. Schließlich umfasst („includes“) danach der Innendrahtfixierpart ausdrücklich sowohl einen Innendrahtanbringpunkt als auch eine Bottom-Zug-Drahtführungsfläche, beide Elemente sind mithin Bestandteil des Innendrahtfixierparts. Enthält dieser eine Drahtführungsfläche, so führt der Innendrahtfixierpart indes zwingend den Innendraht. Soweit Unteranspruch 5 lehrt, dass beide Strukturen auf verschiedenen Seiten der Längsachse L der inneren Kupplung angeordnet sind, ändert dies somit nichts daran, dass sie zum Innendrahtfixierpart gehören. Insbesondere ist es nicht vom Schutzbereich dieses Unteranspruchs umfasst, wenn sich die Führungsstruktur bezogen auf die Längsachse L irgendwo auf der gegenüberliegenden Seite des Innendrahtanbringpunktes außerhalb des Innendrahtfixierparts befindet. Weder dem Unteranspruch 5 noch der Beschreibung ist auch nur ansatzweise ein derartiges Verständnis zu entnehmen.
153Aufgrund dieses eindeutigen Inhalts der Klagepatentschrift interpretiert der Fachmann den in Rede stehenden Halbsatz auch nicht etwa dergestalt, dass er sich bloß allgemein auf die innere Kopplung bezieht, die gemäß der Merkmalsgruppe 3 aus mehreren, dort im Einzelnen aufgeführten Elementen besteht. Vielmehr erkennt er anhand der allgemeinen Beschreibung und der Darstellung sämtlicher Ausführungsbeispiele, dass ausschließlich der Innendrahtfixierpart dasjenige Element ist, welches die Führungsfunktion übernimmt. Im Einklang damit versteht er deshalb den Anspruchswortlaut in dem Sinne, dass sich der mit „and configured to guide an inner wire“ eingeleitete Halbsatz auf das letzte Element der Aufzählung vor dem das erste Ende erläuternden Einschub bezieht, mithin auf den Innendrahtfixierpart.
154Aus diesen Gründen gelangt der Fachmann sogar unter der Annahme eines sprachlich-grammatikalisch eindeutig abweichenden Anspruchswortlauts, erst recht aber in Anbetracht der beschriebenen Unklarheiten zu dem Ergebnis, dass im Einklang mit der allgemeinen Beschreibung, Unteranspruch 5 und sämtlichen Ausführungsbeispielen anspruchsgemäß der Innendrahtfixierpart den Innendraht führt. Er wird hingegen nach dem maßgeblichen technischen Wortsinn nicht von einer Führung durch das erste Ende der inneren Kopplung ausgehen, weil eine solche Auslegung keines der gezeigten Ausführungsbeispiele erfassen und überdies sogar im offenen Widerspruch zur allgemeinen Beschreibung der Klagepatentschrift stehen würde, ohne dass sich aus dem Klagepatentanspruch Anhaltspunkte dafür ergeben, dass etwas beansprucht wird, dass so weit von der Beschreibung abweicht.
155(4)
156Dieses Verständnis von der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs bestätigt die gebotene funktionsorientierte Auslegung.
157Wie sich aus der ausdrücklichen Funktionsangabe im Merkmal 3.3.1 ergibt, dient die Konfiguration des Führungselements dazu, den Innendraht wahlweise in einer Top-Zug-Anordnung oder einer Bottom-Zug-Anordnung zu führen. Daraus entnimmt der Fachmann, dass die Ausgestaltung der Führung des Innendrahts zur Lösung des technischen Problems beiträgt, einen verbesserten Fahrradvorderderailleur bereitzustellen, bei dem sich der Innendraht gleichermaßen führen lässt, unabhängig davon ob er von oben oder von unten an den Derailleur herangeführt wird. Dies legt ihm ebenfalls nahe, dass der Innendrahtfixierpart aufgrund seiner räumlich-körperlichen Lage diese Funktion übernimmt, weil er gemäß dem weiteren Merkmal 3.3.2 zwischen den beiden Enden der inneren Kopplung angeordnet ist. Es ist patentgemäß diese „mittige“ Position des Innendrahtfixierparts in der inneren Kopplung, die es ermöglicht, den Innendraht ebenso gut in einer Top- wie in einer Bottom-Zug-Anordnung des Vorderderailleurs zu führen.
158Diese Auslegung wird durch die Erläuterungen der Klagepatentschrift zum Stand der Technik in Absatz [0006] untermauert. Dort wird erläutert, aus der Patentschrift US 5,816,AAG sei ein Vorderderailleur vorbekannt, bei dem sich die Drahtführungsfläche an einem Endabschnitt einer schwenkbaren Verbindung befinde, die schwenkbar an einen Halter gekoppelt sei (Seite 3, Zeilen 15-18). Die nachfolgend eingeblendete Figur 1 aus dieser Druckschrift zeigt dementsprechend, dass ein inneres Schaltkabel 80 („wire“) nicht durch einen Innendrahtfixierpart 11 („fixing part“), sondern durch einen Endabschnitt einer schwenkbaren Verbindung 70 („operating cam“) geführt wird:
159Der Fachmann versteht die Abgrenzung des Klagepatents vom Stand der Technik daher so, dass ein verbesserter, sowohl in Top- als auch Bottom-Zugrichtung nutzbarer Fahrradvorderderailleur die Drahtführung nicht – wie in der US 5,816,AAG gezeigt – an einem Endabschnitt einer schwenkbaren Verbindung vorsieht, weil sie dann nicht von beiden Seiten aus gleichermaßen leicht zugänglich und für eine Zugführung von oben und von unten geeignet ist. Deswegen weist das Klagepatent die Führungsfunktion bewusst dem mittig angeordneten Innendrahtfixierpart zu und ist der Innendraht gerade nicht an einem Ende der inneren Kopplung angeordnet.
160(5)
161Der Fachmann wird sich aus diesen Gründen überhaupt nicht fragen, ob und wie er zu einer von den Ausführungsbeispielen abweichenden Ausgestaltung gelangen könnte, bei der statt des Innendrahtfixierparts das erste Ende der inneren Kopplung Führungsfunktion besitzt.
162Einer solchen Betrachtung steht – wie oben ausgeführt – bereits der Umstand entgegen, dass der gesamte Inhalt der Klagepatentschrift keinerlei Anhaltspunkte oder Hinweise dafür liefert, dass und auf welche Weise die Vorrichtung dergestalt technisch sinnvoll verändert werden könnte. Daher kommt es nicht darauf an, ob es auf Grundlage der Klagepatentschrift ohne erfinderische Tätigkeit möglich wäre, die Anordnung so zu modifizieren, dass das erste Ende den Innendraht führt, und ob den Beklagten dies mit der modifizierten Figur 2 der Klagepatentschrift gelungen ist oder nicht.
163(6)
164Zuletzt können sich die Beklagten nicht mit Erfolg darauf berufen, der Fachmann erkenne anhand der B3-Schrift, dass eine Beschränkung des Patentanspruchs erfolgt sei und somit möglicherweise nicht sämtliche Ausführungsbeispiele unter den Patentanspruch fallen.
165Dagegen spricht bereits, dass ein Antrag auf Beschränkung des Patents nach der Regel 92 Abs. 2 lit. d) der Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen 2000 nicht nur eine vollständige Fassung der geänderten Patentansprüche, sondern gegebenenfalls auch der Beschreibung und der Zeichnungen in der geänderten Fassung enthalten muss. Daher darf grundsätzlich angenommen werden, dass die allgemeine Beschreibung und die Darstellung der Ausführungsbeispiele an den beschränkt aufrechterhaltenen Patentanspruch angepasst worden und daher patentgemäß sind, zumal der Klagepatentschrift nichts Abweichendes – etwa ein Hinweis auf eine nicht erfindungsgemäße Ausgestaltung – zu entnehmen ist. Selbst wenn in der Praxis häufig nicht entsprechend der genannten Regel verfahren wird, so ist der Rückschluss der Beklagten zumindest nicht zwingend. Das gilt umso mehr, als nach der Auslegung der Beklagten nicht etwa nur einzelne Ausführungsbeispiele nicht mehr patentgemäß wären, sondern sowohl die allgemeine Beschreibung als auch sämtliche Ausführungsbeispiele im Widerspruch zum Patentanspruch stünden. Eine solche Auslegung ist jedoch – wie bereits ausgeführt – möglichst zu vermeiden.
166(7)
167Es besteht überdies kein Grund, auf das Beschränkungsverfahren zurückzugreifen und daraus Rückschlüsse für die Interpretation des Klagepatentanspruchs zu ziehen.
168Es ist anerkannt, dass der Inhalt der Ursprungsunterlagen oder der Veröffentlichung der Anmeldung bei der Auslegung grundsätzlich außer Betracht bleibt, weil Art. 69 Abs. 1 EPÜ sowohl für die Schutzbereichsbestimmung als auch für die Auslegung des Patentanspruchs ausschließlich an die Patentansprüche, die Beschreibung und die Zeichnungen anknüpft. Vorgänge im Erteilungs- und Einspruchsverfahren, die in der Patentschrift oder in der geänderten Patentschrift keinen Niederschlag gefunden haben, dürfen daher schon im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit regelmäßig nicht berücksichtigt werden (BGH, GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil m. w. N.). Weder darf der Patentanspruch – zur Vermeidung einer unzulässigen Erweiterung – nach Maßgabe des ursprünglich Offenbarten ausgelegt werden (BGH, GRUR 2012, 1124 - Polymerschaum I), noch darf umgekehrt sein Sinngehalt dadurch ermittelt werden, dass dem Wortlaut des Patentanspruchs abweichende Formulierungen der Anmeldung gegenübergestellt werden. Allenfalls wenn zweifelhaft bleibt, ob sich Patentanspruch und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung setzen lassen, darf die „Anspruchsgeschichte" eventuell zur weiteren Klärung der Frage herangezogen werden, ob mit dem Anspruch ein Gegenstand unter Schutz gestellt worden ist, der von dem in der Beschreibung offenbarten abweicht oder hinter diesem zurückbleibt (BGH, GRUR 2011, 701 - Okklusionsvorrichtung; BGH, GRUR 2012, 1124 - Polymerschaum I; BGH, Urteil vom 12.05.2015, X ZR 43/13 - Rotorelemente).
169Diese Grundsätze gelten – wie bereits das Landgericht richtig festgestellt hat – gleichermaßen für die Beschränkung eines ursprünglich erteilten Patents. Da Vorgänge im Beschränkungsverfahren ebenso wenig zum Auslegungsmaterial nach Art. 69 Abs. 1 EPÜ gehören und im Falle ihrer Berücksichtigung die Rechtssicherheit Dritter beeinträchtigt werden kann, dürfen auch sie allenfalls hinzugezogen werden, wenn zwischen Patentanspruch und Beschreibung anders nicht aufklärbare Widersprüche oder Zweifel bei der Auslegung verbleiben.
170Einer Entscheidung darüber, ob in einer solchen Konstellation ausnahmsweise Vorgänge aus dem Beschränkungsverfahren Berücksichtigung finden können, bedarf es im vorliegenden Rechtsstreit nicht, da Zweifel an der Auslegung nicht bestehen. Vielmehr ist der für sich betrachtet mehrere Interpretationen zulassende Anspruchswortlaut anhand der allgemeinen Beschreibung und der Darstellung sämtlicher Ausführungsbeispiele samt Zeichnungen eindeutig und ohne Zweifel so auszulegen, dass ausschließlich der Innendrahtfixierpart – und nicht das erste Ende der inneren Kopplung – den Innendraht führt. Ein Rückgriff auf das Beschränkungsverfahren kommt zumindest bei dieser Sachlage nicht in Betracht.
171(8)
172Ferner ist es – was die Beklagte mit der Berufung nicht mehr angreift – für die Auslegung unbeachtlich, dass nach „inner wire“ (Innendraht) der weitere Satzteil „of a shift control cable … coupled to the inner link (22)” (eines Schaltsteuerkabels, gekoppelt an die innere Kopplung (22)) fehlt.
173Zum Einen ist es für den Fachmann selbstverständlich, dass es sich bei einer Fahrradgangschaltung nur um den Innendraht des Schaltkabels handeln kann, zumal in der Klagepatentschrift ausschließlich ein solcher Innendraht erwähnt wird. Außerdem wird in den Absätzen [0047] (Seite 14, Zeilen 9-10) und [0048] (Seite 14, Zeilen 27-28) sogar ausdrücklich das „Schaltsteuerkabel 16“ mit dem „Innendraht des Schaltsteuerkabels 16“ gleichgesetzt.
174Zum Anderen ergibt sich auch ohne den weggefallenen Satzteil nach dem technischen Wortsinn, dass – wie die Beschreibung in Absatz [0032] (Seite 8, Zeilen 21-23) bestätigt – „das Steuerkabel … 16 … an die innere Kopplung 22 des Vorderderailleurs gemäß der vorliegenden Erfindung gekoppelt“ ist. Dies entnimmt der Fachmann ohne weiteres daraus, dass der Innendraht am Innendrahtfixierpart befestigt wird und er auf diesem Wege mit der inneren Kopplung als Bestandteil der beweglichen Viergelenkverbindung des Vorderderailleurs verbunden ist.
175bb)
176Nach Maßgabe dieser Auslegung ist Merkmal 3.3.1 erfüllt, da bei allen angegriffenen Ausführungsformen unstreitig der schmetterlingsförmige Teil, der den Innendrahtfixierpart im Sinne des Klagepatents darstellt, den Innendraht führt.
177b)
178Das Landgericht hat des Weiteren zutreffend eine Verwirklichung des Merkmals 3.3.2 bejaht, wonach der Innendrahtfixierpart zwischen dem ersten Ende und dem zweiten Ende angeordnet ist, wobei zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die überzeugende Begründung im angefochtenen Urteil Bezug genommen wird.
179aa)
180Das Klagepatent versteht dieses Merkmal nicht so, dass sich der Innendrahtfixierpart vollständig zwischen dem ersten Ende und dem zweiten Ende der inneren Kopplung befinden muss. Vielmehr genügt es, wenn die Befestigung des Innendrahtfixierparts an der inneren Kopplung (im Übrigen) und die Struktur zur Anbringung des Innendrahts am Innendrahtfixierpart zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung positioniert sind, wobei dieser patentgemäße Bereich gebildet wird durch gedachte, orthogonal zur Verbindungslinie zwischen beiden Enden durch die erste Innenkopplungsachse A und die zweite Innenkopplungsachse C (nicht – wie im angefochtenen Urteil – die Außenkopplungsachsen) verlaufende Linien. Denn auf diese Weise erfüllt die räumlich-körperliche Anordnung des Innendrahtfixierparts ihren technischen Zweck, durch eine günstige Hebelwirkung sowohl eine Verschwenkung des Derailleurs bei einer Top- als auch bei einer Bottom-Zug-Anordnung des Innendrahts zu gewährleisten. Die Führungsstruktur des Innendrahtfixierparts kann hingegen außerhalb dieses Bereichs liegen.
181Die Berufungsangriffe der Beklagten gegen diese Auslegung verfangen nicht.
182(1)
183Entgegen ihrer Ansicht ergibt sich zunächst weder aus dem Anspruchswortlaut noch aus der Klagepatentschrift im Übrigen, dass der Innendrahtfixierpart vollständig zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung liegen muss.
184Den Beklagten ist zwar darin Recht zu geben, dass dieses Merkmal die räumlich-körperliche Ausgestaltung des Innendrahtfixierparts definiert. Bei der Auslegung eines räumlich-körperlich definierten Merkmals darf die gebotene funktionale Betrachtung nicht dazu führen, dass ihr Inhalt auf die bloße Funktion reduziert und das Merkmal in einem Sinne interpretiert wird, der mit der räumlich-körperlichen Ausgestaltung, wie sie dem Merkmal eigen ist, nicht mehr im Einklang steht (Meier-Beck, GRUR 2003, 905).
185Dazu bedarf es allerdings zuvor in einem ersten Schritt der Auslegung, wie die räumlich-körperliche Beschaffenheit überhaupt zu verstehen ist. Diese Auslegung führt hier zu dem Ergebnis, dass Merkmal 3.3.2 nicht vorgibt, in welchem Umfang sich der Innendrahtfixierpart zwischen beiden Enden der inneren Kopplung befinden muss. Vielmehr beschränkt es sich darauf, generell eine Anordnung des Innendrahtfixierparts zwischen dem ersten und dem zweiten Ende zu lehren, ohne konkret festzulegen, wie diese Anordnung im Einzelnen zu erfolgen hat. Mangels Einschränkung im Anspruch mag zwar – vor allem bei einer rein philologischen Betrachtung – in Betracht kommen, dass sich der Innendrahtfixierpart vollständig in diesem Bereich befindet. Indes schließt der Wortlaut ein Verständnis von der technischen Lehre des Klagepatents nicht aus, die auch Ausgestaltungen vom Schutzbereich umfasst, bei denen der Innendrahtfixierpart teilweise über das erste und/oder das zweite Ende hinausragt.
186Insbesondere lässt sich dieses Merkmal so lesen, dass der Innendrahtfixierpart zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung „angeordnet“ ist, wenn er dort befestigt wird. Es ist durchaus mit dem allgemeinen Sprachverständnis vereinbar, dass ein Element, das in einem bestimmten Bereich einer Vorrichtung „befestigt“ ist, dort „angeordnet“ ist. Deswegen kann keine Rede davon sein, dass diese Auslegung im Widerspruch zur räumlich-körperlichen Vorgabe der Anordnung des Innendrahtfixierparts zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung steht.
187(2)
188Zum eingangs dargelegten Verständnis von der technischen Lehre des Klagepatents gelangt der Fachmann anhand der gebotenen funktionsorientierten Auslegung, die er durch die Darstellung der Ausführungsbeispiele in der Klagepatentschrift bestätigt sieht.
189Wie das Landgericht überzeugend ausgeführt hat, entnimmt er der allgemeinen Beschreibung in Absatz [0011] und der Darstellung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels in Absatz [0046] sowie den zugehörigen Figuren 4 und 5, dass der Innendrahtfixierpart, um den Innendraht funktionsgemäß führen zu können, als flächiges Element ausgestaltet ist. Bereits dieser Umstand zeigt, dass eine Auslegung, wonach sich der Innendrahtfixierpart vollständig im Sinne von „dreidimensional in allen Richtungen“ zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung befindet, fern liegt. Dies bestätigen die Figuren 4 und 5 des ersten Ausführungsbeispiels, die – ebenso wie die Zeichnungen zu allen übrigen Ausführungsbeispielen – einen Innendrahtfixierpart zeigen, der sowohl seitlich als auch in vertikaler Richtung nach oben über das erste Ende der inneren Kopplung hinausragt.
190Da eine Auslegung, die zur Folge hätte, dass kein Ausführungsbeispiel vom Gegenstand des Klagepatents erfasst würde (siehe oben a)), möglichst zu vermeiden ist, wird der Fachmann – ohne sich damit in Widerspruch zum Anspruchswortlaut zu setzen (siehe oben (1)) – den Schutzbereich nicht auf eine vollständige Anordnung des Innendrahtfixierparts zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung beschränken, sondern sich stattdessen fragen, welcher Teil des Innendrahtfixierparts in diesem Bereich angeordnet sein muss, damit es sich im Sinne der gebotenen funktionsorientierten Auslegung um eine patentgemäße Ausgestaltung handelt. Wie vom Landgericht ausführlich dargelegt, kommt er dabei anhand der Darstellung zum Stand der Technik in den Absätzen [0005] und [0006] sowie der gezeigten Figuren 4 und 5 zu dem Ergebnis, dass dieses Merkmal den technischen Zweck hat, durch die räumlich-körperliche Anordnung des Innendrahtfixierparts eine günstige Hebelwirkung zu erzielen, die bei – gemäß der Aufgabe des Klagepatents – kompakter Ausführung eine Verschwenkung des Derailleurs sowohl bei einer Anordnung des Innendrahts von oben als auch von unten ermöglicht. Diese Hebelwirkung wird erreicht, wenn der Innendrahtfixierpart an einem geeigneten Punkt zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung am Verbindungspart befestigt ist und zudem die Elemente des Innendrahtfixierparts, die ihrerseits zur Befestigung des Innendrahtes dienen, in diesem Bereich angeordnet sind. Auf diese Weise wird nach Betätigung des Schaltsteuerkabels in geeigneter Weise sowohl bei einer Top- als auch bei einer Bottom-Zug-Anordnung die Zugkraft vom Innendraht auf den Innendrahtfixierpart und von dort auf die innere Kopplung (im Übrigen) übertragen, damit die Kettenführung wahlweise in die eingefahrene oder in die ausgefahrene Position gesteuert werden kann, und auf diese Weise ein für beide Anordnungen gleichermaßen geeigneter Hebel bereitgestellt.
191Demgegenüber ist es – was die Beklagten auch nicht in Abrede stellen – für diese Kraftübertragung und Hebelwirkung nicht erforderlich, dass sich die den Innendraht führenden Elemente des Innendrahtfixierparts vollständig zwischen dem ersten und dem zweiten Ende befinden. Dies erkennt der Fachmann ferner schon daran, dass sich diese Führungsstruktur ausweislich der Figuren 4 und 5 teilweise außerhalb dieses Bereichs befindet, die dort gezeigte Vorrichtung aber sowohl als Top- (Figur 4) als auch als Bottom-Zug-Fahrradvorderderailleur (Figur 5) funktioniert.
192(3)
193Entgegen der Ansicht der Beklagten widerspricht diese Auslegung nicht der Beschreibung, die – wie sie zutreffend anführen – zunächst in Absatz [0011] (Seite 4, Zeilen 18-21) die zwei wesentlichen Funktionen des Innendrahtfixierparts, die Drahtbefestigung und die Drahtführung, benennt und in den Absätzen [0046] bis [0048] der Klagepatentschrift anhand spezieller Ausführungsvarianten mit einer Drahtanbringungsstruktur und einer Führungsstruktur näher beschreibt.
194Denn aus der Bedeutung dieser beiden Funktionen für den Innendrahtfixierpart lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass die Strukturen, welche diese Funktionen ausüben, zwingend beide im Sinne des Merkmals 3.3.2 zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung angeordnet sein müssen. Einen technischen Grund für diese Interpretation haben die Beklagten dementsprechend nicht angeführt, sondern sie argumentieren mit dem Anspruchswortlaut. Da dieser jedoch – wie bereits dargelegt – offen formuliert ist und nicht vorgibt, ob sich der Innendrahtfixierpart vollständig oder nur teilweise in diesem Bereich befindet, lässt sich ihm auch nicht entnehmen, dass alle Elemente des Innendrahtfixierparts, die seine wesentlichen Funktionen ausüben, dort anzuordnen sind.
195Vielmehr ist aus technischer Sicht zwischen den Funktionen des Innendrahtfixierparts und dem technischen Zweck seiner räumlich-körperlichen Anordnung zu differenzieren. Allein auf diesen Zweck kommt es bei der funktionsorientierten Auslegung dieses Merkmals an. Deswegen ist nicht die Führungsfunktion des Innendrahtes von Bedeutung, sondern die beschriebene Hebelwirkung, die sowohl bei einer Top- als auch bei einer Bottom-Zug-Anordnung gleichermaßen eine Kraftübertragung vom Innendraht auf die innere Kopplung gewährleistet. Dafür ist – wie bereits dargelegt – indes „nur“ die Positionierung der Befestigung des Innendrahtfixierparts am Verbindungspart bzw. an der inneren Kopplung im Übrigen und der Anbringung des Innendrahtes am Innendrahtfixierpart jeweils zwischen dem ersten und dem zweiten Ende der inneren Kopplung maßgebend.
196(4)
197Diese Auslegung, die im Rahmen des technischen Zwecks der räumlich-körperlichen Anordnung des Innendrahtfixierparts zwischen der Drahtbefestigung und der Drahtführung unterscheidet, wird zudem bestätigt durch die Darstellung in der Klagepatentschrift zum Stand der Technik.
198Denn das Klagepatent grenzt sich in den Absätzen [0005] und [0006] der Klagepatentschrift von Vorrichtungen ab, bei denen das Schaltkabel unbeweglich an ein freies distales Ende des schwenkbaren Verbindungselementes gekoppelt ist, indem es ausführt, dass diese Ausgestaltungen im „Gegensatz zu der vorliegenden Erfindung“ stehen (Absatz [0005], Seite 2 Zeile 33 bis Seite 3 Zeile 3 und Absatz [0006], Seite 3 Zeilen 13 bis 15). Dieser Formulierung entnimmt der Fachmann gleichzeitig, dass die ihnen gegenübergestellte Anbringung des Schaltkabels zwischen einem ersten und einem zweiten Ende des schwenkbaren Verbindungselementes bezogen auf die räumlich-körperliche Anordnung der Drahtbefestigung vom Schutzbereich umfasst ist. Hingegen ist in diesem konkreten Zusammenhang von der Führung des Schaltkabels und den diesem Zweck dienenden Bestandteilen des Verbindungselementes keine Rede. Das gilt auch, soweit die Klagepatentschrift in Absatz [0006] die Anbringung der Drahtführungsfläche bei der US 5,816,AAG erläutert. Dies erlaubt zwar in Verbindung mit der Aufgabe des Klagepatents und der Beschreibung den Rückschluss, dass der Innendrahtfixierpart patentgemäß die Führungsfunktion ausübt (siehe oben unter a) aa) (4)). Der Darstellung ist hingegen keine Abgrenzung vom Stand der Technik mit dem Inhalt zu entnehmen, dass sich die Drahtführungsfläche stattdessen beim erfindungsgemäßen Fahrradvorderderailleur vollständig zwischen einem ersten und einem zweiten Ende der schwenkbaren Verbindung befinden müsste; dafür gibt es vielmehr im gewürdigten Stand der Technik keinen Anhaltspunkt.
199bb)
200Demzufolge ist das Merkmal 3.3.2 ebenfalls wortsinngemäß erfüllt. Das schmetterlingsförmige Teil, das als Innendrahtfixierpart fungiert, ist bei allen angegriffenen Ausführungsformen zwischen dem ersten und dem zweiten Ende angeordnet, da es selbst am Verbindungspart der inneren Kopplung befestigt ist und sich dort unstreitig auch die Struktur zur Anbringung des Innendrahts am Innendrahtfixierpart befindet.
2013.
202Da die Beklagten das Klagepatent rechtswidrig benutzt haben, hat die Klägerin gegen sie im zuerkannten Umfang einen Unterlassungsanspruch nach Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG i. V. m. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG.
203Gegen die weiteren vom Landgericht zugesprochenen Rechtsfolgen wendet sich die Berufung der Beklagten zu Recht ebenfalls nicht. Tatsächlich hat die Klägerin gegen die Beklagten Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Schadenersatz dem Grunde nach sowie gegen die Beklagten zu 2) und 3) auf Rückruf im zuerkannten Umfang. Die Ausführungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts, auf die der Senat vollumfänglich Bezug nimmt, lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
204II.
205Für eine Aussetzung des Rechtsstreit nach § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die beim Bundespatentgericht anhängige Nichtigkeitsklage betreffend das Klagepatent besteht auch im Berufungsverfahren kein Anlass.
206Die Aussetzung eines Patentverletzungsrechtsstreits wegen eines laufenden Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens gegen das Klagepatent ist regelmäßig nicht angezeigt. In der Berufungsinstanz kommt sie zwar unter erleichterten Voraussetzungen in Betracht, wenn – wie hier – ein erstinstanzliches Urteil zugunsten des Patentinhabers vorliegt, aus dem dieser gegen Sicherheitsleistung vollstrecken kann. Es genügt allerdings nicht, wenn die Vernichtung oder der Widerruf des Klagepatents bloß möglich ist, sondern sie muss vielmehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (BGH, GRUR 2014, 1237), etwa weil das Klagepatent im Stand der Technik neuheitsschädlich vorweggenommen oder die Erfindungshöhe so fragwürdig ist, dass sich für ihre Zuerkennung kein vernünftiges Argument finden lässt (vgl. OLG Düsseldorf, Mitt. 1997, 257 - Steinknacker; InstGE 7, 139 – Thermocycler; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Aufl., Rn. 1876).
207Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Nichtigkeitsklage ist nicht festzustellen. Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil überzeugend begründet, dass und warum hinsichtlich der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe Erweiterung des Schutzbereichs (Art. 123 Abs. 3,138 Abs. 1 lit. d) EPÜ, § 22 Abs. 1, 2. Hs, PatG), unzulässige Erweiterung (Art. 123 Abs. 2, 138 Abs. 1 lit. c) EPÜ, § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG), unzureichende Offenbarung (Art. 83, 138 Abs. 1 lit. b) EPÜ, § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) und fehlende erfinderische Tätigkeit (Art. 56, 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ, § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) nach der Sachlage im Verletzungsrechtsstreit nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, dass die Gerichte im Nichtigkeitsverfahren zur Nichtigkeit des Klagepatents gelangen werden. Den dortigen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung in vollem Umfang an, zumal die Beklagten im Berufungsverfahren keine neuen Aspekte angeführt haben, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten.
208Lediglich im Hinblick auf den Nichtigkeitsgrund nach § 22 Abs. 1., 2. Hs. PatG ist ergänzend auf Folgendes hinzuweisen: Die Beklagten machen zu Unrecht geltend, dass auf Grundlage der vom Senat geteilten Auffassung des Landgerichts nach dem Klagepatentanspruch die innere Kopplung („inner link“) den Innendraht führe, weil dieser den betreffenden Absatz einleite, und somit jedes Element der inneren Kopplung für die Führungsfunktion in Betracht komme. Zu diesem Ergebnis könnte man vielmehr nur bei einer rein philologischen Betrachtung des Anspruchswortlauts gelangen, die wegen der unter I. 2. a) erörterten Mehrdeutigkeit tatsächlich auch diese Auslegung des Klagepatents zuließe.
209Indes liegt eine Erweiterung des Schutzbereichs nur vor, wenn der Schutzbereich des geänderten Patents über den Schutzbereich des erteilten Patents hinausgeht. Dabei wird auch hier der Schutzbereich in beiden Fällen nach Art. 69 EPÜ durch den Inhalt der Ansprüche bestimmt, zu deren Auslegung Beschreibung und Zeichnungen heranzuziehen sind (Voit in: Schulte, aaO, § 22 Rn. 11, 13 und 14), so dass für die beiden miteinander zu vergleichenden Schutzbereiche jeweils die unter I. 2. a) aa) dargestellten Grundsätze zur Patentauslegung anwendbar sind. Deswegen ist der Schutzbereich nicht erweitert, wenn die Änderung gegenüber der erteilten Fassung des Anspruchs nach dem reinen Wortlaut zwar eine „Erweiterung“ darstellt, der Fachmann aber den geänderten Anspruch im Wege der Auslegung wie den erteilten Anspruch versteht (vgl. Voit in: Schulte, aaO, § 22 Rn. 17).
210So ist es hier: Bei der gebotenen Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen gelangt der Fachmann aus den unter I. 2. a) dargelegten Gründen zu dem Ergebnis, dass sich die Führungsfunktion beim Klagepatent ebenfalls ausschließlich auf den Innendrahtfixierpart bezieht. Dies stellt entgegen dem Einwand der Beklagten keine unzulässige Beschränkung des Schutzbereichs auf die gezeigten bevorzugten Ausführungsbeispiele dar, weil sich dies eindeutig schon so aus der allgemeinen Beschreibung in Absatz [0011] der Klagepatentschrift ergibt, und der Fachmann bereits aus diesem Grunde den unklaren Anspruchswortlaut in diesem Sinne versteht, wobei dieses Verständnis durch sämtliche Ausführungsbeispiele und die funktionsorientierte Auslegung bestätigt wird. Infolgedessen kann (auch) beim geänderten Patent nur der Innendrahtfixierpart den Innendraht führen, so dass sich im Vergleich zum erteilten Patent, der dies ausdrücklich im Anspruch lehrte, nichts geändert hat. Dies bedeutet gleichzeitig, dass Ausführungsformen, bei denen ein anderes Element der inneren Kopplung, etwa das erste Ende den Innendraht führt, das Patent nicht benutzen. Vielmehr verletzen nur diejenigen Ausführungsformen das Klagepatent, die ebenso bereits unter das erteilte Patent gefallen wären.
211Der Anspruchswortlaut des Klagepatents bringt dies zwar nicht mehr so deutlich zum Ausdruck wie das erteilte Patent. Dies genügt jedoch nach Maßgabe der dargestellten Auslegungsgrundsätze nicht für die Prognose, dass die Gerichte im Nichtigkeitsverfahren wahrscheinlich eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs im Sinne von § 22 Abs. 1, 2. Hs. PatG bejahen werden, zumal nach Einschätzung des Senats im vorliegenden Fall die Rechtssicherheit nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Die Klagepatentschrift weist in der allgemeinen Beschreibung und in sämtlichen Ausführungsbeispielen so eindeutig allein dem Innendrahtfixierpart die Führungsfunktion zu, dass der Fachmann vielmehr trotz des unklaren Anspruchswortlauts ohne Zweifel zu einem entsprechenden Verständnis von der Lehre des Klagepatents gelangt.
212Der Schriftsatz der Beklagten vom 6.10.2015 ist bei der Entscheidung unberücksichtigt geblieben; es gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO.
213III.
214Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
215Es besteht keine Veranlassung, gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO die Revision zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.
216IV.
217Der Streitwert wird auf 1.000.000,- Euro festgesetzt.
218X Y Z
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 29. Okt. 2015 - I-15 U 121/14
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 29. Okt. 2015 - I-15 U 121/14
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
Tenor
-
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. Januar 2013 verkündete Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts aufgehoben.
-
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Patentgericht zurückverwiesen.
-
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
-
Die Beklagte ist Inhaberin des am 20. März 2001 unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität vom 15. April 2000 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 275 192.
- 2
-
Patentanspruch 1 lautet:
-
"A machine for the manufacture of elements (8) from strip stock, the elements (8) in use being stacked to provide an assembly of stacked elements (8) for an electrical motor, each element (8) including body (10) and pole (12) portions which are integrally formed, the machine including a die assembly including a first die member (22) for providing by punching at least parts of the body portions (10) of each element and a second die member (32) for providing by punching, the pole portions (12) of each element (8), and characterised in that the body and pole die members (22, 32) are relatively moveable between successive punching operations when the body and pole portions (10, 12) of the elements (8) are provided, whereby incremental adjustment of the position of the second die member (32) relative to the first die member (22) is effected so that whilst each of the body portions (10) of the elements (8) is provided along a common centre line, the pole portion (12) of each of the successive elements (8) is incrementally offset relative to the pole portion (12) of each of the respective previous elements (8) with respect to the said common centre line of the body portion (10)."
- 3
-
Die Klägerinnen machen geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei unzulässig erweitert und nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent wie erteilt und hilfsweise mit mehreren geänderten Anspruchssätzen verteidigt.
- 4
-
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.
- 5
-
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt.
Entscheidungsgründe
- 6
-
Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht zur Prüfung der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents. Die Annahme des Patentgerichts, mit dem Streitpatent sei ein "Aliud" gegenüber der Anmeldung unter Schutz gestellt worden, hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.
- 7
-
I. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum Herstellen von Elementen aus bandförmigem Material, wobei die Elemente im Gebrauch aufeinander gestapelt werden, um eine Anordnung von gestapelten Elementen für eine elektrische Maschine zu bilden. Eine elektrische Maschine mit ausgeprägten Polen ist, wie das Patentgericht ausgeführt hat, unter dem Fachbegriff Schenkelpolmaschine bekannt. Für Käfig- und Drehstromwicklungen ist es üblich, zur Geräusch- und Oberwellendämpfung die Nuten zu schrägen. Die Einzelbleche werden gegeneinander versetzt, so dass Nuten und Leiter wendelförmig verlaufen, gegebenenfalls auch abschnittsweise mit unterschiedlicher Schrägungsrichtung, so dass sich eine als Winkel- oder Pfeilform bezeichnete Form ergibt. Auch nach dem Streitpatent sollen die Polabschnitte winkelförmig geschrägt werden, die Grundkörper hingegen unverändert bleiben, wie in (der nachfolgend mit Figur 1 wiedergegebenen) Figur 2 des Streitpatents gezeigt.
- 8
-
Dazu müssen im Stand der Technik entweder beide Teile einzeln gefertigt und beispielsweise durch Schweißen verbunden werden oder es ist für jedes Blech eine gesonderte Form zu stanzen, was eine große Zahl verschiedener Stanzwerkzeuge erfordert. Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, einen Rotor mit dem gewünschten Winkelprofil einfacher herzustellen. Erfindungsgemäß wird dies durch zwei Stanzwerkzeuge erreicht, die schrittweise (inkrementell) gegeneinander bewegt werden und so eine sukzessive Verschiebung des Polabschnitts zum Grundkörper bewirken.
- 9
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Das Patentgericht hat Patentanspruch 1 wie folgt in Merkmale gegliedert:
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1.1 Vorrichtung zum Herstellen von Elementen
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1.2 aus bandförmigem Material,
-
1.3 wobei die Elemente im Gebrauch aufeinandergestapelt werden, um eine Anordnung von gestapelten Elementen für eine elektrische Maschine zu bilden,
-
1.4 wobei jedes Element Grundkörper und Polabschnitte aufweist, die integral ausgebildet sind,
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2. wobei die Maschine eine Stanzanordnung aufweist,
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2.1 die mit einem ersten Stanzelement versehen ist, zum Bereitstellen durch Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte eines jeden Elements,
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2.2 und ein zweites Stanzelement zum Bereitstellen durch Ausstanzen der Polabschnitte eines jeden Elements, und dadurch gekennzeichnet,
-
3.1 dass die Stanzelemente für Grundkörper und Pole relativ zueinander bewegbar sind, zwischen aufeinanderfolgenden Stanzvorgängen,
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3.2 wenn die Grundkörper- und Polabschnitte der Elemente gebildet werden,
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4. wobei eine schrittweise Einstellung der Position des zweiten Stanzelements relativ zu dem ersten Stanzelement so ausgeführt wird,
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4.1 dass während jeder der Grundkörperabschnitte der Elemente entlang einer gemeinsamen Mittellinie gebildet wird,
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4.2 der Polabschnitt eines jeden der aufeinanderfolgenden Elemente schrittweise relativ zu dem Polabschnitt eines jeden entsprechenden vorangehenden Elements in Bezug auf die genannte gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts versetzt ist.
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II. Das Patentgericht hat in diesem Gegenstand eine unzulässige Erweiterung der Ursprungsoffenbarung gesehen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
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Der Anspruch stütze sich auf Anspruch 11 der Anmeldung, wobei
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- die Merkmale 1.2 bis 1.4 neu hinzugekommen seien,
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- in Merkmal 3.1 der zweite Halbsatz neu hinzugekommen sei,
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- in den Merkmalen 4 und 4.2 "schrittweise" ergänzt worden sei,
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- der auf Rotorelemente beschränkte Anspruch 11 auf Elemente verallgemeinert worden sei,
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- die Zuordnung der Grundkörperabschnitte und der Polabschnitte zu den Stanzelementen nach Merkmalen 2.1 und 2.2 vertauscht worden sei,
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- nach diesen Merkmalen zumindest Teile der Grundkörperabschnitte und die Polabschnitte (insgesamt) ausgestanzt würden, während es nach Anspruch 11 der Anmeldung umgekehrt sei,
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- aus der Mittellinie des zugehörigen Grundkörperabschnitts eine gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts geworden sei.
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Während sich die ersten drei Abweichungen von Anspruch 11 der Anmeldung aus den Ursprungsunterlagen ableiten ließen und die vierte als zulässige Verallgemeinerung angesehen werden könne, seien die weiteren Änderungen nicht mehr zulässig. Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin handele es sich nicht um einen offensichtlichen Fehler in der Formulierung des Patentanspruchs, der berichtigt werden könne. Anspruch 1 sei in sich schlüssig und lasse keine Widersprüche erkennen. Die von der Beklagten gesehenen Widersprüche zur Beschreibung und zu den Zeichnungen könnten nur im Rahmen der Auslegung berücksichtigt werden.
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Hierzu hat das Patentgericht ausgeführt, Patentanspruch 1 lasse offen, welches Stanzelement stationär und welches beweglich sei; beansprucht sei nur die Relativbewegung. In den Merkmalen 4.1 und 4.2 spreche der Anspruch von einer gemeinsamen Mittellinie als Bezugslinie für die Bewegung. In den ursprünglichen Unterlagen werde die Mittellinie auf den Grundkörperabschnitt bezogen. Werde die Mittellinie aber auf das Blechband oder die Stanzanlage bezogen, wären das erste Stanzelement und die Grundkörperabschnitte stationär und folglich die zweiten Stanzelemente und die Polabschnitte beweglich angeordnet, was ein Aliud zu der ursprünglich offenbarten und in den Figuren dargestellten Anlage darstelle. Der Argumentation der Klägerinnen folgend, die in der beanspruchten gemeinsamen Mittellinie des Grundkörperabschnitts etwas anderes sähen als in der ursprünglich offenbarten Mittellinie des zugehörigen Grundkörperabschnitts, sei als mit dem Streitpatent beansprucht eine Anlage anzusehen, bei der die Grundkörperabschnitte beim Ausstanzen auf einer nunmehr gemeinsamen Mittellinie lägen und das zugehörige Stanzwerkzeug folglich stationär sei. Dass sich die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele ausschließlich auf eine Anlage mit einem stationären Stanzwerkzeug für die Polabschnitte und einem beweglichen Stanzwerkzeug für die Grundkörperabschnitte bezögen, könne den Sinngehalt der Patentansprüche nicht in ihr Gegenteil verkehren. Eine Auslegung entgegen dem Wortlaut (im Sinne einer Auslegung entgegen dem Sinngehalt) der Patentansprüche sei nicht zulässig.
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III. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Bei zutreffender Auslegung des Patentanspruchs 1 enthält dieser nicht die vom Patentgericht angenommenen Abweichungen vom Offenbarungsgehalt der Anmeldung, und entsprechendes gilt für den Verfahrensanspruch 7.
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1. Zu Recht rügt die Berufung, dass es das Patentgericht unterlassen hat, Patentanspruch 1 zunächst unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen auszulegen, bevor es sich der Frage zuwandte, ob der Gegenstand des Streitpatents, der als das Ergebnis der Auslegung zutage tritt, in den ursprünglichen Unterlagen als die angemeldete Erfindung oder als dieser zugehörig offenbart ist.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Auslegung des Patentanspruchs stets geboten und darf auch dann nicht unterbleiben, wenn der Wortlaut des Anspruchs eindeutig zu sein scheint (s. nur BGH, Urteil vom 29. April 1986 - X ZR 28/85, BGHZ 98, 12, 18 - Formstein; Urteil vom 12. März 2002 - X ZR 168/00, BGHZ 150, 149, 153 - Schneidmesser I; Beschluss vom 17. April 2007 - X ZB 9/06, BGHZ 172, 108 - Informationsübermittlungsverfahren I; Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107, Rn. 27 - Polymerschaum I). Denn die Beschreibung des Patents kann Begriffe eigenständig definieren und insoweit ein "patenteigenes Lexikon" darstellen (BGH, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 - Spannschraube). Auch der Grundsatz, dass bei Widersprüchen zwischen Anspruch und Beschreibung der Anspruch Vorrang genießt, weil dieser und nicht die Beschreibung den geschützten Gegenstand definiert und damit auch begrenzt (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09, BGHZ 189, 330, Rn. 23 - Okklusionsvorrichtung), schließt nicht aus, dass sich aus der Beschreibung und den Zeichnungen ein Verständnis des Patentanspruchs ergibt, das von demjenigen abweicht, das der bloße Wortlaut des Anspruchs vermittelt. Funktion der Beschreibung ist es, die geschützte Erfindung zu erläutern. Im Zweifel ist daher ein Verständnis der Beschreibung und des Anspruchs geboten, das beide Teile der Patentschrift nicht in Widerspruch zueinander bringt, sondern sie als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen versteht. Nur wenn und soweit dies nicht möglich ist, ist der Schluss gerechtfertigt, dass Teile der Beschreibung zur Auslegung nicht herangezogen werden dürfen. Eine Auslegung des Patentanspruchs, die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2014 - X ZR 35/11, GRUR 2015, 159, Rn. 26 - Zugriffsrechte).
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Der Inhalt der Ursprungsunterlagen oder der Veröffentlichung der Anmeldung bleibt bei der Auslegung außer Betracht. Weder darf der Patentanspruch - zur Vermeidung einer unzulässigen Erweiterung - nach Maßgabe des ursprünglich Offenbarten ausgelegt werden (BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I), noch darf umgekehrt sein Sinngehalt dadurch ermittelt werden, dass dem Wortlaut des Patentanspruchs abweichende Formulierungen der Anmeldung gegenübergestellt werden. Allenfalls dann, wenn zweifelhaft bleibt, ob sich Patentanspruch und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung setzen lassen, darf die "Anspruchsgeschichte" zur weiteren Klärung der Frage herangezogen werden, ob mit dem Anspruch ein Gegenstand unter Schutz gestellt worden ist, der von dem in der Beschreibung offenbarten abweicht oder hinter diesem zurückbleibt (BGHZ 189, 330, Rn. 25 - Okklusionsvorrichtung; BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I).
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2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich im Streitfall, dass die Merkmale 2.1 und 2.2 abweichend vom Wortlaut des Anspruchs dahin zu lesen sind, dass mit dem ersten Stanzelement zumindest Teile der Polabschnitte eines jeden Elements und mit dem zweiten Stanzelement die Grundkörperabschnitte eines jeden Elements durch Ausstanzen bereitgestellt werden.
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a) Mit der Erfindung soll, so heißt es im allgemeinen Teil der Beschreibung, eine Möglichkeit bereitgestellt werden, auf einfache Weise Rotorelemente mit Polabschnitten (Polköpfen) herzustellen, die um unterschiedliche Abstände zu einer Mittellinie des Grundkörperabschnitts (Polschafts) versetzt sind (Abs. 12 der Beschreibung). Bevorzugt ist dabei der vom ersten Stanzelement hergestellte Teil des Polabschnitts derjenige, der allen Rotorelementen (scil. unabhängig vom Ausmaß der Versetzung von der Mittellinie) gemeinsam ist (Abs. 13), d.h. der Polabschnitt wird vom ersten Stanzelement nur teilweise ausgestanzt, während der Rest des Materials beim nachfolgenden Ausstanzen des Grundkörperabschnitts weggenommen wird.
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Dies wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnungen, von denen die nachfolgend wiedergegebene Figur 4a wie die Figuren 5a und 6a Ansichten einer erfindungsgemäßen Vorrichtung darstellen (Abs. 17), näher erläutert.
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Danach ist auf einer Basisplatte 20 ein erstes ortsfestes Stanzelement (die member) 22 und benachbart zu diesem ein zweites bewegliches Stanzelement 32 angeordnet (Abs. 22). Das Stanzelement 22 weist zwei Stanzöffnungen 24a und 24b auf, von denen jede einer Fläche entspricht, die an einen Teil der Umfangslinie des Polabschnitts angrenzt (Abs. 23). Das bewegliche Stanzelement 32 weist Stanzöffnungen 34a und 34b auf, von denen jede einer Fläche entspricht, die an die (Längs-)Seite des Grundkörperabschnitts angrenzt, sowie eine sich dazwischen erstreckende dritte Stanzöffnung 35 (Abs. 24). Unter Ausnutzung dieser Stanzöffnungen werden mittels nicht dargestellter Stanzen die Rotorelemente ausgestanzt (Abs. 27 ff.), indem in Position B zunächst die Polabschnitte teilweise ausgestanzt werden (Abs. 28) und in Position C die Grundkörperabschnitte gestanzt werden (Abs. 29), so dass auf diese Weise mit dem Ausstanzen des Grundkörperabschnitts mittels der Stanzen (punch members) 64a und 64b und einer einteilig mit diesen ausgebildeten dritten Stanze 65 gleichzeitig das Ausstanzen der Polabschnitte vollendet wird und in Position D ein vollständiges Rotorelement bereitsteht (Abs. 30). Die Beschreibung erläutert weiter, es verstehe sich, dass die Stanzen beider Stanzelemente 22, 32 gleichzeitig betätigt würden. Im Anschluss an jeden Stanzvorgang werde ein Antriebsmittel 36 betätigt, um das Stanzelement 32 inkrementell in einer Richtung zu versetzen und damit einen Versatz des Polabschnittabschnitts von der Mittellinie des Grundkörperabschnitts zu erzeugen (Abs. 32).
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b) Mit dieser Darstellung des erfindungsgemäßen Verfahrens und einer hierfür geeigneten Vorrichtung steht Patentanspruch 1 (und ebenso der Verfahrensanspruch 7) auf den ersten Blick nicht in Einklang. Denn nach Merkmal 2.1 scheint das (feststehende) erste Stanzelement zum Ausstanzen (zumindest) von Teilen des Grundkörperabschnitts und das (bewegliche) zweite Stanzelement zum Ausstanzen der Polabschnitte bestimmt zu sein. Aus dem Gesamtinhalt der Beschreibung und den weiteren Patentansprüchen 2 bis 6 ergibt sich jedoch, dass hierbei Grundkörper- und Polabschnitte vertauscht worden sind und die Merkmalsgruppe 2 daher so zu lesen ist, dass die Maschine eine Stanzanordnung aufweist, die (2.1) mit einem ersten Stanzelement zum Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte und (2.2) mit einem zweiten Stanzelement zum Ausstanzen der Polabschnitte eines jeden Elements versehen ist.
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(1) Darauf deutet zunächst der Umstand hin, dass ein wörtlich genommener Patentanspruch 1 nicht nur mit Teilen der Beschreibung wie einzelnen oder auch sämtlichen Ausführungsbeispielen, sondern mit der Beschreibung insgesamt in Widerspruch tritt, ohne dass hierfür ein plausibler Grund erkennbar wäre. Dies wird insbesondere an der vermeintlichen Anweisung des Merkmals 2.1 deutlich, mit dem ersten Stanzelement zumindest Teile des Grundkörperabschnitts auszustanzen. Denn in der Beschreibung ist es, wie erwähnt, gleich eingangs als bevorzugte Vorgehensweise erläutert, mit dem ersten Stanzelement Teile der Polabschnitte, nämlich den allen Polabschnitten gemeinsamen (äußeren) Umriss der Polköpfe, herzustellen. Mit dem Ausstanzen des Grundkörperabschnitts wird sodann die Oberkante des (vorauslaufenden) Polabschnitts gestanzt und gleichzeitig die Unterkante des nächsten Polabschnitts in Abhängigkeit vom Betrag des Versatzes des zweiten Stanzelements so ausgebildet, dass sich ein entsprechender Versatz des Polabschnitts gegenüber der gemeinsamen Mittellinie des Grundkörperabschnitts (Merkmal 4.2) ergibt. Auf diese Weise lassen sich mit einem Werkzeug unterschiedliche Polkopfformen herstellen. Hingegen findet die Möglichkeit, den (gleichförmigen) Grundkörper mit dem ersten Stanzwerkzeug nur teilweise auszustanzen, den Polabschnitt und den Rest des Grundkörperabschnitts aber mit weiteren Stanzwerkzeugen, keinerlei Anklang in der Beschreibung.
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(2) Es kommt hinzu, dass der Wortlaut der Merkmalsgruppe 4 zwar mit dem vom Patentgericht entwickelten Verständnis nicht unvereinbar ist, jedoch im Kontext der Beschreibung und der weiteren Patentansprüche betrachtet gleichfalls die Annahme stützt, dass das erste Stanzelement anspruchsgemäß nicht zum Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte, sondern der Polabschnitte bestimmt ist.
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Das Patentgericht hat, im Ausgangspunkt zutreffend, erwogen, dass der Patentanspruch in den Merkmalen 3.1, 3.2 und 4 offen lässt, welches Stanzelement fest und welches beweglich angeordnet ist, da Merkmal 3.1 nur vorgibt, dass beide Stanzelemente relativ zueinander bewegt werden können. Es hat jedoch aus Merkmal 4.2 geschlossen, dass das den Grundkörperabschnitt (teilweise) ausstanzende erste Stanzelement stationär angeordnet sei, weil in diesem Merkmal Bezug auf eine gemeinsame Mittellinie aufeinanderfolgender Elemente genommen, der Fachmann hierunter nichts anderes als eine allen Elementen gemeinsame Mittellinie verstehen könne und folglich eine Vorrichtung unter Schutz gestellt werde, bei der die Grundkörperabschnitte beim Ausstanzen auf einer gemeinsamen Mittellinie lägen.
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Bei Patentanspruch 1 handelt es sich um einen Sachanspruch, dessen Merkmale dazu bestimmt sind, die geschützte Sache zu beschreiben, d.h. im Streitfall die Maschine und damit gegebenenfalls mittelbar die Ausgestaltung der Erzeugnisse, die mit ihr hergestellt werden können. Wird Merkmal 4.2 - wie stets geboten (statt aller BGHZ 194, 107, Rn. 27 - Polymerschaum I) - im Kontext der Merkmalsgruppe 4 und diese im Zusammenhang des gesamten Anspruch und vor dem erläuternden Hintergrund der Beschreibung gelesen, besagt die Merkmalsgruppe 4, dass die Relativposition des zweiten Stanzelements schrittweise (inkrementell) so geändert wird, dass der Polabschnitt jedes Elements im Verhältnis zum Polabschnitt des vorangehenden um eine entsprechende Schrittweite gegenüber der gemeinsamen Mittellinie der Grundkörperabschnitte versetzt ist. Die Relativbewegung der Stanzelemente (Vorrichtungsmerkmal 4) soll mit anderen Worten so erfolgen, dass die mit der Vorrichtung hergestellten (Rotor-)Elemente den Merkmalen 4.1 und 4.2 entsprechen. Die Grundkörperabschnitte haben mithin eine gemeinsame Mittellinie, die (nicht symmetrischen) Polabschnitte weisen hingegen einen Versatz aus der Mittellinie in die eine oder andere Richtung auf.
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Demgegenüber liefe ein Verständnis des Merkmals 4.2 als mittelbare Umschreibung der stationären Anordnung des ersten Stanzelements darauf hinaus, dass die - wie auch das Patentgericht angenommen hat - in Patentanspruch 1 an sich offen gelassene Frage, welches Stanzelement fest und welches beweglich angeordnet ist, doch im Sinne einer festen Anordnung des ersten Stanzelements beantwortet würde. Gleichzeitig verlöre damit Patentanspruch 2, der gerade erst bestimmt, dass das erste Stanzelement fest sein und das zweite inkrementell relativ zu diesem bewegt werden soll, seine Funktion, die mit Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Vorrichtung zu konkretisieren und wiederholte mit anderen Worten lediglich den sachlichen Gehalt des Patentanspruchs 1.
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(3) Schließlich stützt auch Patentanspruch 6 - und entsprechendes gilt für das Verfahren nach Patentanspruch 9 - in Verbindung mit der Beschreibung die Annahme, dass die Merkmale 2.1 und 2.2 im dargestellten Sinne einer Vertauschung von Grundkörper- und Polabschnitten zu lesen sind.
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Technisch sinnvoll ließe sich die zunächst nur teilweise Ausstanzung des Grundkörperabschnitts, die Merkmal 2.1 vorzusehen scheint, nur dahin verstehen, dass dem Ausstanzen seiner Längskanten die Ausstanzung seiner Fußlinie, gegebenenfalls zusammen mit der Oberkante des vorauslaufenden Polabschnitts, nachfolgt. Hierfür wird, wie ausgeführt, im Ausführungsbeispiel die Stanze 65 verwendet, die zusammen mit der gekrümmten inneren Oberfläche des Grundkörperabschnitts die gekrümmte äußere Oberfläche des Polabschnitts erzeugt. Dadurch bleibt, wie in Absatz 35 der Beschreibung erläutert wird, die Mittellinie des Krümmungsradius der Polabschnitte im Wesentlichen auf der Mittellinie C/L des Grundkörperabschnitts, obwohl sich der Versatz des Polabschnitts um einen Schritt von der theoretischen Position unterscheidet. Damit bleiben gleichzeitig die Mittellinie der äußeren Oberfläche der Polabschnitte der gestapelten Rotorelemente und der Luftspalt zwischen dieser äußeren Oberfläche und der inneren Oberfläche des Stators trotz der winkelartigen Anordnung konstant. Die Vorteile dieser Anordnung können ohne den Nachteil einer Veränderung der Dicke des Luftspalts in Axialrichtung der Rotoranordnung genutzt werden (Abs. 36).
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Die Stanze 65 gehört zu einem dritten Stanzelement 35, das nach Patentanspruch 4 zum Ausstanzen eines Umfangsrands zwischen dem Grundkörperabschnitt eines Elements und dem Polabschnitt eines durch den vorangegangenen Ausstanzvorgang gebildeten Elements dient. Nach Patentanspruch 6 sind die zweiten und dritten Stanzelemente integral ausgebildet. Es sind somit in Patentanspruch 6 einteilig ausgebildete Stanzen 64a, 64b, 65 unter Schutz gestellt, wie sie in der Beschreibung erläutert und in Figur 7 gezeigt sind. Sie können, wie von Patentanspruch 9 gefordert, gemeinsam schrittweise zwischen aufeinander folgenden Ausstanzvorgängen bewegt werden.
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Mit diesem einteiligen beweglichen Werkzeug lassen sich jedoch im Wesentlichen auf der Mittellinie C/L des Grundkörperabschnitts liegende Krümmungsradien der Polabschnitte nicht erzeugen. Es lassen sich nicht einmal die (gleichmäßig) gekrümmten inneren Oberflächen des Grundkörperabschnitts erzeugen, mit denen die Rotorelemente im Ausführungsbeispiel auf der Welle angeordnet sind, weil die einteilige Stanze relativ zum Grundkörperabschnitt verschoben wird.
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(4) Unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Beschreibung, des Sinngehalts der Merkmalsgruppe 4, und des Wortlauts der Patentansprüche 2, 6 und 9 muss der Fachmann, der es unternimmt, ein sinnvolles und wenn möglich widerspruchsfreies Gesamtverständnis der Patentansprüche und der zu ihrer Erläuterung bestimmten Beschreibung zu entwickeln, mithin zu dem Schluss gelangen, dass mit der Formulierung des Patentanspruchs in den Merkmalen 2.1 und 2.2 - entgegen dem insoweit verunglückten Wortlaut - nichts unter Schutz gestellt worden ist, was von der in der Beschreibung offenbarten Vorrichtung abweicht, bei der mit dem ersten (feststehenden) Stanzelement (zumindest) Teile der Polabschnitte eines jeden Elements und mit dem zweiten (beweglichen) Stanzelement die Grundkörperabschnitte eines jeden Elements durch Ausstanzen bereitgestellt werden.
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c) Entgegen der von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung steht die dargestellte Auslegung des Patentanspruchs 1 - die entsprechend für Patentanspruch 7 gilt - auch nicht im Widerspruch zu einer mit der Erteilung des Streitpatents vorgenommenen Beschränkung des Schutzgegenstands gegenüber dem mit der Anmeldung beanspruchten Gegenstand. Denn es bleibt dabei, dass der Patentanspruch durch die vom Patentgericht aufgezeigten zusätzlichen Merkmale als ein gegenüber der Anmeldung engerer Gegenstand definiert worden ist.
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3. Damit enthält der Gegenstand des Streitpatents insoweit keine unzulässige Erweiterung. Dass sie auch im Übrigen nicht vorliegt, hat das Patentgericht rechtsfehlerfrei angenommen; die Berufungserwiderungen wenden sich hiergegen auch nicht.
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IV. Da das Patentgericht - nach seinem Ausgangspunkt konsequent - sich mit der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents nicht befasst hat, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Patentgericht zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 2 und 3 PatG).
- 36
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Ein Grundgedanke des reformierten Patentnichtigkeitsverfahrens ist es, dass die Patentfähigkeit zunächst durch das auch mit technisch sachkundigen Richtern besetzte Patentgericht bewertet wird und diese Bewertung durch den Bundesgerichtshof überprüft wird. Eine Endentscheidung durch den Bundesgerichtshof (§ 119 Abs. 5 PatG) ist daher regelmäßig nicht sachgerecht, wenn die Erstbewertung des Standes der Technik durch das Patentgericht unterblieben ist. Dafür, dass im Streitfall etwas anderes gälte, ist nichts erkennbar und wird auch von den Parteien nichts geltend gemacht.
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Meier-Beck Gröning Bacher
-
Deichfuß Kober-Dehm
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist eingetragener Inhaber des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 366 968 (nachfolgend: Klagepatent). Er nimmt die Beklagte wegen Verletzung des Klagepatents auf Unterlassung, Auskunftserteilung , Rechnungslegung und Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch. Patentanspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut: "Zusammenklappbarer Schiebewagen für Kinder und/oder Puppen mit einem Wagengestell (1), das mindestens aufweist: - zwei obere, spiegelbildlich angeordnete, von vorn nach hinten ansteigend und im Wesentlichen V-förmig verlaufende, durchgehende oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildete Gestellholme (2a, 2b), deren untere Enden zum Verbringen aus einer zusammengelegten Stellung in eine Aufstellposition schwenkbar an einem Verbindungsteil (3) angekoppelt sind, - an welchem Verbindungsteil (3) zwei untere, spiegelbildlich angeordnete , von vorn nach hinten im Wesentlichen V-förmig verlaufende , durchgehende oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildete verschwenkbare Gestellholme (4a, 4b) angeordnet sind, an deren hinteren Enden Radlagerhalter (5) für hintere Räder oder Räderanordnungen (6) befestigt sind, - mindestens eine vordere Radanordnung (7) mit mindestens einem Rad, die mittels mindestens eines Radlagerhalters (8) an dem Verbindungsteil (3) oder einem Brückenteil der unteren Gestellholme (4a, 4b) befestigt ist, gekennzeichnet durch: - ein aufstellbares Spreizgestänge (9) in Form eines Kreuzgestänges , das in einem bestimmten Abstand zum Verbindungsteil (3) an den Holmen (2a, 2b; 4a, 4b) und diese verbindend vorgesehen und derart ausgebildet ist, dass nach dem Aufstellen des Wagengestells die oberen und die unteren Holme (2a, 2b) in die charakteristische V-Position sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht sind und beim Zusammenlegen des Spreizgestänges (9) die oberen und unteren Holme (4a, 4b) gleichzeitig aufeinander zu verschwenken."
- 2
- Die Patentansprüche 2 bis 19 sind unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen.
- 3
- Die Beklagte vertreibt einen Kinderwagen unter der Modellbezeichnung "Futura" über das Internet, dessen nähere Ausgestaltung sich aus den als Anlage K 13 zu den Akten gereichten, teilweise nachfolgend wiedergegebenen Fotografien ergibt (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Die angegriffene Ausführungsform stellte sie auch auf der Messe "Kind und Jugend 2009" in Köln aus.
- 4
- Das Landgericht hat die Klageansprüche im Wesentlichen zuerkannt. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision be- gehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des
- 5
- Berufungsgerichts und zur Wiederherstellung des Urteils erster Instanz, soweit dieses der Klage stattgegeben hat. I. Das Klagepatent betrifft einen zusammenklappbaren Wagen für Kinder
- 6
- oder Puppen mit einem Wagengestell.
- 7
- Nach der Beschreibung ist u.a. aus der französischen Patentanmeldung 2 310 910, aus der die nachfolgende Zeichnung stammt, ein Kinderwagen mit einer Rahmenkonstruktion bekannt, die ein unteres, scherenartig an einem Gelenkstück angelenktes Paar von Seitenholmen (1, 1') aufweist, die durch zusammenklappbare Querholme miteinander verbunden sind. Die Rücken- holme (14, 14') sind an festen Lagern an den Seitenholmen schwenkbeweglich gelagert und unterhalb eines zusammenlegbaren Scherengestänges (18, 18'; 19, 19'), das als Spreizgestänge zwischen den Rückenholmen vorgesehen ist, geteilt und gegeneinander verschwenkbar ausgeführt, so dass sie zusammen mit den Sitzholmen ein Kräfteparallelogramm bildeten. Für die Spreizung der Seitenholme ist zusätzlich ein zusammenlegbarer Querholm (17) zwischen den unteren Abschnitten der Rückenholme vorgesehen.
- 8
- Dem Streitpatent liegt das Problem ("die Aufgabe") zugrunde, die bekannten zusammenklappbaren Schiebewagen derart fortzuentwickeln, dass diese bei vereinfachter Konstruktion leicht aufgestellt und zusammengeklappt werden können.
- 9
- Das soll nach der Lehre aus Patentanspruch 1 durch eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen erreicht werden: 1. Zusammenklappbarer Schiebewagen für Kinder und/oder Puppen mit einem Wagengestell, das aufweist: 1.1 zwei obere Gestellholme (2a, 2b), 1.2 zwei untere Gestellholme (4a, 4b), 1.3 ein Verbindungsteil (3), 1.4 ein Spreizgestänge (9), 1.5 eine vordere Radanordnung (7) und 1.6 hintere Räder oder Räderanordnungen (6).
3. Die unteren Gestellholme (4a, 4b), 3.1 sind durchgehend oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildet, 3.2 sind spiegelbildlich angeordnet, 3.3 verlaufen von vorn nach hinten im Wesentlichen V-förmig, 3.4 sind verschwenkbar und 3.5 weisen hintere Enden auf, an denen Radlager (5) für hintere Räder oder Räderanordnungen (6) befestigt sind.
4. An dem Verbindungsteil (3) sind 4.1 die unteren Enden der oberen Gestellholme (2a, 2b) zum Verbringen aus einer zusammengelegten Stellung in eine Aufstellposition schwenkbar gekoppelt und 4.2 die unteren Gestellholme (4a, 4b) angeordnet.
5. Die vordere Radanordnung (7) 5.1 weist mindestens ein Rad auf und 5.2 ist mittels mindestens eines Radlagerhalters (8) an dem Verbindungsteil (3) oder einem Brückenteil der unteren Gestellholme (4a, 4b) befestigt.
6. Das Spreizgestänge (9) ist 6.1 aufstellbar und 6.2 in Form eines Kreuzgestänges ausgebildet. 6.3 Das Kreuzgestänge ist 6.3.1 an den Holmen (2a, 2b; 4a, 4b) in einem bestimmten Abstand zum Verbindungsteil (3) und die Holme (2a, 2b; 4a, 4b) verbindend vorgesehen,
6.3.2 derart ausgebildet, dass nach dem Aufstellen des Wagengestells (1) die oberen und die unteren Holme (2a, 2b; 4a, 4b) in die charakteristische V-Position sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht sind, und 6.3.3 derart ausgebildet, dass beim Zusammenlegen des Spreizgestänges (9) die oberen und unteren Holme (2a, 2b; 4a, 4b) gleichzeitig aufeinander zu verschwenken.
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- Die nachfolgend wiedergegebene Zeichnung stammt aus der Klagepatentschrift und zeigt ein erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel: II. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt
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- begründet: Das Klagepatent sei nicht verletzt, weil die angegriffene Ausführungsform we12 der ein Kreuzgestänge aufweise, das die Merkmalsgruppe 6.3 wortsinngemäß verwirkliche , noch ein Ersatzmittel, das als patentrechtlich äquivalent angesehen werden könne. Als Durchschnittsfachmann sei ein Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau
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- anzusehen, der bei einem Hersteller von Kinderwagengestellen mit Konstruktions- aufgaben befasst sei und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfüge. Eine wortsinngemäße Verwirklichung scheide schon deshalb aus, weil für das
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- Berufungsgericht aufgrund des im Nichtigkeitsverfahren der Parteien ergangenen Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - X ZR 58/11) faktisch feststehe, dass ein Kreuzgestänge, dessen Streben wie bei der angegriffenen Ausführungsform lediglich in einer Ebene zueinander verschwenkt werden könnten, nicht als Kreuzgestänge im Sinne der Merkmalsgruppe 6.3 angesehen werden könne. Um keinen Zulassungsgrund zu schaffen, bestehe für das Berufungsgericht eine tatsächliche Bindung an die Auslegung des Bundesgerichtshofs im Nichtigkeitsverfahren. Unabhängig hiervon treffe die Auslegung des Bundesgerichthofs auch zu. Es
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- möge zwar sein, dass die Übertragung der auf das Kreuzgestänge wirkenden Kraft auf die Holme unabhängig davon ermöglicht werden könne, ob das Kreuzgestänge in nur einer Ebene ("zweidimensional") oder in zwei Ebenen ("dreidimensional") bewegbar sei. Das Klagepatent habe sich aber auf letztere Lösung festgelegt. Rückschlüsse allgemeiner Art auf das erfindungsgemäße Kreuzgestänge aus den Unteransprüchen 6 und 7, wie sie das Landgericht gezogen habe, seien nicht gerechtfertigt , weil sich diese Patentansprüche letztlich nur mit den Schwenklagerhaltern und nicht mit dem Kreuzgestänge als solchem befassten. Dass es möglich wäre, bei der in diesen Ansprüchen gelehrten Konstruktion auch ein zweidimensional wirkendes Kreuzgestänge zu verwenden, bedeute nicht, dass dies auch erfindungsgemäß wäre. Entsprechendes gelte für Unteranspruch 11. Seine Besonderheit bestehe nicht darin, dass dort erstmals ein dreidimensional wirkendes Kreuzgestänge an sich gelehrt würde, sondern (unter anderem) darin, dass zusätzlich Arretierungsmittel für die Stützstrebenenden vorgesehen seien. Die Angabe in der Beschreibung (Abs. 7, Satz 3), ein erfindungsgemäßes
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- Wagengestell sei ähnlich aufgebaut wie ein Schirmgestänge, es sei aber auch möglich , dass nur die oberen gegenüber den unteren Holmen verschwenkbar seien, sei nicht mit dem Patentanspruch in Einklang zu bringen. Dieser setze in Merkmal 6.3.3 voraus, dass bei Zusammenlegen des Spreizgestänges die oberen und die unteren Holme gleichzeitig aufeinander zu verschwenkten. Verlangt werde damit eine aktive Beteiligung aller Holme einschließlich der unteren, weshalb auch diese verschwenkbar sein müssten. Auch aus den Ausführungen der Beschreibung (Abs. 9), ein Spreizgestänge in
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- Form eines Kreuzgestänges, z.B. in X-Form, sei besonders vorteilhaft, wenn das Gestänge aus geteilten Stützstreben bestehe, die schwenkbeweglich einerseits an Schwenkhaltern an den Holmen und andererseits an einem zentrischen Lagerhalter angelenkt seien, so dass - wie bei einem Regenschirm - die Streben durch Bewegung des Lagerhalters in Längsrichtung aufgestellt und zusammengefaltet werden könnten, lasse sich nicht der Umkehrschluss ziehen, dem Patentanspruch 1 unterfielen auch zweidimensional wirkende Kreuzgestänge. Vielmehr betreffe die besondere Eignung spezielle dreidimensional wirkende Kreuzgestänge, nämlich X-förmige. Selbst wenn "besonders vorteilhaft" ursprünglich als Herausstellungsmerkmal gegenüber nicht schirmartig konstruierten Kreuzgestängen gemeint gewesen sein sollte , habe diese Formulierung angesichts des bei der Auslegung zu beachtenden Primats des Anspruchs ihren Sinn eingebüßt. Das Klagepatent wolle sich damit von dem aus der französischen Patentanmeldung 2 310 910 bekannten, nach dem Prinzip eines Scherengestänges arbeitenden Lösung, bei dem die Holme lediglich in einer Ebene zueinander verschwenkt werden könnten, durch eine Bewegungskopplung in mehr als nur einer Ebene abgrenzen. III. Diese Auslegung des Patentanspruchs hält der revisionsrechtlichen Über18 prüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht hat sich zu Unrecht an einer zutreffenden Ermittlung
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- des Sinngehalts des Patentanspruchs 1 dadurch gehindert gesehen, dass es sich an die vermeintliche Erkenntnis des Senats im Nichtigkeitsverfahren gebunden gesehen hat, die Merkmalsgruppe 6.3 erfordere ein Kreuzgestänge, dessen Stützstreben in zwei Ebenen zueinander verschwenkt werden können. Eine solche Bindung besteht jedoch weder rechtlich noch tatsächlich. Die Bestimmung des Sinngehalts eines Patentanspruchs ist Rechtserkenntnis
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- und vom Verletzungsgericht, wie von jedem anderen damit befassten Gericht, eigenverantwortlich vorzunehmen (BGH, Urteil vom 31. März 2009 - X ZR 95/05, BGHZ 180, 215 Rn. 16 - Straßenbaumaschine; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - X ZR 193/03, BGHZ 186, 90 Rn. 15 - Crimpwerkzeug III). Dies schließt die Möglichkeit ein, dass das Verletzungsgericht zu einem Auslegungsergebnis gelangt, das von demjenigen abweicht, das der Bundesgerichtshof in einem dasselbe Patent betreffenden Patentnichtigkeitsverfahren gewonnen hat. Eine solche Divergenz rechtfertigt zwar, wenn sie entscheidungserheblich ist, die Zulassung der Revision (BGHZ 186, 90 Rn. 11 ff. - Crimpwerkzeug III). Sie unterscheidet sich darin aber nicht von anderen Fällen einer von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs abweichenden und deshalb nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Zulassung der Revision rechtfertigenden Beurteilung einer Rechtsfrage durch ein Berufungsgericht. In diesen wie in jenen Fällen hat das Revisionsgericht zu prüfen, ob es an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält oder die besseren Gründe für die Beurteilung des Berufungsgerichts streiten. Eine solche bessere Erkenntnis kann sich im Patentstreitverfahren zudem aus vom Berufungsgericht festgestellten, der revisionsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legenden Tatsachen ergeben, die im Nichtigkeitsverfahren nicht festgestellt worden sind, sich aber auf die Auslegung des Patents auswirken (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 - X ZR 76/04, BGHZ 164, 261 Rn. 19 - Seitenspiegel; Urteil vom 12. Februar 2008 - X ZR 153/05, GRUR 2008, 779 Rn. 31 - Mehrgangnabe). 2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht das Klagepatent dahin ausge21 legt, Patentanspruch 1 verlange in Merkmal 6.3.3 ein in zwei Ebenen ("dreidimensional" ) verschwenkbares Kreuzgestänge.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats sind Beschreibung und Zeichnun22 gen, die dem Fachmann die Lehre des Patentanspruchs erläutern und veranschauli- chen, nicht nur für die Bestimmung des Schutzbereichs (Art. 69 Abs. 1 EPÜ, § 14 PatG), sondern ebenso für die Auslegung des Patentanspruchs heranzuziehen, und zwar unabhängig davon, ob diese Auslegung die Grundlage der Verletzungsprüfung, der Prüfung des Gegenstandes des Patentanspruchs auf seine Patentfähigkeit oder der Prüfung eines anderen Nichtigkeitsgrundes ist (BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 27 - Polymerschaum I; Urteil vom 12. Mai 2015 - X ZR 43/13, juris Rn. 15 - Rotorelemente). Dabei ist die Patentschrift in einem sinnvollen Zusammenhang zu lesen und der Patentanspruch im Zweifel so zu verstehen, dass sich keine Widersprüche zu den Ausführungen in der Beschreibung und den bildlichen Darstellungen in den Zeichnungen ergeben (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09, BGHZ 189, 330 Rn. 24 - Okklusionsvorrichtung). Patentschriften stellen im Hinblick auf die dort verwendeten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon dar. Weichen diese vom allgemeinen Sprachgebrauch ab, ist letztlich nur der sich aus der Patentschrift ergebende Begriffsinhalt maßgebend (BGH, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 - Spannschraube). Nur wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen lässt und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, dürfen diejenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, nicht zur Bestimmung des Gegenstands des Patents herangezogen werden (BGHZ 189, 330 Rn. 23 - Okklusionsvorrichtung). Demgemäß kommt eine Auslegung des Patentanspruchs, die zur Folge hätte,
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- dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würden, nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten , die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2014 - X ZR 35/11, GRUR 2015, 159 Rn. 26 - Zugriffsrechte). Werden in der Beschreibung mehrere Ausführungsbeispiele als erfindungsgemäß vorgestellt, sind die im Patentanspruch verwendeten Begriffe im Zweifel so zu verstehen, dass sämtliche Ausführungsbeispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können.
b) Patentanspruch 1 stellt einen zusammenklappbaren Schiebewagen unter
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- Schutz, der neben vorderen und hinteren Radanordnungen im Wesentlichen aus zwei oberen und zwei unteren Gestellholmen besteht, die jeweils am unteren Ende an einem Verbindungsteil angelenkt und jeweils oberhalb in einem bestimmten Abstand von dem Verbindungsteil durch ein Spreizgestänge in Gestalt eines Kreuzgestänges verbunden sind. Dabei soll das Kreuzgestänge derart ausgebildet sein, dass die oberen und unteren Holme nach dem Aufstellen des Wagengestells in die charakteristische V-Position sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht sind (Merkmal 6.3.2) und beim Zusammenlegen des Spreizgestänges gleichzeitig aufeinander zu verschwenken (Merkmal 6.3.3). Damit ist zwar für die oberen und unteren Holme festgelegt, dass diese beim
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- Zusammenlegen gleichzeitig untereinander und gegenüber dem anderen Holmpaar aus einer V-Position aufeinander zu verschwenken. Dies gilt aber nicht für die Stützstreben des Kreuzgestänges, zu dessen Ausgestaltung Patentanspruch 1 alleine vorsieht, dass dieses jeweils mit den oberen und unteren Holmen verbunden ist und beim Zusammenlegen des Gestells ein gleichzeitiges Aufeinanderzuverschwenken der Holme bewirkt. Ob die Stützstreben des Kreuzgestänges dabei in einer oder in zwei Ebenen bewegbar sind, bleibt offen. Patentanspruch 1 erwähnt dies mit keinem Wort, und auch der Beschreibung lässt sich insoweit kein Anhalt für eine solche Konkretisierung entnehmen. In der Beschreibung wird zwar ein Kreuzgestänge erwähnt, bei dem die Streben - wie bei einem Regenschirm - durch Bewegen eines zentrischen Lagerhalters in Längsrichtung aufgestellt und zusammengefaltet werden (Abs. 9). Dabei handelt es sich aber lediglich um ein besonders vorteilhaftes Ausführungsbeispiel , das die Beschreibung auch ausdrücklich als solches kenntlich macht und das den weiter gefassten Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht zu beschränken vermag. Nichts anderes gilt für die in Unteranspruch 11 beschriebene Ausführungsform.
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- Hinsichtlich der in Merkmal 6.3.3 enthaltenen Anweisung an den Fachmann, das Kreuzgestänge so auszubilden, dass die oberen und die unteren Holme beim Zusammenlegen des Spreizgestänges "gleichzeitig" aufeinander zu verschwenken, ist der Beschreibung zunächst zu entnehmen, dass ein erfindungsgemäßes Wagengestell ähnlich wie ein Schirmgestänge aufgebaut ist und aus vier Holmen besteht, die aus einer zusammengeklappten Position in eine aufgestellte Position schwenkbar sind (Abs. 7, Z. 29 bis 33). Anschließend wird aber auch die Möglichkeit erwähnt, nicht die unteren, sondern nur die oberen gegenüber den unteren Holmen in einer Weise verschwenkbar anzuordnen, dass diese aus einer zusammengeklappten Position , in der sie nahezu parallel zu den unteren Holmen verlaufen, in eine Schrägposition verbracht werden, in der das Wagengestell aufgestellt ist (Abs. 7, Z. 34 bis 41). Dies rechtfertigt den Schluss, dass an dem in Merkmal 6.3.3 vorgesehenen gleichzeitigen Aufeinanderzuverschwenken nicht zwingend sowohl die unteren als auch die oberen Gestellholme beteiligt sein müssen, sondern dass es ausreichend ist, wenn es zu einer gleichzeitigen Relativbewegung aller vier Holme komme. Ein solches Verständnis ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts mit dem Wortlaut des Patentanspruchs nicht unvereinbar, sondern entspricht einer funktionsorientierten Auslegung. Denn für das mit der patentgemäßen Lehre verfolgte Ziel, eine leichte Handhabung des Wagengestells beim Aufstellen und Zusammenklappen zu erreichen (Abs. 6), ist es unerheblich, ob sich dabei allein die oberen auf die unteren oder auch die unteren auf die oberen Holme zu bewegen. Ein solches Verständnis des "gleichzeitigen" Aufeinanderzuverschwenkens
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- der oberen und unteren Holme wird, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, zusätzlich durch die Patentansprüche 6 und 7 gestützt, die Schwenklagerhalter für Stützstreben des Spreizgestänges an den unteren oder oberen Holmen vorsehen, wobei ein Schwenklagerhalterpaar an den unteren oder oberen Holmen längsverschieblich und in der Aufstellposition des Spreizgestänges arretierbar angeordnet ist. Dies erlaubt, wie das Berufungsgericht an sich nicht verkennt, ein gleichzeitiges Aufeinanderzuverschwenken der Holme durch eine Bewegung des Kreuzgestänges in einer Ebene. Weder dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 noch der Beschreibung sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass eine derartige Ausgestaltung von Patentanspruch 1 nicht erfasst sein soll.
c) Ein solches Verständnis des Merkmals 6.3.3 setzt sich, ohne dass es hier28 auf entscheidend ankäme, auch nicht in Widerspruch zu tragenden Erwägungen im Urteil des Senats vom 22. Mai 2012. Soweit es darin heißt, dass ein Kreuzgestänge, dessen "Holme" (Stützstreben) - wie in der französischen Patentanmeldung 2 310 910 - lediglich in einer Ebene zueinander verschwenkt werden können, nicht als ein Kreuzgestänge im Sinne der Merkmalsgruppe 6.3 angesehen werden könne, weil es nicht derart ausgebildet sei, dass beim Zusammenlegen obere und untere Holme gleichzeitig aufeinander zu verschwenkt werden können, steht dies in Einklang mit der vorstehenden Auslegung des Merkmals 6.3.3. Denn bei der in der Entgegenhaltung offenbarten Ausgestaltung sind die beiden Stützstreben (18 und 19' sowie 18' und 19) mit ihren beiden Enden allein an den oberen Holmen (14 und 14') des Gestänges angelenkt (Rn. 15 des Senatsurteils), so dass diese, wie auch das Landgericht ausgeführt hat, weder ein Aufeinanderzuverschwenken der oberen und unteren Holme bewirken können, bei dem sich beide Holmpaare bewegen, noch ein solches, bei dem sich allein das obere Holmpaar auf das untere zu bewegt. Die Bemerkung des Senats, dass das Konstruktionsprinzip des erfindungsgemäßen Wagengestelles im Wesentlichen darin liege, dass die vier Holme zum einen an demselben Verbindungsteil angelenkt seien und zum anderen untereinander durch ein als Kreuzgestänge ausgebildetes Spreizgestänge verbunden seien, so dass die oberen und die unteren Holme wie ein Regenschirm bei Aufstellen sowohl zu- als auch gegeneinander in eine V-Position gebracht und beim Zusammenlegen gleichzeitig aufeinander zu verschwenkt werden, kann zwar im Hinblick auf den (dem in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiel der Patentschrift entlehnten) Vergleich mit dem Zusammenfalten und Öffnen eines Regenschirms für sich genommen dahin verstanden werden, dass sich die oberen und die unteren Holme beim Zusammenlegen gleichzeitig bewegen (müssen). Für die Beurteilung der beiden geltend gemachten Nichtigkeitsgründe ist dies jedoch nach den Urteilsgründen ohne Bedeutung geblieben. IV. Das Urteil des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben und
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- ist aufzuheben. Der Senat kann die Sache selbst entscheiden, weil zusätzliche Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind und die Sache daher entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 1. Nach den nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts und
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- des Landgerichts sind die oberen und unteren Holme durch das Kreuzgestänge derart verbunden, dass sie sich beim Zusammenlegen jeweils aufeinander zu bewegen. Zudem bewirken Verbindungsschenkel, dass auch die oberen Holme jeweils auf die unteren Holme zu schwenken, so dass eine Verschiebung auf der Längsachse bewirkt wird und ein einziger Kraftakt für das Zusammenlegen des Kinderwagens ausreicht. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, steht es einer wort31 sinngemäßen Verwirklichung des Merkmals 6.3.3 nicht entgegen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform an dem Verschwenken der oberen auf die unteren Holme neben dem Kreuzgestänge zusätzliche Gestängeteile in Gestalt der Verbindungsschenkel beteiligt sind. Für ein solches Verständnis sprechen nicht nur der Wortlaut des Patentanspruchs 1, der eine solche Ausgestaltung nicht ausschließt, sondern auch die Unteransprüche 6 bis 9, die Beschreibung (Abs. 14) und dieZeichnungen (Figuren 1 bis 3), wonach das Aufeinanderzuverschwenken der Holme neben dem Kreuzgestänge (9) auch durch die Schwenklagerhalter (16a, 16b und 17a und 17b) bewirkt werden kann. Außerdem ist es für eine wortsinngemäße Verwirklichung des Merkmals 6.3.3
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- unerheblich, ob die Verschwenkung der oberen auf die unteren Holme während der gesamten Zeit oder nur während eines Teils der Zeit erfolgt, in der sich die oberen und die unteren Holme jeweils aufeinander zu bewegen, weil, wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, "gleichzeitig" im Sinne der erfindungsgemäßen Lehre nicht notwendigerweise meint, dass beim Zusammenlegen alle Verschwenkbewegungen ununterbrochen zeitlich parallel erfolgen müssen. Entscheidend ist insoweit allein, dass die Verschwenkungen durch eine Bewegung des Kreuzgestänges bzw. eine Kraftausübung des Benutzers bewirkt werden, so wie dies auch bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht ist. 2. Da die angegriffene Ausführungsform auch im Übrigen, wie das Landge33 richt rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, mit Patentanspruch 1 übereinstimmt, fällt der Beklagten eine Verletzung des Klagepatents zur Last. 3. Sie rechtfertigt nach den weiteren, ebenfalls rechtsfehlerfreien Ausführun34 gen des Landgerichts und den ergänzenden Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu im zuerkannten Umfang die Klageansprüche, so dass auf die Revision das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen ist.
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- V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.02.2012 - 4b O 212/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.08.2013 - I-2 U 22/12 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte ist Inhaberin des am 10. September 1987 angemeldeten, mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und vor Klageerhebung durch Zeitablauf erloschenen europäischen Patents 260 748 (Streitpatents ). Es nimmt Prioritäten vom 13. September 1986, 8. November 1986 und 23. Mai 1987 in Anspruch und umfasst 17 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut hat: "Verfahren zur Bitratenreduktion bei der Codierung eines Signals mit einer Folge von Signalwerten, das einen am häufigsten, in ununterbrochenen Teilfolgen vorkommenden, bestimmten Signalwert (A) enthält und aus denen eine Folge von Huffman-Codeworten gebildet wird, dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens ein Huffman-Codewort - entweder aus einem anderen Signalwert und aus einer nachfolgenden , ununterbrochenen Teilfolge des bestimmten Signalwertes (A), wenn diese vorhanden ist, - oder aus einem anderen Signalwert und aus einer vorangehenden , ununterbrochenen Teilfolge des bestimmten Signalwertes (A), wenn diese vorhanden ist, gebildet wird und dass bei der Bildung der Folge der Codeworte nur die vorangehenden oder nur die nachfolgenden Teilfolgen des bestimmten Signalwertes (A) mit dem anderen Signalwert verwendet werden."
- 2
- Die Klägerinnen, die sich Ansprüchen aus dem Streitpatent ausgesetzt sehen, machen geltend, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus und sei darüber hinaus nicht patentfähig.
- 3
- Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie das Ziel einer Klageabweisung weiterverfolgt. Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent in der Fassung von neun Hilfsanträgen. Die Klägerinnen treten dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht zur Prüfung der Patentfähigkeit.
- 5
- I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Bitratenreduktion für die Codierung von Bild- oder Videodaten.
- 6
- 1. Nach dem im Streitpatent referierten Stand der Technik werden Videosignale so codiert, dass Videobilder mit möglichst geringer Bitrate in ausreichender Qualität übertragen werden können. Die Codierung erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst werden gleichgroße Blöcke von Abtastwerten der Bildpunkte einer diskreten Cosinus-Transformation unterworfen, so dass ein neuer Block von Zahlenwerten (Koeffizienten) entsteht. In diesem Block hat in der Regel der überwiegende Teil der Koeffizienten den Wert 0 oder nahezu 0. Wegen dieser Häufigkeit des Werts 0 werden die Koeffizienten Huffman-codiert und dabei ununterbrochene Teilfolgen des Werts 0 als ein einziges "Ereignis" für die Bildung von Huffman-Codeworten verwendet. Bei der Huffman-Codierung werden häufig auftretende Ereignisse mit kurzen und weniger häufig auftretende Ereignisse mit längeren Codeworten codiert. Unter den Codeworten ist keines der Beginn eines anderen, so dass es trotz unterschiedlicher Länge keines Präfixes bedarf, das den Beginn eines neuen Codeworts signalisierte. Insgesamt ergibt sich daraus eine Bitratenreduktion.
- 7
- 2. Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Codierverfahren anzugeben , das zu einer weiteren Bitratenreduktion für Bilddaten führt.
- 8
- 3. Zur Lösung schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 ein Verfahren zur Bitratenreduktion mit folgenden Merkmalen vor [in eckigen Klammern die Gliederung des Patentgerichts]: 1. Es wird ein Signal mit einer Folge von Signalwerten codiert [1.1, 1.2 a]. 2. In dieser Folge von Signalwerten gibt es einen bestimmten Signalwert A, der am häufigsten und in ununterbrochenen Teilfolgen vorkommt [1.2 b]. 3. Aus den Signalwerten wird eine Folge von HuffmanCodeworten wie folgt gebildet [1.3]: 3.1 Es wird wenigstens ein Huffman-Codewort gebildet [1.4] 3.1.1 entweder aus einem anderen Signalwert und aus einer nachfolgenden ununterbrochenen Teilfolge des bestimmten Signalwertes (A), wenn diese vorhanden ist, [1.4 a] 3.1.2 oder aus einem anderen Signalwert und aus einer vorangehenden ununterbrochenen Teilfolge des bestimmten Signalwertes (A), wenn diese vorhanden ist. [1.4 b] 3.2 Bei der Bildung der Folge der Codeworte werden [1.5] 3.2.1 nur die vorangehenden Teilfolgen [1.5 a] oder 3.2.2 nur die nachfolgenden Teilfolgen [1.5 b] des bestimmten Signalwertes (A) mit dem anderen Signalwert verwendet.
- 9
- 4. Einige Merkmale bedürfen der näheren Erläuterung:
- 10
- a) Die Merkmalsgruppe 3.1 hat nicht die ihr vom Patentgericht zugemessene Bedeutung.
- 11
- aa) Im Zusammenhang mit der Prüfung einer unzulässigen Erweiterung hat das Patentgericht angenommen, da der am häufigsten vorkommende Signalwert A in ununterbrochenen Teilfolgen vorkomme ("vgl. Merkmal 2"), sei deren Länge zwangsläufig größer Null. Nach den Merkmalen 3.1.1 und 3.1.2 sollten jedoch nur andere Signalwerte zusammen mit vorhandenen, ununterbrochenen Teilfolgen des bestimmten Signalwerts A codiert werden. Die Merkmalsgruppe 3.1 lasse mithin offen, wie Ereignisse codiert würden, bei denen einem solchen anderen Signalwert kein Signalwert A vorausgehe beziehungsweise nachfolge. Auch den weiteren Merkmalen des Patentanspruchs 1 sei hierzu keine Definition zu entnehmen. Die Codierung von Ereignissen, bei denen die Teilfolge des Signalwerts A die Länge 0 aufweise, sei vielmehr in das Belieben des Fachmanns gestellt. Der Beschreibung sei zwar zu entnehmen, dass auch solche Ereignisse als zu codierende Ereignisse behandelt werden. Indessen habe diese Vorschrift keinen Eingang in den Patentanspruch gefunden. Aus fachmännischer Sicht erscheine es nicht abwegig, nicht alle HuffmanCodeworte gemäß der Bildungsregel der Merkmalsgruppe 3.1 zu bilden, sondern eine Teilmenge der Codeworte nach einer hiervon abweichenden Bildungsregel zu generieren.
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- bb) Dies rügt die Berufung zu Recht als rechtsfehlerhaft.
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- Der Sinngehalt eines Merkmals ist mit Blick darauf zu ermitteln, was mit dem Merkmal aus der Sicht des Fachmanns im Hinblick auf die Erfindung erreicht werden soll. Dabei können der allgemeine wie auch der übliche fachliche Sprachgebrauch Anhaltspunkte für das Verständnis des Fachmanns geben. Mit Rücksicht darauf, dass Begriffe in einer Patentbeschreibung abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch benutzt werden können, ist letztlich aber der sich aus dem Gesamtzusammenhang der Patentschrift ergebende Begriffsinhalt maßgeblich. Für einen Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch ist umso weniger Raum, je mehr der Inhalt der Patentschrift auf ein abweichendes Verständnis hindeutet. Die Beschreibung des Patents kann Begriffe eigenständig definieren und insoweit ein "patenteigenes Lexikon" darstellen. Auch der Grundsatz , dass bei Widersprüchen zwischen Anspruch und Beschreibung der Anspruch Vorrang genießt, weil dieser und nicht die Beschreibung den geschützten Gegenstand definiert und damit auch begrenzt, schließt nicht aus, dass sich aus der Beschreibung und den Zeichnungen ein Verständnis des Patentanspruchs ergibt, das von demjenigen abweicht, das der bloße Wortlaut des Anspruchs vermittelt. Funktion der Beschreibung ist es, die geschützte Erfindung zu erläutern. Im Zweifel ist daher ein Verständnis der Beschreibung und des Anspruchs geboten, das beide Teile der Patentschrift nicht in Widerspruch zueinander bringt, sondern sie als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen versteht. Nur wenn und soweit dies nicht möglich ist, ist der Schluss gerechtfertigt, dass aus Teilen der Beschreibung keine Schlussfolgerungen in Bezug auf den geschützten Gegenstand gezogen werden dürfen (BGH, Urteile vom 12. Mai 2015 - X ZR 43/13, juris Rn. 16 - Rotorelemente; vom 9. Juni 2015 - X ZR 101/13, juris Rn. 26 - Polymerschaum II, jeweils mwN).
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- Das Streitpatent erzielt die angestrebte weitere Bitratenreduktion dadurch , dass als zu codierendes Ereignis nicht die ununterbrochene Folge von Signalwerten A (im Folgenden auch: Signalwerten 0, denn dies ist der häufigste Fall, Sp. 3 Z. 33 bis 36), sondern diese Folge und zusätzlich der nachfolgende (alternativ der vorangehende, wobei diese Alternative im Folgenden zur Vereinfachung außer Betracht bleibt) andere Signalwert behandelt werden. Denn hierfür ergeben sich andere, der Bitratenreduktion günstige Wahrscheinlichkeiten (Sp. 4 Z. 30 bis 43).
- 15
- Die Beschreibung fasst dies, bevor sie auf Einzelheiten des Ausführungsbeispiels eingeht, dahin zusammen, dass das Auftreten einer ununterbrochenen Teilfolge von Nullen und des sich dieser Teilfolge anschließenden Koeffizienten als ein zu codierendes Ereignis angesehen werde, wie der erfindungsgemäßen Lehre zu entnehmen sei. Unmittelbar im Anschluss hieran fügt sie hinzu, wichtig sei, dass auch das Auftreten keiner Null vor einem von Null verschiedenen Koeffizienten - also das Auftreten einer Teilfolge der Länge 0 - als zu codierendes Ereignis behandelt werde (Sp. 3 Z. 37 bis 45). So verfährt auch das Ausführungsbeispiel; das häufigste Ereignis in der Tabelle der Figur 3, das demgemäß das kürzeste Codewort erhält, wird durch eine Teilfolge der Länge 0 und den Koeffizienten 1 gebildet.
- 16
- Eine Lesart des Merkmals 3.1, wonach - entsprechend den Ausführungen des Patentgerichts - eine Behandlung von Koeffizienten mit einer vorangehenden Teilfolge der Länge 0 im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden habe, vernachlässigt, dass es bei der Merkmalsgruppe 3 nicht nur darum geht, wie (mindestens) ein Codewort gebildet wird, sondern wie die "Folge von Huffman -Codeworten" gebildet wird (Merkmal 3 ["Oberbegriff"]). Dies wird durch Merkmal 3.2 weiter verdeutlicht, nach dem bei der Bildung der Folge der Codeworte nur die vorangehenden Teilfolgen des Signalwerts 0 mit dem anderen Signalwert verwendet werden. Demnach ist es nicht nur "wichtig", wie die Beschreibung hervorhebt, sondern unumgänglich, dass auch der Fall berücksich- tigt wird, in dem die Teilfolge die Länge 0 hat. Die Formulierung "wenn diese vorhanden ist" in Merkmal 3.1.2 besagt somit nur, dass in das Codewort der Wert des "anderen" Signalwerts und die Länge > 0 der ununterbrochenen Teilfolge mit Nullwerten eingeht und lediglich der Wert des "anderen" Signalwerts, wenn keine solche Folge vorausgeht. Dies bedeutet zugleich, dass das Codewort in diesem Fall für den "anderen" Signalwert steht, dem keine Teilfolge mit Nullwerten (oder eine solche mit der Länge 0) vorangeht.
- 17
- Dabei handelt es sich nicht um eine Spezialität des Ausführungsbeispiels , sondern um ein generelles Problem, für das an dieser Stelle der Beschreibung die erfindungsgemäße Lösung gezeigt wird. Diese Lösung betrifft deshalb den Patentanspruch insgesamt und ist für seine Auslegung mit zu berücksichtigen.
- 18
- Die Vorgabe, mindestens ein Huffman-Codewort nach dieser Vorschrift zu bilden, erklärt sich daraus, dass nach Patentanspruch 2 dem HuffmanCodewort ein Zusatzcodewort angehängt werden kann, wenn die Teilfolge eine vorgegebene Länge oder der zugeordnete andere Signalwert einen vorgegebenen Betrag überschreitet, und es nach Patentanspruch 3 möglich ist, eine Wertefolge in Abschnitte zu zerlegen und jedem Abschnitt ein Huffman-Codewort zuzuordnen.
- 19
- b) In der Merkmalsgruppe 3.2 stehen die Merkmale 3.2.1 und 3.2.2 in einer Entweder-oder-Beziehung zueinander. Das Wort "nur" jeweils zu Beginn der Merkmale bringt zum Ausdruck, dass in einem Verfahren nur das eine Merkmal oder nur das andere Merkmal zur Anwendung kommt, mithin nicht beide Varianten gemeinsam zur Anwendung kommen können.
- 20
- c) Als ein Verfahren zur Bitratenreduktion ist der Gegenstand des Streitpatents auf digitale Werte beschränkt. Bitfolgen oder -ströme, die reduziert werden könnten, setzten digitale Daten voraus.
- 21
- d) Merkmal 1 ist dahin zu verstehen, dass jeder Wert in einem Signal ein Signalwert ist. Welche inhaltliche Bedeutung diesem Wert zukommt, ist irrelevant.
- 22
- II. Das Patentgericht hat angenommen, das Streitpatent gehe in der erteilten und allen weiteren verteidigten Fassungen über den Inhalt der Anmeldung hinaus.
- 23
- 1. Den ursprünglichen Unterlagen sei die Merkmalsgruppe 3.1 nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen. Der Fall einer Teilfolge der Länge 0 sei dort - anders als in Patentanspruch 1 - nicht offen gelassen, vielmehr definiert geregelt, und es sei als wichtig hervorgehoben worden, dass auch eine ununterbrochene Teilfolge mit der Länge 0 zusammen mit einem davor oder dahinter liegenden, vom Signalwert (A) verschiedenen Koeffizienten als ein zu codierendes Ereignis behandelt werde.
- 24
- 2. Weiterhin sei die Merkmalsgruppe 3.2 den ursprünglichen Unterlagen nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen. Sie bestimme, dass für die Bildung der Huffman-Codeworte nur eine der beiden Varianten nach Merkmal 3.1 verwendet werden könne und daran für das komplette zu codierende Signal festgehalten werden müsse. Die ursprünglichen Unterlagen ließen hingegen beide Varianten nebeneinander zu. In dem für die Anmeldung formulierten Patentanspruch 1 sei am Ende lediglich formuliert worden: "… dass jeder ununterbrochenen Teilfolge von Signalwerten A mit der Länge 0, 1, 2 usw. zusammen mit dem sich der Teilfolge an- schließenden Signalwert oder zusammen mit dem der Teilfolge vorangehenden Signalwert ein Huffman-Codewort zugeordnet wird."
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- Die mit der Merkmalsgruppe 3.2 festgeschriebene Exklusivität der Verwendung von stets nur einer der beiden Varianten finde in diesen ursprünglichen Unterlagen weder eine wortgetreue noch eine sinngemäße Stütze. Für die ursprünglich offenbarten Ausführungsbeispiele sei zwar nur eine solche exklusive Verwendung einer der beiden Varianten gezeigt worden. Gleichwohl sei dem Fachmann bewusst, dass er die Mannigfaltigkeit der zu codierenden Ereignisse auf die Menge der vorangehenden und der nachfolgenden Teilfolgen zusammen mit jeweils einem anderen Signalwert erweitern und die statistischen Signifikanzen dieser größeren Mannigfaltigkeit für die Bildung der HuffmanCodeworte heranziehen könne. Die ursprünglich offenbarten Beispiele würden das Verständnis des Fachmanns in keiner Weise beschränken.
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- III. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.
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- 1. Patentanspruch 1 geht mit der Fassung der Merkmalsgruppe 3.1 nicht über den Inhalt der ursprünglichen Unterlagen hinaus. Die Auslegung ergibt, wie ausgeführt, dass auch von einem anderen Signalwert, dem keine Teilfolge des Signalwerts (A) vorangeht beziehungsweise nachfolgt, stets einzeln ein Huffman-Codewort zu bilden ist. Dies entspricht der erfindungsgemäßen Lehre, wie sie schon in der Patentanmeldung beschrieben wurde.
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- 2. Patentanspruch 1 geht auch nicht mit der Merkmalsgruppe 3.2 über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus.
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- Das Ausführungsbeispiel in der Anmeldung des Streitpatents (Anl. K4) zeigt - wie das Patentgericht zutreffend feststellt - ausschließlich eine Codie- rung, bei der ununterbrochene Teilfolgen des Signalwerts 0 mit der Länge 0, 1, 2 … zusammen mit sich daran anschließenden, also nachfolgenden anderen Signalwerten als ein Ereignis für die Bildung von Huffman-Codeworten zusammengefasst werden (K4, Sp. 3 Z. 15 bis 20). Dieses Ausführungsbeispiel offenbart damit das Merkmal 3.2.1 in Bezug auf eine Codierung gemäß Merkmal 3.1.2.
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- Eine Mischung der Codierung, bei der für einen Teil der anderen Signalwerte eine Kombination mit vorangehenden Teilfolgen und für den restlichen Teil eine Kombination mit nachfolgenden Teilfolgen des Signalwerts (A) vorgenommen wird, wird in der Anmeldung nicht erörtert.
- 31
- Der in der Anmeldung formulierte Patentanspruch 1 offenbarte mit seinem kennzeichnenden Teil dem Fachmann eindeutig und unmittelbar, dass nicht nur eine Kombination des anderen Signalwerts mit vorangehenden Teilfolgen , sondern auch eine Kombination mit nachfolgenden Teilfolgen des Signalwerts (A) für die Bildung der Huffman-Codeworte als Ereignis zugrunde gelegt werden kann. Das Verfahren für eine Kombination mit nachfolgenden Teilfolgen des Signalwerts (A) ist in der Anmeldung nicht anhand eines konkreten Ausführungsbeispiels erläutert. Die Alternative am Ende des in der Anmeldung formulierten Patentanspruchs 1, eine Kombination mit nachfolgenden Teilfolgen des Signalwerts (A) vorzunehmen, war für den Fachmann somit dahin zu verstehen , hierfür ebenso vorzugehen wie in dem beschriebenen Verfahren für eine Kombination mit vorangehenden Teilfolgen mit der einzigen Abweichung, für diese Kombination die Reihenfolge der ununterbrochenen Teilfolge des Signalwerts (A) und des daran angrenzenden anderen Signalwerts zu vertauschen. Dieses sich aus dem in der Anmeldung formulierten Patentanspruch ergebende Verständnis bedurfte keiner weiteren Erläuterung durch ein weiteres Ausfüh- rungsbeispiel, sondern erschloss sich aus der Formulierung des Patentanspruchs in der Anmeldung unmittelbar.
- 32
- Ob der Fachmann darüber hinaus der Angabe im beantragten Patentanspruch auch entnahm, beide Varianten mischen zu können, also HuffmanCodeworte zu bilden, denen sowohl Kombinationen anderer Signalwerte mit vorangehenden Teilfolgen als auch Kombinationen mit nachfolgenden Teilfolgen der Signalwerte (A) zugrunde liegen, und beides in einem Signalpaket zuverlässig decodierbar vereinen zu können, kann offen bleiben. Ein solches Verfahren wäre eine zusätzliche Variante, die die Beklagte im Prüfungsverfahren sodann nicht weiterverfolgte, indem sie sich mit der Merkmalsgruppe 3.2 auf eine ausschließliche Verwendung eine der beiden Alternativen ohne Mischformen beschränkte. Da diese beiden Alternativen als zur Erfindung gehörend in der Anmeldung offenbart waren, begründet eine solche Beschränkung keine unzulässige Erweiterung.
- 33
- IV. Das Urteil des Patentgerichts ist auch nicht deshalb im Ergebnis zutreffend , weil Patentanspruch 1 in anderer Hinsicht eine unzulässige Erweiterung enthielte.
- 34
- Merkmal 1 führt nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus , indem das zu codierende Signal lediglich eine Folge von Signalwerten umfassen und nicht ausschließlich aus solchen Werten bestehen müsste.
- 35
- In dem in der Anmeldung formulierten Patentanspruch 1 wird dieses Merkmal zwar dahin beschrieben, dass das Signal "aus einer Folge von digital dargestellten Signalwerten besteht".
- 36
- Soweit darin die Signalwerte mit dem Adjektiv "digital" beschrieben werden , ist dies unschädlich. Auch wenn dieses Wort im erteilten Patentanspruch nicht vorkommt, ist das Verfahren aufgrund seiner Funktion zur Bitdatenreduktion auf digital dargestellte Werte beschränkt.
- 37
- Soweit die Formulierung des Patentanspruchs 1 in der Anmeldung mit den Worten "besteht aus" eine abschließende Aufzählung beschreibt (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2011 - X ZR 75/08, GRUR 2011, 1109 Rn. 37 - Reifenabdichtmittel ; vom 5. Mai 2015 - X ZR 60/13, juris - Verdickerpolymer), ergibt sich daraus keine Diskrepanz zu Merkmal 1 von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung. Auch in der erteilten Fassung ist dieses Merkmal dahin zu verstehen, dass jeder Wert in einem Signal einen Signalwert darstellt.
- 38
- V. Da das Patentgericht - nach seinem Ausgangspunkt konsequent - sich mit der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents nicht befasst hat, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Patentgericht zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 2 und 3 PatG).
- 39
- Ein Grundgedanke des reformierten Patentnichtigkeitsverfahrens ist es, dass die Patentfähigkeit zunächst durch das auch mit technisch sachkundigen Richtern besetzte Patentgericht bewertet wird und diese Bewertung durch den Bundesgerichtshof überprüft wird. Eine Endentscheidung durch den Bundesgerichtshof (§ 119 Abs. 5 PatG) ist daher regelmäßig nicht sachgerecht, wenn die Erstbewertung des Standes der Technik durch das Patentgericht unterblieben ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 60-62 - Polymerschaum I). Dafür, dass im Streitfall etwas anderes gälte, ist nichts erkennbar und wird auch von den Parteien nichts geltend gemacht.
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 12.03.2013 - 5 Ni 58/11 (EP) -
Tenor
-
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. Januar 2013 verkündete Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts aufgehoben.
-
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Patentgericht zurückverwiesen.
-
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
-
Die Beklagte ist Inhaberin des am 20. März 2001 unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität vom 15. April 2000 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 275 192.
- 2
-
Patentanspruch 1 lautet:
-
"A machine for the manufacture of elements (8) from strip stock, the elements (8) in use being stacked to provide an assembly of stacked elements (8) for an electrical motor, each element (8) including body (10) and pole (12) portions which are integrally formed, the machine including a die assembly including a first die member (22) for providing by punching at least parts of the body portions (10) of each element and a second die member (32) for providing by punching, the pole portions (12) of each element (8), and characterised in that the body and pole die members (22, 32) are relatively moveable between successive punching operations when the body and pole portions (10, 12) of the elements (8) are provided, whereby incremental adjustment of the position of the second die member (32) relative to the first die member (22) is effected so that whilst each of the body portions (10) of the elements (8) is provided along a common centre line, the pole portion (12) of each of the successive elements (8) is incrementally offset relative to the pole portion (12) of each of the respective previous elements (8) with respect to the said common centre line of the body portion (10)."
- 3
-
Die Klägerinnen machen geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei unzulässig erweitert und nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent wie erteilt und hilfsweise mit mehreren geänderten Anspruchssätzen verteidigt.
- 4
-
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.
- 5
-
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt.
Entscheidungsgründe
- 6
-
Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht zur Prüfung der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents. Die Annahme des Patentgerichts, mit dem Streitpatent sei ein "Aliud" gegenüber der Anmeldung unter Schutz gestellt worden, hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.
- 7
-
I. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum Herstellen von Elementen aus bandförmigem Material, wobei die Elemente im Gebrauch aufeinander gestapelt werden, um eine Anordnung von gestapelten Elementen für eine elektrische Maschine zu bilden. Eine elektrische Maschine mit ausgeprägten Polen ist, wie das Patentgericht ausgeführt hat, unter dem Fachbegriff Schenkelpolmaschine bekannt. Für Käfig- und Drehstromwicklungen ist es üblich, zur Geräusch- und Oberwellendämpfung die Nuten zu schrägen. Die Einzelbleche werden gegeneinander versetzt, so dass Nuten und Leiter wendelförmig verlaufen, gegebenenfalls auch abschnittsweise mit unterschiedlicher Schrägungsrichtung, so dass sich eine als Winkel- oder Pfeilform bezeichnete Form ergibt. Auch nach dem Streitpatent sollen die Polabschnitte winkelförmig geschrägt werden, die Grundkörper hingegen unverändert bleiben, wie in (der nachfolgend mit Figur 1 wiedergegebenen) Figur 2 des Streitpatents gezeigt.
- 8
-
Dazu müssen im Stand der Technik entweder beide Teile einzeln gefertigt und beispielsweise durch Schweißen verbunden werden oder es ist für jedes Blech eine gesonderte Form zu stanzen, was eine große Zahl verschiedener Stanzwerkzeuge erfordert. Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, einen Rotor mit dem gewünschten Winkelprofil einfacher herzustellen. Erfindungsgemäß wird dies durch zwei Stanzwerkzeuge erreicht, die schrittweise (inkrementell) gegeneinander bewegt werden und so eine sukzessive Verschiebung des Polabschnitts zum Grundkörper bewirken.
- 9
-
Das Patentgericht hat Patentanspruch 1 wie folgt in Merkmale gegliedert:
-
1.1 Vorrichtung zum Herstellen von Elementen
-
1.2 aus bandförmigem Material,
-
1.3 wobei die Elemente im Gebrauch aufeinandergestapelt werden, um eine Anordnung von gestapelten Elementen für eine elektrische Maschine zu bilden,
-
1.4 wobei jedes Element Grundkörper und Polabschnitte aufweist, die integral ausgebildet sind,
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2. wobei die Maschine eine Stanzanordnung aufweist,
-
2.1 die mit einem ersten Stanzelement versehen ist, zum Bereitstellen durch Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte eines jeden Elements,
-
2.2 und ein zweites Stanzelement zum Bereitstellen durch Ausstanzen der Polabschnitte eines jeden Elements, und dadurch gekennzeichnet,
-
3.1 dass die Stanzelemente für Grundkörper und Pole relativ zueinander bewegbar sind, zwischen aufeinanderfolgenden Stanzvorgängen,
-
3.2 wenn die Grundkörper- und Polabschnitte der Elemente gebildet werden,
-
4. wobei eine schrittweise Einstellung der Position des zweiten Stanzelements relativ zu dem ersten Stanzelement so ausgeführt wird,
-
4.1 dass während jeder der Grundkörperabschnitte der Elemente entlang einer gemeinsamen Mittellinie gebildet wird,
-
4.2 der Polabschnitt eines jeden der aufeinanderfolgenden Elemente schrittweise relativ zu dem Polabschnitt eines jeden entsprechenden vorangehenden Elements in Bezug auf die genannte gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts versetzt ist.
- 10
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II. Das Patentgericht hat in diesem Gegenstand eine unzulässige Erweiterung der Ursprungsoffenbarung gesehen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
- 11
-
Der Anspruch stütze sich auf Anspruch 11 der Anmeldung, wobei
-
- die Merkmale 1.2 bis 1.4 neu hinzugekommen seien,
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- in Merkmal 3.1 der zweite Halbsatz neu hinzugekommen sei,
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- in den Merkmalen 4 und 4.2 "schrittweise" ergänzt worden sei,
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- der auf Rotorelemente beschränkte Anspruch 11 auf Elemente verallgemeinert worden sei,
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- die Zuordnung der Grundkörperabschnitte und der Polabschnitte zu den Stanzelementen nach Merkmalen 2.1 und 2.2 vertauscht worden sei,
-
- nach diesen Merkmalen zumindest Teile der Grundkörperabschnitte und die Polabschnitte (insgesamt) ausgestanzt würden, während es nach Anspruch 11 der Anmeldung umgekehrt sei,
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- aus der Mittellinie des zugehörigen Grundkörperabschnitts eine gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts geworden sei.
- 12
-
Während sich die ersten drei Abweichungen von Anspruch 11 der Anmeldung aus den Ursprungsunterlagen ableiten ließen und die vierte als zulässige Verallgemeinerung angesehen werden könne, seien die weiteren Änderungen nicht mehr zulässig. Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin handele es sich nicht um einen offensichtlichen Fehler in der Formulierung des Patentanspruchs, der berichtigt werden könne. Anspruch 1 sei in sich schlüssig und lasse keine Widersprüche erkennen. Die von der Beklagten gesehenen Widersprüche zur Beschreibung und zu den Zeichnungen könnten nur im Rahmen der Auslegung berücksichtigt werden.
- 13
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Hierzu hat das Patentgericht ausgeführt, Patentanspruch 1 lasse offen, welches Stanzelement stationär und welches beweglich sei; beansprucht sei nur die Relativbewegung. In den Merkmalen 4.1 und 4.2 spreche der Anspruch von einer gemeinsamen Mittellinie als Bezugslinie für die Bewegung. In den ursprünglichen Unterlagen werde die Mittellinie auf den Grundkörperabschnitt bezogen. Werde die Mittellinie aber auf das Blechband oder die Stanzanlage bezogen, wären das erste Stanzelement und die Grundkörperabschnitte stationär und folglich die zweiten Stanzelemente und die Polabschnitte beweglich angeordnet, was ein Aliud zu der ursprünglich offenbarten und in den Figuren dargestellten Anlage darstelle. Der Argumentation der Klägerinnen folgend, die in der beanspruchten gemeinsamen Mittellinie des Grundkörperabschnitts etwas anderes sähen als in der ursprünglich offenbarten Mittellinie des zugehörigen Grundkörperabschnitts, sei als mit dem Streitpatent beansprucht eine Anlage anzusehen, bei der die Grundkörperabschnitte beim Ausstanzen auf einer nunmehr gemeinsamen Mittellinie lägen und das zugehörige Stanzwerkzeug folglich stationär sei. Dass sich die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele ausschließlich auf eine Anlage mit einem stationären Stanzwerkzeug für die Polabschnitte und einem beweglichen Stanzwerkzeug für die Grundkörperabschnitte bezögen, könne den Sinngehalt der Patentansprüche nicht in ihr Gegenteil verkehren. Eine Auslegung entgegen dem Wortlaut (im Sinne einer Auslegung entgegen dem Sinngehalt) der Patentansprüche sei nicht zulässig.
- 14
-
III. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Bei zutreffender Auslegung des Patentanspruchs 1 enthält dieser nicht die vom Patentgericht angenommenen Abweichungen vom Offenbarungsgehalt der Anmeldung, und entsprechendes gilt für den Verfahrensanspruch 7.
- 15
-
1. Zu Recht rügt die Berufung, dass es das Patentgericht unterlassen hat, Patentanspruch 1 zunächst unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen auszulegen, bevor es sich der Frage zuwandte, ob der Gegenstand des Streitpatents, der als das Ergebnis der Auslegung zutage tritt, in den ursprünglichen Unterlagen als die angemeldete Erfindung oder als dieser zugehörig offenbart ist.
- 16
-
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Auslegung des Patentanspruchs stets geboten und darf auch dann nicht unterbleiben, wenn der Wortlaut des Anspruchs eindeutig zu sein scheint (s. nur BGH, Urteil vom 29. April 1986 - X ZR 28/85, BGHZ 98, 12, 18 - Formstein; Urteil vom 12. März 2002 - X ZR 168/00, BGHZ 150, 149, 153 - Schneidmesser I; Beschluss vom 17. April 2007 - X ZB 9/06, BGHZ 172, 108 - Informationsübermittlungsverfahren I; Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107, Rn. 27 - Polymerschaum I). Denn die Beschreibung des Patents kann Begriffe eigenständig definieren und insoweit ein "patenteigenes Lexikon" darstellen (BGH, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 - Spannschraube). Auch der Grundsatz, dass bei Widersprüchen zwischen Anspruch und Beschreibung der Anspruch Vorrang genießt, weil dieser und nicht die Beschreibung den geschützten Gegenstand definiert und damit auch begrenzt (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09, BGHZ 189, 330, Rn. 23 - Okklusionsvorrichtung), schließt nicht aus, dass sich aus der Beschreibung und den Zeichnungen ein Verständnis des Patentanspruchs ergibt, das von demjenigen abweicht, das der bloße Wortlaut des Anspruchs vermittelt. Funktion der Beschreibung ist es, die geschützte Erfindung zu erläutern. Im Zweifel ist daher ein Verständnis der Beschreibung und des Anspruchs geboten, das beide Teile der Patentschrift nicht in Widerspruch zueinander bringt, sondern sie als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen versteht. Nur wenn und soweit dies nicht möglich ist, ist der Schluss gerechtfertigt, dass Teile der Beschreibung zur Auslegung nicht herangezogen werden dürfen. Eine Auslegung des Patentanspruchs, die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2014 - X ZR 35/11, GRUR 2015, 159, Rn. 26 - Zugriffsrechte).
- 17
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Der Inhalt der Ursprungsunterlagen oder der Veröffentlichung der Anmeldung bleibt bei der Auslegung außer Betracht. Weder darf der Patentanspruch - zur Vermeidung einer unzulässigen Erweiterung - nach Maßgabe des ursprünglich Offenbarten ausgelegt werden (BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I), noch darf umgekehrt sein Sinngehalt dadurch ermittelt werden, dass dem Wortlaut des Patentanspruchs abweichende Formulierungen der Anmeldung gegenübergestellt werden. Allenfalls dann, wenn zweifelhaft bleibt, ob sich Patentanspruch und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung setzen lassen, darf die "Anspruchsgeschichte" zur weiteren Klärung der Frage herangezogen werden, ob mit dem Anspruch ein Gegenstand unter Schutz gestellt worden ist, der von dem in der Beschreibung offenbarten abweicht oder hinter diesem zurückbleibt (BGHZ 189, 330, Rn. 25 - Okklusionsvorrichtung; BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I).
- 18
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2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich im Streitfall, dass die Merkmale 2.1 und 2.2 abweichend vom Wortlaut des Anspruchs dahin zu lesen sind, dass mit dem ersten Stanzelement zumindest Teile der Polabschnitte eines jeden Elements und mit dem zweiten Stanzelement die Grundkörperabschnitte eines jeden Elements durch Ausstanzen bereitgestellt werden.
- 19
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a) Mit der Erfindung soll, so heißt es im allgemeinen Teil der Beschreibung, eine Möglichkeit bereitgestellt werden, auf einfache Weise Rotorelemente mit Polabschnitten (Polköpfen) herzustellen, die um unterschiedliche Abstände zu einer Mittellinie des Grundkörperabschnitts (Polschafts) versetzt sind (Abs. 12 der Beschreibung). Bevorzugt ist dabei der vom ersten Stanzelement hergestellte Teil des Polabschnitts derjenige, der allen Rotorelementen (scil. unabhängig vom Ausmaß der Versetzung von der Mittellinie) gemeinsam ist (Abs. 13), d.h. der Polabschnitt wird vom ersten Stanzelement nur teilweise ausgestanzt, während der Rest des Materials beim nachfolgenden Ausstanzen des Grundkörperabschnitts weggenommen wird.
- 20
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Dies wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnungen, von denen die nachfolgend wiedergegebene Figur 4a wie die Figuren 5a und 6a Ansichten einer erfindungsgemäßen Vorrichtung darstellen (Abs. 17), näher erläutert.
- 21
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Danach ist auf einer Basisplatte 20 ein erstes ortsfestes Stanzelement (die member) 22 und benachbart zu diesem ein zweites bewegliches Stanzelement 32 angeordnet (Abs. 22). Das Stanzelement 22 weist zwei Stanzöffnungen 24a und 24b auf, von denen jede einer Fläche entspricht, die an einen Teil der Umfangslinie des Polabschnitts angrenzt (Abs. 23). Das bewegliche Stanzelement 32 weist Stanzöffnungen 34a und 34b auf, von denen jede einer Fläche entspricht, die an die (Längs-)Seite des Grundkörperabschnitts angrenzt, sowie eine sich dazwischen erstreckende dritte Stanzöffnung 35 (Abs. 24). Unter Ausnutzung dieser Stanzöffnungen werden mittels nicht dargestellter Stanzen die Rotorelemente ausgestanzt (Abs. 27 ff.), indem in Position B zunächst die Polabschnitte teilweise ausgestanzt werden (Abs. 28) und in Position C die Grundkörperabschnitte gestanzt werden (Abs. 29), so dass auf diese Weise mit dem Ausstanzen des Grundkörperabschnitts mittels der Stanzen (punch members) 64a und 64b und einer einteilig mit diesen ausgebildeten dritten Stanze 65 gleichzeitig das Ausstanzen der Polabschnitte vollendet wird und in Position D ein vollständiges Rotorelement bereitsteht (Abs. 30). Die Beschreibung erläutert weiter, es verstehe sich, dass die Stanzen beider Stanzelemente 22, 32 gleichzeitig betätigt würden. Im Anschluss an jeden Stanzvorgang werde ein Antriebsmittel 36 betätigt, um das Stanzelement 32 inkrementell in einer Richtung zu versetzen und damit einen Versatz des Polabschnittabschnitts von der Mittellinie des Grundkörperabschnitts zu erzeugen (Abs. 32).
- 22
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b) Mit dieser Darstellung des erfindungsgemäßen Verfahrens und einer hierfür geeigneten Vorrichtung steht Patentanspruch 1 (und ebenso der Verfahrensanspruch 7) auf den ersten Blick nicht in Einklang. Denn nach Merkmal 2.1 scheint das (feststehende) erste Stanzelement zum Ausstanzen (zumindest) von Teilen des Grundkörperabschnitts und das (bewegliche) zweite Stanzelement zum Ausstanzen der Polabschnitte bestimmt zu sein. Aus dem Gesamtinhalt der Beschreibung und den weiteren Patentansprüchen 2 bis 6 ergibt sich jedoch, dass hierbei Grundkörper- und Polabschnitte vertauscht worden sind und die Merkmalsgruppe 2 daher so zu lesen ist, dass die Maschine eine Stanzanordnung aufweist, die (2.1) mit einem ersten Stanzelement zum Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte und (2.2) mit einem zweiten Stanzelement zum Ausstanzen der Polabschnitte eines jeden Elements versehen ist.
- 23
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(1) Darauf deutet zunächst der Umstand hin, dass ein wörtlich genommener Patentanspruch 1 nicht nur mit Teilen der Beschreibung wie einzelnen oder auch sämtlichen Ausführungsbeispielen, sondern mit der Beschreibung insgesamt in Widerspruch tritt, ohne dass hierfür ein plausibler Grund erkennbar wäre. Dies wird insbesondere an der vermeintlichen Anweisung des Merkmals 2.1 deutlich, mit dem ersten Stanzelement zumindest Teile des Grundkörperabschnitts auszustanzen. Denn in der Beschreibung ist es, wie erwähnt, gleich eingangs als bevorzugte Vorgehensweise erläutert, mit dem ersten Stanzelement Teile der Polabschnitte, nämlich den allen Polabschnitten gemeinsamen (äußeren) Umriss der Polköpfe, herzustellen. Mit dem Ausstanzen des Grundkörperabschnitts wird sodann die Oberkante des (vorauslaufenden) Polabschnitts gestanzt und gleichzeitig die Unterkante des nächsten Polabschnitts in Abhängigkeit vom Betrag des Versatzes des zweiten Stanzelements so ausgebildet, dass sich ein entsprechender Versatz des Polabschnitts gegenüber der gemeinsamen Mittellinie des Grundkörperabschnitts (Merkmal 4.2) ergibt. Auf diese Weise lassen sich mit einem Werkzeug unterschiedliche Polkopfformen herstellen. Hingegen findet die Möglichkeit, den (gleichförmigen) Grundkörper mit dem ersten Stanzwerkzeug nur teilweise auszustanzen, den Polabschnitt und den Rest des Grundkörperabschnitts aber mit weiteren Stanzwerkzeugen, keinerlei Anklang in der Beschreibung.
- 24
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(2) Es kommt hinzu, dass der Wortlaut der Merkmalsgruppe 4 zwar mit dem vom Patentgericht entwickelten Verständnis nicht unvereinbar ist, jedoch im Kontext der Beschreibung und der weiteren Patentansprüche betrachtet gleichfalls die Annahme stützt, dass das erste Stanzelement anspruchsgemäß nicht zum Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte, sondern der Polabschnitte bestimmt ist.
- 25
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Das Patentgericht hat, im Ausgangspunkt zutreffend, erwogen, dass der Patentanspruch in den Merkmalen 3.1, 3.2 und 4 offen lässt, welches Stanzelement fest und welches beweglich angeordnet ist, da Merkmal 3.1 nur vorgibt, dass beide Stanzelemente relativ zueinander bewegt werden können. Es hat jedoch aus Merkmal 4.2 geschlossen, dass das den Grundkörperabschnitt (teilweise) ausstanzende erste Stanzelement stationär angeordnet sei, weil in diesem Merkmal Bezug auf eine gemeinsame Mittellinie aufeinanderfolgender Elemente genommen, der Fachmann hierunter nichts anderes als eine allen Elementen gemeinsame Mittellinie verstehen könne und folglich eine Vorrichtung unter Schutz gestellt werde, bei der die Grundkörperabschnitte beim Ausstanzen auf einer gemeinsamen Mittellinie lägen.
- 26
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Bei Patentanspruch 1 handelt es sich um einen Sachanspruch, dessen Merkmale dazu bestimmt sind, die geschützte Sache zu beschreiben, d.h. im Streitfall die Maschine und damit gegebenenfalls mittelbar die Ausgestaltung der Erzeugnisse, die mit ihr hergestellt werden können. Wird Merkmal 4.2 - wie stets geboten (statt aller BGHZ 194, 107, Rn. 27 - Polymerschaum I) - im Kontext der Merkmalsgruppe 4 und diese im Zusammenhang des gesamten Anspruch und vor dem erläuternden Hintergrund der Beschreibung gelesen, besagt die Merkmalsgruppe 4, dass die Relativposition des zweiten Stanzelements schrittweise (inkrementell) so geändert wird, dass der Polabschnitt jedes Elements im Verhältnis zum Polabschnitt des vorangehenden um eine entsprechende Schrittweite gegenüber der gemeinsamen Mittellinie der Grundkörperabschnitte versetzt ist. Die Relativbewegung der Stanzelemente (Vorrichtungsmerkmal 4) soll mit anderen Worten so erfolgen, dass die mit der Vorrichtung hergestellten (Rotor-)Elemente den Merkmalen 4.1 und 4.2 entsprechen. Die Grundkörperabschnitte haben mithin eine gemeinsame Mittellinie, die (nicht symmetrischen) Polabschnitte weisen hingegen einen Versatz aus der Mittellinie in die eine oder andere Richtung auf.
- 27
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Demgegenüber liefe ein Verständnis des Merkmals 4.2 als mittelbare Umschreibung der stationären Anordnung des ersten Stanzelements darauf hinaus, dass die - wie auch das Patentgericht angenommen hat - in Patentanspruch 1 an sich offen gelassene Frage, welches Stanzelement fest und welches beweglich angeordnet ist, doch im Sinne einer festen Anordnung des ersten Stanzelements beantwortet würde. Gleichzeitig verlöre damit Patentanspruch 2, der gerade erst bestimmt, dass das erste Stanzelement fest sein und das zweite inkrementell relativ zu diesem bewegt werden soll, seine Funktion, die mit Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Vorrichtung zu konkretisieren und wiederholte mit anderen Worten lediglich den sachlichen Gehalt des Patentanspruchs 1.
- 28
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(3) Schließlich stützt auch Patentanspruch 6 - und entsprechendes gilt für das Verfahren nach Patentanspruch 9 - in Verbindung mit der Beschreibung die Annahme, dass die Merkmale 2.1 und 2.2 im dargestellten Sinne einer Vertauschung von Grundkörper- und Polabschnitten zu lesen sind.
- 29
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Technisch sinnvoll ließe sich die zunächst nur teilweise Ausstanzung des Grundkörperabschnitts, die Merkmal 2.1 vorzusehen scheint, nur dahin verstehen, dass dem Ausstanzen seiner Längskanten die Ausstanzung seiner Fußlinie, gegebenenfalls zusammen mit der Oberkante des vorauslaufenden Polabschnitts, nachfolgt. Hierfür wird, wie ausgeführt, im Ausführungsbeispiel die Stanze 65 verwendet, die zusammen mit der gekrümmten inneren Oberfläche des Grundkörperabschnitts die gekrümmte äußere Oberfläche des Polabschnitts erzeugt. Dadurch bleibt, wie in Absatz 35 der Beschreibung erläutert wird, die Mittellinie des Krümmungsradius der Polabschnitte im Wesentlichen auf der Mittellinie C/L des Grundkörperabschnitts, obwohl sich der Versatz des Polabschnitts um einen Schritt von der theoretischen Position unterscheidet. Damit bleiben gleichzeitig die Mittellinie der äußeren Oberfläche der Polabschnitte der gestapelten Rotorelemente und der Luftspalt zwischen dieser äußeren Oberfläche und der inneren Oberfläche des Stators trotz der winkelartigen Anordnung konstant. Die Vorteile dieser Anordnung können ohne den Nachteil einer Veränderung der Dicke des Luftspalts in Axialrichtung der Rotoranordnung genutzt werden (Abs. 36).
- 30
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Die Stanze 65 gehört zu einem dritten Stanzelement 35, das nach Patentanspruch 4 zum Ausstanzen eines Umfangsrands zwischen dem Grundkörperabschnitt eines Elements und dem Polabschnitt eines durch den vorangegangenen Ausstanzvorgang gebildeten Elements dient. Nach Patentanspruch 6 sind die zweiten und dritten Stanzelemente integral ausgebildet. Es sind somit in Patentanspruch 6 einteilig ausgebildete Stanzen 64a, 64b, 65 unter Schutz gestellt, wie sie in der Beschreibung erläutert und in Figur 7 gezeigt sind. Sie können, wie von Patentanspruch 9 gefordert, gemeinsam schrittweise zwischen aufeinander folgenden Ausstanzvorgängen bewegt werden.
- 31
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Mit diesem einteiligen beweglichen Werkzeug lassen sich jedoch im Wesentlichen auf der Mittellinie C/L des Grundkörperabschnitts liegende Krümmungsradien der Polabschnitte nicht erzeugen. Es lassen sich nicht einmal die (gleichmäßig) gekrümmten inneren Oberflächen des Grundkörperabschnitts erzeugen, mit denen die Rotorelemente im Ausführungsbeispiel auf der Welle angeordnet sind, weil die einteilige Stanze relativ zum Grundkörperabschnitt verschoben wird.
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(4) Unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Beschreibung, des Sinngehalts der Merkmalsgruppe 4, und des Wortlauts der Patentansprüche 2, 6 und 9 muss der Fachmann, der es unternimmt, ein sinnvolles und wenn möglich widerspruchsfreies Gesamtverständnis der Patentansprüche und der zu ihrer Erläuterung bestimmten Beschreibung zu entwickeln, mithin zu dem Schluss gelangen, dass mit der Formulierung des Patentanspruchs in den Merkmalen 2.1 und 2.2 - entgegen dem insoweit verunglückten Wortlaut - nichts unter Schutz gestellt worden ist, was von der in der Beschreibung offenbarten Vorrichtung abweicht, bei der mit dem ersten (feststehenden) Stanzelement (zumindest) Teile der Polabschnitte eines jeden Elements und mit dem zweiten (beweglichen) Stanzelement die Grundkörperabschnitte eines jeden Elements durch Ausstanzen bereitgestellt werden.
- 33
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c) Entgegen der von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung steht die dargestellte Auslegung des Patentanspruchs 1 - die entsprechend für Patentanspruch 7 gilt - auch nicht im Widerspruch zu einer mit der Erteilung des Streitpatents vorgenommenen Beschränkung des Schutzgegenstands gegenüber dem mit der Anmeldung beanspruchten Gegenstand. Denn es bleibt dabei, dass der Patentanspruch durch die vom Patentgericht aufgezeigten zusätzlichen Merkmale als ein gegenüber der Anmeldung engerer Gegenstand definiert worden ist.
- 34
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3. Damit enthält der Gegenstand des Streitpatents insoweit keine unzulässige Erweiterung. Dass sie auch im Übrigen nicht vorliegt, hat das Patentgericht rechtsfehlerfrei angenommen; die Berufungserwiderungen wenden sich hiergegen auch nicht.
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IV. Da das Patentgericht - nach seinem Ausgangspunkt konsequent - sich mit der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents nicht befasst hat, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Patentgericht zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 2 und 3 PatG).
- 36
-
Ein Grundgedanke des reformierten Patentnichtigkeitsverfahrens ist es, dass die Patentfähigkeit zunächst durch das auch mit technisch sachkundigen Richtern besetzte Patentgericht bewertet wird und diese Bewertung durch den Bundesgerichtshof überprüft wird. Eine Endentscheidung durch den Bundesgerichtshof (§ 119 Abs. 5 PatG) ist daher regelmäßig nicht sachgerecht, wenn die Erstbewertung des Standes der Technik durch das Patentgericht unterblieben ist. Dafür, dass im Streitfall etwas anderes gälte, ist nichts erkennbar und wird auch von den Parteien nichts geltend gemacht.
-
Meier-Beck Gröning Bacher
-
Deichfuß Kober-Dehm
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 102 809 (Streitpatents), das am 30. Juli 1999 unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom 31. Juli 1998 international angemeldet worden ist und Polymerschaum enthaltende Artikel sowie ein Verfahren zu deren Herstellung betrifft. Das Streitpatent umfasst 38 Patentansprüche, von denen die Ansprüche 1 und 15 in der Verfahrenssprache wie folgt lauten: "1. A method for preparing a polymer foam, said method comprising : (a) providing a plurality of expandable polymeric microspheres and a molten polymer composition containing less than 20 wt.% solvent, each expandable polymeric micro- sphere including a polymer shell and a core material in the form of a gas, liquid, or combination thereof, that expands upon heating, with the expansion of the core material, in turn, causing the shell to expand; (b) melt mixing the molten polymer composition and the plurality of expandable polymeric microspheres, under process conditions, including temperature and shear rate, selected to form an expandable extrudable composition; (c) extruding the expandable extrudable composition through a die to form the polymer foam; and (d) at least partially expanding a plurality of the expandable polymeric microspheres before the expandable extrudable composition exits the die. 15. An article comprising the polymer foam obtainable according to the method of claim 1."
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- Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und die Erfindung sei nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Ferner hat die Klägerin sich auf fehlende Patentfähigkeit berufen.
- 3
- Das Patentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat der Senat das Urteil des Patentgerichts aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückverwiesen (Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 = GRUR 2012, 1124 - Polymerschaum, nachfolgend: erstes Berufungsurteil).
- 4
- Das Patentgericht hat das Streitpatent erneut für nichtig erklärt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage anstrebt, soweit sie das Streitpatent verteidigt. Nach ihrem zuletzt gestellten Hauptantrag soll Patentanspruch 1, den sie vor dem Patentgericht noch in der erteilten Fassung verteidigt hat, folgende Fassung erhalten, auf die sich die Unteransprüche 2 bis 14 rückbeziehen sollen (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben): "A method for preparing a polymer foam, said method comprising: (a) providing a plurality of expandable polymeric microspheres and a molten polymer composition containing less than 20 wt.% solvent in an extruder, each expandable polymeric microsphere including a polymer shell and a core material in the form of a gas, liquid, or combination thereof, that expands upon heating, with the expansion of the core material, in turn, causing the shell to expand; (b) melt mixing the molten polymer composition and the plurality of expandable polymeric microspheres in the extruder, under process conditions, including temperature and shear rate, selected to form an expandable extrudable composition; (c) extruding the expandable extrudable composition through a die to form the polymer foam; and at least partially expanding a plurality of the expandable polymeric microspheres before the expandable extrudable composition exits the die." Der nebengeordnete Patentanspruch 15 soll nach dem Hauptantrag die
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- bereits vor dem Patentgericht verteidigte Fassung erhalten, die wie folgt lautet (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben): "An article comprising the polymer foam obtainable according to the method of claim 1, wherein said polymer foam is an adhesive , and wherein the polymer composition comprises an acrylate or methacrylate adhesive polymer or copolymer."
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- Die hierauf rückbezogenen Patentansprüche 16 bis 23 und 25 bis 35 sollen in der erteilten Fassung beibehalten werden. Der nach der erteilten Fassung nebengeordnete Patentanspruch 36 und die hierauf rückbezogenen Unteransprüche 37 und 38 sollen nach dem zuletzt gestellten Hauptantrag entfallen. Hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent in elf geänderten Fassungen. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
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- Die Parteien haben eine Mehrzahl von Gutachten vorgelegt, die Prof. Dr.-Ing. F. O. , Hochschule Maschinenbau & Produktion, für die Klägerin und Prof. Dr.-Ing. M. S. , Inhaber des Lehrstuhls für Polymerwerkstoffe , für die Beklagte erstattet haben.
Entscheidungsgründe:
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- Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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- A. Das Patentgericht hat angenommen, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, und hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Patentanspruch 1 enthalte eine unzulässige Erweiterung gegenüber den
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- Ursprungsunterlagen, die zwar nicht zur Nichtigerklärung, aber dazu führe, dass der Prüfung auf Patentfähigkeit ein um diese Erweiterung bereinigter Gegenstand des Streitpatents zugrunde zu legen sei. Gegenstand des Streitpatents seien Herstellungsverfahren, die sowohl
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- stofflich als auch verfahrenstechnisch im Rahmen der Anspruchsmerkmale nahezu unbegrenzt breit gestaltbar seien. Sofern in der Beschreibung konkrete Anhaltspunkte zur Auslegung des Anspruchs fehlten, sei auf das Grundwissen des Fachmanns und vorveröffentlichte Fachliteratur zurückzugreifen. Der Begriff "molten polymer composition" sei allein schon wegen der stofflichen Unbestimmtheit des Begriffs Polymerzusammensetzung und den offen formulierten Verfahrensbedingungen nicht durch einen eng festlegbaren Schmelzbereich gekennzeichnet. Ein Schmelzpunkt im herkömmlichen Sinne existiere für Polymere in der Regel nicht, erst recht nicht für komplexe Polymerzusammenset- zungen. Der Übergang vom festen in den flüssigen Zustand findet nicht bei einer bestimmten, genau definierten Temperatur statt, sondern in einem von Fall zu Fall unterschiedlich breit ausgeprägten Erweichungsbereich vom festen über den viskosen, schwerflüssigen hin zum verflüssigten Zustand. Der Übergang vom festen in den flüssigen bzw. vollständig geschmolzenen Bereich lasse sich nur durch verschiedene physikalische Parameter kennzeichnen. Der Schermodul sinke mit Beginn des Erweichungsbereichs über den gummi-elastischen Bereich in den mit der Fließtemperatur Tf beginnenden Bereich einer Schmelze mit zunehmender Temperatur gegen Null. Die das Fließverhalten einer Polymerschmelze besonders kennzeichnende Größe sei jedoch die Viskosität, die mit steigender Temperatur abnehme. Die unter den Patentanspruch 1 subsumierbaren Polymerzusammensetzungen wiesen, von wenigen Ausnahmen abgesehen , mehr oder weniger ausgeprägt breite Erweichungs- bzw. Verflüssigungsbereiche auf, innerhalb deren sie zwar so weich seien, dass sie im Extruder relativ gut gemischt und verarbeitet werden könnten, bei denen ein geschmolzener Zustand jedoch noch nicht vorliege und für die Verarbeitung auch nicht zwingend erforderlich sei. Die Frage, zu welchem Zeitpunkt und bei welcher Temperatur eine Polymerzusammensetzung als geschmolzen zu bezeichnen sei, trete gegenüber diesen Verarbeitungserfordernissen in den Hintergrund und sei aufgrund der Komplexität der Zusammensetzung der Polymermatrix in vielen, wenn nicht in den meisten Fällen nicht oder nur schwer festzulegen , im Streitfall letztlich aber ohne Bedeutung. Da das Streitpatent auch bis zu 20 Gewichtsprozent eines beliebigen Lösungsmittels zulasse, sei der Begriff "molten polymer composition" nicht nur unbestimmt, sondern vielmehr zur Kennzeichnung und insbesondere zur Abgrenzung zum Stand der Technik ungeeignet und aufgabenhaft. Die in der Formulierung "Bereitstellen einer geschmolzenen Polymerzu12 sammensetzung" (providing a molten polymer composition) zum Ausdruck kommende Reihenfolge der Verfahrensschritte dergestalt, dass die Polymerzusammensetzung vor Zugabe der Mikrokugeln geschmolzen sein müsse, werde in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen (veröffentlicht als WO 00/06637) nicht offenbart. Weder die Ansprüche noch die Beschreibung der Anmeldung enthielten den Begriff "molten polymer composition" als solchen. Auch sonst fänden sich keine Anhaltspunkte in den Anmeldeunterlagen, dass die Polymerzusammensetzung in geschmolzenem Zustand bereitzustellen und die Mikrokugeln ausschließlich der bereits geschmolzenen Polymermasse zuzugeben seien. Der auch in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen verwendete Fachbegriff des Schmelzmischens (melt mixing) sage nichts darüber aus, in welchem Zustand die zu mischenden Komponenten vorgelegt würden. Insbesondere könne aus diesem Begriff nicht auf den Einsatz einer bereits vor der Zugabe der Mikrokugeln in den Extruder geschmolzenen Polymermischung geschlossen werden. Denn beim Schmelzmischen würden die zur Herstellung von Polymermischungen eingesetzten Polymere für gewöhnlich in ihrem Ist-Zustand bei Raumtemperatur in dem gegebenenfalls vorgeheizten Mischgefäß vorgelegt und in der bei einer gewählten Temperatur entstehenden Schmelze gemischt, um eine möglichst homogene Schmelze zu erhalten. Dass die Polymerzusammensetzung bei Zugabe der Mikrokugeln in geschmolzenem Zustand vorliegen müsse, werde auch nicht implizit durch die Beschreibung des Extrusionsverfahrens in den Ausführungsbeispielen offenbart, und zwar weder in den Beispielen, die sich auf Polymerzusammensetzungen beliebiger Art bezögen noch in den Beispielen, die die speziellen Hot-Melt-Zusammensetzungen beträfen. Insgesamt enthielten die allgemeine Beschreibung der Anmeldung und die Ausführungsbeispiele keinen Hinweis darauf, dass zwischen dem Erweichungs-, Fließund Schmelzverhalten der Zusammensetzung der Polymermatrix und der Zugabe der Mikrokugeln ein Zusammenhang bestehe.
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- Damit enthalte Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung mit der Vorgabe, dass eine geschmolzene Polymerzusammensetzung bereitzustellen sei, ein in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht offenbartes Merkmal. Da die Zugabe der Mikrokugeln in eine zum Zeitpunkt der Zugabe bereits geschmolzene Polymerzusammensetzung einer von vielen unter die in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbarte Lehre subsumierbaren, möglichen Verfahrensabläufen darstelle, stelle die im Erteilungsverfahren vorgenommene Festlegung auf diese Verfahrensgestaltung gegenüber dem Gegenstand der ursprünglichen Anmeldung allerdings weder eine Erweiterung noch ein Aliud dar, so dass eine Nichtigerklärung des Streitpatents wegen unzulässiger Erweiterung nicht in Betracht komme. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag ver14 teidigten Fassung sei nicht patentfähig. Dieser Beurteilung stehe nicht entgegen , dass der Bundesgerichtshof den Gegenstand von Patentanspruch 1 im ersten Berufungsurteil für neu und auf erfinderischer Tätigkeit beruhend erachtet habe. Die Bindungswirkung des ersten Berufungsurteils beschränke sich auch nach dem reformierten Patentnichtigkeitsverfahrensrecht auf den Fall, dass der zu beurteilende Sachverhalt gleich bleibe, mithin der zu berücksichtigende Stand der Technik oder die zu beurteilende Fassung des Streitpatents sich nicht änderten. Im Streitfall habe sich die Beurteilungsgrundlage insofern geändert, als das nicht in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbarte Merkmal bei der Prüfung der Patentfähigkeit außer Betracht zu lassen sei und die Klägerin im Rahmen der neuen Verhandlung nach der Zurückverweisung des Verfahrens neuen Stand der Technik eingeführt habe. Neues tatsächliches Vorbringen sei durch die Bindungswirkung des ersten Berufungsurteils nicht ausgeschlossen. Danach werde der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung von mehreren Entgegenhaltungen vorweggenommen.
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- B. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nur im Ergebnis stand.
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- I. Das Streitpatent betrifft in der verteidigten Fassung Polymerschaum enthaltende Erzeugnisse und Verfahren zu deren Herstellung in einem Extruder. 1. Solche Gegenstände waren im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents
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- bereits bekannt und finden in unterschiedlichen Bereichen wie beispielsweise in der Luftfahrt, im Fahrzeugbau und auf medizinischem Gebiet Verwendung. Polymerschaum zeichnet sich dadurch aus, dass er eine geringere Dich18 te aufweist als die in ihm enthaltende Polymermatrix. Die Reduzierung der Dichte wird mit unterschiedlichen Verfahrensweisen erreicht, so durch die Erzeugung von gasgefüllten Hohlräumen in der Matrix (z.B. mit Hilfe eines Treibmittels ) oder durch das Zusetzen polymerer, insbesondere expandierbarer Mikrokugeln oder nicht-polymerer wie gläserner Mikrokugeln. Die Streitpatentschrift verweist in diesem Zusammenhang auf die deutsche Offenlegungsschrift 195 31 631 (E01), die ein Verfahren zur Herstellung eines thermoplastischen Polymerschaums mittels Extrusions- oder Spritzgussmaschinen betrifft (Beschr. Abs. 2, 3). In der Streitpatentschrift wird nicht ausdrücklich angegeben, welches
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- technische Problem das Streitpatent betrifft. Es lässt sich allgemein dahin formulieren , ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, bei dem das Aufschäumen mittels expandierbarer Mikrokugeln zuverlässig und ohne Zerstörung der Mikrokugeln möglich ist.
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- 2. Zur Lösung des Problems schlägt das Streitpatent in der mit dem Hauptantrag zuletzt verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor: 1. Verfahren zur Herstellung eines Polymerschaums durch Bereitstellen 1.1 von mehreren expandierbaren polymeren Mikrokugeln und 1.2 einer geschmolzenen Polymerzusammensetzung (molten polymer composition) 1.3 in einem Extruder. 2. Die geschmolzene Polymerzusammensetzung enthält weniger als 20 Gewichtsprozent Lösungsmittel. 3. Jede expandierbare polymere Mikrokugel umfasst eine Polymerhülle und ein Kernmaterial, das 3.1 aus einem Gas, einer Flüssigkeit oder einer Kombination davon besteht und 3.2 beim Erwärmen expandiert, was zur Expansion der Polymerhülle führt. 4. Die geschmolzene Polymerzusammensetzung und die expandierbaren Mikrokugeln werden im Extruder schmelzgemischt (melt mixing the molten polymer compo- sition and the plurality of expandable polymeric microspheres in the extruder), wobei die Prozessbedin- gungen einschließlich Temperatur und Schergeschwindig- keit so gewählt werden, dass eine Zusammensetzung gebildet wird, die 4.1 extrudierbar und 4.2 expandierbar ist. 5. Die expandierbare extrudierbare Zusammensetzung wird durch eine Düse extrudiert, um den Polymerschaum zu bilden. 6. Mehrere der expandierbaren polymeren Mikrokugeln expandieren zumindest teilweise, bevor die expandierbare, extrudierbare Zusammensetzung aus der Düse tritt.
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- Der mit dem Hauptantrag beanspruchte nebengeordnete Erzeugnisanspruch 15 ist auch in seiner verteidigten Fassung als Product-by-ProcessAnspruch ausgestaltet und dadurch definiert, dass die Erzeugnisse durch das Verfahren nach Patentanspruch 1 erhältlich sind, wobei der Polymerschaum ein Klebstoff ist und die Polymerzusammensetzung ein adhäsives Acrylat- oder Methacrylat-Polymer oder -Copolymer enthält.
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- 3. Für die Auslegung von Patentanspruch 1 ist der sowohl in Merkmal 1.2 als auch in Merkmal 4 verwendete Begriff der "molten polymer composition" von zentraler Bedeutung.
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- a) Die Parteien vertreten unterschiedliche Auffassungen dazu, unter welchen Voraussetzungen eine Polymerzusammensetzung im Sinne von Patentanspruch 1 als "geschmolzen" (molten) anzusehen ist. Die Beklagte knüpft an das Durchschreiten des Glasübergangstemperaturbereichs an, in dessen Mitte die Glasübergangstemperatur Tg liegt, die durch das relative Maximum der tan-δ-Kurve gekennzeichnet ist. Sie ist der Ansicht, dass eine geschmolze- ne Polymerzusammensetzung bereits dann vorliegt, wenn die - infolge der Erwärmung der Polymerzusammensetzung einsetzenden - Mikro-BrownschenBewegungen zu Gestaltänderungen der Kettenmoleküle in der Weise führen, dass das Polymer elastisch ("gummi-elastisch") und in der Mitte dieses gummielastischen Bereichs das relative Minimum der tan-δ-Kurve durchschritten wird. Sie stützt sich dabei darauf, dass die Polymermatrix, wie auch das Patentgericht ausgeführt hat, in diesem Stadium ihr mechanisches Struktur- und rheologisches Fließverhalten kontinuierlich infolge der steigenden Temperatur verändert und verarbeitbar wird. Dagegen kann nach Ansicht der Klägerin von einer geschmolzenen Polymerzusammensetzung erst dann die Rede sein, wenn die durch Steigerung der Temperatur stärker werdenden Brownschen Molekularbewegungen den Zusammenhalt der Molekülketten weiter dadurch reduzieren, dass die Verschlaufungen der Molekülketten gelöst und wieder neu gebildet würden. Erst dann sei das Polymer nicht mehr elastisch, sondern gehe in einen "geschmolzenen" Zustand über.
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- b) Das Patentgericht hat - insoweit von den Parteien unbeanstandet - festgestellt, dass für Polymere und erst recht für komplexe Polymerzusammensetzungen kein Schmelzpunkt im herkömmlichen Sinn besteht (übereinstimmend die von den Parteien vorgelegten Gutachten, s. nur Gutachten S. [G9], S. 3-7, und Gutachten O. [K4], S. 7-11). Es hat weiter angenommen , dass die unter Patentanspruch 1 subsumierbaren Matrix(co)polymere mehr oder weniger breite Erweichungs- bzw. Verflüssigungsbereiche aufwiesen , innerhalb deren sie im Extruder mit anderen Zusatzstoffen gut gemischt und verarbeitet werden könnten. In dieser Phase seien die Polymere noch nicht geschmolzen, was für die Verarbeitung aber auch nicht zwingend erforderlich sei. Zu welchem Zeitpunkt und bei welcher Temperatur die Polymerzusammensetzung als geschmolzen zu bezeichnen sei, lasse sich letztlich nicht oder kaum festlegen, weswegen das Merkmal unbestimmt und "zur Abgrenzung vom Stand der Technik ungeeignet" sei.
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- a) Damit hat es das Patentgericht unterlassen, den Gegenstand des Streitpatents im Lichte der Gesamtoffenbarung der Patentschrift zu bestimmen, bevor es sich der Frage zuwandte, ob dieser Gegenstand gegenüber den ursprünglichen Unterlagen unzulässig erweitert ist. Ein erteilter Patentanspruch hat Rechtsnormcharakter (BGH, Beschluss vom 8. Juli 2008 - X ZB 13/06, GRUR 2008, 887 Rn. 13 - Momentanpol II), und es ist eine Rechtsfrage, was sich aus einem Patentanspruch als geschützter Gegenstand ergibt (st. Rspr. seit BGH, Urteil vom 18. Mai 1999 - X ZR 156/97, BGHZ 142, 7 - Räumschild). Die verbindliche Beantwortung von Rechtsfragen ist Aufgabe des angerufenen Gerichts, von der es auch dann nicht entbunden ist, wenn die Rechtsnorm unklar oder deren Auslegung schwierig ist. Ebenso wenig wie der Verletzungsrichter sich darauf zurückziehen darf, den Erfindungsgegenstand ganz oder teilweise nicht bestimmen zu können (BGH, Urteil vom 31. März 2009 - X ZR 95/05, BGHZ 180, 215 Rn. 16 - Straßenbaumaschine), kann das Patentgericht von der Bestimmung des Erfindungsgegenstands mit der Begründung absehen, ein Merkmal sei unbestimmt und (deshalb) zur "Abgrenzung vom Stand der Technik" ungeeignet.
- 26
- Der Sinngehalt eines Merkmals ist mit Blick darauf zu ermitteln, was mit dem Merkmal aus der Sicht des Fachmanns im Hinblick auf die Erfindung erreicht werden soll. Dabei können der allgemeine wie auch der übliche fachliche Sprachgebrauch Anhaltspunkte für das Verständnis des Fachmanns geben. Mit Rücksicht darauf, dass Begriffe in einer Patentbeschreibung abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch benutzt werden können, ist letztlich aber der sich aus dem Gesamtzusammenhang der Patentschrift ergebende Begriffsinhalt maßgeblich. Für einen Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch ist umso weniger Raum, je mehr der Inhalt der Patentschrift auf ein abweichendes Verständnis hindeutet (BGH, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 f. - Spannschraube). Soweit es die Heranziehung der Beschreibung in ihrer Gesamtheit für die Anspruchsauslegung betrifft, ist grundsätzlich ein Verständnis des Anspruchs angezeigt, das im Einklang mit den Erläuterungen in der Beschreibung insgesamt steht. Nur wenn und soweit sich daraus ein Verständnis des Anspruchs ergeben würde, das eindeutig nicht dem entsprechen kann, was unter Schutz gestellt werden soll, ist der Schluss gerechtfertigt, dass aus Teilen der Beschreibung keine Schlussfolgerungen in Bezug auf den geschützten Gegenstand gezogen werden dürfen. Eine Auslegung des Patentanspruchs , die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, kommt nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2014 - X ZR 35/11, GRUR 2015, 159 Rn. 26 - Zugriffsrechte).
- 27
- 4. Wann i. S. der Lehre des Streitpatents von einer "geschmolzenen" Polymerzusammensetzung ("molten polymer composition") gesprochen werden kann, ist funktionell zu bestimmen. Die Polymerzusammensetzung muss bei Zugabe der Mikrokugeln nicht im strengen Sinne geschmolzen, sondern ihre Viskosität muss lediglich soweit herabgesetzt sein, dass sie in einem Extruder verarbeitbar ist.
- 28
- Der Senat hat im ersten Berufungsurteil ausgeführt, dass der sowohl in Merkmal 1.2 als auch in Merkmal 4 verwendete Begriff der "molten polymer composi- tion" eine Reihenfolge der Verfahrensschritte zum Ausdruck bringt, nach der die expandierbaren Mikrokugeln einer bereits vor der Beimischung "geschmolzenen" Polymerzusammensetzung zugesetzt werden. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass der Fachmann mit dem Begriff "molten polymer compositi- on" einen eindeutigen Sinngehalt verbindet und dass demgemäß die Tempera- tur der zu extrudierenden Polymerzusammensetzung "schon vor Zufügung der Mikrokugeln über dem Schmelzpunkt der Polymerzusammensetzung liegen muss" (so wörtlich Rn. 32 aE des ersten Berufungsurteils). Ferner hat er es für möglich gehalten und daher die Sache auch insoweit zur weiteren Prüfung durch das mit fachkundigen technischen Richtern besetzte Patentgericht zurückverwiesen , dass bei den Ausführungsbeispielen tatsächlich der Schmelzpunkt überschritten ist. An diesen Annahmen kann auf der Grundlage der Feststellungen im zweiten Urteil des Patentgerichts und des Vortrags der Parteien zum Schmelzpunkt von amorphen Polymeren oder Polymerzusammensetzungen der in Rede stehenden Art und zum Verständnis der Ausführungsbeispiele nicht festgehalten werden.
- 29
- b) Die Streitpatentschrift enthält, wie das Patentgericht insoweit zutreffend ausführt, keine ausdrücklichen Angaben dazu, was im Hinblick darauf, dass bei Polymerzusammensetzungen kein exakt zu bestimmender Schmelzpunkt existiert, unter einer erfindungsgemäßen geschmolzenen Polymerzusammensetzung im Sinne der Merkmale 1.2 und 4 zu verstehen ist.
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- Nach dem allgemeinen fachlichen Verständnis, von dem auch die Gutachter beider Parteien übereinstimmend ausgehen, werden bei amorphen Polymeren die drei Aggregatzustände Glaszustand, gummi-elastischer Zustand und Schmelze unterschieden, wobei der Übergang von einem Aggregatzustand in den nächsten anders als bei kristallinen Stoffen bei Erhöhung der Temperatur nicht abrupt erfolgt. Vielmehr liegen zwischen den Aggregatzuständen die Übergangsbereiche Erweichung und Fließtemperatur (vgl. Schwarzl, Poly- mermechanik, Springer Verlag 1990, S. 86-91; Gutachten O. [K4], S. 11-15; Gutachten S. [G9], S. 2-7). In welchem Aggregatzustand sich ein Polymer befindet, richtet sich nach dem Verhältnis zwischen dem Speicherschermodul G' und dem Verlustschermodul G''. Der Speicherschermodul G' bezieht sich auf die Fähigkeit eines Werkstoffs, eine durch eine Belastung eingetretene Deformation wieder rückgängig machen zu können, d.h. das reversible elastische Verhalten (als Festkörpereigenschaft), während der Verlustschermodul G'' das "irreversible" viskose Verhalten eines Werkstoffs (als Flüssigkeitseigenschaft ) beschreibt, bei dem die durch molekularen Veränderungen eingetretenen Deformationen nicht mehr zurückgestellt werden. Der Quotient von G'' und G' ergibt den Verlustfaktor tan δ. Im Glaszustand ist der Speicherschermodul höher als der Verlustschermodul. Bei steigender Temperatur nimmt der Verlustschermodul stetig zu, während der Speicherschermodul abnimmt. Im gummi-elastischen Zustand erreicht der Verlustfaktor ein lokales Minimum und steigt bei zunehmender Temperatur mit Abnahme des Speicherschermoduls an (vgl. Schwarzl, aaO, S. 90). Nach einer soweit ersichtlich allgemein anerkannten Definition markiert ein tan-δ-Wert von 1, bei dem mithin Speicherschermodul und Verlustschermodul gleich groß sind, bei Polymeren den Übergang vom Festkörper zum "flüssigen", d.h. geschmolzenen, Zustand. Auch in Patentanmeldungen der Beklagten (US 5 593 628, Sp. 17 Z. 35-39 und WO 98/46197, S. 5 Z. 12-15) wird von diesen Werten als Grenze für den Übergang zur Schmelze ausgegangen. Ebenso geht der Parteigutachter S. von diesen Grenzwerten aus, wenn er ausführt, dass die Temperatur oberhalb der Schmelztemperatur, bei der Speicher- und Verlustmodul gleich sind und der Verlustfaktor tan δ somit 1 beträgt, einen Zustand der Polymerschmelze bezeichne , in der diese weniger elastisch und der viskose Anteil höher sei als bei der niedrigeren Temperatur, bei der der Verlustfaktor tan δ ein lokales Minimum betrage, der Werkstoff somit keine Formstabilität mehr besitze und von selbst verlaufe (G9 S. 5 Mitte; vgl. auch G11 S. 2 oben: "formale Definition einer Schmelztemperatur über das Kriterium tan δ = 1").
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- Allerdings ist - worauf der Parteigutachter S. in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Patentgerichts zu Recht hinweist - für die Verarbeitbarkeit von schmelzenden Polymerwerkstoffen nicht der Verlustfaktor tan δ entscheidend, sondern die bei der gewünschten Verarbeitungstemperatur vorliegende Viskosität als Maß für den Fließwiderstand eines Fluids (G11 S. 2 oben). Der Gutachter führt ferner aus, dass sich für die in seinem Gutachten vom 24. Mai 2012 (G7) angegebene Grenzviskosität von 104 Pa.s für die untersuchten Heißschmelzzusammensetzungen "Schmelztemperaturen" ergäben, die praktisch mit denen zusammenfielen, die aus der Heranziehung des Minimums der tan-δ-Kurve resultierten (G11 S. 5 oben), wobei zu beachten sei, dass die tatsächliche Viskosität über der Null-Viskosität liege, da die Polymerzusammensetzung im Extruder höheren Scherraten ausgesetzt sei (G11 S. 10 Abs. 2).
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- Dafür, den Begriff "molten polymer composition" in diesem Sinne funktionell zu interpretieren, spricht der Gesamtinhalt der Beschreibung des Streitpatents.
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- Soweit das Extrusionsverfahren im Allgemeinen beschrieben wird, finden sich in der Beschreibung keine Hinweise darauf, dass die expandierbaren Mikrokugeln erst dann zugesetzt werden sollen, wenn die Polymerzusammensetzung geschmolzen ist. Als Parameter für die Temperatur wird lediglich die Expansion der Mikrokugeln genannt; die vorzugswürdige Temperatur soll unter derjenigen liegen, die zur Expansion der Mikrokugeln führt. Wird die Temperatur höher gewählt, was nach der Beschreibung möglich ist, muss sie nach dem Mischen und vor dem Beifügen der Mikrokugeln wieder heruntergesetzt werden (S. 16 Z. 14-17). In jedem Fall sollen Temperaturen vermieden werden, die zu einer unerwünschten vorzeitigen Expansion der Mikrokugeln während des Mischvorgangs führen (S. 16 Z. 29 - S. 17 Z. 1). Zu der Frage, wie sich die Temperatur auf die Polymermischung auswirkt bzw. auswirken soll, nämlich ob diese bereits den Schmelzpunkt überschritten haben soll, enthält die Beschreibung der Anmeldung an dieser Stelle keine Aussage.
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- Ebensowenig offenbart die Beschreibung des Extrusionsverfahrens in den die Hot-Melt-Zusammensetzungen 1 bis 10 betreffenden Ausführungsbeispielen eine solche technische Lehre. Der Fachmann kann diesen Beispielen nicht entnehmen, dass die Polymerzusammensetzung bereits vollständig geschmolzen ist, wenn die Mikrokugeln zugegeben werden. Das Patentgericht hat nichts dafür festgestellt, dass der Fachmann der Offenbarung etwas anderes entnimmt, als dasjenige, was es selbst als fachmännisches Wissen beschreibt , dass es nämlich unerheblich ist, ob eine Polymerzusammensetzung zu einem bestimmten Zeitpunkt des Extrusionsprozesses bereits vollständig geschmolzen ist, solange die Viskosität hinreichend herabgesetzt und eine gute Durchmischung, hier auch mit den expandierbaren Mikrokugeln, gewährleistet ist, wobei die Temperaturen ohnehin nicht so hoch sein dürfen, dass die Mikrokugeln vorzeitig expandieren. Allerdings ist das Patentgericht unzutreffend davon ausgegangen, dass
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- der Extrusionsprozess in den Beispielen des Streitpatents über die gesamte Extruderstrecke bei 93,3°C durchgeführt wird. Diese Temperaturangabe bezieht sich lediglich auf den in einem ersten Extruder (Bonnot-Extruder) durchgeführten Verfahrensabschnitt, bei dem die Heißschmelzzusammensetzung gemischt wird. Der gemischte Schmelzklebstoff wird anschließend in einen - zweiten - (Doppelschnecken-)Extruder mit drei Einlassöffnungen (PfleiderExtruder ) eingespeist, in dem die Temperatur auf den in den Ausführungsbeispielen jeweils angegebenen Wert eingestellt wird. Da die Mikrokugeln erst in diesem zweiten Extruder über die dritte Öffnung zugegeben werden, kommt es für die Frage, ob die Polymerzusammensetzung zu diesem Zeitpunkt geschmolzen ist, auf die Temperatur im zweiten Extruder in diesem Streckenabschnitt an. Diese variiert von 82°C (Beispiele 10 und 11) bis 121°C (Beispiele 6, 7, 8, 9, 14, 15, 50, 51 und 52). Gleichwohl ergeben die Beispiele nicht, dass die Heißschmelz36 zusammensetzungen im Zeitpunkt der Zugabe der Mikrokugeln in einem vollständig geschmolzenen Zustand vorliegen, da ihre Schmelztemperatur (im Sinne eines Verlustfaktors von 1) - wie der Parteigutachter O. dargelegt hat (K4) - über den Verarbeitungstemperaturen im Extruder liegt. Den Ausführungsbeispielen lässt sich damit lediglich entnehmen, wie die Beklagte mit dem Gutachten S. (G7) belegt hat, dass die Mikrokugeln der Polymerzusammensetzung zugegeben werden, wenn der Verlustfaktor tan δ sein lokales Minimum durchschritten hat, also unter einem Wert von 1 liegt, und die Polymermatrix sich damit im gummi-elastischen, verarbeitbaren Zustand befindet.
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- Schließlich lässt sich auch dem beschriebenen apparativen Aufbau nicht entnehmen , dass die Polymerzusammensetzung bereits geschmolzen ist, wenn die Mikrokugeln zugegeben werden. Die Zahnradpumpe wird zur Steuerung der Fließgesschwindigkeit im ersten Extruder eingesetzt, in dem eine Temperatur von 93,3°C herrscht. Bei dieser Temperatur ist die Polymerzusammensetzung nicht im strengen Sinne (Verlustfaktor tan δ = 1) geschmolzen.
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- c) Der Umstand, dass, wie auch das Patentgericht angenommen hat und die Klägerin unter Bezugnahme auf die Ausführungen ihres Gutachters geltend macht, keinem der Beispiele zu entnehmen ist, dass die Temperatur der Polymermischung bei Zufügung der Mikrokugeln über der Schmelztemperatur im engeren, strengen Sinne liegt, sowie die funktionsorientierte Erwägung, dass es nur darauf ankommt, die Viskosität so weit herabzusetzen, dass sich die Polymerzusammensetzung gut im Extruder verarbeiten und mit den Mikrokugeln vermischen lässt, schließen ein Verständnis aus, nach dem Speicherschermo- dul und Verlustschermodul gleich groß sein müssen und mithin tan δ einen Wert von 1 annehmen muss, wenn von einer "molten polymer composition" soll gesprochen werden können.
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- 5. Ist danach der Begriff "molten polymer composition" in den Merkmalen 1.2 und 4 dahin zu verstehen, dass die Polymerzusammensetzung bei Zugabe der Mikrokugeln nicht im strengen Sinne geschmolzen sein muss, sondern lediglich ihre Viskosität soweit herabgesetzt sein muss, dass sie in einem Extruder verarbeitbar ist, enthält der Gegenstand des Streitpatents insoweit keine unzulässige Erweiterung.
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- Dennoch hat die Berufung im Ergebnis keinen Erfolg. Denn der so verstandene Gegenstand des Streitpatents ist nicht patentfähig.
- 41
- Die erneute Prüfung der Patentfähigkeit ist nicht deshalb entbehrlich, weil sie der Senat im ersten Berufungsurteil bereits bejaht hat. Diese Bewertung beruhte auf dem am Ende der damaligen mündlichen Berufungsverhandlung gegebenen Sachstand und den entsprechenden Erkenntnismöglichkeiten. Die tatsächliche Grundlage der Beurteilung hat sich nunmehr jedoch geändert, weil nach dem ersten Berufungsurteil tatsächliche Erkenntnisse über die Verarbeitung amorpher Polymere im Extruder hinzugekommen sind, die, wie ausgeführt, andere Schlussfolgerungen für das Verständnis der "molten polymer compositi- on" gebieten.
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- Das Patentgericht hat zur Patentfähigkeit ausgeführt:
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- Die deutsche Offenlegungsschrift 195 31 631 (E01) betreffe ein Verfahren zur Herstellung thermoplastischer Kunststoffschäume mit syntaktischer Schaumstruktur. Danach werde ein Gemisch aus thermoplastischem Polymer bzw. einer thermoplastischen Zusammensetzung und expandierbaren polymeren Mikrokugeln ohne Zusatz von Lösemitteln in geschmolzenem Zustand im Extruder durch eine Düse extrudiert. Die von der Lehre der E01 umfassten Ausführungsformen des Extrusionsverfahrens wiesen sämtliche Merkmale des streitpatentgemäßen Verfahrens auf. Da aus dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung nicht hervorgehe, wann genau im Verfahrensablauf die im Verfahrensschritt d vorgesehene mindestens teilweise Expansion der Mikrokugeln erfolge, erfasse das patentgemäße Verfahren sowohl Ausführungsformen, bei denen nahezu die gesamte Expansion bereits vor dem Austritt der Polymermasse aus der Extruderdüse stattfinde, als auch Ausführungsformen, bei denen nur eine geringfügige Expansion vor dem Austritt aus der Düse und die vollständige Expansion erst nach dem Austritt aus der Düse erfolge. Da das Merkmal, dass die Polymerzusammensetzung zunächst vollständig geschmolzen sein müsse, bevor die expandierbaren polymeren Mikrokugeln zugesetzt würden, nicht zu berücksichtigen sei, könne auch dahinstehen, dass die Temperaturführung in den Ausführungsbeispielen der E01, in denen die Temperaturen im Extrusionszylinder bei 395 bis 405 K und damit jedenfalls oberhalb des Schmelz- bzw. Erweichungsbereichs der eingesetzten Polyethylene lägen, sich nicht wesentlich von der Temperaturführung in den Ausführungsbeispielen des Streitpatents unterscheide.
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- Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 sei auch gegenüber der Abhandlung von Elfving, Foaming Plastics With Expancel Microspheres, Seminarbeitrag 19. Februar 1998, RAPRA Technology Ltd. (E02), nicht neu. Diese Abhandlung befasse sich mit dem Aufschäumen von Polymermassen mittels "Ex- pancel"-Mikrokugeln. Sie betreffe - wie sich bereits aus ihrem Titel ergebe - Produkte eines Verfahrens mit den Kriterien der Merkmalsgruppen 1 und 3 und offenbare auch die übrigen Merkmale von Patentanspruch 1. So expandierten die Mikrokugeln schon teilweise im Extruderzylinder und damit vor dem Austritt aus der Extruderdüse, womit auch die Merkmale 5 und 6 offenbart seien. Die aufgabenhaft gehaltenen Merkmale der Merkmalsgruppe 4, wonach das Schmelzmischen der geschmolzenen Polymerzusammensetzung und der expandierbaren polymeren Mikrokugeln hinsichtlich Temperatur und Schergeschwindigkeit unter solchen Prozessbedingungen durchzuführen sei, dass eine expandierbare, extrudierbare Masse entstehe, stellten Selbstverständlichkeiten bei der Extrusion von Thermoplasten mit Mikrokugeln dar, die sich für den Fachmann auch aus den Temperaturangaben und den ihm geläufigen Erweichungs - und Schmelzbereichen der in der E02 verwendeten thermoplastischen Elastomere ergäben. Insoweit stünden fehlende Ausführungen in der E02 hierzu der Annahme der fehlenden Neuheit nicht entgegen. Entsprechendes gelte in Bezug auf Merkmal 2, das die E02 ebenfalls nicht ausdrücklich erwähne.
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- Selbst wenn man mit der Beklagten von der Neuheit des Gegenstands von Patentanspruch 1 ausginge, sei die Patentfähigkeit jedenfalls deshalb zu verneinen, weil die E02 dem Fachmann das erfindungsgemäße Verfahren nahegelegt habe. Die Entgegenhaltung E02 gebe nicht nur die Anregung, Extrudate aus geeigneten thermoplastischen Zusammensetzungen als Polymermatrix und expandierbaren und extrudierbaren polymeren Mikrokugeln herzustellen , sondern vermittle eine ausreichende technische Lehre, so dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens ohne weiteres zu den für den jeweiligen Anwendungszweck maßgeschneiderten Verfahren mit den Merkmalen von Patentanspruch 1 des Streitpatents habe gelangen können.
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- Der Gegenstand von Patentanspruch 1 sei aber selbst bei Berücksichtigung des Merkmals "geschmolzene Polymerzusammensetzung" im Hinblick auf die im Rahmen der erneuten Verhandlung vor dem Patentgericht von der Klägerin als weitere Entgegenhaltung eingeführte internationale Anmeldung WO 97/47681 (E19) nicht patentfähig.
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- Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren im Ergebnis stand.
- 48
- Entgegen der Annahme des Patentgerichts wird der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung zwar nicht durch die deutsche Offenlegungsschrift 195 31 631 (E01) vorweggenommen.
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- Die Entgegenhaltung E01 betrifft ein Verfahren zur Herstellung von thermoplastischen Kunststoffschäumen mit syntaktischer Schaumstruktur, bei dem handelsübliche Massenkunststoffe unter Verwendung von mit Gas oder Flüssigkeit gefüllten, thermoplastischen, unter Wärmeeinwirkung expandierenden Mikroballons in einem Extruder gemischt und aufgeschäumt werden (Sp. 1 Z. 1-12).
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- Die expandierbaren Mikroballons bestehen in den Ausführungsbeispielen aus einer Polyacrylnitrilhülle und ca. 18 Gewichtsprozent eingeschlossenem Isopentan ; dies entspricht den Merkmalen 1.1 und 3. Sie werden mit einer Polymerzusammensetzung , der kein Lösungsmittel zugesetzt wird, in einem Extruder verarbeitet (Merkmale 1.3 und 2).
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- Nach der Beschreibung ist das Verfahren nach der E01 dadurch gekennzeichnet , dass den zu verarbeitenden Matrixkunststoffen mit hohen Erweichungsoder Schmelztemperaturen Komponenten beigemischt werden, die bereits vor Erreichen der Temperaturen, bei denen die Mikrokugeln expandieren, Schmelzanteile bilden. Durch die früh gebildeten Schmelzanteile soll der Auf- bau von Druck noch vor dem (vollständigen) Schmelzen der Matrixpolymere ermöglicht und die Expansion der Mikroballons im Extruder oder der Spritzgussmaschine während der Existenz fester, höherschmelzender Matrixkunststoffanteile wirksam verhindert und ferner die Einwirkung von Scherkräften auf die Mikrokugeln weitgehend vermieden werden (Sp. 4 Z. 22-39). Das Expansionsvermögen der Mikrokugeln soll so für das scherwirkungsfreie Stadium nach dem Verlassen der Extruderdüse bewahrt und zur Ausbildung der angestrebten syntaktischen Schaumstrukturen nahezu vollständig nutzbar gemacht werden (Sp. 4 Z. 43-47). Damit sind auch die Merkmalsgruppe 4 und Merkmal 5 verwirklicht.
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- Entgegen der Auffassung der Beklagten offenbart die E01 auch das Merkmal 6. Zwar besteht der Grundgedanke der E01 darin, einer vorzeitig, d.h. vor dem Verlassen der Extruderdüse, eintretenden Expansion der Mikrokugeln aufgrund der zum Aufschmelzen des Polymers erforderlichen Temperatur durch Druckaufbau entgegenzuwirken. Wie sich jedoch insbesondere der Beschreibung der Beispiele 2, 3 und 7 entnehmen lässt, ermöglicht das erfindungsgemäße Verfahren die nahezu vollständige (Beispiele 2 und 3) oder hochgradige (Beispiel
7) Nutzung des Expansionsvolumens der Mikroballons zur Bildung der syntaktischen Schaumstruktur. Danach kann praktisch nicht ausgeschlossen werden, dass Mikrokugeln bereits vor dem Austritt aus der Extruderdüse zumindest teilweise expandieren. Bestätigt wird dies auch durch die Ausführungen in E02 (S. 3 lk. Sp. "Extrusion" Abs. 2). Dort heißt es, dass die Expansion zwar größtenteils hinter der Düse stattfinden solle, wenn der Druck abfalle. Die zum Aufschäumen verschiedener Polymere geeigneten Expancel-Mikrokugeln begännen aber schon im Extrusionszylinder ein wenig zu expandieren ("start to expand a little already in the barrel"). Damit ist Merkmal 6 verwirklicht. Denn es erlaubt, wie vom Patentgericht zutreffend ausgeführt, weder eine Quantifizierung des Anteils von Mikrokugeln, die erfindungsgemäß bereits vor Austritt aus der Düse expandiert sein sollen, noch eine Quantifizierung des Ausmaßes der Expansion.
- 53
- Nicht offenbart ist jedoch Merkmal 1.2. In Beispiel 6 der E01 werden zunächst die Polymerkomponenten gemischt, die aus einem Polyethylenpulver mit einem Schmelzpunkt von ca. 380 K und einem Granulat bestehen, das sich zu gleichen Teilen aus einem linearen Polyethylen niederer Dichte (LLD-PE) und einem hochmolekularen Polyisobutylen zusammensetzt, das als unter Normalbedingungen bereits hochviskos fließfähig bezeichnet wird. Sodann werden Mikroballons homogen untergemischt und es erfolgt die Verarbeitung auf dem Extruder, wie zu Beispiel 1 geschildert. Danach enthält die Polymerzusammensetzung zwar bereits fließfähige Anteile. Sie ist jedoch nicht insgesamt fließfähig in dem Sinn wie Merkmal 1.2 nach den vorstehenden Erörterungen zu verstehen ist.
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- Der Gegenstand der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit, sondern war dem Fachmann, dessen Definition durch das Patentgericht die Parteien nicht in Zweifel ziehen, durch die US-Patentschrift 5 100 728 (E18) nahegelegt.
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- Die E18 beschreibt Haftklebebänder und ihre Herstellung und insbesondere geschäumte Haftklebebänder mit einer Polymermatrix auf Acryl- oder Kautschukbasis (Sp. 2 Z. 18-20), die extrudiert wird (Sp. 3 Z. 8-15). Genannt werden insbesondere Polymerzusammensetzungen aus Acrylaten unterschiedlich niedriger Glasübergangstemperaturen (Sp. 5 Z. 5-19). Die Trägerschicht umfasst Mikrokugeln niedriger Dichte (Sp. 2 Z. 13-15), die aus Keramik, Polymer, Glas, Kohlenstoff oder einem anderen geeigneten Material bestehen und fest, hohl oder porös, starr oder elastisch und klebrig oder nicht klebrig sein können (Sp. 2 Z. 25-31, Sp. 6 Z. 31-50). Hohle Mikrokugeln werden bevorzugt, besonders bevorzugt werden hohle Keramikmikrokugeln, da sie hohe Bruchfestigkeit aufwiesen und im Allgemeinen preisgünstiger seien als Glas-, Polymer- und Kohlenstoffmikrokugeln (Sp. 7 Z. 12-17). Es können - wie im Streitpatent (vgl. dort Abs. 12 der Beschreibung) - zusätzliche Füllstoffe verwendet werden, und sämtliche Komponenten können gemischt in den Extruder gegeben werden. Es ist jedoch auch möglich, einen oder mehrere der Füllstoffe erst der bereits im Extrusionszylinder befindlichen Polymerzusammensetzung zuzugeben. Enthält der Füllstoff zerbrechliche Mikrokugeln niedriger Dichte, wird es bevorzugt, ihn am hinteren Ende des Extruders ("at the downstream end") zuzugeben, um die Bruchgefahr zu vermindern (Sp. 10 Z. 62-67).
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- Die E18 bezieht sich danach zwar nicht auf expandierbare Mikrokugeln, offenbart dem Fachmann aber ein Verfahren, das für empfindliche, leicht zerbrechliche Mikroglaskugeln die Bruchgefahr mindert, indem diese erst am hinteren Ende des Extruders ("at the downstream end") zugegeben werden. Sie zeigt dem Fachmann überdies, dass Mikrokugeln unterschiedlicher Art, insbesondere auch Polymerhohlkugeln, verwendet werden können. Dies gab ihm Anlass, auch expandierbare Hohlkugeln in Betracht zu ziehen.
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- Der Fachmann, der anstelle von Mikroglaskugeln expandierbare Mikrokugeln verwenden will, wusste aus der Technischen Mitteilung Nr. 24 des Mikrokugel -Herstellers Expancel (E03), dass ein Zusammenhang zwischen der Temperatur und der Verweildauer im Extruder sowie dessen Arbeitsgeschwindigkeit besteht und die Einstellung dieser Parameter das Verhalten der Mikrokugeln beeinflusst (S. 4 lk. Sp. Abschnitt: "Temperatures" und "Other Process Parameters - Extrusion"). So wird dem Fachmann in diesem Mitteilungsblatt geraten, am unteren Ende der empfohlenen Temperaturen zu arbeiten. Eine geringere Temperatur verlängere - so heißt es dort weiter - allerdings die Verweildauer im Extruder. Diese könne zwar verkürzt werden, wenn der Extruder bei höherer Geschwindigkeit arbeite. Eine hohe Geschwindigkeit erzeuge aber wiederum Reibungswärme und starke Scherkräfte, die die Mikrokugeln beschädigen oder zerstören könnten. Da expandierbare Mikrokugeln damit in ähnlicher Weise wie Mikroglaskugeln empfindlich auf zu hohe Temperaturen oder zu starke Scherkräfte reagieren, hatte der Fachmann Anlass, das in der E18 beschriebene Extrusionsverfahren auch auf die Extrusion von Polymerzusammensetzungen mit expandierbaren Mikrokugeln anzuwenden, weil für ihn erkennbar war, dass er durch spätere Zuführung der Mikrokugeln die geringere Viskosität der bereits erwärmten Polymerzusammensetzung vorteilhaft nutzen konnte. Zudem konnte er auf diese Weise einer zu starken Erwärmung der Mikrokugeln vorbeugen, woran ihm gerade bei expandierenden Mikrokugeln gelegen sein musste.
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- Patentanspruch 15 ist nicht gesondert zu prüfen. Das Patentgericht führt unbeanstandet von der Berufung aus, dass die Beklagte ihre Haupt- und Hilfsanträge als geschlossene Anspruchssätze verstanden wissen wolle.
- 59
- Schließlich hat das Streitpatent auch in der Fassung der Hilfsanträge keinen Bestand.
a) Mit Hilfsantrag I wird der Verfahrensschritt a formal in zwei Abschnit60 te aufgeteilt, wobei der Abschnitt a sich nunmehr ausschließlich auf die Polymerzusammensetzung bezieht und Abschnitt b die Beschaffenheit der Mikrokugeln beschreibt und um den Zusatz "and adding the unexpanded polymeric microspheres to the molten polymer composition" ergänzt wird. Damit wird die in den Merkmalen 1.2 und 4 der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung zum Ausdruck kommende Reihenfolge der Verfahrensschritte ausdrücklich genannt. Eine sachliche Änderung ist damit nicht verbunden. Ferner soll dem bisherigen Verfahrensschritt b, nunmehr c, das Merkmal "without causing the ex- pandable microspheres to expand or break" hinzugefügt werden. Neu eingefügt werden soll Verfahrensschritt d, der wie folgt lautet: "transferring the expandab- le extrudable composition to an extrusion die". Auch diese Merkmale enthalten keine Einschränkungen gegenüber dem Hauptantrag, sondern werden dort vorausgesetzt, wenn nach den Merkmalen 4.1 und 4.2 eine extrudierbare und expandierbare Zusammensetzung gebildet werden soll, die nach Merkmal 5 durch eine Düse extrudiert wird. Mithin können auch sie die Patentfähigkeit nicht begründen. Schließlich soll der Gegenstand von Patentanspruch 1 (entsprechend
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- Patentanspruch 15 des Hauptantrags) auf die Herstellung eines klebenden Polymerschaums (adhesive polymer foam) beschränkt werden, wobei die Polymerzusammensetzung ein "acrylate or methacrylate adhesive polymer or copo- lymer" umfassen soll (Hinzufügung bei Verfahrensschritt f). Der Einsatz des Verfahrens nach Patentanspruch 1 zur Herstellung eines
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- klebenden Polymerschaums unter Verwendung eines (Meth-)Acrylat (Co-)Polymers war dem Fachmann jedoch ausgehend von der Entgegenhaltung E18 nahegelegt, die eine Haftklebepolymermatrix auf Acrylbasis verwendet. Wie die Entgegenhaltung E02 dokumentiert (E02, S. 2 Tabelle 1), war dem Fachmann bekannt, dass entsprechende Verfahren auch zur Herstellung eines klebenden Polymerschaums eingesetzt werden können.
b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung Hilfsantrags II
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- ist ebenfalls nicht patentfähig. Hilfsantrag II entspricht im Wesentlichen Hilfsantrag I, wobei der Gegenstand von Patentanspruch 1 auf Hot-MeltPolymerzusammensetzungen eingeschränkt ist und das in Verfahrensschritt c mit Hilfsantrag I aufgenommene Merkmal "without causing the expandable microspheres to expand or break" wieder gestrichen werden soll. Die Verwen- dung von Hot-Melt-Polymerzusammensetzungen ist dem Fachmann beispielsweise aus der E03 bekannt. Dort wird u.a. das auch im Streitpatent als für die Polymermatrix des Schaums brauchbar erachtetes Ethylenvinylacetat (EVA, vgl. Beschr. Abs. 48) als ein zur Extrusion mit Expancel-Mikrokugeln kompatibles Polymer genannt. Ebenso ist dem Fachmann die Verwendung von Hot-MeltZusammensetzungen aus der E18 bekannt (Sp. 5 Z. 31; Sp. 14 Z. 23-28).
c) Ebenso wenig ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fas64 sung des Hilfsantrags III patentfähig. Dieser Hilfsantrag setzt auf Hilfsantrag II auf, wobei bei Verfahrensschritt b am Ende das Merkmal "and adding the unex- panded polymeric microspheres to the molten polymer composition" durch das Merkmal "and adding the expandable polymeric microspheres to the molten polymer composition" ersetzt wird. Der Austausch der Begriffe "unexpanded" und "expandable" ist ohne sachliche Bedeutung. Ferner soll nach Hilfsantrag III folgender Verfahrensschritt d aufgenommen werden: "wherein the temperature during melt mixing is controlled to a value insufficient to cause expandable microspheres to expand". Dass die Mikrokugeln möglichst nicht schon während des Schmelzmischens expandieren sollen, ergibt sich für den Fachmann bereits aus der E01 (Sp. 4 Z. 22-39 und Z. 43-47). Die Ersetzung des Begriffs "a plurality" durch "most" im letzten Verfah65 rensschritt ("at least partially expanding most of …") kann die Patentfähigkeit ebenfalls nicht begründen. Abgesehen davon, dass es diesem Kriterium bereits an der erforderlichen Klarheit fehlen dürfte, ist es in der Praxis nicht ausgeschlossen , dass Mikrokugeln zum größeren Teil bereits vor dem Austritt aus der Extruderdüse zumindest teilweise expandieren. So wird in der E02 (S. 3 lk. Sp. "Extrusion" Abs. 2) ausgeführt, dass die Kugeln schon im Extrusionszylinder ein wenig zu expandieren begännen ("start to expand a little already in the barrel").
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- d) Hilfsantrag IV übernimmt im Wesentlichen die mit dem Hauptantrag verteidigte Fassung von Patentanspruch 1 mit der Maßgabe, dass die Mikrokugeln stromabwärts in den Extruder gegeben werden ("feeding a polymer composition comprising an acrylate or methacrylate adhesive polymer or copolymer and downstream adding a plurality of expandable polymeric microspheres"). Dieses Merkmal ist zu 3 b bereits abgehandelt.
e) Hilfsantrag V entspricht Hilfsantrag IV, ist im Unterschied zu diesem
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- aber auf Hot-Melt-Polymerzusammensetzungen beschränkt. Die Ausführungen zu Hilfsantrag II, der ebenfalls Hot-Melt-Polymerzusammensetzungen zum Gegenstand hat, und zu Hilfsantrag IV gelten entsprechend.
f) Hilfsantrag VI entspricht Hilfsantrag I, wobei lediglich das Merkmal
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- "wherein the polymer composition comprises an acrylate or methacrylate adhe- sive polymer or copolymer" von Verfahrensschritt f in den Verfahrensschritt a verschoben werden soll. Da es sich hierbei lediglich um die Beschreibung einer möglichen Zusammensetzung des verwendeten Polymers handelt, nicht aber um eine Änderung des Verfahrensablaufs, unterscheidet sich Hilfsantrag VI damit in der Sache nicht von Hilfsantrag I. Damit ist die Patentfähigkeit des Gegenstands von Patentanspruch 1 aus den zu Hilfsantrag I angeführten Gründen nicht gegeben.
g) Hilfsantrag VII ergänzt Hilfsantrag VI um den Verfahrensschritt d aus
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- Hilfsantrag III "wherein the temperature during melt mixing is controlled to a va- lue insufficient to cause expandable microspheres to expand” und modifiziert den Verfahrensschritt g - wie schon Hilfsantrag III - weiter dahin, dass nicht eine Mehrzahl, sondern die meisten ("most" statt "a plurality") der expandierbaren polymeren Mikrokugeln zumindest teilweise expandiert sind, bevor die expandierbare extrudierbare Zusammensetzung die Düse verlässt. Auch in dieser Fassung ist Patentanspruch 1 aus den zu den Hilfsanträgen VI und III dargelegten Gründen nicht rechtsbeständig.
h) Hilfsantrag VIII entspricht Hilfsantrag VII und sieht darüber hinaus ei70 nen neuen Verfahrensschritt h vor: "further comprising crosslinking the expand- able extrudable composition or the polymer adhesive foam". Die Vernetzung der Polymermatrix ist dem Fachmann aus der E18 (Sp. 5 Z. 54-68) bekannt und stellt daher eine naheliegende Weiterbildung des Verfahrens dar.
- 71
- Die Hilfsanträge IX, X und XI unterscheiden sich von den Hilfsanträgen II, IV und V nur durch den Wegfall der Erzeugnisansprüche und bedürfen daher nach dem Vorstehenden keiner gesonderten Erörterung.
- 72
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 26.02.2013 - 3 Ni 28/09 (EU) -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte ist Inhaberin des am 10. September 1987 angemeldeten, mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und vor Klageerhebung durch Zeitablauf erloschenen europäischen Patents 260 748 (Streitpatents ). Es nimmt Prioritäten vom 13. September 1986, 8. November 1986 und 23. Mai 1987 in Anspruch und umfasst 17 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut hat: "Verfahren zur Bitratenreduktion bei der Codierung eines Signals mit einer Folge von Signalwerten, das einen am häufigsten, in ununterbrochenen Teilfolgen vorkommenden, bestimmten Signalwert (A) enthält und aus denen eine Folge von Huffman-Codeworten gebildet wird, dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens ein Huffman-Codewort - entweder aus einem anderen Signalwert und aus einer nachfolgenden , ununterbrochenen Teilfolge des bestimmten Signalwertes (A), wenn diese vorhanden ist, - oder aus einem anderen Signalwert und aus einer vorangehenden , ununterbrochenen Teilfolge des bestimmten Signalwertes (A), wenn diese vorhanden ist, gebildet wird und dass bei der Bildung der Folge der Codeworte nur die vorangehenden oder nur die nachfolgenden Teilfolgen des bestimmten Signalwertes (A) mit dem anderen Signalwert verwendet werden."
- 2
- Die Klägerinnen, die sich Ansprüchen aus dem Streitpatent ausgesetzt sehen, machen geltend, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus und sei darüber hinaus nicht patentfähig.
- 3
- Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie das Ziel einer Klageabweisung weiterverfolgt. Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent in der Fassung von neun Hilfsanträgen. Die Klägerinnen treten dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht zur Prüfung der Patentfähigkeit.
- 5
- I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Bitratenreduktion für die Codierung von Bild- oder Videodaten.
- 6
- 1. Nach dem im Streitpatent referierten Stand der Technik werden Videosignale so codiert, dass Videobilder mit möglichst geringer Bitrate in ausreichender Qualität übertragen werden können. Die Codierung erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst werden gleichgroße Blöcke von Abtastwerten der Bildpunkte einer diskreten Cosinus-Transformation unterworfen, so dass ein neuer Block von Zahlenwerten (Koeffizienten) entsteht. In diesem Block hat in der Regel der überwiegende Teil der Koeffizienten den Wert 0 oder nahezu 0. Wegen dieser Häufigkeit des Werts 0 werden die Koeffizienten Huffman-codiert und dabei ununterbrochene Teilfolgen des Werts 0 als ein einziges "Ereignis" für die Bildung von Huffman-Codeworten verwendet. Bei der Huffman-Codierung werden häufig auftretende Ereignisse mit kurzen und weniger häufig auftretende Ereignisse mit längeren Codeworten codiert. Unter den Codeworten ist keines der Beginn eines anderen, so dass es trotz unterschiedlicher Länge keines Präfixes bedarf, das den Beginn eines neuen Codeworts signalisierte. Insgesamt ergibt sich daraus eine Bitratenreduktion.
- 7
- 2. Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Codierverfahren anzugeben , das zu einer weiteren Bitratenreduktion für Bilddaten führt.
- 8
- 3. Zur Lösung schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 ein Verfahren zur Bitratenreduktion mit folgenden Merkmalen vor [in eckigen Klammern die Gliederung des Patentgerichts]: 1. Es wird ein Signal mit einer Folge von Signalwerten codiert [1.1, 1.2 a]. 2. In dieser Folge von Signalwerten gibt es einen bestimmten Signalwert A, der am häufigsten und in ununterbrochenen Teilfolgen vorkommt [1.2 b]. 3. Aus den Signalwerten wird eine Folge von HuffmanCodeworten wie folgt gebildet [1.3]: 3.1 Es wird wenigstens ein Huffman-Codewort gebildet [1.4] 3.1.1 entweder aus einem anderen Signalwert und aus einer nachfolgenden ununterbrochenen Teilfolge des bestimmten Signalwertes (A), wenn diese vorhanden ist, [1.4 a] 3.1.2 oder aus einem anderen Signalwert und aus einer vorangehenden ununterbrochenen Teilfolge des bestimmten Signalwertes (A), wenn diese vorhanden ist. [1.4 b] 3.2 Bei der Bildung der Folge der Codeworte werden [1.5] 3.2.1 nur die vorangehenden Teilfolgen [1.5 a] oder 3.2.2 nur die nachfolgenden Teilfolgen [1.5 b] des bestimmten Signalwertes (A) mit dem anderen Signalwert verwendet.
- 9
- 4. Einige Merkmale bedürfen der näheren Erläuterung:
- 10
- a) Die Merkmalsgruppe 3.1 hat nicht die ihr vom Patentgericht zugemessene Bedeutung.
- 11
- aa) Im Zusammenhang mit der Prüfung einer unzulässigen Erweiterung hat das Patentgericht angenommen, da der am häufigsten vorkommende Signalwert A in ununterbrochenen Teilfolgen vorkomme ("vgl. Merkmal 2"), sei deren Länge zwangsläufig größer Null. Nach den Merkmalen 3.1.1 und 3.1.2 sollten jedoch nur andere Signalwerte zusammen mit vorhandenen, ununterbrochenen Teilfolgen des bestimmten Signalwerts A codiert werden. Die Merkmalsgruppe 3.1 lasse mithin offen, wie Ereignisse codiert würden, bei denen einem solchen anderen Signalwert kein Signalwert A vorausgehe beziehungsweise nachfolge. Auch den weiteren Merkmalen des Patentanspruchs 1 sei hierzu keine Definition zu entnehmen. Die Codierung von Ereignissen, bei denen die Teilfolge des Signalwerts A die Länge 0 aufweise, sei vielmehr in das Belieben des Fachmanns gestellt. Der Beschreibung sei zwar zu entnehmen, dass auch solche Ereignisse als zu codierende Ereignisse behandelt werden. Indessen habe diese Vorschrift keinen Eingang in den Patentanspruch gefunden. Aus fachmännischer Sicht erscheine es nicht abwegig, nicht alle HuffmanCodeworte gemäß der Bildungsregel der Merkmalsgruppe 3.1 zu bilden, sondern eine Teilmenge der Codeworte nach einer hiervon abweichenden Bildungsregel zu generieren.
- 12
- bb) Dies rügt die Berufung zu Recht als rechtsfehlerhaft.
- 13
- Der Sinngehalt eines Merkmals ist mit Blick darauf zu ermitteln, was mit dem Merkmal aus der Sicht des Fachmanns im Hinblick auf die Erfindung erreicht werden soll. Dabei können der allgemeine wie auch der übliche fachliche Sprachgebrauch Anhaltspunkte für das Verständnis des Fachmanns geben. Mit Rücksicht darauf, dass Begriffe in einer Patentbeschreibung abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch benutzt werden können, ist letztlich aber der sich aus dem Gesamtzusammenhang der Patentschrift ergebende Begriffsinhalt maßgeblich. Für einen Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch ist umso weniger Raum, je mehr der Inhalt der Patentschrift auf ein abweichendes Verständnis hindeutet. Die Beschreibung des Patents kann Begriffe eigenständig definieren und insoweit ein "patenteigenes Lexikon" darstellen. Auch der Grundsatz , dass bei Widersprüchen zwischen Anspruch und Beschreibung der Anspruch Vorrang genießt, weil dieser und nicht die Beschreibung den geschützten Gegenstand definiert und damit auch begrenzt, schließt nicht aus, dass sich aus der Beschreibung und den Zeichnungen ein Verständnis des Patentanspruchs ergibt, das von demjenigen abweicht, das der bloße Wortlaut des Anspruchs vermittelt. Funktion der Beschreibung ist es, die geschützte Erfindung zu erläutern. Im Zweifel ist daher ein Verständnis der Beschreibung und des Anspruchs geboten, das beide Teile der Patentschrift nicht in Widerspruch zueinander bringt, sondern sie als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen versteht. Nur wenn und soweit dies nicht möglich ist, ist der Schluss gerechtfertigt, dass aus Teilen der Beschreibung keine Schlussfolgerungen in Bezug auf den geschützten Gegenstand gezogen werden dürfen (BGH, Urteile vom 12. Mai 2015 - X ZR 43/13, juris Rn. 16 - Rotorelemente; vom 9. Juni 2015 - X ZR 101/13, juris Rn. 26 - Polymerschaum II, jeweils mwN).
- 14
- Das Streitpatent erzielt die angestrebte weitere Bitratenreduktion dadurch , dass als zu codierendes Ereignis nicht die ununterbrochene Folge von Signalwerten A (im Folgenden auch: Signalwerten 0, denn dies ist der häufigste Fall, Sp. 3 Z. 33 bis 36), sondern diese Folge und zusätzlich der nachfolgende (alternativ der vorangehende, wobei diese Alternative im Folgenden zur Vereinfachung außer Betracht bleibt) andere Signalwert behandelt werden. Denn hierfür ergeben sich andere, der Bitratenreduktion günstige Wahrscheinlichkeiten (Sp. 4 Z. 30 bis 43).
- 15
- Die Beschreibung fasst dies, bevor sie auf Einzelheiten des Ausführungsbeispiels eingeht, dahin zusammen, dass das Auftreten einer ununterbrochenen Teilfolge von Nullen und des sich dieser Teilfolge anschließenden Koeffizienten als ein zu codierendes Ereignis angesehen werde, wie der erfindungsgemäßen Lehre zu entnehmen sei. Unmittelbar im Anschluss hieran fügt sie hinzu, wichtig sei, dass auch das Auftreten keiner Null vor einem von Null verschiedenen Koeffizienten - also das Auftreten einer Teilfolge der Länge 0 - als zu codierendes Ereignis behandelt werde (Sp. 3 Z. 37 bis 45). So verfährt auch das Ausführungsbeispiel; das häufigste Ereignis in der Tabelle der Figur 3, das demgemäß das kürzeste Codewort erhält, wird durch eine Teilfolge der Länge 0 und den Koeffizienten 1 gebildet.
- 16
- Eine Lesart des Merkmals 3.1, wonach - entsprechend den Ausführungen des Patentgerichts - eine Behandlung von Koeffizienten mit einer vorangehenden Teilfolge der Länge 0 im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden habe, vernachlässigt, dass es bei der Merkmalsgruppe 3 nicht nur darum geht, wie (mindestens) ein Codewort gebildet wird, sondern wie die "Folge von Huffman -Codeworten" gebildet wird (Merkmal 3 ["Oberbegriff"]). Dies wird durch Merkmal 3.2 weiter verdeutlicht, nach dem bei der Bildung der Folge der Codeworte nur die vorangehenden Teilfolgen des Signalwerts 0 mit dem anderen Signalwert verwendet werden. Demnach ist es nicht nur "wichtig", wie die Beschreibung hervorhebt, sondern unumgänglich, dass auch der Fall berücksich- tigt wird, in dem die Teilfolge die Länge 0 hat. Die Formulierung "wenn diese vorhanden ist" in Merkmal 3.1.2 besagt somit nur, dass in das Codewort der Wert des "anderen" Signalwerts und die Länge > 0 der ununterbrochenen Teilfolge mit Nullwerten eingeht und lediglich der Wert des "anderen" Signalwerts, wenn keine solche Folge vorausgeht. Dies bedeutet zugleich, dass das Codewort in diesem Fall für den "anderen" Signalwert steht, dem keine Teilfolge mit Nullwerten (oder eine solche mit der Länge 0) vorangeht.
- 17
- Dabei handelt es sich nicht um eine Spezialität des Ausführungsbeispiels , sondern um ein generelles Problem, für das an dieser Stelle der Beschreibung die erfindungsgemäße Lösung gezeigt wird. Diese Lösung betrifft deshalb den Patentanspruch insgesamt und ist für seine Auslegung mit zu berücksichtigen.
- 18
- Die Vorgabe, mindestens ein Huffman-Codewort nach dieser Vorschrift zu bilden, erklärt sich daraus, dass nach Patentanspruch 2 dem HuffmanCodewort ein Zusatzcodewort angehängt werden kann, wenn die Teilfolge eine vorgegebene Länge oder der zugeordnete andere Signalwert einen vorgegebenen Betrag überschreitet, und es nach Patentanspruch 3 möglich ist, eine Wertefolge in Abschnitte zu zerlegen und jedem Abschnitt ein Huffman-Codewort zuzuordnen.
- 19
- b) In der Merkmalsgruppe 3.2 stehen die Merkmale 3.2.1 und 3.2.2 in einer Entweder-oder-Beziehung zueinander. Das Wort "nur" jeweils zu Beginn der Merkmale bringt zum Ausdruck, dass in einem Verfahren nur das eine Merkmal oder nur das andere Merkmal zur Anwendung kommt, mithin nicht beide Varianten gemeinsam zur Anwendung kommen können.
- 20
- c) Als ein Verfahren zur Bitratenreduktion ist der Gegenstand des Streitpatents auf digitale Werte beschränkt. Bitfolgen oder -ströme, die reduziert werden könnten, setzten digitale Daten voraus.
- 21
- d) Merkmal 1 ist dahin zu verstehen, dass jeder Wert in einem Signal ein Signalwert ist. Welche inhaltliche Bedeutung diesem Wert zukommt, ist irrelevant.
- 22
- II. Das Patentgericht hat angenommen, das Streitpatent gehe in der erteilten und allen weiteren verteidigten Fassungen über den Inhalt der Anmeldung hinaus.
- 23
- 1. Den ursprünglichen Unterlagen sei die Merkmalsgruppe 3.1 nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen. Der Fall einer Teilfolge der Länge 0 sei dort - anders als in Patentanspruch 1 - nicht offen gelassen, vielmehr definiert geregelt, und es sei als wichtig hervorgehoben worden, dass auch eine ununterbrochene Teilfolge mit der Länge 0 zusammen mit einem davor oder dahinter liegenden, vom Signalwert (A) verschiedenen Koeffizienten als ein zu codierendes Ereignis behandelt werde.
- 24
- 2. Weiterhin sei die Merkmalsgruppe 3.2 den ursprünglichen Unterlagen nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen. Sie bestimme, dass für die Bildung der Huffman-Codeworte nur eine der beiden Varianten nach Merkmal 3.1 verwendet werden könne und daran für das komplette zu codierende Signal festgehalten werden müsse. Die ursprünglichen Unterlagen ließen hingegen beide Varianten nebeneinander zu. In dem für die Anmeldung formulierten Patentanspruch 1 sei am Ende lediglich formuliert worden: "… dass jeder ununterbrochenen Teilfolge von Signalwerten A mit der Länge 0, 1, 2 usw. zusammen mit dem sich der Teilfolge an- schließenden Signalwert oder zusammen mit dem der Teilfolge vorangehenden Signalwert ein Huffman-Codewort zugeordnet wird."
- 25
- Die mit der Merkmalsgruppe 3.2 festgeschriebene Exklusivität der Verwendung von stets nur einer der beiden Varianten finde in diesen ursprünglichen Unterlagen weder eine wortgetreue noch eine sinngemäße Stütze. Für die ursprünglich offenbarten Ausführungsbeispiele sei zwar nur eine solche exklusive Verwendung einer der beiden Varianten gezeigt worden. Gleichwohl sei dem Fachmann bewusst, dass er die Mannigfaltigkeit der zu codierenden Ereignisse auf die Menge der vorangehenden und der nachfolgenden Teilfolgen zusammen mit jeweils einem anderen Signalwert erweitern und die statistischen Signifikanzen dieser größeren Mannigfaltigkeit für die Bildung der HuffmanCodeworte heranziehen könne. Die ursprünglich offenbarten Beispiele würden das Verständnis des Fachmanns in keiner Weise beschränken.
- 26
- III. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.
- 27
- 1. Patentanspruch 1 geht mit der Fassung der Merkmalsgruppe 3.1 nicht über den Inhalt der ursprünglichen Unterlagen hinaus. Die Auslegung ergibt, wie ausgeführt, dass auch von einem anderen Signalwert, dem keine Teilfolge des Signalwerts (A) vorangeht beziehungsweise nachfolgt, stets einzeln ein Huffman-Codewort zu bilden ist. Dies entspricht der erfindungsgemäßen Lehre, wie sie schon in der Patentanmeldung beschrieben wurde.
- 28
- 2. Patentanspruch 1 geht auch nicht mit der Merkmalsgruppe 3.2 über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus.
- 29
- Das Ausführungsbeispiel in der Anmeldung des Streitpatents (Anl. K4) zeigt - wie das Patentgericht zutreffend feststellt - ausschließlich eine Codie- rung, bei der ununterbrochene Teilfolgen des Signalwerts 0 mit der Länge 0, 1, 2 … zusammen mit sich daran anschließenden, also nachfolgenden anderen Signalwerten als ein Ereignis für die Bildung von Huffman-Codeworten zusammengefasst werden (K4, Sp. 3 Z. 15 bis 20). Dieses Ausführungsbeispiel offenbart damit das Merkmal 3.2.1 in Bezug auf eine Codierung gemäß Merkmal 3.1.2.
- 30
- Eine Mischung der Codierung, bei der für einen Teil der anderen Signalwerte eine Kombination mit vorangehenden Teilfolgen und für den restlichen Teil eine Kombination mit nachfolgenden Teilfolgen des Signalwerts (A) vorgenommen wird, wird in der Anmeldung nicht erörtert.
- 31
- Der in der Anmeldung formulierte Patentanspruch 1 offenbarte mit seinem kennzeichnenden Teil dem Fachmann eindeutig und unmittelbar, dass nicht nur eine Kombination des anderen Signalwerts mit vorangehenden Teilfolgen , sondern auch eine Kombination mit nachfolgenden Teilfolgen des Signalwerts (A) für die Bildung der Huffman-Codeworte als Ereignis zugrunde gelegt werden kann. Das Verfahren für eine Kombination mit nachfolgenden Teilfolgen des Signalwerts (A) ist in der Anmeldung nicht anhand eines konkreten Ausführungsbeispiels erläutert. Die Alternative am Ende des in der Anmeldung formulierten Patentanspruchs 1, eine Kombination mit nachfolgenden Teilfolgen des Signalwerts (A) vorzunehmen, war für den Fachmann somit dahin zu verstehen , hierfür ebenso vorzugehen wie in dem beschriebenen Verfahren für eine Kombination mit vorangehenden Teilfolgen mit der einzigen Abweichung, für diese Kombination die Reihenfolge der ununterbrochenen Teilfolge des Signalwerts (A) und des daran angrenzenden anderen Signalwerts zu vertauschen. Dieses sich aus dem in der Anmeldung formulierten Patentanspruch ergebende Verständnis bedurfte keiner weiteren Erläuterung durch ein weiteres Ausfüh- rungsbeispiel, sondern erschloss sich aus der Formulierung des Patentanspruchs in der Anmeldung unmittelbar.
- 32
- Ob der Fachmann darüber hinaus der Angabe im beantragten Patentanspruch auch entnahm, beide Varianten mischen zu können, also HuffmanCodeworte zu bilden, denen sowohl Kombinationen anderer Signalwerte mit vorangehenden Teilfolgen als auch Kombinationen mit nachfolgenden Teilfolgen der Signalwerte (A) zugrunde liegen, und beides in einem Signalpaket zuverlässig decodierbar vereinen zu können, kann offen bleiben. Ein solches Verfahren wäre eine zusätzliche Variante, die die Beklagte im Prüfungsverfahren sodann nicht weiterverfolgte, indem sie sich mit der Merkmalsgruppe 3.2 auf eine ausschließliche Verwendung eine der beiden Alternativen ohne Mischformen beschränkte. Da diese beiden Alternativen als zur Erfindung gehörend in der Anmeldung offenbart waren, begründet eine solche Beschränkung keine unzulässige Erweiterung.
- 33
- IV. Das Urteil des Patentgerichts ist auch nicht deshalb im Ergebnis zutreffend , weil Patentanspruch 1 in anderer Hinsicht eine unzulässige Erweiterung enthielte.
- 34
- Merkmal 1 führt nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus , indem das zu codierende Signal lediglich eine Folge von Signalwerten umfassen und nicht ausschließlich aus solchen Werten bestehen müsste.
- 35
- In dem in der Anmeldung formulierten Patentanspruch 1 wird dieses Merkmal zwar dahin beschrieben, dass das Signal "aus einer Folge von digital dargestellten Signalwerten besteht".
- 36
- Soweit darin die Signalwerte mit dem Adjektiv "digital" beschrieben werden , ist dies unschädlich. Auch wenn dieses Wort im erteilten Patentanspruch nicht vorkommt, ist das Verfahren aufgrund seiner Funktion zur Bitdatenreduktion auf digital dargestellte Werte beschränkt.
- 37
- Soweit die Formulierung des Patentanspruchs 1 in der Anmeldung mit den Worten "besteht aus" eine abschließende Aufzählung beschreibt (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2011 - X ZR 75/08, GRUR 2011, 1109 Rn. 37 - Reifenabdichtmittel ; vom 5. Mai 2015 - X ZR 60/13, juris - Verdickerpolymer), ergibt sich daraus keine Diskrepanz zu Merkmal 1 von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung. Auch in der erteilten Fassung ist dieses Merkmal dahin zu verstehen, dass jeder Wert in einem Signal einen Signalwert darstellt.
- 38
- V. Da das Patentgericht - nach seinem Ausgangspunkt konsequent - sich mit der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents nicht befasst hat, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Patentgericht zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 2 und 3 PatG).
- 39
- Ein Grundgedanke des reformierten Patentnichtigkeitsverfahrens ist es, dass die Patentfähigkeit zunächst durch das auch mit technisch sachkundigen Richtern besetzte Patentgericht bewertet wird und diese Bewertung durch den Bundesgerichtshof überprüft wird. Eine Endentscheidung durch den Bundesgerichtshof (§ 119 Abs. 5 PatG) ist daher regelmäßig nicht sachgerecht, wenn die Erstbewertung des Standes der Technik durch das Patentgericht unterblieben ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 60-62 - Polymerschaum I). Dafür, dass im Streitfall etwas anderes gälte, ist nichts erkennbar und wird auch von den Parteien nichts geltend gemacht.
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 12.03.2013 - 5 Ni 58/11 (EP) -
Tenor
-
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. Januar 2013 verkündete Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts aufgehoben.
-
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Patentgericht zurückverwiesen.
-
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
-
Die Beklagte ist Inhaberin des am 20. März 2001 unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität vom 15. April 2000 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 275 192.
- 2
-
Patentanspruch 1 lautet:
-
"A machine for the manufacture of elements (8) from strip stock, the elements (8) in use being stacked to provide an assembly of stacked elements (8) for an electrical motor, each element (8) including body (10) and pole (12) portions which are integrally formed, the machine including a die assembly including a first die member (22) for providing by punching at least parts of the body portions (10) of each element and a second die member (32) for providing by punching, the pole portions (12) of each element (8), and characterised in that the body and pole die members (22, 32) are relatively moveable between successive punching operations when the body and pole portions (10, 12) of the elements (8) are provided, whereby incremental adjustment of the position of the second die member (32) relative to the first die member (22) is effected so that whilst each of the body portions (10) of the elements (8) is provided along a common centre line, the pole portion (12) of each of the successive elements (8) is incrementally offset relative to the pole portion (12) of each of the respective previous elements (8) with respect to the said common centre line of the body portion (10)."
- 3
-
Die Klägerinnen machen geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei unzulässig erweitert und nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent wie erteilt und hilfsweise mit mehreren geänderten Anspruchssätzen verteidigt.
- 4
-
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.
- 5
-
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt.
Entscheidungsgründe
- 6
-
Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht zur Prüfung der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents. Die Annahme des Patentgerichts, mit dem Streitpatent sei ein "Aliud" gegenüber der Anmeldung unter Schutz gestellt worden, hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.
- 7
-
I. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum Herstellen von Elementen aus bandförmigem Material, wobei die Elemente im Gebrauch aufeinander gestapelt werden, um eine Anordnung von gestapelten Elementen für eine elektrische Maschine zu bilden. Eine elektrische Maschine mit ausgeprägten Polen ist, wie das Patentgericht ausgeführt hat, unter dem Fachbegriff Schenkelpolmaschine bekannt. Für Käfig- und Drehstromwicklungen ist es üblich, zur Geräusch- und Oberwellendämpfung die Nuten zu schrägen. Die Einzelbleche werden gegeneinander versetzt, so dass Nuten und Leiter wendelförmig verlaufen, gegebenenfalls auch abschnittsweise mit unterschiedlicher Schrägungsrichtung, so dass sich eine als Winkel- oder Pfeilform bezeichnete Form ergibt. Auch nach dem Streitpatent sollen die Polabschnitte winkelförmig geschrägt werden, die Grundkörper hingegen unverändert bleiben, wie in (der nachfolgend mit Figur 1 wiedergegebenen) Figur 2 des Streitpatents gezeigt.
- 8
-
Dazu müssen im Stand der Technik entweder beide Teile einzeln gefertigt und beispielsweise durch Schweißen verbunden werden oder es ist für jedes Blech eine gesonderte Form zu stanzen, was eine große Zahl verschiedener Stanzwerkzeuge erfordert. Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, einen Rotor mit dem gewünschten Winkelprofil einfacher herzustellen. Erfindungsgemäß wird dies durch zwei Stanzwerkzeuge erreicht, die schrittweise (inkrementell) gegeneinander bewegt werden und so eine sukzessive Verschiebung des Polabschnitts zum Grundkörper bewirken.
- 9
-
Das Patentgericht hat Patentanspruch 1 wie folgt in Merkmale gegliedert:
-
1.1 Vorrichtung zum Herstellen von Elementen
-
1.2 aus bandförmigem Material,
-
1.3 wobei die Elemente im Gebrauch aufeinandergestapelt werden, um eine Anordnung von gestapelten Elementen für eine elektrische Maschine zu bilden,
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1.4 wobei jedes Element Grundkörper und Polabschnitte aufweist, die integral ausgebildet sind,
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2. wobei die Maschine eine Stanzanordnung aufweist,
-
2.1 die mit einem ersten Stanzelement versehen ist, zum Bereitstellen durch Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte eines jeden Elements,
-
2.2 und ein zweites Stanzelement zum Bereitstellen durch Ausstanzen der Polabschnitte eines jeden Elements, und dadurch gekennzeichnet,
-
3.1 dass die Stanzelemente für Grundkörper und Pole relativ zueinander bewegbar sind, zwischen aufeinanderfolgenden Stanzvorgängen,
-
3.2 wenn die Grundkörper- und Polabschnitte der Elemente gebildet werden,
-
4. wobei eine schrittweise Einstellung der Position des zweiten Stanzelements relativ zu dem ersten Stanzelement so ausgeführt wird,
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4.1 dass während jeder der Grundkörperabschnitte der Elemente entlang einer gemeinsamen Mittellinie gebildet wird,
-
4.2 der Polabschnitt eines jeden der aufeinanderfolgenden Elemente schrittweise relativ zu dem Polabschnitt eines jeden entsprechenden vorangehenden Elements in Bezug auf die genannte gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts versetzt ist.
- 10
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II. Das Patentgericht hat in diesem Gegenstand eine unzulässige Erweiterung der Ursprungsoffenbarung gesehen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
- 11
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Der Anspruch stütze sich auf Anspruch 11 der Anmeldung, wobei
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- die Merkmale 1.2 bis 1.4 neu hinzugekommen seien,
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- in Merkmal 3.1 der zweite Halbsatz neu hinzugekommen sei,
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- in den Merkmalen 4 und 4.2 "schrittweise" ergänzt worden sei,
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- der auf Rotorelemente beschränkte Anspruch 11 auf Elemente verallgemeinert worden sei,
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- die Zuordnung der Grundkörperabschnitte und der Polabschnitte zu den Stanzelementen nach Merkmalen 2.1 und 2.2 vertauscht worden sei,
-
- nach diesen Merkmalen zumindest Teile der Grundkörperabschnitte und die Polabschnitte (insgesamt) ausgestanzt würden, während es nach Anspruch 11 der Anmeldung umgekehrt sei,
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- aus der Mittellinie des zugehörigen Grundkörperabschnitts eine gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts geworden sei.
- 12
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Während sich die ersten drei Abweichungen von Anspruch 11 der Anmeldung aus den Ursprungsunterlagen ableiten ließen und die vierte als zulässige Verallgemeinerung angesehen werden könne, seien die weiteren Änderungen nicht mehr zulässig. Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin handele es sich nicht um einen offensichtlichen Fehler in der Formulierung des Patentanspruchs, der berichtigt werden könne. Anspruch 1 sei in sich schlüssig und lasse keine Widersprüche erkennen. Die von der Beklagten gesehenen Widersprüche zur Beschreibung und zu den Zeichnungen könnten nur im Rahmen der Auslegung berücksichtigt werden.
- 13
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Hierzu hat das Patentgericht ausgeführt, Patentanspruch 1 lasse offen, welches Stanzelement stationär und welches beweglich sei; beansprucht sei nur die Relativbewegung. In den Merkmalen 4.1 und 4.2 spreche der Anspruch von einer gemeinsamen Mittellinie als Bezugslinie für die Bewegung. In den ursprünglichen Unterlagen werde die Mittellinie auf den Grundkörperabschnitt bezogen. Werde die Mittellinie aber auf das Blechband oder die Stanzanlage bezogen, wären das erste Stanzelement und die Grundkörperabschnitte stationär und folglich die zweiten Stanzelemente und die Polabschnitte beweglich angeordnet, was ein Aliud zu der ursprünglich offenbarten und in den Figuren dargestellten Anlage darstelle. Der Argumentation der Klägerinnen folgend, die in der beanspruchten gemeinsamen Mittellinie des Grundkörperabschnitts etwas anderes sähen als in der ursprünglich offenbarten Mittellinie des zugehörigen Grundkörperabschnitts, sei als mit dem Streitpatent beansprucht eine Anlage anzusehen, bei der die Grundkörperabschnitte beim Ausstanzen auf einer nunmehr gemeinsamen Mittellinie lägen und das zugehörige Stanzwerkzeug folglich stationär sei. Dass sich die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele ausschließlich auf eine Anlage mit einem stationären Stanzwerkzeug für die Polabschnitte und einem beweglichen Stanzwerkzeug für die Grundkörperabschnitte bezögen, könne den Sinngehalt der Patentansprüche nicht in ihr Gegenteil verkehren. Eine Auslegung entgegen dem Wortlaut (im Sinne einer Auslegung entgegen dem Sinngehalt) der Patentansprüche sei nicht zulässig.
- 14
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III. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Bei zutreffender Auslegung des Patentanspruchs 1 enthält dieser nicht die vom Patentgericht angenommenen Abweichungen vom Offenbarungsgehalt der Anmeldung, und entsprechendes gilt für den Verfahrensanspruch 7.
- 15
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1. Zu Recht rügt die Berufung, dass es das Patentgericht unterlassen hat, Patentanspruch 1 zunächst unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen auszulegen, bevor es sich der Frage zuwandte, ob der Gegenstand des Streitpatents, der als das Ergebnis der Auslegung zutage tritt, in den ursprünglichen Unterlagen als die angemeldete Erfindung oder als dieser zugehörig offenbart ist.
- 16
-
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Auslegung des Patentanspruchs stets geboten und darf auch dann nicht unterbleiben, wenn der Wortlaut des Anspruchs eindeutig zu sein scheint (s. nur BGH, Urteil vom 29. April 1986 - X ZR 28/85, BGHZ 98, 12, 18 - Formstein; Urteil vom 12. März 2002 - X ZR 168/00, BGHZ 150, 149, 153 - Schneidmesser I; Beschluss vom 17. April 2007 - X ZB 9/06, BGHZ 172, 108 - Informationsübermittlungsverfahren I; Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107, Rn. 27 - Polymerschaum I). Denn die Beschreibung des Patents kann Begriffe eigenständig definieren und insoweit ein "patenteigenes Lexikon" darstellen (BGH, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 - Spannschraube). Auch der Grundsatz, dass bei Widersprüchen zwischen Anspruch und Beschreibung der Anspruch Vorrang genießt, weil dieser und nicht die Beschreibung den geschützten Gegenstand definiert und damit auch begrenzt (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09, BGHZ 189, 330, Rn. 23 - Okklusionsvorrichtung), schließt nicht aus, dass sich aus der Beschreibung und den Zeichnungen ein Verständnis des Patentanspruchs ergibt, das von demjenigen abweicht, das der bloße Wortlaut des Anspruchs vermittelt. Funktion der Beschreibung ist es, die geschützte Erfindung zu erläutern. Im Zweifel ist daher ein Verständnis der Beschreibung und des Anspruchs geboten, das beide Teile der Patentschrift nicht in Widerspruch zueinander bringt, sondern sie als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen versteht. Nur wenn und soweit dies nicht möglich ist, ist der Schluss gerechtfertigt, dass Teile der Beschreibung zur Auslegung nicht herangezogen werden dürfen. Eine Auslegung des Patentanspruchs, die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2014 - X ZR 35/11, GRUR 2015, 159, Rn. 26 - Zugriffsrechte).
- 17
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Der Inhalt der Ursprungsunterlagen oder der Veröffentlichung der Anmeldung bleibt bei der Auslegung außer Betracht. Weder darf der Patentanspruch - zur Vermeidung einer unzulässigen Erweiterung - nach Maßgabe des ursprünglich Offenbarten ausgelegt werden (BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I), noch darf umgekehrt sein Sinngehalt dadurch ermittelt werden, dass dem Wortlaut des Patentanspruchs abweichende Formulierungen der Anmeldung gegenübergestellt werden. Allenfalls dann, wenn zweifelhaft bleibt, ob sich Patentanspruch und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung setzen lassen, darf die "Anspruchsgeschichte" zur weiteren Klärung der Frage herangezogen werden, ob mit dem Anspruch ein Gegenstand unter Schutz gestellt worden ist, der von dem in der Beschreibung offenbarten abweicht oder hinter diesem zurückbleibt (BGHZ 189, 330, Rn. 25 - Okklusionsvorrichtung; BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I).
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2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich im Streitfall, dass die Merkmale 2.1 und 2.2 abweichend vom Wortlaut des Anspruchs dahin zu lesen sind, dass mit dem ersten Stanzelement zumindest Teile der Polabschnitte eines jeden Elements und mit dem zweiten Stanzelement die Grundkörperabschnitte eines jeden Elements durch Ausstanzen bereitgestellt werden.
- 19
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a) Mit der Erfindung soll, so heißt es im allgemeinen Teil der Beschreibung, eine Möglichkeit bereitgestellt werden, auf einfache Weise Rotorelemente mit Polabschnitten (Polköpfen) herzustellen, die um unterschiedliche Abstände zu einer Mittellinie des Grundkörperabschnitts (Polschafts) versetzt sind (Abs. 12 der Beschreibung). Bevorzugt ist dabei der vom ersten Stanzelement hergestellte Teil des Polabschnitts derjenige, der allen Rotorelementen (scil. unabhängig vom Ausmaß der Versetzung von der Mittellinie) gemeinsam ist (Abs. 13), d.h. der Polabschnitt wird vom ersten Stanzelement nur teilweise ausgestanzt, während der Rest des Materials beim nachfolgenden Ausstanzen des Grundkörperabschnitts weggenommen wird.
- 20
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Dies wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnungen, von denen die nachfolgend wiedergegebene Figur 4a wie die Figuren 5a und 6a Ansichten einer erfindungsgemäßen Vorrichtung darstellen (Abs. 17), näher erläutert.
- 21
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Danach ist auf einer Basisplatte 20 ein erstes ortsfestes Stanzelement (die member) 22 und benachbart zu diesem ein zweites bewegliches Stanzelement 32 angeordnet (Abs. 22). Das Stanzelement 22 weist zwei Stanzöffnungen 24a und 24b auf, von denen jede einer Fläche entspricht, die an einen Teil der Umfangslinie des Polabschnitts angrenzt (Abs. 23). Das bewegliche Stanzelement 32 weist Stanzöffnungen 34a und 34b auf, von denen jede einer Fläche entspricht, die an die (Längs-)Seite des Grundkörperabschnitts angrenzt, sowie eine sich dazwischen erstreckende dritte Stanzöffnung 35 (Abs. 24). Unter Ausnutzung dieser Stanzöffnungen werden mittels nicht dargestellter Stanzen die Rotorelemente ausgestanzt (Abs. 27 ff.), indem in Position B zunächst die Polabschnitte teilweise ausgestanzt werden (Abs. 28) und in Position C die Grundkörperabschnitte gestanzt werden (Abs. 29), so dass auf diese Weise mit dem Ausstanzen des Grundkörperabschnitts mittels der Stanzen (punch members) 64a und 64b und einer einteilig mit diesen ausgebildeten dritten Stanze 65 gleichzeitig das Ausstanzen der Polabschnitte vollendet wird und in Position D ein vollständiges Rotorelement bereitsteht (Abs. 30). Die Beschreibung erläutert weiter, es verstehe sich, dass die Stanzen beider Stanzelemente 22, 32 gleichzeitig betätigt würden. Im Anschluss an jeden Stanzvorgang werde ein Antriebsmittel 36 betätigt, um das Stanzelement 32 inkrementell in einer Richtung zu versetzen und damit einen Versatz des Polabschnittabschnitts von der Mittellinie des Grundkörperabschnitts zu erzeugen (Abs. 32).
- 22
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b) Mit dieser Darstellung des erfindungsgemäßen Verfahrens und einer hierfür geeigneten Vorrichtung steht Patentanspruch 1 (und ebenso der Verfahrensanspruch 7) auf den ersten Blick nicht in Einklang. Denn nach Merkmal 2.1 scheint das (feststehende) erste Stanzelement zum Ausstanzen (zumindest) von Teilen des Grundkörperabschnitts und das (bewegliche) zweite Stanzelement zum Ausstanzen der Polabschnitte bestimmt zu sein. Aus dem Gesamtinhalt der Beschreibung und den weiteren Patentansprüchen 2 bis 6 ergibt sich jedoch, dass hierbei Grundkörper- und Polabschnitte vertauscht worden sind und die Merkmalsgruppe 2 daher so zu lesen ist, dass die Maschine eine Stanzanordnung aufweist, die (2.1) mit einem ersten Stanzelement zum Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte und (2.2) mit einem zweiten Stanzelement zum Ausstanzen der Polabschnitte eines jeden Elements versehen ist.
- 23
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(1) Darauf deutet zunächst der Umstand hin, dass ein wörtlich genommener Patentanspruch 1 nicht nur mit Teilen der Beschreibung wie einzelnen oder auch sämtlichen Ausführungsbeispielen, sondern mit der Beschreibung insgesamt in Widerspruch tritt, ohne dass hierfür ein plausibler Grund erkennbar wäre. Dies wird insbesondere an der vermeintlichen Anweisung des Merkmals 2.1 deutlich, mit dem ersten Stanzelement zumindest Teile des Grundkörperabschnitts auszustanzen. Denn in der Beschreibung ist es, wie erwähnt, gleich eingangs als bevorzugte Vorgehensweise erläutert, mit dem ersten Stanzelement Teile der Polabschnitte, nämlich den allen Polabschnitten gemeinsamen (äußeren) Umriss der Polköpfe, herzustellen. Mit dem Ausstanzen des Grundkörperabschnitts wird sodann die Oberkante des (vorauslaufenden) Polabschnitts gestanzt und gleichzeitig die Unterkante des nächsten Polabschnitts in Abhängigkeit vom Betrag des Versatzes des zweiten Stanzelements so ausgebildet, dass sich ein entsprechender Versatz des Polabschnitts gegenüber der gemeinsamen Mittellinie des Grundkörperabschnitts (Merkmal 4.2) ergibt. Auf diese Weise lassen sich mit einem Werkzeug unterschiedliche Polkopfformen herstellen. Hingegen findet die Möglichkeit, den (gleichförmigen) Grundkörper mit dem ersten Stanzwerkzeug nur teilweise auszustanzen, den Polabschnitt und den Rest des Grundkörperabschnitts aber mit weiteren Stanzwerkzeugen, keinerlei Anklang in der Beschreibung.
- 24
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(2) Es kommt hinzu, dass der Wortlaut der Merkmalsgruppe 4 zwar mit dem vom Patentgericht entwickelten Verständnis nicht unvereinbar ist, jedoch im Kontext der Beschreibung und der weiteren Patentansprüche betrachtet gleichfalls die Annahme stützt, dass das erste Stanzelement anspruchsgemäß nicht zum Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte, sondern der Polabschnitte bestimmt ist.
- 25
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Das Patentgericht hat, im Ausgangspunkt zutreffend, erwogen, dass der Patentanspruch in den Merkmalen 3.1, 3.2 und 4 offen lässt, welches Stanzelement fest und welches beweglich angeordnet ist, da Merkmal 3.1 nur vorgibt, dass beide Stanzelemente relativ zueinander bewegt werden können. Es hat jedoch aus Merkmal 4.2 geschlossen, dass das den Grundkörperabschnitt (teilweise) ausstanzende erste Stanzelement stationär angeordnet sei, weil in diesem Merkmal Bezug auf eine gemeinsame Mittellinie aufeinanderfolgender Elemente genommen, der Fachmann hierunter nichts anderes als eine allen Elementen gemeinsame Mittellinie verstehen könne und folglich eine Vorrichtung unter Schutz gestellt werde, bei der die Grundkörperabschnitte beim Ausstanzen auf einer gemeinsamen Mittellinie lägen.
- 26
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Bei Patentanspruch 1 handelt es sich um einen Sachanspruch, dessen Merkmale dazu bestimmt sind, die geschützte Sache zu beschreiben, d.h. im Streitfall die Maschine und damit gegebenenfalls mittelbar die Ausgestaltung der Erzeugnisse, die mit ihr hergestellt werden können. Wird Merkmal 4.2 - wie stets geboten (statt aller BGHZ 194, 107, Rn. 27 - Polymerschaum I) - im Kontext der Merkmalsgruppe 4 und diese im Zusammenhang des gesamten Anspruch und vor dem erläuternden Hintergrund der Beschreibung gelesen, besagt die Merkmalsgruppe 4, dass die Relativposition des zweiten Stanzelements schrittweise (inkrementell) so geändert wird, dass der Polabschnitt jedes Elements im Verhältnis zum Polabschnitt des vorangehenden um eine entsprechende Schrittweite gegenüber der gemeinsamen Mittellinie der Grundkörperabschnitte versetzt ist. Die Relativbewegung der Stanzelemente (Vorrichtungsmerkmal 4) soll mit anderen Worten so erfolgen, dass die mit der Vorrichtung hergestellten (Rotor-)Elemente den Merkmalen 4.1 und 4.2 entsprechen. Die Grundkörperabschnitte haben mithin eine gemeinsame Mittellinie, die (nicht symmetrischen) Polabschnitte weisen hingegen einen Versatz aus der Mittellinie in die eine oder andere Richtung auf.
- 27
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Demgegenüber liefe ein Verständnis des Merkmals 4.2 als mittelbare Umschreibung der stationären Anordnung des ersten Stanzelements darauf hinaus, dass die - wie auch das Patentgericht angenommen hat - in Patentanspruch 1 an sich offen gelassene Frage, welches Stanzelement fest und welches beweglich angeordnet ist, doch im Sinne einer festen Anordnung des ersten Stanzelements beantwortet würde. Gleichzeitig verlöre damit Patentanspruch 2, der gerade erst bestimmt, dass das erste Stanzelement fest sein und das zweite inkrementell relativ zu diesem bewegt werden soll, seine Funktion, die mit Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Vorrichtung zu konkretisieren und wiederholte mit anderen Worten lediglich den sachlichen Gehalt des Patentanspruchs 1.
- 28
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(3) Schließlich stützt auch Patentanspruch 6 - und entsprechendes gilt für das Verfahren nach Patentanspruch 9 - in Verbindung mit der Beschreibung die Annahme, dass die Merkmale 2.1 und 2.2 im dargestellten Sinne einer Vertauschung von Grundkörper- und Polabschnitten zu lesen sind.
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Technisch sinnvoll ließe sich die zunächst nur teilweise Ausstanzung des Grundkörperabschnitts, die Merkmal 2.1 vorzusehen scheint, nur dahin verstehen, dass dem Ausstanzen seiner Längskanten die Ausstanzung seiner Fußlinie, gegebenenfalls zusammen mit der Oberkante des vorauslaufenden Polabschnitts, nachfolgt. Hierfür wird, wie ausgeführt, im Ausführungsbeispiel die Stanze 65 verwendet, die zusammen mit der gekrümmten inneren Oberfläche des Grundkörperabschnitts die gekrümmte äußere Oberfläche des Polabschnitts erzeugt. Dadurch bleibt, wie in Absatz 35 der Beschreibung erläutert wird, die Mittellinie des Krümmungsradius der Polabschnitte im Wesentlichen auf der Mittellinie C/L des Grundkörperabschnitts, obwohl sich der Versatz des Polabschnitts um einen Schritt von der theoretischen Position unterscheidet. Damit bleiben gleichzeitig die Mittellinie der äußeren Oberfläche der Polabschnitte der gestapelten Rotorelemente und der Luftspalt zwischen dieser äußeren Oberfläche und der inneren Oberfläche des Stators trotz der winkelartigen Anordnung konstant. Die Vorteile dieser Anordnung können ohne den Nachteil einer Veränderung der Dicke des Luftspalts in Axialrichtung der Rotoranordnung genutzt werden (Abs. 36).
- 30
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Die Stanze 65 gehört zu einem dritten Stanzelement 35, das nach Patentanspruch 4 zum Ausstanzen eines Umfangsrands zwischen dem Grundkörperabschnitt eines Elements und dem Polabschnitt eines durch den vorangegangenen Ausstanzvorgang gebildeten Elements dient. Nach Patentanspruch 6 sind die zweiten und dritten Stanzelemente integral ausgebildet. Es sind somit in Patentanspruch 6 einteilig ausgebildete Stanzen 64a, 64b, 65 unter Schutz gestellt, wie sie in der Beschreibung erläutert und in Figur 7 gezeigt sind. Sie können, wie von Patentanspruch 9 gefordert, gemeinsam schrittweise zwischen aufeinander folgenden Ausstanzvorgängen bewegt werden.
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Mit diesem einteiligen beweglichen Werkzeug lassen sich jedoch im Wesentlichen auf der Mittellinie C/L des Grundkörperabschnitts liegende Krümmungsradien der Polabschnitte nicht erzeugen. Es lassen sich nicht einmal die (gleichmäßig) gekrümmten inneren Oberflächen des Grundkörperabschnitts erzeugen, mit denen die Rotorelemente im Ausführungsbeispiel auf der Welle angeordnet sind, weil die einteilige Stanze relativ zum Grundkörperabschnitt verschoben wird.
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(4) Unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Beschreibung, des Sinngehalts der Merkmalsgruppe 4, und des Wortlauts der Patentansprüche 2, 6 und 9 muss der Fachmann, der es unternimmt, ein sinnvolles und wenn möglich widerspruchsfreies Gesamtverständnis der Patentansprüche und der zu ihrer Erläuterung bestimmten Beschreibung zu entwickeln, mithin zu dem Schluss gelangen, dass mit der Formulierung des Patentanspruchs in den Merkmalen 2.1 und 2.2 - entgegen dem insoweit verunglückten Wortlaut - nichts unter Schutz gestellt worden ist, was von der in der Beschreibung offenbarten Vorrichtung abweicht, bei der mit dem ersten (feststehenden) Stanzelement (zumindest) Teile der Polabschnitte eines jeden Elements und mit dem zweiten (beweglichen) Stanzelement die Grundkörperabschnitte eines jeden Elements durch Ausstanzen bereitgestellt werden.
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c) Entgegen der von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung steht die dargestellte Auslegung des Patentanspruchs 1 - die entsprechend für Patentanspruch 7 gilt - auch nicht im Widerspruch zu einer mit der Erteilung des Streitpatents vorgenommenen Beschränkung des Schutzgegenstands gegenüber dem mit der Anmeldung beanspruchten Gegenstand. Denn es bleibt dabei, dass der Patentanspruch durch die vom Patentgericht aufgezeigten zusätzlichen Merkmale als ein gegenüber der Anmeldung engerer Gegenstand definiert worden ist.
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-
3. Damit enthält der Gegenstand des Streitpatents insoweit keine unzulässige Erweiterung. Dass sie auch im Übrigen nicht vorliegt, hat das Patentgericht rechtsfehlerfrei angenommen; die Berufungserwiderungen wenden sich hiergegen auch nicht.
- 35
-
IV. Da das Patentgericht - nach seinem Ausgangspunkt konsequent - sich mit der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents nicht befasst hat, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Patentgericht zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 2 und 3 PatG).
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-
Ein Grundgedanke des reformierten Patentnichtigkeitsverfahrens ist es, dass die Patentfähigkeit zunächst durch das auch mit technisch sachkundigen Richtern besetzte Patentgericht bewertet wird und diese Bewertung durch den Bundesgerichtshof überprüft wird. Eine Endentscheidung durch den Bundesgerichtshof (§ 119 Abs. 5 PatG) ist daher regelmäßig nicht sachgerecht, wenn die Erstbewertung des Standes der Technik durch das Patentgericht unterblieben ist. Dafür, dass im Streitfall etwas anderes gälte, ist nichts erkennbar und wird auch von den Parteien nichts geltend gemacht.
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Meier-Beck Gröning Bacher
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Deichfuß Kober-Dehm
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Der Kläger ist eingetragener Inhaber des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 366 968 (nachfolgend: Klagepatent). Er nimmt die Beklagte wegen Verletzung des Klagepatents auf Unterlassung, Auskunftserteilung , Rechnungslegung und Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch. Patentanspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut: "Zusammenklappbarer Schiebewagen für Kinder und/oder Puppen mit einem Wagengestell (1), das mindestens aufweist: - zwei obere, spiegelbildlich angeordnete, von vorn nach hinten ansteigend und im Wesentlichen V-förmig verlaufende, durchgehende oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildete Gestellholme (2a, 2b), deren untere Enden zum Verbringen aus einer zusammengelegten Stellung in eine Aufstellposition schwenkbar an einem Verbindungsteil (3) angekoppelt sind, - an welchem Verbindungsteil (3) zwei untere, spiegelbildlich angeordnete , von vorn nach hinten im Wesentlichen V-förmig verlaufende , durchgehende oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildete verschwenkbare Gestellholme (4a, 4b) angeordnet sind, an deren hinteren Enden Radlagerhalter (5) für hintere Räder oder Räderanordnungen (6) befestigt sind, - mindestens eine vordere Radanordnung (7) mit mindestens einem Rad, die mittels mindestens eines Radlagerhalters (8) an dem Verbindungsteil (3) oder einem Brückenteil der unteren Gestellholme (4a, 4b) befestigt ist, gekennzeichnet durch: - ein aufstellbares Spreizgestänge (9) in Form eines Kreuzgestänges , das in einem bestimmten Abstand zum Verbindungsteil (3) an den Holmen (2a, 2b; 4a, 4b) und diese verbindend vorgesehen und derart ausgebildet ist, dass nach dem Aufstellen des Wagengestells die oberen und die unteren Holme (2a, 2b) in die charakteristische V-Position sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht sind und beim Zusammenlegen des Spreizgestänges (9) die oberen und unteren Holme (4a, 4b) gleichzeitig aufeinander zu verschwenken."
- 2
- Die Patentansprüche 2 bis 19 sind unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen.
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- Die Beklagte vertreibt einen Kinderwagen unter der Modellbezeichnung "Futura" über das Internet, dessen nähere Ausgestaltung sich aus den als Anlage K 13 zu den Akten gereichten, teilweise nachfolgend wiedergegebenen Fotografien ergibt (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Die angegriffene Ausführungsform stellte sie auch auf der Messe "Kind und Jugend 2009" in Köln aus.
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- Das Landgericht hat die Klageansprüche im Wesentlichen zuerkannt. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision be- gehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des
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- Berufungsgerichts und zur Wiederherstellung des Urteils erster Instanz, soweit dieses der Klage stattgegeben hat. I. Das Klagepatent betrifft einen zusammenklappbaren Wagen für Kinder
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- oder Puppen mit einem Wagengestell.
- 7
- Nach der Beschreibung ist u.a. aus der französischen Patentanmeldung 2 310 910, aus der die nachfolgende Zeichnung stammt, ein Kinderwagen mit einer Rahmenkonstruktion bekannt, die ein unteres, scherenartig an einem Gelenkstück angelenktes Paar von Seitenholmen (1, 1') aufweist, die durch zusammenklappbare Querholme miteinander verbunden sind. Die Rücken- holme (14, 14') sind an festen Lagern an den Seitenholmen schwenkbeweglich gelagert und unterhalb eines zusammenlegbaren Scherengestänges (18, 18'; 19, 19'), das als Spreizgestänge zwischen den Rückenholmen vorgesehen ist, geteilt und gegeneinander verschwenkbar ausgeführt, so dass sie zusammen mit den Sitzholmen ein Kräfteparallelogramm bildeten. Für die Spreizung der Seitenholme ist zusätzlich ein zusammenlegbarer Querholm (17) zwischen den unteren Abschnitten der Rückenholme vorgesehen.
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- Dem Streitpatent liegt das Problem ("die Aufgabe") zugrunde, die bekannten zusammenklappbaren Schiebewagen derart fortzuentwickeln, dass diese bei vereinfachter Konstruktion leicht aufgestellt und zusammengeklappt werden können.
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- Das soll nach der Lehre aus Patentanspruch 1 durch eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen erreicht werden: 1. Zusammenklappbarer Schiebewagen für Kinder und/oder Puppen mit einem Wagengestell, das aufweist: 1.1 zwei obere Gestellholme (2a, 2b), 1.2 zwei untere Gestellholme (4a, 4b), 1.3 ein Verbindungsteil (3), 1.4 ein Spreizgestänge (9), 1.5 eine vordere Radanordnung (7) und 1.6 hintere Räder oder Räderanordnungen (6).
3. Die unteren Gestellholme (4a, 4b), 3.1 sind durchgehend oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildet, 3.2 sind spiegelbildlich angeordnet, 3.3 verlaufen von vorn nach hinten im Wesentlichen V-förmig, 3.4 sind verschwenkbar und 3.5 weisen hintere Enden auf, an denen Radlager (5) für hintere Räder oder Räderanordnungen (6) befestigt sind.
4. An dem Verbindungsteil (3) sind 4.1 die unteren Enden der oberen Gestellholme (2a, 2b) zum Verbringen aus einer zusammengelegten Stellung in eine Aufstellposition schwenkbar gekoppelt und 4.2 die unteren Gestellholme (4a, 4b) angeordnet.
5. Die vordere Radanordnung (7) 5.1 weist mindestens ein Rad auf und 5.2 ist mittels mindestens eines Radlagerhalters (8) an dem Verbindungsteil (3) oder einem Brückenteil der unteren Gestellholme (4a, 4b) befestigt.
6. Das Spreizgestänge (9) ist 6.1 aufstellbar und 6.2 in Form eines Kreuzgestänges ausgebildet. 6.3 Das Kreuzgestänge ist 6.3.1 an den Holmen (2a, 2b; 4a, 4b) in einem bestimmten Abstand zum Verbindungsteil (3) und die Holme (2a, 2b; 4a, 4b) verbindend vorgesehen,
6.3.2 derart ausgebildet, dass nach dem Aufstellen des Wagengestells (1) die oberen und die unteren Holme (2a, 2b; 4a, 4b) in die charakteristische V-Position sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht sind, und 6.3.3 derart ausgebildet, dass beim Zusammenlegen des Spreizgestänges (9) die oberen und unteren Holme (2a, 2b; 4a, 4b) gleichzeitig aufeinander zu verschwenken.
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- Die nachfolgend wiedergegebene Zeichnung stammt aus der Klagepatentschrift und zeigt ein erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel: II. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt
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- begründet: Das Klagepatent sei nicht verletzt, weil die angegriffene Ausführungsform we12 der ein Kreuzgestänge aufweise, das die Merkmalsgruppe 6.3 wortsinngemäß verwirkliche , noch ein Ersatzmittel, das als patentrechtlich äquivalent angesehen werden könne. Als Durchschnittsfachmann sei ein Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau
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- anzusehen, der bei einem Hersteller von Kinderwagengestellen mit Konstruktions- aufgaben befasst sei und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfüge. Eine wortsinngemäße Verwirklichung scheide schon deshalb aus, weil für das
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- Berufungsgericht aufgrund des im Nichtigkeitsverfahren der Parteien ergangenen Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - X ZR 58/11) faktisch feststehe, dass ein Kreuzgestänge, dessen Streben wie bei der angegriffenen Ausführungsform lediglich in einer Ebene zueinander verschwenkt werden könnten, nicht als Kreuzgestänge im Sinne der Merkmalsgruppe 6.3 angesehen werden könne. Um keinen Zulassungsgrund zu schaffen, bestehe für das Berufungsgericht eine tatsächliche Bindung an die Auslegung des Bundesgerichtshofs im Nichtigkeitsverfahren. Unabhängig hiervon treffe die Auslegung des Bundesgerichthofs auch zu. Es
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- möge zwar sein, dass die Übertragung der auf das Kreuzgestänge wirkenden Kraft auf die Holme unabhängig davon ermöglicht werden könne, ob das Kreuzgestänge in nur einer Ebene ("zweidimensional") oder in zwei Ebenen ("dreidimensional") bewegbar sei. Das Klagepatent habe sich aber auf letztere Lösung festgelegt. Rückschlüsse allgemeiner Art auf das erfindungsgemäße Kreuzgestänge aus den Unteransprüchen 6 und 7, wie sie das Landgericht gezogen habe, seien nicht gerechtfertigt , weil sich diese Patentansprüche letztlich nur mit den Schwenklagerhaltern und nicht mit dem Kreuzgestänge als solchem befassten. Dass es möglich wäre, bei der in diesen Ansprüchen gelehrten Konstruktion auch ein zweidimensional wirkendes Kreuzgestänge zu verwenden, bedeute nicht, dass dies auch erfindungsgemäß wäre. Entsprechendes gelte für Unteranspruch 11. Seine Besonderheit bestehe nicht darin, dass dort erstmals ein dreidimensional wirkendes Kreuzgestänge an sich gelehrt würde, sondern (unter anderem) darin, dass zusätzlich Arretierungsmittel für die Stützstrebenenden vorgesehen seien. Die Angabe in der Beschreibung (Abs. 7, Satz 3), ein erfindungsgemäßes
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- Wagengestell sei ähnlich aufgebaut wie ein Schirmgestänge, es sei aber auch möglich , dass nur die oberen gegenüber den unteren Holmen verschwenkbar seien, sei nicht mit dem Patentanspruch in Einklang zu bringen. Dieser setze in Merkmal 6.3.3 voraus, dass bei Zusammenlegen des Spreizgestänges die oberen und die unteren Holme gleichzeitig aufeinander zu verschwenkten. Verlangt werde damit eine aktive Beteiligung aller Holme einschließlich der unteren, weshalb auch diese verschwenkbar sein müssten. Auch aus den Ausführungen der Beschreibung (Abs. 9), ein Spreizgestänge in
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- Form eines Kreuzgestänges, z.B. in X-Form, sei besonders vorteilhaft, wenn das Gestänge aus geteilten Stützstreben bestehe, die schwenkbeweglich einerseits an Schwenkhaltern an den Holmen und andererseits an einem zentrischen Lagerhalter angelenkt seien, so dass - wie bei einem Regenschirm - die Streben durch Bewegung des Lagerhalters in Längsrichtung aufgestellt und zusammengefaltet werden könnten, lasse sich nicht der Umkehrschluss ziehen, dem Patentanspruch 1 unterfielen auch zweidimensional wirkende Kreuzgestänge. Vielmehr betreffe die besondere Eignung spezielle dreidimensional wirkende Kreuzgestänge, nämlich X-förmige. Selbst wenn "besonders vorteilhaft" ursprünglich als Herausstellungsmerkmal gegenüber nicht schirmartig konstruierten Kreuzgestängen gemeint gewesen sein sollte , habe diese Formulierung angesichts des bei der Auslegung zu beachtenden Primats des Anspruchs ihren Sinn eingebüßt. Das Klagepatent wolle sich damit von dem aus der französischen Patentanmeldung 2 310 910 bekannten, nach dem Prinzip eines Scherengestänges arbeitenden Lösung, bei dem die Holme lediglich in einer Ebene zueinander verschwenkt werden könnten, durch eine Bewegungskopplung in mehr als nur einer Ebene abgrenzen. III. Diese Auslegung des Patentanspruchs hält der revisionsrechtlichen Über18 prüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht hat sich zu Unrecht an einer zutreffenden Ermittlung
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- des Sinngehalts des Patentanspruchs 1 dadurch gehindert gesehen, dass es sich an die vermeintliche Erkenntnis des Senats im Nichtigkeitsverfahren gebunden gesehen hat, die Merkmalsgruppe 6.3 erfordere ein Kreuzgestänge, dessen Stützstreben in zwei Ebenen zueinander verschwenkt werden können. Eine solche Bindung besteht jedoch weder rechtlich noch tatsächlich. Die Bestimmung des Sinngehalts eines Patentanspruchs ist Rechtserkenntnis
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- und vom Verletzungsgericht, wie von jedem anderen damit befassten Gericht, eigenverantwortlich vorzunehmen (BGH, Urteil vom 31. März 2009 - X ZR 95/05, BGHZ 180, 215 Rn. 16 - Straßenbaumaschine; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - X ZR 193/03, BGHZ 186, 90 Rn. 15 - Crimpwerkzeug III). Dies schließt die Möglichkeit ein, dass das Verletzungsgericht zu einem Auslegungsergebnis gelangt, das von demjenigen abweicht, das der Bundesgerichtshof in einem dasselbe Patent betreffenden Patentnichtigkeitsverfahren gewonnen hat. Eine solche Divergenz rechtfertigt zwar, wenn sie entscheidungserheblich ist, die Zulassung der Revision (BGHZ 186, 90 Rn. 11 ff. - Crimpwerkzeug III). Sie unterscheidet sich darin aber nicht von anderen Fällen einer von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs abweichenden und deshalb nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Zulassung der Revision rechtfertigenden Beurteilung einer Rechtsfrage durch ein Berufungsgericht. In diesen wie in jenen Fällen hat das Revisionsgericht zu prüfen, ob es an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält oder die besseren Gründe für die Beurteilung des Berufungsgerichts streiten. Eine solche bessere Erkenntnis kann sich im Patentstreitverfahren zudem aus vom Berufungsgericht festgestellten, der revisionsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legenden Tatsachen ergeben, die im Nichtigkeitsverfahren nicht festgestellt worden sind, sich aber auf die Auslegung des Patents auswirken (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 - X ZR 76/04, BGHZ 164, 261 Rn. 19 - Seitenspiegel; Urteil vom 12. Februar 2008 - X ZR 153/05, GRUR 2008, 779 Rn. 31 - Mehrgangnabe). 2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht das Klagepatent dahin ausge21 legt, Patentanspruch 1 verlange in Merkmal 6.3.3 ein in zwei Ebenen ("dreidimensional" ) verschwenkbares Kreuzgestänge.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats sind Beschreibung und Zeichnun22 gen, die dem Fachmann die Lehre des Patentanspruchs erläutern und veranschauli- chen, nicht nur für die Bestimmung des Schutzbereichs (Art. 69 Abs. 1 EPÜ, § 14 PatG), sondern ebenso für die Auslegung des Patentanspruchs heranzuziehen, und zwar unabhängig davon, ob diese Auslegung die Grundlage der Verletzungsprüfung, der Prüfung des Gegenstandes des Patentanspruchs auf seine Patentfähigkeit oder der Prüfung eines anderen Nichtigkeitsgrundes ist (BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 27 - Polymerschaum I; Urteil vom 12. Mai 2015 - X ZR 43/13, juris Rn. 15 - Rotorelemente). Dabei ist die Patentschrift in einem sinnvollen Zusammenhang zu lesen und der Patentanspruch im Zweifel so zu verstehen, dass sich keine Widersprüche zu den Ausführungen in der Beschreibung und den bildlichen Darstellungen in den Zeichnungen ergeben (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09, BGHZ 189, 330 Rn. 24 - Okklusionsvorrichtung). Patentschriften stellen im Hinblick auf die dort verwendeten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon dar. Weichen diese vom allgemeinen Sprachgebrauch ab, ist letztlich nur der sich aus der Patentschrift ergebende Begriffsinhalt maßgebend (BGH, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 - Spannschraube). Nur wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen lässt und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, dürfen diejenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, nicht zur Bestimmung des Gegenstands des Patents herangezogen werden (BGHZ 189, 330 Rn. 23 - Okklusionsvorrichtung). Demgemäß kommt eine Auslegung des Patentanspruchs, die zur Folge hätte,
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- dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würden, nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten , die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2014 - X ZR 35/11, GRUR 2015, 159 Rn. 26 - Zugriffsrechte). Werden in der Beschreibung mehrere Ausführungsbeispiele als erfindungsgemäß vorgestellt, sind die im Patentanspruch verwendeten Begriffe im Zweifel so zu verstehen, dass sämtliche Ausführungsbeispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können.
b) Patentanspruch 1 stellt einen zusammenklappbaren Schiebewagen unter
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- Schutz, der neben vorderen und hinteren Radanordnungen im Wesentlichen aus zwei oberen und zwei unteren Gestellholmen besteht, die jeweils am unteren Ende an einem Verbindungsteil angelenkt und jeweils oberhalb in einem bestimmten Abstand von dem Verbindungsteil durch ein Spreizgestänge in Gestalt eines Kreuzgestänges verbunden sind. Dabei soll das Kreuzgestänge derart ausgebildet sein, dass die oberen und unteren Holme nach dem Aufstellen des Wagengestells in die charakteristische V-Position sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht sind (Merkmal 6.3.2) und beim Zusammenlegen des Spreizgestänges gleichzeitig aufeinander zu verschwenken (Merkmal 6.3.3). Damit ist zwar für die oberen und unteren Holme festgelegt, dass diese beim
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- Zusammenlegen gleichzeitig untereinander und gegenüber dem anderen Holmpaar aus einer V-Position aufeinander zu verschwenken. Dies gilt aber nicht für die Stützstreben des Kreuzgestänges, zu dessen Ausgestaltung Patentanspruch 1 alleine vorsieht, dass dieses jeweils mit den oberen und unteren Holmen verbunden ist und beim Zusammenlegen des Gestells ein gleichzeitiges Aufeinanderzuverschwenken der Holme bewirkt. Ob die Stützstreben des Kreuzgestänges dabei in einer oder in zwei Ebenen bewegbar sind, bleibt offen. Patentanspruch 1 erwähnt dies mit keinem Wort, und auch der Beschreibung lässt sich insoweit kein Anhalt für eine solche Konkretisierung entnehmen. In der Beschreibung wird zwar ein Kreuzgestänge erwähnt, bei dem die Streben - wie bei einem Regenschirm - durch Bewegen eines zentrischen Lagerhalters in Längsrichtung aufgestellt und zusammengefaltet werden (Abs. 9). Dabei handelt es sich aber lediglich um ein besonders vorteilhaftes Ausführungsbeispiel , das die Beschreibung auch ausdrücklich als solches kenntlich macht und das den weiter gefassten Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht zu beschränken vermag. Nichts anderes gilt für die in Unteranspruch 11 beschriebene Ausführungsform.
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- Hinsichtlich der in Merkmal 6.3.3 enthaltenen Anweisung an den Fachmann, das Kreuzgestänge so auszubilden, dass die oberen und die unteren Holme beim Zusammenlegen des Spreizgestänges "gleichzeitig" aufeinander zu verschwenken, ist der Beschreibung zunächst zu entnehmen, dass ein erfindungsgemäßes Wagengestell ähnlich wie ein Schirmgestänge aufgebaut ist und aus vier Holmen besteht, die aus einer zusammengeklappten Position in eine aufgestellte Position schwenkbar sind (Abs. 7, Z. 29 bis 33). Anschließend wird aber auch die Möglichkeit erwähnt, nicht die unteren, sondern nur die oberen gegenüber den unteren Holmen in einer Weise verschwenkbar anzuordnen, dass diese aus einer zusammengeklappten Position , in der sie nahezu parallel zu den unteren Holmen verlaufen, in eine Schrägposition verbracht werden, in der das Wagengestell aufgestellt ist (Abs. 7, Z. 34 bis 41). Dies rechtfertigt den Schluss, dass an dem in Merkmal 6.3.3 vorgesehenen gleichzeitigen Aufeinanderzuverschwenken nicht zwingend sowohl die unteren als auch die oberen Gestellholme beteiligt sein müssen, sondern dass es ausreichend ist, wenn es zu einer gleichzeitigen Relativbewegung aller vier Holme komme. Ein solches Verständnis ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts mit dem Wortlaut des Patentanspruchs nicht unvereinbar, sondern entspricht einer funktionsorientierten Auslegung. Denn für das mit der patentgemäßen Lehre verfolgte Ziel, eine leichte Handhabung des Wagengestells beim Aufstellen und Zusammenklappen zu erreichen (Abs. 6), ist es unerheblich, ob sich dabei allein die oberen auf die unteren oder auch die unteren auf die oberen Holme zu bewegen. Ein solches Verständnis des "gleichzeitigen" Aufeinanderzuverschwenkens
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- der oberen und unteren Holme wird, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, zusätzlich durch die Patentansprüche 6 und 7 gestützt, die Schwenklagerhalter für Stützstreben des Spreizgestänges an den unteren oder oberen Holmen vorsehen, wobei ein Schwenklagerhalterpaar an den unteren oder oberen Holmen längsverschieblich und in der Aufstellposition des Spreizgestänges arretierbar angeordnet ist. Dies erlaubt, wie das Berufungsgericht an sich nicht verkennt, ein gleichzeitiges Aufeinanderzuverschwenken der Holme durch eine Bewegung des Kreuzgestänges in einer Ebene. Weder dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 noch der Beschreibung sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass eine derartige Ausgestaltung von Patentanspruch 1 nicht erfasst sein soll.
c) Ein solches Verständnis des Merkmals 6.3.3 setzt sich, ohne dass es hier28 auf entscheidend ankäme, auch nicht in Widerspruch zu tragenden Erwägungen im Urteil des Senats vom 22. Mai 2012. Soweit es darin heißt, dass ein Kreuzgestänge, dessen "Holme" (Stützstreben) - wie in der französischen Patentanmeldung 2 310 910 - lediglich in einer Ebene zueinander verschwenkt werden können, nicht als ein Kreuzgestänge im Sinne der Merkmalsgruppe 6.3 angesehen werden könne, weil es nicht derart ausgebildet sei, dass beim Zusammenlegen obere und untere Holme gleichzeitig aufeinander zu verschwenkt werden können, steht dies in Einklang mit der vorstehenden Auslegung des Merkmals 6.3.3. Denn bei der in der Entgegenhaltung offenbarten Ausgestaltung sind die beiden Stützstreben (18 und 19' sowie 18' und 19) mit ihren beiden Enden allein an den oberen Holmen (14 und 14') des Gestänges angelenkt (Rn. 15 des Senatsurteils), so dass diese, wie auch das Landgericht ausgeführt hat, weder ein Aufeinanderzuverschwenken der oberen und unteren Holme bewirken können, bei dem sich beide Holmpaare bewegen, noch ein solches, bei dem sich allein das obere Holmpaar auf das untere zu bewegt. Die Bemerkung des Senats, dass das Konstruktionsprinzip des erfindungsgemäßen Wagengestelles im Wesentlichen darin liege, dass die vier Holme zum einen an demselben Verbindungsteil angelenkt seien und zum anderen untereinander durch ein als Kreuzgestänge ausgebildetes Spreizgestänge verbunden seien, so dass die oberen und die unteren Holme wie ein Regenschirm bei Aufstellen sowohl zu- als auch gegeneinander in eine V-Position gebracht und beim Zusammenlegen gleichzeitig aufeinander zu verschwenkt werden, kann zwar im Hinblick auf den (dem in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiel der Patentschrift entlehnten) Vergleich mit dem Zusammenfalten und Öffnen eines Regenschirms für sich genommen dahin verstanden werden, dass sich die oberen und die unteren Holme beim Zusammenlegen gleichzeitig bewegen (müssen). Für die Beurteilung der beiden geltend gemachten Nichtigkeitsgründe ist dies jedoch nach den Urteilsgründen ohne Bedeutung geblieben. IV. Das Urteil des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben und
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- ist aufzuheben. Der Senat kann die Sache selbst entscheiden, weil zusätzliche Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind und die Sache daher entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 1. Nach den nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts und
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- des Landgerichts sind die oberen und unteren Holme durch das Kreuzgestänge derart verbunden, dass sie sich beim Zusammenlegen jeweils aufeinander zu bewegen. Zudem bewirken Verbindungsschenkel, dass auch die oberen Holme jeweils auf die unteren Holme zu schwenken, so dass eine Verschiebung auf der Längsachse bewirkt wird und ein einziger Kraftakt für das Zusammenlegen des Kinderwagens ausreicht. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, steht es einer wort31 sinngemäßen Verwirklichung des Merkmals 6.3.3 nicht entgegen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform an dem Verschwenken der oberen auf die unteren Holme neben dem Kreuzgestänge zusätzliche Gestängeteile in Gestalt der Verbindungsschenkel beteiligt sind. Für ein solches Verständnis sprechen nicht nur der Wortlaut des Patentanspruchs 1, der eine solche Ausgestaltung nicht ausschließt, sondern auch die Unteransprüche 6 bis 9, die Beschreibung (Abs. 14) und dieZeichnungen (Figuren 1 bis 3), wonach das Aufeinanderzuverschwenken der Holme neben dem Kreuzgestänge (9) auch durch die Schwenklagerhalter (16a, 16b und 17a und 17b) bewirkt werden kann. Außerdem ist es für eine wortsinngemäße Verwirklichung des Merkmals 6.3.3
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- unerheblich, ob die Verschwenkung der oberen auf die unteren Holme während der gesamten Zeit oder nur während eines Teils der Zeit erfolgt, in der sich die oberen und die unteren Holme jeweils aufeinander zu bewegen, weil, wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, "gleichzeitig" im Sinne der erfindungsgemäßen Lehre nicht notwendigerweise meint, dass beim Zusammenlegen alle Verschwenkbewegungen ununterbrochen zeitlich parallel erfolgen müssen. Entscheidend ist insoweit allein, dass die Verschwenkungen durch eine Bewegung des Kreuzgestänges bzw. eine Kraftausübung des Benutzers bewirkt werden, so wie dies auch bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht ist. 2. Da die angegriffene Ausführungsform auch im Übrigen, wie das Landge33 richt rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, mit Patentanspruch 1 übereinstimmt, fällt der Beklagten eine Verletzung des Klagepatents zur Last. 3. Sie rechtfertigt nach den weiteren, ebenfalls rechtsfehlerfreien Ausführun34 gen des Landgerichts und den ergänzenden Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu im zuerkannten Umfang die Klageansprüche, so dass auf die Revision das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen ist.
- 35
- V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.02.2012 - 4b O 212/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.08.2013 - I-2 U 22/12 -
Tenor
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Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. Januar 2013 verkündete Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts aufgehoben.
-
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Patentgericht zurückverwiesen.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die Beklagte ist Inhaberin des am 20. März 2001 unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität vom 15. April 2000 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 275 192.
- 2
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Patentanspruch 1 lautet:
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"A machine for the manufacture of elements (8) from strip stock, the elements (8) in use being stacked to provide an assembly of stacked elements (8) for an electrical motor, each element (8) including body (10) and pole (12) portions which are integrally formed, the machine including a die assembly including a first die member (22) for providing by punching at least parts of the body portions (10) of each element and a second die member (32) for providing by punching, the pole portions (12) of each element (8), and characterised in that the body and pole die members (22, 32) are relatively moveable between successive punching operations when the body and pole portions (10, 12) of the elements (8) are provided, whereby incremental adjustment of the position of the second die member (32) relative to the first die member (22) is effected so that whilst each of the body portions (10) of the elements (8) is provided along a common centre line, the pole portion (12) of each of the successive elements (8) is incrementally offset relative to the pole portion (12) of each of the respective previous elements (8) with respect to the said common centre line of the body portion (10)."
- 3
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Die Klägerinnen machen geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei unzulässig erweitert und nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent wie erteilt und hilfsweise mit mehreren geänderten Anspruchssätzen verteidigt.
- 4
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Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.
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-
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt.
Entscheidungsgründe
- 6
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Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht zur Prüfung der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents. Die Annahme des Patentgerichts, mit dem Streitpatent sei ein "Aliud" gegenüber der Anmeldung unter Schutz gestellt worden, hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.
- 7
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I. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum Herstellen von Elementen aus bandförmigem Material, wobei die Elemente im Gebrauch aufeinander gestapelt werden, um eine Anordnung von gestapelten Elementen für eine elektrische Maschine zu bilden. Eine elektrische Maschine mit ausgeprägten Polen ist, wie das Patentgericht ausgeführt hat, unter dem Fachbegriff Schenkelpolmaschine bekannt. Für Käfig- und Drehstromwicklungen ist es üblich, zur Geräusch- und Oberwellendämpfung die Nuten zu schrägen. Die Einzelbleche werden gegeneinander versetzt, so dass Nuten und Leiter wendelförmig verlaufen, gegebenenfalls auch abschnittsweise mit unterschiedlicher Schrägungsrichtung, so dass sich eine als Winkel- oder Pfeilform bezeichnete Form ergibt. Auch nach dem Streitpatent sollen die Polabschnitte winkelförmig geschrägt werden, die Grundkörper hingegen unverändert bleiben, wie in (der nachfolgend mit Figur 1 wiedergegebenen) Figur 2 des Streitpatents gezeigt.
- 8
-
Dazu müssen im Stand der Technik entweder beide Teile einzeln gefertigt und beispielsweise durch Schweißen verbunden werden oder es ist für jedes Blech eine gesonderte Form zu stanzen, was eine große Zahl verschiedener Stanzwerkzeuge erfordert. Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, einen Rotor mit dem gewünschten Winkelprofil einfacher herzustellen. Erfindungsgemäß wird dies durch zwei Stanzwerkzeuge erreicht, die schrittweise (inkrementell) gegeneinander bewegt werden und so eine sukzessive Verschiebung des Polabschnitts zum Grundkörper bewirken.
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Das Patentgericht hat Patentanspruch 1 wie folgt in Merkmale gegliedert:
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1.1 Vorrichtung zum Herstellen von Elementen
-
1.2 aus bandförmigem Material,
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1.3 wobei die Elemente im Gebrauch aufeinandergestapelt werden, um eine Anordnung von gestapelten Elementen für eine elektrische Maschine zu bilden,
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1.4 wobei jedes Element Grundkörper und Polabschnitte aufweist, die integral ausgebildet sind,
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2. wobei die Maschine eine Stanzanordnung aufweist,
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2.1 die mit einem ersten Stanzelement versehen ist, zum Bereitstellen durch Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte eines jeden Elements,
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2.2 und ein zweites Stanzelement zum Bereitstellen durch Ausstanzen der Polabschnitte eines jeden Elements, und dadurch gekennzeichnet,
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3.1 dass die Stanzelemente für Grundkörper und Pole relativ zueinander bewegbar sind, zwischen aufeinanderfolgenden Stanzvorgängen,
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3.2 wenn die Grundkörper- und Polabschnitte der Elemente gebildet werden,
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4. wobei eine schrittweise Einstellung der Position des zweiten Stanzelements relativ zu dem ersten Stanzelement so ausgeführt wird,
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4.1 dass während jeder der Grundkörperabschnitte der Elemente entlang einer gemeinsamen Mittellinie gebildet wird,
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4.2 der Polabschnitt eines jeden der aufeinanderfolgenden Elemente schrittweise relativ zu dem Polabschnitt eines jeden entsprechenden vorangehenden Elements in Bezug auf die genannte gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts versetzt ist.
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II. Das Patentgericht hat in diesem Gegenstand eine unzulässige Erweiterung der Ursprungsoffenbarung gesehen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
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Der Anspruch stütze sich auf Anspruch 11 der Anmeldung, wobei
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- die Merkmale 1.2 bis 1.4 neu hinzugekommen seien,
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- in Merkmal 3.1 der zweite Halbsatz neu hinzugekommen sei,
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- in den Merkmalen 4 und 4.2 "schrittweise" ergänzt worden sei,
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- der auf Rotorelemente beschränkte Anspruch 11 auf Elemente verallgemeinert worden sei,
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- die Zuordnung der Grundkörperabschnitte und der Polabschnitte zu den Stanzelementen nach Merkmalen 2.1 und 2.2 vertauscht worden sei,
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- nach diesen Merkmalen zumindest Teile der Grundkörperabschnitte und die Polabschnitte (insgesamt) ausgestanzt würden, während es nach Anspruch 11 der Anmeldung umgekehrt sei,
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- aus der Mittellinie des zugehörigen Grundkörperabschnitts eine gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts geworden sei.
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Während sich die ersten drei Abweichungen von Anspruch 11 der Anmeldung aus den Ursprungsunterlagen ableiten ließen und die vierte als zulässige Verallgemeinerung angesehen werden könne, seien die weiteren Änderungen nicht mehr zulässig. Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin handele es sich nicht um einen offensichtlichen Fehler in der Formulierung des Patentanspruchs, der berichtigt werden könne. Anspruch 1 sei in sich schlüssig und lasse keine Widersprüche erkennen. Die von der Beklagten gesehenen Widersprüche zur Beschreibung und zu den Zeichnungen könnten nur im Rahmen der Auslegung berücksichtigt werden.
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Hierzu hat das Patentgericht ausgeführt, Patentanspruch 1 lasse offen, welches Stanzelement stationär und welches beweglich sei; beansprucht sei nur die Relativbewegung. In den Merkmalen 4.1 und 4.2 spreche der Anspruch von einer gemeinsamen Mittellinie als Bezugslinie für die Bewegung. In den ursprünglichen Unterlagen werde die Mittellinie auf den Grundkörperabschnitt bezogen. Werde die Mittellinie aber auf das Blechband oder die Stanzanlage bezogen, wären das erste Stanzelement und die Grundkörperabschnitte stationär und folglich die zweiten Stanzelemente und die Polabschnitte beweglich angeordnet, was ein Aliud zu der ursprünglich offenbarten und in den Figuren dargestellten Anlage darstelle. Der Argumentation der Klägerinnen folgend, die in der beanspruchten gemeinsamen Mittellinie des Grundkörperabschnitts etwas anderes sähen als in der ursprünglich offenbarten Mittellinie des zugehörigen Grundkörperabschnitts, sei als mit dem Streitpatent beansprucht eine Anlage anzusehen, bei der die Grundkörperabschnitte beim Ausstanzen auf einer nunmehr gemeinsamen Mittellinie lägen und das zugehörige Stanzwerkzeug folglich stationär sei. Dass sich die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele ausschließlich auf eine Anlage mit einem stationären Stanzwerkzeug für die Polabschnitte und einem beweglichen Stanzwerkzeug für die Grundkörperabschnitte bezögen, könne den Sinngehalt der Patentansprüche nicht in ihr Gegenteil verkehren. Eine Auslegung entgegen dem Wortlaut (im Sinne einer Auslegung entgegen dem Sinngehalt) der Patentansprüche sei nicht zulässig.
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III. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Bei zutreffender Auslegung des Patentanspruchs 1 enthält dieser nicht die vom Patentgericht angenommenen Abweichungen vom Offenbarungsgehalt der Anmeldung, und entsprechendes gilt für den Verfahrensanspruch 7.
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1. Zu Recht rügt die Berufung, dass es das Patentgericht unterlassen hat, Patentanspruch 1 zunächst unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen auszulegen, bevor es sich der Frage zuwandte, ob der Gegenstand des Streitpatents, der als das Ergebnis der Auslegung zutage tritt, in den ursprünglichen Unterlagen als die angemeldete Erfindung oder als dieser zugehörig offenbart ist.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Auslegung des Patentanspruchs stets geboten und darf auch dann nicht unterbleiben, wenn der Wortlaut des Anspruchs eindeutig zu sein scheint (s. nur BGH, Urteil vom 29. April 1986 - X ZR 28/85, BGHZ 98, 12, 18 - Formstein; Urteil vom 12. März 2002 - X ZR 168/00, BGHZ 150, 149, 153 - Schneidmesser I; Beschluss vom 17. April 2007 - X ZB 9/06, BGHZ 172, 108 - Informationsübermittlungsverfahren I; Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107, Rn. 27 - Polymerschaum I). Denn die Beschreibung des Patents kann Begriffe eigenständig definieren und insoweit ein "patenteigenes Lexikon" darstellen (BGH, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 - Spannschraube). Auch der Grundsatz, dass bei Widersprüchen zwischen Anspruch und Beschreibung der Anspruch Vorrang genießt, weil dieser und nicht die Beschreibung den geschützten Gegenstand definiert und damit auch begrenzt (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09, BGHZ 189, 330, Rn. 23 - Okklusionsvorrichtung), schließt nicht aus, dass sich aus der Beschreibung und den Zeichnungen ein Verständnis des Patentanspruchs ergibt, das von demjenigen abweicht, das der bloße Wortlaut des Anspruchs vermittelt. Funktion der Beschreibung ist es, die geschützte Erfindung zu erläutern. Im Zweifel ist daher ein Verständnis der Beschreibung und des Anspruchs geboten, das beide Teile der Patentschrift nicht in Widerspruch zueinander bringt, sondern sie als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen versteht. Nur wenn und soweit dies nicht möglich ist, ist der Schluss gerechtfertigt, dass Teile der Beschreibung zur Auslegung nicht herangezogen werden dürfen. Eine Auslegung des Patentanspruchs, die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2014 - X ZR 35/11, GRUR 2015, 159, Rn. 26 - Zugriffsrechte).
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Der Inhalt der Ursprungsunterlagen oder der Veröffentlichung der Anmeldung bleibt bei der Auslegung außer Betracht. Weder darf der Patentanspruch - zur Vermeidung einer unzulässigen Erweiterung - nach Maßgabe des ursprünglich Offenbarten ausgelegt werden (BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I), noch darf umgekehrt sein Sinngehalt dadurch ermittelt werden, dass dem Wortlaut des Patentanspruchs abweichende Formulierungen der Anmeldung gegenübergestellt werden. Allenfalls dann, wenn zweifelhaft bleibt, ob sich Patentanspruch und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung setzen lassen, darf die "Anspruchsgeschichte" zur weiteren Klärung der Frage herangezogen werden, ob mit dem Anspruch ein Gegenstand unter Schutz gestellt worden ist, der von dem in der Beschreibung offenbarten abweicht oder hinter diesem zurückbleibt (BGHZ 189, 330, Rn. 25 - Okklusionsvorrichtung; BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I).
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2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich im Streitfall, dass die Merkmale 2.1 und 2.2 abweichend vom Wortlaut des Anspruchs dahin zu lesen sind, dass mit dem ersten Stanzelement zumindest Teile der Polabschnitte eines jeden Elements und mit dem zweiten Stanzelement die Grundkörperabschnitte eines jeden Elements durch Ausstanzen bereitgestellt werden.
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a) Mit der Erfindung soll, so heißt es im allgemeinen Teil der Beschreibung, eine Möglichkeit bereitgestellt werden, auf einfache Weise Rotorelemente mit Polabschnitten (Polköpfen) herzustellen, die um unterschiedliche Abstände zu einer Mittellinie des Grundkörperabschnitts (Polschafts) versetzt sind (Abs. 12 der Beschreibung). Bevorzugt ist dabei der vom ersten Stanzelement hergestellte Teil des Polabschnitts derjenige, der allen Rotorelementen (scil. unabhängig vom Ausmaß der Versetzung von der Mittellinie) gemeinsam ist (Abs. 13), d.h. der Polabschnitt wird vom ersten Stanzelement nur teilweise ausgestanzt, während der Rest des Materials beim nachfolgenden Ausstanzen des Grundkörperabschnitts weggenommen wird.
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Dies wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnungen, von denen die nachfolgend wiedergegebene Figur 4a wie die Figuren 5a und 6a Ansichten einer erfindungsgemäßen Vorrichtung darstellen (Abs. 17), näher erläutert.
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Danach ist auf einer Basisplatte 20 ein erstes ortsfestes Stanzelement (die member) 22 und benachbart zu diesem ein zweites bewegliches Stanzelement 32 angeordnet (Abs. 22). Das Stanzelement 22 weist zwei Stanzöffnungen 24a und 24b auf, von denen jede einer Fläche entspricht, die an einen Teil der Umfangslinie des Polabschnitts angrenzt (Abs. 23). Das bewegliche Stanzelement 32 weist Stanzöffnungen 34a und 34b auf, von denen jede einer Fläche entspricht, die an die (Längs-)Seite des Grundkörperabschnitts angrenzt, sowie eine sich dazwischen erstreckende dritte Stanzöffnung 35 (Abs. 24). Unter Ausnutzung dieser Stanzöffnungen werden mittels nicht dargestellter Stanzen die Rotorelemente ausgestanzt (Abs. 27 ff.), indem in Position B zunächst die Polabschnitte teilweise ausgestanzt werden (Abs. 28) und in Position C die Grundkörperabschnitte gestanzt werden (Abs. 29), so dass auf diese Weise mit dem Ausstanzen des Grundkörperabschnitts mittels der Stanzen (punch members) 64a und 64b und einer einteilig mit diesen ausgebildeten dritten Stanze 65 gleichzeitig das Ausstanzen der Polabschnitte vollendet wird und in Position D ein vollständiges Rotorelement bereitsteht (Abs. 30). Die Beschreibung erläutert weiter, es verstehe sich, dass die Stanzen beider Stanzelemente 22, 32 gleichzeitig betätigt würden. Im Anschluss an jeden Stanzvorgang werde ein Antriebsmittel 36 betätigt, um das Stanzelement 32 inkrementell in einer Richtung zu versetzen und damit einen Versatz des Polabschnittabschnitts von der Mittellinie des Grundkörperabschnitts zu erzeugen (Abs. 32).
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b) Mit dieser Darstellung des erfindungsgemäßen Verfahrens und einer hierfür geeigneten Vorrichtung steht Patentanspruch 1 (und ebenso der Verfahrensanspruch 7) auf den ersten Blick nicht in Einklang. Denn nach Merkmal 2.1 scheint das (feststehende) erste Stanzelement zum Ausstanzen (zumindest) von Teilen des Grundkörperabschnitts und das (bewegliche) zweite Stanzelement zum Ausstanzen der Polabschnitte bestimmt zu sein. Aus dem Gesamtinhalt der Beschreibung und den weiteren Patentansprüchen 2 bis 6 ergibt sich jedoch, dass hierbei Grundkörper- und Polabschnitte vertauscht worden sind und die Merkmalsgruppe 2 daher so zu lesen ist, dass die Maschine eine Stanzanordnung aufweist, die (2.1) mit einem ersten Stanzelement zum Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte und (2.2) mit einem zweiten Stanzelement zum Ausstanzen der Polabschnitte eines jeden Elements versehen ist.
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(1) Darauf deutet zunächst der Umstand hin, dass ein wörtlich genommener Patentanspruch 1 nicht nur mit Teilen der Beschreibung wie einzelnen oder auch sämtlichen Ausführungsbeispielen, sondern mit der Beschreibung insgesamt in Widerspruch tritt, ohne dass hierfür ein plausibler Grund erkennbar wäre. Dies wird insbesondere an der vermeintlichen Anweisung des Merkmals 2.1 deutlich, mit dem ersten Stanzelement zumindest Teile des Grundkörperabschnitts auszustanzen. Denn in der Beschreibung ist es, wie erwähnt, gleich eingangs als bevorzugte Vorgehensweise erläutert, mit dem ersten Stanzelement Teile der Polabschnitte, nämlich den allen Polabschnitten gemeinsamen (äußeren) Umriss der Polköpfe, herzustellen. Mit dem Ausstanzen des Grundkörperabschnitts wird sodann die Oberkante des (vorauslaufenden) Polabschnitts gestanzt und gleichzeitig die Unterkante des nächsten Polabschnitts in Abhängigkeit vom Betrag des Versatzes des zweiten Stanzelements so ausgebildet, dass sich ein entsprechender Versatz des Polabschnitts gegenüber der gemeinsamen Mittellinie des Grundkörperabschnitts (Merkmal 4.2) ergibt. Auf diese Weise lassen sich mit einem Werkzeug unterschiedliche Polkopfformen herstellen. Hingegen findet die Möglichkeit, den (gleichförmigen) Grundkörper mit dem ersten Stanzwerkzeug nur teilweise auszustanzen, den Polabschnitt und den Rest des Grundkörperabschnitts aber mit weiteren Stanzwerkzeugen, keinerlei Anklang in der Beschreibung.
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(2) Es kommt hinzu, dass der Wortlaut der Merkmalsgruppe 4 zwar mit dem vom Patentgericht entwickelten Verständnis nicht unvereinbar ist, jedoch im Kontext der Beschreibung und der weiteren Patentansprüche betrachtet gleichfalls die Annahme stützt, dass das erste Stanzelement anspruchsgemäß nicht zum Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte, sondern der Polabschnitte bestimmt ist.
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Das Patentgericht hat, im Ausgangspunkt zutreffend, erwogen, dass der Patentanspruch in den Merkmalen 3.1, 3.2 und 4 offen lässt, welches Stanzelement fest und welches beweglich angeordnet ist, da Merkmal 3.1 nur vorgibt, dass beide Stanzelemente relativ zueinander bewegt werden können. Es hat jedoch aus Merkmal 4.2 geschlossen, dass das den Grundkörperabschnitt (teilweise) ausstanzende erste Stanzelement stationär angeordnet sei, weil in diesem Merkmal Bezug auf eine gemeinsame Mittellinie aufeinanderfolgender Elemente genommen, der Fachmann hierunter nichts anderes als eine allen Elementen gemeinsame Mittellinie verstehen könne und folglich eine Vorrichtung unter Schutz gestellt werde, bei der die Grundkörperabschnitte beim Ausstanzen auf einer gemeinsamen Mittellinie lägen.
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Bei Patentanspruch 1 handelt es sich um einen Sachanspruch, dessen Merkmale dazu bestimmt sind, die geschützte Sache zu beschreiben, d.h. im Streitfall die Maschine und damit gegebenenfalls mittelbar die Ausgestaltung der Erzeugnisse, die mit ihr hergestellt werden können. Wird Merkmal 4.2 - wie stets geboten (statt aller BGHZ 194, 107, Rn. 27 - Polymerschaum I) - im Kontext der Merkmalsgruppe 4 und diese im Zusammenhang des gesamten Anspruch und vor dem erläuternden Hintergrund der Beschreibung gelesen, besagt die Merkmalsgruppe 4, dass die Relativposition des zweiten Stanzelements schrittweise (inkrementell) so geändert wird, dass der Polabschnitt jedes Elements im Verhältnis zum Polabschnitt des vorangehenden um eine entsprechende Schrittweite gegenüber der gemeinsamen Mittellinie der Grundkörperabschnitte versetzt ist. Die Relativbewegung der Stanzelemente (Vorrichtungsmerkmal 4) soll mit anderen Worten so erfolgen, dass die mit der Vorrichtung hergestellten (Rotor-)Elemente den Merkmalen 4.1 und 4.2 entsprechen. Die Grundkörperabschnitte haben mithin eine gemeinsame Mittellinie, die (nicht symmetrischen) Polabschnitte weisen hingegen einen Versatz aus der Mittellinie in die eine oder andere Richtung auf.
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Demgegenüber liefe ein Verständnis des Merkmals 4.2 als mittelbare Umschreibung der stationären Anordnung des ersten Stanzelements darauf hinaus, dass die - wie auch das Patentgericht angenommen hat - in Patentanspruch 1 an sich offen gelassene Frage, welches Stanzelement fest und welches beweglich angeordnet ist, doch im Sinne einer festen Anordnung des ersten Stanzelements beantwortet würde. Gleichzeitig verlöre damit Patentanspruch 2, der gerade erst bestimmt, dass das erste Stanzelement fest sein und das zweite inkrementell relativ zu diesem bewegt werden soll, seine Funktion, die mit Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Vorrichtung zu konkretisieren und wiederholte mit anderen Worten lediglich den sachlichen Gehalt des Patentanspruchs 1.
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(3) Schließlich stützt auch Patentanspruch 6 - und entsprechendes gilt für das Verfahren nach Patentanspruch 9 - in Verbindung mit der Beschreibung die Annahme, dass die Merkmale 2.1 und 2.2 im dargestellten Sinne einer Vertauschung von Grundkörper- und Polabschnitten zu lesen sind.
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Technisch sinnvoll ließe sich die zunächst nur teilweise Ausstanzung des Grundkörperabschnitts, die Merkmal 2.1 vorzusehen scheint, nur dahin verstehen, dass dem Ausstanzen seiner Längskanten die Ausstanzung seiner Fußlinie, gegebenenfalls zusammen mit der Oberkante des vorauslaufenden Polabschnitts, nachfolgt. Hierfür wird, wie ausgeführt, im Ausführungsbeispiel die Stanze 65 verwendet, die zusammen mit der gekrümmten inneren Oberfläche des Grundkörperabschnitts die gekrümmte äußere Oberfläche des Polabschnitts erzeugt. Dadurch bleibt, wie in Absatz 35 der Beschreibung erläutert wird, die Mittellinie des Krümmungsradius der Polabschnitte im Wesentlichen auf der Mittellinie C/L des Grundkörperabschnitts, obwohl sich der Versatz des Polabschnitts um einen Schritt von der theoretischen Position unterscheidet. Damit bleiben gleichzeitig die Mittellinie der äußeren Oberfläche der Polabschnitte der gestapelten Rotorelemente und der Luftspalt zwischen dieser äußeren Oberfläche und der inneren Oberfläche des Stators trotz der winkelartigen Anordnung konstant. Die Vorteile dieser Anordnung können ohne den Nachteil einer Veränderung der Dicke des Luftspalts in Axialrichtung der Rotoranordnung genutzt werden (Abs. 36).
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Die Stanze 65 gehört zu einem dritten Stanzelement 35, das nach Patentanspruch 4 zum Ausstanzen eines Umfangsrands zwischen dem Grundkörperabschnitt eines Elements und dem Polabschnitt eines durch den vorangegangenen Ausstanzvorgang gebildeten Elements dient. Nach Patentanspruch 6 sind die zweiten und dritten Stanzelemente integral ausgebildet. Es sind somit in Patentanspruch 6 einteilig ausgebildete Stanzen 64a, 64b, 65 unter Schutz gestellt, wie sie in der Beschreibung erläutert und in Figur 7 gezeigt sind. Sie können, wie von Patentanspruch 9 gefordert, gemeinsam schrittweise zwischen aufeinander folgenden Ausstanzvorgängen bewegt werden.
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Mit diesem einteiligen beweglichen Werkzeug lassen sich jedoch im Wesentlichen auf der Mittellinie C/L des Grundkörperabschnitts liegende Krümmungsradien der Polabschnitte nicht erzeugen. Es lassen sich nicht einmal die (gleichmäßig) gekrümmten inneren Oberflächen des Grundkörperabschnitts erzeugen, mit denen die Rotorelemente im Ausführungsbeispiel auf der Welle angeordnet sind, weil die einteilige Stanze relativ zum Grundkörperabschnitt verschoben wird.
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(4) Unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Beschreibung, des Sinngehalts der Merkmalsgruppe 4, und des Wortlauts der Patentansprüche 2, 6 und 9 muss der Fachmann, der es unternimmt, ein sinnvolles und wenn möglich widerspruchsfreies Gesamtverständnis der Patentansprüche und der zu ihrer Erläuterung bestimmten Beschreibung zu entwickeln, mithin zu dem Schluss gelangen, dass mit der Formulierung des Patentanspruchs in den Merkmalen 2.1 und 2.2 - entgegen dem insoweit verunglückten Wortlaut - nichts unter Schutz gestellt worden ist, was von der in der Beschreibung offenbarten Vorrichtung abweicht, bei der mit dem ersten (feststehenden) Stanzelement (zumindest) Teile der Polabschnitte eines jeden Elements und mit dem zweiten (beweglichen) Stanzelement die Grundkörperabschnitte eines jeden Elements durch Ausstanzen bereitgestellt werden.
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c) Entgegen der von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung steht die dargestellte Auslegung des Patentanspruchs 1 - die entsprechend für Patentanspruch 7 gilt - auch nicht im Widerspruch zu einer mit der Erteilung des Streitpatents vorgenommenen Beschränkung des Schutzgegenstands gegenüber dem mit der Anmeldung beanspruchten Gegenstand. Denn es bleibt dabei, dass der Patentanspruch durch die vom Patentgericht aufgezeigten zusätzlichen Merkmale als ein gegenüber der Anmeldung engerer Gegenstand definiert worden ist.
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3. Damit enthält der Gegenstand des Streitpatents insoweit keine unzulässige Erweiterung. Dass sie auch im Übrigen nicht vorliegt, hat das Patentgericht rechtsfehlerfrei angenommen; die Berufungserwiderungen wenden sich hiergegen auch nicht.
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IV. Da das Patentgericht - nach seinem Ausgangspunkt konsequent - sich mit der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents nicht befasst hat, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Patentgericht zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 2 und 3 PatG).
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Ein Grundgedanke des reformierten Patentnichtigkeitsverfahrens ist es, dass die Patentfähigkeit zunächst durch das auch mit technisch sachkundigen Richtern besetzte Patentgericht bewertet wird und diese Bewertung durch den Bundesgerichtshof überprüft wird. Eine Endentscheidung durch den Bundesgerichtshof (§ 119 Abs. 5 PatG) ist daher regelmäßig nicht sachgerecht, wenn die Erstbewertung des Standes der Technik durch das Patentgericht unterblieben ist. Dafür, dass im Streitfall etwas anderes gälte, ist nichts erkennbar und wird auch von den Parteien nichts geltend gemacht.
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Meier-Beck Gröning Bacher
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Deichfuß Kober-Dehm
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß
- 1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist, - 2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann, - 3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme), - 4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.
(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.
(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.