Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Dez. 2012 - 3 Sa 500/12

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2012:1218.3SA500.12.0A
published on 18/12/2012 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Dez. 2012 - 3 Sa 500/12
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Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 02.09.2009 - 6 Ca 650/09 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 26. März 2009 sowie um Ansprüche auf Vergütung und Rechnungslegung.

2

Der Kläger war seit dem 1. Juli 2005 als Chefarzt der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie des St. N.-Stiftshospitals in A-Stadt aufgrund Arbeitsvertrags vom 18. April 2005 (Bl. 38 bis 60 d.A.) beschäftigt. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält u.a. folgende Regelungen:

3

"(…)

4

§ 19
Tätigkeit außerhalb der Dienstaufgaben

5

Jede Tätigkeit außerhalb der Dienstaufgaben bedarf der schriftlichen Zustimmung des Krankenhausträgers (Nebentätigkeitserlaubnis).

6

§ 20
Vertragsdauer, Kündigung

7

(1) Der Vertrag tritt am 01.07.2005 in Kraft; er wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

8

Die ersten 6 Monate der Beschäftigung sind Probezeit.

9

(2) Während der Probezeit kann der Vertrag mit einer Frist von einem Monat zum Ende eines Kalendermonats ohne Angabe von Gründen gekündigt werden.

10

(3) Nach Ablauf der Probezeit kann der Vertrag fristlos gem. § 626 BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden.

11

(4) Der Vertrag endet ohne Kündigung mit Erreichung der in § 19 AVR-Caritas in der jeweils gültigen Fassung festgelegten Altersgrenze oder mit Ablauf des Monats, in welchem dem Arzt der Bescheid über eine vom Rentenversicherungsträger oder von einer anderen Versorgungseinrichtung festgestellte Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zugestellt wird und rechtskräftig ist.

12

(…)"

13

Die Beklagte hatte gegenüber dem Kläger bereits mit Schreiben vom 26. September 2008, 14. Oktober 2008 und 22. Oktober 2008 jeweils eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung ausgesprochen. Das Arbeitsgericht Koblenz hat in dem unter dem Aktenzeichen 6 Ca 1752/08 geführten Vorprozess der Parteien mit Urteil vom 11. März 2009 der gegen diese Kündigungen gerichteten Kündigungsschutzklage des Klägers stattgegeben. Diese Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig (vgl. LAG Rheinland Pfalz 22. Februar 2011 - 3 Sa 474/09 - und BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 -).

14

Am 17. März 2009 erhielt der Prozessbevollmächtigte des Klägers folgendes Schreiben des damaligen Geschäftsführers der Beklagten, Herrn K. (Bl. 33, 34 d.A.):

15

"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Dr. D.,

16

in Sachen Dr. C. konnte ich heute mit unserem bisherigen Prozessvertreter, Herr RA G. Rücksprache nehmen. Herr RA G. und ich erinnerten uns beide, dass Herr Dr. C. auf Befragen der Vorsitzenden Richterin Dr. M. im Kammertermin letzte Woche sinngemäß geäußert habe, er sei in gewissem Umfang selbständig tätig und/oder operiere gelegentlich bzw. vertretungsweise.

17

Hierzu stelle ich, auf Basis des Dienstvertrages, an dem Ihr Mandant ja unbedingt festhalten will, fest, dass eine solche Tätigkeit außerhalb unseres Krankenhauses auf Basis des Vertrages definitiv nicht zulässig ist. Da mir, außer dieser überlieferten Äußerung zu einem möglichen, massiven weiteren Pflichtenverstoß noch keine verdichteten Informationen vorliegen, gehen wir nun wie folgt vor:

18

Ich setze Ihrem Mandanten hiermit eine Frist von 48 Stunden, zu den folgenden Verdachtsmomenten mir gegenüber schriftlich (Faxübermittlung reicht aus) Stellung zu nehmen. Die Frist beginnt mit der Übermittlung dieses Faxes. Sollte Ihr Mandant, aus welchen Gründen auch immer, an der Beantwortung aus dringenden Gründen verhindert sein, müssen Sie oder Herr Dr. C. dies innerhalb der Frist in der vorgenannten Form mitteilen und begründen. Ich werde in diesem Fall die Frist nochmals verlängern, wenn dies erforderlich ist.

19

Erfolgt keine Stellungnahme oder wird diese verweigert, werden wir weitere Maßnahmen auf Basis der uns dann vorliegenden Informationen durchführen.

20

Nun zu meinen Fragen:

21

1. Welchen ärztlichen Tätigkeiten ist Herr Dr. C. seit Zugang der ersten fristlosen Kündigung am 26.9.2008 nachgegangen ?

22

2. Ist Herr Dr. C. für andere Krankenhäuser seit dem 26.9.2008 ärztlich tätig geworden, insbesondere als Chirurg? Falls ja:

23

- in welchen Krankenhäusern
- in welchem Umfang und
- mit welchen Tätigkeiten ?

24

3. Erfolgte eine ärztliche Tätigkeit in selbständiger, nicht-selbständiger (also angestellter) oder in sonstiger Form ? Falls ja, wurde ein Vertragsverhältnis zu einem anderen Krankenhaus als unserem begründet ?

25

4. Wo und wie ist Herr Dr. C. derzeit, Stand: 17. März 2009 beschäftigt ?

26

Die Antwort ist unmittelbar an mich zu richten, nicht an unsere bisherigen oder die künftig für uns in dieser Sache tätigen Rechtsanwälte."

27

Auf dieses Schreiben antwortete der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 19. März 2009 (Bl. 35 d.A.) wie folgt:

28

"Sehr geehrter Herr K.,

29

Sie unterstellen in Ihrem Schreiben vom 17.03.2009 meinem Mandanten eine Äußerung, die unzutreffend ist. Ich habe daher sofort eine Anfrage an die 2. Kammer des Arbeitsgerichts gerichtet, damit mir dies auch von dort bestätigt wird.

30

Mein Mandant hat auf die Frage der Richterin geantwortet, dass er zurzeit eine Vertretungstätigkeit in einem Krankenhaus mache.

31

Trotz ihrer unzutreffenden Unterstellung erkläre ich hiermit folgendes:

32

Mein Mandant ist zurzeit im Regierungsbezirk Gießen, Hessen, an einem Krankenhaus tätig, um seine chirurgischen Fähigkeiten zu erhalten und nicht zuletzt auch im Hinblick auf § 615 Satz 2 BGB. Seit der ersten Kündigung war er an keinem anderen Krankenhaus tätig, schon gar nicht im Einzugsbereich von A-Stadt, wie Sie wohl unterstellen.

33

Sollten Sie Ihre Unterstellungen weiterhin aufrechterhalten, behalte ich mir eine Unterlassungs- und Widerrufsklage vor."

34

Auf die schriftliche Anfrage des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18. März 2009 (Bl. 36 d.A.) gab die Vorsitzende der 6. Kammer des Arbeitsgerichts Koblenz folgende Stellungnahme vom 18. März 2009 (Bl. 37 d.A.) ab:

35

"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Dr. D.,

36

nach meiner Erinnerung fragte ich Ihren Mandanten vor dem Hintergrund einer von der Kammer angestrebten vergleichsweisen Erledigung des Verfahrens wie auch der gesetzlichen Regelung des § 615 S. 1 und 2 BGB, ob er zur Zeit beruflich etwas mache. Herr Dr. C. antwortete sinngemäß, dass er vertretungsweise tätig sei. Allerdings meine ich mich erinnern zu können, dass Herr Dr. C. beiläufig das Thema "Erhaltung der operativen Fähigkeiten" erwähnte, nicht ich.

37

Eine Abschrift dieses Schreibens - wie auch Ihrer Anfrage vom 18.03.2009 nebst Anlagen - gestatte ich mir, den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu übersenden."

38

Mit Schreiben vom 26. März 2009 (Bl. 32 d.A.) kündigte die Beklagte dem Kläger erneut fristlos, hilfsweise zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin.

39

In der Zeit vom 1. Februar bis 31. August 2009 war der Kläger als Chefarzt der chirurgischen Abteilung im Diakonie-Krankenhaus in M.-W. beschäftigt. Das St. N.-Stiftshospital in A-Stadt und das Diakonie-Krankenhaus in M. sind Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung. Die Entfernung zwischen den beiden Krankenhäusern beträgt 104 km Luftlinie und 151 km auf den Verkehrsstraßen. Die Fahrzeit von M. nach A-Stadt beträgt mit dem Auto mindestens drei Stunden (wegen der von L. bis M. verlaufenden Land- oder Kreisstraßen mit vielen Baustellen) und mit der Bahn mindestens dreieinhalb Stunden (mindestens dreimaliges Umsteigen). Bei der Beklagten werden jährlich ca. 9.000 Patienten behandelt.

40

Der Kläger hat vorgetragen, die Kündigung sei rechtsunwirksam, weil es sowohl an ausreichenden Kündigungsgründen als auch an der erforderlichen vorangegangenen Abmahnung fehle. Entgegen der Ansicht der Beklagten habe er mit seiner Tätigkeit am Diakonie-Krankenhaus in M. nicht gegen das Wettbewerbsverbot während des bestehenden Arbeitsverhältnisses verstoßen. Die Ansicht, dass jegliche anderweitige ärztliche Tätigkeit einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot darstelle, stehe in Widerspruch zu § 615 Satz 2 BGB. Zwischen dem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus in A-Stadt und dem Diakonie-Krankenhaus in M. bestehe keine Wettbewerbssituation. Er erinnere sich jedenfalls nicht daran, dass er in seiner Zeit in A-Stadt jemals einen Patienten aus dem Einzugsbereich von M. bzw. von F./F. behandelt habe. Wenn es überhaupt jemals aus der Region M. Patienten im A. Krankenhaus gegeben habe, dann könne es sich hierbei ausschließlich um Patienten der inneren Abteilung handeln, die sich aufgrund der persönlichen Kontakte von Herrn Prof. St. (Chefarzt der inneren Abteilung am Krankenhaus in A-Stadt) nach M., wo dieser viele Jahre als Krankenhausarzt an der Universitätsklinik tätig gewesen sei, in dessen Behandlung begeben hätten. Aber auch umgekehrt habe es keine Konkurrenzsituation gegeben. Jedenfalls sei seit Beginn des Jahres 2009 im Diakonie-Krankenhaus in M. kein einziger Patient aus A-Stadt behandelt worden. Weiterhin sei auch der Vorwurf einer Falschaussage im Kammertermin vom 11. März 2009 vor dem Arbeitsgericht absurd. Da er in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich betont habe, dass es sein Ziel sei, an das Krankenhaus in A-Stadt zurückzukehren, entspreche es der Wahrheit, wenn er geäußert habe, dass er zur Zeit in einem Krankenhaus "vertretungsweise" tätig sei. Er habe auch in M. wiederholt auf die Kündigungsschutzverfahren sowie auf sein Ziel hingewiesen, wieder an das A. Krankenhaus zurückkehren zu können. Er habe wahrheitsgemäß erklärt, dass er über Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit verfüge. Hingegen sei er nicht gefragt worden, um welche vertraglichen Beziehungen es sich handele. Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung sei bereits gemäß § 20 des Dienstvertrages für den Arbeitgeber ausgeschlossen. Aufgrund der Unwirksamkeit der ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigungen sei die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für die Zeit vom 26. September 2008 bis 31. Januar 2009 zur Zahlung der geltend gemachten Vergütungsansprüche verpflichtet. Weiterhin habe die Beklagte die begehrte Rechnungslegung hinsichtlich der KV-Abrechnung für die Quartale II/08 und III/08 vorzunehmen.

41

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

42

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis sowohl durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 26.03.2009 als auch durch die zugleich hilfsweise zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst worden ist,

43

die Beklagte zu verurteilen, ihn als Chefarzt der Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie des St. N.-Stiftshospital in A-Stadt zu unveränderten Bedingungen gem. Dienstvertrag vom 18.04.2005 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterzubeschäftigen,

44

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 38.194,44 EUR brutto als Dienstvergütung gem. § 8 Abs. 1 DV abzüglich 8.816,40 EUR netto zu zahlen,

45

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.002,81 EUR netto als Dienstvergütung aus liquidationsberechtigter Tätigkeit gem. § 8 Abs. 2 DV zu zahlen,

46

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.481,98 EUR brutto aus liquidationsberechtigter Tätigkeit im Bereich der Privatambulanz zu zahlen,

47

die Beklagte zu verurteilen, über die Abrechnungen der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz für die Quartale II/08 und III/08 Rechnung zu legen.

48

Die Beklagte hat beantragt,

49

die Klage abzuweisen.

50

Sie hat erwidert, die Kündigung sei wegen der unerlaubten Wettbewerbstätigkeit sowie aufgrund der Falschaussage des Klägers im Kammertermin vom 11. März 2009 vor dem Arbeitsgericht im ersten Kündigungsschutzprozess gerechtfertigt. Der Kläger habe mit seiner Anfang Februar 2009 aufgenommenen Tätigkeit als Chefarzt der chirurgischen Abteilung im Diakonie-Krankenhaus in M.-W. gegen das für die Dauer des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses bestehende Wettbewerbs verstoßen. Entgegen der Ansicht des Klägers sei eine Wettbewerbssituation zwischen ihrem Krankenhaus in A-Stadt und dem Diakonie-Krankenhaus in M. gegeben. Die räumliche Distanz zwischen den beiden Krankenhäusern beziehe insbesondere Patienten ein, die räumlich zwischen den beiden Krankenhäusern leben würden, hier insbesondere in der Region Hoher Westerwald. Zum Beispiel könne man von den Ortschaften im Postleitzahlenbezirk 57500 bis 57589 beide Krankenhäuser in fast gleicher Zeit per Auto erreichen. Die bestehende Wettbewerbssituation lasse sich dadurch beweisen, dass Kunden bzw. Patienten zwischen den beiden Wettbewerbern aussuchen könnten und dies auch tun würden, wie dies in Bezug auf Patienten aus dem Einzugsbereich des Diakonie-Krankenhauses in M.-W. der Fall sei. Aus den genannten Postleitzahlenbezirken 57500-57589, unter anderem aus F., seien 11 Patienten im Jahr 2007, 22 Patienten im Jahr 2008 und 6 Patienten in der Zeit von Januar bis Mai 2009 gekommen. Aber auch aus dem unmittelbaren Umfeld des Diakonie-Krankenhauses in M.-W. würden Patienten zu ihr kommen, so dass an dem Bestehen einer Wettbewerbssituation keine Zweifel bestehen könnten. Aus dem Bereich M., Postleitzahlengebiet 35041-35288, seien zu ihr im Jahr 2007 10 Patienten, im Jahr 2008 22 Patienten und in der Zeit von Januar bis Mai 2009 12 Patienten gekommen. Die unerlaubte Wettbewerbstätigkeit des Klägers habe ihr die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gemacht. Zum einen sei der Kläger in einem Krankenhaus in ihrem Einzugsgebiet tätig geworden und habe damit eine unmittelbare Konkurrenztätigkeit eröffnet. Es sei zu befürchten, dass Patienten nun dem A. Klinikum den Rücken kehren würden, um in M.-W. vom Kläger behandelt zu werden oder sich als Erstpatienten für das Diakonie-Krankenhaus anstatt für ihr Krankenhaus zu entscheiden. Zum anderen habe sich der Kläger im Rahmen der "Ermittlungen" zu seiner Wettbewerbstätigkeit durch die Verweigerung der Beantwortung berechtigter Fragen sowie durch die Androhung von Gegenmaßnahmen derart unkooperativ gezeigt, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr möglich sei. Als besonderen Vertrauensbruch werte sie die objektive Falschaussage im Termin am 11. März 2009, in dem der Kläger auf Befragen der Vorsitzenden wahrheitswidrig geäußert habe, er sei nur vertretungsweise an einem anderen Krankenhaus tätig, während er in Wahrheit offiziell als amtierender Chefarzt dort tätig sei. Beides sei bereits vom Wortlaut her nicht miteinander vergleichbar. Durch seine Aussage habe der Kläger nicht nur das Gericht getäuscht, sondern vor allem sie selbst. Mit der Täuschung habe der Kläger versucht, von der verbotswidrigen Wettbewerbstätigkeit abzulenken, um damit seine Position zu verbessern. Damit sei das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien endgültig zerstört. Die beharrliche Fortsetzung der Wettbewerbstätigkeit und damit einhergehende Leugnung einer Wettbewerbssituation zeige, dass der Ausspruch einer Abmahnung anstelle der Kündigung keine Verhaltensänderung des Klägers gebracht hätte. Der Ausspruch einer Abmahnung wäre auch unzumutbar gewesen, weil sie den Kläger dann zunächst hätte weiterbeschäftigen müssen. Ein Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts ergebe sich aus dem Dienstvertrag nicht. Vielmehr werde lediglich klargestellt, dass auch nach Ablauf der Probezeit beim Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung keine Kündigungsfrist einzuhalten sei.

51

Mit Urteil vom 2. September 2009 - 6 Ca 650/09 - hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 26. März 2009 nicht aufgelöst worden sei und dem Kläger die geltend gemachten Zahlungsansprüche sowie der Rechnungslegungsanspruch zustünden. Die fristlose Kündigung vom 26. März 2009 sei nicht wegen des behaupteten Wettbewerbsverstoßes gerechtfertigt. Auch bei einer unterstellten Konkurrenztätigkeit hätte die Beklagte zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vor Ausspruch der Kündigung dem Kläger zunächst eine Abmahnung erteilen müssen. Für den Kläger sei nur schwer erkennbar gewesen, dass seine Tätigkeit in dem 150 km entfernten Diakonie-Krankenhaus eine Konkurrenztätigkeit darstellen solle, die er auch nach Ausspruch von drei Kündigungen nicht habe ausüben dürfen. Vorliegend sei als Besonderheit zu berücksichtigen, dass sich der Kläger in einem Kündigungsschutzprozess befunden habe. Erst nach Ausspruch einer Abmahnung wäre für den Kläger deutlich erkennbar gewesen, dass die Beklagte seine Tätigkeit beim Diakonie-Krankenhaus als kündigungsrelevanten Sachverhalt einstufe. Dem Kläger wäre so die Möglichkeit geblieben, sein Verhalten zu ändern, indem er seine Tätigkeit beim Diakonie-Krankenhaus aufgegeben hätte. Dem widerspreche auch nicht der Umstand, dass der Kläger nach Erhalt der streitgegenständlichen Kündigung wegen behaupteten Wettbewerbsverstoßes sein Arbeitsverhältnis mit dem Diakonie-Krankenhaus zunächst fortgesetzt habe. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt sei der Zugang der streitgegenständlichen Kündigung, bis zu dem die Beklagte dem Kläger keine Abmahnung erteilt habe. Unabhängig davon führe die vorzunehmende Interessenabwägung zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung. Hinsichtlich des Grades der Vorwerfbarkeit sei zu berücksichtigen, dass schon die Frage eines objektiven Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot kontrovers diskutiert werden könne. Der Kläger habe sich nicht selbständig gemacht, sondern seine Tätigkeit in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt, bei dem es ihm ersichtlich um eine Übergangslösung gegangen sei, um den Zeitraum der Ungewissheit bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung zu überbrücken. In zeitlicher Hinsicht habe der Kläger seine Tätigkeit im Diakonie-Krankenhaus erst vier Monate nach der ersten fristlosen Kündigung aufgenommen. Darüber hinaus habe die Beklagte auch zu konkreten Auswirkungen der Konkurrenztätigkeit des Klägers auf ihre eigene Tätigkeit nichts vorgetragen. Die von der Beklagten angeführten Patientenzahlen aus dem Einzugsgebiet des Diakonie-Krankenhauses in M., die bei ihr pro Jahr behandelt worden seien, würden sich im unteren Promillebereich bewegen. Die Beklagte habe auch selbst nicht behauptet, dass aufgrund der Tätigkeit des Klägers ab Februar 2009 im Diakonie-Krankenhaus in M. Patienten aus ihrem Einzugsbereich nach M. gewechselt seien. Der Kläger habe im vorliegenden Verfahren stets zum Ausdruck gebracht, dass er weiter bei der Beklagten arbeiten wolle, so dass sich die Arbeitsaufnahme bei dem Diakonie-Krankenhaus in M. offensichtlich als eine Übergangslösung darstelle, die von der Beklagten auch nur so habe verstanden werden können. Letztlich könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger nachhaltig gehalten sei, seine Tätigkeit zum Erhalt seiner chirurgischen Fähigkeiten tatsächlich auszuüben. Auch unter Berücksichtigung der besonderen Konfliktsituation, in der sich der Kläger nach Ausspruch der ersten fristlosen Kündigungen im Hinblick auf die erforderliche Sicherung seines Lebensstandards befunden habe, überwiege das Interesse des Klägers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse der Beklagten an einer sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Soweit die Beklagte die fristlose Kündigung auf eine Falschaussage des Klägers im Kammertermin vom 11. März 2009 gestützt habe, fehle es bereits an einem wichtigen Grund. Eine bewusst wahrheitswidrige Erklärung des Klägers sei nicht zu erkennen. Bei der Auslegung seiner Erklärung sei insbesondere der Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen. Danach könne seine Äußerung, dass er "vertretungsweise" in einem anderen Krankenhaus tätig sei, vom objektiven Empfängerhorizont nur so verstanden werden, dass er damit zum Ausdruck habe bringen wollen, nur vorübergehend woanders tätig zu sein. Der Begriff "vertretungsweise" bringe umgangssprachlich auch zum Ausdruck, lediglich vorübergehend im Sinne einer Übergangslösung tätig zu sein. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und der Gesprächssituation im Kammertermin vom 11. März 2009 lägen keine Anhaltspunkte für einen bewusst wahrheitswidrigen Vortrag des Klägers vor. Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung sei aus den Gründen, die zur Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung führen würden, ebenfalls unwirksam. Nach der auch bei der ordentlichen Kündigung vorzunehmenden Interessenabwägung würde das Fortführungsinteresse des Klägers gegenüber dem Auflösungsinteresse der Beklagten überwiegen. Weiterhin habe der Kläger während der Dauer des Rechtsstreits einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Da der Kläger ein die Unwirksamkeit der Kündigungen vom 26. März 2009 feststellendes Urteil erstritten habe, könne die Ungewissheit des Prozessausgangs für sich allein ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten an der Nichtbeschäftigung des Klägers nicht begründen. Vielmehr müssten zusätzliche Umstände hinzukommen, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers ergebe, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen. Solche Umstände habe die Beklagte nicht vorgetragen. Zudem stünden dem Kläger die mit den Anträgen zu 3) bis 6) geltend gemachten Ansprüche zu, die dem Grunde und der Höhe nach unstreitig seien.

52

Gegen das ihr am 5. November 2009 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 18. November 2009, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 19. November 2009 eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2009, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, sowie ergänzend mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2009, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

53

Die Beklagte trägt vor, das Arbeitsgericht habe unzutreffend im Hinblick auf das vorgetragene Zahlenmaterial eine mögliche Gefährdung des Arbeitgebers aufgrund des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot in Zweifel gezogen. Denn sie habe die konkreten Daten zu Patienten, die sich räumlich sowohl in Richtung des Diakonie-Krankenhauses in M.-W. als auch in Richtung ihres Krankenhauses in A-Stadt orientieren könnten, nur beispielhaft anhand einzelner Ortschaften vorgelegt und nachgewiesen. Damit sei aber die absolute Anzahl der Patienten, die sowohl in die eine wie auch die andere Richtung gehen könnten, völlig offen. Deshalb verbiete sich auch jeglicher Rückschluss auf eine Relation zur absoluten Anzahl der Patienten von ca. 9.000 jährlich. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Kündigung nicht mangels vorheriger Abmahnung unwirksam. Zwar könne in der Tat ohne nähere Berücksichtigung der Umstände nicht festgestellt werden, dass dem Kläger die Relevanz der Marktsituation klar gewesen sei. Dies spiele aber für den objektiven Pflichtverstoß keine Rolle. Entscheidend sei vielmehr, dass die Marktposition des Arbeitgebers objektiv nicht verletzt und noch nicht einmal gefährdet werden dürfe. Ob der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung bewusst oder gar mit Schädigungsabsicht begangen habe, sei nicht entscheidend. Dies könne allenfalls im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Relevanz erlangen. Dem sei jedoch entgegenzuhalten, dass der Kläger arbeitsrechtlich beraten und vertreten sei. Sein Prozessbevollmächtigter habe ihn darauf hinweisen müssen, dass die Aufnahme der Arbeit im Diakonie-Krankenhaus einen Pflichtverstoß begründen und die Gefahr einer Kündigung wegen eines Wettbewerbsverstoßes beinhalten könnte. Jedenfalls sei dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten aufgrund ihres Anhörungsschreibens vom 17. März 2009 klar gewesen, dass die Tätigkeit des Klägers für ein anderes Krankenhaus arbeitsrechtlich ein nicht unerhebliches Problem begründen würde. Materiell handele es sich dabei um eine vorsorgliche Abmahnung. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts habe der Kläger hieraus allerdings keineswegs die Konsequenz gezogen, das ab dem 1. Februar begründete Arbeitsverhältnis mit dem Diakonie-Krankenhaus alsbald zu beenden. Denn der Kläger habe verschwiegen, dass nicht er durch seine Kündigung das Arbeitsverhältnis rechtlich beendet habe, sondern eine zuvor vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung, die das Diakonie-Krankenhaus zum Ende der Probezeit Ende Juli 2009 zum 31. August 2009 ausgesprochen habe. Entgegen der Darstellung des Klägers habe dieser bei den beiden Einstellungsgesprächen mit dem Geschäftsführer des Diakonie-Krankenhauses, Herrn Dr. G., nicht offengelegt, dass er das Arbeitsverhältnis alsbald wieder beenden wolle, um zu seinem Arbeitgeber nach A-Stadt zurückzukehren. Vielmehr wäre er in diesem Fall gar nicht eingestellt worden, weil nach den Angaben des Herrn Dr. G. nur eine langfristige Besetzung der Chefarztstelle sinnvoll und beabsichtigt gewesen sei. Die vom Arbeitsgericht zugunsten des Klägers aufgestellte Prognose, wonach dieser nach einer Abmahnung das neu begründete Arbeitsverhältnis ja hätte kündigen können, habe sich gerade nicht bestätigt. Der Kläger habe weder nach dem Anhörungsschreiben vom 17. März 2009 noch nach der fristlosen Kündigung vom 26. März 2009 sein Arbeitsverhältnis gekündigt, sondern stattdessen im Diakonie-Krankenhaus so lange wie möglich weitergearbeitet. Auf der zweiten Prüfungsstufe habe das Arbeitsgericht zu Unrecht verschiedene Punkte einseitig zugunsten des Klägers gewertet. In Bezug auf den Grad der Vorwerfbarkeit des Pflichtverstoßes sei zu berücksichtigen, dass es für den Kläger selbst jedenfalls erkennbar gewesen sei, dass Patienten aus dem zwischen den beiden Krankenhäusern gelegenen Territorium sowohl zu seinem neuen Arbeitgeber wie auch zu ihr kommen könnten. Weiterhin müsse sich der Kläger eine unterlassene Belehrung durch seinen Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Soweit der Kläger die Wettbewerbstätigkeit erst vier Monate nach der ersten fristlosen Kündigung aufgenommen habe, beseitige dies den späteren und nachhaltigen Pflichtverstoß nicht. Diesbezüglich habe das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass der Kläger sich im Diakonie-Krankenhaus in M.-W. jedenfalls vor dem 1. Februar beworben und damit die Konkurrenztätigkeit konkret in Angriff genommen habe. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht zugunsten des Klägers unterstellt, dass sie keinen konkreten Schaden nachgewiesen habe und sich die tatsächlichen Patientenzahlen im unteren Promillebereich bewegen würden. Die absolute Anzahl der Patienten, die anstatt zu ihr nach M.-W. gegangen seien, könne zum einen nicht aufgeklärt werden und sei zum anderen für den Pflichtverstoß gerade nicht entscheidend. Mangels entsprechender Darlegungs- und Beweislast könne aus ihrem fehlenden konkreten Vortrag zur absoluten Anzahl der abgeworbenen Patienten oder der Patienten, die sich zwischen beiden Krankenhäusern entscheiden könnten, keine Rückschlüsse zugunsten des Klägers gezogen werden. Soweit das Arbeitsgericht darauf verwiesen habe, dass der Kläger zum Erhalt seiner Fähigkeiten als Chirurg gehalten sei, seine Tätigkeiten tatsächlich auszuüben, berechtige ihn dies jedoch nicht, zu ihr in Wettbewerb zu treten. Im Bezug auf die Falschaussage des Klägers habe das Arbeitsgericht die objektive Äußerung des Klägers, dass er im Diakonie-Krankenhaus "vertretungsweise" tätig sei, dahingehend interpretiert, dass vertretungsweise auch als vorübergehend verstanden werden könnte. Die Aussage stimme nicht mit den objektiven Fakten überein, die der Kläger in M.-W. im Diakonie-Krankenhaus kommuniziert habe. Sie habe auch nicht seinem dort abgeschlossenen Vertrag entsprochen. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei unbegründet, weil die Kündigungen wirksam seien. Die Zahlungsansprüche seien ebenfalls unbegründet, weil sie sich nicht in Annahmeverzug befunden haben.

54

Die Beklagte beantragt,

55

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 2. September 2009 - 6 Ca 650/09 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

56

Der Kläger beantragt,

57

die Berufung zurückzuweisen.

58

Er erwidert, zwischen den beiden Krankenhäusern bestehe bereits aufgrund der räumlichen Entfernung und den Fahrzeiten zwischen beiden Orten keine Wettbewerbssituation, so dass ihm auch keine unerlaubte Wettbewerbstätigkeit vorgeworfen werden könne. Die Beklagte habe es trotz wiederholter Aufforderungen abgelehnt, eine Liste der behaupteten Patienten mit einer Angabe darüber vorzulegen, in welcher Abteilung sie behandelt worden seien. Bei Vorlage einer solchen Liste würde damit belegt werden, dass die behaupteten Patienten ausschließlich auf der inneren Abteilung behandelt würden. Damit scheide von vornherein jegliche Wettbewerbssituation im Bereich der Chirurgie aus. Auch umgekehrt sei im gesamten Jahr 2009 kein einziger Patient aus A-Stadt im Diakonie-Krankenhaus M. behandelt worden. Wenn die von der Beklagten behauptete Wettbewerbssituation bestehen würde, dann müsste gleiches gelten z.B. für Krankenhäuser zwischen Kiel und München, weil es auch dann im Einzelfall vorkommen könne, dass Patienten eine Krankenhausbehandlung jeweils am anderen Ende Deutschlands aus bestimmten Gründen in Anspruch nehmen würden. Damit wäre aber zugleich jede Tätigkeit im stationären Bereich während eines langjährigen Kündigungsschutzprozesses unmöglich, was jedoch von der Rechtsprechung abgelehnt werde. Das Arbeitsgericht habe zu Recht angenommen, dass in jedem Fall zuvor eine Abmahnung hätte ausgesprochen werden müssen. Das Schreiben der Beklagten vom 17. März 2009 könne nicht als Abmahnungsschreiben interpretiert werden. Entgegen der Darstellung der Beklagten hätten Einstellungsgespräche im eigentlichen Sinne zwischen ihm und Herrn Dr. G. nicht stattgefunden. Bei dem ersten Vorstellungsgespräch sei Herr Dr. G. nicht anwesend gewesen. Der ärztliche Direktor, Herr Dr. Gl., habe ihm bei dieser Vorstellung auf seine Vorgeschichte angesprochen, woraufhin er berichtet habe, dass ihm mehrfach fristlos gekündigt worden sei. Weiterhin habe er darauf hingewiesen, dass er sich gegen diese Kündigungen zur Wehr setze und Kündigungsschutzklage mit dem Ziel erhoben habe, in A-Stadt zu bleiben. Herrn Dr. G. habe er erst einige Wochen später kennengelernt, wobei dieser ihm mitgeteilt habe, dass man sich auf seine Einstellung geeinigt habe, man könne sich ja immer ohne Probleme während der Probezeit voneinander trennen. In diesem Gespräch sei es also nicht darum gegangen, ob er überhaupt eingestellt werden solle oder nicht, vielmehr sei ihm von Herrn Dr. G. bereits definitiv die Einstellung mitgeteilt worden. Soweit er danach noch mit Herrn Dr. G. gesprochen habe, sei es lediglich um den Inhalt des Dienstvertrages gegangen. Die Beklagte habe nicht einmal schlüssig den behaupteten Schaden vorgetragen, sondern lediglich abstrakt einige wenige Patientenzahlen ohne nähere Einzelheiten genannt. Auch der Vorwurf der Falschaussage im Kammertermin vom 11. März 2009 sei abwegig. Hätte er auf die Frage der Richterin erklärt, dass er eine Stelle als Chefarzt in einem anderen Krankenhaus übernommen habe, so wäre dies von der Beklagten sofort als Abkehrwille interpretiert und eine Kündigung ausgesprochen worden. Für die Beantwortung der Frage sei es daher ausreichend gewesen, dass er angegeben habe, seit dem 1. Februar 2009 in einem anderen Krankenhaus zu arbeiten, wobei er hierfür von einer Vertretungstätigkeit gesprochen habe. Die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung sei schon deshalb rechtsunwirksam, weil in seinem Dienstvertrag die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung vertragsmäßig ausgeschlossen sei. Insoweit nehme er Bezug auf den auszugsweise vorgelegten Schriftsatz vom 28. Oktober 2009 im Verfahren 3 Sa 474/09 (Bl. 267 bis 269 d.A.).

59

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

60

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage vollumfänglich stattgegeben.

A.

61

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung ist zulässig.

62

Sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

63

Entgegen der Ansicht des Klägers entspricht die Berufungsbegründung auch in Bezug auf die hilfsweise ordentliche Kündigung, den Weiterbeschäftigungsantrag und die Annahmeverzugsansprüche den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Das Arbeitsgericht hat die Unwirksamkeit der hilfsweise ordentlichen Kündigung darauf gestützt, dass die Gründe, die zur Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung führten, auch die Entscheidung über die Unwirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung tragen würden. Ob die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung bereits vertraglich nach § 20 Abs. 3 des Dienstvertrages ausgeschlossen ist, hat das Arbeitsgericht ausdrücklich dahinstehen lassen. Dementsprechend durfte die Beklagte darauf verweisen, dass ihre Ausführungen zur außerordentlichen Kündigung sinngemäß für die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur hilfsweise ordentlichen Kündigung gelten sollen. Entgegen der Ansicht des Klägers liegt auch in Bezug auf den Weiterbeschäftigungsantrag und die Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug eine ausreichende Berufungsbegründung vor. Mit ihrem ergänzenden Schriftsatz vom 23. Dezember 2009 hat die Beklagte innerhalb der Berufungsbegründungsfrist ausgeführt, dass der Weiterbeschäftigungsantrag aufgrund der Wirksamkeit der Kündigungen unbegründet sei und die Zahlungsansprüche ebenfalls unbegründet seien, weil sie sich aufgrund der vorangegangenen Kündigungen, die Gegenstand des vorgreiflichen Vorprozesses der Parteien seien, nicht in Annahmeverzug befunden habe. Im Hinblick darauf, dass diese weiteren Anträge jeweils auf der Unwirksamkeit der vorangegangenen Kündigungen aufbauen und der Vorprozess der Parteien damals noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war, genügt die (ergänzende) Berufungsbegründung den nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu stellenden Anforderungen.

B.

64

Die hiernach zulässige Berufung der Beklagten hat aber in der Sache keinen Erfolg.

65

Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage vollumfänglich stattgegeben.

I.

66

Der Kündigungsschutzantrag zu 1) ist begründet.

67

1. Die außerordentliche Kündigung vom 26. März 2009 ist unwirksam, weil die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB nicht erfüllt sind.

68

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die erforderliche Prüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, vollzieht sich zweistufig. Zunächst ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist. Ist dies der Fall, bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bzw. bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht (st. Rspr., vgl. BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 18, NZA-RR 2010, 461).

69

Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung wegen des angeführten Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot jedenfalls an der vorzunehmenden Interessenabwägung scheitert und in Bezug auf die dem Kläger vorgeworfene "Falschaussage" bereits kein Sachverhalt erkannt werden kann, der an sich als wichtiger Kündigungsgrund geeignet ist.

70

a) Die fristlose Kündigung ist nicht wegen des von der Beklagten angeführten Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot während des (fort-)bestehenden Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt.

71

aa) Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt. Die für Handlungsgehilfen geltende Regelung des § 60 Abs. 1 HGB konkretisiert einen allgemeinen Rechtsgedanken. Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt werden. Der Arbeitnehmer darf im Marktbereich seines Arbeitgebers Dienste und Leistungen nicht Dritten anbieten. Dem Arbeitgeber soll dieser Bereich uneingeschränkt und ohne die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen. Dem Arbeitnehmer ist aufgrund des Wettbewerbsverbots nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt. Ihm ist ebenso wenig gestattet, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen. Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses. Deshalb darf ein Arbeitnehmer grundsätzlich auch nach Ausspruch einer von ihm gerichtlich angegriffenen außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers keine Konkurrenztätigkeit ausgeübt haben, wenn die Kündigung sich später als unwirksam herausstellt. Er ist in der Regel auch während des Kündigungsschutzprozesses an das vertragliche Wettbewerbsverbot gebunden. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Karenzentschädigung angeboten oder er vorläufig weiterbeschäftigt wird (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 22 und 23, NZA-RR 2010, 461). Bei der Bestimmung der Reichweite des Wettbewerbsverbots muss allerdings die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers Berücksichtigung finden. Daher ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob nach Art der Haupt- und Nebentätigkeit und der beteiligten Unternehmen überhaupt eine Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers vorliegt (BAG 24. März 2010 - 10 AZR 66/09 - NZA 2010, 693).

72

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen kann im Streitfall zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Tätigkeit des Klägers am Diakonie-Krankenhaus in M.-W. nach der Art der beiden Unternehmen (Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung) ungeachtet ihrer räumlich weiten Entfernung (Verkehrsverbindungen von ca. 150 km) schutzwürdige Interessen der Beklagten gefährdet hat und das Wettbewerbsverbot in dem von der Beklagten unwirksam gekündigten Arbeitsverhältnis der vom Kläger aufgenommenen anderweitigen Arbeitstätigkeit entgegenstand. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger mit der von ihm - nach Ausspruch der unwirksamen Kündigungen vom 26. September 2008, 14. Oktober 2008 und 22. Oktober 2008 - beim Diakonie-Krankenhaus in M.-W. zum 1. Februar 2009 aufgenommenen Tätigkeit als Chefarzt der chirurgischen Abteilung gegen das Wettbewerbsverbot während des (fort-)bestehenden Arbeitsverhältnisses verstoßen hat, ist die außerordentliche Kündigung gleichwohl nach der vorzunehmenden Interessenabwägung nicht gerechtfertigt.

73

Der Beklagten kann unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls und unter Abwägung der Interessen beider Parteien die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem nach § 20 Abs. 3 des Arbeitsvertrages ordentlich unkündbaren Kläger sowohl bis zum Ablauf der in § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB bestimmten Kündigungsfrist als auch darüber hinaus bis zu der in § 20 Abs. 4 des Arbeitsvertrags vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugemutet werden, so dass die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien weder fristlos noch mit einer der Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist beendet hat.

74

Die Parteien haben in § 20 des Arbeitsvertrags die Möglichkeit zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen. Das ergibt die Auslegung der in § 20 des Arbeitsvertrags getroffenen Regelungen. Der Kläger hat unter Bezugnahme auf seinen Schriftsatz vom 28. Oktober 2009 in dem unter dem Aktenzeichen 3 Sa 474/09 vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz geführten Vorprozess der Parteien unwidersprochen vorgetragen, dass der ihm ursprünglich überreichte Entwurf des Dienstvertrages in § 20 aufgrund der zwischen ihm und dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten geführten Verhandlungen geändert worden sei. Im ursprünglichen Vertragsentwurf war geregelt, dass der Vertrag nach Ablauf der Probezeit von beiden Parteien mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahrs gekündigt werden kann (§ 20 Abs. 3 des Entwurfs) und das Recht zur fristlosen Kündigung des Vertrags nach § 626 BGB aus wichtigem Grund unberührt bleibt (§ 20 Abs. 4 des Entwurfs). Anstelle dieser Regelungen in § 20 Abs. 3 und 4 des ursprünglichen Entwurfs wurde nach den geführten Vertragsverhandlungen in die endgültige Fassung des Dienstvertrags ein neuer Absatz 3 aufgenommen, nach dem der Vertrag nach Ablauf der Probezeit fristlos gemäß § 626 BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass diese Änderung des Vertragstextes für ihn eine wesentliche Voraussetzung gewesen sei, die Stelle in A-Stadt anzutreten, weil er nicht einfach jederzeit kündbar habe sein wollen, wenn er mit seiner gesamten Familie nach A-Stadt ziehe. Im Hinblick darauf, dass der ursprüngliche Vertragsentwurf unstreitig aus diesen Gründen im Rahmen der zwischen den Parteien geführten Vertragsverhandlungen einvernehmlich geändert worden ist, kann die in § 20 Abs. 3 des Dienstvertrags vereinbarte Regelung nur so verstanden werden, dass der Vertrag nach Ablauf der Probezeit nur noch fristlos gemäß § 626 BGB aus wichtigem Grund kündbar sein sollte und im Übrigen erst nach § 20 Abs. 4 des Dienstvertrages mit der festgelegten Altersgrenze bzw. im Falle einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit endet. Die Auslegung der in § 20 des Dienstvertrags getroffenen Regelungen ergibt mithin, dass die Parteien die ordentliche Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach Ablauf der Probezeit vertraglich ausgeschlossen haben und das Arbeitsverhältnis gemäß § 20 Abs. 4 des Dienstvertrages erst mit Erreichung der festgelegten Altersgrenze bzw. im Falle der geregelten Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit endet (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 22. Februar 2011 - 3 Sa 474/09 - Rn. 106 und 107, [juris]).

75

Auch wenn man im Streitfall von einem Verstoß des Klägers gegen das Wettbewerbsverbot ausgeht, der als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist, kann der Beklagten gleichwohl bei Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem ordentlich unkündbaren Kläger bis zu der in § 20 Abs. 4 vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugemutet werden. Zwar verletzt der Arbeitnehmer seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers aus § 241 Abs. 2 BGB erheblich, wenn er während des bestehenden Arbeitsverhältnisses eine Konkurrenztätigkeit ausübt. Unter Berücksichtigung von Art und Auswirkung der Konkurrenztätigkeit sowie des Grades des Schuldvorwurfs überwiegen aber im Streitfall die Interessen des Klägers an einer Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Beendigungsinteresse der Beklagten.

76

Der Kläger hat sich nach Ausspruch der Kündigungen vom 26. September 2008, 14. Oktober 2008 und 22. Oktober 2008, deren Rechtsunwirksamkeit inzwischen im Vorprozess der Parteien rechtskräftig festgestellt worden ist, darauf beschränkt, seine Arbeitskraft durch Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses bei einem anderen Krankenhaus ab 1. Februar 2009 zu verwerten, um seinen Lebensstandard durch Erzielung eines entsprechenden Verdienstes aufrechtzuerhalten und seine Fähigkeiten als Chirurg zu erhalten. Die vom Kläger aufgenommene (Konkurrenz-)Tätigkeit ist erst durch die unwirksamen Kündigungen der Beklagten ausgelöst worden, ohne die für den Kläger keine Veranlassung zur Aufnahme einer anderweitigen Tätigkeit als Chirurg bestanden hätte. Bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Wirksamkeit der vorangegangenen Kündigungen waren beide Parteien im Ungewissen darüber, wie die materielle Rechtslage beurteilt werden wird. Dadurch ist für den Kläger eine Zwangslage entstanden. Zur Vermeidung einer weiteren Kündigung müsste er sich einerseits jeglicher Tätigkeit enthalten, die als Wettbewerbsverstoß aufgrund des möglicherweise noch fortbestehenden Vertrages gewertet werden könnte. Andererseits wäre er für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung an der dann möglichen anderweitigen Sicherung seines Lebensstandards gehindert (vgl. hierzu BAG 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - Rn. 51, NZA 1992, 212). Die aus § 615 Satz 2 BGB herzuleitenden Interessen des Arbeitnehmers an der anderweitigen Verwendung seiner Arbeitskraft sind für die Beurteilung erheblich, ob und mit welchem Gewicht ihm die Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen vorwerfbar ist. Wenn der Arbeitnehmer am gekündigten Arbeitsverhältnis festhalten will, geht es ihm mit der Aufnahme einer anderweitigen Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen zur Verwertung seiner Arbeitskraft ersichtlich nur um eine Übergangslösung, die der Rückkehr zum bisherigen Arbeitgeber nicht entgegensteht und für diesen keine anhaltende Konkurrenz bedeutet (BAG 25. April 1991 - 2 AZR 624/90 - Rn. 65, NZA 1992, 212). Dabei ist im Streitfall unerheblich, ob und inwieweit der Kläger gegenüber Vertretern des Diakonie-Krankenhauses in M.-W. zum Ausdruck gebracht hat, dass er an seinem gekündigten Arbeitsverhältnis mit der Beklagten festhalten und zu dieser möglichst wieder zurückkehren will. Der Kläger hat die ihm vorgeworfene Konkurrenztätigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei einem räumlich weit von der Beklagten entfernten Krankenhaus aufgenommen. Sowohl das von der Beklagten in A-Stadt betriebene Krankenhaus als auch das Diakonie-Krankenhaus in M.-W. sind Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung. Die Beklagte hat zwar zutreffend darauf verwiesen, dass die Wahl des einen oder anderen Krankenhauses nicht zwingend von der räumlichen Entfernung abhängt, sondern durchaus auch von anderen Faktoren (wie z.B. verfügbare Leistungen des Krankenhauses, Ruf des Krankenhauses oder der Fachabteilung, zeitliche Verfügbarkeit für eine Operation usw.) beeinflusst sein kann. Danach können die Interessen der Beklagten grundsätzlich durch jede anderweitige Tätigkeit des Klägers als Chirurg an jedem anderen Krankenhaus unabhängig von dessen räumlicher Entfernung gefährdet werden, so dass der Kläger zur Vermeidung der Gefahr einer erneuten Kündigung wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot während des Kündigungsschutzprozesses jede Ausübung seiner bisherigen Berufstätigkeit als Chirurg an einem anderen Krankenhaus hätte unterlassen müssen. Im Hinblick darauf, dass der Kläger zur Aufrechterhaltung seines Lebensstandards und zum Erhalt seiner Fähigkeiten als Chirurg auf eine entsprechend anderweitige Tätigkeit an einem anderen Krankenhaus angewiesen ist, erscheint der mit der Kündigung gemachte Vorwurf eines Wettbewerbsverstoßes im Streitfall jedenfalls als weniger schwerwiegend, zumal der Kläger seine anderweitige Tätigkeit an einem räumlich weit entfernten Krankenhaus ohne jede Schädigungsabsicht aufgenommen hat. Auch bei Annahme einer bestehenden Wettbewerbssituation zwischen den beiden Krankenhäusern ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die dem Kläger vorgeworfene Konkurrenztätigkeit tatsächlich zu bestimmten nachteiligen Auswirkungen auf den Betrieb der Beklagten geführt haben soll. Die Beklagte hat lediglich allgemein auf die von ihr angeführten Überschneidungen im Einzugsbereich der Patienten verwiesen. Sie hat aber selbst nicht behauptet, dass aufgrund der ab Februar 2009 aufgenommenen Tätigkeit des Klägers am Diakonie-Krankenhaus in M.-W. Patienten aus ihrem Einzugsbereich nach Marburg gewechselt oder andere konkrete Auswirkungen festzustellen seien.

77

In Anbetracht der dargestellten besonderen Umstände des vorliegenden Falls erscheint bei Abwägung der beiderseitigen Interessen eine außerordentliche Kündigung (fristlos oder mit Auslauffrist) wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot als nicht gerechtfertigt. Vielmehr ist der Beklagten eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem ordentlich unkündbaren Kläger bis zu der in § 20 Abs. 4 des Arbeitsvertrags vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zumutbar.

78

b) Die außerordentliche Kündigung ist auch nicht wegen der dem Kläger vorgeworfenen Falschaussage im Kammertermin vom 11. März 2009 vor dem Arbeitsgericht gerechtfertigt.

79

Gemäß der zutreffenden Bewertung des Arbeitsgerichts hat der Kläger keine bewusst wahrheitswidrige Erklärung abgegeben, die an sich als wichtiger Kündigungsgrund geeignet ist. Das Arbeitsgericht hat bei der Würdigung der vom Kläger abgegebenen Erklärung zu Recht den Gesamtzusammenhang und die konkrete Gesprächssituation berücksichtigt.

80

Der Kläger hat im Rahmen der vor dem Arbeitsgericht im Kammertermin vom 11. März 2009 geführten Vergleichsgespräche auf die Frage der Vorsitzenden, ob er zur Zeit beruflich etwas mache, sinngemäß geantwortet, dass er vertretungsweise in einem anderen Krankenhaus tätig sei. Diese Erklärung kann gemäß der zutreffenden Bewertung durch das Arbeitsgericht ohne weiteres dahin verstanden werden, dass der Kläger damit zum Ausdruck bringen wollte, dass er nur vorübergehend bei einem anderen Krankenhaus im Sinne einer Übergangslösung tätig sei. In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob der Kläger auch gegenüber dem Diakonie-Krankenhaus in M.-W. zum Ausdruck gebracht hat, dass er dort nur vorübergehend tätig sein wolle. Auf die schriftliche Nachfrage der Beklagten vom 17. März 2009 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19. März 2009 erklärt, dass er zur Zeit im Regierungsbezirk Gießen (Hessen) an einem Krankenhaus tätig sei, um seine chirurgischen Fähigkeiten zu erhalten und nicht zuletzt auch im Hinblick auf § 615 Satz 2 BGB. Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass danach hinreichende Anhaltspunkte für eine bewusst wahrheitswidrige Erklärung nicht vorliegen.

81

2. Die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 26. März 2009 ist ebenfalls unwirksam.

82

Dies folgt bereits daraus, dass das Arbeitsverhältnis gemäß den obigen Ausführungen nach Ablauf der Probezeit ordentlich nicht mehr kündbar war.

83

Unabhängig davon scheitert auch die hilfsweise ordentliche Kündigung wegen des angeführten Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot jedenfalls an der vorzunehmenden Interessenabwägung.

84

Eine ordentliche Kündigung ist aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer eine Vertragspflicht - in der Regel schuldhaft - erheblich verletzt hat, das Arbeitsverhältnis dadurch auch künftig konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen, weitere Störungen zuverlässig ausschließenden Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 22 und 23, NZA-RR 2010, 461).

85

Entsprechend den obigen Ausführungen erscheint im Streitfall auch eine ordentliche Kündigung bei Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht als billigenswerte und angemessene Reaktion der Beklagten. Der Kläger hat sich nach Ausspruch der unwirksamen Kündigungen darauf beschränkt, bei einem räumlich weit entfernten Krankenhaus einer anderweitigen Arbeitstätigkeit nachzugehen, um seine Fähigkeiten als Chirurg zu erhalten und einen entsprechenden Verdienst (§ 615 Satz 2 BGB) zu erzielen. In Anbetracht der oben dargestellten Zwangslage, in der er sich aufgrund der unwirksamen Kündigungen der Beklagten befunden hat, ist auch bei einem unterstellten Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot unter Berücksichtigung von Art und Auswirkung der ihm vorgeworfenen Konkurrenztätigkeit sowie des Grades des Verschuldens die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung jedenfalls bei Abwägung der beiderseitigen Interessen sozial nicht gerechtfertigt.

86

Die hilfsweise ordentliche Kündigung ist auch nicht wegen der dem Kläger vorgeworfenen "Falschaussage" sozial gerechtfertigt. Wie bereits oben ausgeführt, hat der Kläger keine bewusst wahrheitswidrige Erklärung abgegeben, so dass ein verhaltenbedingter Kündigungsgrund i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG nicht angenommen werden kann.

II.

87

Aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigung vom 26. März 2009 ist auch der Weiterbeschäftigungsantrag zu 2) begründet.

88

Die Beklagte ist gemäß den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Grundsätzen (BAG 24. Februar 1985 - GS 1/84 - NZA 1985, 702) verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits als Chefarzt der Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie des St. N.-Stiftshospital in A-Stadt zu unveränderten Bedingungen gemäß Dienstvertrag vom 18. April 2005 weiterzubeschäftigen. Im vorliegenden Verfahren hat die Beklagte keine Umstände angeführt, die trotz des Obsiegens des Klägers mit dem Kündigungsschutzantrag zu 1) ein überwiegendes Interesse an dessen Nichtbeschäftigung begründen könnten.

III.

89

Weiterhin stehen dem Kläger auch die mit den Klageanträgen zu 3) bis 6) geltend gemachten Ansprüche auf (Annahmeverzugs-)Vergütung und Rechnungslegung zu.

90

Die Beklagte hat sich nach Ausspruch der Kündigungen vom 26. September 2008, 14. Oktober 2008 und 22. Oktober 2008, deren Rechtsunwirksamkeit im Vorprozess der Parteien inzwischen rechtskräftig festgestellt worden ist, gemäß §§ 293, 296 BGB in Annahmeverzug befunden. Im Übrigen sind die Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach unstreitig.

91

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

92

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.

(2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gilt als erteilt, wenn dem Prinzipal bei der Anstellung des Gehilfen bekannt ist, daß er das Gewerbe betreibt, und der Prinzipal die Aufgabe des Betriebs nicht ausdrücklich vereinbart.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.