Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 20. Mai 2015 - 17 Sa 1746/14
Gericht
Tenor
Auf die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.11.2014 – 4 Ca 1050/14 – unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.097,44 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 972,72 € seit dem 14.07.2014 und aus 1.134,72 € seit dem 07.03.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz trägt der Kläger zu 91 %, die Beklagte zu 9 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägen der Kläger zu 81 %, die Beklagte und der Nebenintervenient zu jeweils 9,5 %.
Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Höhe der monatlichen Vergütung des Klägers.
3Er ist seit dem 01.07.1989 im Lager der Beklagten in Q beschäftigt. Diese betreibt einen Möbelhandel mit vier Standorten und beschäftigt mehrere hundert Arbeitnehmer.
4Seinem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 17.03.1989 (Bl. 6 bis 9 d.A.) zugrunde.
5§ 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags lautet wie folgt:
6„Die Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen in ihrer jeweils geltenden Fassung und deren Nachfolgeverträge sind Bestandteil dieses Vertrages. . . . “
7In § 4 des Arbeitsvertrages wurde Nr. 1 (Einstufung in eine Lohngruppe des Lohntarifvertrages für den Einzelhandel) nicht ausgefüllt. Dagegen wurde in Nr. 2 handschriftlich ein Bruttostundenlohn von 14,96 DM eingetragen.
8§ 4 Nr. 4 des Arbeitsvertrages enthält folgende Regelung:
9„Die über den Tariflohn hinausgehenden Lohnbestandteile sowie die gewährte Provision können jederzeit unter Einhaltung einer Frist von einem Monat gekürzt oder widerrufen werden. Sie können bei einer Erhöhung der Lohntarife, beim Aufrücken in eine höher Lohngruppe/-stufe und bei Höhergruppierungen angerechnet werden.“
10Die Beklagte ist Mitglied des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe, der wiederum Mitglied im Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen ist. Sie war zunächst Mitglied mit Tarifbindung. Mit Schreiben vom 20.09.2004 erklärte sie gegenüber dem Einzelhandelsverband Ostwestfalen-Lippe den Ausschluss der Tarifbindung zum Ablauf des auf den Zugang dieser Erklärung folgenden Monats. Seit dem 01.11.2004 führt sie der Verband als Mitglied ohne Tarifbindung.
11Bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft mit Tarifbindung wurde der Lohn des Klägers regelmäßig entsprechend den Tarifabschlüssen erhöht. Am 01.03.2005 schlossen die Parteien eine Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages (Bl. 10 der Akte). Sie hat folgenden Wortlaut:
12„Die Parteien sind sich darüber einig, dass der zwischen Ihnen bestehende Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.04.2005 wie folgt geändert wird. Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter. Ebenso bleibt die Dauer der Betriebszugehörigkeit gewahrt.
13Arbeitszeit
14Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40,0 Stunden.
15Zuschläge
16Auf Spätöffnungs- und Mehrarbeitszuschläge besteht kein Anspruch.
17Sonderzahlungen
18. . .
19Urlaub
20. . .
21Seit Beendigung der Mitgliedschaft mit Tarifbindung erhöhte die Beklagte die monatliche Vergütung des Klägers nicht. Er erhält sei 2005 ein Grundentgelt von 1.916,88 €. Wegen der Einzelheiten der Vergütung wird auf die von dem Kläger mit der Klageschrift vorgelegten Verdienstabrechnungen für Februar 2005 und Februar 2014 (Bl. 11, 12 der Akte) Bezug genommen.
22Mit Schreiben vom 19.09.2007 (Bl 191 d.A.) gab die Beklagte gegenüber ihren Mitarbeitern folgende Erklärung ab:
23…
24Durch Ihre Bereitschaft, Ihre Wochenarbeitszeit gegenüber der früherenbetriebsüblichen Regelung bei gleich bleibendem Lohn/Gehalt zu erhöhen und/oder auf bis dahin gewährte Sonderzuwendungen zu verzichten, haben Sie in insgesamt für den Einzelhandel, namentlich den Möbel-Einzelhandel sehr schwierigen Zeiten dazu beigetragen, die wirtschaftliche Situation unseres Unternehmens erheblich zu verbessern und im Gegensatz zu manchen anderen erfolgreich im Wettbewerb bestehen zu können. Insbesondere konnte der Personalbestand nicht nur gehalten, sondern noch erhöht werden. Wir möchten dies ausdrücklich anerkennen und gewähren den Mitarbeitern, die einen solchen Verzicht geleistet haben, ab Januar 2008 bis auf Weiteres einen Teilausgleich. Die Höhe der Ausgleichszahlung soll für Vollzeitmitarbeiter 50,00 € brutto monatlich betragen. …
25Am 12.05.2010 unterzeichneten der Kläger und sein Vorgesetzter eine Personalveränderung (Bl. 66 d.A.). Als Arbeitsplatz des Klägers wurde die Abteilung Mitnahmelager angegeben. Mit Wirkung zum 01.05.2010 erhielt er eine bis zum 31.12.2010 befristete Funktionszulage in Höhe von 100,00 €. Die Rubrik „Die Zustimmung des Betriebsrats liegt vor“ wurde angekreuzt.
26Am 19.12.2012 unterzeichneten der Kläger und sein Vorgesetzter erneut eine Personalveränderung (Bl. 67 d.A.). Als Arbeitsplatz wurde unverändert das Mitnahmelager in Q angegeben. Seine Tätigkeit wurde als die des Lagerarbeiters bezeichnet. Bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden wurde in die Rubrik Lohn/Gehalt/Garantiegehalt bisher und künftig ein Betrag von 1.916,88 € mit dem Zusatz „Vergütungsgruppe III“ eingetragen. Die Personalveränderung enthält den zusätzlichen Eintrag „Die Funktionszulage in Höhe von 100,00 € ist befristet bis zum 31.12.2013“ mit dem handschriftlichen Zusatz „also ab 2014 keine Zulage mehr!“ Die Gesamtvergütung des Klägers wurde mit 2.016,88 € angegeben. Rubriken hinsichtlich der Beteiligung des Betriebsrats und der Erteilung von Informationen an besondere Ansprechpartner der Beklagten wurden nicht ausgefüllt.
27Am 13.01.2014 unterschrieben der Kläger und sein Vorgesetzter erneut eine Personalveränderung (Bl. 68 d.A.). Die Eintragungen in den Rubriken Abteilung, Standort, Tätigkeit, Arbeitszeit, Lohn/Gehalt/Garantiegehalt, Zulagen und Summe der Vergütung waren unverändert. Die Funktionszulage in Höhe von 100,00 € wurde befristet bis zum 31.12.2014 weitergewährt. Die Rubriken hinsichtlich der Beteiligung des Betriebsrats und der Erteilung von Informationen an besondere Ansprechpartner wurden erneut nicht ausgefüllt.
28Am 12.01.2015 wurde eine weitere Personalveränderung unterzeichnet (Bl. 157 d.A.). Die Personalveränderung hat folgenden Inhalt:
29Das Urteil hat hier eine Auflistung die aus technischen Gründen nicht eingesetzt werden kann.
30Das Urteil kann in vollständiger Form für 12,50 € beim Landesarbeitsgericht angefordert werden.
31Mit seiner am 11.07.2014 bei dem Arbeitsgericht Paderborn eingegangenen, der Beklagten am 14.07.2014 zugestellten Klage macht der Kläger die Vergütungsdifferenz zwischen dem Tariflohn nach der Lohngruppe II Lohnstaffel c des Lohntarifvertrages für die Arbeitnehmer des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2013 und dem tatsächlichen Entgelt für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 30.06.2014 in Höhe von 2.295,69 € zuzüglich einer bis zum 31.12.2014 befristeten Funktionszulage von 100,00 € brutto und einer Ausgleichszahlung von 50,00 € brutto geltend. Wegen der Berechnung seiner Zahlungsdifferenzen im Einzelnen wird auf die Klageschrift (Bl. 3, 4 d.A.) verwiesen.
32Er hat vorgetragen:
33Die Beklagte habe ihn im Zeitpunkt der Beendigung der Tarifbindung als Lagerarbeiter aus der Lohngruppe II Lohnstaffel c des Lohntarifvertrages vergütet.
34Die Tarifverträge seien auf das Arbeitsverhältnis gemäß § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrages in Verbindung mit der Vereinbarung vom 01.03.2005 dynamisch anwendbar.
35Gegenstand der Vereinbarung vom 12.05.2010 sei lediglich die befristete Funktionszulage gewesen. Diese sei auch Gegenstand der Folgevereinbarung vom 19.12.2012 gewesen. Die in dieser Vereinbarung erstmals unter der Rubrik „Lohn/Gehalt/Garantiegehalt“ angegebene Vergütungsgruppe III und das entsprechende Entgelt von 1.916,88 € gäben lediglich deklaratorisch die nach der im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens zustande gekommenen innerbetrieblichen Vergütungsordnung vom 12.06.2012 für ihn maßgebliche Vergütungsgruppe wieder. Die Beklagte habe im Rahmen der Vergütungsgruppen das jeweilige Entgelt einseitig festgelegt. Er habe nicht auf die ihm aufgrund der Vereinbarung vom 01.03.2005 zustehenden Lohnansprüche verzichten wollen. Es gelte vielmehr das Günstigkeitsprinzip mit der Folge, dass seine individualrechtlich begründeten Ansprüche vorgingen.
36Gleiches gelte auch für die Vereinbarung vom 13.01.2014. Anlass für diese Vereinbarung sei die Verlängerung der Zahlung einer Funktionszulage gewesen.
37Der Kläger hat beantragt,
38- 1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von € 2.268,72 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- 2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn künftig sein monatliches Grundentgelt in Höhe von € 2.295,00 brutto zuzüglich einer bis zum 31.12.2014 befristeten Funktionszulage in Höhe von € 100,00, einer Ausgleichszahlung in Höhe von € 50,00 brutto zu zahlen;
- 3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sein monatliches Grundentgelt in Höhe von zurzeit € 2.295,00 brutto bei Änderungen im Lohntarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen jeweils um die im Lohntarifvertrag festgeschriebene prozentuale Erhöhung zu erhöhen.
Die Beklagte hat beantragt,
42die Klage abzuweisen.
43Sie hat die Auffassung vertreten:
44Der Arbeitsvertrag verweise hinsichtlich der Lohnhöhe nicht auf die Tarifverträge des Einzelhandels, da in § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrages ein konkretes Entgelt vereinbart worden sei.
45§ 1 Nr. 3 des Vertrages sei jedenfalls als Gleichstellungsabrede auszulegen. Ihr sei Vertrauensschutz zu gewähren.
46Die Vereinbarung vom 01.03.2005 führe ebenfalls nicht zu einer konstitutiven Verweisung auf die Lohntarifverträge. Der Kläger habe gewusst, dass sie in die OT-Mitgliedschaft gewechselt sei. Sie habe sich für ihn erkennbar aus der Tarifdynamik lösen wollen. Bei Abfassung der Vereinbarung vom 01.03.2005 sei es ihr lediglich darum gegangen, keine redaktionell völlig neu gefassten Arbeitsverträge entwerfen zu müssen. In dieser Situation habe es der ausdrücklichen Formulierung, dass eine etwaige Dynamisierung der Tarifverträge fortan nicht mehr Platz greifen solle, nicht bedurft. Die Parteien hätten die Änderungsvereinbarung auch übereinstimmend so verstanden, wie die Tatsache zeige, dass der Kläger über Jahre die tarifgerechte Entlohnung nicht verlangt habe.
47Die von ihm verlangte Eingruppierung in die Lohnstaffel c sei unzutreffend. Er sei allenfalls aus der Lohngruppe II Lohnstaffel b des Lohntarifvertrages zu vergüten.
48In der Personalveränderung vom 19.12.2012 hätten die Parteien unmissverständlich geregelt, dass ihr Arbeitsverhältnis fortan der innerbetrieblichen Vergütungsordnung unterstehen solle. Das gelte auch für die Änderungsvereinbarung vom 13.01.2014.
49Mit Schriftsatz vom 03.09.2014 (Bl. 70,71 d.A.) hat die Beklagte Rechtsanwalt B den Streit verkündet.
50Mit Urteil vom 26.11.2014 hat das Arbeitsgericht Paderborn die Beklagte verurteilt, an den Kläger 962,72 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 14.07.2014 zu zahlen. Es hat festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger künftig ein monatliches Grundentgelt in Höhe von 2.106,00 € brutto zuzüglich einer bis zum 31.12.2014 befristeten Funktionszulage in Höhe von 100,00 € brutto und einer Ausgleichszulage in Höhe von 50,00 € brutto zu zahlen und sein monatliches Grundentgelt in Höhe von zurzeit 2.106,00 € brutto bei Änderungen im Lohntarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen jeweils um die im Lohntarifvertrag festgeschriebene prozentuale Erhöhung zu erhöhen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
51Es hat ausgeführt:
52Der Kläger habe für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf Zahlung der Entgeltdifferenzen zwischen dem Tariflohn nach der Lohngruppe II Lohnstaffel b des Tarifvertrages und dem tatsächlich gezahlten Entgelt. Die Regelungen in §§ 1 Nr. 3, 4 Nr. 2, 4 des Arbeitsvertrages seien in der Gesamtschau dahingehend auszulegen, dass die Parteien in § 1 Nr. 3 eine Gleichstellungsabrede im Sinne der damaligen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vereinbart hätten.
53Trotz Änderung der Rechtsprechung durch das Bundesarbeitsgericht seien aus Gründen des Vertrauensschutzes Verweisungsklauseln in Altverträgen weiterhin als Gleichstellungsabreden auszulegen. Etwas anderes gelte jedoch im vorliegenden Fall, da die Parteien im März 2005 einen sogenannten Neuvertrag geschlossen hätten. Maßgeblich sei, ob sie nach dem 01.01.2002 anlässlich einer Vertragsänderung die Klausel erneut zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht hätten. Das sei zu bejahen, da es in der Änderungsvereinbarung vom 01.03.2005 heiße „Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter“.
54Eine konstitutive Festschreibung des Entgeltes sei auch nicht durch die Personalveränderungen erfolgt. Die Kammer schließe sich insoweit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Hamm (10.09.2014 – 3 Sa 642/14) an, dass die Personalveränderungen nicht ohne Zweifel als vertragliche Abrede anzusehen seien. Im Übrigen hätten die Parteien mit den Personalveränderungen nicht die Grundvergütung des Klägers geändert.
55Seine Ansprüche seien nicht gemäß § 242 BGB verwirkt.
56Er könne jedoch keine Vergütung aus der Lohngruppe II Lohnstaffel c des Lohntarifvertrages verlangen. Er trage die Darlegungs- und Beweislast für die zu- treffende Eingruppierung.
57Als Lagerarbeiter erfülle er das Richtbeispiel der Lohngruppe II Lohnstaffel b. Dass die Beklagte ihn zuvor in die Lohngruppe II Lohnstaffel c eingruppiert habe, führe nicht dazu, dass er erneut entsprechend einzugruppieren sei. Es sei nicht ersichtlich, dass er die Tätigkeit eines Möbelfachpackers ausübe. Das habe er auch nicht behauptet. Eine vorherige – fehlerhafte – Eingruppierung führe nicht dazu, dass er einen Besitzstand habe. Er habe nicht vorgetragen, dass seine Eingruppierung unabhängig von tariflichen Eingruppierungsmerkmalen durch Vereinbarung erfolgt sei.
58Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Blatt 102 bis 119 der Akte Bezug genommen.
59Gegen das ihm am 04.12.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.12.2014 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.03.2015 am 03.03.2015 eingehend begründet.
60Die Beklagte hat gegen das ihr am 04.12.2012 zugestellte Urteil am 08.12.2014 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese am 31.12.2014 eingehend begründet.
61Der Nebenintervenient ist mit Schriftsatz vom 02.01.2015 dem Rechtsstreit beigetreten.
62Der Kläger rügt das erstinstanzliche Urteil als fehlerhaft und führt aus:
63Zu Unrecht sei das erstinstanzliche Gericht von einer Eingruppierung in die Lohngruppe II Staffel b des Lohntarifvertrages ausgegangen. Es habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt.
64Aufgrund der Tatsache, dass ihn die Beklagte zuvor in die Lohngruppe II Lohnstaffel c eingruppiert habe, trage diese die Darlegungs- und Beweislast. Ihr Vortrag beschränke sich jedoch auf die Behauptung, eine Eingruppierung in die Lohnstaffel c sei falsch.
65Tatsächlich erfülle er die Voraussetzungen der Lohnstaffel c hinsichtlich der Merkmale besondere Geschicklichkeit, Übung oder Erfahrung. Neben der einfachen Tätigkeit als Lagermitarbeiter, die im Wesentlichen im Verräumen der Ware nach entsprechenden Vorgaben bestehe, übe er die Tätigkeiten der Warenannahme, des Paketdienstes, des Postversandes, der Warenbewegung, der Warenausgabe und gelegentlich der Kleinmontage aus. Im Rahmen der Warenausgabe müsse er auch Mietverträge über an Kunden vermietete Kleintransporter ausfüllen, diese nach Rückgabe auf Schäden untersuchen und die entsprechenden Abrechnungen vornehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten der vom Kläger verrichteten Tätigkeiten wird auf seinen Schriftsatz vom 03.03.2015 (Bl. 202 d.A.) verwiesen.
66Die beschriebenen Tätigkeiten, die in zeitlicher Hinsicht den weit überwiegenden Anteil seiner Aufgaben ausmachten, zeichneten sich nicht in erster Linie durch die körperliche Belastung, sondern vielmehr durch erhöhte Anforderungen, insbesondere durch das Erfordernis der Erfahrung aus. Seine Tätigkeit sei der von dem Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 24.09.2008 (4 ABR 83/07) zugrunde gelegten Tätigkeit mit Ausnahme das Fahren eines Gabelstaplers vergleichbar. Das Bundesarbeitsgericht habe die Eingruppierung in die Lohngruppe II Lohnstaffel c für zutreffend erachtet.
67Bei Unterzeichnung der Personalveränderung aus Januar 2015 habe er nicht den Willen zu einer konstitutiven Lohnvereinbarung gehabt. Das gelte gerade vor dem Hintergrund des laufenden Verfahrens. Es sei lediglich um die Entfristung der Funktionszulage gegangen. Er habe die Vereinbarung ohne anwaltliche Beratung unterschrieben.
68Zur Wahrung der Ausschlussfristen erhöhe er seine Klage um die Vergütungsdifferenzen für die Monate Juli 2014 bis Februar 2015 in Höhe von 3.024,96 €.
69Der Kläger beantragt,
70- 71
1. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.11.2014 entsprechend seinen in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen zu erkennen mit der Maßgabe, dass der Feststellungsantrag zu 2) wie folgt lautet:
festzustellen, dass sein monatliches Grundgehalt für die Geltungsdauer des Lohntarifvertrages für den Einzelhandel in NRW vom 10.12.2013 2.295,00 € brutto beträgt. Im Übrigen nehme er den Antrag zu 2) zurück;
73- 74
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen weiteren Betrag in Höhe von 3.024,96 € zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Zustellung des Schriftsatzes vom 03.03.2015 (06.03.2015) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
76die Berufung des Klägers zurückzuweisen und unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.11.2014 (4 Ca 1050/14) die Klage abzuweisen.
77Der Nebenintervenient schloss sich den Anträgen der Beklagten an.
78Der Kläger beantragt,
79die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
80Die Beklagte rügt ebenfalls das erstinstanzliche Urteil als fehlerhaft und führt aus:
81Zu Unrecht sei das erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen, dass in dem Arbeitsvertrag vom 17.03.1989 auf die Entlohnung nach den Lohntarifverträgen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen verwiesen worden sei. Die Auslegung ergebe, dass der Stundenlohn des Klägers individuell vereinbart worden sei.
82Eine dynamische Verweisung auf das Tarifentgelt sei auch nicht zum Gegenstand der Willensbildung anlässlich der Vereinbarung vom 01.03.2005 gemacht worden. Sie genieße Vertrauensschutz, sollte die Verweisungsklausel im Ursprungsarbeitsvertrag als Gleichstellungsabrede auszulegen sei. Die Änderungsvereinbarung aus März 2005 nehme Bezug auf „Regelungen“, die nicht berührt werden sollten. Zu den fortbestehenden Regelungen gehöre jedoch die Tatsache, dass die Vergütung des Klägers bei Abschluss der Veränderungsvereinbarung bereits „eingefroren“ gewesen sei.
83Auch die Interessenlage zum Zeitpunkt des Abschlusses der Änderungsvereinbarung führe dazu, dass die Verweisungsklausel des Ursprungsarbeitsvertrages nicht dynamisch zu verstehen sei. Es sei sinnlos, in eine OT-Mitgliedschaft zu wechseln, um anschließend durch individualvertragliche Vereinbarung die Tarifdynamik wiederherzustellen. Das sei nicht gewollt gewesen.
84Im Übrigen seien die Ansprüche des Klägers verwirkt. Insoweit verweise sie auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers nach § 613 Abs. 6 BGB. Der Kläger habe das erforderliche Umstandsmoment in den Verhandlungen über Personalveränderungen gesetzt, indem er die jeweilige inhaltliche Ausgestaltung akzeptiert habe. Ihr sei zwar die Erfüllung der geltend gemachten Ansprüche im Einzelnen nicht unzumutbar. Es sei jedoch die Masse der Verfahren zu berücksichtigen. In Erwartung der Geltendmachung tariflicher Ansprüche hätte sie jedenfalls die in den Personalveränderungen niedergelegten Vereinbarungen nicht getroffen.
85Das erstinstanzliche Gericht habe auch die rechtliche Qualität der Personalveränderungen verkannt. Es handle sich eindeutig um rechtsgeschäftliche Vereinbarungen. Bei Änderungen der Arbeitsverträge verwende sie keine anderen Formulare oder Schriftstücke.
86Im Übrigen gehe das Gericht selbst davon aus, dass jedenfalls „zuvor“ entsprechende Abreden geschlossen worden seien.
87In den Vereinbarungen vom 19.12.2012 und 13.01.2014 sei ausdrücklich von der Vergütungsgruppe III der innerbetrieblichen Vergütungsordnung die Rede gewesen. Durch Spruch der Einigungsstelle seien Vergütungsgruppen mit einzelnen Tätigkeitsmerkmalen definiert worden. Sie habe den konkreten Lohn nach Maßgabe der als Ecklohn bezeichneten Vergütungsgruppe IV bestimmt. Mit dem Kläger sei in den Personalveränderungen die Vergütungsgruppe III vereinbart worden.
88Jedenfalls sei eine entsprechende Einigung über die Anwendung der Vergütungsordnung auf sein Arbeitsverhältnis in der Vereinbarung vom 12.01.2015 erfolgt.
89Der Nebenintervenient hat sich dem Vortrag der Beklagten angeschlossen und ergänzend ausgeführt:
90Die Parteien hätten in dem Ursprungsarbeitsvertrag einen individuellen Stundenlohn vereinbart. Das ergebe sich schon aus einem Vergleich von § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags mit § 7 des Arbeitsvertrages. Anders als bei dem Stundenlohn hätten die Parteien hier hinzugesetzt, dass sich das Urlaubsgeld und die Urlaubshöhe nach dem Tarifvertrag richteten.
91Unerheblich sei es, dass die Beklagte den Kläger während ihrer Tarifbindung tarifgerecht vergütet habe.
92Nach den gesamten Umständen der Änderungsvereinbarung aus März 2005 sei es den Parteien nicht um die Vereinbarung einer unbedingten, zeitdynamischen Verweisung auf das Tarifwerk gegangen.
93In Belegschaftsversammlungen habe die Geschäftsführung die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von der Erhöhung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich informiert, habe sich aber gleichzeitig bereit erklärt, bis zum 28.02.2007 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Er gehe davon aus, dass in den Belegschaftsversammlungen auch die künftige OT-Mitgliedschaft der Beklagten kommuniziert worden sei. Das gelte auch für die Personalgespräche, die die Vorgesetzten mit den gewerblichen Beschäftigten im März 2005 geführt hätten. Dem Kläger sei bewusst gewesen, dass es zukünftig einen Anspruch auf Teilnahme an der künftigen Tariflohnentwicklung nicht mehr habe geben sollen. Bis zur Klageerhebung habe er über einen Zeitraum von neun Jahren keine Lohnanpassung verlangt. Er sei auch mit dem Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen einverstanden gewesen. Diesen Ausschluss habe die Beklagte den Mitarbeitern noch im März 2005 nach Unterzeichnung der Abänderungsvereinbarungen schriftlich bestätigt.
94Die Parteien hätten in den Personalveränderungen die innerbetriebliche Vergütungsordnung vereinbart.
95Das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment sei in der Tatsache zu sehen, dass der Kläger die monatlich abgerechnete und gezahlte Vergütung widerspruchslos entgegengenommen habe, obwohl in den Lohnabrechnungen auf die innerbetriebliche Entgeltgruppe verwiesen worden sei.
96Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
97Entscheidungsgründe
98A.
99Gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO an sich statthaften Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.11.2015 sind nur teilweise begründet.
100I.
1011. Der insgesamt zulässige Zahlungsantrag des Klägers ist zum Teil begründet.
102a. Sein Anspruch auf tarifgerechte Vergütung folgt nicht aus der unmittelbaren Anwendung des Lohntarifvertrages vom 10.12.2013, da die Parteien nicht tarifgebunden sind, §§ 4 Abs. 1, 3 Abs. 1 TVG.
103b. Er rechtfertigt sich jedoch für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2014 in Höhe von 2.097,44 € aus §§ 611 Abs. 1 BGB, § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags vom 17.03.1989 i.V.m. § 2 Abs. 3 Lohngruppe II Lohnstaffel b des Lohntarifvertrages vom 10.12.2013.
104aa. Die Parteien haben in dem ursprünglichen Arbeitsvertrag aus 1989 ein dynamisches Tarifentgelt vereinbart und sich nicht individuell auf einen bestimmten Lohn geeinigt. Das folgt aus der Auslegung des Vertrages gemäß §§ 133, 157 BGB.
105(1) Der Beklagten ist zuzugestehen, dass die arbeitsvertraglichen Lohnregelungen nicht eindeutig sind. In § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrages haben die Parteien die Geltung der Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen in der jeweils geltenden Fassung sowie die Geltung von Nachfolgeverträgen vereinbart. Sie haben jedoch nicht in § 4 Nr. 1 des Arbeitsvertrages die Lohngruppe nach dem in Bezug genommenen Lohntarifvertrag für den Einzelhandel eingetragen, sondern haben vielmehr in § 4 Nr. 2 des Vertrages einen festen Stundenlohn vereinbart. In § 4 Nr. 4 des Vertrages haben sie wiederum eine Einigung dahin getroffen, dass die über den Tariflohn hinausgehenden Lohnbestandteile sowie die gewährte Provision jederzeit unter Einhaltung einer Frist von einem Monat gekürzt oder widerrufen werden können. Die allgemeine Verweisungsklausel kann dafür sprechen, dass der Tariflohn vereinbart wurde. Die Einigung in § 4 Nr. 2 des Vertrages kann dahin verstanden werden, dass sie eine individuelle Entgeltvereinbarung getroffen haben, die statisch gelten sollte.
106(2) Die Auslegung ergibt jedoch, dass das Arbeitsentgelt dynamisch nach dem Tarifentgelt vereinbart wurde.
107Bei den hier maßgeblichen Klauseln handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, da die Beklagte ersichtlich einen Musterarbeitsvertrag für die Mitglieder der Einzelhandelsorganisation verwendet hat, den sie mehrfach eingesetzt hat.
108Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeit des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen ist. Soweit auch der mit dem Vertrag verbundene Zweck einzubeziehen ist, ist auf die typischen und von redlichen Geschäftspartnern verfolgten Ziele abzustellen. Ausgangspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG, 21.08.2013 – 5 AZR 582/13 –, Rdnr. 19; 16.12.2009 – 5 AZR 888/08 –, Rdnr. 12, NZA 2010, 401).
109Bleiben Zweifel, gehen diese nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders.
110Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Parteien durch Bezugnahme in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags das jeweils maßgebende Tarifentgelt vereinbart (so auch LAG Hamm, 20.08.2014 – 3 Sa 451/14; 10.09.2014 – 3 Sa 452/14).
111Das ergibt der Gesamtzusammenhang der arbeitsvertraglichen Regelungen in § 1 Nr. 3, 4 Nr. 1, 2, 4 des Arbeitsvertrags.
112Hervorzuheben ist, dass die Arbeitsvertragsparteien die Bezugnahmeklausel in § 1 der Lohnvereinbarung § 4 des Vertrages vorangestellt haben. In § 1 haben sie grundsätzliche Regelungen für ihr Arbeitsverhältnis getroffen wie Vertragsbeginn, Tätigkeit des Klägers als Auslieferungsfahrer in Vollzeit sowie Nebenpflichten (gewissenhafte und sorgfältige Arbeitsausführung, Anzeigepflichten, Tragen von Berufskleidung). Die Bezugnahmeklausel enthält keine Einschränkung dahingehend, dass sie nur ergänzend gelten sollte.
113Für einen durchschnittlichen Vertragspartner ist § 1 Nr. 3 nur als unbeschränkte Bezugnahmeklausel zu verstehen (vergleiche zur Auslegung einer Klausel an „prominenter“ Vertragsposition BAG, 10.07.2013 – 10 AZR 898/11 –, Rdnr. 21 ff., ZTR 2013, 625).
114Eine Einschränkung der allgemeinen Bezugnahme auf tarifliche Bestimmungen ergibt sich auch nicht aus § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags. Zunächst ist die Behauptung des Klägers unwidersprochen geblieben, dass das 1993 vereinbarte Stundenentgelt über der damals gültigen tariflichen Vergütung für einen Auslieferungsfahrer lag. Entsprechend haben die Parteien in § 4 Nr. 4 zwischen tariflichem und übertariflichem Entgelt unterschieden und der Beklagten bezüglich übertariflicher Entgeltbestandteile eine Kürzungs- und Widerrufsmöglichkeit sowie eine Anrechnungsmöglichkeit bei Erhöhung des Tarifentgelts eingeräumt. Diese Differenzierung zwischen Tarifentgelt und übertariflichem Entgelt erweckt den Eindruck, dass sie jedenfalls das jeweilige Tarifentgelt zahlen wollte. Als weiteres Auslegungskriterium, das allein jedoch nicht ausschlaggebend ist, ist anzuführen, dass die damals tarifgebundene Beklagte einen Vordruck für Mitglieder der Einzelhandelsorganisation verwendet hat. Auch daraus durfte ein redlicher Vertragspartner in der Gesamtschau der Vertragsklauseln den Schluss ziehen, sie wolle ihm auf jeden Fall das jeweils gültige Tarifentgelt zahlen.
115Dahinstehen kann, ob ihrer nachträglichen Handhabung, nämlich der Gewährung des Tarifentgelts für die Dauer ihrer Mitgliedschaft mit Tarifbindung, ein Erklärungswert beizumessen ist.
116Selbst wenn das von ihr vertretene Auslegungsergebnis – entgegen der Auffassung der Kammer – vertretbar wäre, wäre keinem der beiden möglichen Auslegungsergebnisse ein Vorzug zu geben. In diesem Fall ginge die Auslegung gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten als Verwenderin des Vertragstextes.
117bb. Die Verweisungsklausel hat konstitutiven Charakter und ist nicht als sogenannte Gleichstellungsabrede zu verstehen.
118Die Kammer verkennt nicht, dass die Bezugnahmeklausel in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrages vor dem 01.01.2002 von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformuliert mit dem Arbeitnehmer geschlossen und dynamisch auf Branchentarifverträge Bezug genommen wurde. In solchen Fällen wurde die Klausel stets als Gleichstellungsabrede ausgelegt (BAG, 17.11.2010 – 4 AZR 391/09 –, Rdnr. 14 f., BAGE 136, 184; 10.12.2008 – 4 AZR 881/07 –, Rdnr. 18, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68). Mit der arbeitsvertraglichen Verweisung auf einen Tarifvertrag wollte der selbst tarifgebundene Arbeitgeber den Arbeitnehmer regelmäßig ungeachtet seiner Gewerkschaftszugehörigkeit so stellen, als sei er tarifgebunden. Die arbeitsvertragliche Verweisung ersetzte die fehlende oder mangels Zulässigkeit einer Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit unsichere Tarifbindung des Arbeitnehmers.
119Die Auslegung als Gleichstellungsabrede hatte zur Folge, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich an der Tarifentwicklung der in Bezug genommenen einschlägigen Tarifverträge teilnahm, die vertragliche Anbindung endete, wenn sie auch für einen tarifgebundenen Arbeitnehmer geendet hätte (BAG, 17.11.2010 a. a. O., Rdnr. 16). Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden.
120Mit seiner Entscheidung vom 18.04.2007 (4 AZR 652/05, BB 2007, 2125) hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung geändert und festgehalten, dass nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 die Bedeutung einer Verweisungsklausel in erster Linie anhand ihres Wortlautes zu ermitteln ist. Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag ist jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, eine konstitutive Verweisungsklausel, die durch den Verbandsaustritt des Arbeitgebers oder durch den sonstigen Wegfall der Tarifgebundenheit nicht berührt wird (unbedingte zeitdynamische Verweisung).
121Aus Gründen des Vertrauensschutzes ist den Arbeitgebern, die bis zum 31.12.2001 Arbeitsverträge mit einer entsprechenden Bezugnahmeklausel abgeschlossen haben, Vertrauensschutz insoweit zu gewähren, als auf diese „Altverträge“ die frühere Auslegungsregel des Senats anzuwenden ist, wonach bei Beteiligung eines verbandsangehörigen Arbeitgebers und Fehlen entgegenstehender Anhaltspunkte in der Regel eine dynamische Verweisung auf einen einschlägigen Tarifvertrag als Gleichstellungsabrede auszulegen ist. Für Arbeitsverträge, die ab dem 01.01.2001 abgeschlossen worden sind („Neuverträge“) wendet das Bundesarbeitsgericht diese Auslegungsregel nicht an. (BAG, 18.04.2007 – 4 AZR 652/05 –, Rdnr. 43, BAGE 122, 74).
122Ist nach dem 01.01.2002 eine Vertragsänderung erfolgt, hängt die Beurteilung, ob es sich hinsichtlich dieser Klausel um einen Alt- oder Neuvertrag handelt, davon ab, ob die Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Parteien des Änderungsvertrages gemacht worden ist. Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“. Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrages“ und eine Rechtskorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Allerdings führt allein der Umstand einer Vertragsänderung nicht dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrages erneut vereinbart oder bestätigt werden (BAG, 19.10.2011 – 4 AZR 811/09 –, Rdnr. 27, DB 2011, 2783).
123Bei dem zwischen den Parteien vereinbarten Änderungsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, den die Beklagte gegenüber zahlreichen Arbeitnehmern verwendet hat. Unter Zugrundelegung der für AGB-Klauseln geltenden Auslegungsregeln ist die Bezugnahmeklausel, die Regelung in dem Änderungsvertrag vom 01.03.2005 „Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter“ als Neuvertrag zu verstehen. Die Parteien haben damit schon nach dem Wortlaut der Vereinbarung zu erkennen gegeben, dass der ursprüngliche Arbeitsvertrag weitergelten sollte, soweit nicht die konkret dargestellten Änderungen zur Arbeitszeit, zu Zuschlägen, zu Sonderzahlungen und zum Urlaub betroffen waren. Der ursprüngliche Arbeitsvertrag sollte nach Satz 1 der Änderungsvereinbarung gerade nur „wie folgt geändert“ werden.
124Ein Auslegungsergebnis im Sinne der Beklagten ergibt sich auch nicht unter Heranziehung von außerhalb des reinen Wortlauts der Änderungsvereinbarung liegenden Umstände.
125Die Kammer unterstellt zugunsten der Beklagten, dass die Arbeitnehmer von ihrem Wechsel in eine OT-Mitgliedschaft Kenntnis hatten und daher davon ausgehen mussten, sie wolle sich künftig aus den Regelungen der Tarifverträge lösen. Wenn dann aber nur ganz bestimmte Arbeitsbedingungen in einer Vertragsänderung erwähnt werden, die zu Lasten des Arbeitnehmers abgeändert werden sollen, und im Übrigen die sonstigen, nicht erwähnten Regelungen aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag weitergelten sollen, wird der Eindruck bei einem durchschnittlichen Vertragspartner erweckt, die Lösung aus dem Tarifvertrag bestehe lediglich in den erwähnten Bereichen, ansonsten solle der Ausgangsvertrag unverändert bleiben. Gerade weil ein so gewichtiger Aspekt wie das Entgelt nicht erwähnt wurde, durfte der Kläger weiterhin davon ausgehen, die ursprüngliche Vergütungsregelung mit der Anbindung an den Tarifvertrag bleibe trotz fehlender Tarifbindung erhalten. Ansonsten hätte es nahegelegen, auch diesen Vertragsgegenstand zu erwähnen und es nicht bei der uneingeschränkten Formulierung zu belassen „Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter“.
126Nichts anderes ergibt sich aus der Behauptung des Nebenintervenienten, die Parteien hätten sich zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt in einem nicht konkret geschilderten Gespräch auf das Einfrieren der monatlichen Bezüge vor dem Hintergrund der Zusage geeinigt, die Beklagte werde bis zum 28.02.2007 auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Aus dem von ihm vorgelegten Schreiben der Beklagten vom 19.09.2007 ergibt sich, dass sie den monatlichen Ausgleichsbetrag ab Januar 2008 für die Bereitschaft der Arbeitnehmer gezahlt hat, ihre Wochenarbeitszeit gegenüber der früheren betriebsüblichen Regelung bei gleichbleibendem Lohn/Gehalt zu erhöhen und/oder auf die bis dahin gewährte Sonderzuwendung zu verzichten. Damit werden genau die in der Vereinbarung vom 01.03.2005 genannten Änderungen in Bezug genommen.
127Auch die Nichtgeltendmachung künftiger Tariferhöhungen führt nicht dazu, dass von einem gemeinsamen Verständnis über die Bedeutung der Klausel „Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter“ auszugehen ist. Die fehlende Geltendmachung kann unterschiedliche Gründe haben, ohne dass daraus geschlossen werden kann, der Kläger habe wie andere Arbeitnehmer die Vertragsänderung so verstanden, das Entgelt sei nunmehr auf alle Zeit eingefroren.
128Soweit der Wortlaut der Vereinbarung vom 01.03.2005 als unklar anzusehen wäre, müsste diese Unklarheit nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten als Verwenderin gehen.
129bb. Die konstitutive Verweisung auf den Lohntarifvertrag im Einzelhandel ist jedoch in der Folge von einer individuellen konstitutiven Lohnvereinbarung abgelöst worden.
130(a) Die Personalveränderung vom 12.06.2010 hat allerdings noch nicht zu einer konstitutiven Lohnvereinbarung der Parteien geführt.
131(aa) Es kann dahinstehen, ob die von dem Kläger und seinem Vorgesetzten unterzeichnete Personalveränderung überhaupt als Vertragsänderung anzusehen ist, ob sie nicht eine bloße Information über eine bereits mündlich getroffene Abrede enthält (LAG Hamm 10.12.2014 – 3 Sa 564/14 - Rdnr. 127 ff.). In jedem Fall gibt sie das zwischen den Parteien (mündlich) Vereinbarte zutreffend wieder. Insoweit besteht kein Streit.
132(bb) Schon nach ihrem Wortlaut bezieht sich die Personalveränderung nur auf die Gewährung einer Funktionszulage. Nur diese war Gegenstand der Einigung. Der Lohn des Klägers wurde nicht weitergehend angesprochen.
133(b) Auch die Personalveränderung vom 19.12.2012 enthält keine konstitutive Lohnvereinbarung, wobei erneut davon ausgegangen wird, dass ihr jedenfalls eine entsprechende (mündliche) Einigung zugrunde liegt.
134Sie ist gemäß §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass sie lediglich auf die befristete Weitergewährung der Funktionszulage bezieht.
135Für die Auslegung einer Willenserklärung schreibt § 133 BGB die Erforschung des wirklichen Willens vor. Dabei ist nicht der innere Wille maßgeblich. Entscheidend ist der Empfängerhorizont. Für Verträge schreibt § 157 BGB darüber hinaus vor, dass Treu und Glauben und die Verkehrssitte zu berücksichtigen sind. Es ist daher vom Wortlaut der Erklärung ausgehend der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen und unter Berücksichtigung der erkennbaren Begleitumstände zu ermitteln, welchen Willen der Erklärende gehabt hat und wie der Empfänger der Erklärung das Angebot des anderen Vertragsteils nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstanden hat oder verstehen musste. Zu den zu berücksichtigenden Begleitumständen gehören die Entstehungsgeschichte, das Verhalten der Parteien nach Abschluss des Rechtsgeschäfts, der Zweck der Vereinbarung und die beim Abschluss der Vereinbarung vorliegende Interessenlage (BAG, 08.03.2006 – 10 AZR 349/05 –, Rdnr. 35 ff., BAGE 117, 218).
136Schon nach dem Wortlaut der Personalveränderung war Gegenstand der Einigung ausschließlich die Vereinbarung einer Zulage von 100,00 Euro, die jederzeit kündbar sein sollte. Der Grundlohn wird so wenig erwähnt wie das sich unter Einschluss der Zulage ergebende Gesamtentgelt.
137Es sind auch keine Umstände außerhalb dieser Einigung ersichtlich, die dafür sprechen, dass das dynamisch ausgestaltete Entgelt nunmehr konstitutiv festgeschrieben werden sollte. Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass nach dem Willen beider Parteien das bisherige Entgelt nicht verändert werden sollte. Das „bisherige“ Entgelt, das sie tatsächlich gezahlt hat, war nicht das Entgelt, das der Kläger nach der Arbeitsvertragsgestaltung beanspruchen konnte. Die Beklagte behauptet selbst nicht, ihm die Zulage bei gleichzeitiger Ablösung der Entgeltdynamik angeboten zu haben. Es ist nicht ersichtlich, dass die Parteien überhaupt über etwas anderes als die Gewährung einer Zulage verhandelt haben. Auch nach der Interessenlage konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, der Kläger verbinde mit der Annahme des Angebots auf Zahlung einer Zulage den Willen, das tatsächlich in dem Zeitpunkt gezahlte Entgelt als vertraglich maßgeblich festschreiben zu wollen.
138Nach dem Wortlaut der Personalveränderung sind der Umfang der Arbeitszeit und die Höhe des Lohnes unverändert geblieben. Gegenstand der Einigung war die Bewilligung der Funktionszulage für die Zeit vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2013. Das zeigt sich schon in der Gestaltung der Personalveränderung, die in einem eigenen Textblock mit einem handschriftlichen Zusatz die Bewilligung der Funktionszulage hervorhebt.
139Das Gericht hat nicht verkannt, dass die angegebene Lohnhöhe mit dem Zusatz Vergütungsgruppe III versehen wurde. Nach Vortrag der Beklagten beruhte diese Angabe auf der Tatsache, dass aufgrund eines Einigungsstellenspruchs eine innerbetriebliche Vergütungsordnung eingeführt wurde. Diese bezieht sich jedoch nicht schon an sich auf den Lohnanspruch des Klägers. Regeln einer Betriebsvereinbarung und eine individualrechtliche Absprache denselben Gegenstand – hier die Eingruppierung und Vergütung – unterschiedlich, so gilt als Kollisionsregelung das Günstigkeitsprinzip. Es führt dazu, dass sich der Arbeitnehmer trotz Bestehens einer unmittelbar und zwingend wirkenden Regelung auf eine ihm günstigere einzelvertragliche Regelung berufen kann (BAG, 14.01.2014 – 1 ABR 57/12 - Rdnr. 21, NZA 2014, 922).
140Hier ist nicht ersichtlich, dass der Kläger den Willen hatte und ihn auch kundgetan hat, die innerbetriebliche Vergütungsordnung als arbeitsvertraglich maßgebend festzuschreiben. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass auch über die Entlohnung nach der neuen Vergütungsordnung, nicht nur über die Funktionszulage verhandelt wurde.
141(b) Nichts anderes ergibt sich aus den dargestellten Gründen aus der Personalveränderung vom 13.01.2014.
142(c) Die Kammer folgt jedoch der Auffassung der Beklagten, dass die Parteien mit der Personalveränderung vom 12.01.2015 den Lohn des Klägers mit Wirkung ab dem 01.01.2015 neu vereinbart haben. Das ergibt die Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB unter Zugrundelegung der bereits dargestellten Auslegungskriterien.
143Schon nach ihrem Wortlaut beschränkt sich die Vereinbarung der Parteien nicht auf den Fortfall der Funktionszulage, auch wenn dieser in einem gesonderten Textblock hervorgehoben wurde. Die Parteien haben den Lohn des Klägers ersichtlich neu gestaltet. Statt einer jeweils befristet bewilligten Funktionszulage erhält er ab dem 01.01.2015 den Lohnbetrag, den er zuvor einschließlich der Funktionszulage als Gesamtlohn erhielt, ohne den befristet vereinbarten Lohnbestandteil von 100,00 € in einem festen Entgeltbetrag von 2.059,77 €. Dass dieser der zusätzlich ausdrücklich angegebenen Vergütungsgruppe „VGO/Anl.-2/L2“ der innerbetrieblichen Vergütungsordnung entspricht, hat der Kläger nicht bestritten.
144Soweit er sich in der mündlichen Verhandlung darauf berufen hat, er habe nur den Willen gehabt, die Zahlung der Funktionszulage zu entfristen, ist dieser Wille in der Erklärung nicht zum Ausdruck gekommen. Maßgeblich ist nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert seines Verhaltens (Palandt – Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 133 BGB Rdnr. 9).
145Ein lediglich auf die Erhöhung des Lohnes um den Betrag der bisher gezahlten Funktionszulage gerichteter Wille ergab sich für die Beklagte auch nicht aus der Interessenlage des Klägers zum Zeitpunkt der Einigung. Ihrer Interessenlage entsprach es, einen festen Monatslohn entsprechend der innerbetrieblichen Vergütungsordnung zu zahlen. Das Interesse war für den Kläger erkennbar. Sein Interesse kann es aus Sicht der Beklagten gewesen sein, sich unabhängig von dem Prozessausgang jedenfalls einen Lohn von 2.059,77 € monatlich zu sichern. Es kann aber auch in seinem Interesse gelegen haben, den bestehenden Konflikt für die Zukunft zu bereinigen und sich hinsichtlich seiner Entlohnung in die innerbetriebliche Vergütungsordnung einzureihen, um so eine gewisse Lohnentwicklung sicherzustellen. Letzterem entspricht der Zweck der Vereinbarung, wie er sich aus ihrem Wortlaut ergibt. Es sollte gerade nicht nur die Zahlung der Funktionszulage entfristet werden.
146Der Kläger hätte sein Einverständnis mit der Neuregelung seiner Vergütung unter den Vorbehalt stellen können, dass nicht rechtskräftig die Verpflichtung der Beklagten festgestellt wird, ihn nach dem jeweils im Einzelhandel NRW geltenden Lohntarifvertrag zu vergüten. Ein solcher Vorbehalt lässt sich der Vereinbarung weder ausdrücklich noch konkludent entnehmen.
147Im Ergebnis hat der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Lohndifferenz für Januar 2015 und Februar 2015 in Höhe von insgesamt 756,24 €.
148cc. Für das Jahr 2014 kann er die Differenz zwischen dem gezahlten Lohn und dem Entgelt nach § 2 Lohngruppe II Lohnstaffel b des Lohntarifvertrags verlangen. Ein Anspruch auf Vergütung aus der Lohnstaffel c besteht nicht.
149(1) Zwischen den Parteien ist unstreitig geblieben, dass der Kläger ursprünglich bei Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft im Einzelhandelsverband Ostwestfalen-Lippe aus der Lohngruppe II Lohnstaffel c vergütet wurde. Er will an dieser Eingruppierung festhalten, während die Beklagte geltend macht, eine niedrigere Einstufung als die damals als zutreffend erachtete Lohngruppe sei richtig. Daraus folgt, dass sie die tatsächlichen Voraussetzungen für die als zutreffend angesehene Eingruppierung im Sinne der korrigierenden Rückgruppierung darlegen und beweisen muss (BAG, 20.03.2013 – 4 AZR 521/11 - Rdnr. 18, ZTR 2013, 615).
150Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (MTV) erfolgt die Festsetzung in einer besonderen Regelung, in dem jeweils gültigen Lohntarifvertrag. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 MTV wird der Arbeitnehmer in die seiner überwiegend ausgeübten Tätigkeit entsprechende Lohngruppe eingeordnet.
151Gemäß § 2 Abs. 1 des Lohntarifvertrags vom 10.12.2013 sind die gewerblichen Arbeitnehmer nach der von ihnen tatsächlich verrichteten Tätigkeit in eine der nachstehenden Lohngruppen einzugliedern, wobei die in den Lohngruppen aufgeführten Beispiele als Richtbeispiele gelten.
152Aus der Lohngruppe II des Lohntarifvertrags werden Arbeitskräfte für eine Tätigkeit vergütet, die ohne handwerkliche Vor- und Ausbildung ausgeführt wird. Dem entsprechen weitaus überwiegend die Beispiele in den Lohnstaffeln. Soweit dies wie bei dem Handelsfachpacker und dem Möbelfachpacker in der Lohnstaffel c nicht der Fall ist, haben die Tarifvertragsparteien eine vom Obersatz abweichende Sonderregelung getroffen, was in ihrer Regelungsbefugnis liegt (BAG 24.09.2008 – 4 ABR 83/07 - Rdnr. 15, NZA 2009, 224).
153Nach § 2 Lohngruppe II Lohnstaffel b werden Arbeitskräfte für Tätigkeiten vergütet, die in der Regel schweres Arbeiten erfordern. Als Beispiele sind die Tätigkeiten des Kommissionierers und des Lagerarbeiters genannt.
154Der Kläger ist als gewerblicher Mitarbeiter im Lager der Beklagten tätig.
155Die Lohnstaffel c erfordert gegenüber der Lohnstaffel b Tätigkeiten, die ein besonderes Geschick, Übung oder Erfahrung erfordern.
156Der Kläger erfüllt die Richtbeispiele der Lohnstaffel c nicht. Weder ist er überwiegend als Hubstaplerfahrer beschäftigt noch ist er Handelsfachpacker oder Möbelfachpacker. Er hat nicht vorgetragen, über eine Berufsausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik zu verfügen.
157Aus dem Vortrag der Parteien ergibt sich auch nicht, dass er Tätigkeiten verrichtet, die die Voraussetzungen des Obersatzes der Lohnstaffel c erfüllen.
158Zu den Aufgaben eines Lagerarbeiters gehören – wie vom Kläger geschildert – die Warenannahme, der Paketdienst, der Postversand, die Warenbewegung und die Warenausgabe. Es sind – wie auch die Beklagte einräumt – schwere körperliche Tätigkeiten. Nach dem Vortrag der Parteien sind die Hervorhebungsmerkmale der Lohnstaffel c jedoch nicht gegeben. Das folgt schon aus dem eigenen Vortrag des Klägers. Eine besondere Erfahrung ist nicht deshalb erforderlich, weil im Paketdienst dafür Sorge zu tragen ist, dass die eingehenden Postsendungen den richtigen innerbetrieblichen Adressaten erreichen. Die Kenntnis der Organisation ist bei jedem Lagerarbeiter vorauszusetzen, der im Rahmen des Paketdienstes oder der Warenbewegung Güter für Filialen oder innerbetriebliche Abteilung bereitstellen muss.
159Der Postversand stellt ebenfalls keine besonderen Anforderungen.
160Im Rahmen der Warenbewegung muss der Kläger Kommissionen für andere Filialen zusammenstellen und zu diesem Zweck auch das innerbetriebliche EDV-System nutzen. Da die EDV-gestützte Warenbewegung seit Jahren zum Alltag der Lagerlogistik, auch der Lagerarbeiter gehört – worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat – liegt es nicht auf der Hand, dass eine besondere Übung oder Erfahrung zur Aufgabenerfüllung von Nöten ist.
161Zu den jedem Lagerarbeiter nach dem Tätigkeitsbild obliegenden Aufgaben gehört dagegen nicht, Mietverträge mit Kunden über Mietfahrzeuge abzuschließen, die Fahrzeuge herauszugeben und entgegenzunehmen sowie auf Schäden zu kontrollieren. Diese Aufgabe mag Erfahrung erfordern.
162Eine besondere Geschicklichkeit mag auch bei der Montage von Kleinmöbeln und der Auslieferung von Möbeln an Kunden erforderlich sein.
163Die Abwicklung der Überlassung von Mietfahrzeugen an Kunden und die Kleinmöbelmontage bzw. die Möbelauslieferung stellen jedoch nicht die überwiegend von dem Kläger ausgeübte Tätigkeit dar. Er hat selbst eingeräumt, nur bei Bedarf Möbel zu montieren, bei Bedarf zu Arbeiten in den Ausstellungsräumen herangezogen zu werden und nur gelegentlich Möbel an Kunden auszuliefern. Die Abwicklung der Fahrzeugmietverträge kann schon nach der Art der Aufgabe nicht so häufig anfallen, dass sie die Tätigkeit des Klägers entscheidungserheblich mitprägt.
164Letztlich ist er auch nicht der Behauptung der Beklagten entgegengetreten, dass er die gleiche Arbeit verrichtet wie die anderen aus der Lohnstaffel b vergüteten gewerblichen Mitarbeiter im Lager, keine herausgehobene Position mit besonderen Aufgaben hat, die sie sich nach den Anforderungen aus der Lohnstaffel b herausheben.
165(2) Für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 30.04.2014 beträgt der Tariflohn der Lohnstaffel b 2.063,00 €, für die Zeit vom 01.05.2014 bis zum 31.12.2014 2.106,00 €.
166Die Beklagte hat an den Kläger ein Grundgehalt ohne Zulagen von 1.916,88 € gezahlt. Für vier Monate ergibt sich eine Differenz von 146,12 € monatlich, für acht Monate von 189,12 € monatlich, insgesamt von 2.097,44 €.
167dd. Die Ansprüche sind nicht gemäß § 242 BGB verwirkt.
168Nach § 242 BGB verstößt die Geltendmachung eines Rechts im Rahmen einer Gesamtschau dann gegen Treu und Glauben, wenn der Gläubiger längere Zeit zugewartet hat, obwohl er in der Lage war, das Recht geltend zu machen, der Schuldner nach dem Verhalten des Gläubigers davon ausgehen konnte, Ansprüche würden nicht mehr gestellt werden, er sich darauf eingestellt hat, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, und daraufhin eigene Dispositionen getroffen hat bzw. es ihm aufgrund besonderer Umstände nicht zuzumuten ist, sich auf die nunmehr geltend gemachten Ansprüche einzulassen (LAG Rheinland-Pfalz, 28.10.2013 – 5 Sa 257/13 –, Rdnr. 43, Anwaltsblatt 2014, 274 m. w. N.). Zwischen den ein Vertrauen begründenden Umständen und dem erforderlichen Zeitablauf besteht eine Wechselwirkung insofern, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen zu stellen sind, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (LAG Rheinland-Pfalz, a. a. O., Rdnr. 44 m. w. N.). Allerdings gilt die Einschränkung, dass, wer keine Kenntnis von einem möglichen Anspruch eines Dritten hat, auf das Ausbleiben einer entsprechenden Forderung allenfalls allgemein, nicht aber konkret hinsichtlich eines bestimmten Anspruchs vertrauen kann. Den Schutz vor unbekannten Forderungen hat das Verjährungsrecht zu gewährleisten, nicht aber der Grundsatz von Treu und Glauben (BAG, 18.02.2003 – 3 AZR 160/02 – Rdnr. 63, EzA § 10 AÜG Nr. 11). Das für die Verwirkung eines Anspruchs erforderliche Umstandsmoment wird auch dann regelmäßig fehlen, wenn der Verpflichtete davon ausgehen muss, der Berechtigte kenne den ihm zustehenden Anspruch nicht (LAG Rheinland-Pfalz, a. a. O., Rdnr. 48).
169Der Kläger das Zeitmoment erfüllt, indem er über einen Zeitraum von neun Jahren trotz mehrerer Tariflohnerhöhungen eine entsprechende Anpassung seines Lohnes nicht verlangt hat.
170Es kann dahinstehen, ob er das erforderliche Umstandsmoment dadurch gesetzt hat, dass er die Personalveränderungen vom 19.12.2012 und 13.01.2014 unterzeichnet hat.
171Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass sie sich darauf eingestellt hat, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, und dass sie daraufhin eigene Disposition getroffen hat. Sie hat eingeräumt, dass ihr die Erfüllung der klägerischen Ansprüche im Einzelfall nicht unzumutbar ist, hat aber auf das Gesamtvolumen der von vielen Arbeitnehmern geltend gemachten Ansprüche verwiesen. Daraus ergibt sich jedoch nicht, welche Dispositionen sie in dem Vertrauen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, getroffen hat. Ob und welche anders lautenden Änderungsvereinbarungen sie mit welchen Arbeitnehmern hätte treffen können, ist offen.
172Zu berücksichtigen ist auch, dass sie selbst davon ausgegangen ist, mit dem Kläger Vereinbarungen getroffen zu haben, die eine tarifliche Vergütung ausschließen. Insofern hatte sie keine Kenntnis von möglichen Ansprüchen und konnte deshalb auch kein schützenswertes Vertrauen in das Ausbleiben der Geltendmachung von Ansprüchen durch den Kläger entwickeln.
173ee. Er hat die Ausschlussfrist nach § 24 Abs. 1 c, Abs. 2 MTV, gemäß § 27 MTV am 01.05.2013 in Kraft getreten, gewahrt. Die Verfallfrist von sechs Monaten begann mit der Fälligkeit des ältesten Anspruchs aus Januar 2014 am Monatsschluss, § 10 Abs. 7 Satz 1 MTV, und endete am 31.07.2014. Sie wurde durch die am 11.07.2014 bei dem Arbeitsgericht Paderborn eingegangene, der Beklagten am 14.07.2014 zugestellte Klage gewahrt. Diese wahrt auch die Ausschlussfrist für die Ansprüche aus den Monaten Februar 2014 bis Juni 2014.
174Die Ausschlussfrist für die Ansprüche aus den Monaten Juli 2014 bis Dezember 2014 ist ebenfalls eingehalten worden.
175Zwar fordert § 24 MTV grundsätzlich die schriftliche Geltendmachung der Entgeltdifferenzen aus jedem einzelnen Monat. Die einmalige Geltendmachung reicht nach dem Wortlaut für künftige, noch nicht entstandene Ansprüche nicht aus. Eine Geltendmachung vor Entstehen eines Anspruchs widerspricht auch regelmäßig dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen (BAG, 16.01.2013 – 10 AZR 863/11 - Rdnr. 30, BAGE 144, 210).
176Etwas anderes gilt jedoch, wenn bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden kann. Das ist der Fall, wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht. Durch einmalige ordnungsgemäße Geltendmachung kann die Ausschlussfrist auch im Hinblick auf noch nicht entstandene Ansprüche gewahrt sein. Eine entsprechende Auslegung der tariflichen Ausschlussfrist kommt auch ohne ausdrückliche Regelung wie z.B. in § 37 TVöD in Betracht. Denn tarifliche Ausschlussfristen unterliegen einer einschränkenden Auslegung, wenn der mit der Ausschlussfrist verfolgte Zweck, dem Schuldner zeitnah Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, durch einmalige Geltendmachung erreicht wird. Die einschränkende Auslegung ist insbesondere geboten, wenn lediglich über die stets gleiche Berechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten wird (BAG, 16.01.2013 a.a.O. Rdnr. 31).
177Hier leitet der Kläger seine monatlichen Ansprüche auf Zahlung einer Entgeltdifferenz aus einem bestimmten Sachverhalt her, der für die streitgegenständlichen Monate unverändert geblieben ist. Das zeigt sich schon in dem Antrag aus der Klageschrift auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn künftig ein monatliches Grundentgelt von 2.295,00 € zu zahlen.
178b. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 291 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1, 247 BGB.
179Prozesszinsen sind in Anwendung von § 187 Abs. 1 BGB erst ab dem Tag zu zahlen, der auf den Tag der Klagezustellung folgt (BAG, 19.12.2007 – 5 AZR 1008/06 - Rdnr. 35, NZA 2008, 464).
180Da die Beklagte den auf den Tag der Klagezustellung datierten Beginn der Verzinsung nicht mit der Berufung angegriffen hat, war insoweit keine Korrektur veranlasst.
181Die Berufungsschrift des Klägers ist ihr am 06.03.2015 zugestellt worden.
1822. Seine Feststellungsanträge sind gemäß § 256 Abs. 2 ZPO in der zuletzt gestellten Fassung zulässig, aber unbegründet, da die Parteien – wie ausgeführt – mit Wirkung zum 01.01.2015 eine die tarifliche Anbindung der Lohnentwicklung ablösende Lohnvereinbarung geschlossen haben.
183B.
184Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
185Unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 10.889,86 € (36 Monate x 378,12 € Differenzbetrag x 80 %) hat der Kläger erstinstanzlich mit einem Betrag von 962,72 € obsiegt. Zweitinstanzlich hat seine Zahlungsklage mit einem Betrag von 2.097,44 € Erfolg gehabt.
186Die Zulassung der Revision für beide Parteien folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
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Annotations
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar.
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.
(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.
(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.
(4) und (5) weggefallen
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.