Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 13. Feb. 2014 - L 17 U 380/09

published on 13/02/2014 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 13. Feb. 2014 - L 17 U 380/09
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Tatbestand

Die Kläger begehren im Überprüfungsverfahren nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Anerkennung einer Krebserkrankung des verstorbenen M. A. (im Folgenden: V.) als Wie-Berufskrankheit (Wie-BK) nach § 551 Abs. 2 RVO (Reichsversicherungsordnung) sowie Hinterbliebenenleistungen.

Der 1959 geborene V. war von 1974 bis 1979 und wieder ab 1985 bis 1993 als Dreher und Schleifer bei der Firma K. B. AG beschäftigt und in dieser Tätigkeit bei der Beklagten versichert. Mit Schreiben vom 05.12.1993 (Eingang bei der Beklagten am 08.12.1993) beantragte der Kläger die bei ihm ca. acht Wochen zuvor festgestellte schwere Krebserkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen. Im Rahmen eines stationären Aufenthalts im Kreiskrankenhaus L-Stadt im Oktober und November 1993 war ein metastasierendes Adenokarzinom des Colon ascendens mit Sigmaummauerung, Lebermetastasen, Dünndarmmetastasen und Peritonealkarzinose diagnostiziert worden. Am 20.12.1993 verstarb V. an den Folgen der Krankheit. Die Klägerin zu 1. ist die Witwe des V., die Kläger zu 2. (geb. 1983) und 3. (geb. 1988) sind die Söhne des V.

Am 14.02.1994 und am 22.03.1994 erfolgten Stellungnahmen des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD, jetzt: Präventionsdienst) nach durchgeführter Arbeitsplatzanalyse. Es wurde u. a. festgestellt, dass V. während seiner Beschäftigung als Dreher an der Rundschleifmaschine eingesetzt war, bei der im Zeitraum 01.02.1987 bis 31.12.1987 der Kühlschmierstoff Frigilux 23 zur Verwendung kam. Dieser enthielt als für die Bildung von Nitrosamin relevante Inhaltsstoffe circa 18% Natriumnitrit sowie ca. 1% Diethanolamin als Verunreinigung. Es wurden eine Gewebeuntersuchung durch Dr. E. veranlasst, ein wissenschaftlich begründetes Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. R. vom 23.01.1995, ein wissenschaftlich-toxikologisches Gutachten von Dr. S. vom 15.05.1996 und ein arbeitsmedizinisches Fachgutachten von Professor Dr. N. vom 30.01.1997. Ferner wurde eine gewerbeärztliche Stellungnahme eingeholt.

Mit Bescheid vom 25.03.1997 (Widerspruchsbescheid vom 23.07.1997) stellte die Beklagte gegenüber den Klägern fest, dass bei V. zu Lebzeiten ein Dickdarmkarzinom bestanden habe, allerdings ein Anspruch auf Entschädigung wegen dieser Erkrankung nicht bestehe. Diese sei weder eine Berufskrankheit noch wie eine Berufskrankheit zu entschädigen. Es bestünde weder ein Anspruch der Klägerin zu 1. als Sonderrechtsnachfolgerin des V. auf die Gewährung einer Rente als Lebzeitanspruch noch der Kläger auf Hinterbliebenenleistungen.

Hiergegen erhoben die Kläger am 05.08.1997 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) (Verfahren S 5 U 259/97). In dem Verfahren wurde ein toxikologisches Gutachten des Professors Dr. Dr. B. vom 19.10.1999 eingeholt sowie eine Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zum Erkenntnisstand des Verordnungsgebers der Berufskrankheiten-Verordnung über einen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen und einer beruflichen Exposition gegenüber Nitrosaminen. Des Weiteren wurde auf Antrag der Kläger ein wissenschaftlich-toxikologisches Gutachten des Prof. Dr. E. vom 25.10.2001 eingeholt. Mit Urteil vom 27.06.2002 wies das SG die Klage ab, da die Vorraussetzungen für die Anerkennung der Erkrankung des V. als Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO nicht vorlägen. Es sei nicht mit der entsprechenden vollen Überzeugung nachzuweisen gewesen, dass bei der Berufsgruppe des V., die mit nitrosaminhaltigen Kühlmitteln in Berührung kommen, in erheblich höherem Grade als bei der übrigen Bevölkerung Krebserkrankungen im Sinne von Darmkarzinomen aufträten bzw. dass die Einwirkungen von Kühlschmiermitteln und/oder Nitrosaminen insbesondere des Nitrosamins N-Nitrosodie-thanolamin (NDELA) generell geeignet seien, Darmkrebs zu verursachen (Gruppentypik und Überhäufigkeit).

Hiergegen legten die Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) ein (Verfahren L 17 U 275/02). Das Gericht holte ein ärztliches Fachgutachten nach Aktenlage des Dr. S. vom 09.09.2003 mit ergänzender Stellungnahme vom 27.01.2004 ein. Auf Hinweis des damaligen Senatsvorsitzenden nahmen die Kläger in der öffentlichen Sitzung vom 25.07.2006 die Berufung zurück.

Am 09.11.2006 haben die Kläger bei der Beklagten Antrag auf Einzelfallentscheidung kombiniert mit einem Antrag nach § 44 SGB X gestellt. Mit Bescheid vom 21.12.2006 (Widerspruchsbescheid vom 18.04.2007) hat es die Beklagte abgelehnt, den Bescheid vom 25.03.1997 zurückzunehmen. Es bestünden keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten. Insbesondere seien am 18.12.1992, am 31.10.1997 und am 05.09.2002 unter Berücksichtigung der jeweils neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse Änderungen und Ergänzungen der Berufskrankheiten-Liste vorgenommen worden, ohne dass (Darmkrebs-)Erkrankungen durch Nitrosamine aufgenommen worden wären. Soweit in der Vergangenheit in zwei Fällen Darmkrebserkrankungen nach vermuteter Exposition gegenüber Nitrosaminen durch eine andere Berufsgenossenschaft als Berufskrankheit anerkannt worden seien, seien diese Anerkennungen Einzelfallentscheidungen geblieben.

Hiergegen haben die Kläger Klage zum SG erhoben. Auf Antrag der Kläger hat das Gericht Professor Dr. H. gutachtlich gehört. Mit Urteil vom 08.07.2009 hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 21.12.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2007 abgewiesen. Im Wesentlichen hat es sein Urteil darauf gestützt, dass bis zum heutigen Tage keine neuen medizinischen Erkenntnisse für eine gruppentypische Risikoerhöhung hinsichtlich Magenkarzinoms (gemeint ist: Darmkarzinom) bei Drehern und Schleifern vorlägen. Das Gutachten von Prof. Dr. F. sei wenig hilfreich, auch dieses könne das gruppentypische Risiko nicht belegen.

Dagegen haben die Kläger Berufung zum LSG eingelegt.

Am 25.10.2010 hat eine nichtöffentliche Sitzung mit den Beteiligten stattgefunden. Seitens des Senats wurden danach (u. a.) Auskünfte vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu den Beratungen des Sachverständigenbeirats „Berufskrankheiten“ eingeholt und die dazu existierenden Unterlagen beigezogen.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.07.2009 sowie den Bescheid vom 21.12.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 25.03.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.07.1997 zurückzunehmen, eine Wie-BK anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen für die Kläger zu gewähren,

hilfsweise,

den mitgebrachten Zeugen H. B. als Zeugen zu vernehmen zu der Tatsache, dass das Kühlschmiermittel Frigilux 23 über den bisher angenommenen Beendigungszeitpunkt hinaus (wie vom Betrieb mitgeteilt) weiter Verwendung gefunden hat, ferner den medizinischen Sachverständigen Dr. S. zu den im Zusammenhang mit der Frigiluxverwendung durchgeführten innerbetrieblichen Ermittlungen zur Frage zu hören, dass die betrieblichen Gegebenheiten eine extreme Risikoerhöhung mit sich brachten u. a. deshalb weil eine Abluftanlage nicht vorhanden war, ferner weitere Ermittlungen nach § 106 SGG in die Wege zu leiten zur Thematik, dass nach dem entsprechenden Gutachten Dr. H. davon auszugehen sei, dass eine Primärlokalität der Krebserkrankung im Dickdarm aufgrund der Gesamtbeurteilung nicht angenommen werden kann, sondern andere Primärlokalitäten der Krebsentstehung infrage kommen.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Verfahrensakten S 5 U 259/97 des SG sowie L 17 U 275/02 des LSG sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 21.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.04.2007, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, ihren Bescheid vom 25.03.1997 zurückzunehmen. Mit dem Bescheid vom 25.03.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.1997 hatte die Beklagte u. a. den Antrag, das Dickdarmkarzinom des V. als Berufskrankheit oder als Wie-Berufskrankheit anzuerkennen und den Klägern Hinterbliebenenleistungen zu gewähren, abgewiesen.

Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 25.03.1997, soweit die von der Beklagten getroffenen Regelungen (noch) streitgegenständlich sind.

Nach § 44 Abs. 1 S 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituationen zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zugunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29).

Die Beklagte hat bei Erlass des Bescheides vom 25.03.1997 weder Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Vielmehr hat sie es zu Recht abgelehnt, eine Wie-BK anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen an die Kläger zu erbringen.

1. Da ein möglicher Anspruch der Kläger auf Hinterbliebenenleistungen mit dem Tod des V. am 20.12.1993 entstanden wäre und damit den Eintritt des Versicherungsfalls bis zu diesem Zeitpunkt voraussetzt, sind im vorliegenden Fall die Bestimmungen der RVO anzuwenden (Art. 36 Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch - UVEG i. V. m. §§ 212, 214 Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII; siehe dazu BSG, Urteil vom 13.02.2013, B 2 U 33/11 R).

2. Nach § 589 Abs. 1 RVO (in der zum 20.12.1993 gültigen Fassung) sind bei Tod durch Arbeitsunfall zu gewähren:

1. als Sterbegeld der zwölfte Teil des Jahresarbeitsverdienstes, mindestens der Betrag von 400 Deutsche Mark; vom Sterbegeld sind die Kosten der Bestattung zu bestreiten; es ist an denjenigen auszuzahlen, der die Bestattungskosten trägt; ein etwaiger Überschuss verbleibt beim Versicherungsträger,

2. die Kosten für die Überführung des Verstorbenen an den Ort der Bestattung,

3. vom Todestag an den Hinterbliebenen eine Rente nach den §§ 590 bis 599 (RVO)

Gemäß § 551 Abs. 1 RVO galt auch eine Berufskrankheit als Arbeitsunfall. Dabei waren Berufskrankheiten Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet (S. 2). Die Bundesregierung wurde ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie konnte dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch die Arbeit in bestimmten Unternehmen verursacht worden sind (S. 3). Dabei sollten die Träger der Unfallversicherung im Einzelfall eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet wurde oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorlagen, wie eine Berufskrankheit entschädigen, sofern nach neuen Erkenntnissen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt waren (§ 551 Abs. 2 RVO). Für die Berufskrankheiten galten die für Arbeitsunfälle maßgebenden Vorschriften entsprechend (§ 551 Abs. 3 S. 1 RVO).

Die Tatbestandsmerkmale einer Wie-BK („versicherte Tätigkeit (Arbeit)“, „Verrichtung“, „Einwirkungen“ und „Krankheit“) müssen im Vollbeweis vorliegen. Hierfür ist keine absolute, jeden möglichen Zweifel und jede Möglichkeit des Gegenteils ausschließende Gewissheit zu fordern, vielmehr genügt für die entsprechende richterliche Überzeugung ein der Gewissheit nahekommender Grad von Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 27.03.1958, 8 RV 387/55 juris Rn. 16; Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B m. w. N.; Urteile vom 29.03.1963, 2 RU 75/61, vom 22.09.1977, 10 RV 15/77, vom 01.08.1978, 7 RAr 37/77 und vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R). Die volle Überzeugung wird als gegeben angesehen, wenn eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, d. h. eine Wahrscheinlichkeit besteht, die nach der Lebenserfahrung praktisch der Gewissheit gleichkommt, weil sie bei jedem vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen keine Zweifel mehr bestehen lässt (BSG, Urteil vom 27.04.1972, 2 RU 147/71 juris Rn. 30; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 128 Rn. 3b m. w. N.).

Ein Anspruch der Kläger auf die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen besteht nach den genannten Vorschriften der RVO nicht. Die Erkrankung des V. stellte keine Wie-BK im Sinne von § 551 Abs. 2 RVO und somit keinen Arbeitsunfall i. S. v. § 589 Abs. 1 RVO dar.

a. Zur Überzeugung des Senats steht nach Würdigung der Aktenlage, insbesondere der in den Akten enthaltenen Gutachten und Stellungnahmen, auch der Stellungnahmen des TAD fest, dass V. während seiner beruflichen Tätigkeit jedenfalls im Zeitraum vom 01.02.1987 bis 31.12.1987 der Einwirkung des Kühlschmierstoffes Frigilux 23 ausgesetzt war. Der Schmierstoff enthielt als Inhaltsstoffe u. a. ca. 18% Natriumnitrit, ca. 20% Triethanolamin sowie ca. 1% Diethanomalin. Diese Stoffe sind relevant für die Bildung von NDELA. Bei V. wurde bei medizinischen Untersuchungen im Zeitraum Oktober 1987 bis Mai 1988 NDELA im Urin festgestellt. Bei einer weiteren Untersuchung des V. am 05.10.1988 konnte im Urin kein NDELA mehr nachgewiesen werden.

Der Senat konnte sich dagegen nicht davon überzeugen, dass V. während seiner versicherten beruflichen Tätigkeit einer Einwirkung anderer potenziell krebsverursachender Stoffe ausgesetzt gewesen war. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die mögliche Einwirkung von Polychlorierten Biphenylen (PCB). Zwar hat Dr. E. in seinem Gutachten vom 16.08.1994 nach der Untersuchung von Gewebe des V. ausgeführt, dass die Ergebnisse darauf hinweisen würden, dass V. hohen Belastungen durch PCB ausgesetzt gewesen sei. Allerdings hat der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass V. während seiner beruflichen Tätigkeit mit PCB in Kontakt gekommen ist. Aus den in den Akten vorhanden Dokumenten und Datenblättern zu den von V. eingesetzten Arbeitsstoffen bzw. Betriebsmitteln ergeben sich keine Hinweise, dass in diesen PCB enthalten gewesen wären. Auch der TAD der Beklagten hat auf Nachfrage des Senats in seinen Auskunftsschreiben vom 22.08.2013 und 27.09.2013 mitgeteilt, dass keinerlei Kenntnisse über eine berufliche PCB-Exposition des V. vorlägen (siehe dazu auch die Mitteilungen der LBG Unterfranken vom 08.03.1995 und des TAD der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen vom 20.03.1995). Insbesondere ergibt sich aus den Auskünften des TAD vom 09.01.1995 und vom 09.02.1995, dass in Kühlschmierstoffen keine PCB enthalten gewesen sind, diese vielmehr eine unerwünschte Verunreinigung dargestellt hätten. Soweit Prof. Dr. N. in seinem arbeitsmedizinischen Gutachten vom 30.01.1997 von einer nachgewiesenen inneren Belastung des V. mit PCB spricht, die in Verbindung mit der Belastung des V. mit NDELA tumorpromovierend gewirkt habe, findet sich in seinem Gutachten kein Beleg dafür, dass V. während seiner beruflichen Tätigkeit zu irgendeinem Zeitpunkt einer Einwirkung durch PCB ausgesetzt gewesen ist. So stellt auch Dr. S. in seinem Gutachten vom 15.05.1996 fest, dass spezifische Hinweise für eine Arbeitsplatzbelastung des V. durch PCB nicht vorlägen, ebenso Professor Dr. Dr. B. in seinem Gutachten vom 19.10.1999 und Dr. S. in seinem Gutachten vom 09.09.2003. Ferner weist der Senat darauf hin, dass nach Auffassung der Sachverständigen Prof. Dr. N. und Dr. S. den PCB allenfalls eine tumorpromovierende Wirkung zukäme, wobei diese jedoch laut toxikologischem Gutachten des Professor Dr. Dr. B. vom 19.10.1999 insbesondere im Zusammenwirken mit NDELA bislang nicht wissenschaftlich nachgewiesen ist. Soweit Professor Dr. H. in seinem Gutachten vom 08.04.2009 schreibt, „PCB waren im Bereich der Firma K. B. täglich und weitgehend, sowie zum Teil ungerechtfertigt länger als erlaubt an dem Arbeitsplatz des V., aber auch im Arbeitsumfeld aller Kollegen existent“, handelt es sich um eine unsubstantiierte Behauptung. Eine Begründung, geschweige denn einen Nachweis darüber, welchen PCB-haltigen Stoffen, in welchem Umfang und zu welchen Zeitpunkten V. an seinem Arbeitsplatz ausgesetzt gewesen sein soll, liefert Professor Dr. F. nicht.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass V. während seiner beruflichen Tätigkeit der Einwirkung von Nitrosaminen ausgesetzt war.

b. Des Weiteren steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass V. an einem Dickdarmkarzinom erkrankt war. Die Überzeugung des Senats gründet sich insbesondere auf dem Gutachten des Professor Dr. R. vom 23.01.1995, der im Auftrag der Beklagten die Obduktion der Leiche des V. durchgeführt und als Grundleiden ein metastasierendes Kolonkarzinom festgestellt hat, sowie die nachfolgenden Gutachten des Professors Dr. N. vom 30.01.1997, des Professors Dr. B. vom 19.10.1999 und des Dr. S. vom 09.09.2003, die ebenfalls vom Vorliegen eines Kolonkarzinoms ausgehen. Bestätigt wird diese Einschätzung des Weiteren durch den Entlassungsbericht der Chirurgischen Universitätsklinik und -Poliklinik B-Stadt vom 03.12.1993 und den Operationsbericht vom 04.11.1993, der als Diagnose ein metastasiertes Adeno-Carzinom (mit Lebermetastasen, Dünndarmmetastasen, Peritonealkarzinose, Colon-ascendens-Tumor und Sigmarummauerung) stellt. Soweit demgegenüber Professor Dr. F. als einziger aller bislang gehörten Sachverständigen nebulös davon spricht, dass bei V. eine Karzinose des gesamten Bauchraums vorgelegen habe, überzeugt das den Senat nicht. Prof. Dr. H. begründet seine Auffassung damit, dass aus der Operationsbeschreibung nicht hervorgehe, dass sich der Tumor nur im Dickdarm entwickelt und von dort ausgebreitet habe. Außerdem stehe die Ummauerung des Darmabschnitts (Colon-ascendens-Tumor und Sigmaummauerung) im Operationsbericht erst an 4. Stelle. Hierbei ignoriert er die vom Operateur eindeutig getroffene Diagnose eines Colon-ascendens-Tumors (mit Haupttumormasse im rechten Oberbauch) sowie die inhaltliche Bedeutung des Begriffs „Metastasen“ als Absiedlung eines bösartigen Tumors in entferntem Gewebe, und der Diagnose „Peritonealkarzinose“, die üblicherweise Metastasen anderer im Bauchraum gelegener Tumore bezeichnet. Zudem setzt er sich noch nicht einmal ansatzweise mit den Ausführungen des Professor Dr. R. - er hat die Obduktion der Leiche des V. durchgeführt - im Gutachten vom 23.01.1995 zur Lokalisation und Ausbreitung des Tumors auseinander, ebenso wenig mit dem Gutachten des Dr. S. vom 09.09.2003, der unter Auswertung der medizinischen Befunde und insbesondere des Operationsberichts zu der Feststellung gelangt, dass bei V. ein fortschreitendes metastasierendes Karzinom des aufsteigenden Dickdarms bestanden hat, das letztlich zum Tod des V. geführt hat. Letztlich kommt es aber - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt - für die Beantwortung der Frage, ob bei V. eine Leistungsansprüche auslösende Wie-BK vorgelegen hat, nicht darauf an, in welchem Körperbereich der Krebstumor bei V. zu verorten war.

c. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 13.02.2013, B 2 U 33/11 R m. w. N.) setzt die Annahme einer Wie-BK das Vorliegen folgender Tatbestandsmerkmale voraus: (1.) Das Nicht-Vorliegen der Voraussetzungen für eine in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV, vormals BKVO) bezeichnete Krankheit, (2.) das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als BK nach § 551 Abs. 1 S. 2 RVO bzw. § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VII, (3.) nach neuen Erkenntnissen (§ 551 Abs. 2 RVO) bzw. nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen (§ 9 Abs. 2 SGB VII) sowie (4.) die individuellen Voraussetzungen für die Feststellung dieser Krankheit als Wie-BK im Einzelfall bei dem Versicherten. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG a. a. O. m. w. N.; BSG, Urteil vom 23.06.1977, 2 RU 53/76, BSGE 44, 90 = SozR 2200 § 551 Nr. 9; BSG, Urteil vom 14.11.1996; 2 RU 9/96 - BSGE 79,250) enthält diese Vorschrift keine allgemeine Härteklausel bzw. keinen Auffangtatbestand, nach der jede durch eine versicherte Tätigkeit verursachte Krankheit als „Wie-BK“ anzuerkennen wäre. Für die Feststellung einer Wie-BK genügt es daher nicht, dass im Einzelfall berufsbedingte Einwirkungen die rechtlich wesentliche Ursache einer nicht in der BK-Liste bezeichneten Krankheit sind. Vielmehr darf die Anerkennung einer Wie-BK nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der BKen erfüllt sind, der Verordnungsgeber sie also als neue Listen-BK in die BKV einfügen dürfte, aber noch nicht tätig geworden ist (BSG, Urteil vom 20.07.2010, B 2 U 19/09 R; siehe auch BT-Drucks. 13/2204, 77 f). Es sollen dadurch Krankheiten zur Entschädigung gelangen, die nur deshalb nicht in die Liste der BKen aufgenommen wurden, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen durch ihre Arbeit bei der letzten Fassung der Anlage (1) zur BKV noch nicht vorhanden waren oder trotz Nachprüfung noch nicht ausreichten. Die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse müssen sich im Zeitpunkt der Erkrankung des Versicherten noch nicht zur sog. BK-Reife verdichtet haben. Es reicht grundsätzlich aus, wenn dies im Zeitpunkt der Entscheidung über den Anspruch geschehen ist (BSG, Urteil vom 04.06.2002, B 2 U 16/01 R). Hieraus folgt aber noch nicht, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Versicherungsfalls der Wie-BK (u. a. der Zeitpunkt des Vorliegens neuer Erkenntnisse) gleichsam rückwirkend für den Zeitpunkt des Eintritts der Krankheit fingiert werden könnten. Vielmehr ist eine Wie-BK erst zu dem Zeitpunkt eingetreten, an dem erstmals neue wissenschaftliche Erkenntnisse über das Vorliegen der generellen Voraussetzungen der Aufnahme einer Berufskrankheit in die Anlage 1 der BKV - die arbeitsbedingte Verursachung einer bestimmten Erkrankung - vorgelegen und sich zur sog. BK-Reife verdichtet haben (BSG, Urteil vom 13.02.2013, B 2 U 33/11 R m. w. N.). Grundsätzlich sind medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse dabei „neu“ i. S. v. § 551 Abs. 2 RVO, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch - dies ist im Zweifel der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung - feststeht, dass sie bei der letzten Änderung der BKV - für den vorliegenden Fall ist auf die Änderung der BKVO durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 18.12.1992 (BGBl. I 1992, 2343) mit Wirkung zum 01.01.1993 abzustellen - noch nicht berücksichtigt wurden. Dies ist stets der Fall, wenn die Erkenntnisse erst nach Erlass der letzten BKV bzw. etwaiger Änderungsverordnungen bekannt geworden sind. Nicht berücksichtigt vom Verordnungsgeber und somit „neu“ sind aber auch diejenigen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse, die trotz Vorhandenseins bei Erlass der letzten BKV oder einer Änderungsverordnung vom Verordnungsgeber entweder nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erkennbar geprüft worden sind. Als neu in diesem Sinne gelten daher solche medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht mehr, die nach erkennbarer Prüfung vom Verordnungsgeber als noch unzureichend bewertet wurden und deswegen eine Aufnahme der betreffenden Krankheit in die BK-Liste scheitert. Allerdings erweisen sich dann solche bereits überprüften Erkenntnisse wiederum als neu, wenn sie sich nach diesem Zeitpunkt zusammen mit weiteren, später hinzukommenden Erkenntnissen zur BK-Reife verdichtet haben. Eine derartige Verdichtung ist anzunehmen, wenn dem Verordnungsgeber ausreichende, regelmäßig von einer herrschenden Meinung getragene medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die geeignet wären, die Einführung einer neuen BK i. S. v. § 551 Abs. 1 S. 2 RVO bzw. jetzt § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VII zu tragen. Ob und gegebenenfalls inwieweit sich der Verordnungsgeber mit der betreffenden Krankheit und der zu ihr bestehenden wissenschaftlichen Erforschung befasst hat, welche Erkenntnisse er überhaupt berücksichtigen konnte und welche Entscheidungen eventuell diesbezüglich bereits getroffen wurden (entweder eine Ablehnung der Aufnahme in die BK-Liste wegen unzureichender Erkenntnisse oder die beabsichtigte Aufnahme in die BK-Liste oder praktisch keine Entscheidung trotz Befassung des Sachverständigenbeirates bei dem BMA mit den vorliegenden Erkenntnissen), kann - sofern vorhanden - an der Veröffentlichung von Empfehlungen des Beirates im Bundesarbeitsblatt abgelesen werden. Ist jedoch zu dem betreffenden Krankheitsbild noch keine Empfehlung des Sachverständigenbeirats veröffentlicht worden, kann Art und Umfang der Befassung des Verordnungsgebers in erster Linie durch Einholung einer aussagekräftigen und detaillierten sachverständigen Auskunft festgestellt werden. In gleicher Weise bieten sich zu diesem Zweck die Beiziehung der Protokolle von Ausschusssitzungen und - falls dies noch nicht zu genügender Klarheit führt - schließlich auch die Vernehmung von Mitgliedern des Sachverständigenbeirates als Zeugen an. Ergibt sich bei diesen Feststellungen, dass sich der Verordnungsgeber erkennbar mit den betreffenden Erkenntnissen befasst und diese als unzureichend für die Einführung einer BK abgelehnt hat, ist die Anerkennung und Entschädigung einer Krankheit wie eine BK durch Verwaltung und Gerichte ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 04.06.2002, B 2 U 20/01 R m. w. N.).

Die Voraussetzungen für eine in der BKV bereits bezeichnete Krankheit lagen im Falle des V. nicht vor.

Allerdings gelangt der Senat nach Maßgabe der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung und unter Auswertung der eingeholten Auskünfte zu der Überzeugung, dass zum letztmöglichen Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls - Tod des V. am 20.12.1993 - keine wissenschaftliche Erkenntnisse vorlagen, die die Annahme einer Wie-BK „Krebserkrankungen durch Nitrosamine“ zugelassen hätten. Hierbei stützt sich der Senat auf die eingeholten Auskünfte beim I. - Referat IV a 4 und die in diesem Zusammenhang beigezogenen Niederschriften über die Beratungen des Ärztlichen Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung -.

Aus den genannten Auskünften und Beratungsprotokollen ergibt sich, dass im Jahr 1993 erstmals vom Beirat beschlossen wurde, die Thematik „Krebserkrankungen in der Gummiindustrie (Nitrosamine)“ zu beraten. Hierbei kam der Sachverständigenbeirat in der 36. Sitzung vom 26.05.1998 zu dem Ergebnis, dass für Krebserkrankungen der Lokalisationen Lunge, Kehlkopf und Magen (u. a. - z. B. Colon, Rectum, Leber, Pankreas -) auf epidemiologischem Wege kein Nachweis der Überhäufigkeit nach einer hohen Nitrosaminexposition erbracht werden konnte. Für Tumoren des oberen Gastrointestinaltraktes und mit Abstufungen auch von ZNS/Gehirn und Prostata gebe es zwar Hinweise auf ein erhöhtes Risiko nach einer hochgradigen Exposition, die sich aber noch nicht zur BK-Reife verdichtet hätten. Eine Anerkennung als Berufskrankheit (nach § 9 Abs. 1 SGB VII bzw. § 9 Abs. 2 SGB VII) wurde daher nicht empfohlen. Es wurde beschlossen, die wissenschaftlichen Studien fortzusetzen bzw. zu erweitern und bis zum Vorliegen neuer Erkenntnisse das Thema in der Sektion nicht mehr zu beraten. In der 52. Sitzung der am 21.11.2001 wurde der Beschluss gefasst, die Beratungen ohne Begrenzung auf die Gummiindustrie wieder aufzunehmen. Am 10. und 11.05.2004 wurde deshalb eine mögliche Berufskrankheit „Krebserkrankungen durch Nitrosamine“ inhaltlich beraten. Hierbei wurde abschließend zusammenfassend festgestellt, dass weder bezüglich einer bestimmten Organlokalisation noch bezüglich des kausalen Agens derzeit Erkenntnisse mit BK-Reife vorliegen würden. Vor dem Hintergrund der wissenschaftlichen Erkenntnislage stelle sich dieselbe Situation wie 1998 dar. Der Sachverständigenbeirat beschloss, das Thema erneut auszusetzen.

Vor dem Hintergrund, dass der Verordnungsgeber anlässlich der verschiedentlichen Neufassungen bzw. Änderungsverordnungen zur BKV nach Erlass der Zweiten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 18.12.1992 eine Berufskrankheit „Krebserkrankungen durch Nitrosamine“ nicht in die BKV aufgenommen hat und der Sachverständigenbeirat noch im Jahr 2004, also ca. 11 Jahre nach dem Tod des V., auf Grundlage der vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse eine BK-Reife nicht feststellen konnte, sieht der Senat keine Möglichkeit, zum 20.12.1993 das Vorliegen einer Wie-BK „Krebserkrankungen durch Nitrosamine“ anzunehmen.

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch keiner der im gesamten Verlauf des Verfahrens gehörten Sachverständigen die - den Feststellungen des ärztlichen Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung - entgegengesetzte - Auffassung vertreten hat, dass epidemiologische Studien vorliegen würden, die einen Zusammenhang zwischen der Einwirkung von Nitrosaminen und Krebserkrankungen (insbesondere Darmkrebserkrankungen) belegen könnten, bzw. dass eine entsprechende gruppenspezifische Risikoerhöhung nachgewiesen wäre. So führt Professor Dr. R. in seinem Zusammenhangsgutachten vom 23.01.1995 aus, dass „die krebserzeugende Wirkung der Nitrosamine beim Menschen im strengen Sinne nicht bewiesen ist und naheliegender weise auch experimentell nicht bewiesen werden kann“ und „letztlich nur durch langwierige epidemiologische Untersuchungen an großen Kollektiven zu untermauern wäre“. Dr. S. führt in seinem wissenschaftlich-toxikologischen Gutachten vom 15.05.1996 aus, dass die krebserzeugende Wirkung von Nitrosaminen in zahlreichen Tierversuchen nachgewiesen sei. Allerdings sei ein direkter Beweis für die krebserzeugende Wirkung beim Menschen bisher nicht möglich. Epidemiologische Daten über einen Zusammenhang zwischen Nitrosaminenexposition und Krebshäufigkeit würden fehlen. Es gebe keinen Beweis dafür, dass Nitrosamine Darmkrebs hervorrufen würden. Prof. Dr. N. schreibt in seinem arbeitsmedizinischen Fachgutachten vom 30.01.1997, dass die Verursachung von Darmkrebs durch NDELA nur aus allgemeinen Überlegungen zur Wirkung einer Gruppe krebserzeugender Nitrosamine abgeleitet werden könne, nicht aber aus tierexperimentellen und epidemiologischen Befunden. Epidemiologisch erscheine eine Häufung von Krankheit bei Exponierten gegenüber Kühlschmierstoffen nicht als zweifelsfrei gesichert. Dies gelte auch für andere Bereiche beruflicher Nitrosamin-Belastung. Es bestünde ein allgemeiner wissenschaftlicher Konsens bezüglich des Ursachenzusammenhangs zwischen beruflicher Exposition gegenüber Kühlschmierstoffen und dem Entstehen von Hautkrebs, nicht aber im Hinblick auf andere Krebserkrankungen. Da es jedoch aus seiner Sicht bedauerlich wäre, wenn dem beruflich verursachten Krebsleiden des V. aus formaljuristischen Gründen die Anerkennung verweigert würde, möchte er eine Anerkennung nach § 551 Abs. 2 RVO empfehlen. Professor Dr. Dr. B. weist in einem weiteren toxikologischen Gutachten vom 19.10.1999 darauf hin, das aus den Resultaten bislang durchgeführter Tierexperimente lediglich geschlossen werden könne, dass sich keine Hinweise ergeben hätten, dass NDELA geeignet sein könnte, Dickdarmkrebs auszulösen. Unter Abarbeitung sämtlicher bis zum Gutachtenszeitpunkt vorliegenden Studien und bekannten Einzelfälle, in denen das Vorliegen einer Wie-BK Krebserkrankung nach Umgang mit Kühlschmierstoffen und Nitrit anerkannt oder abgelehnt wurde, kommt Prof. Dr. Dr. B. zu dem Ergebnis, dass beim aktuellen Stand medizinischer Erkenntnisse die Behauptung, dass eine hohe NDELA-Konzentration an der Darmschleimhaut kanzerogen wirken könnte, rein spekulativ sei. Untersuchungen bei Arbeitern in der deutschen Gummiindustrie würden sogar dagegen sprechen, dass durch die berufliche Schadstoffbelastung eine Krebserkrankung im Bereich des Colons ausgelöst werden könne. Dabei weist der ärztliche Sachverständige darauf hin, dass die Nitrosamin-Exposition in der Gummiindustrie beträchtlich höher ist als in der Metallverarbeitung, in der V. beschäftigt war. Zusammenfassend könne nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen allenfalls davon gesprochen werden, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Kühlschmierstoffexposition und Erkrankung an Dickdarmkrebs möglich sei. Prof. Dr. rer. nat. E. schreibt in seinem toxikologischen Gutachten vom 21.03.2003, dass Nitrosamine Tumore in unterschiedlichsten Organen bei Versuchstieren ausgelöst hätten. Die Lokalisation des Tumors wäre dabei von Art, Höhe und Dauer der Exposition sowie von der Tierspezies abhängig gewesen (so auch Dr. S. in seinem Gutachten vom 09.09.2003, wobei dieser darauf hinweist, dass die Tumorlokalisation auch von der Art des Nitrosamins abhängig gewesen sei; bei NDELA seien als Zielorgane die Leber, die Niere und der Respirationstrakt beschrieben, der Dickdarm sei dagegen für keine der an Arbeitsplätzen möglicherweise vorkommenden Nitrosamine als Zielorgan einer Tumorentstehung beschrieben). Bis heute sei allerdings nicht klar, welche Organe des Menschen auf die Exposition durch Nitrosamine mit der Entstehung von Tumoren reagieren würden. Eine Vorhersage von Tumorlokalisation für den Menschen sei derzeit nicht zuverlässig möglich. Aus diesen Gründen sei die Forderung nach epidemiologischer Feststellung von Zusammenhängen zwischen Exposition am Arbeitsplatz und Tumorhäufigkeit im Fall der Nitrosamine zwar gerechtfertigt, aber mit der geforderten Aussagekraft angesichts meist kleiner exponierter Populationen mit den Methoden der beobachtenden Epidemiologie nur schwer zu realisieren. Die Tatsache, dass bisher für NDELA noch keine Daten aus Tierversuchen vorliegen würden, die eine Induktion von Tumoren im Kolon belegen würden, könne aber nicht als Begründung für die Ansicht dienen, dies mache eine NDELA-bedingte Tumorlokalisation im Kolon des Menschen unwahrscheinlich. Vielmehr sei eine solche keineswegs unerwartet. Dr. S. führt in seinem Gutachten vom 09.09.2003 und der ergänzenden Stellungnahme vom 27.01.2004 schließlich aus, dass weder eine signifikante Erhöhung noch eine signifikante Erniedrigung des Dickdarmkarzinoms bei Umgang mit Kühlschmiermitteln aus den vorhandenen wissenschaftlichen Studien abgeleitet werden könnte. Allenfalls lägen einzelne Hinweise vor, die möglicherweise auf ein leicht erhöhtes Risiko des Dickdarmkarzinoms bei Umgang mit Kühlschmiermitteln hinweisen würden. Es sei letztendlich nicht zu belegen, dass bei einer Personengruppe, die durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen (mit Nitrosaminen) ausgesetzt sei, in erheblich höherem Grade als bei der übrigen Bevölkerung Tumorerkrankungen im Sinne von Dickdarmkarzinomen auftreten würden. Das Gutachten vom Professor Dr. F. vom 08.04.2009 liefert dagegen für die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Einwirkung von Nitrosaminen und Krebserkrankungen (insbesondere Darmkrebserkrankungen) bzw. nach einer gruppenspezifischen Risikoerhöhung keine verwertbaren Antworten. Die entsprechenden Beweisfragen des Gerichts beantwortet der ärztliche Sachverständige vielmehr ausschließlich unter dem Aspekt des vorliegenden Einzelfalls und damit bezogen auf den Kausalzusammenhang zwischen der Exposition des V. und seiner Krebserkrankung. Hierbei führt er u. a. aus, dass der Mangel an Information nicht dem betroffenen Versicherten und besonders nicht den Angehörigen von verstorbenen Betroffenen zum Nachteil gereichen dürfe. Auch ohne epidemiologische und aufwändige Studien müsse die Zusammenhangfrage als geklärt gelten. Dabei legt der Sachverständige zugrunde, dass V. lange Zeit verseuchten Kühlschmiermitteln, PCB und Dioxinkontamination ausgesetzt gewesen sei, ohne diese Einwirkungen konkret zu belegen und zu quantifizieren. Genauso wenig hat der Senat Anhaltspunkte dafür, dass V. entsprechend den Behauptungen des Prof. Dr. H. jahrelang gegenüber Sprühnebeln auf der Haut und in der Atemluft exponiert gewesen wäre, ohne dass überhaupt klar wird, welche Zusammensetzung diese gehabt haben sollen. Genauso legt der Sachverständige - wie bereits ausgeführt (s. o.) - in irriger Weise seiner Bewertung zugrunde, dass V. nicht an einem Dickdarmkarzinom erkrankt gewesen sei. Letztlich kommt Prof. Dr. H. zu dem Ergebnis, dass die Anerkennung der im Arbeitsumfeld erworbenen Berufskrankheit des V., die wegen toxischer Belastungen durch multiple Substanzen keine Substanzkrankheit mehr sein könne, nicht länger auf die Berufskrankheitenreife hin verschoben werden dürfe. Dass eine Anerkennung der Wie-BK auf Grundlage einer solchen Äußerung eines Gutachters nicht möglich ist, bedarf aus Sicht des Senats keiner weiteren Erörterung.

Ergänzend verweist der Senat auf die Ausführungen des SG im Urteil vom 27.06.2002 im Verfahren S 5 U 259/97 und auf den Hinweis des LSG in der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2006 im Verfahren L 17 U 275/02, der zur Berufungsrücknahme im ersten Gerichtsverfahren geführt hat.

Nach alledem stellt der Senat fest, dass die Erkrankung des V. an einem Dickdarmkarzinom nicht als Wie-BK anzuerkennen ist und damit auch die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche nicht gegeben sind.

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des SG war daher zurückzuweisen.

Aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt sich ohne weiteres, dass der Senat den in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Anträgen der Kläger wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit nicht entsprechen musste.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 SGG), sind nicht ersichtlich.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels gelten für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, soweit in den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Fünften Abschnitts des Dritten Kapitels gelten auch für Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingetreten sind; dies gilt nicht für die Vorschrift über Leistungen an Berechtigte im Ausland.

(2) Die Vorschriften über den Jahresarbeitsverdienst gelten auch für Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingetreten sind, wenn der Jahresarbeitsverdienst nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erstmals oder aufgrund der §§ 90 und 91 neu festgesetzt wird. Die Vorschrift des § 93 über den Jahresarbeitsverdienst für die Versicherten der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften und ihre Hinterbliebenen gilt auch für Versicherungsfälle, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingetreten sind; die Geldleistungen sind von dem auf das Inkrafttreten dieses Gesetzes folgenden 1. Juli an neu festzustellen; die generelle Bestandsschutzregelung bleibt unberührt.

(3) Die Vorschriften über Renten, Beihilfen, Abfindungen und Mehrleistungen gelten auch für Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingetreten sind, wenn diese Leistungen nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erstmals festzusetzen sind. § 73 gilt auch für Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingetreten sind.

(4) Soweit sich die Vorschriften über das Verfahren, den Datenschutz sowie die Beziehungen der Versicherungsträger zueinander und zu Dritten auf bestimmte Versicherungsfälle beziehen, gelten sie auch hinsichtlich der Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingetreten sind.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.