Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 07. März 2014 - 1 Ta 37/14
Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 17.01.2014(3 Ca 4932/13 h) aufgehoben und der Prozesskostenhilfe-Antrag zur erneuten Bescheidung an das Arbeitsgericht Aachen zurückverwiesen.
1
G r ü n d e
2I.
3Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für eine Kündigungsschutzklage, die am 06.12.2013 beim Arbeitsgericht Aachen einging. Dem Prozesskostenhilfeantrag waren weder eine Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch sonstige Unterlagen beigefügt.
4Im Gütetermin am 02.01.2014 vor dem Arbeitsgericht Aachen schlossen die Parteien zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich. Anschließend wies das Arbeitsgericht Aachen durch Beschluss vom 17.01.2014 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurück, der Kläger habe seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht dargelegt.
5Gegen diesen Beschluss hat der Kläger am 07.02.2014 sofortige Beschwerde erhoben und nunmehr eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie weitere Belege vorgelegt.
6Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht Köln zur Entscheidung übersandt.
7II.
8Die gemäß §§ 127 Abs. 2 S. 2 u. 3 ZPO, 569 Abs. 2 ZPO, 11 a)Abs. 3 ArbGG (in der bisherigen Fassung, die § 40 EGZPO für das Verfahren weiterhin Anwendung findet) zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
91. Zwar ist das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 S. 1 ZPO (a. F.) nur für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung möglich ist und ein ordnungsgemäßer Prozesskostenhilfeantrag nebst Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und allen Belegen daher bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorliegen muss (BAG v. 16.02.2012 – 3 AZB 34/11 – NJW 2012, 2828). Diese Voraussetzung war bei Beendigung des Verfahrens durch Abschluss des Vergleichs am 02.01.2014 nicht erfüllt. Es fehlten zu diesem Zeitpunkt sowohl die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse als auch die zur Glaubhaftmachung erforderlichen Unterlagen.
102. Gleichwohl durfte das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht zurückweisen. Das Arbeitsgericht hat wegen Nichtbeachtung seiner Hinweispflicht gemäß § 139 Abs. 3 ZPO den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, mit der Folge, dass der Kläger so zu stellen ist, als wenn ein entsprechender Hinweis erfolgt und die nachträglich eingereichten Unterlagen noch vor Verfahrensbeendigung eingereicht worden wären (ebenso: LAG Schleswig-Holstein v. 17.01.2013 – 5 Ta 10/13 – JurBüro 2013, 257). Denn nach Eingang eines Prozesskostenhilfegesuchs darf das Arbeitsgericht nicht bis zur Instanz- bzw. Verfahrensbeendigung warten und dann den Prozesskostenhilfeantrag wegen Nichtvorlage des Vordrucks und/oder Unvollständigkeit von Unterlagen zurückweisen.
11Die Hinweispflicht folgt daraus, dass im Prozesskostenhilfeverfahren hinsichtlich richterlicher Hinweispflichten ein ebenso strenger Maßstab anzulegen ist wie im Hauptsacheverfahren (BVerfG v. 12.11.2007 – 1 BvR 48/05 – FamRZ 2008, 131). Aus diesem Grund und im Hinblick auf die gerichtliche Fürsorgepflicht ist das Gericht gehalten - unter Fristsetzung entsprechend § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO – auf Mängel eines Prozesskostenhilfegesuchs so rechtzeitig hinzuweisen, dass die Mängel von dem Antragsteller noch vor Instanz- oder Verfahrensbeendigung behoben werden können (LAG Köln v. 14.11.2013 – 4 Ta 326/13 – juris; LAG Köln v. 30.09.2013 – 11 Ta 177/13 – juris; LAG Hamm v. 27.05.2013 – 5 Ta 157/13 – juris; OLG Saarland v. 27.10.2011 – 9 Ws 85/11 – FamRZ 2012, 806; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl. 2014 § 117 Rn. 17; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Rn. 133 m. w. N.).
12Soweit das LAG Baden-Württemberg in einer Entscheidung vom 03.04.2012 (12 Ta 28/11) und nachfolgend das BAG (Beschluss v. 03.12.2012 - 3 AZB 40/12- ) eine Hinweispflicht verneint haben, sind die Entscheidungen nicht einschlägig, denn sie betreffen den – hier nicht vorliegenden – Fall, dass in der Klageschrift angekündigt war, die Formularerklärung nachreichen zu wollen.
133. Das Arbeitsgericht wird nach Prüfung der Erfolgsaussicht und der vom Kläger inzwischen eingereichten Unterlagen erneut über den Prozesskostenhilfe-Antrag zu entscheiden haben (§ 572 Abs. 3 ZPO).
14III.
15Gegen die Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.
(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.
(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.
(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.
(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.
(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.