Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 03. Feb. 2015 - L 2 AL 47/10

published on 03/02/2015 00:00
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 03. Feb. 2015 - L 2 AL 47/10
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Gericht

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Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Notwendige außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin die Antragsfrist für die Bewilligung von Insolvenzgeld versäumt hat.

2

Die 1975 geborene Klägerin war bei dem Zahnarzt K. in Waren beschäftigt. Mit Schreiben vom 18. November 2004 wurde das Arbeitsverhältnis mit der Angabe von betrieblichen Gründen zum 31. Dezember 2004 gekündigt. Mit Versäumnisurteil vom 2. Februar 2005 wurde der K. verurteilt, ein Arbeitsentgelt von 2.680,00 €, ausgehend von einem Entgelt von 1.340,00 €, jeweils nebst Zinsen seit dem 1. Oktober 2004 und 1. Januar 2005 hierauf, zu zahlen. Die prozessuale Vertretung der Klägerin in diesem arbeitsgerichtlichen Verfahren erfolgte durch die Rechtsanwälte ..., wobei die Prozessbevollmächtigte der Klägerin diese im damaligen Verfahren vertrat.

3

Am 27. April 2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet. Unter dem 3. Juli 2007 stellte die Klägerin persönlich den Antrag auf Insolvenzgeld gegenüber der Beklagten. Hierbei gab sie den Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem 27. April 2007 an, wobei sie durch den Rechtsanwalt W. „jetzt“ vom Insolvenzereignis Kenntnis erlangt habe. Das noch zu zahlende Nettoentgelt für die Monate Oktober und Dezember 2004 bezifferte sie auf 1.065,58 €.

4

Mit Schreiben vom 4. Juli 2007 führte die Klägerin aus, dass sie erst kürzlich von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfahren habe und der „Insolvenzbeauftragte“ Rechtsanwalt Weidemann sie erst jetzt darauf hingewiesen habe, dass sie einen Antrag auf Insolvenzgeld stellen könne.

5

Mit Schreiben vom 9. Juli 2007 wurde die Klägerin unter Hinweis auf die zum 27. Juni 2007 abgelaufene Ausschlussfrist aufgefordert, anzugeben, wann und wodurch sie vom Eröffnungsbeschluss Kenntnis erlangt habe. Mit Schreiben vom 14. Juli 2007 führte die Klägerin aus, dass ihrer Prozessbevollmächtigten umfassende Vollmacht „für sämtlich Angelegenheiten zwecks Forderungseinzug gegenüber Herrn K.“ erteilt wurde. Ihre Prozessbevollmächtigte habe sie erstmalig fernmündlich am 2. Juli 2007 über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens informiert. Ein beigereichter Mandantenbrief vom 13. Juli 2007 gibt gegenüber der Klägerin an, dass eine vorhergehende - vor dem 2. Juli - Information durch die Prozessbevollmächtigte nicht veranlasst worden sei, da eine umfassende Vollmacht für sämtliche Angelegenheiten betreffend den Forderungseinzug gegenüber Herrn K. vorgelegen habe. Es sei daher die Forderung zwar angemeldet worden, jedoch auf Grund eines Büroversehens – trotz ausdrücklicher anwaltlicher Verfügung - die Klägerin nicht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die fristgebundene Möglichkeit der Beantragung von Insolvenzgeld informiert worden. Dies sei erst mit der Wiedervorlage am 2. Juli 2007 aufgefallen und hiernach sei die Klägerin sofort telefonisch informiert und gebeten worden, schnellstmöglich den Antrag nachzuholen.

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Mit Bescheid vom 24. Juli 2007 wurde der Antrag unter Hinweis auf den Ablauf der Ausschlussfrist am 27. Juni 2007 abgelehnt. Eine Nachfrist könne nur eingeräumt werden, wenn die ursprüngliche Antragsfrist aus Gründen versäumt wurde, die die Klägerin nicht zu vertreten habe. Ein Verschulden eines Vertreters sei im Umfang eigenen Verschuldens zu vertreten, wobei hinsichtlich der Sorgfaltspflicht an Rechtsanwälte ein strenger Maßstab zu stellen sei. Die Forderung gegen Herrn K. sei bereits am 29. Mai 2007 angemeldet worden, mithin innerhalb der Antragsfrist. Da Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgelegen habe, der erforderliche Insolvenzgeldantrag jedoch aus Unkenntnis der Insolvenzgeldregelungen, bzw. der Ausschlussfrist des § 324 Abs.3 S.1 SGB III nicht rechtzeitig gestellt wurde, könne eine Nachfrist nicht eingeräumt werden.

7

Hiergegen wurde mit Schreiben vom 26. Juli 2007 Widerspruch eingelegt. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin führte aus, dass die Klägerin ohne Verschulden gehindert gewesen sei, die Antragsfrist einzuhalten. Ein eigenes Verschulden träfe die Klägerin nicht. Es sei eine umfassende Vollmacht zur Durchsetzung der Ansprüche gegen Herrn K. erteilt worden, so dass alle erforderlichen Maßnahmen zur Realisierung der Forderung vorzunehmen und alle notwendigen dahingehenden Fristen zu überwachen seien. Es habe hiernach die Klägerin alle zumutbaren Anstrengungen übernommen, um die Frist zu wahren. Sie habe sich auf Grund der vorhergehenden Zusammenarbeit auf die Zuverlässigkeit der Kanzlei verlassen dürfen. Die Eignung der Kanzlei sei der Klägerin aus langjähriger Zusammenarbeit bekannt. Es sei daher die Forderungsanmeldung auf Grund dieser umfassenden Vollmacht eigenständig gegenüber dem Insolvenzverwalter vorgenommen worden. Auch sei am 29. Mai 2007 das Büro der Prozessbevollmächtigten – insbesondere die als äußerst korrekt und zuverlässig bekannte Rechtsanwaltsfachangestellte A. Z., mit schriftlicher Verfügung vom 29. Mai 2007 beauftragt worden, die zweimonatige Frist zur Beantragung von Insolvenzgeld, mithin den 27. Juni 2007 im Fristenkalender zu notieren. Hierbei sei der A. Z. ein Versehen unterlaufen. Abgelenkt durch eine andere Tätigkeit habe Frau Z. die Frist nicht notiert, so dass die Akte auf die übliche Wiedervorlage weggelegt worden sei. Erst mit der Wiedervorlage am 2. Juli 2007 sei das Versehen bekannt geworden. Hiernach habe die Klägerin sodann selbst den Antrag gestellt. Ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten, welches der Klägerin zugerechnet werden könne, läge nicht vor. A. Z. als Hilfsperson sei besonders zuverlässig und habe mehrere Jahre Berufserfahrung. Ihre Beauftragung durch die Prozessbevollmächtigte lasse einen Mangel an Sorgfalt hinsichtlich der Auswahl der Hilfsperson nicht zu. Die Anweisung sei durch schriftliche anwaltliche Verfügung erfolgt, so dass sich die Nichteintragung der Frist als Versehen darstelle, für welche weder die Prozessbevollmächtigte noch die Klägerin einzustehen haben. Die Unkenntnis der Klägerin von der Antragsfrist beruhe daher ausschließlich auf einem Verschulden des sorgfältig ausgesuchten und ausgebildeten Büropersonals, so dass der Klägerin eine Nachfrist zu gewähren sei.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2007 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass eine Nachfrist nicht zu gewähren sei, soweit das nicht vom Antragsteller zu vertretene Antragshindernis während des Laufes der ursprünglichen Antragsfrist weggefallen sei und es ihm unter Anwendung zumutbarer Sorgfalt möglich gewesen wäre, die Frist einzuhalten. Vorsatz und Fahrlässigkeit seien zu vertreten. Ein Verschulden des Bevollmächtigten sei dem Antragsteller grundsätzlich zuzurechnen. Soweit der Bevollmächtigte umfassend mit der Durchsetzung von Arbeitsentgeltansprüchen beauftragt war, sei dem Antragsteller auch zuzurechnen, wenn der Bevollmächtigte Kenntnis von dem Insolvenzereignis erlangt und hiernach den Antragsteller nicht auf den fristgemäßen Antrag auf Insolvenzgeld hinweise. Eine Kenntnis der Prozessbevollmächtigten vom Insolvenzereignis habe vor Ablauf der Frist vorgelegen und die Information der Klägerin sei versäumt worden. Hiernach scheide eine Nachfrist aus.

9

Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin unter dem 3. September 2007 Klage erhoben.

10

In dieser führt sie unter Wiederholung des Vorbringens des Widerspruchsverfahrens aus, dass sie ein Verschulden an der Verstreichung der Frist nach § 324 Abs.3 S.1 SGB III nicht träfe und ihr die Nachfrist einzuräumen sei. Es läge allenfalls ein Verschulden von Hilfspersonen der durch die Klägerin Bevollmächtigten vor. Ein Mangel an Sorgfalt sei auch der Prozessbevollmächtigten durch die Auswahl der Hilfsperson nicht vorwerfbar.

11

Die Klägerin hat beantragt,

12

den Bescheid vom 24. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Insolvenzgeld zu gewähren.

13

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

15

Sie bezieht sich insoweit auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides.

16

Eine Ablichtung des Fristenkalenders vom 27. Juni 2007 weist die Nichteintragung der Frist aus. Die beigereichte Verfügung vom 29. Mai 2007 gibt nachfolgende Verfügungspunkte an:

17

1. Forderungsanmeldung fertigen für Insolvenzverwalter

18

⇒ Titel, Vollmacht für Insolvenzverwalter beifügen
⇒ vorab per Fax senden
⇒ vorher Kopie von Titel in Akte

19

2. Frist notieren für Antrag Insolvenzgeld

20

⇒ 27.06.2007!

21

3. i.Ü.: übliche WV

22

Mit eidesstattlicher Versicherung vom 29. November 2007 bestätigte die A. Z. ihre Beauftragung zur Notierung der Frist und die nicht vollständige Ausführung der Verfügung, wobei sie die Forderungsanmeldung noch gefertigt habe.

23

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2010 vor dem Sozialgericht Neubrandenburg hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass eine Verfügung mit dem Posteingang und der Akte der Rechtsanwaltsfachangestellten vorgelegt werde, die diese dann abarbeite. Im Normalfall befänden sich die Vorgänge in einem Wagen und würden hiernach abgearbeitet. Hierbei würde dann auch der Name der Rechtsanwaltsfachangestellten vermerkt, welche die Verfügung abarbeitete, damit dies im Nachhinein nachvollziehbar sei. Ein Erledigungsvermerk in der Handakte werde jedoch dann nicht gefertigt, wenn die Verfügung konkret einer bestimmten Rechtsanwaltsfachangestellten zur Abarbeitung vorgelegt werde. Bei im Fristenkalender eingetragenen Fristen werde die Akte etwa 1 ½ Wochen vor Fristablauf vorgelegt. Eine „übliche“ Wiedervorlage beziehe sich auf eine Wiedervorlage Anfang des nächsten Monats, wobei vorliegend auf Grund der Verfügung vom 29. Mai 2007 die Wiedervorlage auf den Anfang des Monates Juli 2007 gelegt worden sei. Es sei hiernach die Handakte der Klägerin am 2. Juli 2007 vorgelegt worden. Der Frau Z. sei eine konkrete Einzelanweisung erteilt worden, was einen Ausnahmefall darstelle.

24

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. Juni 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Ausschlussfrist des § 324 Abs.3 SGB III von zwei Monaten zur Beantragung des Insolvenzgeldes nach dem Insolvenzereignis nicht eingehalten wurde. Eine Nachfrist sei der Klägerin nicht zu gewähren, da sie die Frist aus Gründen versäumt habe, welche sie zu vertreten habe. Eine Zurechnung des Verschuldens der Prozessbevollmächtigten erfolge nach §§ 85 Abs.2 ZPO, 27 Abs.1 S.1 SGB X. Dies könne sowohl in einem Auswahlverschulden als auch in einem Organisationsverschulden liegen. Durch organisatorische Maßnahmen habe der Rechtsanwalt sicherzustellen, dass Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Die Eintragung der Frist im Fristenkalender sei von der damit beauftragten Angestellten durch einen Erledigungsvermerk – auf der Handakte oder auch auf dem jeweiligen Schriftgut - kenntlich zu machen. Nur durch Eintragung mit Erledigungsvermerk könne sichergestellt werden, dass fristgebundene Prozesshandlung rechtzeitig vom Anwalt vorgenommen werden können. Ein Rechtsanwalt könne grundsätzlich auf die Ausführung einer Einzelanweisung durch seine Büroangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen habe, vertrauen. Hierbei komme es auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen nicht an. Es läge jedoch ein Organisationsverschulden vor, da eine Einzelanweisung nicht erteilt worden sei. Es läge eine längere schriftliche Anweisung vor und mit der Formulierung „… insbesondere die als äußerst korrekt und zuverlässig bekannte Rechtsanwaltsfachangestellte A. Z.“ sei beauftragt, lasse sich nicht darauf schließen, dass ausschließlich diese mit der Abarbeitung der Verfügung beauftragt worden sei. Es stelle sich hiernach das Anbringen eines Erledigungsvermerks als unverzichtbar dar.

25

Gegen das am 24. September 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. Oktober 2010 Berufung eingelegt. Die Klägerin trägt vor, dass kein Organisationsverschulden vorläge. Auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen zur Fristenkontrolle komme es dann nicht mehr an, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen habe, eine konkrete Einzelanweisung erteile, bei deren Befolgung die Fristwahrung gewährleistet sei. Es dürfe der Rechtsanwalt auf die Befolgung einer konkreten Einzelanweisung durch eine sich als zuverlässig erwiesene Büroangestellte vertrauen. Die Verfügung vom 29. Mai 2007 stelle eine solche Einzelanweisung dar. Zu definieren sei der Begriff lediglich in zwei Alternativen: entweder beziehe sich die Einzelanweisung an eine ausdrücklich ausgesuchte – einzelne –Büroangestellte oder es dürfe lediglich eine Anweisung vorliegen. Jedoch könne diese Auslegung nicht überzeugen, wonach lediglich eine Verfügung, d.h. eine Ausführung relevant werden könne. Die Verfügung im Sinne einer Einzelanweisung könne aus mehreren Punkten bestehen, würde doch ansonsten die Auslegung des Sozialgerichts dazu führen, dass es eine Einzelanweisung nahezu niemals gäbe. Anweisungen in einem Büro seien gewöhnlich mit mehreren Arbeitsschritten verbunden. Es müsse daher auf die Frage abgestellt werden, ob die der A. Z. erteilte Anweisung zur Erledigung der Verfügung vom 29. Mai 2007 so unmissverständlich war, dass sich der Rechtsanwalt schlicht auch darauf verlassen konnte, dass diese Anweisung befolgt würde. Entgegen dem gewöhnlichen Ablauf in der Kanzlei sei die Verfügung der A. Z. mit dem konkreten Auftrag der Abarbeitung der schriftlichen Verfügung übergeben worden. Es läge somit eine Ausnahme und daher eine Einzelanweisung vor. Aus der Widerspruchsbegründung lasse sich nicht entnehmen, dass die A. Z. nicht konkret beauftragt worden sei, zumal bei der Würdigung durch das Sozialgericht auf den Vortrag der mündlichen Verhandlung abzustellen sei. Ein Widerspruch der Ausführungen läge insoweit nicht vor. Da die Einzelanweisung schriftlich erteilt worden sei, sei eine Kontrolle der Ausführung nicht erforderlich gewesen. Die Verfügung einer Frist am 29. Mai 2007 habe genügt, um – bei Beachtung derselben – nach vorheriger Absprache mit dem Mandanten den Antrag auf Insolvenzgeld zu stellen.

26

Die Klägerin beantragt,

27

das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 9. Juni 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Insolvenzgeld für die Monate Oktober und Dezember 2004 zu gewähren.

28

Die Beklagte beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Sie bezieht sich auf das angefochtene Urteil und führt aus, dass sich die Klägerin die Fristversäumung zuzurechnen habe. Sie habe ihre Prozessbevollmächtigte mandatiert, alle erforderlichen Maßnahmen zur Realisierung der aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Entgeltansprüche zu ergreifen. Ihre Prozessbevollmächtigte habe am 29. Mai 2007 Kenntnis vom Insolvenzereignis erlangt und diese Kenntnis nicht weitergegeben oder einen fristgemäßen Antrag gestellt, sondern die Sache schlicht weiter verfügt. Es läge daher ein von der Klägerin zu vertretenes Verschulden der Prozessbevollmächtigten vor. Durch geeignete organisatorische Maßnahmen wäre es der Prozessbevollmächtigten ohne weiteres möglich gewesen, Insolvenzgeld fristgemäß zu beantragen. Es handele sich bei diesem Antrag um kein aufwändiges, schwieriges oder zeitintensives Vorgehen, zumal sich die Prozessbevollmächtigte auch nicht persönlich hätte kümmern müssen. Es sei der Vorgang am 29. Mai 2007 daher auch nicht auf einen späteren Termin zu verfügen gewesen. Eine mündliche, auch fernmündliche Antragstellung hätte genügt. Selbst wenn die Frist ordnungsgemäß eingetragen worden wäre, wäre die Wiedervorlage nach den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung erst etwa 10 Tage vor Fristablauf erfolgt. Da dem Vortrag weiter folgend sämtliche Fristen zu Wochenbeginn vorgelegt worden wären, hätte die Prozessbevollmächtigte alle Verfahren sofort abarbeiten müssen. Dies dürfte kaum möglich sein. Unter weitergehender Berücksichtigung von 2 Wochenenden im Rahmen der Wiedervorlage 10 Tage vor Fristablauf, hätten tatsächlich wenige Werktage zur Bearbeitung zur Verfügung gestanden, in welchem die Klägerin hätte in Kenntnis gesetzt werden müssen und hiernach auch noch die Zeit finden müsste, fristgerecht den Antrag bei der Beklagten zu stellen. Insoweit sei von einem zurechenbaren Organisationsverschulden auszugehen. Die Prozessbevollmächtigte habe ihre Sorgfaltspflichten bereits durch die Verfügung als solche verletzt, indem sie nur die Frist habe notieren lassen, anstelle festzuhalten, wer die Klägerin wann in Kenntnis setzen und wer den Antrag auf Insolvenzgeld stellen sollte. Entsprechende Überlegungen seien zwar bei der Forderungsanmeldung angestellt worden, nicht hingegen beim Insolvenzgeld. Es sei die Ausschlussfrist daher aus Gründen versäumt worden, die die Prozessbevollmächtigte zu vertreten habe.

31

Auf die Berufungserwiderung führte die Klägerin aus, dass eine Sorgfaltspflicht zur sofortigen Stellung eines Insolvenzgeldantrages nicht bestünde, da Fristen bis zur äußersten Grenze ausgenutzt werden dürften. Überdies sei bei der Verfügung noch über einen Monat Zeit gewesen bis zum Ablauf der Frist. Es würde genügen und ein Verschulden ausschließen, wenn die fristwahrende Handlung am letzten Tag veranlasst werde. Auch habe die Prozessbevollmächtigte auf Grund der neuen Verfahrenssituation am 29. Mai 2007 erst mit der Klägerin Rücksprache halten wollen, ob ein entsprechender Antrag gestellt werden solle. Es sei daher die Frist verfügt worden. Bereits mit der Verfügung sei hinreichend sichergestellt, dass eine fristgemäße Bearbeitung erfolgen würde. Dies auch auf Grund der Wiedervorlage 10 Tage vor Fristablauf. Die Bearbeitungszeit hätte genügt. Die Information an die Klägerin wäre per Telefon erfolgt um anschließend lediglich ein Formular auszufüllen, was wenige Minuten in Anspruch nehmen würde. Es sei daher alles Notwendige zur Fristwahrung veranlasst worden. Ein Organisationsverschulden durch die Übung der Wiedervorlage 10 Tage vor Fristende läge nicht vor. Dem Vortrag, wonach für sämtliche Fristbearbeitung 10 Tage nicht genügen würden, könne nicht gefolgt werden. So sei der Prozessbevollmächtigten seit Bestehen der Kanzlei eine Fristversäumnis auf Grund der Vielzahl anderweitiger Frist nicht vorgekommen. Diese Fristversäumnis könne auch nicht geschehen, da zuvor eine rechtzeitige Information erfolgte und der Rechtsanwalt entsprechend vorarbeiten könne. Überdies seien am 27. Juni 2007 keine anderen Frist abgelaufen, bzw. angefallen.

32

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

33

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben, § 151 SGG. Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil sich die Klägerin das Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten an der Versäumung der Frist zurechnen lassen muss.

34

Der Bescheid vom 24. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Insolvenzgeld auf Grund des verspäteten Antrages.

35

Gemäß § 183 Abs.1 S.1 SGB III (a.F.) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, dem Insolvenzereignis, für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.

36

Nach § 324 Abs.1 S.1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. In Abweichung von Abs.1 S.1 ist Insolvenzgeld innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragten, vgl. § 324 Abs.3 S.1 SGB III. Das Insolvenzereignis stellt vorliegend der Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichtes Neubrandenburg vom 27. April 2007 dar, so dass die Ausschlussfrist mit Ablauf des 27. Juni 2007 auslief. Fristbeginn iSd. § 324 Abs.3 S.1 SGB III ist der Eintritt des Insolvenzereignisses, ohne dass es hierbei auf eine Kenntnis des Arbeitnehmers ankommt, vgl. BSG, Urteil vom 4. März 1999, Az. B 11/10 AL 3/98. Der von der Klägerin gestellte Antrag vom 3. Juli 2007 ist kein wirksamer Antrag iSd. Abs. 3 S. 1.

37

Nach der Fristversäumung nach Abs. 3 S. 1 steht der Klägerin keine weitere Nachfrist des § 324 Abs. 3 S. 2 SGB III zu. Hat der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach dem Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird, vgl. § 324 Abs. 3 S. 2 SGB III. Vorliegend hatten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits vor Ablauf der Ausschlussfrist zum 27. Juni 2007 Kenntnis vom Insolvenzereignis.

38

Diese Kenntnis muss sich die Klägerin zurechnen lassen. Die Prozessbevollmächtigte wurde von der Klägerin umfassen mandatiert, sodass diese sich nach ihren eigenen Ausführungen sicher sein konnte, alle erforderlichen Maßnahmen zur Realisierung der Forderungen aus Ansprüchen gegen Herrn K getan zu haben.

39

Die Klägerin muss sich die Versäumung der Frist nach § 324 Abs.3 S.1 SGB III durch ihre Prozessbevollmächtigten aber zuzurechnen lassen, da dies auf einem Organisationsverschuldens der Prozessbevollmächtigten beruht.

40

Ein Verschulden des Rechtsanwalts im Hinblick auf die Versäumung einer Ausschlussfrist kann sowohl bei einem Auswahlverschulden (wofür hier keine Anhaltspunkte ersichtlich sind) sowie einem Organisationsverschulden vorliegen. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen des Urteils des Sozialgerichts, wonach der Rechtsanwalt durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen hat, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Eindeutige Anweisungen an das Büropersonal, die Festlegung klarer Zuständigkeiten und die mindestens stichprobenartige Kontrolle des Personals sind unverzichtbar, vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 2003, Az. VIII ZB 115/02. Unentbehrliches Hilfsmittel für die Fixierung der Fristen ist in erster Linie der (elektronische oder in Papierform geführte) Fristenkalender sowie die Notierung der Fristen auf den Handakten des Anwaltes. Die Eintragung der Frist im Fristenkalender ist von der damit beauftragten Angestellten durch einen Erledigungsvermerk – zweckmäßiger Weise mit Handzeichen und Datumsangabe – an der Fristennotierung auf den Handakten kenntlich zu machen. Nur im unmittelbaren Zusammenhang und im Zusammenwirken stellen diese Maßnahmen sicher, dass fristgebundene Prozesshandlungen rechtzeitig vom Anwalt vorgenommen werden und bei Gericht eingehen, vgl. BGH, a.a.O.. Die Frist muss hierbei nicht in jedem Fall auf den Handaktenbogen notiert werden, genügt die Anbringung eines entsprechenden Vermerkes auf dem jeweiligen Schriftgut doch auch einer ordnungsgemäßen Organisation des Fristenwesens, vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2009, Az. II ZB 6/08. Ein Rechtsanwalt darf auch grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete schriftliche Einzelanweisung befolgt. In diesem Fall kommt es auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen, bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei nicht mehr an, BGH, Beschluss vom 09.12.2009, Az. XII ZB 154/09.

41

Ob die Verfügung vom 29. Mai 2007 insoweit eine Einzelanweisung darstellt, kann hier dahinstehen. Es ist vorliegend der Klägerin verwehrt, sich auf den Grundsatz zu berufen, dass ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen dürfe, dass eine ausgebildete und bisher zuverlässig tätige Bürokraft eine konkrete Einzelanweisung befolge und ordnungsgemäß ausführe. Zwar trifft es im Allgemeinen zu, dass sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in einem solchen Falle der Rechtsanwalt nicht anschließend über die Ausführung seiner Weisung vergewissern muss (vgl. BGH vom 22. Januar 2013 Az. VIII ZB 46/12), dieser Grundsatz kommt aber hier nicht zum Tragen, da die Nichteintragung der Frist auf einem generellen Organisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten beruht, welcher auch auf die vorliegende Einzelanweisung durchgreift.

42

Wenn die Einzelanweisung die bestehende Organisation nicht außer Kraft setzt, sondern sich in sie einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegen zu wirken, kommt der Grundsatz nicht zum Tragen, wonach es auf organisatorische Vorkehrungen bei Erteilung der Einzelanweisung nicht ankomme, vgl. LAG Hamm, Urteil vom 30. Januar 2014, Az. 15 Sa 1425/13. So ist es in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten üblich, dass ein Erledigungsvermerk hinter den einzelnen Verfügungspunkten nicht angebracht wird, soweit die Verfügung einer konkreten Angestellten übertragen wurde. Insoweit bedürfe es dieses Vermerkes nach Ausführung der Prozessbevollmächtigten nicht, da sichergestellt sei, wer die Verfügung abgearbeitet habe. Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört aber insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in alle geführten Fristenkalender eingetragen worden sind, vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2014, Az. XII ZB 709/13. Ein Fehlen des Erledigungsvermerks macht eine Fristenkontrolle ohne Einsicht in den Fristenkalender allein an Hand der Akten unmöglich, vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2003, Az. VIII ZB 115/02. Es dient darüber hinaus der Erledigungsvermerk nicht lediglich der nachträglich Kontrolle eines – etwaig unzutreffenden Abarbeitens – sondern bereits der eigenen Kontrolle des jeweiligen Bearbeiters um – wie hier zum Tragen gekommen – auszuschließen, dass ein Verfügungspunkt vergessen werden kann. Mag sich dies nun aus Unachtsamkeit oder Ablenkung auf Grund eines anderen Arbeitsanfalles gründen. Diesem Kontrollzweck ist die Übung im Kanzleiablauf der Prozessbevollmächtigten nicht gewährleistet.

43

Bei der vorliegenden Einzelanweisung zur Eintragung einer Frist fehlt es an Vorkehrungen, die eine ordnungsgemäße Eintragungskontrolle überflüssig machen würde. Hätte im Rahmen einer Organisationsanweisung in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten ein Erledigungsvermerk bei den Einzelverfügungen angebracht werden müssen, so wäre die Eintragung der Frist nicht versäumt worden. Insoweit ist das Organisationsverschulden ursächlich für die Nichteintragung geworden und zwar unabhängig von einer erteilten Einzelanweisung.

44

Der Klägerin ist das Verschulden der von ihre beauftragen Prozessbevollmächtigten zuzurechnen, vgl. BSG, Urteil vom 29.10.1992, Az. B 10 Rar 14/91. Gemäß § 85 Abs. 2 ZPO (iVm. § 202 SGG) steht das Verschulden des Bevollmächtigten [...] dem Verschulden der Partei gleich. Nach § 27 Abs. 1 S. 2 SGB X ist das Verschulden eines Vertreters dem Vertretenen zuzurechnen.

45

Die Berufung war hiernach zurückzuweisen.

46

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

47

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 SGG lagen nicht vor.

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Annotations

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Die Agentur für Arbeit kann die Durchführung einer Maßnahme nach § 176 Absatz 2 prüfen und deren Erfolg beobachten. Sie kann insbesondere

1.
von dem Träger der Maßnahme sowie den Teilnehmenden Auskunft über den Verlauf der Maßnahme und den Eingliederungserfolg verlangen und
2.
die Einhaltung der Voraussetzungen für die Zulassung des Trägers und der Maßnahme prüfen, indem sie Einsicht in alle die Maßnahme betreffenden Unterlagen des Trägers nimmt.

(2) Die Agentur für Arbeit ist berechtigt, zum Zweck nach Absatz 1 Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume des Trägers während der Geschäfts- oder Unterrichtszeit zu betreten. Wird die Maßnahme bei einem Dritten durchgeführt, ist die Agentur für Arbeit berechtigt, die Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume des Dritten während dieser Zeit zu betreten. Stellt die Agentur für Arbeit bei der Prüfung der Maßnahme hinreichende Anhaltspunkte für Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften fest, soll sie die zuständige Kontrollbehörde für den Datenschutz hiervon unterrichten.

(3) Die Agentur für Arbeit kann vom Träger die Beseitigung festgestellter Mängel innerhalb einer angemessenen Frist verlangen. Die Agentur für Arbeit kann die Geltung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins oder des Bildungsgutscheins für einen Träger ausschließen und die Entscheidung über die Förderung aufheben, wenn

1.
der Träger dem Verlangen nach Satz 1 nicht nachkommt,
2.
die Agentur für Arbeit schwerwiegende und kurzfristig nicht zu behebende Mängel festgestellt hat,
3.
die in Absatz 1 genannten Auskünfte nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erteilt werden oder
4.
die Prüfungen oder das Betreten der Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume durch die Agentur für Arbeit nicht geduldet werden.

(4) Die Agentur für Arbeit teilt der fachkundigen Stelle und der Akkreditierungsstelle die nach den Absätzen 1 bis 3 gewonnenen Erkenntnisse mit.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Behörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unzulässig, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.