Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 13. Juli 2009 - 1 Ta 174/09

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2009:0713.1TA174.09.0A
published on 13/07/2009 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 13. Juli 2009 - 1 Ta 174/09
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Tenor

1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 03.09.2008 - 1 Ca 993/08 in der Form der Nichtabhilfeentscheidung vom 02.07.2009 teilweise abgeändert:

Der Gegenstandswert für den Vergleich wird auf 3.672,00 Euro festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde des Beschwerdeführers wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer zu 5/6.

3. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe

I.

1

In vorliegendem Beschwerdeverfahren begehrt der beschwerdeführende Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen höheren Gegenstandswert.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten ab dem 01.04.2008 als Haushaltsassistentin zu einer monatlichen Vergütung von 1.170,00 Euro beschäftigt. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 03.03.2009 ordentlich zum 03.04.2009 gekündigt. Hiergegen wehrte sich die Klägerin im vorliegenden Verfahren; sie hat sich auf die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes berufen. Neben ihrem Kündigungsschutzantrag hat die Klägerin des Weiteren zunächst einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung in Höhe von 324,00 Euro eingeklagt und diesen dann noch vor der Gütesitzung um die Hälfte reduziert.

3

Im Güteverfahren haben die Parteien einen das Verfahren beendenden Vergleich abgeschlossen und hierbei unter anderem zusätzlich noch festgelegt, dass die Beklagte das der Klägerin erteilte Arbeitszeugnis in einem Punkt bezüglich ihres Verhaltens abändert.

4

Nach Anhörung der Parteien hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 02.06.2009 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf 2.340,00 Euro für das Verfahren und auf 2.925,00 Euro für den Vergleich festgesetzt. Hierbei hat es für das Kündigungsschutzverfahren zwei Monatsgehälter der Klägerin veranschlagt mit der Begründung, im Kündigungszeitpunkt habe das Arbeitsverhältnis weniger als zwölf Monate bestanden.

5

Gegen diesen Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit einem am 09.06.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt mit der er geltend macht, der Gegenstandswert sei für den Kündigungsschutzantrag auf drei Bruttomonatsgehälter festzusetzen, auch habe das Arbeitsgericht die Urlaubsvergütung in Höhe von 162,00 Euro nicht berücksichtigt; zudem sei der Wert im Hinblick auf den Zeugnisanspruch um ein weiteres Monatsentgelt, also auf insgesamt 4.842,00 Euro festzusetzen.

6

Die Vorsitzende hat mit Beschluss vom 02.07.2009 dem Rechtsmittel teilweise abgeholfen und hat den Gegenstandswert für das Verfahren bis zum 30.03.2009 auf 2.664,00 Euro und danach auf 2.502,00 sowie für den Vergleich auf 3.087,00 Euro festgesetzt. Hierzu hat das Arbeitsgericht angegeben, der Zahlungsanspruch müsse berücksichtigt werden und die im Vergleich vereinbarte Korrektur des Zeugnisses in einem Punkt erhöhen den Gegenstandswert für die Vergleichsgebühr um ein halbes Bruttomonatsgehalt. Der weitergehenden Beschwerde hat es nicht abgeholfen und hat das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

7

Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist gemäß §§ 33 Abs. 2, 3 RVG statthaft, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt; auch ist der Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 Euro vorliegend erfüllt.

8

In der Sache ist das Rechtsmittel nur zu einem geringen Teil begründet.

9

Das Arbeitsgericht hat jedenfalls in seiner Nichtabhilfeentscheidung zutreffend den Gegenstandswert für das Verfahren festgesetzt. Es hat darin insbesondere auch den Zahlungsanspruch berücksichtigt, was in seinem ursprünglichen Beschluss unterblieben war. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch den Gegenstandswert für den Kündigungsschutzantrag mit zwei Monatsvergütungen der Klägerin bewertet.

10

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 30.11.1984 - 2 AZN 572/82, NZA 1985, 369 ff.) und der ständigen Rechtsprechungen des gesamten Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz und insbesondere der Beschwerdekammer (vgl. zuletzt Beschluss vom 22.05.2009 - 1 Ta 105/09) enthält § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG keinen Regelstreitwert. Der Vierteljahresverdienst ist vielmehr nur die Obergrenze für den vom Gericht nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO) festzusetzenden Streitwert. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist in typisierender Betrachtungsweise bei einem Bestand des Arbeitsverhältnisses von bis zu sechs Monaten grundsätzlich mit einem Monatsverdienst, bei einem Bestand von sechs bis zwölf Monaten grundsätzlich mit zwei Monatsverdiensten und ab einem Bestand von zwölf Monaten grundsätzlich mit drei Monatsverdiensten festzusetzen. Von diesen Grundsätzen ist das Arbeitsgericht zurecht ausgegangen. Es hat zutreffend den Gegenstandswert auf zwei Monatsverdienste festgesetzt, weil im Kündigungszeitpunkt das Arbeitsverhältnis der Klägerin zwar länger als sechs Monate aber noch keine zwölf Monate bestanden hat.

11

Soweit der Beschwerdeführer zudem den Gegenstandswert für das Verfahren um einen Monatsverdienst erhöht haben will, ist dieses Begehren offensichtlich unbegründet. Ein Zeugnis- oder Zeugnisberichtigungsanspruch war nie rechtshängig gewesen. Vielmehr haben die Parteien lediglich im Vergleich vereinbart, dass das von der Beklagten der Klägerin erteilte Zeugnis in einem Punkt abgeändert werden soll. Die Erledigung dieses Anspruchs hat damit - was das Arbeitsgericht dem Grunde nach zutreffend angenommen hat - lediglich den Vergleichswert erhöht.

12

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts war dieser Zeugnisberichtigungsanspruchs auch in der vorliegenden Fallvariante, dass lediglich ein einzelner Punkt des erteilten Zeugnisses abgeändert werden soll, mit einer vollen Monatsvergütung der Klägerin zu bewerten. Das Arbeitsgericht hat wegen des lediglich eingeschränkten Streitgegenstandes den Zeugnisanspruch nur mit einem halben Monatsgehalt bewertet. Soweit sich das Arbeitsgericht hierfür auf die Entscheidung der Beschwerdekammer vom 06.08.2007 - 1 Ta 181/07 beruft, hat die Beschwerdekammer in diesem Beschluss einen derartigen Grundsatz nicht aufgestellt. Dort ging es lediglich darum, dass auch ein erstmals in einem Vergleich genannter Zeugnisanspruch dann nicht den Vergleichswert erhöht, wenn der Anspruch zwischen den Parteien unstreitig und in keinem Punkt zweifelhaft ist.

13

Zwar ist die Argumentation des Arbeitsgerichts durchaus vertretbar, dass ein Rechtstreit, in dem lediglich ein einzelner Punkt eines erteilten Gesamtzeugnisses abgeändert werden soll, nicht unbedingt den selben Wert haben muss, den ein Rechtstreit über die Erteilung eines gesamten Zeugnisses hat. Diese Sichtweise entspricht allerdings nicht der Rechtsprechung der Beschwerdekammer. Vielmehr ist die Beschwerdekammer in einer typisierenden Betrachtungsweise bisher immer davon ausgegangen, dass aus Gründen der Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit der Entscheidung ein Streit über ein (End-) Zeugnis stets mit einer Monatsvergütung zu bewerten ist. Dies gilt unabhängig davon, wie lange das Arbeitsverhältnis bestanden hat und ob einzelne, mehrere Punkte oder gar das Gesamtzeugnis zwischen den Parteien streitig ist (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.05.2009 - 1 Ta 105/09; Beschluss vom 23.04.2009 - 1 Ta 87/09; Beschluss vom 24.04.2007 - 1 Ta 81/07; Arbeitsrechtslexikon/ Schwab: Streitwert/ Gegen standswert, II 2 m.w.N.).

14

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer gemäß § 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO im Umfang seines Unterliegens zu tragen.

15

Ein Rechtsmittel ist gegen diesen Beschluss nach 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

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Annotations

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.

(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.

(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)