Landgericht Düsseldorf Urteil, 22. Jan. 2015 - 4c O 18/14
Gericht
Tenor
I. Die Beklagte wird – unter Abweisung der Klage im übrigen - verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
Anschlussstücke für eine Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements, wie eine Fahrzeugplane
- wobei das Anschlussstück zum Bestücken von Anhänger- oder Lkw-Aufbauten bestimmt ist, um die Übertragungswelle der Aufwickelvorrichtung und die Aufwickelwelle miteinander zu verbinden,
- wobei die Aufwickelwelle ein Kupplungsteil an der Außenwand enthält, das dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen,
- wobei das Anschlussstück ein erstes Ende umfasst, das mit dem Ende der Übertragungswelle zusammenwirkt,
- und das Anschlussstück ein zweites Ende umfasst, das mit dem Ende der Aufwickelwelle zusammenwirkt,
- und das zweite Ende einen Vorsprung umfasst, der mit dem Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle zusammenwirkt
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- bei denen das zweite Ende Verbindungsmittel umfasst, die aus einem hohlen Abschnitt bestehen, dessen Innenwand mit kreisförmigem Profil komplementär zur Außenwand des Endes der Aufwickelwelle ist,
- um das Ende der Aufwickelwelle so zu fassen, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle auf die Aufwickelwelle übertragen wird,
- wobei die Innenwand, die den Vorsprung umfasst, der dem Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle entspricht, dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen,
- wobei der besagte Vorsprung es erlaubt, die Aufwickelwelle zum Drehen zu bringen,
- und der Vorsprung aus Vollmaterial, fest mit der Innenwand verbunden, und über die ganze Höhe des hohlen Abschnitts vorgesehen ist,
- und der Vorsprung ein zum Kupplungsteil an der Außenwand der Aufwickelwelle komplementäres, schlüssellochförmiges Profil aufweist,
- und der Vorsprung in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt umfasst, dessen Grundseite am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt ist;
2. der Klägerin in einer geordneten Aufstellung hinsichtlich der Angaben zu I.1. darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 15. August 2004 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und –gebiet, im Falle von Internetwerbung der Domain, der Zugriffszahlen auf die Domain und der Schaltungszeiträume jeder Werbung,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfragen mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,
wobei die Angaben nach Ziffer I.2.d) ab dem 21. Mai 2010 beansprucht werden;
3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen vorstehend zu I.1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder – nach ihrer Wahl – an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre (der Beklagten) Kosten herauszugeben;
4. die unter I.1. bezeichneten, seit dem 21. Mai 2010 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Januar 2015, Aktenzeichen 4c O 18/14) festgestellten, patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
1. der Klägerin für die unter I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 15. August 2004 bis 20. Mai 2010 einschließlich begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen, sowie
2. der Klägerin für die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit ab dem 21. Mai 2010 begangenen Handlungen allen Schaden zu ersetzen, der ihr entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung hinsichtlich des Tenors zu Ziffer I.1., 3. und 4. in Höhe von 560.000,- €, hinsichtlich der Tenors zu Ziffer I.2. in Höhe von insgesamt 90.000,- sowie hinsichtlich der Kosten in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
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TATBESTAND
3Die Klägerin ist ein in den X ansässiges Unternehmen, das sich mit der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von Zubehörteilen für Anhänger und Aufbauten für Nutzfahrzeuge befasst. Sie ist eingetragene und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des in französischer Verfahrenssprache abgefassten europäischen Patents EP X (Anlage K 1, im folgenden: „Klagepatent“) betreffend Anschlussstücke für Aufwickelwellen, die insbesondere bei LKW-Anhängern verwendet werden. Eine deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift ist als Anlage K 2 zu den Akten gereicht worden.
4Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer französischen Priorität (FR X) vom 1. Juli 2002 am 13. Juni 2003 angemeldet und die Anmeldung wurde am 7. Januar 2004 offen gelegt. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 21. April 2010 veröffentlicht. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat am 15. Juli 2004 die Patentansprüche in deutscher Sprache unter der Nr. DE X veröffentlicht (Anlage K 4).
5Die Beklagte hat neben einer weiteren Einsprechenden gegen das Klagepatent unter dem 21. Januar 2011 Einspruch eingelegt. Daraufhin hat das Europäische Patentamt mit inzwischen rechtskräftiger Entscheidung vom 26. Juni 2013 das Patent in eingeschränkter Form aufrecht erhalten. Die nunmehr gültige Fassung des Klagepatents liegt als Anlage K 5 und in deutscher Übersetzung als Anlage K 6 vor.
6Der eingeschränkt aufrechterhaltene Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:
7„Anschlussstück für eine Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements, wie eine Fahrzeugplane, wobei das Anschlussstück zum Bestücken von Anhänger- oder LKW-Aufbauten bestimmt ist, um die Übertragungswelle der Aufwickelvorrichtung und die Aufwickelwelle miteinander zu verbinden, wobei die Aufwickelwelle ein Kupplungsteil an der Außenwand enthält, das dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen, und das Anschlussstück ein erstes Ende, das mit dem Ende der Übertragungswelle zusammenwirkt, und ein zweites Ende, das mit dem Ende der Aufwickelwelle zusammenwirkt, umfasst, und das zweite Ende einen Vorsprung umfasst, der mit dem Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle zusammenwirkt, dadurch gekennzeichnet, dass das zweite Ende Verbindungsmittel umfasst, die aus einem hohlen Abschnitt bestehen, dessen Innenwand mit kreisförmigem Profil komplementär zur Außenwand des Endes der Aufwickelwelle ist, um das Ende der Aufwickelwelle so zu fassen, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle auf die Aufwickelwelle übertragen wird, wobei die Innenwand, die den Vorsprung umfasst, der dem Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle entspricht, dazu bestimmt ist, das aufwickelbare Element zu ergreifen, wobei der Vorsprung es erlaubt, die Aufwickelwelle zum Drehen zu bringen, und der Vorsprung aus Vollmaterial, fest mit der Innenwand verbunden, und über die ganze Höhe des hohlen Abschnitts vorgesehen ist, und der Vorsprung ein zum Kupplungsteil an der Außenwand der Aufwickelwelle komplementäres, schlüssellochförmiges Profil aufweist, und der Vorsprung in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt umfasst, dessen Grundseite am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt ist.“
8Hinsichtlich des lediglich „insbesondere“ geltend gemachten Patentanspruchs 2 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
9Die nachstehend verkleinert wiedergegebenen Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und zeigen erfindungsgemäße Ausführungsbeispiele. Figur 1 stellt eine perspektivische Ansicht eines Ausführungsbeispiels eines erfindungsgemäßen Anschlusstücks dar, das mit einer an dieses Anschlussstück angepassten Aufwickelwelle verbunden ist. Figur 2 zeigt eine radiale Schnittansicht in Höhe der Verbindung zwischen der Aufwickelwelle (2) und dem Anschlussstück (1) eines erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiels.
10 11Die Beklagte ist in der Herstellung und dem Vertrieb von Lkw-Zubehörteilen tätig. Sie bietet auf ihrer Internetseite Adapter für Rundprofile R27 mit den Produktnummern X an (im Folgenden „angegriffene Ausführungsform“). Ein Screenshot der entsprechenden Internetseite wurde vorgelegt als Anlage K 13, ein Exemplar einer angegriffenen Ausführungsform ist als Anlage K 12 zur Akte gelangt.
12Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletzte das Klagepatent wortsinngemäß. Das Klagepatent verstehe weder unter dem Begriff der Komplementarität noch des trapezförmigen Abschnittes eines Schlüssellochprofils eine exakte Einhaltung der geometrischen Formen. Dies könne weder dem technischen Sinn und Zweck noch der Entscheidung der Einspruchsabteilung entnommen werden. Im Einspruchsverfahren sei lediglich eine Präzisierung des Profils eines Schlüssellochs auf ein Profil mit einem kreisförmigen und einem trapezförmigen Abschnitt vorgenommen worden, um das schlüssellochförmige Profil von sonstigen Schlüssellöchern abzugrenzen. Eine Beschränkung auf exakt solche Ausgestaltungen, die einen kreisförmigen und trapezförmigen Abschnitt aufweisen, sei damit indes nicht erfolgt. Entsprechendes könne auch der Klagepatentschrift nicht entnommen werden.
13Sie beantragt,
14im wesentlichen zu erkennen, wie geschehen, wobei die Vorlage von Belegen beantragt wurde und der Anspruch auf Rückruf und Entfernung wie folgt gestellt wurde:
15die vorstehend zu I.1. bezeichneten, seit dem 21. Mai 2010 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen und endgültig zu entfernen, sofern es sich bei den Dritten nicht um private oder gewerbliche Abnehmer handelt.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagte ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent nicht. Der Vorsprung der angegriffenen Ausführungsform weise weder ein zum Kupplungsteil komplementäres, schlüssellochförmiges Profil auf, noch umfasse er einen trapezförmigen Abschnitt. Umgekehrt habe auch das Kupplungsteil kein schlüssellochförmiges Profil mit einem trapezförmigen Abschnitt (des Vorsprungs) und sei ebenfalls nicht komplementär zum Vorsprung des Anschlussteils ausgeführt.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
20ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
21Die Klage ist zulässig und ganz überwiegend begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus unmittelbarer Patentverletzung im wesentlichen zu, da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch macht.
22I.
23Das Klagepatent betrifft ein Anschlussstück für eine Vorrichtung zum Aufwickeln von Wickelgut wie Planen oder Ähnlichem, insbesondere von Kraftfahrzeugen. Sie zielt insbesondere darauf ab, im Transportgewerbe Ladeflächen von Lkw oder Anhängern auszurüsten, die für den Gütertransport eingesetzt werden und mit Schutzplanen ausgestattet sind. Bei diesen Lkw-Ladeflächen oder Anhängern werden üblicherweise bewegliche Planen benutzt, die rasch entfernt und angeordnet werden können, insbesondere um das Be- und Entladen von Gütern zu erleichtern.
24Zum Stand der Technik führt die Klagepatentschrift aus, dass verschiedene Einrichtungen bekannt seien, von denen eine mit einer Aufrollvorrichtung arbeite, die eine Übertragungswelle, ein Anschlussstück für die Aufrollvorrichtung sowie eine Aufwickelwelle für das genannte aufwickelbare Element umfasst. Bei dieser Art von Einrichtung gewährleistet das Anschlussstück die Verbindung zwischen der Übertragungswelle der Aufrollvorrichtung und der Aufwickelwelle. Es besteht im Allgemeinen aus einem einzigen Block und beinhaltet an seinen beiden Enden Mittel zur Verbindung mit der Übertragungswelle bzw. der Aufwickelwelle. Bei den vorbekannten Einrichtungen bestehen die Verbindungsmittel zwischen Anschlussstück und Aufwickelwelle aus einem oder mehreren Stiften, die an der Oberfläche des Anschlussstücks befestigt sind und unter Krafteinwirkung in einen hohlen Teil eingreifen, der über die gesamte Länge der genannten Aufwickelwelle angelegt ist.
25Dieses, die Verbindung gewährleistende Anschlussstück weise jedoch, so die Klagepatentschrift, verschiedene Nachteile auf, u.a. die Notwendigkeit, dass ein hohler Teil in der genannten Aufwickelwelle vorhanden ist, wodurch die Steifigkeit dieser Welle verringert wird. In Erwägung der starken Beanspruchungen, die anlässlich der Drehung dieses Anschlussstücks entstehen und auch aufgrund der Tatsache, dass diese Beanspruchungen im Wesentlichen auf die Enden des Stifts sowie auf die Ränder des hohlen Teils mit halbmondförmigem Profil wirken, weisen diese Vorrichtungen Verformungs- und Bruchprobleme auf, die das Auf- und/oder Abwickeln des genannten aufwickelbaren Elements behindern können.
26Aus der Druckschrift FR X, auf welche das Klagepatent Bezug nimmt, sei eine demontierbare Kupplung bekannt, die dazu bestimmt sei, eine Verbindung zwischen zwei koaxialen Wellen mit zykloidenbogenförmigem Profil herzustellen. Dieses Dokument löse allerdings nicht das Problem der Verbindung zwischen der Transmissionswelle einer Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements und der Aufwickelwelle. Die demontierbare Kupplung weise für jede Welle einen hohlen Teil auf, dessen Innenwand einer der Außenwand mit zykloidenbogenförmigen Profil des Endes der Transmissionswelle ergänzenden Gestalt ist.
27Ausgehend von dem geschilderten Stand der Technik formuliert es das Klagepatent als Aufgabe (Absatz [0011]), die vorgenannten Nachteile zu beseitigen und eine homogene Verteilung der Kraft zu ermöglichen, die von dem Anschlussstück auf die genannte Aufwickelwelle ausgeübt wird. Ein weiteres Ziel der Erfindung besteht darin, ein Anschlussstück für die Aufrollvorrichtung eines aufwickelbaren Elements wie einer Plane oder dergleichen anzubieten, das eine rasche Verbindung zwischen diesen beiden Elementen erlaubt. Schließlich ist es ein weiteres formuliertes Ziel der Erfindung, ein Anschlussstück für die Aufrollvorrichtung eines aufwickelbaren Elements wie einer Plane oder dergleichen anzubieten, das eine Reduzierung oder den Wegfall des hohlen Teils erlaubt, der sich innerhalb der genannten Aufwickelwelle befindet.
28Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinem eingeschränkt aufrechterhaltenen Patentanspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
29- 30
1. Anschlussstück für eine Vorrichtung zum Aufwickeln eines aufwickelbaren Elements, wie eine Fahrzeugplane;
- 32
2. das Anschlussstück ist zum Bestücken von Anhänger- oder Lkw-Aufbauten bestimmt,
2.1 um die Übertragungswelle (4) der Aufwickelvorrichtung und die Aufwickelwelle (2) miteinander zu verbinden;
34- 35
3. die Aufwickelwelle (2) enthält ein Kupplungsteil (11) an der Außenwand (9)
3.1 das Kupplungsteil ist dazu bestimmt, das aufwickelbare Element zu ergreifen;
37- 38
4. das Anschlussstück (1) umfasst ein erstes Ende (3) und ein zweites Ende (5);
4.1 das erste Ende wirkt mit dem Ende der Übertragungswelle (4) zusammen;
404.2 das zweite Ende (5) wirkt mit dem Ende der Aufwickelwelle (2) zusammen;
41- 42
5. das zweite Ende (5) umfasst einen Vorsprung (10);
5.1 der Vorsprung wirkt mit dem Kupplungsteil (11) der Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle (2) zusammen;
44- 45
6. das zweite Ende (5) umfasst Verbindungsmittel (6);
6.1 die Verbindungsmittel bestehen aus einem hohlen Abschnitt (7);
476.1.1 die Innenwand des hohlen Abschnitts ist kreisförmig,
486.1.2 die Innenwand des hohlen Abschnitts ist komplementär zur Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle
496.1.2.1 um das Ende der Aufwickelwelle (2) so zu fassen, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle (4) auf die Aufwickelwelle (2) übertragen wird,
506.1.3 die Innenwand umfasst den Vorsprung (10), der dem Kupplungsteil (11) der Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle (2) entspricht
516.1.4 das Kupplungsteil ist dazu bestimmt, das aufwickelbare Element zu ergreifen,
526.2.1 der Vorsprung (10) erlaubt es, die Aufwickelwelle (2) zum Drehen zu bringen,
536.2.2 der Vorsprung ist aus Vollmaterial,
546.2.3 der Vorsprung ist fest mit der Innenwand (8) verbunden,
556.2.4 der Vorsprung ist über die ganze Höhe des hohlen Abschnitts (7) vorgesehen
566.2.5 der Vorsprung weist ein zum Kupplungsteil (11) an der Außenwand (9) der Aufwickelwelle (2) komplementäres, schlüssellochförmiges Profil auf
576.2.6 der Vorsprung umfasst in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt
586.2.6.1 die Grundseite des trapezförmigen Abschnitts ist am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand (8) befestigt.
59II.
60Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß. Die Parteien streiten (zu Recht) ausschließlich über die Frage, ob die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 6.2.5, 6.2.6 und 6.2.6.1 des Klagepatentanspruchs erfüllt, so dass sich Ausführungen der Kammer zu den Merkmalen 1 bis 6.2.4. erübrigen. Aber auch die zwischen den Parteien im Streit stehenden Merkmale werden durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.
61Merkmal 6.2.5 besagt, dass der Vorsprung (10) an der Innenwand des hohlen Abschnitts am zweiten Ende des Anschlussstücks ein zum Kupplungsteil (11) an der Außenwand (9) der Aufwickelwelle (2) komplementäres, schlüssellochförmiges Profil aufweist. Hierunter versteht der Fachmann, dass der innerhalb des hohlen Abschnitts ausgebildete Vorsprung am zweiten Ende des Anschlussstücks ein schlüssellochförmiges Profil haben muss und dieses schlüssellochförmige Profil komplementär zur Form der Außenwand des Kupplungsteils ist, d.h. im Wesentlichen der Form der Außenwand (11) des Kupplungsteils entspricht, so dass ein Formschluss zwischen dem Profil des Vorsprungs des Anschlussstücks und dem Kupplungsteil der Aufwickelwelle ermöglicht wird und dieser ohne „Wackeln“ bzw. „Schwingen“ stabil bleibt. Eine exakte Formentsprechung wird damit nicht vorausgesetzt.
62Dieses Verständnis folgt bereits bei einer rein philologischen Betrachtung des Begriffs „komplementär“. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch hat der Begriff „komplementär“ eine „Ergänzung“ zum Inhalt. Die schlüssellochförmige Form des Vorsprungs soll somit die Form des Kupplungsteils an der Außenwand „ergänzen“. Ein entsprechendes Verständnis kann auch der Beschreibung der Erfindung nach dem Klagepatent entnommen werden. So wird in Abs. [0032] beschrieben, dass die schlüssellochförmige Form des Vorsprungs (10) komplementär ist zu dem Kupplungsteil (11), welches wiederum angepasst ist, um das genannte Kupplungsteil aufzunehmen, das im Allgemeinen eine kreisförmige Form hat. Die einzelnen Vorrichtungsbestandteile sollen sich mithin ergänzen, damit die notwendige Verbindung geschaffen werden kann. Dies setzt indes keine exakte Formentsprechung im Sinne eines Negativs voraus.
63Ein entsprechendes Verständnis folgt auch mit Blick auf das Merkmal 6.1.2. Dieses besagt, dass die Innenwand des hohlen Abschnitts (7) komplementär zur Außenwand (9) des Endes der Aufwickelwelle ist. Hierzu führt die Klagepatentschrift in Abs. [0022] aus, dass die Verbindungselemente des zweiten Endes das Ende der Aufwickelwelle in der Weise ergreifen können, dass die Drehbewegung der Übertragungswelle auf die Aufwickelwelle übertragen wird. Hiernach wird dem Begriff der Komplementarität nicht der Inhalt einer exakten Formentsprechung bzw. -ergänzung zugeschrieben, sondern eine Entsprechung in der Weise, dass die Funktion der Übertragung der Drehbewegung auf die Aufwickelwelle bewerkstelligt wird. Das Verbindungselement des erfindungsgemäßen Anschlussstücks muss daher in das Ende der Aufwickelwelle „passen“, die Form der Verbindungsmittel des Anschlussstücks muss mithin die Form des Endes der Aufwickelwelle ergänzen bzw. aufnehmen können, damit sich die Teile - Anschlussstück und Aufwickelwelle – derart miteinander verbinden lassen können, dass eine Kraftübertragung der Drehbewegung von dem Anschlussstück auf die Aufwickelwelle stattfinden kann. Entsprechendes folgt auch aus Abs. [0026] der Klagepatentschrift, wo beschrieben ist, dass es die Verbindungsmittel (6) ermöglichen sollen, eine Rotationskraft auf den gesamten Teil 11 (= Kupplungsteil der Außenwand des Endes der Aufwickelwelle) ausüben, wobei sie gleichzeitig die Verformung dieses Teils 11 verhindern, der in den hohlen Teil 7 der Innenwand 8 hineinragt.
64Das „komplementäre Profil“ des Anschlussstücks soll mithin entsprechend dem „Schloss/Schlüssel“-Prinzip an das Ende des Kupplungsteils am Ende der Aufwickelwelle angepasst sein, so dass hierdurch eine Kraftübertragung über das Anschlussstück vermittelt auf die Aufwickelwelle stattfinden kann. Dies setzt indes nicht voraus, dass das schlüssellochförmige Profil form- und millimetergenau an dem Kupplungsteil der Aufwickelwelle wiedergegeben sein muss. Vielmehr reicht es aus, wenn die Formen von Vorsprung des Anschlussstücks und Kupplungsteil der Aufwickelwelle angepasst sind und sich im Wesentlichen entsprechen, damit der technische Sinn und Zweck – formschlüssige Verbindung zum Zwecke der Übertragung des Drehmoments – erfüllt wird. Dies ist für den Fachmann einmal deshalb erkennbar, weil die Anschlussstücke, um deren Ausbildung es bei der vorliegenden Erfindung geht, nicht im Rahmen der Feinmechanik hergestellt werden, sondern robuste Teile darstellen, die hohen mechanischen Belastungen und Umwelteinflüssen ausgesetzt sind. Ferner kann auch der Beschreibung in Abs. [0027] entnommen werden, dass das Merkmal 6.2.5 keine millimetergenaue, exakte Passgleichheit erfordert. Denn in Abs. [0027] beschreibt das Klagepatent eine bevorzugte Ausführung der Erfindung dahingehend und mit Bezug auf den „Formschluss“ von Anschlussstück und Aufwickelwelle, dass vorgesehen werden könne, dass die Maße der Innenwand (8) des zweiten Endes (5) des Anschlussstücks identisch oder minimal größer sind als die der Außenwand (9) der Aufwickelwelle (2), so dass jede Schwingung zwischen dem Anschlussstück und der Aufwickelwelle anlässlich des Drehantriebs vermieden wird. Dem kann im Umkehrschluss entnommen werden, dass bevorzugt Innenwand und Außenwand annähernd dieselben Maße aufweisen sollen, dies aber nicht zwingend der Fall sein muss.
65Diesem Verständnis folgend, verwirklicht die angegriffene Ausführungsform Merkmal 6.2.5 wortsinngemäß. Die Beklagte selbst bewirbt die Anschlussstücke als „Adapter unten für Rundprofile R2“, wie der Anlage K 24 zu entnehmen ist. Die Rundprofile wiederum bewirbt und vertreibt sie in Kombination mit der angegriffenen Ausführungsform, wie sich aus Anlage K 25 ergibt. Dort bewirbt die Beklagte die Rundprofile damit, dass die angegriffene Ausführungsform – entweder mit Schlitz oder Innenvierkant – auf das Rundprofil aufgepresst sind. Ein Aufpressen wäre indes nicht möglich, wenn eine Komplementarität im Sinne des vorgenannten Verständnisses nicht vorhanden wäre. Dass ein Formschluss bei der angegriffenen Ausführungsform nicht möglich ist, ist nicht zu erkennen. Denn den vorgelegten Abbildungen lässt sich entnehmen, dass Vorsprung und Kupplungsteil aufeinander „passen“ und somit im Sinne des Klagepatents „komplementär“ sind. Gemäß der von der Beklagten selbst vorgelegten Abbildungen 5, 6 und 7 auf Bl. 47 d.A. ist das Kupplungsteil der Aufwickelwelle zu dem schlüssellochförmigen Profil des Vorsprungs des Anschlussstücks komplementär im Sinne des Klagepatents. Dass beide Teile nicht die identische Formgebung und die identischen Abmessungen aufweisen, ist dabei ohne Belang. Denn es genügt, dass beide Teile im Wesentlichen dieselbe Form und passende Abmessungen aufweisen, so dass nach dem Schlüssel-/Schloss-Prinzip ein Formschluss und eine Drehmoment-Übertragung gewährleistet sind.
66Auch die Merkmale 6.2.6 und 6.2.6.1 werden durch die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß verwirklicht. Merkmal 6.2.6 sieht vor, dass der Vorsprung (10) in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt umfasst, wobei die Grundseite des trapezförmigen Abschnitts am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt ist (Merkmal 6.2.6.1).
67Der Fachmann versteht das Merkmal dahingehend, dass der Vorsprung in der Profilansicht die Form eines Schlüssellochs aufweisen muss, wobei das längliche Ende des Schlüssellochs mit der Innenwand (8) verbunden sein soll und das Schlüsselloch aus einem – im Wesentlichen – kreisförmigen Teil und einem trapezförmigen Teil gebildet wird. Dabei handelt es sich bei der Beschreibung „kreisförmiger Teil“ und „trapezförmiger“ Teil jedoch nicht um genaue geometrische Angaben, sondern um die Beschreibung der klassischen Form eines Schlüssellochs.
68Das Merkmal 6.2.6 und Merkmal 6.2.6.1 stellen eine Präzisierung des von Merkmal 6.2.5 aufgestellten Erfordernisses dar, dass der Vorsprung ein schlüssellochförmiges Profil aufweisen muss. Merkmal 6.2.6 sieht vor, dass der Vorsprung in Profilansicht einen kreisförmigen Abschnitt und einen trapezförmigen Abschnitt vorsieht, Merkmal 6.2.6.1 beschreibt dann weiter, dass die Grundseite des trapezförmigen Abschnitts am kreisförmigen Abschnitt der Innenwand befestigt ist. Die schlüssellochförmige Ausgestaltung wird durch das Merkmal 6.2.6 daher dahingehend präzisiert, dass es sich um ein klassisches Schlüsselloch mit einen kreisförmigen und einem trapezförmigen Abschnitt handeln soll. Entsprechend heißt es in Abs. [0031] der Beschreibung der Klagepatentschrift, der sich auf Abs. [0030] bezieht, in dem die Schlüsselloch-Form des Vorsprungs genannt wird: „Anders gesagt umfasst der genannte Vorsprung 10 in der Profilansicht einen kreisförmigen Teil und einen trapezförmigen Teil, dessen Grundseite mit dem kreisförmigen Teil der besagten Innenwand 8 verbunden ist.“ In der maßgeblichen französischen Fassung lautet die Passage: „Autrement dit, ladite protubérance…..“. Hierdurch wird deutlich gemacht, dass die Beschreibung des Vorsprungs in Profilansicht, umfassend einen kreisförmigen Teil und einen trapezförmigen Teil, eine nähere Präzisierung / Verdeutlichung der zuvor in Abs. [0030] beschriebenen Schlüssellochform ist.
69Die Klagepatentschrift selbst macht keine weiteren Angaben dazu, wie der kreisförmige und der trapezförmige Teil ausgebildet sein sollen. Auch der Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes (Anlage rop 2) sind keine Ausführungen zu den Anforderungen an die Form des kreisförmigen und des trapezförmigen Teils zu entnehmen, insbesondere zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob das Klagepatent eine exakte Einhaltung der geometrischen Form voraussetzt. Die von der Klägerin auf Hinweis der Einspruchsabteilung vorgenommene Präzisierung des schlüssellochförmigen Profils bestehend aus einem kreisförmigen und einem trapezförmigen Teil erfolgte vor dem Hintergrund der nach Ansicht der Einspruchsabteilung neuheitsschädlichen Vorwegnahme der Lehre nach dem Klagepatent durch die Entgegenhaltung D 1 (X, Anlage rop 3). Die Einspruchsabteilung schien insoweit anzunehmen, ohne dies näher zur formulieren, dass die Figur 2 der D 1 mit der Passfeder 30 ein „schlüssellochförmiges Profil“ offenbart.
70Die von der Klägerin insoweit vorgenommene Präzisierung des schlüssellochförmigen Profils auf ein Profil mit einem trapezförmigen und einem kreisförmigen Abschnitt bedingt indes nicht, dass die Erfindung nach dem Klagepatent auf die Einhaltung der exakt geometrischen Form beschränkt ist. Denn die geometrischen Formen – Kreis und Trapez – werden vom Klagepatent nicht näher beschrieben. Aus den Figuren des Klagepatents, insbesondere aus Figur 2, die eine bevorzugte Ausführungsform zeigt, wird deutlich, dass das dort gezeigte Schlüsselloch auch keine streng trapezförmige Ausgestaltung, mithin ein Viereck mit zwei zueinander parallel liegenden Seiten, aufweist. Denn es werden keine parallelen Seiten gezeigt. Vielmehr weist die obere Seite des Trapezes eine Ausnehmung auf, welche der Kreisform des Anschlussstücks geschuldet ist und die untere Seite des Trapezes ist nach außen gewölbt. Dem kann der Fachmann entnehmen, dass die genannten Formen – Kreis und Trapez – das Schlüsselloch lediglich dahingehend näher beschreiben sollen, dass dieses im Wesentlichen aus diesen Formen besteht und damit ein „klassisches Schlüsselloch“ beschreiben und abgrenzen von sonstigen „modernen“ Schlüssellöchern.
71Auch dem technischen Sinn und Zweck kann kein Erfordernis entnommen werden die Schlüssellochform aus einem Kreis und einem Trapez im streng geometrischen Sinne zu bilden. Der Fachmann erkennt, dass es keinen technischen Vorteil bringt, wenn das Trapez exakt schräge Schenkel aufweist und er erkennt, dass es aus technischer Sicht auch gar nicht möglich ist, in der Rundung des Anschlussstücks ein Trapez „unterzubringen“.
72Ausgehend von einem solchen Verständnis des Merkmals verwirklicht die angegriffene Ausführungsform auch die Merkmale 6.2.6 und 6.2.6.1 des Klagepatents. Denn die angegriffene Ausführungsform weist einen Vorsprung mit einem schlüssellochförmigen Profil auf, das im Wesentlichen aus einer kreisförmigen und einer trapezförmigen Form besteht. Dass das schlüssellochförmige Profil des Vorsprungs Rundungen aufweist, steht der Verwirklichung des Merkmals aus den dargestellten Gründen nicht entgegen.
73III.
74Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich nachfolgende Rechtsfolgen:
75Da die Beklagte das Klagepatent widerrechtlich benutzt hat, ist sie gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung der Benutzungshandlungen verpflichtet.
76Die Beklagte trifft ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Die Beklagte als Fachunternehmen hätte bei Anwendung der von ihr im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Für die Zeit ab Erteilung des Klagepatents schuldet die Beklagten daher Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, Artikel 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG. Ferner schuldet die Beklagte der Klägerin gemäß Art. II § 1 IntPatÜbkG für die von ihr in der Zeit zwischen Offenlegung der Anmeldung des Klagepatents und seiner Erteilung verübten Benutzungshandlungen eine angemessene Entschädigung.
77Da die genaue Schadensersatzhöhe sowie die Höhe der angemessenen Entschädigung derzeit noch nicht feststehen, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagte hat, hat sie ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatz- und Entschädigungspflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird.
78Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadensersatz und die ihr zustehende angemessene Entschädigung zu beziffern, sind die Beklagten verpflichtet, im zuerkannten Umfange über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen. Soweit die Klägerin auch im Rahmen der gemäß § 259 BGB bestehenden Auskunftspflicht die Vorlage von Belegen begehrt hat, war dem nicht nachzukommen, da die Klägerin für deren Üblichkeit weder konkrete Tatsachen vorgetragen hat noch entsprechendes ersichtlich ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 7. August 2014, I-2 U 8/14).
79Schließlich ist die Beklagte nach § 140a Abs. 1 und 3 PatG in der zuerkannten Weise zur Vernichtung und zum Rückruf der das Klagepatent verletzenden Gegenstände verpflichtet. Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf sowie des Landgerichtes Düsseldorf stellt das Entfernen aus den Vertriebswegen einen Bestandteil des Rückrufes dar, da der Verletzer mit dem Rückruf die Bereitschaft zu Ausdruck bringt, die zurückgegebenen Gegenstände wieder an sich zu nehmen /vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 12, 88 – Cinch-Stecker). Soweit die Klägerin mit der Entfernung weitergehende Handlungen der Beklagten begehrt, wurden entsprechende Entfernungsmaßnahmen trotz Erforderlichkeit im Hinblick auf die Bestimmtheit des Antrages (vgl. Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 7. Aufl. Rn 1446 f.) nicht konkret benannt, so dass die Klage insoweit abzuweisen war.
80IV.
81Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
82Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.
83Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO war der Beklagten nicht einzuräumen, da die entsprechenden Voraussetzungen weder dargetan noch glaubhaft gemacht worden sind.
84Der Streitwert wird auf 750.000,00 EUR festgesetzt.
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(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Artikel IV ist nur auf die nach seinem Inkrafttreten beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Patentanmeldungen und die darauf erteilten Patente anzuwenden.
(2) Eine innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten von Artikel IV Nr. 3 eingereichte Patentanmeldung kann nicht deshalb zurückgewiesen und ein darauf erteiltes Patent nicht deshalb für nichtig erklärt werden, weil die Erfindung innerhalb von sechs Monaten vor der Anmeldung beschrieben oder benutzt worden ist, wenn die Beschreibung oder Benutzung auf der Erfindung des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers beruht. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Beschreibung oder Benutzung der Erfindung durch den Anmelder oder seinen Rechtsnachfolger selbst erfolgt ist und erst nach dem Inkrafttreten von Artikel IV Nr. 3 vorgenommen worden ist.
(3) Die vor dem Inkrafttreten von Artikel IV Nr. 7 und Artikel VI entstandenen Wirkungen des zeitweiligen Schutzes bleiben von dem Inkrafttreten der genannten Bestimmungen unberührt.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(2) Absatz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.
(3) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes nicht vereinbart haben, ist die Sicherheitsleistung durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren zu bewirken, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind.
(2) Die Vorschriften des § 234 Abs. 2 und des § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.
(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.
(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.