Landessozialgericht NRW Urteil, 19. Aug. 2014 - L 18 KN 63/10
Gericht
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 27.1.2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist Regelaltersrente.
3Der 00.00. 1939 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger und lebt in Marokko. Vom 21.11.1964 bis zum 30.11.1976 war er in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt, zunächst bis zum 30.6.1970 im deutschen Steinkohlenbergbau, anschließend vom 23.7.1970 bis zum 30.11.1976 als Rangierarbeiter bei der damaligen Deutschen Bundesbahn. Später war der Kläger wohl noch kurzzeitig (vom 16. bis 27.5.1977) bei der Firma J GmbH & Co. KG in I als Arbeiter in der Abteilung Hackenbau beschäftigt. Am 26.5.1977 meldete der Kläger sich beim marokkanischen Generalkonsulat in Düsseldorf nach Marokko ab, unter dem 27.5.1977 wird diese Abmeldung in einer Abmeldebescheinigung der Stadt I bestätigt. Das Ausreisedatum "27.5.1977" ist auch im Pass des Klägers vermerkt. Seither lebt der Kläger wieder in Marokko.
4Mit dem Ausscheiden bei der Deutschen Bundesbahn zum 30.11.1976 beantragte der Kläger dort die Erstattung der zur Zusatzversorgung bei der Bahn entrichteten Beiträge. Auf diesen Antrag entschied die damals zuständige Bahnversicherungsanstalt (BVA), dass ihm 90 % der aus eigenen Mitteln geleisteten Beiträge (insgesamt 1.425,60 DM) zu erstatten seien, weil er aus den Diensten der Deutschen Bundesbahn ohne Rentenberechtigung (betreffend eine Betriebsrente) ausscheide (Bescheid vom 15.4.1977). Dieser Betrag wurde dem Kläger wunschgemäß nach Marokko überwiesen.
5Die Bundesknappschaft bestätigte dem Kläger am 24.5.1977 an seine damalige Anschrift in I, dass sie ihm keine Leistungen der medizinischen oder beruflichen Rehabilitation gewährt habe. Mit Antrag vom 31.5.1977 stellte der Kläger bei der BVA Düsseldorf einen "Antrag auf Beitragserstattung aus der Rentenversicherung der Arbeiter". Das Antragsformular weist den Aufdruck "Forderung abgetreten" auf. Als Vertreter des Versicherten ist (ebenfalls durch Stempelaufdruck) ein "Q U, vereidigter Dolmetscher, 7 T1, Gymnasiumstr. 31 B, Telefon 295007" vermerkt.
6Dem Antrag beigefügt waren eine Vollmacht und Zustellungsvollmacht für Herrn Q U aus T mit notariell beglaubigter, vor den Augen des Notars eigenhändig vollzogener Unterschrift des Klägers vom 25.5.1977 und eine Abtretungsanzeige vom 31.5.1977, aus der sich ergibt, dass der Kläger die Erstattungsforderung in Höhe von 14.751,00 DM zur Sicherung eines Darlehens an die Teilzahlungsbank T VOBA Finanzierungs GmbH & Co. KG, 8440 T, Rot-Kreuz-Platz 3, abgetreten hat, und die BVA unwiderruflich anweist, alle Zahlungen schuldbefreiend nur auf das Konto des Abtretungsgläubigers zu überweisen.
7Ebenfalls am 31.5.1977 hat der Kläger einen Barkreditantrag auf Zahlung eines Darlehens in Höhe von 14.751,00 DM an die Teilzahlungsbank T gerichtet. Von diesem Betrag, so heißt es im Antrag, seien eine Pauschalabgeltung in Höhe von 1.401,00 DM und eine Vermittlungs- und Bearbeitungsgebühr in Höhe von 810,00 DM abzuziehen, der Restbetrag von 12.540,00 DM sei an ihn auszuzahlen. Beigefügt war eine vom Kläger am gleichen Tag unterzeichnete, an die BVA gerichtete Zahlungsanweisung, nach der die Vermittlungs- und Bearbeitungsgebühr in Höhe von 810,00 DM an Herrn Q U, Dolmetscher- und Übersetzungsbüro, 7 T 1, Firnhaberstr. 5a, und der Auszahlungsbetrag von 12.540,00 DM an ihn selbst auf sein Konto bei der Stadtsparkasse I zu zahlen seien. Aus einem in Ablichtung bei den Akten befindlichen telegraphischen Überweisungsauftrag vom 31.5.1977 ergibt sich, dass der Betrag von 12.540,00 DM über die Landeszentralbank T an den Kläger auf das von ihm angegebene Konto bei der Stadtsparkasse I zur Zahlung angewiesen worden ist.
8Die BVA entschied, dass dem Kläger die in der Zeit vom 21.11.1964 bis zum 30.11.1976 entrichteten Pflichtbeiträge hälftig zu erstatten seien. Es ergebe sich ein Gesamtbetrag von 14.753,90 DM (Bescheid vom 2.9.1977). Dieser Bescheid ist an Herrn Q U T adressiert und wurde am 7.9.1977 abgeschickt. Ausweislich der Akten erhielten der Kläger, die Beklagte und die Bank eine Kopie. In den Unterlagen der BVA befindet sich an zwei Stellen (auf einer Beitragsbescheinigung vom 17.9.1973 und auf der Karte "Beitragsnachweis") ein Stempel mit dem Text "Beitragserstattung nach 1303 RVO für die Zeit vom 21.11.1964 bis 30.11.1976 in Höhe von 14.753,90 DM. Rosenheim, den 1.9.1977".
9Im April 2004 wandte sich der Kläger an die Deutsche Bahn Hagen wegen der Gewährung einer Betriebsrente (weitergeleitet an die BVA) und an die DRV Schwaben wegen der Gewährung einer Altersrente (weitergeleitet an DRV KBS).
10Die BVA teilte ihm mit, dass ihm sowohl die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als auch diejenigen zur Betriebsrente auf seine Anträge hin erstattet worden seien (Schreiben vom 23.4. und 16.6.2004).
11Die Beklagte veranlasste wegen des Antrags auf Altersrente eine förmliche Antragstellung über die marokkanische Verbindungsstelle (CNSS) und zog einen Kontospiegel von der DRV Ober- und Mittelfranken Bayreuth (jetzt DRV Bayern Nord) bei, aus dem sich (angeblich) ergeben soll, dass dem Kläger aufgrund eines Antrags vom 31.5.1977 mit Bescheid vom 2.9.1977 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 4.070,30 DM + 10.683,60 DM = 14.753,90 DM erstattet worden sind. Die Beklagte lehnte ab, Altersrente zu gewähren, weil mit der Erstattung der Beiträge das Versicherungsverhältnis endgültig aufgelöst worden sei (Bescheid vom 8.1.2004). Mit seinem Widerspruch machte der Kläger unter Beifügung einer Übersicht der BVA Wuppertal ("Zusammenstellung der von der BVA Abteilung B zu erstattenden Beiträge für die Zeit vom 23.7.1970 bis 30.11.1976") mit angegebenem auszuzahlendem Erstattungsbetrag von 1.425,60 DM unter Anderem geltend, dass er 11 Jahre lang gearbeitet habe und 1.425,00 DM nicht der Preis für elf Arbeitsjahre sei. Die Beklagte wies den Widerspruch nach mehr als 4 Jahren (!) zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.6.2008).
12Dagegen hat der Kläger mit einem Schreiben ohne Datum und Unterschrift am 5.8.2008 in französischer Sprache beim Sozialgericht (SG) Dortmund "Einspruch gegen ein Urteil" erhoben. Eine Rente könne nicht verkauft werden. Falls der Rentengewährung eine gezahlte Entschädigung entgegenstehe, dürfe diese in angemessener Staffelung von der Rente einbehalten werden.
13Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid die Klage abgewiesen und sich der Begründung der Beklagten angeschlossen (Gerichtsbescheid vom 27.1.2010, zugestellt am 5.2.2010).
14Gegen diese Entscheidung hat der Kläger mit am 5.3.2010 eingegangenem Schreiben wiederum in französischer Sprache eine "Bitte um Intervention" formuliert. Er habe den Betrag von 14.754,90 DM (Rechenfehler des SG, richtig: 14.753,90 DM) nur unvollständig erhalten. Er habe ab Februar 1977 bei der "Plastikfirma I gearbeitet
15Der Kläger ist zum Termin zur mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis geladen worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne. Er hat mitgeteilt, er habe die Ladung zum Termin erhalten, könne aber wegen seines Gesundheitszustands, seines fortgeschrittenen Alters und seiner finanziellen Lage nicht am Termin teilnehmen (Schreiben vom 5.8.2014).
16Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist für den Kläger niemand erschienen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Sie hat aufgrund der Angaben des Klägers zu einem Arbeitskollegen herausgefunden, dass es sich bei der "Plastikfirma I" um die Firma J in I handelt. Bei der AOK Westfalen-Lippe seien indes Versicherungsunterlagen zu einem Beschäftigungsverhältnis des Klägers im Mai 1977 nicht mehr vorhanden.
20Der Senat hat die Verwaltungsakten der früheren BVA beigezogen und von der Firma J in I erfahren, die mitgeteilt hat, dass zum Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger im Mai 1977 keine Lohnunterlagen mehr vorhanden seien. Für den Kläger seien jedoch mit Sicherheit Beiträge entrichtet worden.
21Entscheidungsgründe:
22Der Senat kann trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Denn der Kläger ist in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung (§§ 63 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 175 Zivilprozessordnung iVm Art 31 Abs. 1 Satz 3 des Deutsch-Marokkanischen Sozialversicherungsabkommens (DMSVA) vom 25.03.1981, in Kraft seit dem 01.08.1986, BGBl II 1986; 550 ff, 562, 772) auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Das Schreiben des Klägers vom 5.8.2014 bietet keine Veranlassung, von einer Entscheidung abzusehen und den Termin aufzuheben oder zu verlegen, weil der Kläger einen solchen Antrag weder ausdrücklich noch konkludent gestellt, sondern lediglich sein Nichterscheinen zum Termin begründet hat.
23Bei der "Bitte um Intervention" handelt es sich erkennbar um eine Rechtsmittel gegen den Gerichtsbescheid vom 27.1.2010, mit der der Kläger seinen Anspruch aus Altersrente aus Deutschland weiterverfolgt. Trotz der anderslautenden Formulierung handelt es sich in der Sache um eine Berufung, weil nur dieses allein statthafte Rechtsmittel die vom Kläger gewünschte materielle Prüfung ermöglicht. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht und wirksam eingelegt worden. Der Gerichtsbescheid vom 27.1.2010 wurde dem Kläger ausweislich der Akten am 5.2.2010 zugestellt. Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt drei Monate seit der Zustellung, §§ 153 Abs 1 iVm § 87 Abs 1 S 2, 151 SGG (allgemeine Meinung, vgl BSG SozR Nr. 11 zu § 151 SGG). Die Berufung des Klägers ist innerhalb dieser Frist eingegangen.
24Es kann offen bleiben, ob der Kläger bereits mit dem am 5.3.2010 eingegangenen, in französischer Sprache verfassten Schreiben vom 22.2.2010 wirksam Berufung eingelegt hat. Die Gerichtssprache ist die deutsche Sprache, § 61 SGG iVm § 184 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Eine in einer anderen Sprache eingelegte Berufung wahrt (vorbehaltlich zwischenstaatlicher Sonderreglungen) die Rechtsmittelfrist grundsätzlich nicht. Diese Regelung ist zwingend und von Amts wegen zu beachten (BSG, SozR 1500 § 61 Nr 1; LSG Berlin, Urt. vom 22.3.2001, Aktenzeichen (Az) L 3 U 23/00). Der Senat kann hier dahinstehen lassen, ob die Einlegung der Berufung in französischer Sprache ausnahmsweise - nämlich nach Art 31 Abs. 2 des Sozialversicherungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko und der tatsächlichen Handhabung der jeweiligen Verbindungsstellen - zulässig ist, weil sie wie eine Amtssprache Marokkos im Rechtsverkehr mit dem (europäischen) Ausland anzusehen ist - wofür Vieles spricht und wohin der Senat auch tendiert - oder dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre (vgl dazu auch: Urteile des Senats vom 15. November 2011, Az L 18 KN 30/10, vom 29.4.2013, Az L 18 KN 83/12, beide in juris und zuletzt vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11). Das Gericht hat nämlich das Berufungsschreiben ins Deutsche übersetzen lassen; die deutsche Übersetzung lag dem Gericht am 24.3.2012 und damit innerhalb der dreimonatigen Berufungsfrist vor. Zwar ist das Gericht zur Übersetzung der in einer Fremdsprache abgefassten Berufungsschrift nicht verpflichtet (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 61 Rdnr 7e mwN); die Berufung samt deutscher Übersetzung sind vom Gericht jedoch zu beachten, wenn sie vorliegen (vgl BSG, Urteil vom 22.10.1986, Az 9a RV 43/85).
25Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
26Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) gegen den Bescheid vom 8.1.2004 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.6.2008, vgl § 95 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich erhoben, § 90 SGG. Dazu genügt, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung sowie die Person, von der sie ausgeht, hinreichend sicher bestimmt werden können (Wolff-Dellen in Breitkreutz-Fichte. SGG. 2. Auflage 2014, § 90 Rdnr 5). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, wie auch der weitere Verfahrensverlauf dokumentiert. Einer Unterschrift bedarf es dann nicht, vgl § 92 Abs 1 Satz 3 SGG. Die Klage ist auch in der maßgeblichen Gerichtssprache erhoben. Insoweit gilt das zur Zulässigkeit der Berufung Ausgeführte entsprechend. Hielte man die Klageerhebung in französischer Sprache nicht für ausreichend, hätte das SG dem Kläger jedenfalls zu Recht konkludent Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, §§ 92 Abs 2 entsprechend, 67 SGG.
27Die Klage ist unbegründet. Der Kläger wird durch den Bescheid vom 8.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.6.2008 nicht beschwert, §§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Er hat entgegen seiner Auffassung keinen Anspruch auf (Regel)Altersrente nach der hier noch maßgeblichen Vorschrift des § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (im Folgenden: aF).
28Nach § 35 SGB VI aF erhält Regelaltersrente, wer das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Zwar hat der Kläger das 65. Lebensjahr (bereits 2004) vollendet, er hat indes nicht die allgemeine Wartezeit erfüllt. Die allgemeine Wartezeit beträgt für die Regelaltersrente fünf Jahre, § 50 Abs 1 SGB VI. Die vom Kläger in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten können nicht (mehr) auf die Wartezeit angerechnet werden. Deshalb liegen beim Kläger für die Erfüllung der Wartezeit anrechenbare Beitragszeiten (§§ 51 Abs 1 und 4, 54 f SGB VI) überhaupt nicht (mehr) vor (vgl dazu BSG, Beschluss vom 07.04.2008, Az 5b KN 1/08 BH mwN).
29Zwar trifft zu, dass der Kläger (mit kurzen Unterbrechungen) von November 1964 bis November 1976 (und uU auch noch im Mai 1977) in Deutschland gearbeitet und (jedenfalls bis November 1976) Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat. Dadurch sind zunächst - eine Rentenanwartschaft begründende - Beitragszeiten vorhanden gewesen. Daraus kann der Kläger jedoch heute keine Rechte mehr herleiten, weil ihm die gezahlten Beiträge 1977 nach der damals maßgeblichen Vorschrift des § 1303 Abs 7 Reichsversicherungsordnung (RVO) erstattet worden sind und die Anwartschaft damit erloschen ist. Durch die Beitragserstattung ist das zuvor bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst worden. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr, § 210 Abs 6 S 2 und 3 SGB VI (im Zeitpunkt der Erstattung maßgeblich: § 1303 Abs 7 RVO, gleichlautend § 95 Abs 7 RKG in der vom 01.01.1984 bis 31.12.1991 geltenden Fassung, vgl. dazu BSG SozR 3 - 2200 § 1303 Nr 5). Die Gesetzesregelung ist so konzipiert, dass - und das galt auch schon früher - eine Erstattung nur insgesamt und nicht teilweise beansprucht werden kann, § 210 Abs 6 Satz 1 SGB VI. Kommt es zu einer (immer: vollständigen) Erstattung, wird das Versicherungsverhältnis, das bis zum Erstattungszeitpunkt bestand, gänzlich und unwiederbringlich aufgelöst (§ 210 Abs 6 Satz 2 SGB VI). Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass dem Kläger nur die Hälfte der gezahlten Beiträge zu erstatten war und erstattet wurde (BSG, Beschluss vom 07.04.2008, Az 5b KN 1/08 BH), und ist mit deutschem Verfassungsrecht vereinbar (BVerfG SozR 2200 § 1303 Nr. 34; BSG SozR 3-2600 § 210 Nr 2).
30Nach dem Gesamtinhalt der Akten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger 1977 sämtliche Beiträge (wie gesetzlich vorgesehen: zur Hälfte) rechtswirksam erstattet worden sind.
31Eine rechtswirksame Beitragserstattung setzt voraus, dass nachweislich (1) ein Erstattungsantrag, (2) ein wirksamer Erstattungsbescheid und (3) eine rechtswirksame, befreiende Bewirkung der Leistung (= Erfüllung des Erstattungsanspruchs entsprechend § 362 des Bürgerlichen Gesetzbuches) vorliegen (vgl dazu und besonders zur Beweislast: BSGE 80, 41 ff = SozR 3 - 2200 § 1303 Nr. 6; vgl auch LSG NRW, Beschluss vom 21.09.2003, Az L 2 KN 19/03 und Urteil vom 16.08.2007, Az L 2 KN 259/06; stRspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 KN 30/10, L 18 (2) KN 42/08 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 82/10, alle bei juris, und zuletzt Urteile vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11, L 18 KN 120/12 und vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11 ). Das ist hier der Fall. Denn für den Senat steht aufgrund der Angaben insbesondere in den Verwaltungsakten der früheren BVA mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit (Beweismaßstab des Vollbeweises) fest, dass alle drei Voraussetzungen erfüllt sind.
32Aus den aktenkundigen Unterlagen ergibt sich mit wünschenswerter Klarheit, dass der Kläger, nachdem er aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der Deutschen Bundesbahn am 30.11.1976 ausgeschieden war, wohl am 27. Mai 1977 nach Marokko zurückgekehrt ist und im Vorfeld alle nötigen Vorbereitungen für die Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als auch zur Betriebsrente der Deutschen Bundesbahn getroffen hat. Dazu hat er den Dolmetscher Q U aus T eingeschaltet, der für ihn als Bevollmächtigter eine Vorfinanzierung der Erstattungsforderung durch ein Darlehen bei der Teilzahlungsbank T vorgenommen hat. Die entsprechenden aktenkundigen Formulare sind sämtlich vom Kläger selbst unterzeichnet, insbesondere der Erstattungsantrag, die Vollmacht (diese sogar in Gegenwart eines Notars), der Darlehensantrag bzw. -vertrag und die Zahlungsanweisung. Das Darlehen ist auch zur Zahlung auf das Konto des Klägers bei der Stadtsparkasse I angewiesen worden. Dies alles ist durch aktenkundige Urkunden belegt. Dass diese Unterlagen das Datum "31.5.1977" aufweisen, obwohl der Kläger zu diesem Zeitpunkt vermutlich bereits ausgereist war, dürfte sich dadurch erklären, dass der Bevollmächtigte dieses Datum im Nachhinein in die blanko unterschriebenen Formulare eingefügt hat. Die Stempelaufdrucke in den Akten der BVA belegen, dass diese das Erstattungsverfahren intern am 1.9.1977 abgeschlossen hat. Der Erstattungsbescheid vom 2.9.1977 ist dem (Zustellungs-)Bevollmächtigten des Klägers am 7.9.1977 zugesandt worden. Wenn auch der Zugang des Bescheids und der Eingang des Erstattungsbetrags auf dem Konto der Abtretungsgläubigerin nicht durch Urkunden belegt sind, sind auch diese Voraussetzungen mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit erfüllt.
33Diese Überzeugung leitet der Senat aus einem Beweis des ersten Anscheins her (sog. prima facie - Beweis). Diese Beweisregel gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren (BSGE 8, 245, 247; 12, 242, 246; 19, 52, 54; Leitherer in: Meyer-Ladewig u.a. SGG. Kommentar. 10. Auflage 2010. § 128 Rdnr 9 mwN; Pawlak in: Hennig. SGG. Stand August 2007. § 128 Rdnr 96; Zeihe. Das SGG und seine Anwendung. Stand November 2010. 3.G. vor § 103; stRspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 KN 30/10, L 18 (2) KN 42/08 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 82/10, alle bei juris, und zuletzt Urteile vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11, L 18 KN 120/12 und vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11). Sie besagt, dass bei typischen Geschehensabläufen auf eine Tatsache geschlossen werden kann, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig Folge eines solchen Geschehensablaufs ist (BSG in: Breithaupt 1999, 357, 362; Leitherer aaO Rdnr 9a). Dabei wird der (Voll-)Beweis einer Tatsache vermutet, so lange nicht Tatsachen erwiesen sind, die den vermuteten typischen Geschehensablauf in Zweifel ziehen (vgl Leitherer. aaO. Rndnr 9e mwN; Pawlak. aaO. Rdnrn 94, 99). Ein durch bewilligenden Bescheid abgeschlossenes Verwaltungsverfahren zur (vollständigen) Beitragserstattung lässt typischerweise den Schluss zu, dass der Bescheid zugegangen und die geschuldete Leistung bewirkt worden ist (stRspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 KN 30/10, L 18 (2) KN 42/08 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 82/10, alle bei juris, und zuletzt Urteile vom 29.4.2014, Az L 18 KN 21/11, L 18 KN 120/12 und vom 6.5.2014, Az L 18 KN 210/11; LSG NRW, Urteil vom 22.11.2007, Az L 2 KN 140/06; LSG NRW, Urteil vom 03.06.2005, Az L 4 RJ 12/03; LSG Hamburg, Urteil vom 27.04.2006, Az L 6 RJ 89/04 mwN). Dies muss jedenfalls gelten, wenn die Leistungsbewirkung nicht substantiiert bestritten worden ist und sich auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Leistungserbringung nicht zeitnah erfolgt ist (wie etwa zeitnahe Nachfragen des Versicherten, wo das Geld bleibe, vgl LSG NRW, Urteile vom 17.02.1997, Az L 4 J 16/95, und vom 03.06.2005 aE, Az L 4 RJ 12/03; Bay. LSG, Urteile vom 14.05.2002, Az L 19 RJ 3/02, und 08.12.2004, Az L 19 RJ 203/03).
34Hier ist der typische Geschehensablauf erwiesen. Der Kläger hat sich die Erstattungsforderung vorfinanzieren lassen, um nicht den Abschluss des Verwaltungsverfahren abwarten zu müssen, sondern bereits im Zeitpunkt der Ausreise Ende Mai 1977 über den Geldbetrag verfügen zu können. Ist ein Beitragserstattungsverfahren - wie hier - aktenkundig dokumentiert und besteht kein besonderer, konkreter Anlass zu zweifeln, dass der verfolgte Zweck auch erfüllt worden ist, darf regelmäßig auf ein ordnungsgemäß durch Bewirken der Leistung abgeschlossenes Verfahren geschlossen werden. Es entspricht nämlich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass derjenige, der die Erstattung von zur Rentenversicherung entrichteten Beiträgen erwartet, nachfragt, wenn er keine weitere Nachricht (mehr) erhält und/oder eine Zahlung nicht erfolgt. Dies gilt besonders bei dem vorliegenden zweistufigen Verfahren. Da der Bevollmächtigte des Klägers sich wegen des Erstattungsbescheids nicht mehr an die BVA gewandt hat, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er den an ihn adressierten Bescheid vom 2.9.1977 erhalten hat. Im Erstattungsbescheid ist überdies vermerkt, dass der Erstattungsbetrag an die VOBA Teilzahlungsbank erstattet worden ist. Da sich auch diese im Folgenden weder an die BVA noch an den Bevollmächtigten des Klägers (der sich dann seinerseits an die BVA gewandt hätte) gewandt hat, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die BVA die Leistung auch tatsächlich an die neue Gläubigerin bewirkt hat. Es ist schlichtweg nicht vorstellbar, dass ein Kreditinstitut bei Eintritt des Sicherungsfalles nicht auf die ihm zustehende Sicherheit zugreift, sich also nicht bei der BVA meldet, wenn die Zahlung nicht eingeht. Dass sich weder der Bevollmächtigte des Klägers noch die Abtretungsgläubigerin nach dem 7.9.1977 wegen der Zahlung des Erstattungsbetrags an die BVA gewandt haben, schließt der Senat aus den offenbar noch vollständig erhaltenen, insoweit negativ ergiebigen Verwaltungsakten der BVA. Soweit der Kläger geltend macht, er habe den vom SG angegebenen Erstattungsbetrag nicht vollständig erhalten, trifft dies zu, ist aber ohne Belang. Der Kläger hat vom Darlehensbetrag DM 14.751 tatsächlich nur 12.540 DM erhalten, weil ausweislich des mit der TeilzahlungsbankT geschlossenen Vertrages dieser 1.401 DM und dem Vermittler U 810 DM davon zustanden. Soweit der Kläger vorträgt, er habe nur 1.425,60 DM erhalten, verkennt er, dass dieser Betrag nicht aus der Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung herrührt, sondern die Erstattung von Beiträgen zur Betriebsrente der Deutschen Bundesbahn betrifft.
35Sonstige Tatbestände, die abgesehen von den Zeiten, für die die Beiträge erstattet worden sind, die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit begründen könnten, sind nicht ersichtlich, insbesondere nicht solche der vorzeitigen Wartezeiterfüllung im Sinne von § 53 SGB VI.
36Ohne Belang ist, ob der Kläger für ein Beschäftigungsverhältnis bei der Firma J vom 16. bis zum 27.5.1977 Beiträge entrichtet hat. Unabhängig davon, dass damit allein die Wartezeit nicht erfüllt ist und zu berücksichtigende Zeiten in Marokko nicht ersichtlich sind, ergibt sich aus § 210 Abs 6 Satz 3 SGB VI, dass aus Zeiten bis zur Erstattung (hier mit Bescheid vom 2.9.1977, also im September 1977) keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden können. Dies bedeutet, dass, sofern im Mai 1977 (wie der Arbeitgeber bestätigt, aber sich bisher nicht hat erweisen lassen) "mit Sicherheit" weitere Beiträge entrichtet worden sind, insoweit allenfalls ein (weiterer) Erstattungsanspruch bestünde. Dies gilt gleichermaßen, soweit die BVA nach der Abtretungsanzeige vom 31.5.1997 von der Abtretung nicht erfasste, weitere 2,90 DM (14.753,90 DM 14.751,00 DM) an die Teilzahlungsbank T ausgezahlt hat.
37Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich, dass auch dem Wunsch des Klägers, ihm die Rückzahlung der erstatteten Beiträge zu gestatten und ihm stattdessen Regelaltersrente zu gewähren, von Rechts wegen nicht entsprochen werden kann. Ein derartiges (Rück-) Gestaltungsrecht ist im System des SGB VI nicht vorgesehen. Wählt ein Versicherter durch seinen Antrag die Beitragserstattung, ist nach deren vollständiger Durchführung eine Geltendmachung von Ansprüchen aus den erstatteten Beiträgen für alle Zukunft ausgeschlossen. Der Versicherte ist an seine Gestaltung der Rechtslage gebunden.
38Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs 1 S 1 SGG.
39Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, da die Voraussetzungen des § 160 Abs 1 oder 2 SGG nicht vorliegen. Maßgeblich für die Entscheidung sind nämlich die konkreten Umstände des Einzelfalls.
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Annotations
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.
(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.
(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.
(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.
(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.
(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
(1) Für die Öffentlichkeit, Sitzungspolizei und Gerichtssprache gelten die §§ 169, 171b bis 191a des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend.
(2) Für die Beratung und Abstimmung gelten die §§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend.
(1) Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 genannten Personen gehören, haben für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Die Gebühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen. Soweit wegen derselben Streitsache ein Mahnverfahren (§ 182a) vorausgegangen ist, wird die Gebühr für das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids nach dem Gerichtskostengesetz angerechnet.
(2) Die Höhe der Gebühr wird für das Verfahren
vor den Sozialgerichten auf | 150 Euro, |
vor den Landessozialgerichten auf | 225 Euro, |
vor dem Bundessozialgericht auf | 300 Euro |
festgesetzt.
(3) § 2 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.
Die Klage ist bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.
(1) Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde. Die Klage soll einen bestimmten Antrag enthalten und von dem Kläger oder einer zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Zeitangabe unterzeichnet sein. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden.
(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 67 entsprechend.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Versicherte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie
- 1.
die Regelaltersgrenze erreicht und - 2.
die allgemeine Wartezeit erfüllt
(1) Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf
Die allgemeine Wartezeit gilt als erfüllt für einen Anspruch auf- 1.
Regelaltersrente, wenn der Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bezogen hat, - 2.
Hinterbliebenenrente, wenn der verstorbene Versicherte bis zum Tod eine Rente bezogen hat.
(2) Die Erfüllung der Wartezeit von 20 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung an Versicherte, die die allgemeine Wartezeit vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung nicht erfüllt haben.
(3) Die Erfüllung der Wartezeit von 25 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf
- 1.
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute und - 2.
Rente für Bergleute vom 50. Lebensjahr an.
(4) Die Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf
(5) Die Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte.
(1) Beiträge werden auf Antrag erstattet
- 1.
Versicherten, die nicht versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben, - 2.
Versicherten, die die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben, - 3.
Witwen, Witwern, überlebenden Lebenspartnern oder Waisen, wenn wegen nicht erfüllter allgemeiner Wartezeit ein Anspruch auf Rente wegen Todes nicht besteht, Halbwaisen aber nur, wenn eine Witwe, ein Witwer oder ein überlebender Lebenspartner nicht vorhanden ist. Mehreren Waisen steht der Erstattungsbetrag zu gleichen Teilen zu.
(1a) Beiträge werden auf Antrag auch Versicherten erstattet, die versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind, wenn sie die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben. Dies gilt nicht für Personen, die wegen Geringfügigkeit einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind. Beiträge werden nicht erstattet,
- 1.
wenn während einer Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht von dem Recht der freiwilligen Versicherung nach § 7 Gebrauch gemacht wurde oder - 2.
solange Versicherte als Beamte oder Richter auf Zeit oder auf Probe, Soldaten auf Zeit, Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst versicherungsfrei oder nur befristet von der Versicherungspflicht befreit sind.
(2) Beiträge werden nur erstattet, wenn seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen sind und nicht erneut Versicherungspflicht eingetreten ist.
(3) Beiträge werden in der Höhe erstattet, in der die Versicherten sie getragen haben. War mit den Versicherten ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, wird der von den Arbeitgebern getragene Beitragsanteil der Arbeitnehmer erstattet. Beiträge aufgrund einer Beschäftigung nach § 20 Abs. 2 des Vierten Buches, einer selbständigen Tätigkeit oder freiwillige Beiträge werden zur Hälfte erstattet. Beiträge der Höherversicherung werden in voller Höhe erstattet. Erstattet werden nur Beiträge, die im Bundesgebiet für Zeiten nach dem 20. Juni 1948, im Land Berlin für Zeiten nach dem 24. Juni 1948 und im Saarland für Zeiten nach dem 19. November 1947 gezahlt worden sind. Beiträge im Beitrittsgebiet werden nur erstattet, wenn sie für Zeiten nach dem 30. Juni 1990 gezahlt worden sind.
(4) Ist zugunsten oder zulasten der Versicherten ein Versorgungsausgleich durchgeführt, wird der zu erstattende Betrag um die Hälfte des Betrages erhöht oder gemindert, der bei Ende der Ehezeit oder Lebenspartnerschaftszeit als Beitrag für den Zuschlag oder den zum Zeitpunkt der Beitragserstattung noch bestehenden Abschlag zu zahlen gewesen wäre. Dies gilt beim Rentensplitting entsprechend.
(5) Haben Versicherte eine Sach- oder Geldleistung aus der Versicherung in Anspruch genommen, können sie nur die Erstattung der später gezahlten Beiträge verlangen.
(6) Der Antrag auf Erstattung kann nicht auf einzelne Beitragszeiten oder Teile der Beiträge beschränkt werden. Mit der Erstattung wird das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr.
(1) Die allgemeine Wartezeit ist vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte
- 1.
wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, - 2.
wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz als Wehrdienstleistende oder Soldaten auf Zeit, - 3.
wegen einer Zivildienstbeschädigung nach dem Zivildienstgesetz als Zivildienstleistende oder - 4.
wegen eines Gewahrsams (§ 1 Häftlingshilfegesetz)
(2) Die allgemeine Wartezeit ist auch vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Der Zeitraum von zwei Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung oder des Todes verlängert sich um Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren.
(3) Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne der Absätze 1 und 2 liegen auch vor, wenn
(1) Beiträge werden auf Antrag erstattet
- 1.
Versicherten, die nicht versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben, - 2.
Versicherten, die die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben, - 3.
Witwen, Witwern, überlebenden Lebenspartnern oder Waisen, wenn wegen nicht erfüllter allgemeiner Wartezeit ein Anspruch auf Rente wegen Todes nicht besteht, Halbwaisen aber nur, wenn eine Witwe, ein Witwer oder ein überlebender Lebenspartner nicht vorhanden ist. Mehreren Waisen steht der Erstattungsbetrag zu gleichen Teilen zu.
(1a) Beiträge werden auf Antrag auch Versicherten erstattet, die versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind, wenn sie die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben. Dies gilt nicht für Personen, die wegen Geringfügigkeit einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind. Beiträge werden nicht erstattet,
- 1.
wenn während einer Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht von dem Recht der freiwilligen Versicherung nach § 7 Gebrauch gemacht wurde oder - 2.
solange Versicherte als Beamte oder Richter auf Zeit oder auf Probe, Soldaten auf Zeit, Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst versicherungsfrei oder nur befristet von der Versicherungspflicht befreit sind.
(2) Beiträge werden nur erstattet, wenn seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen sind und nicht erneut Versicherungspflicht eingetreten ist.
(3) Beiträge werden in der Höhe erstattet, in der die Versicherten sie getragen haben. War mit den Versicherten ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, wird der von den Arbeitgebern getragene Beitragsanteil der Arbeitnehmer erstattet. Beiträge aufgrund einer Beschäftigung nach § 20 Abs. 2 des Vierten Buches, einer selbständigen Tätigkeit oder freiwillige Beiträge werden zur Hälfte erstattet. Beiträge der Höherversicherung werden in voller Höhe erstattet. Erstattet werden nur Beiträge, die im Bundesgebiet für Zeiten nach dem 20. Juni 1948, im Land Berlin für Zeiten nach dem 24. Juni 1948 und im Saarland für Zeiten nach dem 19. November 1947 gezahlt worden sind. Beiträge im Beitrittsgebiet werden nur erstattet, wenn sie für Zeiten nach dem 30. Juni 1990 gezahlt worden sind.
(4) Ist zugunsten oder zulasten der Versicherten ein Versorgungsausgleich durchgeführt, wird der zu erstattende Betrag um die Hälfte des Betrages erhöht oder gemindert, der bei Ende der Ehezeit oder Lebenspartnerschaftszeit als Beitrag für den Zuschlag oder den zum Zeitpunkt der Beitragserstattung noch bestehenden Abschlag zu zahlen gewesen wäre. Dies gilt beim Rentensplitting entsprechend.
(5) Haben Versicherte eine Sach- oder Geldleistung aus der Versicherung in Anspruch genommen, können sie nur die Erstattung der später gezahlten Beiträge verlangen.
(6) Der Antrag auf Erstattung kann nicht auf einzelne Beitragszeiten oder Teile der Beiträge beschränkt werden. Mit der Erstattung wird das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.