Bundessozialgericht Urteil, 27. Apr. 2010 - B 2 U 14/09 R
Gericht
Tatbestand
- 1
-
Zwischen den Beteiligten sind Ansprüche auf Feststellung einer Hodentumorerkrankung als Berufskrankheit (BK) und als Wehrdienstbeschädigung sowie auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und des sozialen Entschädigungsrechts streitig.
- 2
-
Der 1951 geborene Kläger leistete vom 3.5.1973 bis zum 31.10.1974 seinen Grundwehrdienst bei der Nationalen Volksarmee (NVA) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Als Funkorter/Operator war er am Radargerät Rundblickstation P-14 eingesetzt. Im März 1991 wurde bei ihm ein Tumorleiden festgestellt, das zur Entfernung der rechten Hode führte.
- 3
-
Mit Schreiben vom 7.8.2001 beantragte der Kläger bei der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung (BAfU; Rechtsvorgängerin der beklagten Unfallkasse des Bundes) die Anerkennung der Hodentumorerkrankung als BK. Die Beklagte lehnte die Feststellung einer BK nach Nr 2402 (im Folgenden BK 2402) der Berufskrankheiten-Verordnung und die Gewährung von Leistungen ab, weil der Kläger keinen schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen sei (Bescheid vom 24.6.2003; Widerspruchsbescheid vom 20.2.2004).
- 4
-
Das SG Dresden hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 30.12.2005). Das Sächsische LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 25.10.2007). Die Krebserkrankung sei der Beklagten erst nach dem 31.12.1993 bekannt geworden. Auch sei die Erkrankung nicht nach dem Dritten Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu entschädigen gewesen, weil nach § 541 Abs 1 Nr 2 RVO für Wehrdienstleistende Versicherungsfreiheit bestanden habe.
- 5
-
Mit der vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des Einigungsvertrages (EinigVtr), des § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 1 RVO sowie einen Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsermittlung. Er sei während seiner Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten am eingeschalteten und offenen Radargerät ionisierenden Strahlen ausgesetzt gewesen. Nach den Empfehlungen der Radarkommission seien sämtliche maligne Tumore mit Ausnahme der Chronisch Lymphatischen Leukämie (CLL) als durch Strahlung hervorgerufene Erkrankungen anzusehen. Dadurch habe er eine BK 2402 und eine Wehrdienstbeschädigung erlitten. Zudem habe eine BK nach Nr 51 oder Nr 92 der Berufskrankheitenverordnung der DDR bestanden. Für deren Entschädigung sei die Beklagte zuständig. Im Übrigen habe es das LSG versäumt, den Sachverhalt umfassend aufzuklären.
- 6
-
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
-
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 25. Oktober 2007 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 30. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und des sozialen Entschädigungsrechts zu gewähren.
- 7
-
Die Beklagte beantragt,
-
die Revision zurückzuweisen.
- 8
-
Die Revision sei unzulässig, da es an der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm fehle. Abgesehen davon habe das Radargerät P-14 über eine Abschaltautomatik verfügt und damit nicht zu den als gefährdend eingestuften Radarstationen gehört. Eine Verursachung von Hodentumoren durch Radarstrahlen sei nach derzeitigem Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht wahrscheinlich.
- 9
-
Das Gesuch des Klägers, den Richter am BSG Dr. Becker wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat der Senat ohne dessen Mitwirkung durch Beschluss vom 14.1.2010 zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 19.4.2010 (1 BvR 626/10) nicht zur Entscheidung angenommen.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Der Senat entscheidet in der oben angegebenen Besetzung, nachdem das Gesuch des Klägers, den Richter am BSG Dr. Becker wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, durch Beschluss des Senats vom 14.1.2010 zurückgewiesen worden ist.
- 11
-
Die Revision ist in dem im Urteilsausspruch genannten Umfang unzulässig, im Übrigen zwar zulässig, aber unbegründet.
- 12
-
Der Kläger begehrt vom BSG, die vorinstanzlichen Entscheidungen sowie die Ablehnungsentscheidung der Beklagten aufzuheben und gerichtlich festzustellen, dass die Hodentumorerkrankung eine BK 51 oder BK 92 der Anlage zu § 1 der Ersten Durchführungsbestimmung vom 21.4.1981 zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten der DDR vom 26.2.1981 (GBl I 137, 139; im Folgenden BK 51 DDR und BK 92 DDR) oder eine BK 2402 sowie eine Wehrdienstbeschädigung ist. Darüber hinaus strebt er die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und des sozialen Entschädigungsrechts an. Nach dem Wortlaut des in der Revisionsbegründungsschrift gestellten Antrags werden zwar lediglich die genannten Leistungen gefordert. Aufgrund des bei der Auslegung des Antrags zu berücksichtigenden Revisionsvorbringens (vgl § 123 Sozialgerichtsgesetz
) geht es dem Kläger aber ersichtlich auch um die Feststellung einer Wehrdienstbeschädigung und der bezeichneten BKen als Grundlage für das Leistungsbegehren.
- 13
-
Die Revision genügt, entgegen der Ansicht der Beklagten, noch den Begründungsanforderungen des § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 SGG. Danach muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Insoweit ist mit rechtlichen Erwägungen aufzuzeigen, dass und weshalb die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht geteilt wird. Es bedarf einer Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und der Darlegung, inwieweit die als verletzt gerügte Vorschrift des materiellen Bundesrechts nicht oder nicht richtig angewandt worden ist (BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, jeweils RdNr 10 mwN). Die Revisionsbegründung lässt noch erkennen, weshalb der Kläger die angefochtene Entscheidung für unzutreffend hält. Er hat einen Verstoß gegen den EinigVtr gerügt und eine Verletzung des § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 1 RVO deutlich geltend gemacht, indem er ausgeführt hat, das LSG sei unter Berufung auf das Urteil des Senats vom 10.10.2002 (B 2 U 10/02 R) zu Unrecht davon ausgegangen, die Feststellung der BK 2402 scheitere an der in der RVO geregelten Versicherungsfreiheit wehrdienstpflichtiger Personen.
- 14
-
Die Revision des Klägers ist mangels Beschwer als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG), soweit er die Feststellung einer BK 51 DDR oder BK 92 DDR, einer Wehrdienstbeschädigung sowie Leistungen begehrt. Darüber hat das LSG nicht entschieden und hatte der Kläger eine Entscheidung vom Berufungsgericht auch nicht verlangt. Er hat schon vor dem SG nur die Feststellung eines Rechts auf eine Verletztenrente sowie Zahlungen hieraus gefordert und damit unausgesprochen auch die zuvor bei der BAfU beantragte Feststellung des Vorliegens des Versicherungsfalls einer der nach dem Sachverhalt in Betracht kommenden BK begehrt. Das erst mit dem Revisionsantrag erklärte Begehren auf Feststellung einer Wehrdienstbeschädigung und auf Leistungen der sozialen Entschädigung war davon bereits nicht erfasst. Zudem hat er durch seinen Prozessbevollmächtigten vor dem LSG zu dessen Protokoll nur noch die Feststellung des Versicherungsfalls der BK 2402 beantragt und dadurch die Entscheidung des LSG auf allein dieses Begehren beschränkt. Über die anderen Begehren hatte das Berufungsgericht nicht zu entscheiden und hat es auch nicht geurteilt. Dass der in der mündlichen Verhandlung des LSG protokollierte Antrag vor dem Hintergrund seiner Rechtsauffassung offenkundig nicht den Interessen des Klägers entsprochen hätte oder dass die Beschränkung rechtsmissbräuchlich erfolgt wäre, ist weder behauptet worden noch ersichtlich.
- 15
-
Die damit lediglich hinsichtlich des Begehrens auf Feststellung des Versicherungsfalls der BK 2402 zulässige Revision ist nicht begründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Berufung gegen den die Klagen abweisenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Aufhebung der Ablehnung einer Feststellung einer BK 2402 und auf die gerichtliche Feststellung dieses Versicherungsfalls. Denn er erfüllt hierfür keine Anspruchsgrundlage.
- 16
-
Eine Anspruchsgrundlage kann sich grundsätzlich nur aus dem zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung geltenden Bundesrecht ergeben. Nach § 9 Abs 1 Satz 1 des zum 1.1.1997 eingeführten Sozialgesetzbuchs Siebtes Buch (SGB VII; Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996 - BGBl I 1254) iVm § 1 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31.10.1997 (BKV; BGBl I 2623) in der Fassung (idF) der Zweiten Verordnung zur Änderung der BKV vom 11.6.2009 (BGBl I 1273) sind BKen nur diejenigen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK). Der Verordnungsgeber hat zwar "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen" als BK 2402 in die Anlage 1 (bis 30.6.2009: Anlage) zur BKV aufgenommen. Der zeitliche Geltungsbereich der zum 1.12.1997 in Kraft gesetzten BKV (§ 8 Abs 1 BKV) erstreckt sich aber nur auf ab diesem Zeitpunkt eingetretene Versicherungsfälle. Erst das Inkrafttreten einer Rechtsnorm gemäß Art 82 Abs 2 Satz 1 und 2 Grundgesetz (GG) führt zur Wirksamkeit der Geltungsanordnung. Mangels Übergangsregelung beansprucht die BKV keine Gültigkeit für Sachverhalte, die sich vor ihrem Inkrafttreten verwirklicht haben (vgl hierzu BSG vom 16.3.2010 - B 2 U 8/09 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der vom Kläger wegen der im März 1991 festgestellten Tumorerkrankung geltend gemachte Versicherungsfall wird daher von der BK 2402 idF der BKV nicht erfasst.
- 17
-
Der Anspruch auf Feststellung einer BK 2402 ergibt sich auch nicht aus der § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII entsprechenden Vorläufervorschrift des § 551 Abs 1 Satz 2 RVO iVm § 1 der Siebten Berufskrankheitenverordnung vom 20.6.1968 (BKVO; BGBl I 721) und der Anlage 1 hierzu. Dieser BK-Tatbestand ist durch die Verordnung zur Änderung der BKVO vom 8.12.1976 (BGBl I 3329) mit Wirkung zum 1.1.1977 in die BKVO aufgenommen worden und galt auch im März 1991. Auf die zur Zeit des geltend gemachten Versicherungsfalls gültigen Rechtsnormen kann sich der Kläger allerdings nicht berufen, weil seine Erkrankung im Beitrittsgebiet eingetreten ist. § 551 Abs 1 Satz 2 RVO und die BKVO waren im Beitrittsgebiet erst ab 1.1.1992 anzuwenden (Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr 1 Buchst f und Nr 4 EinigVtr).
- 18
-
Schließlich scheidet ein Anspruch auf die begehrte Feststellung der BK 2402 nach übergangsrechtlichen Regelungen aus. Für die Übernahme der - wie hier - vor dem 1.1.1992 im Beitrittsgebiet eingetretenen Erkrankungen als BKen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist nach §§ 212 und 215 Abs 1 Satz 1 SGB VII die Vorschrift des § 1150 Abs 2 RVO in der am 31.12.1996 geltenden Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25.7.1991 (BGBl I 1606, 1688) weiter anzuwenden. Gemäß § 1150 Abs 2 Satz 1 RVO gelten solche Krankheiten, die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht BKen der Sozialversicherung waren, als BKen iS des Dritten Buches der RVO. Das gilt nach § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 1 RVO nicht für Krankheiten, die einem ab 1.1.1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31.12.1993 bekannt werden und die nach dem Dritten Buch der RVO nicht zu entschädigen wären.
- 19
-
Jedoch gilt § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 1 RVO nicht für Versicherungsfälle aus dem Wehrdienst ehemaliger Wehrdienstpflichtiger der NVA der DDR. Dies ergibt sich aus § 215 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB VII in der nach der angefochtenen Entscheidung des LSG rückwirkend zum 1.1.1994 in Kraft gesetzten Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG) vom 30.10.2008 (BGBl I 2130; Art 1 Nr 33 Buchst a, Art 13 Abs 2 UVMG). Vielmehr gelten die Vorschriften des SGB VII, wenn bei diesen Personen nach dem 31.12.1991 infolge des Wehrdienstes eine BK entstanden ist. Mit diesen Regelungen ist für frühere wehrpflichtige Soldaten der NVA, die weder nach dem Soldatenversorgungsgesetz noch nach dem Bundesversorgungsgesetz anspruchsberechtigt waren, klargestellt worden, dass sie nach dem Dritten Buch der RVO grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen, wenn sie vor dem 1.1.1992 infolge des Dienstes eine Krankheit erlitten haben, die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht eine BK der Sozialversicherung war (BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 35/07 R - SozR 4-2700 § 215 Nr 2 RdNr 12).
- 20
-
Damit kommt für ehemalige Wehrdienstpflichtige der NVA, die vor dem 1.1.1992 im Beitrittsgebiet erkrankt sind, nicht die Feststellung einer BK iS der BKVO oder der BKV, sondern nur einer BK der Sozialversicherung der DDR in Betracht. Über das Vorliegen der geltend gemachten BK 51 DDR oder BK 92 DDR kann der Senat aber - wie bereits ausgeführt wurde - nicht befinden. Abgesehen davon erscheint fraglich, ob die Beklagte mit dem hier angegriffenen Bescheid insoweit eine - ggf nachzuholende - Regelung getroffen hat, obwohl der Kläger im August 2001 gegenüber der BAfU einen Antrag auf Anerkennung "einer" BK und nicht nur der BK 2402 gestellt hat.
moreResultsText
Annotations
(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das angefochtene Urteil angeben; eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 160a Abs. 1 Satz 3 geschehen ist. Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.
(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.
Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Berufskrankheiten sind die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten, die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründenden Tätigkeit erleiden.
(1) Der Sachverständigenbeirat besteht in der Regel aus zwölf Mitgliedern, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für die Dauer von fünf Jahren berufen werden. Dem Sachverständigenbeirat sollen angehören:
- 1.
acht Hochschullehrerinnen oder Hochschullehrer, insbesondere der Fachrichtung Arbeitsmedizin oder Epidemiologie, - 2.
zwei Staatliche Gewerbeärztinnen oder Staatliche Gewerbeärzte und - 3.
zwei Ärztinnen oder Ärzte aus dem betriebs- oder werksärztlichen Bereich.
(2) Die Mitgliedschaft im Sachverständigenbeirat ist ein persönliches Ehrenamt, das keine Stellvertretung zulässt. Der Name und die hauptamtliche Funktion der Mitglieder werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlicht.
(3) Die Mitglieder sind unabhängig und nicht an Weisungen gebunden; sie sind nur ihrem Gewissen verantwortlich und zu unparteiischer Erfüllung ihrer Aufgaben sowie zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie sind auch nach Beendigung ihrer Mitgliedschaft verpflichtet, über die ihnen dabei bekannt gewordenen Angelegenheiten, insbesondere über den Inhalt und den Verlauf der Beratungen, Verschwiegenheit zu wahren.
(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist berechtigt, Mitglieder aus sachlichen Gründen oder wenn die persönlichen Voraussetzungen der Berufung entfallen sind, abzuberufen. Die Mitglieder können jederzeit aus eigenem Entschluss die Mitgliedschaft beenden.
(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.
(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.
(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.
(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist, - 2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.
(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.
(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.
(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.
(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.
(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
- 1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten, - 2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen, - 3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.
(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.
(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.
(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.
Die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels gelten für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, soweit in den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist.
(1) Für die Übernahme der vor dem 1. Januar 1992 eingetretenen Unfälle und Krankheiten als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist § 1150 Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden. § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung gilt nicht für Versicherungsfälle aus dem Wehrdienst ehemaliger Wehrdienstpflichtiger der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik. Tritt bei diesen Personen nach dem 31. Dezember 1991 eine Berufskrankheit auf, die infolge des Wehrdienstes entstanden ist, gelten die Vorschriften dieses Buches.
(2) Die Vorschriften über den Jahresarbeitsverdienst gelten nicht für Versicherungsfälle in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind; für diese Versicherungsfälle ist § 1152 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, dass der zuletzt am 1. Juli 2001 angepasste Betrag aus § 1152 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung ab 1. Januar 2002 in Euro umgerechnet und auf volle Euro-Beträge aufgerundet wird.
(3) Für Versicherungsfälle im Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 1, die nach dem 31. Dezember 1991 eingetreten sind, gilt § 85 Abs. 2 Satz 1 mit der Maßgabe, daß der Jahresarbeitsverdienst höchstens das Zweifache der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls geltenden Bezugsgröße (West) beträgt.
(4) Für Versicherte an Bord von Seeschiffen und für nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 versicherte Küstenschiffer und Küstenfischer ist § 1152 Abs. 6 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 92 dieses Buches tritt.
(5) Die Vorschriften über die Anpassung der vom Jahresarbeitsverdienst abhängigen Geldleistungen und über die Höhe und die Anpassung des Pflegegeldes gelten nicht für Versicherungsfälle in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet; für diese Versicherungsfälle sind § 1151 Abs. 1 und § 1153 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 44 Abs. 2 und 4 sowie § 95 dieses Buches treten. Abweichend von Satz 1 ist bei den Anpassungen ab dem 1. Juli 2001 der Vomhundertsatz maßgebend, um den sich die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet verändern. § 1151 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung gilt mit der Maßgabe, dass ab 1. Januar 2002 an die Stelle des Pflegegeldrahmens in Deutscher Mark der Pflegegeldrahmen in Euro tritt, indem die zuletzt am 1. Juli 2001 angepassten Beträge in Euro umgerechnet und auf volle Euro-Beträge aufgerundet werden.
(6) Für die Feststellung und Zahlung von Renten bei Versicherungsfällen, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind, ist § 1154 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung die §§ 56 und 81 bis 91 dieses Buches treten.
(7) Für die Feststellung und Zahlung von Leistungen im Todesfall ist § 1155 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 65 Abs. 3 und § 66 dieses Buches treten. Bestand am 31. Dezember 1991 nach dem in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet geltenden Recht ein Anspruch auf Witwenrente, Witwerrente oder Waisenrente, wird der Zahlbetrag dieser Rente so lange unverändert weitergezahlt, wie er den Zahlbetrag der Rente, die sich aus den §§ 63 bis 71 und aus Satz 1 ergeben würde, übersteigt.
(8) Die Vorschrift des § 1156 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung ist weiter anzuwenden.
(9) (weggefallen)
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.