Bundessozialgericht Urteil, 13. Feb. 2013 - B 2 U 33/11 R

published on 13/02/2013 00:00
Bundessozialgericht Urteil, 13. Feb. 2013 - B 2 U 33/11 R
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Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. September 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Klägerin ein Anspruch auf Rente wegen einer gemäß § 551 Abs 2 RVO von der Beklagten anerkannten Wie-Berufskrankheit (Wie-BK) bereits für die Zeit vom 1.1.1992 bis zum 13.9.1993 zusteht.

2

Die Klägerin ist Witwe und Sonderrechtsnachfolgerin des im Jahre 1921 geborenen und am 21.1.2004 verstorbenen Versicherten. Dieser war von 1944 bis 1949 im französischen Steinkohlebergbau und von 1950 bis 1967 bei verschiedenen deutschen Bergbaugesellschaften ua als Hauer unter Tage tätig. Die Bergbau-Berufsgenossenschaft, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, leitete im Januar 1996 ein Feststellungsverfahren zur Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) gemäß § 551 Abs 2 RVO alter Fassung (chronische Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlebergbau) ein. Mit interner "Anerkennungsverfügung" erkannte sie eine "entschädigungspflichtige Erkrankung nach § 551 Abs 2 RVO (CB-E)" an und ging von einer MdE von 40 vH sowie einem Rentenbeginn am 1.9.1994 aus. Sie informierte den Versicherten über die Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 1000 DM (Schreiben vom 4.12.1996) und zahlte weitere Rentenvorschüsse.

3

Mit Bescheid vom 28.10.1997 lehnte die Bergbau-Berufsgenossenschaft sodann jedoch einen Anspruch auf Entschädigung nach § 551 Abs 2 RVO mit der Begründung ab, nunmehr liege der Entwurf des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zur Neuordnung der Berufskrankheitenverordnung (BKV) vor. Danach solle künftig die chronisch obstruktive Bronchitis oder das Emphysem als BK in die Anlage zur BKV aufgenommen werden. Bei der Entscheidung nach § 551 Abs 2 RVO sei der Entwurf einer neuen Änderungsverordnung zur BKV mit Aufnahme einer BK 4111 in die BK-Liste im Vorgriff zu berücksichtigen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3.12.1997 zurück.

4

Die dagegen vom Versicherten am 12.12.1997 erhobene Klage ist von der Klägerin nach zweimaligem Ruhen des Verfahrens, der Entscheidung des BVerfG vom 23.6.2005 (1 BvR 235/00) und dem Tod des Versicherten als Sonderrechtsnachfolgerin fortgeführt worden. Mit Bescheid vom 28.10.2005 hat die Bergbau-Berufsgenossenschaft der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin eine Teilrente nach einer MdE von 40 vH ab dem 1.9.1994 bewilligt und den Bescheid vom 28.10.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.12.1997 gemäß § 44 Abs 1 SGB X teilweise zurückgenommen. Als Zeitpunkt des Versicherungsfalls gelte der 23.1.1986. Die Rente beginne am 1.9.1994, weil zu diesem Zeitpunkt die neuen Erkenntnisse hinsichtlich der beruflichen Ursache dieser Krankheit vorgelegen hätten. Nach Beiziehung weiterer Arztbefunde hat die Beklagte der Klägerin mit weiterem Bescheid vom 31.3.2006 Rente nach einer MdE von 50 vH für die Zeit vom 24.4.1998 bis 21.1.2004 bewilligt.

5

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr sei aus der Versicherung ihres am 21.1.2004 verstorbenen Ehegatten wegen der anerkannten Wie-BK eine Rente nach einer MdE von 40 vH bereits ab dem 1.1.1992 zu zahlen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 10.9.2008).

6

Mit der Berufung hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht, es sei nicht entscheidungserheblich, zu welchem Zeitpunkt in der medizinischen Wissenschaft die neuen Erkenntnisse vorgelegen hätten, die zur Aufnahme der BK 4111 geführt hätten. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung widerspreche es der Funktion des § 551 Abs 2 RVO als einer "Öffnungsklausel", auf den Erkenntnisstand bei Beginn der Erkrankung abzustellen. Dies hätte in vielen Fällen zur Folge, dass eine Entschädigung gerade der Erkrankungen, die Anlass zur Erweiterung der BK-Liste gegeben hätten, nicht möglich wäre.

7

Im Verhandlungstermin am 30.9.2011 haben die Beteiligten vor dem LSG sodann einen Teilvergleich geschlossen, wonach die Beklagte der Klägerin Rente nach einer MdE von 40 vH wegen der anerkannten Wie-BK für den Zeitraum auch vom 14.9.1993 bis 31.8.1994 gewährt.

8

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, mit der diese noch beantragt hatte, die Beklagte unter "teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 28.10.2005 und 31.3.2006 zu verurteilen, ihr (…) Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 vom Hundert vom 1.1.1992 bis zum 13.09.1993 (…) zu gewähren" (Urteil vom 30.9.2011). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Versicherungsfall der Wie-BK trete zu dem Zeitpunkt ein, zu dem alle Voraussetzungen des hier anzuwendenden § 551 Abs 2 RVO objektiv gegeben seien. Demnach liege dieser erst dann vor, wenn neben den - hier unstreitigen - Voraussetzungen der schädigenden Einwirkungen aufgrund der versicherten Tätigkeit, der Erkrankung und der haftungsbegründenden Kausalität im Einzelfall auch die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der BK'en nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen erfüllt seien. Die Feststellung des Versicherungsfalls der Wie-BK komme erst mit dem Vorliegen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in Betracht. Insbesondere lasse sich auch unter Berücksichtigung des § 6 Abs 6 Satz 2 BKV aus der Neuregelung des § 6 Abs 3 Satz 2 BKV kein durchgreifendes Argument für einen früheren Beginn der Rente herleiten. Leistungen würden demnach auch bei einer anerkannten BK 4111 rückwirkend grundsätzlich längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren erbracht.

9

Die erforderlichen neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse gemäß § 551 Abs 2 RVO hätten erst für die Zeit ab dem 14.9.1993 vorgelegen. Denn zu diesem Zeitpunkt habe der Entwurf der wissenschaftlichen Begründung der Sektion "Berufskrankheiten" für die Aufnahme der BK 4111 in die Anlage zur BKV vorgelegen und sei (am 14.9.1993) erstmals in diesem Gremium dezidiert beraten worden. Zuvor habe es lediglich - zum Teil aus dem Ausland stammende - Veröffentlichungen in der Literatur mit Hinweisen auf einen Kausalzusammenhang zwischen dem Entstehen einer chronischen obstruktiven Bronchitis bzw eines Emphysems und der Einwirkung von Feinstaub bei versicherter Tätigkeit von Bergleuten unter Tage im Steinkohlebergbau gegeben. Dies allein vermöge das Vorliegen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse iS des § 551 Abs 2 RVO nicht zu begründen. Der Beschluss über die Aufnahme von Beratungen sei nach einer Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 10.4.2006 zwar bereits im Januar 1993 gefasst worden. Die Bestätigung der so genannten "generellen Geeignetheit", dh der grundsätzlichen Eignung von Feinstaub im Steinkohlebergbau, eine chronische Bronchitis bzw ein Emphysem zu verursachen, sei demnach erst im September 1993 erfolgt. Mit der auf den Auswertungen der von Prof. Dr. P. und Prof. Dr. B. geleiteten Arbeitsgruppen beruhenden Feststellung dieser "generellen Geeignetheit" in der Sitzung der Sektion "Berufskrankheiten" am 14.9.1993 hätten die erforderlichen neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse iS des § 551 Abs 2 RVO vorgelegen. Sie hätten sich zu diesem Zeitpunkt zur BK-Reife verdichtet. Wenn die Klägerin darauf verweise, maßgebliche Daten hätten in Großbritannien bereits im Jahre 1988 vorgelegen, so seien diese britischen Daten gemeinsam mit anderen, erst noch aus der Literatur zusammenzustellenden Befunden zum Zwecke einer abschließenden Bewertung durch das hierfür vorgesehene Gremium zunächst zu kompilieren und so einer umfassenden Überprüfung gerade mit Blick auf die bergbaulichen Verhältnisse in Deutschland erst zugänglich zu machen gewesen.

10

Neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft lägen (erstmals) in dem Zeitpunkt vor, in dem sie in einer zur Beratung und wissenschaftlichen Gesamtbewertung durch das maßgebende Gremium geeigneten Form diesem Gremium erstmals vorgelegen hätten und lediglich noch Details einer einzuführenden BK zu klären gewesen seien. Dieser Zeitpunkt sei bei der BK 4111 der 14.9.1993 gewesen. Ab diesem Zeitpunkt seien lediglich noch Beratungen über die Möglichkeit und den Inhalt einer kumulativen Staubdosis erforderlich gewesen, nach deren Abschluss sei dann im April 1995 der Beschluss der wissenschaftlichen Empfehlung erfolgt. Das lediglich noch zur Beratung und späteren normativen Festlegung verbliebene notwendige Ausmaß der schädigenden Einwirkung nach zeitlichem Umfang und Staubkonzentration sei hingegen ohne wesentliche Bedeutung für die Frage des Zeitpunkts des Vorliegens neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse iS des § 551 Abs 2 RVO.

11

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision. Sie rügt eine Verletzung des § 551 Abs 2 RVO. Der Versicherungsfall einer "Wie-BK" trete gemäß § 551 Abs 3 Satz 2 RVO mit dem Beginn der Krankheit im Sinne der Krankenversicherung oder des Beginns der MdE ein(Hinweis auf BSG vom 24.2.2000 - B 2 U 43/98 R). Dies sei hier nach den Feststellungen des LSG am 23.1.1986 der Fall gewesen. Jedenfalls ab dem 1.1.1992 habe eine MdE von 40 vH vorgelegen. Für die Anerkennung einer Wie-BK iS des § 551 Abs 2 RVO müssten sich die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse noch nicht im Zeitpunkt der Erkrankung des Versicherten zur BK-Reife verdichtet haben. Es genüge, dass die BK-Reife im Zeitpunkt der Entscheidung über den Anspruch auf eine Leistung eingetreten sei. Die erstmalige verbindliche Entscheidung der Beklagten über den Anspruch sei am 28.10.1997 erfolgt. Nach dem LSG hätten die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse bereits ab dem 14.9.1993 vorgelegen, sodass die Entscheidung der Beklagten mithin vier Jahre nach dem Vorliegen dieser Erkenntnisse erfolgt sei. Die Beklagte habe daher die Entscheidung über die Zahlung der Verletztenrente in rechtswidriger Weise verzögert. Das LSG habe insoweit die Rechtsprechung des BVerfG nicht angewandt (Hinweis auf BVerfG vom 23.6.2005 - 1 BvR 235/00). Schließlich bestimme § 6 Abs 2 Satz 2 BKV, dass der Anspruch für vier Jahre rückwirkend begründet sei. Nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf BSG vom 17.5.2011 - B 2 U 19/10 R) sei diese Vorschrift auch auf den Fall anzuwenden, dass einem Unfallversicherungsträger die vor dem 1.1.1993 eingetretene Erkrankung auch ohne Antrag bekannt werde.

12

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.9.2011 und das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 10.9.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Regelung über den Rentenbeginn in den Bescheiden vom 28.10.2005 und 31.3.2006 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 1.1.1992 bis 13.9.1993 eine Verletztenrente als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes nach einer MdE von 40 vH zu gewähren.

13

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

14

Sie beruft sich auf das angefochtene Urteil. Der Versicherungsfall einer Wie-BK liege erst dann vor, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der BK'en nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen erfüllt seien. Dies sei hier frühestens am 14.9.1993 der Fall gewesen.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass für den Zeitraum vom 1.1.1992 bis zum 13.9.1993 ein Rechtsanspruch des Versicherten auf Anerkennung einer Wie-BK nicht bestand, den die Klägerin als Rechtsnachfolgerin geltend machen könnte. Insofern hat die Beklagte zu Recht ihre Aufhebung der ursprünglichen Bescheide aus dem Jahre 1997 gemäß § 44 SGB X auf den Zeitraum ab dem 14.9.1993 beschränkt. Diese Bescheide enthalten zugleich eine negative Regelung über einen früheren Rentenbeginn und sind gemäß § 96 SGG zum Gegenstand des ursprünglichen Rechtsstreits des Versicherten gegen die Beklagte geworden.

16

Der Versicherungsfall der Wie-BK tritt zu dem Zeitpunkt ein, zu dem tatsächlich neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die arbeitsbedingte Verursachung einer bestimmten Erkrankung sich zur sog BK-Reife verdichtet haben (sogleich unter 1.). Es ist weder aus tatsächlichen Gründen (hierzu unter 2.) geboten, hinsichtlich der BK 4111 der Anlage 1 zur BKV von einem früheren Zeitpunkt des Versicherungsfalls als dem vom LSG festgelegten 14.9.1993 auszugehen, noch ist es aus Rechtsgründen geboten, den Zeitpunkt des Versicherungsfalls weiter vorzuverlegen (hierzu unter 3.).

17

1. Maßgebliche Rechtsgrundlage für das Handeln der Beklagten ist hier noch § 551 Abs 2 RVO, der nach der Übergangsregelung des § 212 SGB VII weiterhin einschlägig ist, weil der Versicherungsfall in jedem Falle vor Inkrafttreten des SGB VII am 1.1.1997 eingetreten ist. Nach § 551 Abs 2 RVO sollen die Träger der Unfallversicherung im Einzelfall eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der Rechtsverordnung (gemeint ist die BKV) bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK entschädigen, sofern nach neuen Erkenntnissen die Voraussetzungen des § 551 Abs 1 RVO vorliegen. Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl zuletzt BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 13/09 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 18 RdNr 9 zu § 9 Abs 2 SGB VII), ergeben sich für die Feststellung des Vorliegens einer Wie-BK die folgenden Tatbestandsmerkmale: (1.) das Nicht-Vorliegen der Voraussetzungen für eine in der BKV bezeichnete Krankheit, (2.) das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als BK nach § 551 Abs 1 Satz 2 RVO bzw § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII, (3.) nach neuen Erkenntnissen (§ 551 Abs 2 RVO) bzw nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen (§ 9 Abs 2 SGB VII) sowie (4.) die individuellen Voraussetzungen für die Feststellung dieser Krankheit als Wie-BK im Einzelfall bei dem Versicherten. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats enthält diese Vorschrift keine "Härteklausel", nach der jede durch eine versicherte Tätigkeit verursachte Krankheit als "Wie-BK" anzuerkennen wäre (vgl nur BSG vom 23.6.1977 - 2 RU 53/76 - BSGE 44, 90 = SozR 2200 § 551 Nr 9; BSG vom 14.11.1996 - 2 RU 9/96 - BSGE 79, 250 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9).

18

Da nach den insoweit bindenden Feststellungen des LSG die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 551 Abs 2 RVO(jetzt: § 9 Abs 2 SGB VII) vorliegen, war hier nur noch streitig, zu welchem Zeitpunkt die "neuen Erkenntnisse" im Sinne dieser Norm gegeben waren. Denn erst in diesem Zeitpunkt bestand ein Anspruch des Versicherten auf Anerkennung einer Wie-BK. Nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalls kann dieser auch vorliegen (vgl BSG vom 2.12.2008 - B 2 KN 1/08 U R - BSGE 102, 121 = SozR 4-2700 § 9 Nr 12, RdNr 16). Der Versicherungsfall der Wie-BK setzt aber voraus, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt neue Erkenntnisse der Wissenschaft über Kausalzusammenhänge vorliegen. Erst in diesem Zeitpunkt entstehen auch mögliche Leistungsansprüche aus dem Versicherungsfall der Wie-BK (vgl P. Becker in Becker ua, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) - Kommentar, § 9 RdNr 325b; Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 9 RdNr 42). Allerdings müssen diese Kenntnisse nicht bereits zum Zeitpunkt des Eintritts der Erkrankung vorgelegen haben, der hier, wovon auch die Beteiligten ausgehen, am 23.1.1986 lag. Der Senat hat zwar im Zusammenhang mit Ansprüchen von Versicherten entschieden, neue wissenschaftliche Erkenntnisse müssten sich im Zeitpunkt der Erkrankung des Versicherten noch nicht bis zur Aufnahme in die BK-Liste verdichtet haben. Es reiche aus, wenn dies im Zeitpunkt der Entscheidung über den Anspruch geschehen sei (BSG vom 14.11.1996 - 2 RU 9/96 - BSGE 79, 250, 253 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9 S 22; BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 16/01 R - Juris RdNr 17). Hieraus folgt aber noch nicht - was die Klägerin offenbar meint -, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Versicherungsfalls der Wie-BK (hier der Zeitpunkt des Vorliegens neuer Erkenntnisse) gleichsam rückwirkend für den Zeitpunkt des Eintritts der Krankheit fingiert werden könnten. Auch aus der Regelung des § 551 Abs 3 Satz 2 RVO(jetzt: § 9 Abs 5 SGB VII) folgt nichts anderes (s im Einzelnen noch unter 3 b).

19

2. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass jedenfalls vor dem 14.9.1993 die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der geltend gemachten Wie-BK nicht vorgelegen haben. Nach den von den Beteiligten nicht in Frage gestellten Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) lagen jedenfalls an diesem Tag dem Sachverständigenbeirat beim BMA die beiden Literaturstudien von B. et al bzw P. et al vor und hat der Sachverständigenbeirat grundsätzlich die Anerkennung einer neuen Listen-BK 4111 gefordert. Zu diskutieren sei bis zur endgültigen Empfehlung vom 4.4.1995 lediglich das geforderte Ausmaß der schädigenden Einwirkung gewesen. Es kann dahinstehen, ob dem beizutreten ist oder ob nicht der 4.4.1995 als maßgeblicher Zeitpunkt der BK-Reife zu gelten hat, was der Senat bereits entschieden hat. In seinem Urteil vom 2.12.2008 (B 2 KN 1/08 U R - BSGE 102, 121 = SozR 4-2700 § 9 Nr 12, RdNr 15) hat er klargestellt, dass angesichts der Tatsache, dass die obstruktive Bronchitis und das Lungenemphysem im Jahr 1995 noch nicht in der BKV bezeichnet worden waren (vgl die damals geltende 7. Berufskrankheiten-Verordnung vom 20.6.1968, BGBl I 721 idF der 2. Änderungsverordnung vom 18.12.1992, BGBl I 2343), die generellen Voraussetzungen für die Bezeichnung dieser Erkrankungen als Listen-BK erst mit der Anerkennungsempfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Berufskrankheiten vom 4.4.1995 vorlagen (vgl Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 1.8.1995, BArbBl 1995 Heft 10, S 39 ff).

20

Es kann dahinstehen, ob hieran angesichts der umfangreichen Ermittlungen des LSG zum Ablauf der Beratungen im Sachverständigenbeirat festzuhalten und ob der vom LSG festgesetzte Zeitpunkt der BK-Reife (14.9.1993) bei der chronischen obstruktiven Bronchitis und dem Emphysem von Bergleuten vorzugswürdig wäre. Denn die Beklagte hat diesen Zeitpunkt in dem vor dem LSG geschlossenen Vergleich selbst zugrunde gelegt und lediglich die Klägerin führt das Rechtsmittel der Revision. Allerdings wird beiläufig darauf hingewiesen, dass der jeweilige Zeitpunkt der förmlichen Empfehlung des Sachverständigenbeirats (hier der 4.4.1995) zweifelsohne den Vorteil einer rechtssicheren Handhabung in sich trägt. Das Vorgehen des LSG hat im Einzelfall den Nachteil, dass ohne eine dokumentierte förmliche Beschlussfassung in dem Gremium jeweils im Einzelfall (ggf unter Heranziehung der beteiligten Sachverständigen als Zeugen) zu ermitteln ist, wann ein (an welchen Kriterien auch immer festzumachender) Konsens in dem Sachverständigenbeirat festgestellt werden kann.

21

3. Es ist kein weiterer Rechtsgrund ersichtlich, den Eintritt des Versicherungsfalls auf einen früheren Zeitpunkt festzulegen.

22
        

a) Offenbar leitet die Klägerin aus der bereits erwähnten Rechtsprechung des Senats, dass die neuen (wissenschaftlichen) Erkenntnisse jedenfalls im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen müssen (aaO; vgl auch BSG vom 14.11.1996 - 2 RU 9/96 - BSGE 79, 250, 253 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9 S 22), ab, dass dieser Erkenntnisstand sodann auf den Beginn des Verwaltungsverfahrens bzw den Eintritt der Erkrankung zurückwirke (insofern nicht nachvollziehbar ist allerdings der Hinweis auf BSG vom 24.2.2000 - B 2 U 43/98 R - SozR 3-2200 § 551 Nr 14). Das BSG hat hingegen mit dem Abstellen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung lediglich sicherstellen wollen, dass insofern nicht zu Lasten der Versicherten auf den Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Erkrankung abzustellen ist, sodass nachträgliche Erkenntnisse (nach Beginn des Verwaltungsverfahrens) noch zu Gunsten der jeweiligen Kläger wirken können. Dies ändert freilich nichts daran, dass (erst) nachträglich ein bestimmter Zeitpunkt feststellbar sein muss, an dem sich die Erkenntnisse der Wissenschaft zur BK-Reife verdichtet haben. So hat der Senat in seinem Urteil vom 14.11.1996 (2 RU 9/96 - BSGE 79, 250, 253 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9 S 22) ausgeführt:

"Das in § 551 Abs 2 RVO versicherte Risiko realisiert sich erst zu dem Zeitpunkt, in dem entsprechende 'neue Erkenntnisse' gesichert vorliegen. Würde man, wie die Revision meint, auf den Erkenntnisstand der Erkrankung - im Fall des Klägers damit auf das Jahr 1986 - abstellen, so bedeutete dies in vielen Fällen, dass eine Entschädigung gerade der Erkrankungen, die Anlass zur Entwicklung des neuen Erkenntnisstands gegeben haben, nicht möglich wäre. Dies hätte ein der Funktion des § 551 Abs 2 RVO als 'Öffnungsklausel' widersprechendes Ergebnis zur Folge (Koch in Schulin aaO § 37 RdNr 24 unter Hinweis auf § 9 Abs 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Einordnung des Rechts in der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch - s inzwischen Gesetz vom 7. August 1996 - Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - BGBl I 1254). Der Rechtsprechung des BSG zum Umfang der Rückwirkungsvorschriften in Art 2 Abs 2 der 2. ÄndVO zur BKVO vom 18. Dezember 1992 in Bezug auf § 551 Abs 2 RVO hätte es - wie auch das LSG zutreffend ausgeführt hat - nicht bedurft, wenn darin die Rechtsauffassung vertreten worden wäre, die neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse hätten zumindest im Zeitpunkt der Erkrankung vorliegen müssen. Diese Rechtsstreitigkeiten waren in tatsächlicher Hinsicht sämtlich dadurch gekennzeichnet, dass die neuen medizinischen Erkenntnisse zu den BKen Nrn 2108 und 2109 (BSG Urteile vom 25. August 1994 - 2 RU 42/93 - BSGE 75, 51 ff sowie Urteil vom 19. Januar 1995 - 2 RU 14/94 - HV-Info 1995, 1331) und zur BK Nr 4104 (BSG Urteile vom 19. Januar 1995 - 2 RU 13/94 - HV-INFO 1995, 972 sowie 2 RU 20/94 - HV-Info 1995, 1141) erst nach Inkrafttreten der 1. ÄndVO vom 22. März 1988 (BGBl I 400) zum 1. April 1988 gesichert vorlagen, während die Versicherten bereits vorher erkrankt und - soweit die Entschädigung von Wirbelsäulenerkrankungen umstritten waren - aus dem Berufsleben ausgeschieden waren."

23

b) Auch die Regelung des § 551 Abs 3 Satz 2 RVO ist entgegen der Rechtsansicht der Revision für die Bestimmung des Zeitpunkts des Versicherungsfalls nicht einschlägig. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, enthält diese Norm lediglich eine Regelung über und für den Leistungsfall (grundlegend BSG vom 27.7.1989 - 2 RU 54/88 - SozR 2200 § 551 Nr 35; bestätigt ua BSG vom 10.8.1999 - B 2 U 20/98 R - SozR 3-2200 § 571 Nr 4 S 15). § 551 Abs 3 Satz 2 RVO(jetzt: § 9 Abs 5 SGB VII)und enthält eine Regelung über den Versicherungsfall lediglich, soweit dieser für Regelungen des Leistungsrechts, wie etwa die Bestimmung des Jahresarbeitsverdienstes etc, von Bedeutung ist (so explizit der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom UVEG vom 24.8.1995, BT-Drucks 13/2204, S 78 zu § 9 Abs 5 SGB VII; vgl auch Schmitt, SGB VII, 4. Aufl 2009, § 9 RdNr 34). § 551 Abs 3 Satz 2 RVO enthält nach dieser Rechtsprechung(aaO) eine eigenständige Bestimmung für den Leistungsfall, für den ein Günstigkeitsvergleich vorzunehmen ist. Die Beklagte hat gerade einen solchen in dem Bescheid vom 31.3.2006 auch vorgenommen, indem sie ausführte, dass für die Leistungen auf den 23.1.1986 abgestellt werde (instruktiv zu diesem Günstigkeitsvergleich Brandenburg in jurisPK-SGB VII, § 9 RdNr 130 f). Allein für den Leistungsfall und nicht auch für den Versicherungsfall ist der Beginn der Krankheit im Sinne des Krankenversicherungsrechts maßgebend (vgl BSG vom 27.7.1989 - 2 RU 54/88 - SozR 2200 § 551 Nr 35 S 70).

24

c) Auch aus der von der Klägerin angeführten Entscheidung des Senats zur Rückwirkungsklausel des § 6 Abs 6 Satz 2 BKV vom 17.5.2011 (B 2 U 19/10 R - SozR 4-5671 § 6 Nr 5) kann nichts dafür abgeleitet werden, dass der Versicherungsfall hier vor dem 14.9.1993 eingetreten sein könnte. Der Senat hat in dieser Entscheidung lediglich Ausführungen dazu gemacht, wann der Versicherungsfall einer Listen-BK eintritt, und klargestellt, dass dies nicht vor dem Zeitpunkt sein kann, zu dem ihre Aufnahme in die Anlage zur BKV in Kraft getreten ist. Weiterhin hat der Senat dort nur klargestellt, dass § 6 Abs 3 Satz 2 BKV(idF vom 11.6.2009, BGBl I 1273 mWv 1.7.2009) lediglich darauf abzielt, entgegen dem früheren Recht ab dem 1.7.2009 die Anerkennung einer vor dem 1.1.1993 aufgetretenen Erkrankung als Versicherungsfall der BK 4111 zu eröffnen, ohne den Zeitpunkt der Einführung der BK 4111 zum 1.12.1997 oder der Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs zum 1.7.2009 in Frage zu stellen. Nicht die rückwirkende Anerkennung der BK 4111, sondern lediglich die Anerkennung der zurück-, vor dem 1.1.1993 liegenden Erkrankungen als BK 4111 sollte eingeräumt werden, ansonsten hätte es einer rückwirkenden Inkraftsetzung des § 6 Abs 3 Satz 2 BKV hinsichtlich der Rechtsfolge des Eintritts des Versicherungsfalls bedurft.

25

Mithin hätte die Revision hier nur Erfolg haben können, wenn sie dargelegt hätte, dass bereits vor dem 14.9.1993 neue, gesicherte Erkenntnisse der Wissenschaft zur chronischen obstruktiven Bronchitis bzw zum Emphysem von Bergleuten vorgelegen haben, die die Entscheidung des LSG, den Zeitpunkt des Versicherungsfalls gemäß § 551 Abs 2 RVO auf den 14.9.1993 festzulegen, in Frage hätten stellen können. Solches trägt die Revision aber gerade nicht vor.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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Tenor I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 27. April 2015 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen
published on 17/10/2017 00:00

Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 23.11.2016 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Tatbestand 1 Der Kläger begehrt die An
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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Leiden Versicherte am 1. August 2017 an einer Krankheit nach den Nummern 1320, 1321, 2115, 4104 (Eierstockkrebs) oder 4113 (Kehlkopfkrebs) der Anlage 1, ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn sie vor diesem Tag eingetreten ist.

(2) Leiden Versicherte am 1. Januar 2015 an einer Krankheit nach Nummer 1319, 2113, 2114 oder 5103 der Anlage 1, ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn sie vor diesem Tag eingetreten ist.

(3) Leiden Versicherte am 1. Juli 2009 an einer Krankheit nach Nummer 2112, 4114 oder 4115 der Anlage 1, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. September 2002 eingetreten ist. Leiden Versicherte am 1. Juli 2009 an einer Krankheit nach Nummer 4113 der Anlage 1, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. November 1997 eingetreten ist. Leiden Versicherte am 1. Juli 2009 an einer Krankheit nach Nummer 1318 der Anlage 1, ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall vor diesem Tag eingetreten ist.

(4) Leidet ein Versicherter am 1. Oktober 2002 an einer Krankheit nach Nummer 4112 der Anlage 1, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. November 1997 eingetreten ist. Satz 1 gilt auch für eine Krankheit nach Nummer 2106 der Anlage 1, wenn diese nicht bereits nach der Nummer 2106 der Anlage 1 in der am 1. Dezember 1997 in Kraft getretenen Fassung als Berufskrankheit anerkannt werden kann.

(5) Leidet ein Versicherter am 1. Dezember 1997 an einer Krankheit nach Nummer 1316, 1317, 4104 (Kehlkopfkrebs) oder 4111 der Anlage 1, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1992 eingetreten ist. Abweichend von Satz 1 ist eine Erkrankung nach Nummer 4111 der Anlage 1 auch dann als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn die Erkrankung bereits vor dem 1. Januar 1993 eingetreten und einem Unfallversicherungsträger bis zum 31. Dezember 2009 bekannt geworden ist.

(6) Hat ein Versicherter am 1. Januar 1993 an einer Krankheit gelitten, die erst auf Grund der Zweiten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) als Berufskrankheit anerkannt werden kann, ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. März 1988 eingetreten ist.

(7) Hat ein Versicherter am 1. April 1988 an einer Krankheit gelitten, die erst auf Grund der Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 22. März 1988 (BGBl. I S. 400) als Berufskrankheit anerkannt werden kann, ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1976 eingetreten ist.

(8) Bindende Bescheide und rechtskräftige Entscheidungen stehen der Anerkennung als Berufskrankheit nach den Absätzen 1 bis 7 nicht entgegen. Leistungen werden rückwirkend längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren erbracht; der Zeitraum ist vom Beginn des Jahres an zu rechnen, in dem der Antrag gestellt worden ist.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

Die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels gelten für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, soweit in den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Leiden Versicherte am 1. August 2017 an einer Krankheit nach den Nummern 1320, 1321, 2115, 4104 (Eierstockkrebs) oder 4113 (Kehlkopfkrebs) der Anlage 1, ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn sie vor diesem Tag eingetreten ist.

(2) Leiden Versicherte am 1. Januar 2015 an einer Krankheit nach Nummer 1319, 2113, 2114 oder 5103 der Anlage 1, ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn sie vor diesem Tag eingetreten ist.

(3) Leiden Versicherte am 1. Juli 2009 an einer Krankheit nach Nummer 2112, 4114 oder 4115 der Anlage 1, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. September 2002 eingetreten ist. Leiden Versicherte am 1. Juli 2009 an einer Krankheit nach Nummer 4113 der Anlage 1, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. November 1997 eingetreten ist. Leiden Versicherte am 1. Juli 2009 an einer Krankheit nach Nummer 1318 der Anlage 1, ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall vor diesem Tag eingetreten ist.

(4) Leidet ein Versicherter am 1. Oktober 2002 an einer Krankheit nach Nummer 4112 der Anlage 1, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. November 1997 eingetreten ist. Satz 1 gilt auch für eine Krankheit nach Nummer 2106 der Anlage 1, wenn diese nicht bereits nach der Nummer 2106 der Anlage 1 in der am 1. Dezember 1997 in Kraft getretenen Fassung als Berufskrankheit anerkannt werden kann.

(5) Leidet ein Versicherter am 1. Dezember 1997 an einer Krankheit nach Nummer 1316, 1317, 4104 (Kehlkopfkrebs) oder 4111 der Anlage 1, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1992 eingetreten ist. Abweichend von Satz 1 ist eine Erkrankung nach Nummer 4111 der Anlage 1 auch dann als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn die Erkrankung bereits vor dem 1. Januar 1993 eingetreten und einem Unfallversicherungsträger bis zum 31. Dezember 2009 bekannt geworden ist.

(6) Hat ein Versicherter am 1. Januar 1993 an einer Krankheit gelitten, die erst auf Grund der Zweiten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) als Berufskrankheit anerkannt werden kann, ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. März 1988 eingetreten ist.

(7) Hat ein Versicherter am 1. April 1988 an einer Krankheit gelitten, die erst auf Grund der Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 22. März 1988 (BGBl. I S. 400) als Berufskrankheit anerkannt werden kann, ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1976 eingetreten ist.

(8) Bindende Bescheide und rechtskräftige Entscheidungen stehen der Anerkennung als Berufskrankheit nach den Absätzen 1 bis 7 nicht entgegen. Leistungen werden rückwirkend längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren erbracht; der Zeitraum ist vom Beginn des Jahres an zu rechnen, in dem der Antrag gestellt worden ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.