Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 19. Juli 2016 - 4 Ta 155/16
Gericht
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 07.06.2016 wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
2I. 1. Hinsichtlich der streitwertmäßigen Berücksichtigung eines Weiterbeschäftigungsantrags folgt die Kammer dem Bundesarbeitsgericht, das in den Entscheidungen vom 30.08.2011 (2 AZR 668/10) und vom 13.08.2014(2 AZR 871/12) entschieden hat, dass der Weiterbeschäftigungsantrag auch dann, wenn er nicht ausdrücklich als uneigentlicher Hilfsantrag gestellt wurde, als solcher auszulegen ist Das hat das BAG damit begründet, das ein Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens überhaupt nur Erfolg haben kann, wenn dem Kündigungsschutzbegehren Erfolg beschieden war. Es entspräche – so das BAG (30.08.2011 – 2 AZR 668/10) – in keiner Weise den Interessen des klagenden Arbeitnehmers, würde der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung ohne diese Bedingung gestellt. Weiter hat das BAG in den genannten Beschlüssen entschieden, dass dieser unechte Hilfsantrag nur dann streitwertmäßig zu berücksichtigen ist, wenn eine gerichtliche Entscheidung über ihn ergeht oder entsprechend § 45 Abs. 4 GKG bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sinngemäß „entschieden“ worden ist.
3Der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgen insbesondere auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Beschluss vom 30.12.2015– 5 Ta 71/15 – juris – mit weiteren Nachweisen) und das Landesarbeitsgericht Hamm (09.12.2013 – 14 Ta 347/13 – juris; vgl. auch Ziemann, jurisPR-ArbG 20/2013 Anm. 2). Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat in der zitierten Entscheidung die Richtigkeit der Rechtsprechung des BAG ausführlich begründet. Dem folgt die erkennende Kammer und nimmt deshalb auf diese Entscheidung Bezug.
4Die Kammer folgt dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg auch darin, dass eine sachliche Regelung („sinngemäße Entscheidung“) zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag in einem Vergleich dann gegeben ist, wenn der Vergleich Vereinbarungen über den Zeitraum (der Weiterbeschäftigung) ab dem ursprünglich gesetzten Beendigungszeitpunkt enthält und der vereinbarte spätere Beendigungszeitpunkt zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch nicht verstrichen ist, da eine tatsächliche Beschäftigung nur für die Zukunft regelbar ist.
5II. Im vorliegenden Fall war der Weiterbeschäftigungsantrag ausweislich der Klageschrift schon ausdrücklich „für den Fall des Obsiegens“ gestellt. Dass er zusätzlich nur für den Fall angekündigt war, dass die Beklagte im Gütetermin nicht zu Protokoll des Gerichts erkläre, dass sie die Klägerin weiterbeschäftigen werde, ändert daran nichts, dass er ausdrücklich als sogenannter unechter Hilfsantrag gestellt war. Dieses ergibt sich im Übrigen nochmals aus der Formulierung „sofern in der Sache ein stattgebendes Urteil ergeht“.
6Nach den vorstehend genannten Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts kommt es darauf allerdings letztlich nicht an. Ein Weiterbeschäftigungsantrag ist auch dann, wenn er nicht ausdrücklich als unechter Hilfsantrag gestellt wurde, unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als unechter Hilfsantrag auszulegen.
7Der Vergleich wurde erst am 07.06.2016 festgestellt. Es wurde eine Beendigung zum 31.03.2016 vereinbart. Eine Weiterbeschäftigung wurde darin nicht geregelt.
8Ein Wertansatz ist insoweit mithin nicht begründet.
9Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Annotations
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.