Bundessozialgericht Urteil, 17. März 2016 - B 4 AS 39/15 R

bei uns veröffentlicht am17.03.2016

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Mai 2015 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

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Im Streit steht die Berücksichtigung von Aufwendungen für Schülerbeförderung im Schuljahr 2013/2014.

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Der im April 2002 geborene Kläger lebt mit seinem Vater und seinen Geschwistern in einer Bedarfsgemeinschaft. Er bezog von August bis November 2013 sowie von Februar bis Juli 2014 aufstockende Leistungen für Unterkunft und Heizung von dem Beklagten, neben einer Halbwaisenrente von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz, Unterhalt und Kindergeld. Seit dem 13.8.2012 besuchte er den Sportzweig des fußläufig 3,6 km von der Wohnung seiner Familie entfernt liegenden H-Gymnasiums - Fußballklasse - in K (im Weiteren "K"). Bis Dezember 2012 erbrachte die Stadt K (Referat Schulen) Leistungen für Schülerbeförderung in Höhe von monatlich 32,50 Euro, abzüglich einer Eigenbeteiligung von 8 Euro monatlich, obwohl sie deren Gewährung durch Bescheid vom 24.4.2012 abgelehnt hatte. Zur Begründung der Ablehnung hatte sie ausgeführt, der Kläger müsse - anders als § 69 SchulG-RP es für die Übernahme von Schülerbeförderungskosten vorsehe - keinen Schulweg von mehr als 4 km zurücklegen, sondern lediglich von 2800 m. Auch sei der Fußweg nicht besonders gefährlich. Diese Ablehnung bestätigte die Stadt dem Vater des Klägers durch einen Vermerk vom 14.8.2013 auf dem vorgenannten Bescheid. Erstmals im Juli 2012 hatte der Vater für den Kläger eine Schülerjahreskarte erworben, für das Schuljahr 2013/2014 erneut. Am 10.7.2013 beantragte der Kläger Leistungen für Schülerbeförderung bei dem Beklagten. Dies lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 15.8.2013 unter Hinweis auf die Begründung der Stadt K ab. Im Widerspruchsbescheid vom 20.9.2013 führte der Beklagte aus, dass es sich bei dem H-Gymnasium nicht um die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs handele. In der Nähe des Wohnortes des Klägers befänden sich zwei andere Gymnasien; das 900 m entfernte A-Gymnasium mit musischem Schwerpunkt und das 1,3 km entfernte R-Gymnasium mit Englisch oder Französisch als erster Fremdsprache sowie einem "MINT"-Schwerpunkt.

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Mit seiner Klage gegen die ablehnende Entscheidung des Beklagten hat der Kläger vor dem SG geltend gemacht, dass der von ihm zurückzulegende Schulweg zum H-Gymnasium ein besonders gefährlicher sei, da ein Kreisel ohne Ampel und Fußgängerüberweg zu queren sei. Zudem führe der Weg an einer viel befahrenen Straße entlang. Es handele sich jedoch um die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs, ein Sportgymnasium. Das SG hat die Klage durch Urteil vom 20.11.2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger zwar einen besonders gefährlichen Schulweg zum H-Gymnasium zurückzulegen habe. Auch gewährleiste der Sportzweig dieser Schule eine zusätzliche Förderung, die über die der nächstgelegenen Gymnasien hinausgehe. Insoweit handele es sich jedoch nicht um eine schulische, sondern überwiegend außerschulische Förderung durch Verbände und Vereine. Lediglich der Stundenplan sei den von diesen vorgegebenen oder mit diesen abgesprochenen Trainingszeiten angepasst.

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Die Berufung des Klägers hiergegen hat das LSG durch Urteil vom 12.5.2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Übernahme der Schülerbeförderungskosten nach § 28 Abs 4 SGB II vorliegend nicht erfüllt seien. Bei dem H-Gymnasium handele es sich nicht um die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs. Zwar werde der Begriff des Bildungsgangs im SGB II nicht definiert. Auch ließen sich den Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte für seine Auslegung entnehmen. Ebenso könne, entgegen vielfacher Ausführungen in der Rechtsprechung der Instanzgerichte, den schulrechtlichen Vorschriften der Länder eine Definition dieses Begriffs nicht unmittelbar entnommen werden. Insoweit mangele es, anders als bei der Übernahme der Aufwendungen für mehrtägige Klassenfahrten, an einem ausdrücklichen gesetzlichen Verweis auf die schulrechtlichen Bestimmungen. Der Begriff des "Bildungsgangs" sei vielmehr bundeseinheitlich zu verwenden. Aus dem Umstand jedoch, dass der Bundesgesetzgeber den in den schul- und landesrechtlichen Bestimmungen sowie den Schulgesetzen üblichen Begriff des "Bildungsgangs" verwende, ohne ihn ausdrücklich mit einem grundsicherungsrechtlichen Inhalt zu versehen, sei zu schließen, dass eine schulische Ausbildung jedenfalls dann einen Bildungsgang iS des § 28 Abs 4 SGB II darstelle, wenn die schulrechtlichen Bestimmungen des Landes dies so vorsähen. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Für die Fahrtkostenübernahme nach § 69 Abs 3 S 2 SchulG-RP seien bei der Bestimmung der nächstgelegenen Schule Ausnahmen im Hinblick auf die Schulart iS der §§ 9, 10 SchulG-RP nur bei Schulen vorgesehen, die Besonderheiten wegen der zu wählenden ersten Fremdsprache aufwiesen. Unter Berücksichtigung dieser Ausnahme sei bei dem Begriff des Bildungsgangs einzig auf die jeweilige Schulart abzustellen. Weitere pädagogische oder organisatorische Schwerpunkte einer Schule hätten unberücksichtigt zu bleiben. Bei dem vom Kläger besuchten Sportgymnasium handele es sich jedenfalls nicht um eine Schule mit einer besonderen Ausrichtung. So werde nicht in einem erhöhten Maße Sport als Schulunterricht angeboten oder komme der Sportnote ein höherer Stellenwert zu. Vielmehr diene der Besuch der besonderen Sportklassen der Freihaltung des Unterrichts von Trainingszeiten in der gewählten Sportart. Die Stundenpläne würden in enger Abstimmung mit den Verbands- und Vereinstrainern gestaltet. Das vom Land Rheinland-Pfalz getragene Sportgymnasium stelle eine Maßnahme der Förderung des Hochleistungssports dar und keinen an den besonderen Fähigkeiten der Schüler orientierten Bildungsgang mit spezifischen Lernschwerpunkten und -anforderungen.

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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 28 Abs 4 SGB II. Das H-Gymnasium als Sportgymnasium sei als eigener Bildungsgang im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Es bestehe durchaus eine Verknüpfung zwischen schulischer Ausbildung und sportlicher Talentförderung.

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Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz von 12. Mai 2015 und des Sozialgerichts Speyer vom 20. November 2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 15. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 2013 monatlich Leistungen der Schülerbeförderung in Höhe von 34,30 Euro und vom 1. Januar bis 31. Juli 2014 in Höhe von 35,60 Euro, abzüglich eines Eigenanteils von 5 Euro monatlich zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die Ausführungen in der Entscheidung des LSG für zutreffend.

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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

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Der erkennende Senat vermochte nicht abschließend zu beurteilen, ob der Kläger für den streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Leistungen für Schülerbeförderung iS des § 28 Abs 4 SGB II hat. Es mangelt bereits an Feststellungen des LSG dazu, ob der Kläger im streitigen Zeitraum hilfebedürftig und auf Schülerbeförderung für den Besuch des H-Gymnasiums angewiesen war sowie es ihm zuzumuten war, die Aufwendungen hierfür aus dem Regelbedarf zu tragen. Anders als vom LSG angenommen - insoweit waren aus Sicht des Berufungsgerichts die vorbenannten Feststellungen nicht erforderlich - sind die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Schülerbeförderung dem Grund nach jedoch insoweit gegeben, als es sich bei dem von dem Kläger besuchten Sportgymnasium um die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs iS des § 28 Abs 4 S 1 SGB II handelt.

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1. Im Streit stehen Leistungen für Aufwendungen der Schülerbeförderung iS des § 28 SGB II im Zeitraum vom 1.8.2013 bis 31.7.2014, wie sie der Beklagte durch Bescheid vom 15.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.9.2013 abgelehnt hat, der Höhe nach begrenzt durch den Antrag des Klägers im Revisionsverfahren.

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Dieser Anspruch kann isoliert und allein als Anspruch des minderjährigen Klägers gerichtlich durchgesetzt werden (BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 12/13 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 8 RdNr 14). Er wird vom Kläger zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgt.

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2. Unter Berücksichtigung der Feststellungen des LSG, insbesondere zu der Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung und der Vermittlung des Klägers in das SGB II durch seinen Vater als Kopf der Bedarfsgemeinschaft, geht der erkennende Senat vorliegend davon aus, dass die Voraussetzung der Leistungsberechtigung iS des § 7 SGB II, insbesondere der Hilfebedürftigkeit iS des § 9 SGB II, im überwiegenden Teil des hier streitigen Zeitraumes gegeben waren. Nicht zu beurteilen vermag das BSG hingegen, ob die Leistungsvoraussetzungen für einen Anspruch nach § 28 Abs 4 SGB II auch in den Monaten Dezember 2013 und Januar 2014, in denen der Kläger keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten hat, vorlagen. Bei der Bewertung der nachzuholenden Feststellungen insoweit wird das LSG auch §§ 19 Abs 3 S 3, 28 Abs 1 S 1 und 11 Abs 1 S 4 SGB II zu berücksichtigen haben, denn die Leistungen der Bildung und Teilhabe sollen besondere Bedarfslagen bei Kindern und Jugendlichen im Einzelfall und unabhängig von der übrigen Bedarfsgemeinschaft gezielt decken(BT-Drucks 17/3404, S 104).

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3. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 28 Abs 4 SGB II idF des Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 7.5.2013 (mit Wirkung vom 1.8.2013, BGBl I 1167) konnte der erkennende Senat nur insoweit abschließend beurteilen, als es sich bei der von dem Kläger besuchten Schule um die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs handelt. Nach § 28 Abs 4 S 1 SGB II werden bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden und es der leistungsberechtigten Person nicht zugemutet werden kann, die Aufwendungen aus dem Regelbedarf zu bestreiten. Zur Ausfüllung des Begriffs der "nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs" ist bundeseinheitlich darauf abzustellen, ob es sich bei der besuchten Schule um eine solche handelt, die gegenüber den näher gelegenen Schulen einen eigenständigen Bildungsgang im Sinne eines eigenständigen Profils mit besonderer inhaltlicher Ausrichtung innerhalb der gewählten Schulart aufweist, sodass sie insoweit die "nächstgelegene" ist. Dies kann zwar weder dem Wortlaut der Norm, noch der Gesetzesbegründung oder landesschulrechtlichen Regelungen entnommen werden (a). Diese Ausfüllung des Begriffs der "nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs" folgt jedoch zwingend aus dem Sinn und Zweck der Leistungen für Schülerbeförderung als Teil des das Existenzminimum sicherstellenden "Bildungs- und Teilhabepakets" für Kinder und Jugendliche, unter Berücksichtigung systematischer Erwägungen und der Einbeziehung von Kriterien, die in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zum BAföG entwickelt worden sind (b).

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a) Was unter der "nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs" zu verstehen ist, lässt sich der Vorschrift des § 28 Abs 4 SGB II selbst nicht entnehmen. Diese Begriffe werden im Grundsicherungsrecht auch nicht definiert oder in anderem Zusammenhang verwendet. Ebenso sind sie umgangssprachlich nicht klar konturiert.

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Die Gesetzesmaterialien sind insoweit ebenso wenig ergiebig. Dort werden die Begriffe "nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs" zunächst durch "Primärstufe, Sekundarstufe I und II" (BT-Drucks 17/4095, S 21) und später beispielhaft als "Grundschule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Gesamtschule, Gemeinschaftsschule" umschrieben (BT-Drucks 17/4095, S 30 zur Einfügung des § 28 Abs 3a SGB II). Dem LSG ist zuzugeben, dass der "gewählte Bildungsgang" jedoch nicht mit der Schulstufe gleichgesetzt werden kann, denn diese ist nicht wählbar. Ferner ist letzterer Konkretisierungsversuch auch insoweit unschlüssig, als etwa die Gesamtschule in zahlreichen Bundesländern sowohl die Schulart der Realschule als auch des Gymnasiums umfasst.

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Zutreffend geht das LSG ebenfalls davon aus, dass der Begriff des "gewählten Bildungsgangs" auch nicht den landesrechtlichen Bestimmungen zu entnehmen ist (s zum Verhältnis von Bundesrecht zu schulrechtlichen Bestimmungen der Länder ausführlich BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 204/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 15 RdNr 13 ff). Abgesehen davon, dass er dort sehr uneinheitlich verwendet wird, zeigt die Gesetzesgeschichte, dass die landesrechtlichen Regelungen hier außer Betracht zu bleiben haben. So wird in der Ausschussdrucksache betont, dass die Schülerbeförderungskosten in einigen Bundesländern regelhaft nur bis zum Abschluss der Sekundarstufe 1 übernommen würden. Die neuen Leistungen des § 28 Abs 4 SGB II sollten gezielt darüber hinausgehen. Insoweit galt es der Aufforderung des BVerfG an den Gesetzgeber nachzukommen, hilfebedürftige Schülerinnen und Schüler mit den für den Schulbesuch notwendigen Mitteln auszustatten (Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175, 241 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 181), soweit insbesondere die Länder im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen dafür keine gleichwertigen Leistungsansprüche bereithielten (BT-Drucks 17/4095, S 30). Wenn mithin die Regelungen der Länder vielfach als nicht ausreichend analysiert und die Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Regelung erkannt worden ist, sind die schulrechtlichen Regelungen der Länder ungeeignet, um als Auslegungshilfe bei der verwendeten Begrifflichkeit zu dienen.

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Zudem mangelt es bereits in der bundesrechtlichen Regelung des § 28 Abs 4 SGB II, anders als im Hinblick auf die Leistungen für eine angemessene Lernförderung nach § 28 Abs 5 SGB II und die mehrtägige Klassenfahrt nach § 28 Abs 2 SGB II(s noch zur Regelung des § 23 Abs 3 S 1 Nr 3 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954; BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 204/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 15), an einem ausdrücklichen Verweis auf die schulrechtlichen Bestimmungen der Länder. Der Begriff wird demnach ausschließlich in einen bundesrechtlichen Bezugsrahmen gestellt. Dies entspricht auch der Verantwortungsverteilung zwischen Bund und Ländern im Bereich der Existenzsicherung. So hat das BVerfG in seinem Urteil vom 9.2.2010 die Erwägung der Bundesregierung, die Bedarfsdeckung obliege im Bereich des Bildungswesens den Ländern, als nicht tragfähig befunden (Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175, 241 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 181). Da der Bund mit der Einfügung der Regelung über die Schülerbeförderung zum 1.1.2011 in das SGB II - als Teil des "Bildungs- und Teilhabepakets" (durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453) - zugleich die Anforderungen des BVerfG einfachgesetzlich umgesetzt hat (BT-Drucks 17/12036, S 1), muss sich die Ausfüllung des bundesrechtlichen Bezugsrahmens an den Anforderungen des BVerfG für die Ausgestaltung der existenzsichernden Leistungen für Kinder und Jugendliche ausrichten.

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b) Anknüpfungspunkt des BVerfG insoweit ist die Gewährleistung des gleichberechtigten Zugangs zu Bildung im schulischen und außerschulischen Bereich für Kinder und Jugendliche aus besonders förderungsbedürftigen Haushalten (BT-Drucks 17/12036, S 1). Dieser ist als erforderlich befunden worden, um die materielle Basis für Chancengerechtigkeit herzustellen. Insbesondere in der Bildung hat der Gesetzgeber dabei eine Schlüsselfunktion zur nachhaltigen Überwindung von Hilfebedürftigkeit und zur Schaffung von zukünftigen Lebenschancen erkannt (BR-Drucks 661/10, S 168). Zugleich besteht allerdings ein Spannungsverhältnis zwischen dem die Menschenwürde achtenden Sozialstaat, der nachrangig Leistungen aus dem Fürsorgesystem erbringt, und der Notwendigkeit, insbesondere Schülerinnen und Schüler aus einkommensschwachen Haushalten - durch Entwicklung und Entfaltung ihrer Fähigkeiten - in die Lage zu versetzen, ihren Lebensunterhalt später aus eigenen Kräften bestreiten zu können (BR-Drucks 661/10, S 168, unter Hinweis auf BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175, 246 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 192). Die Auslegung des Begriffs der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs hat daher der Realisierung von Bildungs- und Lebenschancen und dem Nachrang der Fürsorgeleistung im Sinne der Reduzierung der Aufwendungen auf ein notwendiges Maß Rechnung zu tragen. Der Nachrang findet in § 28 Abs 4 S 1 SGB II seine Anknüpfung dergestalt, dass Fahrtkosten nur zur nächstgelegenen und nicht einer beliebig weit entfernten Schule als Bedarf anerkannt werden. Die Förderung der Chancengleichheit und die Rücksicht auf die Fähigkeiten sowie Begabungen des einzelnen Schülers, um Lebenschancen zu ermöglichen, schlägt sich in den Worten des "gewählten Bildungsgangs" nieder. Um die letztbenannten Ziele dabei tatsächlich zu erreichen, kann zur Ausfüllung des Begriffs des "Bildungsgangs" nicht allein auf die Schulart abgestellt werden. Im Hinblick auf Begabung und Fähigkeiten kommt es darauf an, dass sie in der nächstgelegenen Schule auch gefördert und damit Lebenschancen erweiternd eingesetzt werden können sowie Chancengleichheit damit gewährleistet wird. Daher ist auf das Profil der Schule der besuchten Schulart abzustellen, soweit hieraus eine besondere inhaltliche Ausgestaltung des Unterrichts folgt, die nicht der der nächstgelegenen Schule entspricht. Hiervon ist auch auszugehen, wenn - wie vorliegend - die Schule durch organisatorische Vorkehrungen die Vermittlung besonderer Inhalte durch Dritte ermöglicht.

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Insoweit kann an die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu § 2 Abs 1a S 1 Nr 1 BAföG angeknüpft werden. Nach dieser Vorschrift wird Ausbildungsförderung für den Besuch einer in § 2 Abs 1 Nr 1 BAföG bezeichneten Ausbildungsstätte nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist(idF der Neubekanntmachung vom 7.12.2010, BGBl I 1952). Auch in der genannten Regelung geht es um das Ob und die Höhe einer Leistung, die die Durchführung der Ausbildung gewährleisten soll, wenn eine zumutbar zu besuchende Ausbildungsstätte nicht in der Nähe zur elterlichen Wohnung gelegen ist. Das BVerwG hat zur Abgrenzung entschieden, es genüge für die Annahme einer entsprechenden zumutbaren Ausbildungsstätte iS des § 2 Abs 1a S 1 Nr 1 BAföG nicht, dass dort der gleiche Abschluss erreicht werden könne. So seien zB Gymnasien nach Lehrstoff und Lehrinhalten verschieden (BVerwG Beschluss vom 20.9.1996 - 5 B 177/95 - juris RdNr 4; BVerwG Urteil vom 31.3.1980 - 5 C 41.78 - juris; vgl auch Pesch in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl 2014, § 2 RdNr 63). Insoweit sind in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung als Differenzierungskriterien angesehen worden: Unterschiedliche Aufnahmebedingungen und Prüfungsvoraussetzungen oder organisatorische Gestaltungen (BVerwG Urteil vom 16.12.1976 - V C 43.75 - BVerwGE 51, 354, 357), unterschiedliche weltanschauliche oder konfessionelle Prägungen (BVerwG Urteil vom 14.12.1978 - V C 49.77 - BVerwGE 57, 198, 200; VG Würzburg Urteil vom 22.10.2015 - W 3 K 14.385 - juris RdNr 17; s auch Pesch in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl 2014, § 2 RdNr 62)oder mit einem nicht unerheblichen Anteil über den üblichen Fächerkanon hinausgehende sprach- oder berufsspezifische Unterrichtsangebote, die der Schule insgesamt ihre Prägung geben (Bayerischer VGH Beschluss vom 18.5.2015 - 12 ZB 14.2860 - juris RdNr 12). Hieran anknüpfend wird insbesondere das Profil einer Schule als Differenzierungskriterium angesehen (VG Göttingen Urteil vom 24.3.2015 - 2 A 780/13 - juris RdNr 40; s auch Blanke/Deres, Ausbildungsförderungsrecht, 38. Aufl 2014, § 2 Anm 2.1a.9 und 2.1a.10), auch im Hinblick auf sportliche Leistungsanforderungen sowohl bei der Aufnahme, als auch bei der Frage der Berechtigung des Verbleibs auf der Schule (VG Dresden Beschluss vom 16.8.2011 - 5 L 409/11 - juris RdNr 27). Ähnliche Überlegungen sind im Übrigen auch in der Literatur zu § 28 Abs 4 SGB II angestellt worden(ähnlich Thommes in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 12/2015, § 28 RdNr 24; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 7/2015, § 28 RdNr 66; aA wohl Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 28 RdNr 118).

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Der von dem Kläger besuchte Sportzweig des H-Gymnasiums ist in diesem Sinne ein Bildungsgang mit einem eigenständigen Profil, das eine besondere inhaltliche Ausgestaltung des Unterrichts mit sich bringt. Im konkreten Fall kommt das LSG auch nur deswegen zu einer anderen Wertung, weil es insoweit von einem unzutreffenden Maßstab ausgeht. Es stellt ausschließlich darauf ab, dass der verstärkte Sportunterricht mit dem Ziel des Erwerbs von Fähigkeiten, die für den Hochleistungssport erforderlich sind, nicht in der und durch die Schule selbst, sondern in Kooperation mit den Vereinen und Verbänden, getragen von diesen, erfolgt. Zutreffend hieran ist zwar, dass rein außerschulische Strukturen, die nur an die Organisation "Schule" angeschlossen sind, nicht als eigenes Profil einer Schule anzusehen sind, wenn es gilt, diese unter den Begriff des "gewählten Bildungsgangs" zu fassen (vgl VG Würzburg Urteil vom 22.10.2015 - W 3 K 14.385 - juris RdNr 19 f). Ist die organisatorische Struktur der Schule jedoch auf die außerschulische Aktivität ausgerichtet, wird also der Unterricht zeitlich/organisatorisch an die außerschulische Aktivität angepasst, so ist dies das prägende Profil der Schule. Dies gilt umso mehr, wenn, wie vom LSG für das H-Gymnasium in K festgestellt, auch die Aufnahmevoraussetzungen und die Versetzung in die Klassenstufe 7 von den Leistungen in diesen außerschulischen Aktivitäten abhängen. Dass es sich bei dem H-Gymnasium auch um das nächstgelegene Sportgymnasium iS des § 28 Abs 4 SGB II handelt, ist den Feststellungen des LSG zu entnehmen, wenn es darauf verweist, dass die anderen beiden Gymnasien im Umkreis des Wohnortes des Klägers über andere Profile verfügen (musischer bzw MINT-Schwerpunkt).

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4. Nicht abschließend konnte der Senat darüber befinden, ob der Kläger auf Schülerbeförderung für den Besuch des H-Gymnasiums angewiesen war. Auch der Begriff des auf Schülerbeförderung Angewiesenseins wird in § 28 Abs 4 SGB II nicht näher umschrieben. Da in allen landesschulrechtlichen Bestimmungen im Bundesgebiet als Maßstab insoweit in erster Linie auf die Entfernung zwischen dem Wohnort und der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs abgestellt wird, kann dies hier auch für die Auslegung des Bundesrechts herangezogen werden (vgl Thommes in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 12/2015, § 28 RdNr 25; aA Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 34, der wohl die landesrechtlichen Bestimmungen vollständig in die Prüfung einbeziehen möchte - dazu jedoch unter 3c). Dabei kommt es darauf an, ob dieser Weg zumutbar zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden kann oder ob dies nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich ist, für deren Benutzung sodann Leistungen zur Schülerbeförderung zu erbringen sind (s Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 28 RdNr 125; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 7/2015, § 28 RdNr 67). Die Zumutbarkeit ist anhand der örtlichen Besonderheiten und/oder der persönlichen Umstände des Schülers zu bemessen (s auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 34). Das heißt, es ist abzustellen zB auf die Beschaffenheit des zurückzulegenden Weges, das Verkehrsaufkommen dort, das Alter des Schülers, etwaige körperliche Beeinträchtigungen oder die Erforderlichkeit des regelmäßigen Transportes größerer Gepäckstücke (vgl Leopold in Schlegel/Voelzke, juris PK, SGB II, 4. Aufl 2015, § 28 RdNr 125; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 7/2015, § 28 RdNr 67). Hierzu hat das LSG keine Feststellungen getroffen. Es stellt im Tatbestand seines Urteils lediglich dar, wie der Weg des Klägers zum H-Gymnasium verkehrstechnisch beschaffen ist. Eine Einschätzung, etwa folgend der des SG, dass es sich bei dem Fußweg von der Wohnung des Klägers zum H-Gymnasium um einen besonders gefährlichen Weg handele, hat es nicht vorgenommen. Auch wenn vieles dafür spricht, dass die Bewertung des SG zutreffend sein könnte, wird das LSG - als Tatsacheninstanz - sie im wieder eröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben, um sodann auf dieser Grundlage beurteilen zu können, ob der Kläger auf Schülerbeförderung für den Besuch des H-Gymnasiums angewiesen ist.

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5. Ebenso wird das LSG zu entscheiden haben, in welcher Höhe die Aufwendungen des Klägers für Schülerbeförderung erforderlich waren. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass die von dem Kläger in seinem Antrag bezifferten Beträge von 32,50 Euro und 34,30 Euro seinen tatsächlichen Aufwendungen für die Schülerjahresfahrkarte entsprechen. Dazu, ob diese tatsächlichen Aufwendungen jedoch erforderlich waren um das H-Gymnasium mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, hat das LSG bisher ebenso wenig Feststellungen getroffen, wie zur Beantwortung der Frage danach, ob sie durch Dritte, etwa die Sportvereine, die in das Lernkonzept des besuchten Gymnasiums eingebunden sind, übernommen worden sind. Dabei wird es auch zu berücksichtigen haben, dass der Kläger seinen Klageantrag bereits insoweit beschränkt hat, als er Aufwendungen reduziert um einen monatlichen Eigenanteil von 5 Euro iS des § 28 Abs 4 S 2 SGB II(in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013, BGBl I 1167, mW zum 1.8.2013) begehrt. Daher ist nicht mehr darüber zu befinden, ob ein niedrigerer Eigenanteil unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen ist. Das LSG wird vielmehr nur noch zu prüfen haben, ob auch ansonsten von einem Regelfall auszugehen ist.

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6. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

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Beim Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 gelten ergänzend folgende Maßgaben:1.Als Regelbedarf wird bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 6, vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahre

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Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2014 verurteilt, dem Kläger Fahrtkosten für die Fahrten zur Wahrnehmung des Förderunterrichts von A. nach J. am 11.

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(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.2.2011 bis 30.4.2011.

2

Der Beklagte bewilligte dem Kläger, seiner Mutter sowie seinen Geschwistern im Jahr 2010 und bis Ende April 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ab dem 1.7.2011 erhielt die Familie Wohngeld und für die Kinder wurde Kinderzuschlag gewährt. Der Kläger besuchte im streitigen Zeitraum die Klassenstufe 7 eines Gymnasiums im musischen Zweig. Bereits in der 5. und 6. Klasse hatte er ein Cello für den Musikunterricht an der Schule zu einer halbjährlichen Leihgebühr von 90 Euro ausgeliehen, fällig jeweils zum 1.2. und 1.8. des Jahres. Am 8.2.2011 erfolgte erneut eine Abbuchung der Leihgebühr für das Cello vom Konto der Mutter des Klägers. Sie stellte daraufhin für den Kläger am 21.2.2011 einen Antrag auf Übernahme dieser Aufwendungen durch den Beklagten als Teilhabeleistungen nach § 28 Abs 7 SGB II. Zur Begründung führte sie aus, dass es für den Besuch des musischen Zweigs der Schule zwingend erforderlich sei, ein Instrument zu spielen. Der Beklagte lehnte die Gewährung von Teilhabeleistungen durch Bescheid vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 mit der Begründung ab, dass die Übernahme der Leihgebühren für ein Instrument grundsätzlich nach § 28 Abs 7 SGB II nicht förderfähig sei. Die Vorschrift gewährleiste insoweit lediglich die Teilnahme an außerschulischem Unterricht.

3

Den im Juli 2011 gestellten Antrag auf Übernahme der Kosten für einen Freizeitaufenthalt in einem "Dance Camp" vom 30.8. bis 3.9.2011 beschied der Beklagte durch die Bewilligung von Teilhabeleistungen in Höhe von 120 Euro (Bescheid vom 17.8.2011).

4

Im Klageverfahren hat das SG Mannheim den Beklagten zur Übernahme der Leihgebühren für den Zeitraum vom 1.2.2011 bis 31.7.2011 (Anm = 90 Euro) und 30 Euro für den Zeitraum vom 1.8.2011 bis 31.1.2012 verurteilt (Gerichtsbescheid vom 12.1.2012). Im Berufungsverfahren haben die Beteiligten den streitigen Zeitraum wie eingangs dargelegt beschränkt. Das LSG hat den Zeugen A. zu der Praxis der Schule im Hinblick auf die Leihgebühren für Musikinstrumente vernommen sowie den Zeugen H. hierzu schriftlich befragt. Letzterer hat angegeben, im Musikprofil und zur Nutzung in der Schule - ab der Klassenstufe 7 - würde keine Gebühr für das Ausleihen der Musikinstrumente erhoben. Dies sei nur in den Klassenstufen 5 und 6 sowie bei privater Nutzung ab der Klassenstufe 7 der Fall. Eine Nutzung des Cellos außerhalb der Schule oder einer privaten Einrichtung hat die Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG verneint. Das LSG hat der Berufung des Beklagten durch Urteil vom 23.1.2013 stattgegeben, den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ua ausgeführt, bei den Leistungen zur Teilhabe nach § 28 Abs 7 SGB II handele es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand. Der hilfebedürftige Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf die Übernahme der Leihgebühren für das Cello. Zwar habe er den Antrag auf die Leistung rechtzeitig gestellt. Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II würden jedoch nicht für einen durch den Schulbesuch entstehenden Bedarf gewährt. Sie dienten der Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben. Die Leihgebühr für das Cello sei hier kein außerschulischer Bedarf, sondern diene der Teilnahme am Unterricht in der Klassenstufe 7. Hierfür seien insbesondere die Leistungen für den persönlichen Schulbedarf vorgesehen. § 21 Abs 6 und die Darlehensgewährung nach § 24 SGB II schieden als Anspruchsgrundlagen ebenfalls aus. Der Leistungsanspruch für das Jahr 2011 sei zudem durch die Leistungsgewährung für die Teilnahme an dem Dance Camp in vollem Umfang erloschen.

5

Die vom LSG zugelassene Revision gegen dieses Urteil begründet der Kläger mit einer Verletzung von § 28 Abs 7 SGB II durch die Auslegung des LSG. Die Leistungen nach dieser Vorschrift seien nicht nur für außerschulische Aktivitäten gedacht, sondern sollten die Integration von Kindern und Jugendlichen in die Gemeinschaft, auch die schulische, befördern. Es solle verhindert werden, dass "arme" Kinder und Jugendliche von Gemeinschaftsaktivitäten ausgeschlossen würden. Dazu gehöre auch das gemeinsame Musizieren mit den anderen Kindern derselben Klassenstufe in der Schule. Zudem könne der Argumentation des Beklagten nicht gefolgt werden, dass zwar die Finanzierung des außerschulischen Musikunterrichts, nicht jedoch die Leihgebühren für ein Musikinstrument über Leistungen zur Teilhabe zu gewährleisten sei.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Januar 2013 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Januar 2012 zurückzuweisen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

10

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Übernahme der Leihgebühren für das Cello im Zeitraum vom 1.2. bis 30.4.2011 durch den Beklagten. Das LSG hat den Bescheid des Beklagten vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 zutreffend für rechtmäßig befunden.

11

Der Kläger konnte den Streitgegenstand zwar zulässigerweise auf die Erstattung der Leihgebühren für das Cello beschränken. Ein Anspruch hierauf scheitert auch nicht daran, dass der Kläger den Antrag erst am 21.2.2011 gestellt hat. Als Anspruchsgrundlage kommt jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht § 28 Abs 7 SGB II in Betracht. Nach der Rechtslage bis zum 31.7.2013 waren Bedarfe in Gestalt der Übernahme von Leihgebühren für ein Musikinstrument nicht durch Teilhabeleistungen nach dieser Vorschrift zu decken. Auch sind grundsätzlich für schulischen Unterricht als Bedarf keine Teilhabeleistungen nach § 28 Abs 7 SGB II zu erbringen. Der Kläger kann sein Begehren ebenso wenig auf § 21 Abs 6 SGB II stützen.

12

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Leihgebühren für das Cello im Zeitraum vom 1.2.2011 bis 30.4.2011 in Höhe von 10 Euro monatlich (insgesamt 30 Euro) als Zuschuss. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.4.2011 einen Anspruch auf Leistungen hierfür zutreffend verneint. Auf eine darlehensweise Gewährung der Miete für das Cello hat der Kläger schriftsätzlich gegenüber dem erkennenden Senat verzichtet.

13

Anknüpfend an die Rechtsprechung des BSG zu den Leistungen für Klassenfahrten und Schulbücher nach altem Recht (anzuwendendes Recht bis zum 31.12.2010) geht der erkennende Senat davon aus, dass es sich auch bei dem Anspruch auf Leistungen für Teilhabe gemäß § 28 Abs 7 SGB II um einen Individualanspruch desjenigen handelt, der den entsprechenden Bedarf geltend macht(vgl zur alten Rechtslage: BSG vom 22.11.2011 - B 4 AS 204/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 15 RdNr 10; BSG vom 10.5.2011 - B 4 AS 11/10 R - SozR 4-4200 § 44 Nr 2 RdNr 15; BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 9; BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, RdNr 13). Wortlaut sowie Sinn und Zweck des zum 1.1.2013 in Kraft getretenen § 28 Abs 1 S 1 SGB II unterstreichen die Übertragbarkeit der bisherigen Rechtsprechung zur alten Rechtslage auf die Leistungen für Bildung und Teilhabe. In § 28 SGB II werden als ausschließlich anspruchsberechtigt für die Schulbedarfe und außerschulischen Teilhabebedarfe Kinder und Jugendliche bezeichnet. Es handelt sich mithin nicht um Leistungen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft, sie sind vielmehr den einzelnen Kindern und Jugendlichen in der Bedarfsgemeinschaft individuell zuzuordnen.

14

Dieser Anspruch kann isoliert gerichtlich durchgesetzt werden (zu Klassenfahrten nach altem Recht vgl: BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 1/09 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 9 RdNr 11; BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 9; so auch BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1, RdNr 13 und Erstausstattung: BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 11; BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 13 RdNr 11). Durch die Einführung der Bildungs- und Teilhabeleistungen nach § 28 SGB II aufgrund von Art 2 Nr 31 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und Änderung des SGB II und SGB XII ( vom 24.3.2011, BGBl I 453, mWv 1.1.2011) ist insoweit keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage eingetreten. Im Gegenteil: Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischer Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Norm verdeutlichen, dass es sich auch weiterhin um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt. Nach § 28 Abs 1 S 1 SGB II werden Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Sie sind mithin zusätzlich zum Regelbedarf (s auch Thommes in Gagel, SGB II/SGB III, § 28 SGB II, RdNr 2, Stand III/2013; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 5, Stand XII/12)bzw anknüpfend an die Forderung des BVerfG (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 203)ggf auch ausschließlich zur Gewährleistung des Existenzminimums zu erbringen, wenn nur durch sie allein Hilfebedarf ausgelöst wird (s hierzu § 19 Abs 3 S 3 SGB II). Dies wird in der Begründung zum Entwurf des RBEG/SGBII/SGB XII-ÄndG ausdrücklich unterstrichen, wenn es dort heißt, dass die materielle Ausstattung von Schülerinnen und Schülern für die Teilnahme an schulischen Aktivitäten sowie außerschulischer Bildung durch gesonderte und zielgerichtete Leistungen zu gewährleisten sei. Die Bedarfe seien vorbehaltlich des § 19 Abs 3 S 3 SGB II selbständig zu gewähren(BT-Drucks 17/3404, S 104).

15

Auch die systematische Betrachtung belegt die Möglichkeit der Abtrennbarkeit der Bildungs- und Teilhabeleistungen als eigenständigen Streitgegenstand. Zwar bleiben die Bildungs- und Teilhabeleistungen Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von Kindern und Jugendlichen, also der Maßnahmen zur Sicherung deren Existenzminimums (s hierzu BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - RdNr 44, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-4200 § 20 Nr 18; s auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 8; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 7, Stand XII/12). Sie sind jedoch mit Ausnahme der Leistungen nach § 28 Abs 3 SGB II(persönlicher Schulbedarf) gemäß § 37 Abs 1 S 2 SGB II gesondert zu beantragen. Dies spricht dafür, dass auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers Bildungs- und Teilhabeleistungen eigenständig einklagbar sein sollen. Die Regelung des § 37 Abs 1 S 2 SGB II begründet keine Zweifel an dieser Auslegung. Insoweit folgt der Gesetzgeber lediglich der Rechtsprechung des BSG zur Rechtslage vor dem 1.1.2011. Es hatte eine gesonderte Antragstellung für den persönlichen Schulbedarf nicht für erforderlich gehalten, weil dieses Begehren vom Antrag auf Alg II/Sozialgeld umfasst sei (ausführlich BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 14 f). Die Möglichkeit der isolierten Einklagbarkeit entspricht auch dem Sinn und Zweck der Leistungen für Bildung und Teilhabe. Sie sollen dazu dienen, besondere Bedarfslagen bei Kindern und Jugendlichen im Einzelfall und unabhängig von der übrigen Bedarfsgemeinschaft gezielt zu decken (BT-Drucks 17/3404, S 104).

16

Schließlich verfolgt der Kläger den Anspruch auf Leistungen für die Miete des Cellos - nachdem die Leihgebühren bereits vom Konto der Mutter abgebucht worden waren - im hier streitigen Zeitraum in zulässiger Weise als Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (s zum Kostenerstattungsanspruch ausführlich: BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - RdNr 11 und 20 f, zur Veröffentlichung vorgesehen).

17

2. Der Kläger hat die Teilhabeleistung auch rechtzeitig beantragt. Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Feststellungen des LSG die Mutter des Klägers die Übernahme der Leihgebühren erst am 21.2.2011 beim Beklagten beantragt hat, obwohl sie bereits am 1.2.2011 fällig geworden und am 8.2.2011 von ihrem Konto abgebucht worden sind. Ebenso wenig ist hinderlich, dass § 37 Abs 2 S 2 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, nach dem der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf den Ersten des Monats zurückwirkt, erst zum 1.4.2011 in Kraft getreten ist. Für Leistungen nach § 28 Abs 2 und 4 bis 7 SGB II gilt nach der Übergangsvorschrift des § 77 Abs 8 SGB II(idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453), dass der Antrag hierauf abweichend von § 37 Abs 2 S 2 SGB II als zum 1.1.2011 gestellt gilt, wenn sie für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.5.2011 bis zum 30.6.2011 rückwirkend beantragt werden.

18

3. Dahingestellt bleiben konnte zum einen, welche Auswirkungen das Begleichen der Forderung der Gebühren vor der Antragstellung auf den Kostenerstattungsanspruch des Klägers haben könnte. Dies gilt sowohl für die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs an sich (s hierzu ausführlich BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - RdNr 11 und 20 f, zur Veröffentlichung vorgesehen sowie die Rechtsänderung zum 1.8.2013 durch Einführung von § 30 SGB II mit der Möglichkeit der nachträglichen Erstattung, BGBl I 1167, Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013), als auch für das Verhältnis der hier begehrten Geldleistung zu der nach § 28 Abs 7 iVm § 29 Abs 1 S 1 SGB II vorgesehenen Leistungsart der Sach- und Dienstleistungen, insbesondere in Form von personalisierten Gutscheinen oder Direktzahlungen an Anbieter. Ferner bedurfte es hier keiner weiteren Ausführungen zur Hilfebedürftigkeit des Klägers. Zwar ist die Hilfebedürftigkeit nach § 19 Abs 3 S 3 SGB II auch für die Bildungs- und Teilhabeleistungen Anspruchsvoraussetzung und sie ist - einschließlich der Einkommensberücksichtigung nach § 9 Abs 2 S 2 SGB II unter Einbeziehung der restlichen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - auch dann zu prüfen, wenn ausschließlich die Deckung der Bedarfe nach § 28 Abs 7 SGB II eingeklagt wird. Darauf kommt es hier jedoch nicht an, denn der Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung scheitert bereits daran, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs 7 SGB II nicht erfüllt sind.

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4. Nach § 28 Abs 7 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011 (BGBl I 453, mWv 1.1.2011) wird bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 10 Euro monatlich berücksichtigt für 1. Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, 2. Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und 3. die Teilnahme an Freizeiten. Bedarfe iS des § 28 Abs 7 Nr 2 SGB II in der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung sind nur solche, die für den Unterricht selbst entstehen, nicht jedoch Bedarfe für weitere mit ihm verbundene Aufwendungen, wie zB auch die Leihgebühren für ein Musikinstrument (vgl Fach in Oestreicher SGB II/SGB XII, § 28 SGB II RdNr 103, 105, Stand III/13; s auch Leopold in juris-PK SGB II, 3. Aufl 2012, § 28 RdNr 141, Stand: 2.4.2013; Spellbrink/G. Becker in Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 28 SGB II, RdNr 56; Thommes in Gagel SGB II/SGB III, § 28 SGB II RdNr 59, Stand IV/12; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 116, Stand XII/11; aA wohl Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 61).

20

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, wenn es dort ausdrücklich heißt, dass Bedarfe für den Unterricht gedeckt werden. Es sollte also nur der - kostenpflichtige - Unterricht selbst über die Teilhabeleistungen finanziert werden. In der Begründung zum Gesetzentwurf des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG wird dazu ausdrücklich betont, dass der benannte Katalog der Bedarfe abschließend sei (BT-Drucks 17/3404, S 106), also keine über die Finanzierung des Unterrichts hinausgehenden Bedarfe durch Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II gedeckt werden sollten. Diese Gesetzesauslegung wird durch die systematische Einbindung der Vorschrift in das Gefüge der existenzsichernden Leistungen für Kinder und Jugendliche gestützt. Denn im Gegenzug zur Schaffung der Leistung nach § 28 Abs 7 SGB II wurden bei der Bemessung der Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen die Positionen "Außerschulische Unterrichte, Hobbykurse" in der Abteilung 09 und "Mitgliedsbeiträge an Organisationen ohne Erwerbszweck" in Abteilung 12 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 ausdrücklich unberücksichtigt gelassen. Anschaffungen zur Teilnahme an derartigen Aktivitäten sollten demnach auch weiterhin aus dem Regelbedarf gedeckt werden. So sollte Ziel der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II auch lediglich sein, Kindern und Jugendlichen die Aufnahme in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu ermöglichen(BT-Drucks 17/3404, S 106). Der durch diese Aufnahme entstehende weitere Aufwand, auch beispielsweise durch Fahrtkosten zu etwaigen Gemeinschaftsveranstaltungen (BT-Drucks 17/3404, S 107), sollte hingegen nicht über § 28 Abs 7 SGB II finanziert werden können.

21

Der Blick auf die weitere Rechtsentwicklung belegt dieses Ergebnis. Nach § 28 Abs 7 SGB II idF des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013 (BGBl I 1167) können mit Wirkung ab dem 1.8.2013 nach dessen neu geschaffenem Satz 2 nun neben den Bedarfen nach Satz 1 auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im begründeten Ausnahmefall nicht zugemutet werden kann, diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten (eingefügt durch Art 1 Nr 2 Buchst b des Gesetzes zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 7.5.2013, BGBl I 1167, mWv 1.8.2013). In der Begründung zum Entwurf der Gesetzesänderung wird darauf hingewiesen, dass die Teilnahme an Aktivitäten nach den Nr 1 bis 3 des § 28 Abs 7 S 1 SGB II häufig so organisiert sei, dass durch ehrenamtliches Engagement die Unterrichtung kostenfrei angeboten werden könne. Dann scheitere die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen jedoch oft deswegen, weil die nötige Ausrüstung fehle. Als Beispiele werden in diesem Zusammenhang Musikinstrumente oder Schutzkleidung für bestimmte Sportarten benannt (BT-Drucks 17/12036, S 7). Der Gesetzgeber hat also im Nachhinein erkannt, dass die von ihm angestrebte Bedarfsdeckung lückenhaft geblieben war und hat deswegen diese Lücke durch die Erweiterung der anerkannten Bedarfslagen geschlossen. Wenn auch der Senat nicht der Auffassung ist, dass diese Gesetzesänderung, die ausdrücklich erst zum 1.8.2013 in Kraft getreten ist, zu einer Veränderung der zuvor dargelegten Rechtslage führt, so kann der Kläger unabhängig davon hier jedoch nicht mit einem Leistungsanspruch nach § 28 Abs 7 SGB II erfolgreich sein.

22

Die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II dienen nur dazu, außerschulische Bedarfe zu decken(bereits angedeutet in BSG vom 25.1.2012 - B 14 AS 131/11 R - RdNr 13; s auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 56, 63; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 28 RdNr 113, Stand XII/11). Im vorliegenden Fall sollte die Teilhabeleistung - nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG, die vom Kläger nicht angegriffen worden sind (§ 163 Abs 2 SGG) - hingegen ausschließlich für schulische Zwecke eingesetzt werden.

23

Bei den Aktivitäten der Nr 1 und 3 des § 28 Abs 7 SGB II handelt es sich bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift eindeutig um außerschulische Aktivitäten. Mitgliedsbeiträge für Aktivitäten werden in der Schule nicht erhoben und durch den Begriff der "Freizeiten" werden außerschulische Unternehmungen zu denen der Schulfahrten in Gestalt der "mehrtägigen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen" nach § 28 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB II abgegrenzt. Der Wortlaut der hier einschlägigen Nr 2 des § 28 Abs 7 SGB II ist zwar offen, als mit dem Wort "Unterricht" sowohl "schulischer" als auch "außerschulischer" gemeint sein kann. Auch wird in der Begründung zum Gesetzentwurf § 28 Abs 7 SGB II insgesamt die Funktion zugewiesen, Kindern und Jugendlichen einen Anspruch auf gesellschaftliche Teilhabe im Rahmen des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu ermöglichen. Zugleich nimmt die Begründung insoweit jedoch eine Unterteilung zwischen Leistungen zur Bildung und Leistungen zur Teilhabe vor (BT-Drucks 17/3404, S 106). Dort wird ausgeführt, Ziel sei es, Kinder und Jugendliche stärker als bisher in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu integrieren und den Kontakt mit gleichaltrigen zu intensivieren, auch durch Musikunterricht. Um zugleich die Beschränkung auf die Gewährleistung von Teilhabe im außerschulischen Bereich durch Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II zu unterstreichen, heißt es in der Begründung weiter, dass im Hinblick auf die Anerkennung dieser Bedarfe bei der Bemessung der Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen ua die Positionen "Außerschulischer Unterricht, Hobbykurse" in der Abteilung 09 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 unberücksichtigt geblieben seien. So wird auch im Zusammenhang mit der Unterrichtserteilung, die über die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II finanziert werden soll, ausdrücklich nur auf solche in Musik- oder Volkshochschulen, also im außerschulischen Unterricht, hingewiesen(BT-Drucks 17/3404, S 106).

24

Ebenso folgt aus dem systematischen Zusammenhang, in dem § 28 Abs 7 SGB II steht, sowie dessen Sinn und Zweck, dass dieser nur zur Deckung außerschulischer Bedarfe dienen soll. Die durch die Schule hervorgerufenen Bedarfslagen und die durch sie entstehenden notwendigen Aufwendungen zur Erfüllung schulischer Pflichten gehören nach der Entscheidung des BVerfG zu dem existentiellen Bedarf von Kindern und Jugendlichen, der zwingend zu decken ist (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 192). Deswegen werden Bedarfe, die im Zusammenhang mit der schulischen Bildung stehen, jedoch nicht originär der Finanzierung durch die Schule/den Schulträger unterfallen, wie Klassenfahrten und -ausflüge, der persönliche Schulbedarf, die Schülerbeförderung, Lernförderung und Mittagsverpflegung - wie bereits dargelegt - ausdrücklich durch Leistungen nach § 28 Abs 2 bis 6 SGB II gedeckt. Daneben hat das BVerfG jedoch auch die gesellschaftliche Teilhabe als zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich angesehen. Im Hinblick auf die Teilhabeleistungen hat das BVerfG dem Gesetzgeber zwar einen weiteren Gestaltungsspielraum als bei den Leistungen zur Sicherung der physischen Existenz sowie bei Kindern und Jugendlichen zur Deckung der Bildungsbedarfe eingeräumt (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 138). Der Gesetzgeber muss jedoch auch für den Teilhabebereich so viel zur Verfügung stellen, dass ein Minimum dessen durch die Fürsorgeleistungen gedeckt werden kann (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 Bvl 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12, RdNr 166). Da die Leistungen nach den Abs 2 bis 6 des § 28 SGB II eindeutig beim Schulbesuch entstehende Bedarfe befriedigen sollen und die Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II bereits im Gesetzestext selbst als solche zur Deckung der Bedarfe zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bezeichnet werden, muss davon ausgegangen werden, dass mit letzteren der Mindestbedarf an sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe ermöglicht werden soll. Hieraus folgt, dass die Leistungen eben nicht der Finanzierung schulischer Aktivitäten dienen dürfen, denn eine "Aufstockung" der Leistungen an sich ist nicht vorgesehen. Würden sie für Schulbedarfe eingesetzt, verbliebe zudem keine hinreichende Möglichkeit mehr für die Bedarfsdeckung im Teilhabebereich. Dies gilt umso mehr, als die klassischen Teilhabepositionen in der Abteilung 09 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 - wie oben bereits dargelegt - bei der Bemessung der Höhe des Regelbedarfs für Schulkinder wegen der Einführung der Leistungen nach § 28 Abs 7 SGB II unberücksichtigt geblieben sind. Es würde zudem dem Sinn und Zweck der Teilhabeleistungen nach dem SGB II zuwiderlaufen, wenn diese von Leistungsberechtigten dazu eingesetzt werden müssten, den verpflichtenden Schulunterricht selbst zu finanzieren, die Schule/der Schulträger sich zu Lasten der Grundsicherung für Arbeitsuchende seiner Aufgabe der kostenfreien Erteilung staatlichen Unterrichts entledigen könnte und im Gegenzug für eine Integration der Kinder und Jugendliche in Gemeinschafts- und Vereinsstrukturen keine Leistungen mehr verblieben.

25

Angesichts dessen bedurfte es keiner weiteren Ausführungen dazu, ob ein Anspruch nach § 28 Abs 7 SGB II durch eine Leistungsbewilligung für einen späteren Bedarf im Umfang des maximalen Jahreszahlbetrags für Teilhabeleistungen des Bildungs- und Teilhabepakets erlischt und die Höhe des Zahlbetrags für Teilhabeleistungen von 10 Euro monatlich verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht.

26

5. Unabhängig davon, ob der Kläger einen Anspruch auf Übernahme der Leihgebühren für das Cello im streitigen Zeitraum durch eine Leistung nach § 21 Abs 6 SGB II isoliert von den sonstigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend machen könnte(vgl hierzu ablehnend BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 29/09 R - BSGE 105, 279 = SozR 4-1100 Art 1 Nr 7, RdNr 11; BSG vom 26.5.2011 - B 14 AS 146/10 R - BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13, RdNr 14), scheitert die Finanzierung seiner Aufwendungen insoweit bereits daran, dass es sich bei ihnen nicht um solche für einen unabweisbaren Bedarf iS dieser Vorschrift handelt.

27

Nach § 21 Abs 6 SGB II wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Soweit es sich um einen Bildungsbedarf handelt, ist dieser - wie eingangs dargelegt - nach der Rechtsprechung des BVerfG zwar zwingend zu decken. Er ist Bestandteil des existenzsichernden Bedarfs. Das BVerfG hat den Bundesgesetzgeber insoweit auch in der Verantwortung gesehen. Regelleistung und Leistungen nach § 28 Abs 2 bis Abs 6 SGB II tragen hier gemeinsam zur Sicherung des Existenzminimums von Kindern und Jugendlichen bei(BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 18 RdNr 44 ff). Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass dann, wenn es daneben unabweisbare, besondere Bildungsbedarfe gebe, die nicht auf Grundlage von § 28 SGB II finanziert werden könnten, ggf § 21 Abs 6 SGB II als Anspruchsgrundlage in Betracht zu ziehen sei(vgl Spellbrink/G. Becker in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 28 RdNr 23; Thommes in Gagel SGB II/SGB III, § 28 SGB II, RdNr 61, Stand 04/2012) hat der Senat erhebliche Zweifel daran, dass dies auch für Aufwendungen für den Schulunterricht selbst gelten kann. Die Deckung von Bedarfen für den Schulunterricht, die der Durchführung des Unterrichts selber dienen, liegt in der Verantwortung der Schule und darf von den Schulen oder Schulträgern nicht auf das Grundsicherungssystem abgewälzt werden. Dies gilt auch für die Leihgebühren für ein Musikinstrument, das zum Besuch des musischen Zweigs einer Schule genutzt werden muss (anders wohl LSG Nordrhein-Westfalen vom 7.3.2013 - L 2 AS 1679/12 B - RdNr 8). Unabhängig davon kommt hier eine Leistungsgewährung nach § 21 Abs 6 SGB II jedoch bereits deswegen nicht in Betracht, weil es an der Unabweisbarkeit des vorliegenden Bedarfs mangelt.

28

Der Mehrbedarf ist nach § 21 Abs 6 S 2 SGB II unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparungsmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweicht. Bereits im Hinblick auf das Bestehen des geltend gemachten Bedarfs hat der Senat Zweifel. Nach den bindenden Feststellungen des LSG mussten für die Nutzung des Cellos in der Klassenstufe 7 - also im hier streitigen Zeitraum - keine Leihgebühren gezahlt werden. Die Nutzung des Instruments war nach den Angaben des vom LSG befragten Zeugen H. bei der Teilnahme am Unterricht im Rahmen des Musikprofils kostenfrei, soweit sie nicht zusätzlich mit einem außerschulischen Einsatz verbunden war. Letzteres hat die Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG nach dessen Feststellungen verneint; der Kläger habe das Cello nicht außerhalb des Schulunterrichts verwendet. Für die Nutzung des Cellos im Schulunterricht war die Schule demnach ab der 7. Klassenstufe im konkreten Fall nicht berechtigt, Leihgebühren zu erheben. Zumindest ist der gleichwohl durch die Abbuchung der Leihgebühren entstandene Bedarf des Klägers insoweit nicht unabweislich.

29

Unerheblich ist hierbei, dass die Mutter des Klägers offensichtlich unzutreffend informiert war oder die Rechtslage nicht zur Kenntnis genommen hatte und sich aus dem laufenden Vertrag zur Zahlung verpflichtet sah. Der Begriff der "Unabweisbarkeit des Bedarfs" beinhaltet nach der Rechtsprechung des BSG, dass der Bedarf auch nicht durch alternative Handlungen abgewendet oder vermindert werden kann, wie etwa im Falle der notwendigen Reparatur eines Kfz durch Nutzung anderer Mittel zur Gewährleistung der Mobilität (BSG vom 1.6.2010 - B 4 AS 63/09 R; s in der Instanzrechtsprechung zur Verhütung durch andere Methoden als die der Sterilisation LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2010 - L 13 AS 4732/10 B; zur Zurücklegung des Weges zur Firmung anders als durch ein gemietetes Fahrzeug Bayerisches LSG vom 13.10.2010 - L 11 AS 729/10 B ER). Nach Auffassung des 14. Senats des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, muss zudem auch beim unabweisbaren Bedarf hinsichtlich des Standards auf die herrschenden Lebensgewohnheiten unter Berücksichtigung einfacher Verhältnisse abgestellt werden (BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5; vgl auch S. Knickrehm, Neue "Härtefallregelung" im SGB II und Gewährleistung des Existenzminimums, Soziales Recht 2012, 45, 59).Hieraus folgt im konkreten Fall, dass sich der Kläger bzw seine Mutter hätte kundig machen müssen, ob die Verpflichtung zur Entrichtung der Leihgebühr auch noch in der 7. Klassenstufe im Musikprofil besteht, bevor die Abbuchung akzeptiert wurde. Nach dem Text des Vertrages bestand eindeutig nur bis zum Ende des 6. Schuljahres eine Verpflichtung zur Entrichtung der Leihgebühren, eine zeitlich darüber hinaus gehende jedoch nur optional. Aus diesem Grund war die Bedarfsdeckung durch Entrichtung der Leihgebühren jedenfalls nicht alternativlos und damit unabweisbar. Zudem muss auch ein Leistungsberechtigter nach dem SGB II, wie dies den herrschenden Lebensgewohnheiten in einfachen Verhältnissen entspricht, prüfen, ob die Aufwendung abgewendet werden kann.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juni 2010 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Januar 2010 sowie der Bescheid des Beklagten vom 6. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2009 geändert und der Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Oktober 2009 1300 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme der Kosten für die Teilnahme an einem Aufenthalt in den USA im Rahmen eines Schüleraustausches mit einer High School in Pinetop-Lakeside (Arizona) vom 1.10. bis 31.10.2009.

2

Der 1992 geborene Kläger ist Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus seinen Eltern, seiner Schwester und ihm. Die Bedarfsgemeinschaft bezog in dem oben benannten Zeitraum (Bescheid vom 17.9.2009 in der Fassung der Bescheide vom 14.10. und 30.10.2009) sowie vom 1.4. bis 30.9.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bescheide vom 17.3., 21.5., 18.6., 18.8. und 16.9.2009). Der Kläger war zum Zeitpunkt des Austausches Schüler der 12. Klasse an dem biotechnologischen Gymnasium der H Er wurde von der Schule wegen guter Leistungen und besonderem Engagement ausgewählt, an dem Schüleraustausch teilzunehmen. Die Kosten - insgesamt 1650 Euro, darin enthalten 350 Euro Taschengeld - übernahmen, nachdem der Beklagte die Gewährung als Leistung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II (Klassenfahrt) abgelehnt hatte(Bescheid vom 6.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2009), ehemalige Geschäftsfreunde seines Vaters. Die Schulden soll der Kläger durch Arbeit begleichen.

3

Das SG Freiburg hat die Klage auf Übernahme der Kosten abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 8.1.2010) und das LSG Baden-Württemberg hat die Berufung des Klägers hiergegen zurückgewiesen (Urteil vom 22.6.2010). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt, zum einen seien die Aufwendungen für Taschengeld während des Austausches nicht von den Leistungen umfasst, die nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II zu gewähren seien. Nur die eigentlichen Kosten der Klassenfahrt seien zu tragen. Zum Zweiten scheitere der Anspruch bereits daran, dass es sich bei dem Schüleraustausch nicht um eine Klassenfahrt handele. Das baden-württembergische Schulrecht kenne den Begriff der Klassenfahrt als eigenständigen, rechtlich ausgefüllten Begriff nicht. Das Gericht habe daher den in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II verwendeten Begriff der "Klassenfahrt" unabhängig von den schulrechtlichen Vorschriften in Baden-Württemberg selbst auszulegen. Im Ergebnis liege eine "Klassenfahrt" nur dann vor, wenn sich die "Klasse" auch im Sinne des die Klasse ersetzenden Kursverbandes oder der Jahrgangsstufe auf eine mehrtägige Fahrt begebe. Bei einer freiwilligen, von dem konkreten fachbezogenen Klassen- oder Unterrichtsverband unabhängigen Teilnahme an einer mehrtägigen Veranstaltung liege hingegen keine "Klassenfahrt" vor. Bedarfe durch derartige Veranstaltungen würden nicht von § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II erfasst. Dies gelte insbesondere deswegen, weil nur ein Teil der Schüler der Klasse des Klägers an dem Schüleraustausch teilgenommen habe, ausgewählt nach schulischen Leistungen und sozialem Engagement - die Mehrheit der Schüler hiervon jedoch ausgeschlossen gewesen sei.

4

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 23 Abs 3 SGB II. Zur Begründung hat er ausgeführt, die restriktive Auslegung des Begriffs "Klassenfahrt" durch das LSG werde durch systematische Überlegungen, die Gesetzesbegründung und den Sinn und Zweck der Norm widerlegt. Die strenge Pauschalierung des SGB II gebiete eine weite Auslegung der Tatbestände, die eine Ausnahme hiervon normierten. Dies werde durch die Gesetzesbegründung zur Parallelvorschrift des § 31 Abs 1 Nr 3 SGB XII bestätigt. Dort werde die Klassen- mit der Schulfahrt gleichgesetzt, was belege, dass eine Klassenfahrt nicht nur dann gegeben sei, wenn die "Klasse auf Fahrt" sei. Die Norm diene dem Zweck, eine Ausgrenzung schulpflichtiger hilfebedürftiger Kinder zu vermeiden. Der Kläger wäre im Falle der Nichtteilnahme an dem Schüleraustausch jedoch einer Ausgrenzung ausgesetzt worden. Es komme entgegen der Auffassung es LSG nicht darauf an, dass die Teilnahme an dem Schüleraustausch freiwillig erfolgt sei. Auch in diesem Fall sei eine Nichtteilnahme wegen hinreichender finanzieller Mittel ausgrenzend. Ebenso wenig sei entscheidend, dass nur eine begrenzte Zahl von Schülern den Austausch habe machen können. Innerhalb der Vergleichsgruppe bleibe der Ausschluss aus finanziellen Gründen ausschließend. Nur durch die Finanzierung der Teilnahme könne zudem Chancengleichheit gewährleistet werden.

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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juni 2010 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Januar 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 6. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2009 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Oktober 2009 1300 Euro zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die Ausführungen des LSG in der vom Kläger angefochtenen Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Klägers ist begründet.

9

Der Kläger hat einen Anspruch auf die Erstattung der ihm für eine mehrtägige Klassenfahrt in Gestalt der Teilnahme an dem Schüleraustausch mit der High School in Pinetop-Lakeside (Arizona) vom 1.10. bis 31.10.2009 entstandenen Kosten in Höhe von 1300 Euro gegen den Beklagten. Entgegen der Auffassung des LSG handelt es sich bei diesem Schüleraustausch um eine mehrtägige Klassenfahrt iS von § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II. Dies folgt aus den landesschulrechtlichen Bestimmungen Baden-Württembergs, mit denen die bundesrechtliche Rahmenregelung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II auszufüllen war.

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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der Anspruch des Klägers nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II auf Erstattung der Kosten, die ihm durch den Schüleraustausch vom 1.10. bis 31.10.2009 entstanden sind. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 6.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2009 einen Anspruch auf Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt verneint. Mit dem 14. Senat des BSG geht der erkennende Senat davon aus, dass es sich zum einen bei dem Anspruch auf Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II um einen Individualanspruch desjenigen handelt, der den entsprechenden Bedarf geltend macht(BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2). Zum Zweiten kann der Anspruch isoliert gerichtlich durchgesetzt werden (BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 1/09 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 9; BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2; so auch BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1 und Erstausstattung BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2; BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 sowie BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Dementsprechend hat der Kläger seine Klage durch Antragstellung vor dem SG in zulässiger Weise auf die Übernahme der Kosten für den Schüleraustausch beschränkt (zur Zulässigkeit der Beschränkung des Streitstoffs auf Leistungen für Sonderbedarfe vgl BSG vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15; BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2; BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1). Zum Dritten verfolgt der Kläger in zulässiger Weise den Anspruch auf Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt, nachdem der Schüleraustausch bereits durchgeführt worden ist und er den hierfür erforderlichen Geldbetrag von Geschäftsfreunden seines Vaters zur Verfügung gestellt bekommen hat, als Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage weiter.

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Der Kläger hat die Höhe des von ihm geltend gemachten Anspruchs zudem im Revisionsverfahren zulässig auf 1300 Euro beschränkt. Er begehrt nur noch die Übernahme der eigentlichen Kosten für den Schüleraustausch (zusammengesetzt aus 740 Euro für die Flugtickets, Eintritte pp von 160 Euro, Jugendherberge/Hotel 300 Euro, anteilige Kosten für Mietwagen und Kraftstoff von 100 Euro = 1300 Euro). Er macht die Übernahme des von der Schule und dem Auswärtigen Amt veranschlagten Taschengeldes in Höhe von 350 Euro nicht mehr geltend. Insoweit ist die zurückweisende Berufungsentscheidung mithin rechtskräftig geworden.

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2. Der Kläger ist leistungsberechtigt iS des § 7 Abs 1 SGB II. Er hat - von dem Beklagten bestandskräftig beschieden - zum Zeitpunkt der Entstehung des Bedarfs, als auch der Durchführung des Schüleraustausches Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gleichwohl insbesondere nicht hilfebedürftig gewesen sein könnte, sind nach den Feststellungen des LSG nicht ersichtlich. Eine Prüfung nach § 23 Abs 3 Satz 3 SGB II erübrigt sich daher.

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3. Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger den Betrag von 1300 Euro, den er darlehensweise von den Geschäftsfreunden seines Vaters erhalten hat, für den Schüleraustausch in der Zeit vom 1.10. bis 31.10.2009 nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II zu erstatten. Nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) sind Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht (§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II). Der hier durchgeführte Schüleraustausch ist eine mehrtägige Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Baden-Württemberg iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II.

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a) Die bundesrechtliche Regelung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II bestimmt den abstrakten Rahmen dafür, wann Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt zu erbringen sind. Gleichwohl ist der Rechtsbegriff der "Klassenfahrt" innerhalb dieses Rahmens durch die landesschulrechtlichen Vorschriften auszufüllen. Zwar hat das LSG festgestellt, dass der Begriff der "Klassenfahrt" in den schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Baden-Württemberg nicht ausdrücklich definiert werde. Der Senat ist hieran gebunden. Das LSG hat insoweit nicht reversibles Landesrecht ausgelegt (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO; zur Anwendung und Überprüfung von Landesrecht durch das BSG siehe BSG vom 24.1.2008 - B 3 KR 17/07 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 7; BSG vom 29.1.2008 - B 5a/5 R 20/06 R - BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1; BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1; BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27; BSG vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 162 RdNr 7). Dies führt entgegen der Auffassung des LSG jedoch nicht dazu, dass der im Bundesrecht verwendete Begriff der "mehrtägigen Klassenfahrt" hier ohne Heranziehung der schulrechtlichen Vorschriften des Landes Baden-Württemberg, gleichsam ausschließlich nach bundesrechtlichen Maßstäben zu bewerten wäre (vgl zur Ausfüllung des Begriffs der mehrtägigen Klassenfahrt durch die landesrechtlichen Schulgesetze BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1). Auch wenn der Begriff der "Klassenfahrt" im Landesrecht nicht verwendet oder ausdrücklich definiert wird, bestimmt sich nach den schulrechtlichen Bestimmungen, ob die Veranstaltung wie eine mehrtägige Klassenfahrt im Leistungsrecht des SGB II zu behandeln ist. Die Leistung wird durch den bundesrechtlichen Rahmen begrenzt und durch das Landesschulrecht ausgefüllt. Der bundesrechtliche Rahmen darf zwar nicht überschritten werden, das Landesrecht regelt jedoch, welche Veranstaltungen dem Grunde nach üblich sind und in welcher Höhe Aufwendungen hierfür regional übernommen werden. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II, findet seine Stütze jedoch auch in der Gesetzesbegründung, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck von § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II.

15

Nach dem Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II sind die dortigen Leistungen unter den Bedingungen zu übernehmen, dass es sich um Aufwendungen für eine mehrtägige Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen handelt. Die Verbindung der Begriffe mehrtägige Klassenfahrt und schulrechtliche Bestimmungen gibt damit einerseits bundesrechtlich vor, dass nur Leistungen zu erbringen sind für Kosten, die durch eine schulische Veranstaltung entstanden sind, die mit mehr als nur einem Schüler und für mehr als einen Tag (vgl BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 1/09 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 9)durchgeführt wird und einer "Fahrt", also einer Veranstaltung, die außerhalb der Schule stattfindet. Andererseits folgt aus der Wortlautverbindung zu dem "schulrechtlichen Rahmen", dass nach schulrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes zu bestimmen ist, ob die konkret durchgeführte Veranstaltung im Rahmen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II regional "üblich" ist. Bieten die schulrechtlichen Bestimmungen keinerlei Rechtsgrundlage für die Durchführung der Veranstaltung bzw die Höhe der Aufwendungen hierfür oder überschreitet ihre Durchführung (dem Grunde nach) den bundesrechtlichen Rahmen, lösen die dadurch entstehenden Kosten keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II aus. Die Aufwendungen sind vom Grundsicherungsträger mithin nur dann zu übernehmen, wenn die Veranstaltung den Vorgaben entspricht, die die bundesrechtliche Rahmenbestimmung vorgibt und für die im Landesrecht eine Grundlage vorhanden ist.

16

Dieses Ergebnis findet seine Bestätigung in der Gesetzesbegründung. Danach sind die Worte "mehrtägige Klassenfahrt" im bundesrechtlichen Rahmen ein Synonym für eine mehr als einen Tag dauernde schulische Veranstaltung, die näher durch die schulrechtlichen Vorschriften bestimmt werden soll. Weder erfolgt danach mit der Formulierung im Normtext eine Begrenzung der Leistungen für solche Aufwendungen, die der "Klasse auf Fahrt" entstehen (vgl hierzu LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 25.9.2008 - L 8 AS 38/08; Bayerisches LSG vom 10.5.2007 - L 11 AS 178/06 - FEVS 59, 76) noch darf das Landesrecht bei der konkreten Bestimmung des Inhalts der Leistung außer Betracht gelassen werden. In der Gesetzesbegründung zur Parallelvorschrift des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II im SGB XII(§ 32 Abs 1 Nr 3 SGB XII im Entwurf - zwischen dem 1.1.2005 und 31.12.2010 § 31 Abs 1 Nr 3 SGB XII)kommt dies deutlich zum Ausdruck, wenn dort anstelle des Begriffs der "Klassenfahrt" der der "Schulfahrt" verwendet wird (vgl BT-Drucks 15/1514 S 60).

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Aus der systematischen Stellung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II folgt zudem zwingend, dass der bundesrechtliche Rahmen nur durch die jeweiligen schulrechtlichen Vorschriften ausgefüllt werden kann. Die Leistung ist regional determiniert. Die Berechnung der pauschalierten Regelleistung der §§ 19, 20 SGB II beinhaltet keine Aufwendungen für eine mehrtägige Klassenfahrt(vgl BT-Drucks 15/1514 S 60 zu § 32 SGB XII-Entwurf). § 23 Abs 3 Satz 1 2. Halbsatz SGB II stellt dies nochmals ausdrücklich klar. Aus diesem Grund sind Leistungen hierfür vom SGB II-Leistungsträger gesondert zu erbringen. Die Kosten der mehrtägigen Klassenfahrt sind jedoch anders als solche für Erstausstattungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB II in tatsächlich entstandener Höhe zu übernehmen. In der Begründung zu § 32 SGB XII-Entwurfsfassung wird dies damit gerechtfertigt, dass "Schulfahrten" ein wichtiger Bestandteil der Erziehung "durch die Schulen" seien(BT-Drucks 15/1514 S 60). Damit wird der unterschiedlichen rechtlichen Umsetzung der schulpolitischen Vorstellungen in den einzelnen Bundesländern Rechnung getragen, die insbesondere durch die verfassungsrechtlich ausschließliche Zuständigkeit der Länder für die Schulgesetzgebung(BVerfG vom 8.4.1987 - 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84 - BVerfGE 75, 40) bedingt sind. Daraus ergibt sich, wie das BVerfG erkannt hat, eine weitgehende eigenständige Gestaltungsfreiheit der Länder bei der Festlegung der Schulorganisation, aber auch der Erziehungsprinzipien und Unterrichtsgegenstände (BVerfG vom 26.2.1980 - 1 BvR 684/78 - BVerfGE 53, 185, 195 f = Juris RdNr 33). In der Folge hiervon sind die schulischen Bedarfe dem Grunde und der Höhe nach durch die regionalen Verhältnisse bestimmt. Dem trägt § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II durch die Bezugnahme auf die schulrechtlichen Vorschriften Rechnung.

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Nur durch die Zugrundelegung der schulrechtlichen Regelungen als Maßstab für die Legitimation des Bedarfs für die mehrtägige Klassenfahrt kann folglich auch dem Sinn und Zweck des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II Rechnung getragen werden. Durch die Übernahme der Aufwendungen für die Teilnahme an einer "Klassenfahrt" sollen nach der Gesetzesbegründung zum heutigen, insoweit mit dem hier anzuwendenden gleichlautenden Recht (§ 28 Abs 2 SGB II, BGBl I 2011, 850), negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in der Phase des Schulbesuchs durch das Fernbleiben von schulischen Gemeinschaftsveranstaltungen vermieden werden (BT-Drucks 17/3404 S 104). Ihre Teilhabe soll auch insoweit gewährleistet sein. Welche schulischen Veranstaltungen es sind, deren Besuch zu gewährleisten ist, um die beschriebenen negativen Auswirkungen zu vermeiden, bestimmt sich jedoch nach dem jeweiligen Landesschulrecht. Allein die durch die schulrechtlichen Bestimmungen geprägte Realität des Schulalltags rechtfertigt daher die Übernahme der tatsächlichen Kosten durch staatliche Transferleistungen, also derjenigen, die nach den jeweiligen pädagogischen Vorstellungen in den einzelnen Bundesländern "üblich" sind.

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b) Bedenken, dass der hier durchgeführte Schüleraustausch den eingangs aufgezeigten bundesrechtlichen Rahmen überschritten haben könnte, bestehen nicht. Der Schüleraustausch hier ist eine mehrtägige - nach den Feststellungen des LSG - von der Schule organisierte und durchgeführte Veranstaltung, an der mehrere Schüler teilgenommen haben. Unter Berücksichtigung des Teilhabeziels der Regelung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II stellt ein Ausschluss von der Teilnahme an einem Schüleraustausch, selbst wenn nicht die gesamte Klassen- oder Jahrgangsstufe die Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, auch eine Ausgrenzung aus finanziellen Gründen dar. Die Ausgrenzung erfolgt innerhalb der Gruppe der zur Teilnahme ausgewählten Schüler und soll von ihren Wirkungen her ebenso vermieden werden, wie bei der Betroffenheit der Gesamtheit der Schüler einer Klasse oder Jahrgangsstufe. Soweit das LSG auf die Entscheidungen des Hessischen VGH (VGH Hessen vom 22.3.2004 - 10 TG 743/04 - FEVS 56, 33) und des BVerwG (BVerwG vom 28.3.1996 - 5 C 32/95 - BVerwGE 101, 37) zu einmaligen Leistungen für schulische Bedarfe nach dem BSHG (Schüleraustausch und Aufwendungen im Rahmen einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft) zurückgreift, sind diese mit der heutigen Rechtslage nicht mehr in Übereinstimmung zu bringen. Das BSHG kannte keine spezielle Leistung für "mehrtägige Klassenfahrten". Rechtsgrundlage war vielmehr § 21 BSHG. Nach § 21 Abs 1a Nr 3 BSHG waren einmalige Leistungen ua für die Beschaffung von besonderen Lernmitteln für Schüler zu gewähren. Der Anspruch war danach - selbst unter Beachtung der vom BVerwG bereits bedachten "Ausgrenzungsproblematik" (s BVerwG vom 9.2.1995 - 5 C 2/93 - BVerwGE 97, 376) - eng mit Bedarfen aufgrund des Unterrichts verknüpft und nicht zur Deckung von Aufwendungen durch außerunterrichtliche Veranstaltungen geeignet.

20

Auch die Höhe der erforderlichen Aufwendungen für den Schüleraustausch führt nicht dazu, dass eine Überschreitung des bundesrechtlichen Rahmens anzunehmen wäre. Wie der 14. Senat des BSG bereits entschieden hat, hat der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die tatsächlichen Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt ohne Beschränkung auf einen Höchstbetrag zu übernehmen, wenn die Veranstaltung im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen stattfindet und das Schulrecht selbst keine Kostenobergrenze vorsieht (BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1). Der erkennende Senat folgt dem. Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass das Gesetz selbst keine bundesrechtliche Begrenzung der zu übernehmenden Aufwendungen vornimmt, weder durch eine Umschreibung etwa mit dem Begriff der "Angemessenheit", noch, wie zuvor bereits dargelegt, einer Pauschalierung. Zum Zweiten ist die Übernahme der tatsächlichen Kosten - soweit rechtlich zulässig durch die Schule veranlasst - die materielle Seite des "Teilhabegedankens". In der Gesetzesbegründung zu § 28 SGB II idF der Neubekanntmachung vom 13.5.2011 (BGBl I 850), in den der bisherige § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II wörtlich übernommen worden ist, wird insoweit betont, dass die Regelung dazu diene, die reale und gleichberechtigte Teilnahme durch Übernahme der Kosten in tatsächlicher Höhe zu gewährleisten(BT-Drucks 17/3404 S 104). Dies wird durch § 28 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II iVm § 19 Abs 3 Satz 3 sowie § 19 Abs 2 Satz 2 SGB II iVm § 6b BKGG nochmals bestärkt. Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt sind nach der Neufassung des SGB II (Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) auch denjenigen zu erbringen, deren Bedarf ausschließlich ein solcher für Teilhabe und Bildung ist bzw denjenigen, die Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen, die also keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II haben.

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c) Damit ist zu entscheiden, ob die Veranstaltung im schulrechtlichen Rahmen des Landes Baden-Württemberg einer mehrtägigen Klassenfahrt entspricht. Das ist hier der Fall. Bei dem danach heranzuziehenden Landesschulrecht handelt es sich, wenn die Vorinstanz über dessen Bestehen und Inhalt befunden hat, zwar um irrevisibles Recht, dessen Auslegung das BSG grundsätzlich bindet (s nur BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27; vgl auch BSG vom 1 3.10.1992 - 4 RA 24/91 - BSGE 71, 163 = SozR 3-5050 § 15 Nr 4; BSG vom 29.1.2008 - B 5a/5 R 20/06 R - BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1). Von diesem Grundsatz ist in der Rechtsprechung des BSG jedoch dann eine Ausnahme anerkannt, wenn das LSG entscheidungserhebliche landesrechtliche Vorschriften unberücksichtigt gelassen hat (s nur BSG vom 29.1.2008 - B 5a/5 R 20/06 R - BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1). So liegt der Fall hier. Mit der Feststellung des LSG, dass das baden-württembergische Schulrecht keine Definition des Begriffs der "mehrtägigen Klassenfahrt" enthalte, hat es zugleich die Anwendung der landesrechtlichen Bestimmungen ausgeschlossen und ausschließlich Bundesrecht angewendet. Der Senat ist mithin nicht gehindert, unter Auslegung der landesschulrechtlichen Bestimmungen festzustellen, dass der durchgeführte Schüleraustausch danach einer mehrtägigen Klassenfahrt gleichgestellt wird. Dieses Ergebnis folgt aus der Systematik der schulrechtlichen Normen zu außerunterrichtlichen Veranstaltungen und den dazu ergangenen schulrechtlichen Kompetenzzuweisungen sowie dem ausdrücklich formulierten Ziel der schulrechtlichen Regelungen.

22

Systematisch differenziert das baden-württembergische Schulrecht, soweit es mehrtägige schulische Veranstaltungen als pädagogisch sinnvoll erkennt, nicht zwischen "Klassenfahrten" und sonstigen Veranstaltungen. Auf Grundlage des die Rechte und Pflichten der Schulkonferenz regelnden § 47 Abs 5 Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchulG) ergibt sich, dass die dort beispielhaft genannten Klassenfahrten und Schullandheimaufenthalte beide außerunterrichtliche Veranstaltungen sind. Die Bestimmung der Grundsätze über die Durchführungen dieser außerunterrichtlichen Veranstaltungen sowie ihre Genehmigung obliegen nach § 47 Abs 5 Nr 5 SchulG sowie § 45 Abs 2 SchulG iVm § 2 Abs 1 Nr 11 KonfO BW 1993(GBl 1984, 423; 1993, 515) jedoch der Gesamtlehrer- und Schulkonferenz sowie dem Schulleiter. Das heißt, das baden-württembergische Schulrecht delegiert in dem gesetzlich gesteckten Rahmen die Frage, ob und welche außerunterrichtlichen Veranstaltungen durchgeführt werden, an die einzelne Schule. Maßstab für die vom LSG diskutierte Ausgrenzungsproblematik ist mithin die Entscheidung der einzelnen Schule insoweit. Nach den Feststellungen des LSG muss davon ausgegangen werden, dass die Schule des Klägers hier den Schüleraustausch als ihrem pädagogischen Konzept entsprechend beschlossen hat.

23

Diese Entscheidung der Schule hält sich auch im Rahmen der schulrechtlichen Regelungen des Landes Baden-Württemberg. Der baden-württembergische Landesgesetzgeber unterscheidet vom pädagogischen Konzept her nicht zwischen "Landschulheimaufenthalt" und "Schüleraustausch". So werden Lehr- und Studienfahrten sowie Schullandheimaufenthalte, aber auch der Schüleraustausch beispielhaft als außerunterrichtliche Veranstaltungen gewertet, die einen wichtigen Beitrag zur Entfaltung der gesamten Persönlichkeit des Schülers darstellten (Mitteilung des Rechnungshofs vom 24.6.2009 im Landtag von Baden-Württemberg, Drucks 14/4710 S 1, 3). Nach der Verwaltungsvorschrift "Außerunterrichtliche Veranstaltungen der Schulen" vom 6.10.2002 sollen sie gleichermaßen geeignet sein zur Vertiefung, Erweiterung und Ergänzung des Unterrichts und zur Entfaltung und Stärkung der Gesamtpersönlichkeit des einzelnen Schülers. Die Ziffern I.1. bis 9. der Verwaltungsvorschrift stellen unter 4. Lehr- und Studienfahrten sowie Veranstaltungen im Rahmen der politischen Bildung, 5. Schullandheimaufenthalte und 8. Schüleraustausch beispielhaft nebeneinander.

24

Auch die hier erforderlich gewordenen Aufwendungen für den Schüleraustausch überschreiten den landesschulrechtlichen Rahmen nicht. Insoweit finden sich keine konkreten Vorgaben in den baden-württembergischen Regelungen. In der bereits benannten Verwaltungsvorschrift heißt es unter Ziffer II. 6. lediglich: "Die für Schüler entstehenden Kosten sind so niedrig wie möglich zu halten, müssen in einem vertretbaren Verhältnis zum Nutzen der Veranstaltung stehen und dürfen die Eltern nicht in unzumutbarem Maße belasten." Auch hier gilt, dass die Verantwortung und Entscheidungshoheit insoweit auf die einzelne Schule delegiert ist, die durch ihre Gremien im konkreten Fall beschlossen hat, dass der betreffende Austausch zu dem benannten Betrag durchgeführt werden sollte. Hinweise darauf, dass der Betrag von 1300 Euro für eine immerhin vierwöchige Reise in die USA diesen Vorgaben widersprechen könnte, finden sich nach den Feststellungen des LSG nicht. Der zu zahlende Betrag ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch eher niedrig, denn zu hoch.

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4. Ein Anspruch des Klägers nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II scheidet nicht schon deswegen aus, weil er sich nach Antragstellung mit Hilfe von ehemaligen Geschäftsfreunden seines Vaters den zur Teilnahme an dem Schüleraustausch erforderlichen Geldbetrag selbst beschafft hat. Die Zahlung der Geschäftsfreunde des Vaters sollten nach den Feststellungen des LSG die fehlende Unterstützung durch den Beklagten lediglich substituieren, sodass sie dem Kläger dann wegen einer Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung nicht entgegengehalten werden können (vgl für die Sozialhilfe BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11; BVerwGE 90, 154). Der Kläger ist zudem nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG verpflichtet, den zur Verfügung gestellten Betrag abzuarbeiten. Wegen dieser Verpflichtung zum Abarbeiten - in der Art eines Darlehensvertrags (vgl zum Darlehensvertrag BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30) -war der zur Verfügung gestellte Geldbetrag nach den Feststellungen des LSG auch nicht zum Verbleib beim Kläger gedacht. Jedenfalls dann, wenn eine Entscheidung des Trägers der Grundsicherung die Übernahme der begehrten Aufwendungen rechtswidrig abgelehnt hatte und der Leistungsberechtigte sich den erforderlichen Geldbetrag zur Finanzierung der Teilnahme an dem Austausch selbst beschafft hat, kommt ein Kostenerstattungsanspruch in Betracht. Insoweit folgt der erkennende Senat der Rechtsprechung des 14. Senats zu der im Sozialversicherungsrecht geltenden Pflicht zur Kostenerstattung bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung, als allgemein gültigem Rechtsprinzip (vgl BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41; BSG vom 30.10.2001 - B 3 KR 27/01 R - BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36). An die Stelle der ursprünglich begehrten Übernahme der Aufwendungen für die Teilnahme an dem Schüleraustausch treten dann die Schulden, die gegenüber den Dritten eingegangen worden sind (s auch BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R).

26

5. Die Kosten sind dem Kläger nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II von dem Beklagten auch in der nunmehr im Revisionsverfahren auf die reinen Teilnahmekosten von 1300 Euro beschränkten Höhe zu erstatten. Mit dem 14. Senat geht der erkennende Senat davon aus, dass der Bedarf für eine "mehrtägige Klassenfahrt" nicht bereits deswegen zu verneinen ist, weil der Kläger auch ohne diese Leistung teilgenommen hat (vgl BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2). Dahinstehen konnte, ob der Kläger verpflichtet war, für eine Bedarfsdeckung durch Dritte, also etwa einen Förderverein zu sorgen, denn ein solcher existiert nach den bindenden Feststellungen des LSG an der Schule des Klägers nicht (vgl hierzu auch BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1). Auch die vorläufige Bedarfsdeckung aufgrund der Finanzierung des Schüleraustausches durch ehemalige Geschäftsfreunde des Vaters des Klägers steht dem Leistungsanspruch, wie bereits oben dargelegt, nicht entgegen.

27

6. Der Beklagte hat dem Kläger nach § 193 SGG die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Der Kläger hatte zwar bis zum Revisionsverfahren einen Betrag von 1650 Euro eingeklagt. Nach der Entscheidung des LSG, das die Aufwendungen für das Taschengeld in Höhe von 350 Euro als nicht erstattungsfähig gewertet hat, hat der Kläger sein Begehren auf den ihm nunmehr zugesprochenen Betrag von 1300 Euro beschränkt. Dies kann ihm kostenmäßig nicht zum Nachteil gereichen.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juni 2010 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Januar 2010 sowie der Bescheid des Beklagten vom 6. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2009 geändert und der Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Oktober 2009 1300 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Übernahme der Kosten für die Teilnahme an einem Aufenthalt in den USA im Rahmen eines Schüleraustausches mit einer High School in Pinetop-Lakeside (Arizona) vom 1.10. bis 31.10.2009.

2

Der 1992 geborene Kläger ist Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus seinen Eltern, seiner Schwester und ihm. Die Bedarfsgemeinschaft bezog in dem oben benannten Zeitraum (Bescheid vom 17.9.2009 in der Fassung der Bescheide vom 14.10. und 30.10.2009) sowie vom 1.4. bis 30.9.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bescheide vom 17.3., 21.5., 18.6., 18.8. und 16.9.2009). Der Kläger war zum Zeitpunkt des Austausches Schüler der 12. Klasse an dem biotechnologischen Gymnasium der H Er wurde von der Schule wegen guter Leistungen und besonderem Engagement ausgewählt, an dem Schüleraustausch teilzunehmen. Die Kosten - insgesamt 1650 Euro, darin enthalten 350 Euro Taschengeld - übernahmen, nachdem der Beklagte die Gewährung als Leistung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II (Klassenfahrt) abgelehnt hatte(Bescheid vom 6.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2009), ehemalige Geschäftsfreunde seines Vaters. Die Schulden soll der Kläger durch Arbeit begleichen.

3

Das SG Freiburg hat die Klage auf Übernahme der Kosten abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 8.1.2010) und das LSG Baden-Württemberg hat die Berufung des Klägers hiergegen zurückgewiesen (Urteil vom 22.6.2010). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt, zum einen seien die Aufwendungen für Taschengeld während des Austausches nicht von den Leistungen umfasst, die nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II zu gewähren seien. Nur die eigentlichen Kosten der Klassenfahrt seien zu tragen. Zum Zweiten scheitere der Anspruch bereits daran, dass es sich bei dem Schüleraustausch nicht um eine Klassenfahrt handele. Das baden-württembergische Schulrecht kenne den Begriff der Klassenfahrt als eigenständigen, rechtlich ausgefüllten Begriff nicht. Das Gericht habe daher den in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II verwendeten Begriff der "Klassenfahrt" unabhängig von den schulrechtlichen Vorschriften in Baden-Württemberg selbst auszulegen. Im Ergebnis liege eine "Klassenfahrt" nur dann vor, wenn sich die "Klasse" auch im Sinne des die Klasse ersetzenden Kursverbandes oder der Jahrgangsstufe auf eine mehrtägige Fahrt begebe. Bei einer freiwilligen, von dem konkreten fachbezogenen Klassen- oder Unterrichtsverband unabhängigen Teilnahme an einer mehrtägigen Veranstaltung liege hingegen keine "Klassenfahrt" vor. Bedarfe durch derartige Veranstaltungen würden nicht von § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II erfasst. Dies gelte insbesondere deswegen, weil nur ein Teil der Schüler der Klasse des Klägers an dem Schüleraustausch teilgenommen habe, ausgewählt nach schulischen Leistungen und sozialem Engagement - die Mehrheit der Schüler hiervon jedoch ausgeschlossen gewesen sei.

4

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 23 Abs 3 SGB II. Zur Begründung hat er ausgeführt, die restriktive Auslegung des Begriffs "Klassenfahrt" durch das LSG werde durch systematische Überlegungen, die Gesetzesbegründung und den Sinn und Zweck der Norm widerlegt. Die strenge Pauschalierung des SGB II gebiete eine weite Auslegung der Tatbestände, die eine Ausnahme hiervon normierten. Dies werde durch die Gesetzesbegründung zur Parallelvorschrift des § 31 Abs 1 Nr 3 SGB XII bestätigt. Dort werde die Klassen- mit der Schulfahrt gleichgesetzt, was belege, dass eine Klassenfahrt nicht nur dann gegeben sei, wenn die "Klasse auf Fahrt" sei. Die Norm diene dem Zweck, eine Ausgrenzung schulpflichtiger hilfebedürftiger Kinder zu vermeiden. Der Kläger wäre im Falle der Nichtteilnahme an dem Schüleraustausch jedoch einer Ausgrenzung ausgesetzt worden. Es komme entgegen der Auffassung es LSG nicht darauf an, dass die Teilnahme an dem Schüleraustausch freiwillig erfolgt sei. Auch in diesem Fall sei eine Nichtteilnahme wegen hinreichender finanzieller Mittel ausgrenzend. Ebenso wenig sei entscheidend, dass nur eine begrenzte Zahl von Schülern den Austausch habe machen können. Innerhalb der Vergleichsgruppe bleibe der Ausschluss aus finanziellen Gründen ausschließend. Nur durch die Finanzierung der Teilnahme könne zudem Chancengleichheit gewährleistet werden.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juni 2010 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Januar 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 6. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2009 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Oktober 2009 1300 Euro zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Ausführungen des LSG in der vom Kläger angefochtenen Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet.

9

Der Kläger hat einen Anspruch auf die Erstattung der ihm für eine mehrtägige Klassenfahrt in Gestalt der Teilnahme an dem Schüleraustausch mit der High School in Pinetop-Lakeside (Arizona) vom 1.10. bis 31.10.2009 entstandenen Kosten in Höhe von 1300 Euro gegen den Beklagten. Entgegen der Auffassung des LSG handelt es sich bei diesem Schüleraustausch um eine mehrtägige Klassenfahrt iS von § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II. Dies folgt aus den landesschulrechtlichen Bestimmungen Baden-Württembergs, mit denen die bundesrechtliche Rahmenregelung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II auszufüllen war.

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der Anspruch des Klägers nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II auf Erstattung der Kosten, die ihm durch den Schüleraustausch vom 1.10. bis 31.10.2009 entstanden sind. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 6.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.7.2009 einen Anspruch auf Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt verneint. Mit dem 14. Senat des BSG geht der erkennende Senat davon aus, dass es sich zum einen bei dem Anspruch auf Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II um einen Individualanspruch desjenigen handelt, der den entsprechenden Bedarf geltend macht(BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2). Zum Zweiten kann der Anspruch isoliert gerichtlich durchgesetzt werden (BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 1/09 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 9; BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2; so auch BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1 und Erstausstattung BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2; BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 sowie BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Dementsprechend hat der Kläger seine Klage durch Antragstellung vor dem SG in zulässiger Weise auf die Übernahme der Kosten für den Schüleraustausch beschränkt (zur Zulässigkeit der Beschränkung des Streitstoffs auf Leistungen für Sonderbedarfe vgl BSG vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15; BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2; BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1). Zum Dritten verfolgt der Kläger in zulässiger Weise den Anspruch auf Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt, nachdem der Schüleraustausch bereits durchgeführt worden ist und er den hierfür erforderlichen Geldbetrag von Geschäftsfreunden seines Vaters zur Verfügung gestellt bekommen hat, als Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage weiter.

11

Der Kläger hat die Höhe des von ihm geltend gemachten Anspruchs zudem im Revisionsverfahren zulässig auf 1300 Euro beschränkt. Er begehrt nur noch die Übernahme der eigentlichen Kosten für den Schüleraustausch (zusammengesetzt aus 740 Euro für die Flugtickets, Eintritte pp von 160 Euro, Jugendherberge/Hotel 300 Euro, anteilige Kosten für Mietwagen und Kraftstoff von 100 Euro = 1300 Euro). Er macht die Übernahme des von der Schule und dem Auswärtigen Amt veranschlagten Taschengeldes in Höhe von 350 Euro nicht mehr geltend. Insoweit ist die zurückweisende Berufungsentscheidung mithin rechtskräftig geworden.

12

2. Der Kläger ist leistungsberechtigt iS des § 7 Abs 1 SGB II. Er hat - von dem Beklagten bestandskräftig beschieden - zum Zeitpunkt der Entstehung des Bedarfs, als auch der Durchführung des Schüleraustausches Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gleichwohl insbesondere nicht hilfebedürftig gewesen sein könnte, sind nach den Feststellungen des LSG nicht ersichtlich. Eine Prüfung nach § 23 Abs 3 Satz 3 SGB II erübrigt sich daher.

13

3. Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger den Betrag von 1300 Euro, den er darlehensweise von den Geschäftsfreunden seines Vaters erhalten hat, für den Schüleraustausch in der Zeit vom 1.10. bis 31.10.2009 nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II zu erstatten. Nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) sind Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht (§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II). Der hier durchgeführte Schüleraustausch ist eine mehrtägige Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Baden-Württemberg iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II.

14

a) Die bundesrechtliche Regelung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II bestimmt den abstrakten Rahmen dafür, wann Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt zu erbringen sind. Gleichwohl ist der Rechtsbegriff der "Klassenfahrt" innerhalb dieses Rahmens durch die landesschulrechtlichen Vorschriften auszufüllen. Zwar hat das LSG festgestellt, dass der Begriff der "Klassenfahrt" in den schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Baden-Württemberg nicht ausdrücklich definiert werde. Der Senat ist hieran gebunden. Das LSG hat insoweit nicht reversibles Landesrecht ausgelegt (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO; zur Anwendung und Überprüfung von Landesrecht durch das BSG siehe BSG vom 24.1.2008 - B 3 KR 17/07 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 7; BSG vom 29.1.2008 - B 5a/5 R 20/06 R - BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1; BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1; BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27; BSG vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 162 RdNr 7). Dies führt entgegen der Auffassung des LSG jedoch nicht dazu, dass der im Bundesrecht verwendete Begriff der "mehrtägigen Klassenfahrt" hier ohne Heranziehung der schulrechtlichen Vorschriften des Landes Baden-Württemberg, gleichsam ausschließlich nach bundesrechtlichen Maßstäben zu bewerten wäre (vgl zur Ausfüllung des Begriffs der mehrtägigen Klassenfahrt durch die landesrechtlichen Schulgesetze BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1). Auch wenn der Begriff der "Klassenfahrt" im Landesrecht nicht verwendet oder ausdrücklich definiert wird, bestimmt sich nach den schulrechtlichen Bestimmungen, ob die Veranstaltung wie eine mehrtägige Klassenfahrt im Leistungsrecht des SGB II zu behandeln ist. Die Leistung wird durch den bundesrechtlichen Rahmen begrenzt und durch das Landesschulrecht ausgefüllt. Der bundesrechtliche Rahmen darf zwar nicht überschritten werden, das Landesrecht regelt jedoch, welche Veranstaltungen dem Grunde nach üblich sind und in welcher Höhe Aufwendungen hierfür regional übernommen werden. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II, findet seine Stütze jedoch auch in der Gesetzesbegründung, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck von § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II.

15

Nach dem Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II sind die dortigen Leistungen unter den Bedingungen zu übernehmen, dass es sich um Aufwendungen für eine mehrtägige Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen handelt. Die Verbindung der Begriffe mehrtägige Klassenfahrt und schulrechtliche Bestimmungen gibt damit einerseits bundesrechtlich vor, dass nur Leistungen zu erbringen sind für Kosten, die durch eine schulische Veranstaltung entstanden sind, die mit mehr als nur einem Schüler und für mehr als einen Tag (vgl BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 1/09 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 9)durchgeführt wird und einer "Fahrt", also einer Veranstaltung, die außerhalb der Schule stattfindet. Andererseits folgt aus der Wortlautverbindung zu dem "schulrechtlichen Rahmen", dass nach schulrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes zu bestimmen ist, ob die konkret durchgeführte Veranstaltung im Rahmen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II regional "üblich" ist. Bieten die schulrechtlichen Bestimmungen keinerlei Rechtsgrundlage für die Durchführung der Veranstaltung bzw die Höhe der Aufwendungen hierfür oder überschreitet ihre Durchführung (dem Grunde nach) den bundesrechtlichen Rahmen, lösen die dadurch entstehenden Kosten keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II aus. Die Aufwendungen sind vom Grundsicherungsträger mithin nur dann zu übernehmen, wenn die Veranstaltung den Vorgaben entspricht, die die bundesrechtliche Rahmenbestimmung vorgibt und für die im Landesrecht eine Grundlage vorhanden ist.

16

Dieses Ergebnis findet seine Bestätigung in der Gesetzesbegründung. Danach sind die Worte "mehrtägige Klassenfahrt" im bundesrechtlichen Rahmen ein Synonym für eine mehr als einen Tag dauernde schulische Veranstaltung, die näher durch die schulrechtlichen Vorschriften bestimmt werden soll. Weder erfolgt danach mit der Formulierung im Normtext eine Begrenzung der Leistungen für solche Aufwendungen, die der "Klasse auf Fahrt" entstehen (vgl hierzu LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 25.9.2008 - L 8 AS 38/08; Bayerisches LSG vom 10.5.2007 - L 11 AS 178/06 - FEVS 59, 76) noch darf das Landesrecht bei der konkreten Bestimmung des Inhalts der Leistung außer Betracht gelassen werden. In der Gesetzesbegründung zur Parallelvorschrift des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II im SGB XII(§ 32 Abs 1 Nr 3 SGB XII im Entwurf - zwischen dem 1.1.2005 und 31.12.2010 § 31 Abs 1 Nr 3 SGB XII)kommt dies deutlich zum Ausdruck, wenn dort anstelle des Begriffs der "Klassenfahrt" der der "Schulfahrt" verwendet wird (vgl BT-Drucks 15/1514 S 60).

17

Aus der systematischen Stellung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II folgt zudem zwingend, dass der bundesrechtliche Rahmen nur durch die jeweiligen schulrechtlichen Vorschriften ausgefüllt werden kann. Die Leistung ist regional determiniert. Die Berechnung der pauschalierten Regelleistung der §§ 19, 20 SGB II beinhaltet keine Aufwendungen für eine mehrtägige Klassenfahrt(vgl BT-Drucks 15/1514 S 60 zu § 32 SGB XII-Entwurf). § 23 Abs 3 Satz 1 2. Halbsatz SGB II stellt dies nochmals ausdrücklich klar. Aus diesem Grund sind Leistungen hierfür vom SGB II-Leistungsträger gesondert zu erbringen. Die Kosten der mehrtägigen Klassenfahrt sind jedoch anders als solche für Erstausstattungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB II in tatsächlich entstandener Höhe zu übernehmen. In der Begründung zu § 32 SGB XII-Entwurfsfassung wird dies damit gerechtfertigt, dass "Schulfahrten" ein wichtiger Bestandteil der Erziehung "durch die Schulen" seien(BT-Drucks 15/1514 S 60). Damit wird der unterschiedlichen rechtlichen Umsetzung der schulpolitischen Vorstellungen in den einzelnen Bundesländern Rechnung getragen, die insbesondere durch die verfassungsrechtlich ausschließliche Zuständigkeit der Länder für die Schulgesetzgebung(BVerfG vom 8.4.1987 - 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84 - BVerfGE 75, 40) bedingt sind. Daraus ergibt sich, wie das BVerfG erkannt hat, eine weitgehende eigenständige Gestaltungsfreiheit der Länder bei der Festlegung der Schulorganisation, aber auch der Erziehungsprinzipien und Unterrichtsgegenstände (BVerfG vom 26.2.1980 - 1 BvR 684/78 - BVerfGE 53, 185, 195 f = Juris RdNr 33). In der Folge hiervon sind die schulischen Bedarfe dem Grunde und der Höhe nach durch die regionalen Verhältnisse bestimmt. Dem trägt § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II durch die Bezugnahme auf die schulrechtlichen Vorschriften Rechnung.

18

Nur durch die Zugrundelegung der schulrechtlichen Regelungen als Maßstab für die Legitimation des Bedarfs für die mehrtägige Klassenfahrt kann folglich auch dem Sinn und Zweck des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II Rechnung getragen werden. Durch die Übernahme der Aufwendungen für die Teilnahme an einer "Klassenfahrt" sollen nach der Gesetzesbegründung zum heutigen, insoweit mit dem hier anzuwendenden gleichlautenden Recht (§ 28 Abs 2 SGB II, BGBl I 2011, 850), negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in der Phase des Schulbesuchs durch das Fernbleiben von schulischen Gemeinschaftsveranstaltungen vermieden werden (BT-Drucks 17/3404 S 104). Ihre Teilhabe soll auch insoweit gewährleistet sein. Welche schulischen Veranstaltungen es sind, deren Besuch zu gewährleisten ist, um die beschriebenen negativen Auswirkungen zu vermeiden, bestimmt sich jedoch nach dem jeweiligen Landesschulrecht. Allein die durch die schulrechtlichen Bestimmungen geprägte Realität des Schulalltags rechtfertigt daher die Übernahme der tatsächlichen Kosten durch staatliche Transferleistungen, also derjenigen, die nach den jeweiligen pädagogischen Vorstellungen in den einzelnen Bundesländern "üblich" sind.

19

b) Bedenken, dass der hier durchgeführte Schüleraustausch den eingangs aufgezeigten bundesrechtlichen Rahmen überschritten haben könnte, bestehen nicht. Der Schüleraustausch hier ist eine mehrtägige - nach den Feststellungen des LSG - von der Schule organisierte und durchgeführte Veranstaltung, an der mehrere Schüler teilgenommen haben. Unter Berücksichtigung des Teilhabeziels der Regelung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II stellt ein Ausschluss von der Teilnahme an einem Schüleraustausch, selbst wenn nicht die gesamte Klassen- oder Jahrgangsstufe die Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, auch eine Ausgrenzung aus finanziellen Gründen dar. Die Ausgrenzung erfolgt innerhalb der Gruppe der zur Teilnahme ausgewählten Schüler und soll von ihren Wirkungen her ebenso vermieden werden, wie bei der Betroffenheit der Gesamtheit der Schüler einer Klasse oder Jahrgangsstufe. Soweit das LSG auf die Entscheidungen des Hessischen VGH (VGH Hessen vom 22.3.2004 - 10 TG 743/04 - FEVS 56, 33) und des BVerwG (BVerwG vom 28.3.1996 - 5 C 32/95 - BVerwGE 101, 37) zu einmaligen Leistungen für schulische Bedarfe nach dem BSHG (Schüleraustausch und Aufwendungen im Rahmen einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft) zurückgreift, sind diese mit der heutigen Rechtslage nicht mehr in Übereinstimmung zu bringen. Das BSHG kannte keine spezielle Leistung für "mehrtägige Klassenfahrten". Rechtsgrundlage war vielmehr § 21 BSHG. Nach § 21 Abs 1a Nr 3 BSHG waren einmalige Leistungen ua für die Beschaffung von besonderen Lernmitteln für Schüler zu gewähren. Der Anspruch war danach - selbst unter Beachtung der vom BVerwG bereits bedachten "Ausgrenzungsproblematik" (s BVerwG vom 9.2.1995 - 5 C 2/93 - BVerwGE 97, 376) - eng mit Bedarfen aufgrund des Unterrichts verknüpft und nicht zur Deckung von Aufwendungen durch außerunterrichtliche Veranstaltungen geeignet.

20

Auch die Höhe der erforderlichen Aufwendungen für den Schüleraustausch führt nicht dazu, dass eine Überschreitung des bundesrechtlichen Rahmens anzunehmen wäre. Wie der 14. Senat des BSG bereits entschieden hat, hat der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die tatsächlichen Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt ohne Beschränkung auf einen Höchstbetrag zu übernehmen, wenn die Veranstaltung im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen stattfindet und das Schulrecht selbst keine Kostenobergrenze vorsieht (BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1). Der erkennende Senat folgt dem. Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass das Gesetz selbst keine bundesrechtliche Begrenzung der zu übernehmenden Aufwendungen vornimmt, weder durch eine Umschreibung etwa mit dem Begriff der "Angemessenheit", noch, wie zuvor bereits dargelegt, einer Pauschalierung. Zum Zweiten ist die Übernahme der tatsächlichen Kosten - soweit rechtlich zulässig durch die Schule veranlasst - die materielle Seite des "Teilhabegedankens". In der Gesetzesbegründung zu § 28 SGB II idF der Neubekanntmachung vom 13.5.2011 (BGBl I 850), in den der bisherige § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II wörtlich übernommen worden ist, wird insoweit betont, dass die Regelung dazu diene, die reale und gleichberechtigte Teilnahme durch Übernahme der Kosten in tatsächlicher Höhe zu gewährleisten(BT-Drucks 17/3404 S 104). Dies wird durch § 28 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II iVm § 19 Abs 3 Satz 3 sowie § 19 Abs 2 Satz 2 SGB II iVm § 6b BKGG nochmals bestärkt. Leistungen für eine mehrtägige Klassenfahrt sind nach der Neufassung des SGB II (Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) auch denjenigen zu erbringen, deren Bedarf ausschließlich ein solcher für Teilhabe und Bildung ist bzw denjenigen, die Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen, die also keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II haben.

21

c) Damit ist zu entscheiden, ob die Veranstaltung im schulrechtlichen Rahmen des Landes Baden-Württemberg einer mehrtägigen Klassenfahrt entspricht. Das ist hier der Fall. Bei dem danach heranzuziehenden Landesschulrecht handelt es sich, wenn die Vorinstanz über dessen Bestehen und Inhalt befunden hat, zwar um irrevisibles Recht, dessen Auslegung das BSG grundsätzlich bindet (s nur BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27; vgl auch BSG vom 1 3.10.1992 - 4 RA 24/91 - BSGE 71, 163 = SozR 3-5050 § 15 Nr 4; BSG vom 29.1.2008 - B 5a/5 R 20/06 R - BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1). Von diesem Grundsatz ist in der Rechtsprechung des BSG jedoch dann eine Ausnahme anerkannt, wenn das LSG entscheidungserhebliche landesrechtliche Vorschriften unberücksichtigt gelassen hat (s nur BSG vom 29.1.2008 - B 5a/5 R 20/06 R - BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1). So liegt der Fall hier. Mit der Feststellung des LSG, dass das baden-württembergische Schulrecht keine Definition des Begriffs der "mehrtägigen Klassenfahrt" enthalte, hat es zugleich die Anwendung der landesrechtlichen Bestimmungen ausgeschlossen und ausschließlich Bundesrecht angewendet. Der Senat ist mithin nicht gehindert, unter Auslegung der landesschulrechtlichen Bestimmungen festzustellen, dass der durchgeführte Schüleraustausch danach einer mehrtägigen Klassenfahrt gleichgestellt wird. Dieses Ergebnis folgt aus der Systematik der schulrechtlichen Normen zu außerunterrichtlichen Veranstaltungen und den dazu ergangenen schulrechtlichen Kompetenzzuweisungen sowie dem ausdrücklich formulierten Ziel der schulrechtlichen Regelungen.

22

Systematisch differenziert das baden-württembergische Schulrecht, soweit es mehrtägige schulische Veranstaltungen als pädagogisch sinnvoll erkennt, nicht zwischen "Klassenfahrten" und sonstigen Veranstaltungen. Auf Grundlage des die Rechte und Pflichten der Schulkonferenz regelnden § 47 Abs 5 Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchulG) ergibt sich, dass die dort beispielhaft genannten Klassenfahrten und Schullandheimaufenthalte beide außerunterrichtliche Veranstaltungen sind. Die Bestimmung der Grundsätze über die Durchführungen dieser außerunterrichtlichen Veranstaltungen sowie ihre Genehmigung obliegen nach § 47 Abs 5 Nr 5 SchulG sowie § 45 Abs 2 SchulG iVm § 2 Abs 1 Nr 11 KonfO BW 1993(GBl 1984, 423; 1993, 515) jedoch der Gesamtlehrer- und Schulkonferenz sowie dem Schulleiter. Das heißt, das baden-württembergische Schulrecht delegiert in dem gesetzlich gesteckten Rahmen die Frage, ob und welche außerunterrichtlichen Veranstaltungen durchgeführt werden, an die einzelne Schule. Maßstab für die vom LSG diskutierte Ausgrenzungsproblematik ist mithin die Entscheidung der einzelnen Schule insoweit. Nach den Feststellungen des LSG muss davon ausgegangen werden, dass die Schule des Klägers hier den Schüleraustausch als ihrem pädagogischen Konzept entsprechend beschlossen hat.

23

Diese Entscheidung der Schule hält sich auch im Rahmen der schulrechtlichen Regelungen des Landes Baden-Württemberg. Der baden-württembergische Landesgesetzgeber unterscheidet vom pädagogischen Konzept her nicht zwischen "Landschulheimaufenthalt" und "Schüleraustausch". So werden Lehr- und Studienfahrten sowie Schullandheimaufenthalte, aber auch der Schüleraustausch beispielhaft als außerunterrichtliche Veranstaltungen gewertet, die einen wichtigen Beitrag zur Entfaltung der gesamten Persönlichkeit des Schülers darstellten (Mitteilung des Rechnungshofs vom 24.6.2009 im Landtag von Baden-Württemberg, Drucks 14/4710 S 1, 3). Nach der Verwaltungsvorschrift "Außerunterrichtliche Veranstaltungen der Schulen" vom 6.10.2002 sollen sie gleichermaßen geeignet sein zur Vertiefung, Erweiterung und Ergänzung des Unterrichts und zur Entfaltung und Stärkung der Gesamtpersönlichkeit des einzelnen Schülers. Die Ziffern I.1. bis 9. der Verwaltungsvorschrift stellen unter 4. Lehr- und Studienfahrten sowie Veranstaltungen im Rahmen der politischen Bildung, 5. Schullandheimaufenthalte und 8. Schüleraustausch beispielhaft nebeneinander.

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Auch die hier erforderlich gewordenen Aufwendungen für den Schüleraustausch überschreiten den landesschulrechtlichen Rahmen nicht. Insoweit finden sich keine konkreten Vorgaben in den baden-württembergischen Regelungen. In der bereits benannten Verwaltungsvorschrift heißt es unter Ziffer II. 6. lediglich: "Die für Schüler entstehenden Kosten sind so niedrig wie möglich zu halten, müssen in einem vertretbaren Verhältnis zum Nutzen der Veranstaltung stehen und dürfen die Eltern nicht in unzumutbarem Maße belasten." Auch hier gilt, dass die Verantwortung und Entscheidungshoheit insoweit auf die einzelne Schule delegiert ist, die durch ihre Gremien im konkreten Fall beschlossen hat, dass der betreffende Austausch zu dem benannten Betrag durchgeführt werden sollte. Hinweise darauf, dass der Betrag von 1300 Euro für eine immerhin vierwöchige Reise in die USA diesen Vorgaben widersprechen könnte, finden sich nach den Feststellungen des LSG nicht. Der zu zahlende Betrag ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch eher niedrig, denn zu hoch.

25

4. Ein Anspruch des Klägers nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II scheidet nicht schon deswegen aus, weil er sich nach Antragstellung mit Hilfe von ehemaligen Geschäftsfreunden seines Vaters den zur Teilnahme an dem Schüleraustausch erforderlichen Geldbetrag selbst beschafft hat. Die Zahlung der Geschäftsfreunde des Vaters sollten nach den Feststellungen des LSG die fehlende Unterstützung durch den Beklagten lediglich substituieren, sodass sie dem Kläger dann wegen einer Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung nicht entgegengehalten werden können (vgl für die Sozialhilfe BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11; BVerwGE 90, 154). Der Kläger ist zudem nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG verpflichtet, den zur Verfügung gestellten Betrag abzuarbeiten. Wegen dieser Verpflichtung zum Abarbeiten - in der Art eines Darlehensvertrags (vgl zum Darlehensvertrag BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30) -war der zur Verfügung gestellte Geldbetrag nach den Feststellungen des LSG auch nicht zum Verbleib beim Kläger gedacht. Jedenfalls dann, wenn eine Entscheidung des Trägers der Grundsicherung die Übernahme der begehrten Aufwendungen rechtswidrig abgelehnt hatte und der Leistungsberechtigte sich den erforderlichen Geldbetrag zur Finanzierung der Teilnahme an dem Austausch selbst beschafft hat, kommt ein Kostenerstattungsanspruch in Betracht. Insoweit folgt der erkennende Senat der Rechtsprechung des 14. Senats zu der im Sozialversicherungsrecht geltenden Pflicht zur Kostenerstattung bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung, als allgemein gültigem Rechtsprinzip (vgl BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41; BSG vom 30.10.2001 - B 3 KR 27/01 R - BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36). An die Stelle der ursprünglich begehrten Übernahme der Aufwendungen für die Teilnahme an dem Schüleraustausch treten dann die Schulden, die gegenüber den Dritten eingegangen worden sind (s auch BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R).

26

5. Die Kosten sind dem Kläger nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II von dem Beklagten auch in der nunmehr im Revisionsverfahren auf die reinen Teilnahmekosten von 1300 Euro beschränkten Höhe zu erstatten. Mit dem 14. Senat geht der erkennende Senat davon aus, dass der Bedarf für eine "mehrtägige Klassenfahrt" nicht bereits deswegen zu verneinen ist, weil der Kläger auch ohne diese Leistung teilgenommen hat (vgl BSG vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2). Dahinstehen konnte, ob der Kläger verpflichtet war, für eine Bedarfsdeckung durch Dritte, also etwa einen Förderverein zu sorgen, denn ein solcher existiert nach den bindenden Feststellungen des LSG an der Schule des Klägers nicht (vgl hierzu auch BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R - BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1). Auch die vorläufige Bedarfsdeckung aufgrund der Finanzierung des Schüleraustausches durch ehemalige Geschäftsfreunde des Vaters des Klägers steht dem Leistungsanspruch, wie bereits oben dargelegt, nicht entgegen.

27

6. Der Beklagte hat dem Kläger nach § 193 SGG die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Der Kläger hatte zwar bis zum Revisionsverfahren einen Betrag von 1650 Euro eingeklagt. Nach der Entscheidung des LSG, das die Aufwendungen für das Taschengeld in Höhe von 350 Euro als nicht erstattungsfähig gewertet hat, hat der Kläger sein Begehren auf den ihm nunmehr zugesprochenen Betrag von 1300 Euro beschränkt. Dies kann ihm kostenmäßig nicht zum Nachteil gereichen.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

(1) Ausbildungsförderung wird geleistet für den Besuch von

1.
weiterführenden allgemeinbildenden Schulen und Berufsfachschulen, einschließlich der Klassen aller Formen der beruflichen Grundbildung, ab Klasse 10 sowie von Fach- und Fachoberschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, wenn der Auszubildende die Voraussetzungen des Absatzes 1a erfüllt,
2.
Berufsfachschulklassen und Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, sofern sie in einem zumindest zweijährigen Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss vermitteln,
3.
Fach- und Fachoberschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt,
4.
Abendhauptschulen, Berufsaufbauschulen, Abendrealschulen, Abendgymnasien und Kollegs,
5.
Höheren Fachschulen sowie von Akademien, die Abschlüsse verleihen, die nicht nach Landesrecht Hochschulabschlüssen gleichgestellt sind,
6.
Hochschulen sowie von Akademien, die Abschlüsse verleihen, die nach Landesrecht Hochschulabschlüssen gleichgestellt sind.
Maßgebend für die Zuordnung sind Art und Inhalt der Ausbildung. Ausbildungsförderung wird geleistet, wenn die Ausbildung an einer öffentlichen Einrichtung – mit Ausnahme nichtstaatlicher Hochschulen – oder einer genehmigten Ersatzschule durchgeführt wird.

(1a) Für den Besuch der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Ausbildungsstätten wird Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und

1.
von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist,
2.
einen eigenen Haushalt führt und verheiratet oder in einer Lebenspartnerschaft verbunden ist oder war,
3.
einen eigenen Haushalt führt und mit mindestens einem Kind zusammenlebt.
Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass über Satz 1 hinaus Ausbildungsförderung für den Besuch der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Ausbildungsstätten auch in Fällen geleistet wird, in denen die Verweisung des Auszubildenden auf die Wohnung der Eltern aus schwerwiegenden sozialen Gründen unzumutbar ist.

(2) Für den Besuch von Ergänzungsschulen und nichtstaatlichen Hochschulen sowie von nichtstaatlichen Akademien im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 wird Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn die zuständige Landesbehörde anerkennt, dass der Besuch der Ausbildungsstätte dem Besuch einer in Absatz 1 bezeichneten Ausbildungsstätte gleichwertig ist. Die Prüfung der Gleichwertigkeit nach Satz 1 erfolgt von Amts wegen im Rahmen des Bewilligungsverfahrens oder auf Antrag der Ausbildungsstätte.

(3) Das Bundesministerium für Bildung und Forschung kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass Ausbildungsförderung geleistet wird für den Besuch von

1.
Ausbildungsstätten, die nicht in den Absätzen 1 und 2 bezeichnet sind,
2.
Ausbildungsstätten, an denen Schulversuche durchgeführt werden,
wenn er dem Besuch der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Ausbildungsstätten gleichwertig ist.

(4) Ausbildungsförderung wird auch für die Teilnahme an einem Praktikum geleistet, das in Zusammenhang mit dem Besuch einer der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten oder nach Absatz 3 bestimmten Ausbildungsstätten gefordert wird und dessen Inhalt in Ausbildungsbestimmungen geregelt ist. Wird das Praktikum in Zusammenhang mit dem Besuch einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Ausbildungsstätte gefordert, wird Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt.

(5) Ausbildungsförderung wird nur geleistet, wenn

1.
der Ausbildungsabschnitt mindestens ein Schul- oder Studienhalbjahr dauert und
2.
die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt.
Ausbildungsabschnitt im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit, die an Ausbildungsstätten einer Ausbildungsstättenart einschließlich der im Zusammenhang hiermit geforderten Praktika bis zu einem Abschluss oder Abbruch verbracht wird. Ein Masterstudiengang nach § 7 Absatz 1a gilt im Verhältnis zu dem Studiengang, auf den er aufbaut, in jedem Fall als eigener Ausbildungsabschnitt.

(6) Ausbildungsförderung wird nicht geleistet, wenn der Auszubildende

1.
Unterhaltsgeld, Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch oder Bürgergeld bei beruflicher Weiterbildung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erhält,
2.
Leistungen von den Begabtenförderungswerken erhält,
3.
als Beschäftigter im öffentlichen Dienst Anwärterbezüge oder ähnliche Leistungen aus öffentlichen Mitteln erhält oder
4.
als Strafgefangener Anspruch auf Ausbildungsbeihilfe nach einer Landesvorschrift für den Strafvollzug hat.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

I.

Die Klägerin begehrt Ausbildungsförderung für den Besuch der privaten Realschule mit angeschlossenem Internat in ... für das Jahr 2011/2012.

Der Antrag der Klägerin auf Ausbildungsförderung wurde mit Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2011 abgelehnt und der hiergegen erhobene Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2012 zurückgewiesen. Aufgrund der hiergegen erhobenen Klage (Nr. W 1 K 13.67) wurde die Beklagte mit Urteil vom 5. Juli 2013 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Ausbildungsförderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Mit Bescheid vom 13. März 2014 lehnte die Stadt Schweinfurt den Antrag der Klägerin auf Ausbildungsförderung für den Besuch der 5. Jahrgangsstufe der privaten Realschule der ... Privatschulen gGmbH mit angeschlossenem Internat nach erneuter Prüfung ab. In den Gründen des Bescheides wird ausgeführt: Aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts habe die Stadt Schweinfurt zu ermitteln gehabt, ob 1. ein migrationsbedingter Förderbedarf bei der Klägerin vorhanden sei, 2. der individuelle migrationsbedingte Förderbedarf der Antragstellerin durch die besuchte Schule gedeckt sei und 3. ob der vorhandene Förderbedarf auch durch eine wohnortnahe Schule hätte gedeckt werden können. Auf der Grundlage der eingeholten Stellungnahmen der bisher besuchten Ausbildungsstätten sei festzustellen, dass ein migrationsbedingter Förderungsbedarf bei der in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Klägerin während der bisherigen Schullaufbahn (Grund- und Hauptschule) nicht festgestellt habe werden können. Die Schülerin wäre mit mehr Fleiß zu besseren Leistungen fähig gewesen. Die Schülerin habe zwar zunächst die Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag besucht, sei jedoch nach einiger Zeit wieder ausgeschlossen worden, da sie sich schlecht betragen habe. Die Schülerin sei durchschnittlich begabt und habe die erzielten Leistungen mit geringem Aufwand erbracht. Die Möglichkeit für den Besuch einer Ganztagesklasse mit Hausaufgabenbetreuung sei von den Eltern nicht wahrgenommen worden. Somit habe die Schülerin ohne spezielle Förderung die erzielten Zensuren erreicht. Ein spezieller migrationsbedingter Förderungsbedarf der Klägerin sei nicht anzunehmen. Auch die Tatsache, dass die Klägerin den Probeunterricht an der ... in Schweinfurt für das Schuljahr 2010/2011 nicht bestanden habe, lasse nicht auf einen migrationsbedingten Förderbedarf schließen, sondern sei allein auf das individuelle Lernverhalten der Klägerin zurückzuführen. Allein die Tatsache, dass die Klägerin ohne bestandenen Probeunterricht und ohne Erreichen des Mindestnotendurchschnitts und ohne Übertrittsempfehlung im maßgeblichen Schuljahr an der ... Privatschulen gGmbH aufgenommen worden sei, lasse nicht auf einen migrationsbedingen Förderbedarf der Klägerin schließen.

II.

Mit ihrer am 16. April 2014 erhobenen Klage ließ die Klägerin beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Ausbildungsförderung für den Besuch der 5. Jahrgangsstufe in der privaten Realschule der ... Privatschulen gGmbH in ... zu bewilligen.

Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen vorgebracht:

Bei der Klägerin sei ein besonderer migrationstypischer Förderbedarf gegeben, weil die Eltern der Klägerin aufgrund ihrer Herkunft aus der Türkei nicht in der Lage seien, der Klägerin die notwendige Unterstützung bei der Hausaufgabenbetreuung zu gewährleisten. Dass dieser Förderbedarf gegeben sei, zeige auch die Tatsache, dass die Klägerin den Probeunterricht in Schweinfurt nicht bestanden habe, jedoch den Probeunterricht an der Realschule der ... Privatschulen gGmbH erfolgreich absolviert habe. Aufgrund des migrationstypischen Förderangebotes habe die Klägerin zudem die 5. Jahrgangsstufe erfolgreich abgeschlossen und sei in die nächsthöhere Stufe versetzt worden.

Die private Realschule der ... Privatschulen gGmbH biete den Mädchen weit mehr Ergänzungsunterricht in den Kernfächern als in der Schulordnung vorgesehen sei. Zusätzlich biete die Schule Nachhilfeunterricht und Übungsstunden unter der Aufsicht von Lehrern an. Neben dem Fachunterricht hätten die Schülerinnen im Intensivierungs- und Ergänzungsunterricht die Möglichkeit, das Erlernte weiter einzuüben. Die Intensivierungs- und Ergänzungsstunden fänden für die Hauptfächer Deutsch, Mathematik und Englisch am Nachmittag statt. Diese würden seitens der Fachlehrer gehalten, wobei die Klassen in der Regel geteilt würden, um stärker auf die Bedürfnisse der einzelnen Schülerinnen eingehen zu können. Hinzu komme die Hausaufgabenbetreuung, die von den Betreuerinnen des Internats übernommen würden. Die Durchführung von Intensivierungsnachmittagen unter der Aufsicht der Fachlehrer und die Gewährleistung einer zusätzlichen Hausaufgabenbetreuung werde an der wohnortnahen Realschule nicht angeboten, so dass die Klägerin auf eine wohnortnahe Ausbildungsstätte nicht verwiesen werden könne. Der bei der Klägerin vorhandene Förderbedarf könne somit nicht durch eine wohnortnahe Schule gedeckt werden.

Soweit die Beklagte in ihrer ablehnenden Entscheidung anmerke, dass die Klägerin den Schulbesuch an der ... Privatschulen gGmbH bereits zum 17. Dezember 2013 wieder abgebrochen habe und zurück auf die Volksschule in Schweinfurt gewechselt sei, müsse klargestellt werden, dass die Klägerin diesen Wechsel nicht freiwillig vorgenommen habe. Hintergrund sei vielmehr, dass die Beklagte hier die beantragte Ausbildungsförderung nicht gewährt habe und die Eltern der Klägerin nicht über entsprechende finanzielle Mittel verfügten, um die Kosten für die Privatschule monatlich aufwenden zu können. Die Eltern der Klägerin würden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II beziehen.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles der Klägerin und den eingeholten Stellungnahmen der bisher besuchten Ausbildungsstätten (Grund- und Hauptschule) habe ein spezieller migrationsbedingter Förderungsbedarf der in Deutschland geborenen und in Schweinfurt aufgewachsenen Klägerin nicht festgestellt werden können. Auf die Gründe des Bescheides werde Bezug genommen. Unabhängig davon sei die als reine Mädchenschule geführte private Realschule der ... Privatschulen gGmbH unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Bayer. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (StMUK) nicht auf den speziellen migrationsbedingten Förderungsbedarf der überwiegend muslimischen Schülerinnen ausgerichtet. Die von der Klägerin wahrgenommenen Zusatzangebote (Nachhilfestunden und Hausaufgabenbetreuung) würden im angegliederten Wohnheim der ... Privatschulen gGmbH angeboten. Maßgeblicher Bezugspunkt bei der Unterscheidung der besuchten Ausbildungsstätte und einer entsprechenden wohnortnahen Ausbildungsstätte bilde bei der Betrachtung jedoch allein die Ausbildungsstätte selbst, nicht hingegen lediglich mit dieser verbundene Einrichtungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Mit Beschluss der Kammer vom 16. Juli 2015 wurde der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klägerbevollmächtigten teilten nach Ladung zur mündlichen Verhandlung mit, dass sie das Mandat gekündigt hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 22. Oktober 2015 sowie auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Ausbildungsförderung für den Besuch der Realschule mit angeschlossenem Internat in ... für das Jahr 2011/2012. Sie wird deshalb durch den Bescheid vom 13. März 2014 nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Bayerisches Ausbildungsförderungsgesetz (BayAföG) wird Ausbildungsförderung für den Besuch der Klassen 5 bis 9 von Realschulen gewährt, wenn die Ausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer staatlich anerkannten oder genehmigten Ersatzschule durchgeführt wird. Gemäß Art. 4 Abs. 1, Art. 5 BayAföG gilt § 2 Abs. 1a Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) entsprechend. Gemäß § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist.

Eine der tatsächlich besuchten Ausbildungsstätte entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte i. S. d. § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG liegt grundsätzlich dann vor, wenn sie nach Lehrstoff und Bildungsgang zu dem erstrebten Ausbildungs- und Erziehungsziel führt. Hierfür reicht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch die Möglichkeit des Erwerbs des gleichen Bildungsabschlusses an beiden Ausbildungsstätten allein nicht aus (vgl. BVerwG, U. v. 16.12.1976 - V C 43.75 - BVerwGE 51, 354; B. v. 20.9.1996 - 5 B 177/95 - juris Rn. 4). Vielmehr ist darauf abzustellen, ob bei der wohnortnahen Bildungsstätte nach Lehrstoff, Schulstruktur und Bildungsgang relevante Unterschiede gegenüber der gewählten auswärtigen Schule bestehen, die einem Verweis des Auszubildenden auf den Besuch der wohnortnahen Ausbildungsstätte entgegenstehen. Derartige wesentliche Unterschiede zwischen zwei Bildungsstätten werden von der Rechtsprechung etwa dann bejaht, wenn die besuchte Ausbildungsstätte eine konfessionelle oder weltanschauliche Prägung besitzt und der Auszubildende seine Ausbildung hieran orientiert (BVerwG, U. v. 14.12.1978 - V C 49.77 - BverwGE 57, 198).

Darüber hinaus kann auch die spezielle Ausrichtung einer Ausbildungsstätte am Förderbedarf von Schülern mit Migrationshintergrund einen relevanten, ausbildungsbezogenen Unterschied zwischen zwei Ausbildungsstätten ausmachen (BayVGH, B. v. 18.6.2013 - 12 B 13.592 - juris Rn. 20 unter Verweis auf OVG NRW, B. v. 28.2.2012 - 12 A 1456/11 - juris Rn. 3; B. v. 16.12.2012 - 12 A 1628/12 - juris Rn. 7 und 12). Bietet die wohnortnahe Schule, die den gleichen Schulabschluss vermittelt wie die gewählte Ausbildungsstätte, eine spezielle Betreuung für Migranten, beispielsweise eine Sprachförderung oder eine Hilfestellung bei den Hausaufgaben, die migrationstypische Defizite ausgleicht nicht an, so kann je nach Ausgestaltung der migrationstypischen Förderung im Einzelfall die Annahme einer entsprechenden zumutbaren Ausbildungsstätte abgelehnt werden.

Den maßgeblichen Bezugspunkt bildet dabei jedoch allein die Ausbildungsstätte selbst, nicht hingegen lediglich mit ihr verbundene Einrichtungen wie beispielsweise externe Wohnheime (BVerwG, U. v. 31.3.1980 - 5 C 41/78 - juris Rn. 21).

Von einem wesentlichen Unterschied zwischen der gewählten und der wohnortnahen Ausbildungsstätte kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn das prägende Profil der gewählten Bildungseinrichtung dem individuellen Förderbedarf des Auszubildenden - im Gegensatz zur wohnortnahen Ausbildungsstätte - im konkreten Fall entspricht. Decken sich Förderbedarf auf der einen und spezielle Schulstruktur und Bildungsgang der auswärtigen Bildungsstätte auf der anderen Seite und trifft dies auf die wohnortnahe Ausbildungsstätte nicht zu, so kann der Auszubildende auf die wohnortnahe Ausbildungsstätte als entsprechende zumutbare i. S. v. § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht verwiesen werden. Anders verhält es sich hingegen dann, wenn eine auswärtige Schule eine spezielle Sprach- und Studienförderung für Schüler mit Migrationshintergrund zwar anbietet, beim Auszubildenden jedoch ein entsprechendes Defizit nicht besteht (BayVGH, B. v. 18.6.2013 - 12 B 13.593 - juris Rn. 22; B. v. 5.12.2012 - 12 BV 11.1377 - juris Rn. 15).

Bei der Klägerin besteht kein migrationsbedingter Förderbedarf.

Die beklagte Stadt Schweinfurt hat vor Erlass des Bescheides vom 13. März 2014 Auskünfte der von der Klägerin bis dahin besuchten Schulen eingeholt und eine persönliche Anhörung der Klägerin vorgenommen, um festzustellen, ob bei dieser ein spezieller migrationstypischer Förderbedarf besteht. Auf der Grundlage dieser Ermittlungen ist die Beklagte zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin ein migrationstypischer Förderbedarf nicht besteht. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Die aufgrund der vorgelegten Bestätigungen der Schulen und der persönlichen Anhörung der Klägerin gewonnene Einschätzung der Beklagten wurde von der Klägerin nicht substantiiert widerlegt.

Soweit die Klägerin vorbringt, ihre Eltern könnten sie nicht bei den Hausaufgaben unterstützen, führt dies nicht zur Annahme des Vorliegens eines spezifischen migrationsbedingten Förderbedarfs der Klägerin. Denn insoweit unterscheidet sich die Situation der Familie der Klägerin nicht wesentlich von einer Vielzahl anderer familiärer Situationen, in denen die Eltern aus Zeitgründen oder weil sie z. B. selbst nicht über eine entsprechende Bildung verfügen, ihren Kindern nicht selbst bei den Hausaufgaben helfen können, sondern hierfür externe Nachhilfe in Anspruch nehmen.

Ein migrationsbedingtes Defizit ist auch nicht deshalb nachgewiesen, weil die Klägerin den Probeunterricht und die Aufnahmeprüfung bei der ... Privatschulen gGmbH für das Schuljahr 2011/2012 bestanden hat, während sie im Vorjahr bei dem Probeunterricht an der ... in Schweinfurt nicht den erforderlichen Notendurchschnitt erreicht hat.

Zwischen den beiden Probeunterrichten lag nahezu ein ganzes Schuljahr. Möglicherweise hat die Klägerin sich auf den Probeunterricht der ... Privatschulen gGmbH besser vorbereitet und sich mehr angestrengt. Denkbar ist auch, dass die Klägerin deshalb bessere Leistungen erzielt hat als bei dem Probeunterricht an der öffentlichen Realschule, weil die Vergleichsgruppe der Schülerinnen bei dem Probeunterricht in ... anders zusammengesetzt war. Ein bestandener Probeunterricht, der nach § 27 Abs. 2 Satz 1 Realschulordnung (RSO v. 18.7.2007, GVBl 2007, S. 458) drei Tage dauert, sagt weder etwas über einen migrationsbedingten Förderbedarf noch etwas über ein spezielles Förderprofil der Schule aus.

Ebenso wenig sagen die von der Klägerin vor dem Wechsel auf die private Realschule erzielten Schulnoten etwas über einen migrationsbedingten Förderbedarf aus. Nach den vorgelegten Stellungnahmen der befragten Schulen (Bl. 106, 107 Behördenakte) hat die Klägerin die Noten ohne großen Aufwand erzielt und wäre mit mehr Fleiß zu besseren Leistungen in der Lage gewesen. Die festgestellten Leistungsdefizite sind deshalb auf das individuelle Lernverhalten der Klägerin und nicht auf einen migrationsbedingten Förderbedarf zurück zu führen.

Nachdem schon die Voraussetzung eines migrationsbedingten Förderbedarfes nicht vorliegt, kam es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob die von der Klägerin besuchte Privatschule der ... Privatschulen gGmbH auf die Befriedigung eines spezifischen migrationsbedingten Förderbedarfes ausgerichtet ist. Hiergegen sprechen allerdings die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse.

Das Verwaltungsgericht München hat entschieden (U. v. 8.11.2012 - M 15 K 12.980 - juris), dass die Realschule der ... Privatschulen gGmbH in ... kein besonderes Förderkonzept zur Behebung migrationsbedingter Defizite verfolgt. Dies lasse sich auch der Landtags-Drucksache 16/7957 (Seite 10) entnehmen.

Diese Drucksache beinhaltet Anfragen zum Plenum vom 14. März 2011 mit den dazu ergangenen Antworten der Staatsregierung und führt die von der Klägerin besuchte Schule als Neugründung (Errichtungsjahr 2009) im Bereich der privaten Realschulen an. Zugleich wird festgestellt, dass keiner der dort genannten Realschulen besondere pädagogische Konzepte zugrunde liegen. Eine vom Gericht in diesem Verfahren eingeholte Stellungnahme der ... Privatschulen gGmbH vom 29. Oktober 2012 habe ergeben, dass die zusätzlichen Förderangebote nicht unmittelbar mit der Ausbildung verbunden seien, sondern nur neben dem Unterricht angeboten würden und prägten die Schule deshalb nicht (VG München, a. a. O., Rn. 32).

Die Kammer konnte auch in einem gleichgelagerten Fall, der das Gymnasium der ... Privatschulen gGmbH betraf (W 3 K 14.343), nicht feststellen, dass ein eventuell bestehender individueller migrationsbedingter Förderbedarf durch die Schule selbst gedeckt wird. Vielmehr hat sich gezeigt, dass zwar - gegenüber öffentlichen Schulen - zusätzliche Angebote existieren. Diese Angebote werden aber teilweise im Internat oder durch Erzieherinnen des Internats (Hausaufgabenbetreuung) oder durch von der Privatschule gesondert vergütete Nachhilfestunden (teilweise durch Lehrer der Schule) erbracht. Die zusätzlichen Angebote prägen aber nicht den reinen Schulbetrieb. Somit unterscheidet sich die streitgegenständliche Privatschule insgesamt nicht von anderen Privatschulen, die mit kleineren Klassen und dadurch bedingter intensiverer Betreuung werben und deren Angebote sich generell an „schwächere“ Schüler richten (so auch VG München, U. v. 29.1.2015 - M 15 K 14.1523 - juris Rn.39).

Somit konnte die Klage keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 VwGO abzuweisen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der am ... 2000 geborene Kläger besucht seit dem Schuljahr 2010/2011 den naturwissenschaftlich - technologischen Zweig des Gymnasiums „Staatliches Landschulheim M.“. Er ist in dem der Schule angeschlossenen Internat untergebracht. Nach erfolgloser Antragstellung auf Ausbildungsförderung für den Besuch der 5. Klasse dieses Gymnasiums im Schuljahr 2010/2011 wurde seitens der Mutter des Klägers am 4. September 2012 und am 5. Dezember 2012 für den Kläger Ausbildungsförderung für die 7. Klasse im Schuljahr 2012/2013 beantragt. Sie legte dem Antrag eine Informationsbroschüre des staatlichen Landschulheims M. zum Projekt „Handwerk am Gymnasium“ bei und wies darauf hin, dass das Landschulheim eine Versuchsschule sei, an der ihr Sohn ab der 8. Klasse parallel zum Unterricht eine Berufsausbildung zum Schreiner erhalte.

Mit Bescheid vom 14. Januar 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil eine auswärtige Unterbringung nicht nötig sei. Das Michaeli-Gymnasium München, das von der Mutter des Klägers aus innerhalb von zwei Stunden (für Hin- und Rückweg) erreichbar sei, sei eine zumutbare Ausbildungsstätte. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 2. September 2013 zurückgewiesen.

Die gegen den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 2. September 2013 erhobene Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 6. November 2014 abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass das staatliche Michaeli-Gymnasium München eine entsprechend zumutbare Schule sei. Es entspreche in Lehrstoff, Bildungsgang und Ausbildungsziel dem staatlichen Landschulheim. Insbesondere biete das Michaeli-Gymnasium auch einen naturwissenschaftlich-technologischen Zweig an, dessen Stundenpläne sich nicht von denen des staatlichen Landschulheims unterschieden, da es sich in beiden Fällen um staatliche Schulen handle, für die gemäß § 43 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern dieselben Lehrpläne gälten. Dass das staatliche Landschulheim die Möglichkeit eröffne, neben dem Besuch des Gymnasiums eine Schreinerlehre zu absolvieren, führe nicht dazu, dass dem Kläger aus ausbildungsbezogenen Gründen der Besuch des Michaeli-Gymnasiums unzumutbar wäre. Die Möglichkeit, neben dem Besuch des Gymnasiums eine Schreinerlehre zu absolvieren, sei kein ausbildungsbezogener Gesichtspunkt, der bei der Frage der Notwendigkeit einer auswärtigen Unterbringung zu berücksichtigen wäre. Es komme daher nicht darauf an, ob für die 7. Klasse Ausbildungsförderung geleistet werden könne, obwohl die Schreinerlehre erst ab der achten Klasse beginne.

Gegen dieses Urteil richtet sich der seitens des Klägers gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, hinsichtlich des vorliegend allein streitgegenständlichen Zeitraums der Gewährung von Ausbildungsförderung für die 7. Klasse im Schuljahr 2012/2013 jedoch unbegründet, da die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO und der Verfahrensfehlerhaftigkeit im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf deren Prüfung der Senat nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO beschränkt ist, bezogen auf diesen Zeitraum entweder nicht hinreichend dargelegt sind oder aber nicht durchgreifen, so dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens nicht bedarf.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts München im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Das Urteil erweist sich im Sinne des § 144 Abs. 4 VwGO analog im Ergebnis als richtig (zu diesem Maßstab: vgl. BVerwG, B.v.10.3.2004 - 7 AV 4/03 - NVwZ - RR 2004, 542). Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger für den Besuch der 7. Klasse des Gymnasiums „Staatliches Landschulheim M.“ im Schuljahr 2012/2013 ein Anspruch auf Ausbildungsförderung nicht zusteht.

Zwar teilt der Senat die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Möglichkeit, am „Staatlichen Landschulheim M.“ neben der gymnasialen Ausbildung ab der 8. Klasse eine Schreinerlehre zu absolvieren, keine ausbildungsbezogene Besonderheit darstelle, aufgrund derer dem Kläger ein Besuch des M. Gymnasium nicht zumutbar wäre, nicht. Gleichwohl erweist sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO analog), weil streitgegenständlich vorliegend nur der Anspruch des Klägers auf Ausbildungsförderung für den Besuch der 7. Klasse ist. Die vom Kläger gewünschte Zusatzausbildung findet erst ab der 8. Klasse statt.

1.1 Nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BayAföG wird Ausbildungsförderung für den Besuch der Klassen 5 bis 9 von Gymnasien dann gewährt, wenn die Ausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer staatlich anerkannten oder genehmigten Ersatzschule durchgeführt wird. Gemäß Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 BayAföG gilt § 2 Abs. 1a BAföG entsprechend. Nach dieser Vorschrift ist Ausbildungsförderung nur - aber eben auch stets dann - zu leisten, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist. Ungeachtet dessen besteht nach dem Grundsatz des Art. 1 BayAföG ein Rechtsanspruch auf individuelle Förderung nur für eine der Neigung, Eignung und Leistung des Antragstellers entsprechende Ausbildung. Dieses Erfordernis ist nach Art. 4 Abs. 1, 5 BayAföG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 BAföG nur dann erfüllt, wenn die Leistungen des Auszubildenden erwarten lassen, dass er das angestrebte Ausbildungsziel erreichen wird. Letzteres ist im Rahmen einer tatsachengestützten Prognose im Allgemeinen auf der Grundlage der vom Auszubildenden vorgelegten Zeugnisse (vgl. hierzu näher Rothe/Blanke, BAföG, § 9 Rn. 6), bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde über den Förderantrag, zu beurteilen. Nachfolgende Entwicklungen müssen aufgrund des Prognosecharakters außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, B.v. 21.4.1993 - 11 B 60.92 - NVwZ-RR 1994, 28).

Eine im Sinn des § 2 Abs. 1a BAföG der tatsächlich besuchten Ausbildungsstätte entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte liegt grundsätzlich dann vor, wenn sie nach Lehrstoff und Bildungsgang zu dem erstrebten Ausbildungs- und Erziehungsziel führt. Hierfür reicht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Möglichkeit des Erwerbs des gleichen Bildungsabschlusses an beiden Ausbildungsstätten allein nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.1976 - V C 43.75 -, BVerwGE 51, 354 [356]; B.v. 20.9.1996 - 5 B 177/95 - juris, Rn. 4). Abzustellen ist vielmehr darauf, ob bei der wohnortnahen Bildungsstätte nach Lehrstoff, Schulstruktur und Bildungsgang relevante Unterschiede gegenüber der gewählten auswärtigen Schule bestehen, die einem Verweis des Auszubildenden auf den Besuch der wohnortnahen Bildungsstätte entgegenstehen (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.1976 - V C 43.75 -, BVerwGE 51, 354 [356]; U.v. 31.3.1980 - V C 41.78 -, FamRZ 1980, 837; U.v. 12.2.1981 - V C 43.79 -, FamRZ 1981, 610 f.; U.v. 21.6.1990 - V C 3/88 -, NVwZ-RR 1990, 611 f.; OVG NRW, B.v. 28.10.2011 - 12 A 1955/11 - juris, Rn. 3; B.v. 28.2.2012 - 12 A 1456/11 - juris, Rn. 3; B.v. 16.10.2012 - 12 A 1628/12 - juris, Rn. 7; BayVGH, B.v. 5.12.2012 - 12 BV 11.1377 - juris, Rn. 12; BayVGH, B.v. 18.6.2013 - 12 B 13.593 - juris, Rn. 18).

Für den danach anzustellenden Vergleich der beiden in Betracht zu ziehenden Ausbildungsstätten besitzen indes nur ausbildungsbezogene Gesichtspunkte Relevanz. Außer Betracht zu bleiben haben ferner unwesentliche Unterschiede bezogen auf Schulstruktur und Bildungsgang. Demgegenüber liegen wesentliche, beachtliche Unterschiede zwischen zwei Ausbildungsstätten dann vor, wenn die Ausrichtung des Auszubildenden an einem bestimmten, nur an der von ihm gewählten und nicht auch an der wohnortnahen Ausbildungsstätte verwirklichten ausbildungsbezogenen Umstand sinnvoll ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.6.1990 - 5 C 3/88 -, NVwZ-RR 1990, 611 f.; OVG NRW, B.v. 28.10.2011 - 12 A 1955/11 - juris, Rn. 3; BayVGH, B.v. 5.12.2012 - 12 BV 11.1377 - juris, Rn. 13; BayVGH, B.v. 18.6.2013 - 12 B 13.593 - juris, Rn. 19). Derartige wesentliche Unterschiede zwischen zwei Bildungsstätten bejaht die Rechtsprechung etwa dann, wenn die besuchte Ausbildungsstätte eine konfessionelle oder weltanschauliche Prägung besitzt und der Auszubildende seine Ausbildung hieran orientiert (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.1978 - V C 49.77 -, BVerwGE 57, 198). Den maßgeblichen Bezugspunkt bildet dabei jedoch allein die Ausbildungsstätte selbst, nicht hingegen lediglich mit ihr verbundene Einrichtungen, wie beispielsweise externe Wohnheime (vgl. BVerwG, U.v. 31.3.1980 - 5 C 41/78 -, FamRZ 1980, 837 f.). Auch die spezielle Ausrichtung einer Ausbildungsstätte am Förderbedarf von Migranten kann einen relevanten, ausbildungsbezogenen Unterschied zwischen zwei Ausbildungsstätten ausmachen (vgl. OVG NRW, B.v. 28.2.2012 - 12 A 1456/11 - juris, Rn. 3 ff.; B.v. 16.10.2012 - 12 A 1628/12 - juris, Rn. 7 und 12; BayVGH, B.v. 5.12.2012 - 12 BV 11.1377 - juris, Rn. 14; VG Trier, U.v. 20.12.2007 - 6 K 439/07.TR - juris, Rn. 17 u. 19).

Darüber hinaus bestimmt Textziffer 2.1a. 9 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG (BAföGVwV), dass Gymnasien verschiedenen Typs keine einander entsprechenden Ausbildungsstätten sind. Gymnasien verschiedenen Typs liegen vor, wenn sie unterschiedliche Aufnahmevoraussetzungen haben oder sich aufgrund eines nicht unerheblichen Anteils spezieller über den üblichen Fächerkanon hinausgehender sprach- bzw. berufsspezifischer Unterrichtsangebote, die der Schule insgesamt eine besondere Prägung geben, unterscheiden (vgl. Fischer in: Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl. 37. Lfg., Mai 2014 § 2 Rn. 16.2.2). Keine einander entsprechende Ausbildungsstätten sind infolgedessen gegeben, wenn allein an dem auswärtigen Gymnasium eine Zusatzausbildung oder eine Erziehung besonderer Prägung angeboten wird (Pesch in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Auflage 2014, § 2 Rn. 63). Nach Textziffer 2.1a. 10 Satz 2 Nr. 2 BAföGVwV ist eine entsprechende Ausbildungsstätte insbesondere dann nicht vorhanden, wenn an der besuchten Ausbildungsstätte oder einer anderen erreichbaren Ausbildungsstätte ein gewünschter beruflicher Schwerpunkt - beispielsweise eine Berufsausbildung zum Schreiner im Rahmen eines Pilotprojekts - nicht angeboten wird (ebenso Fischer in: Rothe/Blanke, a. a. O.).

1.2 Gemessen an diesen Kriterien kann der Kläger zwar für das vorliegend streitgegenständliche Schuljahr 2012/2013 keine Ausbildungsförderung erhalten. Anderes gilt aber für das Schuljahr 2013/2014, für das entsprechend den Einwendungen des Klägers ein Anspruch auf Ausbildungsförderung zu bejahen ist.

a) Die am „Staatlichen Landschulheim M.“ angebotene Ausbildung zum Schreiner ab der 8. Jahrgangsstufe stellt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein berufsspezifisches Zusatzangebot dar, das der Schule eine besondere Prägung verleiht (vgl. auch die Homepage der Einrichtung: www.Ish-m...de unter dem Stichwort: Profil). Die Zusatzausbildung ist förderrechtlich von Bedeutung, weil sie eng mit der gymnasialen Ausbildung verzahnt und in diese integriert ist. Wie im Schreiben der Schulleitung vom 18. September 2014 ausgeführt wird, ist die Kombination von Abitur und Gesellenbrief nur an der vom Kläger besuchten Schule möglich. Dies ist unstreitig. Die praktische Ausbildung erfolgt organisatorisch in enger zeitlicher Abstimmung mit der gymnasialen Ausbildung an zwei Nachmittagen in der schuleigenen Werkstatt unter Anleitung eines Schreinermeisters, der Festangestellter dieser Schule ist. Auch die fachtheoretische Ausbildung findet weitgehend an der Schule statt; einige Themenbereiche werden anhand von regulären gymnasialen Lehrplänen unterrichtet, andere gezielt in den gymnasialen Lehrplan integriert (vgl. www.Ish-marquartstein.de unter dem Stichwort: Werkstätten). Dieser in der Schule verortete Ausbildungsbezug kommt, wie vom Kläger hervorgehoben, in dem Schreiben der Schulleitung vom 23. Oktober 2014 hinreichend zum Ausdruck, wonach die theoretische Ausbildung ebenfalls im Haus, d. h. in der Schule, stattfindet. Lediglich ergänzend wird die Ausbildung daneben am BIZ bzw. an der Berufsschule Traunstein durchgeführt. Die Unterweisung in den Bereichen, die noch nicht durch den regulären gymnasialen Unterricht abgedeckt sind, erfolgt ebenfalls wöchentlich im Haus, bei der auch Berufsschullehrer eingesetzt werden. Bestimmte Ausbildungsabschnitte in Form von Blockpraktika, wie zum Beispiel CNC-Technik, Fensterbau, Oberflächenbehandlung absolvieren die Schüler in anderen Betrieben oder Ausbildungszentren in zusätzlichen Ferienkursen. Nach dem Schreiben der Schulleitung vom 23. Oktober 2014 existieren schließlich auch genaue Vorgaben hinsichtlich der erforderlichen, abzuleistenden Theorie- und Praxisstunden.

Die Integration der Zusatzausbildung in die gymnasiale Ausbildung zeigt sich auch darin, dass das Gesellenstück im Rahmen des wissenschaftspropädeutischen Seminars in der Qualifikationsphase angefertigt werden soll. Eine weitere Verzahnung liegt auch insoweit vor, als die Gesellenprüfung erst mit bestandenem Abitur ihre Gültigkeit erhält. Es unterliegt daher keinem vernünftigen Zweifel, dass die Zusatzausbildung zum Schreiner - soweit ausbildungstechnisch und rechtlich überhaupt möglich - unter dem Dach der Schule erfolgt, von dieser maßgeblich initiiert und geleitet wird und der gesamten Einrichtung eine besonderes individuelles Gepräge verleiht.

b) Die förderrechtliche Relevanz der beruflichen Zusatzausbildung gilt allerdings nicht für das hier allein streitgegenständliche Schuljahr 2012/2013. Die Voraussetzungen für die Leistung von Ausbildungsförderung für den Besuch der 7. Jahrgangsstufe (Schuljahr 2012/2013) liegen nicht vor.

Nach der Systematik des Gesetzes wird eine Ausbildung nur dann gefördert, wenn sie förderfähig ist und der Auszubildende zu ihr zugelassen ist. Die Förderung des der Zulassungsentscheidung vorausgehenden Zeitraums, in dem - wie vorliegend - eine Eignungsbeurteilung erfolgt, ist gesetzlich nicht vorgesehen; eine individuelle Förderung setzt erst dann ein, wenn die Eignung zu der beabsichtigten Ausbildung feststeht und die Ausbildung aufgenommen wird.

Im vorliegenden Fall beginnt die (förderfähige) Zusatzausbildung im Schreinerhandwerk erst in der 8. Jahrgangsstufe. Das Auswahlverfahren und die Zulassungsentscheidung zur Zusatzausbildung dazu erfolgen in der 7. Jahrgangsstufe. Im Zeitpunkt der Ablehnung des Antrags auf Ausbildungsförderung in der 7. Jahrgangsstufe war indes noch ungewiss, ob der Kläger für die Zusatzausbildung geeignet war. Erst die Eignungsfeststellung des Klägers im Verlauf des 7. Schuljahrs für die ab dem 8. Schuljahr beginnende Zusatzausbildung schuf die Voraussetzung für eine Förderung der Zusatzausbildung. Der Kläger kann daher erst für die - hier nicht streitgegenständliche - 8. Jahrgangsstufe Ausbildungsförderung beanspruchen. Eine Zulassung der Berufung kann infolgedessen nicht erfolgen.

2. Auch ein zur Zulassung der Berufung führender Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) greift nicht durch. Soweit der Kläger einwendet, der Schulleiter des staatlichen Landschulheims hätte als Zeuge in der mündlichen Verhandlung gehört werden müssen, um der gerichtlichen Aufklärungspflicht hinsichtlich der Modalitäten der Zusatzausbildung zu entsprechen, führt dies nicht zur Zulassung der Berufung. Diese Verfahrensrüge bleibt bereits deshalb ohne Erfolg, weil die Entscheidung nicht auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruht. Wie ausgeführt, erweist sich die Entscheidung im Ergebnis als richtig.

3. Die Rechtssache hat auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Die Darlegungsanforderungen dieses Zulassungsgrundes sind nur dann erfüllt, wenn der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, ausführt, warum diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutert, weshalb sie klärungsbedürftig ist und darlegt, warum ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 10.6.2014 - 10 ZB 12.2435 - juris Rn. 4 m. w. N.). Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Klägers in der Zulassungsbegründung ersichtlich nicht.

4. Der Kläger trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten der Ausbildungsförderung nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das lediglich die 7. Jahrgangsstufe betreffende Urteil des Verwaltungsgerichts München rechtskräftig (§ 124 Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

I.

Die Klägerin begehrt Ausbildungsförderung für den Besuch der privaten Realschule mit angeschlossenem Internat in ... für das Jahr 2011/2012.

Der Antrag der Klägerin auf Ausbildungsförderung wurde mit Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2011 abgelehnt und der hiergegen erhobene Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2012 zurückgewiesen. Aufgrund der hiergegen erhobenen Klage (Nr. W 1 K 13.67) wurde die Beklagte mit Urteil vom 5. Juli 2013 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Ausbildungsförderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Mit Bescheid vom 13. März 2014 lehnte die Stadt Schweinfurt den Antrag der Klägerin auf Ausbildungsförderung für den Besuch der 5. Jahrgangsstufe der privaten Realschule der ... Privatschulen gGmbH mit angeschlossenem Internat nach erneuter Prüfung ab. In den Gründen des Bescheides wird ausgeführt: Aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts habe die Stadt Schweinfurt zu ermitteln gehabt, ob 1. ein migrationsbedingter Förderbedarf bei der Klägerin vorhanden sei, 2. der individuelle migrationsbedingte Förderbedarf der Antragstellerin durch die besuchte Schule gedeckt sei und 3. ob der vorhandene Förderbedarf auch durch eine wohnortnahe Schule hätte gedeckt werden können. Auf der Grundlage der eingeholten Stellungnahmen der bisher besuchten Ausbildungsstätten sei festzustellen, dass ein migrationsbedingter Förderungsbedarf bei der in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Klägerin während der bisherigen Schullaufbahn (Grund- und Hauptschule) nicht festgestellt habe werden können. Die Schülerin wäre mit mehr Fleiß zu besseren Leistungen fähig gewesen. Die Schülerin habe zwar zunächst die Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag besucht, sei jedoch nach einiger Zeit wieder ausgeschlossen worden, da sie sich schlecht betragen habe. Die Schülerin sei durchschnittlich begabt und habe die erzielten Leistungen mit geringem Aufwand erbracht. Die Möglichkeit für den Besuch einer Ganztagesklasse mit Hausaufgabenbetreuung sei von den Eltern nicht wahrgenommen worden. Somit habe die Schülerin ohne spezielle Förderung die erzielten Zensuren erreicht. Ein spezieller migrationsbedingter Förderungsbedarf der Klägerin sei nicht anzunehmen. Auch die Tatsache, dass die Klägerin den Probeunterricht an der ... in Schweinfurt für das Schuljahr 2010/2011 nicht bestanden habe, lasse nicht auf einen migrationsbedingten Förderbedarf schließen, sondern sei allein auf das individuelle Lernverhalten der Klägerin zurückzuführen. Allein die Tatsache, dass die Klägerin ohne bestandenen Probeunterricht und ohne Erreichen des Mindestnotendurchschnitts und ohne Übertrittsempfehlung im maßgeblichen Schuljahr an der ... Privatschulen gGmbH aufgenommen worden sei, lasse nicht auf einen migrationsbedingen Förderbedarf der Klägerin schließen.

II.

Mit ihrer am 16. April 2014 erhobenen Klage ließ die Klägerin beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Ausbildungsförderung für den Besuch der 5. Jahrgangsstufe in der privaten Realschule der ... Privatschulen gGmbH in ... zu bewilligen.

Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen vorgebracht:

Bei der Klägerin sei ein besonderer migrationstypischer Förderbedarf gegeben, weil die Eltern der Klägerin aufgrund ihrer Herkunft aus der Türkei nicht in der Lage seien, der Klägerin die notwendige Unterstützung bei der Hausaufgabenbetreuung zu gewährleisten. Dass dieser Förderbedarf gegeben sei, zeige auch die Tatsache, dass die Klägerin den Probeunterricht in Schweinfurt nicht bestanden habe, jedoch den Probeunterricht an der Realschule der ... Privatschulen gGmbH erfolgreich absolviert habe. Aufgrund des migrationstypischen Förderangebotes habe die Klägerin zudem die 5. Jahrgangsstufe erfolgreich abgeschlossen und sei in die nächsthöhere Stufe versetzt worden.

Die private Realschule der ... Privatschulen gGmbH biete den Mädchen weit mehr Ergänzungsunterricht in den Kernfächern als in der Schulordnung vorgesehen sei. Zusätzlich biete die Schule Nachhilfeunterricht und Übungsstunden unter der Aufsicht von Lehrern an. Neben dem Fachunterricht hätten die Schülerinnen im Intensivierungs- und Ergänzungsunterricht die Möglichkeit, das Erlernte weiter einzuüben. Die Intensivierungs- und Ergänzungsstunden fänden für die Hauptfächer Deutsch, Mathematik und Englisch am Nachmittag statt. Diese würden seitens der Fachlehrer gehalten, wobei die Klassen in der Regel geteilt würden, um stärker auf die Bedürfnisse der einzelnen Schülerinnen eingehen zu können. Hinzu komme die Hausaufgabenbetreuung, die von den Betreuerinnen des Internats übernommen würden. Die Durchführung von Intensivierungsnachmittagen unter der Aufsicht der Fachlehrer und die Gewährleistung einer zusätzlichen Hausaufgabenbetreuung werde an der wohnortnahen Realschule nicht angeboten, so dass die Klägerin auf eine wohnortnahe Ausbildungsstätte nicht verwiesen werden könne. Der bei der Klägerin vorhandene Förderbedarf könne somit nicht durch eine wohnortnahe Schule gedeckt werden.

Soweit die Beklagte in ihrer ablehnenden Entscheidung anmerke, dass die Klägerin den Schulbesuch an der ... Privatschulen gGmbH bereits zum 17. Dezember 2013 wieder abgebrochen habe und zurück auf die Volksschule in Schweinfurt gewechselt sei, müsse klargestellt werden, dass die Klägerin diesen Wechsel nicht freiwillig vorgenommen habe. Hintergrund sei vielmehr, dass die Beklagte hier die beantragte Ausbildungsförderung nicht gewährt habe und die Eltern der Klägerin nicht über entsprechende finanzielle Mittel verfügten, um die Kosten für die Privatschule monatlich aufwenden zu können. Die Eltern der Klägerin würden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II beziehen.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles der Klägerin und den eingeholten Stellungnahmen der bisher besuchten Ausbildungsstätten (Grund- und Hauptschule) habe ein spezieller migrationsbedingter Förderungsbedarf der in Deutschland geborenen und in Schweinfurt aufgewachsenen Klägerin nicht festgestellt werden können. Auf die Gründe des Bescheides werde Bezug genommen. Unabhängig davon sei die als reine Mädchenschule geführte private Realschule der ... Privatschulen gGmbH unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Bayer. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (StMUK) nicht auf den speziellen migrationsbedingten Förderungsbedarf der überwiegend muslimischen Schülerinnen ausgerichtet. Die von der Klägerin wahrgenommenen Zusatzangebote (Nachhilfestunden und Hausaufgabenbetreuung) würden im angegliederten Wohnheim der ... Privatschulen gGmbH angeboten. Maßgeblicher Bezugspunkt bei der Unterscheidung der besuchten Ausbildungsstätte und einer entsprechenden wohnortnahen Ausbildungsstätte bilde bei der Betrachtung jedoch allein die Ausbildungsstätte selbst, nicht hingegen lediglich mit dieser verbundene Einrichtungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Mit Beschluss der Kammer vom 16. Juli 2015 wurde der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klägerbevollmächtigten teilten nach Ladung zur mündlichen Verhandlung mit, dass sie das Mandat gekündigt hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 22. Oktober 2015 sowie auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Ausbildungsförderung für den Besuch der Realschule mit angeschlossenem Internat in ... für das Jahr 2011/2012. Sie wird deshalb durch den Bescheid vom 13. März 2014 nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Bayerisches Ausbildungsförderungsgesetz (BayAföG) wird Ausbildungsförderung für den Besuch der Klassen 5 bis 9 von Realschulen gewährt, wenn die Ausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer staatlich anerkannten oder genehmigten Ersatzschule durchgeführt wird. Gemäß Art. 4 Abs. 1, Art. 5 BayAföG gilt § 2 Abs. 1a Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) entsprechend. Gemäß § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist.

Eine der tatsächlich besuchten Ausbildungsstätte entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte i. S. d. § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG liegt grundsätzlich dann vor, wenn sie nach Lehrstoff und Bildungsgang zu dem erstrebten Ausbildungs- und Erziehungsziel führt. Hierfür reicht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch die Möglichkeit des Erwerbs des gleichen Bildungsabschlusses an beiden Ausbildungsstätten allein nicht aus (vgl. BVerwG, U. v. 16.12.1976 - V C 43.75 - BVerwGE 51, 354; B. v. 20.9.1996 - 5 B 177/95 - juris Rn. 4). Vielmehr ist darauf abzustellen, ob bei der wohnortnahen Bildungsstätte nach Lehrstoff, Schulstruktur und Bildungsgang relevante Unterschiede gegenüber der gewählten auswärtigen Schule bestehen, die einem Verweis des Auszubildenden auf den Besuch der wohnortnahen Ausbildungsstätte entgegenstehen. Derartige wesentliche Unterschiede zwischen zwei Bildungsstätten werden von der Rechtsprechung etwa dann bejaht, wenn die besuchte Ausbildungsstätte eine konfessionelle oder weltanschauliche Prägung besitzt und der Auszubildende seine Ausbildung hieran orientiert (BVerwG, U. v. 14.12.1978 - V C 49.77 - BverwGE 57, 198).

Darüber hinaus kann auch die spezielle Ausrichtung einer Ausbildungsstätte am Förderbedarf von Schülern mit Migrationshintergrund einen relevanten, ausbildungsbezogenen Unterschied zwischen zwei Ausbildungsstätten ausmachen (BayVGH, B. v. 18.6.2013 - 12 B 13.592 - juris Rn. 20 unter Verweis auf OVG NRW, B. v. 28.2.2012 - 12 A 1456/11 - juris Rn. 3; B. v. 16.12.2012 - 12 A 1628/12 - juris Rn. 7 und 12). Bietet die wohnortnahe Schule, die den gleichen Schulabschluss vermittelt wie die gewählte Ausbildungsstätte, eine spezielle Betreuung für Migranten, beispielsweise eine Sprachförderung oder eine Hilfestellung bei den Hausaufgaben, die migrationstypische Defizite ausgleicht nicht an, so kann je nach Ausgestaltung der migrationstypischen Förderung im Einzelfall die Annahme einer entsprechenden zumutbaren Ausbildungsstätte abgelehnt werden.

Den maßgeblichen Bezugspunkt bildet dabei jedoch allein die Ausbildungsstätte selbst, nicht hingegen lediglich mit ihr verbundene Einrichtungen wie beispielsweise externe Wohnheime (BVerwG, U. v. 31.3.1980 - 5 C 41/78 - juris Rn. 21).

Von einem wesentlichen Unterschied zwischen der gewählten und der wohnortnahen Ausbildungsstätte kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn das prägende Profil der gewählten Bildungseinrichtung dem individuellen Förderbedarf des Auszubildenden - im Gegensatz zur wohnortnahen Ausbildungsstätte - im konkreten Fall entspricht. Decken sich Förderbedarf auf der einen und spezielle Schulstruktur und Bildungsgang der auswärtigen Bildungsstätte auf der anderen Seite und trifft dies auf die wohnortnahe Ausbildungsstätte nicht zu, so kann der Auszubildende auf die wohnortnahe Ausbildungsstätte als entsprechende zumutbare i. S. v. § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht verwiesen werden. Anders verhält es sich hingegen dann, wenn eine auswärtige Schule eine spezielle Sprach- und Studienförderung für Schüler mit Migrationshintergrund zwar anbietet, beim Auszubildenden jedoch ein entsprechendes Defizit nicht besteht (BayVGH, B. v. 18.6.2013 - 12 B 13.593 - juris Rn. 22; B. v. 5.12.2012 - 12 BV 11.1377 - juris Rn. 15).

Bei der Klägerin besteht kein migrationsbedingter Förderbedarf.

Die beklagte Stadt Schweinfurt hat vor Erlass des Bescheides vom 13. März 2014 Auskünfte der von der Klägerin bis dahin besuchten Schulen eingeholt und eine persönliche Anhörung der Klägerin vorgenommen, um festzustellen, ob bei dieser ein spezieller migrationstypischer Förderbedarf besteht. Auf der Grundlage dieser Ermittlungen ist die Beklagte zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin ein migrationstypischer Förderbedarf nicht besteht. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Die aufgrund der vorgelegten Bestätigungen der Schulen und der persönlichen Anhörung der Klägerin gewonnene Einschätzung der Beklagten wurde von der Klägerin nicht substantiiert widerlegt.

Soweit die Klägerin vorbringt, ihre Eltern könnten sie nicht bei den Hausaufgaben unterstützen, führt dies nicht zur Annahme des Vorliegens eines spezifischen migrationsbedingten Förderbedarfs der Klägerin. Denn insoweit unterscheidet sich die Situation der Familie der Klägerin nicht wesentlich von einer Vielzahl anderer familiärer Situationen, in denen die Eltern aus Zeitgründen oder weil sie z. B. selbst nicht über eine entsprechende Bildung verfügen, ihren Kindern nicht selbst bei den Hausaufgaben helfen können, sondern hierfür externe Nachhilfe in Anspruch nehmen.

Ein migrationsbedingtes Defizit ist auch nicht deshalb nachgewiesen, weil die Klägerin den Probeunterricht und die Aufnahmeprüfung bei der ... Privatschulen gGmbH für das Schuljahr 2011/2012 bestanden hat, während sie im Vorjahr bei dem Probeunterricht an der ... in Schweinfurt nicht den erforderlichen Notendurchschnitt erreicht hat.

Zwischen den beiden Probeunterrichten lag nahezu ein ganzes Schuljahr. Möglicherweise hat die Klägerin sich auf den Probeunterricht der ... Privatschulen gGmbH besser vorbereitet und sich mehr angestrengt. Denkbar ist auch, dass die Klägerin deshalb bessere Leistungen erzielt hat als bei dem Probeunterricht an der öffentlichen Realschule, weil die Vergleichsgruppe der Schülerinnen bei dem Probeunterricht in ... anders zusammengesetzt war. Ein bestandener Probeunterricht, der nach § 27 Abs. 2 Satz 1 Realschulordnung (RSO v. 18.7.2007, GVBl 2007, S. 458) drei Tage dauert, sagt weder etwas über einen migrationsbedingten Förderbedarf noch etwas über ein spezielles Förderprofil der Schule aus.

Ebenso wenig sagen die von der Klägerin vor dem Wechsel auf die private Realschule erzielten Schulnoten etwas über einen migrationsbedingten Förderbedarf aus. Nach den vorgelegten Stellungnahmen der befragten Schulen (Bl. 106, 107 Behördenakte) hat die Klägerin die Noten ohne großen Aufwand erzielt und wäre mit mehr Fleiß zu besseren Leistungen in der Lage gewesen. Die festgestellten Leistungsdefizite sind deshalb auf das individuelle Lernverhalten der Klägerin und nicht auf einen migrationsbedingten Förderbedarf zurück zu führen.

Nachdem schon die Voraussetzung eines migrationsbedingten Förderbedarfes nicht vorliegt, kam es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob die von der Klägerin besuchte Privatschule der ... Privatschulen gGmbH auf die Befriedigung eines spezifischen migrationsbedingten Förderbedarfes ausgerichtet ist. Hiergegen sprechen allerdings die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse.

Das Verwaltungsgericht München hat entschieden (U. v. 8.11.2012 - M 15 K 12.980 - juris), dass die Realschule der ... Privatschulen gGmbH in ... kein besonderes Förderkonzept zur Behebung migrationsbedingter Defizite verfolgt. Dies lasse sich auch der Landtags-Drucksache 16/7957 (Seite 10) entnehmen.

Diese Drucksache beinhaltet Anfragen zum Plenum vom 14. März 2011 mit den dazu ergangenen Antworten der Staatsregierung und führt die von der Klägerin besuchte Schule als Neugründung (Errichtungsjahr 2009) im Bereich der privaten Realschulen an. Zugleich wird festgestellt, dass keiner der dort genannten Realschulen besondere pädagogische Konzepte zugrunde liegen. Eine vom Gericht in diesem Verfahren eingeholte Stellungnahme der ... Privatschulen gGmbH vom 29. Oktober 2012 habe ergeben, dass die zusätzlichen Förderangebote nicht unmittelbar mit der Ausbildung verbunden seien, sondern nur neben dem Unterricht angeboten würden und prägten die Schule deshalb nicht (VG München, a. a. O., Rn. 32).

Die Kammer konnte auch in einem gleichgelagerten Fall, der das Gymnasium der ... Privatschulen gGmbH betraf (W 3 K 14.343), nicht feststellen, dass ein eventuell bestehender individueller migrationsbedingter Förderbedarf durch die Schule selbst gedeckt wird. Vielmehr hat sich gezeigt, dass zwar - gegenüber öffentlichen Schulen - zusätzliche Angebote existieren. Diese Angebote werden aber teilweise im Internat oder durch Erzieherinnen des Internats (Hausaufgabenbetreuung) oder durch von der Privatschule gesondert vergütete Nachhilfestunden (teilweise durch Lehrer der Schule) erbracht. Die zusätzlichen Angebote prägen aber nicht den reinen Schulbetrieb. Somit unterscheidet sich die streitgegenständliche Privatschule insgesamt nicht von anderen Privatschulen, die mit kleineren Klassen und dadurch bedingter intensiverer Betreuung werben und deren Angebote sich generell an „schwächere“ Schüler richten (so auch VG München, U. v. 29.1.2015 - M 15 K 14.1523 - juris Rn.39).

Somit konnte die Klage keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 VwGO abzuweisen.

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.