Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 10. Nov. 2015 - 11 Ta 336/15
Gericht
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird unter Zurückweisung im Übrigen der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 28.05.2015 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Streitwert für das Verfahren 16 Ca 2707/15 wird auf 22.725,-- €,
der Streitwert für das Verfahren 16 Ca 2708/15 auf 18.180,-- € und
der Streitwert für den Vergleich vom 28.05.2015 auf 40.905,-- € festgesetzt.
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G r ü n d e:
2Die nach § 68 Abs. 1 GKG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nur teilweise begründet.
31. Für die rechtliche Beurteilung der Streitwertbeschwerde ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
4a) Wird der Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses mit einem bestimmten Inhalt im Rahmen einer Kündigungsschutzklage geltend gemacht, so ist es angemessen, ein Bruttomonatsgehalt in Ansatz zu bringen (LAG Köln, Beschl. v. 21.01.2015 – 4 Ta 347/14 –; vgl. auch LAG Köln, Beschl. v. 23.11.2011 – 11 Ta 265/11 – m.w.N.).
5b) Regelungen in einem Vergleich zur Beilegung eines Kündigungsrechtsstreits können nur dann streitwerterhöhend berücksichtigt werden, wenn sie Streitpunkte betreffen, über die sich die Parteien unabhängig vom Streit über die Wirksamkeit der Kündigung auseinandergesetzt haben. Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG ist für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgeltes maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Dies ist Folge des sozialpolitischen Schutzzwecks des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG, wonach Streitigkeiten, bei denen es regelmäßig um die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Arbeitnehmers geht, kostenmäßig besonders günstig gestaltet sind. Dieser sozialpolitische Schutzgedanke ist auch bei der Bewertung eines Vergleichs in einer Bestandsschutzstreitigkeit zu berücksichtigen. Daraus folgt u.a.: Es kann nicht von dem Ergebnis der Erledigung der Bestandsstreitigkeit abhängen, ob der gesetzliche Höchstbetrag des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG überschritten wird. Es bleibt bei dem Vierteljahreswert, gleichgültig ob eine Beendigung zu den vom Arbeitgeber mit der Kündigung beabsichtigten Termin – gegebenenfalls mit Abfindungszahlung – vereinbart wird, ob zur Erledigung des Kündigungsrechtsstreits eine unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vereinbart wird, ob die Beendigung zu einem späteren als dem vom Arbeitgeber intendierten Termin vereinbart wird oder gar zu einem früheren Termin – gegebenenfalls mit einer entsprechenden Erhöhung der Abfindung. Ebenso wenig kann es eine Rolle spielen, ob geregelt wird, dass das gesamte Arbeitsverhältnis mit allen seinen Rechten und Pflichten zu einem bestimmten Termin aufgehoben wird, oder ob die Erledigung des Bestandstreites dadurch vergleichsweise herbeigeführt wird, dass einzelne Rechte und Pflichten sukzessive enden, insbesondere einzelne Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis bereits vor dem ursprünglich vom Arbeitgeber intendierten Beendigungszeitpunkt suspendiert oderaufgehoben werden bzw. ihr Ende auf einen Zeitpunkt nach der Beendigung der übrigen Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses einvernehmlich verlegt wird. Solange all diese Regelungen nur der vergleichsweisen Erledigung des Kündigungsrechtsstreits dienen und nicht unabhängig von diesem bestehende "andere Streitpunkte" erledigen, können sie nicht zu einer Überschreitung des gesetzlichen Höchstwertes des§ 42 Abs. 2 Satz 1 GKG führen (LAG Köln, Beschl. v. 13.02.2015 – 5 Ta36/15 – m.w.N.). Ein Titulierungsinteresse für einzelne Regelungen ist allenfalls anzuerkennen, wenn objektive Anhaltspunkte für die Annahme künftigen vereinbarungswidrigen Verhaltens des Vertragspartners bestehen (vgl.: LAG Köln, Beschl. v. 12.06.2013 – 7 Ta 20/13 –).
62. Danach ist der Verfahrensstreitwert im Kündigungsschutzverfahren16 Ca 2707/15 hinsichtlich des Antrages auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses mit der begehrten Leistungsbeurteilung „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ und der zusammenfassenden Verhaltensbeurteilung „stets einwandfrei“ mit einem Monatsgehalt statt mit einem halben Monatsverdienst – wie vom Arbeitsgericht angenommen – zu bemessen, so dass sich für dieses Verfahren unter Berücksichtigung des Weiterbeschäftigungsantrags in Höhe von einer Monatsvergütung von4.545,-- € ein Streitwert von insgesamt fünf Monatsverdiensten, mithin22.725,-- €, ergibt.
73. Mit dem Vergleich vom 28.05.2015 wurde auch das Entfristungsverfahren 16 Ca 2708/15 erledigt, welches seinerseits mit vier Monatsverdiensten unter Berücksichtigung des dortigen Weiterbeschäftigungsbegehrens zu bewerten war, so dass sich ein Vergleichswert für die Gesamterledigung von 40.905,-- € ergibt.
8Ein Mehrwert für den Vergleich im Hinblick auf die vereinbarte Freistellung für den Zeitraum Juni 2015 bis September 2015 im Zuge der einvernehmlichen Verlängerung der Kündigungsfrist besteht nicht. Dieser Aspekt wird von § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG erfasst. Es handelt sich um keinen Streit, der unabhängig von dem über die Wirksamkeit der Kündigung geführt worden ist. Vielmehr ist die Freistellungsregelung Bestandteil des „Gesamtpakets“ der vergleichsweisen Beilegung des Bestandsschutzstreits. Darüber hinaus besteht eine wirtschaftliche Identität mit dem bereits streitwertmäßig erfassten Weiterbeschäftigungsantrag. Die Freistellungsabrede ist die Kehrseite zum Weiterbeschäftigungsbegehren. In der Regelung über die Freistellung liegt zugleich eine Regelung darüber, ob und in welchem Umfang während der restlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses noch eine Weiterbeschäftigung stattfinden soll. Dies ist aber regelmäßig bereits mit dem Streitwert des Weiterbeschäftigungsantrages berücksichtigt (LAG Köln, Beschl. v. 06.01.1914 – 11 Ta 344/13 – m.w.N.). Die Berücksichtigung eines Vergleichsmehrwertes wegen der vereinbarten floskelhaften Verschwiegenheitspflicht und der Ausgleichsklausel kommt nicht in Betracht. Auch bei diesen Regelungen im Vergleich handelt es sich lediglich um Bestandteile der Bereinigung der Bestandsschutzverfahren, ein Streit über die Verschwiegenheit und Inhalt der Ausgleichsklausel ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
94. Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.
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(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.
(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.
(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.