Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Sept. 2012 - L 6 U 107/07

ECLI: ECLI:DE:LSGST:2012:0919.L6U107.07.0A
published on 19/09/2012 00:00
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Sept. 2012 - L 6 U 107/07
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Gericht

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Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt Gerichtskosten in Höhe von 225,00 EUR.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob der Tod des Ehemanns der Klägerin H.-U. J. – geboren am. 1947; verstorben am. 2004 – (nachfolgend: der Versicherte) Folge einer Berufskrankheit (BK) oder einer Erkrankung wie eine BK war.

2

Die Klägerin wandte sich am 2. April 2004 an die Wehrbereichsverwaltung Ost und begehrte die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung bei dem Versicherten. Dieser hatte vom 1. November 1966 bis zum 26. April 1968 seinen Grundwehrdienst bei der NVA geleistet. Beim Versicherten sei Lymphdrüsenkrebs festgestellt worden. Er habe ein Gewächs am Ellenbogen gehabt und sich deshalb am 23. November 1999 erstmals bei seiner Hausärztin vorgestellt. Am 19. Januar 2000 sei er operiert worden. Im Juli 2003 seien Metastasen aufgetreten. Als ursächlich sei die Strahlenbelastung des Versicherten während seines Einsatzes als Funkorter an einer Radaranlage anzusehen.

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Die Wehrbereichsverwaltung leitete den Vorgang an die Beklagte weiter. Diese holte von der Praktischen Ärztin Dipl.-Med. M. den Befundbericht vom 19. August 2004 ein, welche u.a. die Arztbriefe vom 4. Dezember 2003 und 12. Januar 2004 beifügte. Hieraus ging beim Versicherten die Diagnose eines Merkelzellkarzinoms der Haut im Bereich des rechten Ellenbogens mit abdominaler Lymphdrüsenmetastasierung hervor.

4

In der von der Beklagten veranlassten Expositionsanalyse vom 16. November 2004 führte die Wehrbereichsverwaltung Ost aus, dass der Versicherte während seines Grundwehrdienstes auf dem Standort G.-R. in der Flugabwehr-Raketenabteilung an einem Radargerät P-12 als Funkorter eingesetzt gewesen sei. Funkorter hätten zum qualifizierten Personal der Radartechniker gehört. Die Radargeräte hätten allerdings an allen Störstrahlern über Abschalteinrichtungen in Form von Interlockschaltern verfügt. Körperbereiche seien von Strahlung nicht betroffen gewesen. Es sei daher auszuschließen, dass der Versicherte als Funkorter ionisierender Strahlung in Form von Röntgenstörstrahlung ausgesetzt gewesen sei. Eine mögliche Exposition gegenüber elektromagnetischen Strahlen könne mangels rekonstruierbarer Expositionsbedingungen nicht beurteilt werden. Nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand könnten hochfrequente elektromagnetische Strahlen (HF-Strahlung) selbst bei hochgradiger Exposition jedoch nur durch thermische Wirkung Schäden hervorrufen.

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Mit Bescheid vom 2. Dezember 2004 lehnte es die Beklagte insbesondere ab, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen zu erbringen, da mangels belegter schädigender Einwirkung schon die Anerkennung der geltend gemachten Erkrankung als BK nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – Erkrankungen durch ionisierende Strahlen – (BK 2402) scheitere. Nach den Darlegungen in der Stellungnahme vom 16. November 2004 und den Kriterien des Berichtes der Radarkommission vom 2. Juli 2003 in Verbindung mit dem Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 4. März 2004 sei beim Versicherten eine gesundheitsgefährdende Einwirkung ionisierender Strahlen aufgrund seiner Wehrdiensttätigkeit auszuschließen. Die Radargeräte, an denen er tätig gewesen sei, hätten an den Türen der Senderschränke über Interlockschalter verfügt, die beim Öffnen der Tür im laufenden Betrieb zur Abschaltung von Sendern bzw. Modulatoren geführt hätten. Somit habe keine Röntgenstrahlung austreten können. Auch sonst seien durch den konstruktiven Aufbau des Gerätes Strahleneinwirkungen ausgeschlossen gewesen. Strahlenmessungen am Gerät hätten einen Nullwert ergeben. Ergänzend führte die Beklagte aus, dass auch die Anerkennung der zum Tode führenden Erkrankung des Versicherten wie eine BK (Wie-BK) nicht möglich sei. Beim Betrieb von Radaranlagen würde von den Radarantennen HF-Strahlung in die Umgebung abgegeben, deren Stärke mit zunehmender Entfernung von der Sendeanlage rasch abnehme. Die unmittelbar neben dieser so genannten Haupt-Keule vorhandenen HF-Felder stammten aus Neben-Keulen, bei denen es sich um ungewollte, aber technisch meist unvermeidbare Abstrahlungsverluste mit wesentlich geringerer Intensität handele. Die Einwirkung durch HF-Felder mit Intensitäten weit oberhalb von Grenzwerten könne zu thermischen Effekten im Sinne von Erwärmungen bzw. Verbrennungen von Körpergeweben führen. HF-Strahlung führe nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand jedoch nicht zu mit Latenzzeit auftretenden Krebserkrankungen. Es lägen auch keine neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber vor, dass bestimmte Personengruppen durch HF-Strahlung in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung gefährdet seien, bestimmte Erkrankungen zu erleiden.

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Hiergegen erhob die Klägerin am 27. Dezember 2004 Widerspruch und machte vor allem geltend, dass an den verwendeten Radargeräten keine Strahlenschutzvorrichtungen vorhanden gewesen seien. Für 79 Radargeräte der NVA lägen 170 Ortsdosisleistungs-Messwerte vor, mit denen 200 verschiedene Röntgenstörstrahler hätten lokalisiert werden können. Bei geöffnetem Sendeschrank seien am Radargerät P-18, das mit dem P-12 im Wesentlichen baugleich sei, in 5 cm Abstand 150 µSv//h gemessen worden, was eine 30fache Überschreitung der Ortsdosisleistung bedeute.

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Mit auf dem Postweg übersandtem Widerspruchsbescheid vom 29. April 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

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Mit der am 31. Mai 2005 vor dem Sozialgericht (SG) Halle erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Anliegen unter Beifügung umfangreicher Unterlagen weiter verfolgt. Eine Vielzahl von Einflussgrößen sei heute nicht mehr rekonstruierbar. Der Versicherte sei während seines Wehrdienstes an durchschnittlich vier Stunden pro Tag an sieben Tagen in der Woche einer unzulässig hohen Strahlenexposition ausgesetzt gewesen und dosimetrisch nicht untersucht worden. Bei Wartungs-, Überprüfungs- oder Reparaturarbeiten, welche zum Teil nur bei Sendebetrieb hätten durchgeführt werden können, habe die Möglichkeit bestanden, die Schutzstromkreise der Radargeräte mit einfachsten Mitteln zu überbrücken, wofür die Klägerin Zeugen benannt hat. Damit sei der in Betrieb befindliche Sender auch bei geöffneten Türen zugänglich gewesen. Der Abstand hierzu könne 10 bis 50 cm betragen haben. An ihrem Begehren auf Feststellung, dass es sich bei der Erkrankung des Versicherten um eine Wehrdienstbeschädigung vergleichbar einer Berufskrankheit der Nr. 92 der Liste der Berufskrankheiten nach der Berufskrankheitenverordnung der DDR (bösartige Neubildungen oder ihre Vorstufen durch ionisierende Strahlung) handele, hat die Klägerin dort nicht mehr festgehalten.

9

Die Beklagte hat den Bericht der Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der NVA (Radarkommission) vom 2. Juli 2003 und den Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung zu Versorgungsverfahren der Beklagten bei Radar-Schädigung vom 4. März 2004 vorgelegt. Sie hat hierzu ausgeführt, dass nach dem Bericht der Radarkommission anstelle von Messdaten ein Kriterienkatalog heranzuziehen sei. Vorliegend scheitere die Anerkennung einer BK am Vorhandensein einer Abschaltautomatik am Radargerät P-12 (Nr. 4 der im Erlass vom 4. März 2004 genannten Anerkennungsvoraussetzungen). Danach stehe fest, dass der Versicherte nicht am geöffneten Gerät bei eingeschalteter Betriebsspannung von 5 kV und mehr tätig gewesen sei. Eine Strahlenexposition bei geschlossenem Gerät sei nach den Empfehlungen der Radarkommission nicht möglich gewesen.

10

Das SG hat von dem Leiter des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität G. Privatdozent (PD) Dr. S. das Gutachten nach Aktenlage vom 20. September 2006 eingeholt. Dieser hat eingeschätzt, dass die Voraussetzungen einer BK 2402 nicht hinreichend wahrscheinlich zu machen seien. Für eine Verursachung der Tumorerkrankung durch die Einwirkung ionisierender Strahlung während der Wehrdienstzeit sprächen ein vorverlegtes Erkrankungsalter des Versicherten (52 Jahre gegenüber 63 Jahren) und sein weniger häufig betroffenes Geschlecht (4: 1). Allerdings existierten schon keine gesicherten Erkenntnisse, die auf einen Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und der Entstehung von Merkelzellkarzinomen hindeuten würden, noch seien solche zu erwarten. Gegen eine Ursachenbeziehung spreche bei der Abwägung verschiedener Gesichtspunkte auch, dass eine Einwirkung ionisierender Strahlen vorliegend nicht belegt sei. Abgesehen davon bedingte eine externe Bestrahlung immer eine Exposition der Haut. Ein chronischer Hautschaden äußere sich nach hohen Strahlendosen – mehrere Sv und höher – in einer Atrophie mit pergamentartiger Beschaffenheit der Haut sowie in einer Pigmentverschiebung, ungleichmäßigen Pigmentierung, Trockenheit, Dauerepilation, trockenen Abschürfung, Verhornung und Rhagadenbildung der Haut. Außerdem könnten Wachstumsstörungen mit Längsriffelung und Brüchigkeit der Nägel auftreten; Ekzeme und schmerzhafte Ulzerationen sowie Warzenbildungen seien möglich. Alle diese Symptome seien beim Versicherten nicht beschrieben. Zudem sei die im Gegensatz zu Hautzellen geringe Strahlenempfindlichkeit der Merkelzellen zu beachten. Merkelzellen seien an der Unterseite der Epidermis sowie in der Haarwurzelscheide gelegene, mit feinen Nervenfasern verbundene Zellen, die wahrscheinlich der Neuralleiste entstammten. Das Merkelzellkarzinom sei mit einer Inzidenz von ca. 0,1 bis 0,3 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner im Jahr selten. Anzutreffen seien die Tumoren typischerweise im Bereich der lichtexponierten Areale der Gesichtshaut oder der Extremitäten. Etwa die Hälfte aller Patienten erkranke innerhalb des ersten Jahres nach Entfernung des Primärtumors an einem Lokalrezidiv oder einer Lymphknotenmetastasierung. Wichtigste Risikofaktoren zur Entstehung von Merkelzellkarzinomen seien die UV-Strahlung, eine systemisch medikamentöse Immunsuppression, maligne Lymphome oder eine chronische Arsenexposition. Nach epidemiologischer Datenlage seien auch keine gesicherten neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem Zusammenhang zwischen von Radargeräten ausgehender HF-Strahlung und einem erhöhten Risiko des Auftretens von Merkelzellkarzinomen vorhanden. Die bisher aus dem Bereich des Mobilfunks vorliegenden Untersuchungen lieferten insoweit keine Hinweise. Zudem seien beim Versicherten auch keine chronischen, nicht malignen Strahlenschäden der Haut dokumentiert, wie sie durch die Einwirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder infolge thermischer Effekte auftreten könnten. Eine Wie-BK sei damit ebenfalls nicht wahrscheinlich zu machen.

11

Die Klägerin hat die Kompetenz des Sachverständigen und die Wissenschaftlichkeit seines Gutachtens angezweifelt. Die Beauftragung eines Nuklearmediziners wäre wohl günstiger gewesen. Nach der von der Strahlenmessstelle der Bundeswehr bei der Wehrbereichsverwaltung Nord in M. am 21. März 2002 im Bereich der Senderöhre eines P-18 durchgeführten Messung seien im Abstand von 5 cm des als "offen" deklarierten Einbauortes 150 µSv/h und im Abstand von 40 cm 6 µSv/h aufgetreten. Auch eine Belastung durch radioaktive Leuchtfarbe sei in Betracht zu ziehen.

12

Nach dem von der Klägerin u.a. vorgelegten Teilbericht der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse am Radargerät P-12 vom 7. Juni 2002 diente dieses zur Erfassung von Flugzielen bis zu einer Entfernung von 250 km. Es bestand aus einem Geräte- sowie einem Aggregatehänger. An der Außenwand des Gerätehängers war der Antennenmast mit dem Antennenantrieb montiert. Im Gerätehänger waren der Sender (Senderöhre mit Betriebsspannung von 14 kV), der Modulator (Thyratron mit Betriebsspannung von 7 kV), der Empfänger sowie die Sichtgeräte, an denen sich die Arbeitsplätze der Funkorter befanden, untergebracht. Wartungs- und Reparaturarbeiten seien von der gesamten Besatzung durchgeführt worden, die aus einem Stationsleiter (Leutnant), einem Gruppenführer Funkorter (Unteroffizier), einem Funkorter (Wehrpflichtiger), einem Gruppenführer Elektromechaniker (Unteroffizier) sowie einem Elektromechaniker (Wehrpflichtiger) bestanden habe. Arbeiten im elektronischen Bereich seien überwiegend vom Stationsleiter und dem Gruppenführer Funkorter vorgenommen worden. Die technische Ausbildung der Funkorter habe nicht für eine selbständige Arbeit am Gerät ausgereicht. Sie seien hauptsächlich für Arbeiten im Bereich Mechanik und Pflege eingesetzt worden und hätten den Stationsleiter bei Wartungs- und Reparaturarbeiten unterstützt. Der Gruppenführer Elektromechaniker sowie der Kraftfahrer/Elektromechaniker seien für die Wartung und technische Einsatzbereitschaft der zum Gerät gehörenden Kfz, Stromerzeugungsaggregate und Frequenzumformer zuständig gewesen. Während des Betriebs des Radargerätes seien ständig ein bis zwei Besatzungsmitglieder im Gerätehänger an den Sichtgeräten tätig gewesen. Arbeiten im Sender oder Modulator seien bei eingeschalteter Hochspannung nicht möglich gewesen. Im P-18 seien der gleiche Modulator und der gleiche Sender verwendet worden. Nach den in der Luftwaffenwerft Trollenhagen durchgeführten Messungen seien weder am Modulator noch am Sender Werte der Ortsdosisleistung über dem Wert des Untergrundes festgestellt worden. Eine eventuell vom Thyratron ausgehende Röntgenstrahlung sei durch das Gerätegehäuse abgeschirmt worden. Eine Gefährdung des Personals durch ionisierende Strahlung sei somit nicht erkennbar; radioaktive Leuchtfarben seien nicht feststellbar gewesen.

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Mit Urteil vom 26. Juli 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Eine Exposition des Versicherten gegenüber ionisierenden Strahlen sei nicht nachgewiesen. Jedenfalls spreche nach den schlüssigen, überzeugenden und auch verwertbaren gutachtlichen Ausführungen nicht mehr dafür als dagegen, dass sein Tod durch die Einwirkung ionisierender Strahlen bedingt sei. Auch die Anerkennung einer Wie-BK scheide aus. Wie der Sachverständige erläutert habe, sei bei einer Belastung durch HF-Strahlen bislang kein erhöhtes Krebsrisiko nachgewiesen.

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Gegen das ihr am 5. September 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt im selben Monat Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie umfangreich ihre Sicht der Rechtsentwicklung dargestellt sowie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend ist sie der Ansicht, die Entscheidung der Beklagten beruhe auf bewusster und vorsätzlich falscher Rechtsanwendung, da die Exposition unvollständig ermittelt worden sei und die Beklagte dabei gegen ihre eigenen Richtlinien verstoßen habe. Der Wehrdienst des Versicherten sei eine versicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne der Sozialversicherung der DDR gewesen. Schließlich rüge sie eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

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Die Klägerin beantragt,

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zum Beweis der Tatsache, dass ein Merkelzellkarzinom durch ionisierende Strahlung oder durch Mikrowellenstrahlung verursacht werden kann und im Falle des Versicherten wahrscheinlich verursacht worden ist, nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von Prof. Dr. H., B ... 25, B., einzuholen;
hilfsweise,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchspruchsbescheides vom 29. April 2005 nichtig ist,
festzustellen, dass für die im NVA-Wehrdienst des Versicherten durch Einwirkung unzulässig hoher ionisierender Strahlung i.V.m. Mikrowellenstrahlung und die unter wehrdiensteigentümlichen Umständen und Einwirkungen zugefügten Gesundheitsschäden und infolge schädigungsbedingt eingetretenen Erkrankungen mit Todesfolge Merkelzellkarzinom bzw. Morbus Hodgkin die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung und damit der Sozialversicherung der DDR zuständig ist,
festzustellen, dass (für) die im NVA-Wehrdienst des Versicherten durch Einwirkung unzulässig hoher ionisierender Strahlung i.V.m. Mikrowellenstrahlung und die unter wehrdiensteigentümlichen Umständen und Einwirkungen zugefügten Gesundheitsschäden und infolge schädigungsbedingt eingetretenen Erkrankungen mit Todesfolge Merkelzellkarzinom bzw. Morbus Hodgkin (die) Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 92 und 52 der Berufskrankheitenverordnung der DDR, hilfsweise einer BK 2402, hilfsweise (einer Erkrankung) wie eine Berufskrankheit sind,
festzustellen, dass zwischen ihr und der Beklagten in deren Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung und damit der Sozialversicherung der DDR ein Rechtsverhältnis besteht,
festzustellen, dass zwischen ihr und der Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Staatlichen Versicherung der DDR ein Rechtsverhältnis besteht,
die Staatliche Versicherung der DDR in Abwicklung beizuladen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr vom Zeitpunkt der Erkrankung des Versicherten an Unfallrente und vom Zeitpunkt seines Todes an Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die zu gewährenden Leistungen sowie alle Kostenerstattung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu verzinsen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr gemäß dem Arbeitsgesetzbuch der DDR den Verlust von auf Arbeit beruhendem Einkommen des Versicherten zu ersetzen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr gemäß dem Arbeitsgesetzbuch der DDR die Minderung der Rentenansprüche des Versicherten zu ersetzen sowie
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr gemäß dem Arbeitsgesetzbuch der DDR schädigungsbedingt notwendige Mehraufwendungen des Versicherten vollständig zu ersetzen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie schließt sich dem Urteil des SG an und bleibt bei ihrer Ansicht.

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Neben weiteren Unterlagen hat die Klägerin das im Auftrag des Landgerichts F. (Oder) gefertigte Gutachten des TÜV R. von Juni 2006 über das Radargerät P-12 übersandt. Hierin war der Sachverständige Dr. S. zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bildröhren der Sichtgeräte keinen nennenswerten Beitrag zu einer Personen- oder Organdosis leisteten. Strahlenexpositionen durch andere Störstrahlquellen (insbesondere Sender und Modulator) seien ebenfalls nicht zu erwarten, weil diese durch ihre Bauweise selbstabschirmend seien und/oder in Schränken betrieben würden, deren Wände die Strahlung abschirmten. Zusätzliche Strahlenschutzmaßnahmen zur Arbeit an den geschlossenen Geräten seien nicht erforderlich gewesen. Im Vergleich zur Röntgenstrahlung, die in einem Thyratron entstehe, sei die Quellstärke der Strahlung, die durch die zu betrachtenden Sichtgeräte bedingt sei, aufgrund der geringeren Spannung, der geringeren Ströme sowie der geringeren Ordnungszahl des Materials, in dem die Strahlung produziert werde, um mindestens zwei Größenordnungen geringer. Wegen der Schwächung in den starken Glaskolben der Röhren sei die Strahlung bei den Sichtgeräten gegenüber derjenigen des Thyratrons noch einmal stark reduziert. Die Messungen hätten diese Überlegungen bestätigt. An keinem Ort außerhalb der Schränke seien nennenswerte Dosisleistungen festzustellen gewesen. Zum technischen Aufbau des P-12 hatte der Sachverständige ausgeführt, dass im Senderschrank des Gerätes drei Elektronenröhren, die aufgrund ihrer Betriebsspannung Röntgenstrahlung emittieren könnten, untergebracht waren (eine Scheibentriode mit 14 kV, eine Thyratronröhre mit 7 kV und ein Kenotron mit 7 kV). In einem weiteren Schrank befänden sich sechs Gleichrichterröhren mit 4 kV sowie vier Kenotrone mit 3 kV. In den Sichtgeräten (Rundsichtgerät, Höhensichtgerät und Kontrollsichtgerät) seien drei Elektronenstrahlbildröhren mit Betriebsspannungen von je maximal 5 bzw. 3,2 kV untergebracht. Schließlich seien in einem weiteren Schrank sechs Gleichrichterröhren mit 4 kV und vier Kenotrone mit 3 kV enthalten. Die Messungen seien am 30. November und 1. Dezember 2005 auf dem Fliegerhorst T. durchgeführt worden. Zur Bestimmung der Dosisleistung ohne Abschirmung durch das Metallgehäuse des Senders sei unmittelbar hinter der Klappe im Inneren des Senders eine Stunde lang eine Bestrahlung erfolgt. Im Ergebnis habe sich bei den Sichtgeräten, außerhalb des Senders sowie bei geöffneter Senderklappe und 50%iger Leistung jeweils ein Nulleffekt ergeben (zulässiger Wert: 1 µSv/h). Innerhalb des Senders bei geschlossener Klappe sei ein Wert von ( 200 µSv/h erreicht worden. Bei eingeschalteter HF hätten sich innerhalb des Wagens Werte zwischen 0,1 und 0,2 µSv/h ergeben. Am Sende-/Empfangsumschalter seien bei geöffneter Klappe ein Nulleffekt bzw. ein Wert von 0,16 µSv/h erreicht worden. Am Modulator hätten die Dosimeter 0,11 µSv/h registriert.

21

Weiterhin hat die Klägerin das Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung zum Radargerät P-15 an die Beklagte vom 14. Juli 2010 vorgelegt und hierzu gemeint, der Versicherte sei zu völlig vergleichbaren Bedingungen dienstverwendet worden. Im genannten Schreiben wird die Empfehlung gegeben, bei Personen in der Zuständigkeit der Beklagten, die Schädigungen durch Tätigkeiten am Radargerät P-15 geltend machten bzw. geltend gemacht hätten, in jedem Einzelfall die individuellen Verhältnisse zu prüfen. Die Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar/ Strahlenmessstelle der Bundeswehr bei der Wehrbereichsverwaltung Nord habe festgestellt, dass die bislang maßgeblichen Gutachten des TÜV nur in den jeweils konkreten Fällen anwendbar seien und die dort getroffenen Klassifizierungen mit "strahlungssicher" nicht generell für das Radargerät P-15 gelten könnten. Eine pauschale Ablehnung entsprechender Anträge unter Hinweis auf die Strahlungssicherheit dieses Radargerätes sei daher nicht mehr als sachgerecht anzusehen.

22

Schließlich hat die Klägerin u.a. eine eidesstattliche Versicherung des Dipl.-Ing. F. vom 1. Februar 2012 übermittelt, wonach dieser während der Wehrdienstzeit des Versicherten auf Grundlage bereits vorliegender Unterlagen von einer Gesamtstrahlenexposition von 0,156 Sv (= 156 mSv = 156.000 µSv) ausgeht.

23

Der Senat hat u.a. am 15. Februar 2012 mündlich verhandelt, das Ablehnungsgesuch der Klägerin als unzulässig und rechtsmissbräuchlich verworfen sowie die Verhängung von Mutwillenskosten wegen der notwendigen Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins vorbehalten.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Beiakten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe

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Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet.

26

1. Der Antrag der Klägerin auf Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. H. war nach § 109 Abs. 2 SGG als verspätet abzulehnen. Indem die Klägerin mit dem Antrag bis zur mündlichen Verhandlung wartete und ihn nicht in angemessener Frist davor gestellt hat, handelte sie grob nachlässig. Bereits mit gerichtlicher Verfügung vom 12. Mai 2009 wurde die Klägerin auf die Möglichkeit des § 109 SGG hingewiesen. In ihrer unmittelbaren Reaktion hierauf hat sie mit Schreiben vom 12. Juni 2009 ausdrücklich erklärt, eine Sachaufklärung nach dieser Vorschrift für entbehrlich zu halten. Unter dem 4. November 2011 hatte der Senat nochmals auf den fehlenden medizinischen Beleg einer Beeinflussung der Krebserkrankung des Versicherten durch ionisierende Strahlen hingewiesen. Auch daraus wurde deutlich, dass der Senat auf der bisherigen Basis zu entscheiden beabsichtigte. Spätestens nach Erhalt der Ladung am 14. Juni 2012 musste die anwaltlich vertretene Klägerin dann jedenfalls erkennen, dass die von Amts wegen durchzuführende Beweiserhebung beendet war. Erkennt aber ein Beteiligter oder musste er erkennen, dass dies der Fall ist, so hat er den Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG innerhalb angemessener Frist zu stellen, sofern eine Ablehnung als verspätet vermieden werden soll. Eine Antragstellung mehr als drei Monate nach Erhalt der Ladung liegt jedenfalls außerhalb angemessener Frist. Da der Antrag nach § 109 SGG sowohl schriftlich als auch mündlich gestellt werden kann, kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, sie habe mit ihrem Antrag bis zur mündlichen Verhandlung warten können (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10. Dezember 1958 – 4 RJ 143/58 – SozR Nr. 24 zu § 109 SGG). Abgesehen davon ist der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung behauptete Grund der verspäteten Antragstellung erwiesenermaßen falsch. Denn die nochmals vorgelegten Unterlagen sind der Klägerin nicht erst vor kurzem bekannt geworden, sondern seit Jahren Aktenbestandteil. Den Lehrbrief 3 zum Strahlenschutz hatte die Klägerin bereits als Anlage K 15 ihrem Schriftsatz vom 2. März 2006 beigefügt (Bl. 105 der Gerichtsakten). Das Schreiben der Wehrbereichsverwaltung Ost an die Beklagte vom 7. Juli 2004 hatte die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 8. Januar 2007 als Anlage 24 vorgelegt (Bl. 191 der Gerichtsakten).

27

2. Soweit die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides begehrt, ist der entsprechende Antrag zulässig (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 4 SGG), jedoch unbegründet. Einen Nichtigkeitsgrund nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) hat die Klägerin weder nachvollziehbar aufgezeigt noch ist ein solcher sonst ersichtlich. Insbesondere verlangt der rein ablehnende Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 schon kein positives Tun im Sinne von Nr. 5 dieser Norm, dessen Befolgung einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen könnte. Allein eine aus Sicht der Klägerin unzureichende Sachverhaltsermittlung seitens der Beklagten würde unter Berücksichtigung aller Umstände bei verständiger Würdigung keinen besonders schwerwiegenden Fehler darstellen, der offensichtlich ist (§ 40 Abs. 1 SGB X).

28

3. Unzulässig ist die Klage, soweit die Klägerin die Feststellung einer Zuständigkeit der Beklagten ihr gegenüber erstrebt. Hierfür ist schon deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis ersichtlich, weil die Beklagte ihre Zuständigkeit niemals bestritten hat (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz SGG). Zudem ist auch deshalb nicht ersichtlich, wozu die bloße Feststellung einer Zuständigkeit in Rechtsnachfolge den Rechtsschutz fördern soll, weil insoweit direkte Feststellungs- bzw. Leistungsansprüche geltend gemacht werden können und von der Klägerin mit den Hilfsanträgen zu 3. bzw. 7. auch verfolgt werden.

29

4. Zulässig ist die Klage, soweit die Klägerin in der Sache die Feststellung begehrt, dass die zum Tode des Versicherten führenden Erkrankungen Folgen einer BK bzw. Wie-BK sind (Hilfsantrag zu 3). Soweit innerhalb dessen auch die Feststellung von Ursachen der Erkrankungen verfolgt wird, ist die Klage dagegen unzulässig. Denn diese Frage ist kein selbständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, über den durch Verwaltungsakt zu entscheiden wäre, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitigen Anspruchs (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 29. November 2011 – B 2 U 26/10 R – juris).

30

Die im bezeichneten Umfang zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2005 beschwert die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Das beim Versicherten diagnostizierte Merkelzellkarzinom mit abdominaler Lymphdrüsenmetastasierung erfüllt nicht die Anerkennungsvoraussetzungen einer BK bzw. Wie-BK. Im Hinblick auf einen Morbus Hodgkin ist die Klage schon deshalb unbegründet, weil eine solche Diagnose in keinem vorliegenden ärztlichen Bericht oder Gutachten gestellt worden ist und es somit bereits am Vollbeweis einer entsprechenden Erkrankung fehlt (siehe zu den inhaltlichen Anforderungen dieses Beweismaßstabs etwa BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86 – SozR § 548 Nr. 84; Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).

31

Die Beklagte war nach Anlage I, Kap. VIII, Sachgebiet I, Abschn. III, Nr. 1, Buchst. c, Abs. 8, Nr. 2, Buchst. dd, zweiter Spiegelstrich des Vertrages zwischen der BRD und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands (EinigVtr) vom 31. August 1990 (BGBl. II, 889) zur Entscheidung berufen. Nach dem EinigVtr sind die Ansprüche, die nicht im inneren Zusammenhang mit Verrichtungen im engeren Staatsdienst der DDR standen, nämlich in die gesetzliche Unfallversicherung überführt worden, wenn ihnen Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten im Sinne der allgemeinen Sozialversicherung der DDR zugrunde lagen. Um einen solchen Fall geht es hier. Denn nach § 5 Abs. 1 der während der Wehrdienstzeit des Versicherten gültigen Verordnung über die Besoldung der Wehrpflichtigen für die Dauer des Dienstes in der Nationalen Volksarmee vom 24. Januar 1962 (GBl. DDR II 49 – WPflBesVO) galten durch Ausübung des Dienstes erlittene Körper- und Gesundheitsschäden als Folge von Arbeitsunfällen bzw. Berufserkrankungen, die nach Ausscheiden aus dem Wehrdienst gemäß § 5 Abs. 2 WPflBesVO gegebenenfalls durch die allgemeine Sozialversicherung der DDR zu entschädigen waren. Gleiches galt nach Einführung von § 220 Abs. 4 des Arbeitsgesetzbuches der DDR (AGB) vom 16. Juni 1977 (GBl. DDR I 185) i.V.m. § 11 der Verordnung zur Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977 (GBl. DDR I 373).

32

Anzuwenden sind vorliegend die Vorschriften des SGB VII, weil der angeschuldigte Versicherungsfall (BK 2402 bzw. Wie-BK), zu dem vor allem auch das Vorliegen einer Erkrankung gehört, erst nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten sein könnte (vgl. Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7. August 1996, BGBl. I 1996, 1254 ff.; § 212 SGB VII). Denn an dem von der Klägerin als BK bzw. Wie-BK geltend gemachten Leiden, dem im Bereich des rechten Ellenbogens aufgetretenen Primärtumor, ist der Versicherte nach ihrem Vorbringen erst im Herbst 1999 erkrankt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er bereits vor dem 1. Januar 1997 an einem Tumor litt. Die Feststellung (von Folgen) einer BK nach Nr. 92 bzw. 52 der Berufskrankheitenverordnung der DDR kommt damit von vornherein nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 2010 – B 2 U 14/09 R – juris).

33

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Bken Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (BKV) mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleidet. Die näheren Einzelheiten zum Erlass der BKV regeln § 9 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 SGB VII. Voraussetzung für die Anerkennung einer Erkrankung als BK 2402 ist nach deren Tatbestand das Vorliegen einer durch ionisierende Strahlen hervorgerufenen Gesundheitsstörung. Ein Betroffener muss also aufgrund seiner versicherten Tätigkeit Einwirkungen durch ionisierende Strahlen ausgesetzt gewesen sein, die bei ihm eine Erkrankung verursacht haben. Gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII erfordert die Feststellung einer Wie-BK, dass im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Abs. 1 Satz 2 der Norm erfüllt sind. Es muss sich mithin um eine Erkrankung handeln, die durch besondere Einwirkungen, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind, verursacht wird. Sowohl bei der Anerkennung einer Erkrankung als BK als auch wie eine BK müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (so genannter Vollbeweis) belegt sein. Der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Einwirkung sowie zwischen der Einwirkung und der Erkrankung beurteilt sich dagegen nach dem Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).

34

Hiervon ausgehend sind vorliegend weder die Voraussetzungen zur Feststellung einer BK 2402 (nachfolgend unter a) noch einer Wie-BK erfüllt (hierzu unter b).

35

a) Nach § 215 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII fiel der Versicherte für die hier als Schädigungszeitraum geltend gemachte Ableistung seines Wehrdienstes bei der NVA unter den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung. Es kann offen bleiben, ob er währenddessen ionisierenden Strahlen ausgesetzt war, oder sich vernünftige Zweifel hieran im Sinne des insoweit geltenden Maßstabs des Vollbeweises etwa aus den Angaben im Teilbericht der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse vom 7. Juni 2002 sowie im Gutachten des Dr. S. von Juni 2006 ergeben. Denn immerhin konnten die am 21. März 2002 in Munster festgestellten Messwerte bei den am 7. Juni 2002 sowie 30. November und 1. Dezember 2005 in T. durchgeführten Messungen nicht bestätigt werden.

36

Diese Frage kann dahinstehen, weil der Senat zugunsten der Klägerin unterstellt, dass das vorliegend eingesetzte Radargerät P-12 entsprechend ihrem Vortrag den Geräten P-15 bzw. P-18 gleich zu behandeln ist und der Versicherte während der Zeit vom 1. November 1966 bis zum 26. April 1968 einer Gesamtstrahlenexposition von 0,156 Sv ausgesetzt war, wie Dipl.-Ing. F. es annimmt. Beweiserhebungen hierzu bedurfte es damit nicht. Selbst wenn nämlich hiervon ausgegangen wird, sind die Voraussetzungen einer BK 2402 deshalb nicht erfüllt, weil sich ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen einer solchen (oder höheren) Exposition und der Krebserkrankung des Versicherten nicht hinreichend wahrscheinlich machen lässt.

37

Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei muss die versicherte Einwirkung nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden "Theorie der wesentlichen Bedingung" an der Verursachung der geltend gemachten Erkrankung wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden/Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind z.B. das Ausmaß der versicherten Einwirkung, das Gewicht konkurrierender Ursachen oder aber die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der geltenden medizinischen Erkenntnisse. Erst wenn feststeht, dass eine bestimmte Einwirkung eine naturwissenschaftliche Ursache für einen Erfolg ist, stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage nach einer wesentlichen Verursachung des Erfolgs (der Erkrankung) durch das Ereignis/die Einwirkung (vgl. nur BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 31; Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R – juris).

38

Gemessen daran liegt keine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass zwischen der angenommenen Strahlenexposition und dem Krebsleiden des Versicherten ein wesentlicher Ursachenzusammenhang besteht. Ein solcher ist nur möglich. Gewichtige Bedenken an ihm werden beim Senat deshalb hervorgerufen, weil nach den schlüssigen Darlegungen von PD Dr. S. schon keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse existieren, die auf einen Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und der Entstehung eines Merkelzellkarzinoms (aus dem sich dann vorliegend der Lymphdrüsenkrebs entwickelt hat) hindeuten. Dabei ist der Sachverständige nicht lediglich bei den Expositionsermittlungen der Beklagten stehen geblieben, wie seine Ausführungen zu Schäden der Haut belegen. Insoweit hat er nämlich darauf hingewiesen, dass eine externe Bestrahlung (wie sie beim Versicherten allein in Frage kommt) immer zu einer Einwirkung auf die Haut führt, die hierauf mit bestimmten Veränderungen – etwa pergamentartiger Beschaffenheit, ungleichmäßiger Pigmentierung, Trockenheit, Dauerepilation oder Verhornung und Rhagadenbildung – reagiert. Auch Ekzeme und schmerzhafte Ulzerationen sowie Warzenbildungen sind laut PD Dr. S. möglich. Sind für den Versicherten derartige Hinweise aber nicht beschrieben, leuchtet der auch hieraus vom Sachverständigen gezogene Schluss auf die Unwahrscheinlichkeit des geltend gemachten Ursachenzusammenhangs ein. Dies gilt angesichts der von der Klägerin angeschuldigten extrem hohen Strahlenbelastung umso mehr. Hinzu kommt laut PD Dr. S. die geringe Strahlenempfindlichkeit der Merkelzellen. Gegen einen Kausalzusammenhang zwischen der versicherten Einwirkung und der Tumorerkrankung des Versicherten spricht schließlich, dass eine von der (unterstellten) Strahlenexposition gänzlich unabhängige naturwissenschaftliche Erklärung seines Krankheitsbildes nahe liegt. Auch hierauf hat der Sachverständige nachvollziehbar hingewiesen. Denn nach ihm sind Merkelzellkarzinome typischerweise vor allem im Bereich lichtexponierter Extremitätenareale anzutreffen. Einer der wichtigsten Risikofaktoren für ihre Entstehung ist die UV-Strahlung. Gegenteilige medizinische Einschätzungen sind im Verfahren von keinem Arzt vertreten worden und werden auch von der Klägerin – auch im Rahmen ihrer Antragstellung nach § 109 SGG – nicht behauptet.

39

b) Auch die Voraussetzungen einer Wie-BK liegen nicht vor.

40

Zur Feststellung einer Wie-BK ist zunächst erforderlich, dass es bei dem geltend gemachten Leiden um eine Erkrankung geht, die ihrer Art nach noch nicht von einer Listen-BK erfasst wird. Zusätzlich muss die Erkrankung abstrakt nach neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen durch besondere Einwirkungen verursacht werden, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Schließlich muss neben dieser Erkrankung auch eine nach der zweiten Voraussetzung einschlägige versicherte Exposition im konkreten Einzelfall vorliegen und beim Betroffenen überdies ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen diesen Einwirkungen und seiner Krankheit hinreichend wahrscheinlich sein (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1986 – 2 RU 80/84 – SozR 2200 § 551 Nr. 27; Urteil vom 4. Juni 2002 – B 2 U 16/01 R – juris; Urteil vom 20. Juli 2010 – B 2 U 19/09 R – juris).

41

Danach steht jedenfalls nicht fest, dass der Versicherte einer bestimmten Personengruppe angehörte, die durch ihre Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt war, die nach neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen generell geeignet sind, Merkelzellkarzinome im Bereich der Extremitäten zu verursachen.

42

Eine Risikoerhöhung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII würde zunächst das Vorhandensein ausreichender medizinischer Erkenntnisse dafür erfordern, dass bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit Einwirkungen ausgesetzt wären, mit denen die übrige Bevölkerung nicht in diesem Maße in Kontakt käme, und die geeignet wären, die genannten Tumoren hervorzurufen. Unter Heranziehung der von PD Dr. S. ausgewerteten Studien lässt sich nicht belegen, dass das beim Versicherten entstandene Krebsleiden überhaupt infolge der Einwirkung von HF-Strahlung erheblich häufiger aufzutreten pflegt als bei der übrigen Bevölkerung. Im Gegenteil hat der Sachverständige dargelegt, dass sich auf epidemiologischer Datenlage gerade keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem Zusammenhang zwischen von Radargeräten ausgehender HF-Strahlung und einem erhöhten Risiko des Auftretens von Merkelzellkarzinomen sichern lassen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für davon abweichende neue Erkenntnisse vor. Das Tatbestandsmerkmal "neu” im Sinne von § 9 Abs. 2 SGB VII ist nur dann erfüllt, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch feststeht, dass die betroffenen Erkenntnisse bei der letzten Änderung der BKV – vorliegend die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl. I S. 1273) – noch nicht berücksichtigt wurden. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn sie erst nach der letzten BKV-Novelle bekannt geworden sind (näher hierzu BSG, Urteil vom 14. November 1996 – 2 RU 9/96 – SozR 3-2200 § 551 Nr. 9, Urteil vom 4. Juni 2002 – B 2 U 20/01 R – juris). Für den Verordnungsgeber bei der letzten Änderung der BKV berücksichtigungsfähige Erkenntnisse, denen zufolge die Entstehung von Merkelzellkarzinomen überhaupt durch bestimmte versicherte Einwirkungen beeinflusst wird, sind für den Senat nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Im Rahmen ihrer Antragstellung nach § 109 SGG hat die Klägerin nicht einmal behauptet, dass der von ihr benannte Prof. Dr. H. insoweit überhaupt über neue Erkenntnisse verfügt.

43

Lässt sich damit aber schon abstrakt kein Ursachenzusammenhang wahrscheinlich machen, entfällt die Frage der Kausalität zwischen angeschuldigter Exposition und Tumorerkrankung im konkreten Einzelfall des Versicherten.

44

Der Senat vermag auch keinen – von der Klägerin nicht näher begründeten – Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu erkennen. Für Versorgungsempfänger und frühere Wehrpflichtige der NVA galten entsprechend ihrer sachlichen Unterschiede schon nach DDR-Recht verschiedene Regelungssysteme. Während Wehrpflichtige unfallversichert waren (s.o.), gehörten die aktiven Angehörigen der bewaffneten Organe und der Zollverwaltung der DDR Sonderversorgungssystemen an. Es ist aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber tendenzfrei hieran angeknüpft und die Regelungen der Sonderversorgungssysteme u.a. über Renten aufgrund von Dienstunfällen in das Sachgebiet "Rentenversicherung" (im Sinne des EinigVtr) überführt und Wehrpflichtige wie den Versicherten (gemäß § 215 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII rückwirkend) der Unfallversicherung zugeordnet hat.

45

5. Soweit die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag zu 4. die Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen ihr und der Beklagten erstrebt, ist die Klage unzulässig. Eine zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG setzt den Bezug auf ein konkretes Rechtsverhältnis, aus dem bestimmte Rechte in Anspruch genommen werden, voraus. Trotzdem der Senat unter dem 12. September 2012 auch hierauf hingewiesen hat, ist die Klägerin bei ihrem nicht ausreichend konkretisierten Antrag geblieben.

46

6. Die mit dem Hilfsantrag zu 5. verfolgte Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung (SinA) beinhaltet eine völlig neue Klage, die unzulässig ist (§ 99 Abs. 1 SGG). Sachdienlichkeit der Klageänderung ist nicht gegeben, weil sie in keinem Zusammenhang zum bisherigen Verfahren steht. Eine Einwilligung der Beizuladenden liegt nicht vor, wobei eine Beiladung der SinA (Hilfsantrag zu 6.) nicht in Betracht kam, weil es insoweit schon an dem von § 75 Abs. 2 und 5 SGG vorausgesetzten Alternativverhältnis zwischen dieser und der Beklagten fehlt. Von der Klägerin wird weder behauptet noch ist sonst ersichtlich, dass die SinA ein anderer Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist, gegenüber dem die von der Klägerin verfolgten Ansprüche durchgreifen könnten. Die mit den Hilfsanträgen zu 3. und 7. (zu letzterem sogleich nachfolgend) geltend gemachten Ansprüche scheitern nicht mangels Zuständigkeit der Beklagten, sondern daran, dass beim Versicherten die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls nicht erfüllt waren.

47

7. Die Klage auf Verurteilung, der Klägerin vom Zeitpunkt der Erkrankung des Versicherten an Unfallrente und vom Zeitpunkt seines Todes an Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen (Hilfsantrag zu 7.), ist im Hinblick auf die SinA unzulässig. Die Klägerin behauptet schon selbst nicht, dass die SinA eine Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung ist, die die nach Bundesrecht begehrten Leistungen zu erbringen und einen Leistungsanspruch abgelehnt hätte. Insofern liegt bereits keine Verwaltungsentscheidung vor, die einer Prüfung durch den Senat zugänglich wäre oder ist sonst erkennbar, weshalb sich die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes aufdrängen sollte. Eine Beiladung hatte nicht zu erfolgen, weil wiederum kein Alternativverhältnis ersichtlich ist, wonach die SinA anstatt der Beklagten leistungspflichtig ist, wenn dieser gegenüber die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.

48

In Bezug auf die Beklagte ist die Klage zulässig. Die Beklagte hat im Bescheid vom 2. Dezember 2004 nicht nur Hinterbliebenenleistungen, sondern insgesamt Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt. Dies beinhaltet auch die Ablehnung eines Leistungsanspruchs des Versicherten nach § 56 SGB VII, den die Klägerin als dessen (Sonder-)Rechtsnachfolgerin geltend machen kann. In der Sache ist die Klage jedoch nicht begründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2005 beschwert die Klägerin deshalb nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Beklagte darin zutreffend Ansprüche auf Verletztenrente sowie Hinterbliebenenrente abgelehnt hat. Voraussetzung eines Anspruchs auf Verletztenrente ist nämlich die Minderung der Erwerbsfähigkeit "infolge eines Versicherungsfalls" (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Auch ein Leistungsanspruch der Klägerin als Witwe des Versicherten nach § 65 SGB VII setzt den Eintritt dessen Todes infolge eines Versicherungsfalls voraus (§ 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Eine insoweit nur in Frage kommende BK 2402 bzw. Wie-BK (vgl. § 7 Abs. 1, 2. Fall SGB VII) lag beim Versicherten aber nicht vor (s.o. unter 4.).

49

8. Die zum Hilfsantrag 8. erhobene Klage ist sowohl bezüglich der Beklagten als auch der SinA mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Zu Zinsansprüchen nach § 44 Sozialgesetzbuch Erstes Buch kann vor Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes in einem Verwaltungsverfahren einfacher eine Entscheidung herbeigeführt werden.

50

9. Was schließlich die Hilfsanträge zu 9. bis 11. anbelangt, sind die entsprechenden Klagen gegen die Beklagte unzulässig, wobei der Senat die Begehren der Klägerin zu ihren Gunsten als Verfolgung sozialrechtlicher Rechtspositionen auslegt. Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt und keine Entscheidung über Ansprüche nach dem AGB getroffen, für die im Rahmen des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung auch kein normativer Ansatz existiert. In Bezug auf die SinA gelten die Ausführungen unter 6. und 7. entsprechend.

51

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

52

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die von der Klägerin zu tragenden Gerichtskosten auf § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sowie Sätze 2 und 3 SGG. Der Senat hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, weil die Klägerin, der ihr Prozessbevollmächtigter gleich steht, durch Verschulden die Vertagung der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2012 sowie die Anberaumung des neuen Termins verursacht hat. Schon mit Verfügung vom 28. September 2011 hat der Senat im Hinblick auf den für den 29. September 2011 bestimmten Termin den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bevollmächtigten Bund zur Unterstützung Strahlengeschädigter e.V. auf den Hintergrund der Ladung der Klägerin hingewiesen. Ihr Erscheinen war zur Besprechung notwendig, welche Anträge zulässig und sachdienlich gestellt werden können, um ihr Anliegen zu verfolgen; ihr Fernbleiben würde zu einer Vertagung führen. Diese Begründung hat die Klägerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 9. November 2011 auch zur Kenntnis genommen. An diesen Umständen hatte sich auch bis zu dem auf den 15. Februar 2012 bestimmten Termin nichts geändert. Der Klägerin war also bewusst, dass ihr Nichterscheinen bzw. dasjenige ihres (neuen) Prozessbevollmächtigten die Anberaumung eines neuen Termins notwendig machen würde, weil dadurch keine Hinweismöglichkeit zur sachdienlichen Antragstellung verblieb. Indem für sie niemand zum Termin erschien, hat sie durch ihr Verschulden die Vertagung der mündlichen Verhandlung verursacht. Bei der Höhe der Missbrauchskosten hat der Senat lediglich den Mindestbetrag von 225 EUR (§ 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG) angesetzt, obgleich die tatsächlich durch das Verhalten der anwaltlich vertretenen Klägerin verursachten Kosten für die Senatstermine deutlich höher sind. Da die Kosten bei verständigem Handeln vermeidbar gewesen wären, sind sie durch die Klägerin zu erstatten (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1994 – 10 RAr 10/93 – juris).

53

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor. Die Entscheidung beruht auf gesicherter Rechtsauslegung und tatsächlicher Einzelfallbeurteilung ohne dass der Senat von einem der in der genannten Vorschrift bezeichneten Gerichte abweicht.


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Annotations

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt,
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt,
3.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann,
4.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
5.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels gelten für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, soweit in den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Für die Übernahme der vor dem 1. Januar 1992 eingetretenen Unfälle und Krankheiten als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist § 1150 Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden. § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung gilt nicht für Versicherungsfälle aus dem Wehrdienst ehemaliger Wehrdienstpflichtiger der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik. Tritt bei diesen Personen nach dem 31. Dezember 1991 eine Berufskrankheit auf, die infolge des Wehrdienstes entstanden ist, gelten die Vorschriften dieses Buches.

(2) Die Vorschriften über den Jahresarbeitsverdienst gelten nicht für Versicherungsfälle in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind; für diese Versicherungsfälle ist § 1152 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, dass der zuletzt am 1. Juli 2001 angepasste Betrag aus § 1152 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung ab 1. Januar 2002 in Euro umgerechnet und auf volle Euro-Beträge aufgerundet wird.

(3) Für Versicherungsfälle im Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 1, die nach dem 31. Dezember 1991 eingetreten sind, gilt § 85 Abs. 2 Satz 1 mit der Maßgabe, daß der Jahresarbeitsverdienst höchstens das Zweifache der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls geltenden Bezugsgröße (West) beträgt.

(4) Für Versicherte an Bord von Seeschiffen und für nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 versicherte Küstenschiffer und Küstenfischer ist § 1152 Abs. 6 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 92 dieses Buches tritt.

(5) Die Vorschriften über die Anpassung der vom Jahresarbeitsverdienst abhängigen Geldleistungen und über die Höhe und die Anpassung des Pflegegeldes gelten nicht für Versicherungsfälle in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet; für diese Versicherungsfälle sind § 1151 Abs. 1 und § 1153 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 44 Abs. 2 und 4 sowie § 95 dieses Buches treten. Abweichend von Satz 1 ist bei den Anpassungen ab dem 1. Juli 2001 der Vomhundertsatz maßgebend, um den sich die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet verändern. § 1151 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung gilt mit der Maßgabe, dass ab 1. Januar 2002 an die Stelle des Pflegegeldrahmens in Deutscher Mark der Pflegegeldrahmen in Euro tritt, indem die zuletzt am 1. Juli 2001 angepassten Beträge in Euro umgerechnet und auf volle Euro-Beträge aufgerundet werden.

(6) Für die Feststellung und Zahlung von Renten bei Versicherungsfällen, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind, ist § 1154 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung die §§ 56 und 81 bis 91 dieses Buches treten.

(7) Für die Feststellung und Zahlung von Leistungen im Todesfall ist § 1155 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 65 Abs. 3 und § 66 dieses Buches treten. Bestand am 31. Dezember 1991 nach dem in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet geltenden Recht ein Anspruch auf Witwenrente, Witwerrente oder Waisenrente, wird der Zahlbetrag dieser Rente so lange unverändert weitergezahlt, wie er den Zahlbetrag der Rente, die sich aus den §§ 63 bis 71 und aus Satz 1 ergeben würde, übersteigt.

(8) Die Vorschrift des § 1156 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung ist weiter anzuwenden.

(9) (weggefallen)

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Für die Übernahme der vor dem 1. Januar 1992 eingetretenen Unfälle und Krankheiten als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist § 1150 Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden. § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung gilt nicht für Versicherungsfälle aus dem Wehrdienst ehemaliger Wehrdienstpflichtiger der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik. Tritt bei diesen Personen nach dem 31. Dezember 1991 eine Berufskrankheit auf, die infolge des Wehrdienstes entstanden ist, gelten die Vorschriften dieses Buches.

(2) Die Vorschriften über den Jahresarbeitsverdienst gelten nicht für Versicherungsfälle in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind; für diese Versicherungsfälle ist § 1152 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, dass der zuletzt am 1. Juli 2001 angepasste Betrag aus § 1152 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung ab 1. Januar 2002 in Euro umgerechnet und auf volle Euro-Beträge aufgerundet wird.

(3) Für Versicherungsfälle im Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 1, die nach dem 31. Dezember 1991 eingetreten sind, gilt § 85 Abs. 2 Satz 1 mit der Maßgabe, daß der Jahresarbeitsverdienst höchstens das Zweifache der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls geltenden Bezugsgröße (West) beträgt.

(4) Für Versicherte an Bord von Seeschiffen und für nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 versicherte Küstenschiffer und Küstenfischer ist § 1152 Abs. 6 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 92 dieses Buches tritt.

(5) Die Vorschriften über die Anpassung der vom Jahresarbeitsverdienst abhängigen Geldleistungen und über die Höhe und die Anpassung des Pflegegeldes gelten nicht für Versicherungsfälle in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet; für diese Versicherungsfälle sind § 1151 Abs. 1 und § 1153 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 44 Abs. 2 und 4 sowie § 95 dieses Buches treten. Abweichend von Satz 1 ist bei den Anpassungen ab dem 1. Juli 2001 der Vomhundertsatz maßgebend, um den sich die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet verändern. § 1151 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung gilt mit der Maßgabe, dass ab 1. Januar 2002 an die Stelle des Pflegegeldrahmens in Deutscher Mark der Pflegegeldrahmen in Euro tritt, indem die zuletzt am 1. Juli 2001 angepassten Beträge in Euro umgerechnet und auf volle Euro-Beträge aufgerundet werden.

(6) Für die Feststellung und Zahlung von Renten bei Versicherungsfällen, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind, ist § 1154 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung die §§ 56 und 81 bis 91 dieses Buches treten.

(7) Für die Feststellung und Zahlung von Leistungen im Todesfall ist § 1155 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 65 Abs. 3 und § 66 dieses Buches treten. Bestand am 31. Dezember 1991 nach dem in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet geltenden Recht ein Anspruch auf Witwenrente, Witwerrente oder Waisenrente, wird der Zahlbetrag dieser Rente so lange unverändert weitergezahlt, wie er den Zahlbetrag der Rente, die sich aus den §§ 63 bis 71 und aus Satz 1 ergeben würde, übersteigt.

(8) Die Vorschrift des § 1156 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung ist weiter anzuwenden.

(9) (weggefallen)

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Witwen oder Witwer von Versicherten erhalten eine Witwen- oder Witwerrente, solange sie nicht wieder geheiratet haben. Der Anspruch auf eine Rente nach Absatz 2 Nr. 2 besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist.

(2) Die Rente beträgt

1.
zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes bis zum Ablauf des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist,
2.
30 vom Hundert des Jahresarbeitsverdienstes nach Ablauf des dritten Kalendermonats,
3.
40 vom Hundert des Jahresarbeitsverdienstes nach Ablauf des dritten Kalendermonats,
a)
solange Witwen oder Witwer ein waisenrentenberechtigtes Kind erziehen oder für ein Kind sorgen, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung Anspruch auf Waisenrente hat oder nur deswegen nicht hat, weil das 27. Lebensjahr vollendet wurde,
b)
wenn Witwen oder Witwer das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
c)
solange Witwen oder Witwer erwerbsgemindert, berufs- oder erwerbsunfähig im Sinne des Sechsten Buches sind; Entscheidungen des Trägers der Rentenversicherung über Erwerbsminderung, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit sind für den Unfallversicherungsträger bindend.

(3) Einkommen (§§ 18a bis 18e des Vierten Buches) von Witwen oder Witwern, das mit einer Witwenrente oder Witwerrente nach Absatz 2 Nr. 2 und 3 zusammentrifft, wird hierauf angerechnet. Anrechenbar ist das Einkommen, das monatlich das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts der gesetzlichen Rentenversicherung übersteigt. Das nicht anrechenbare Einkommen erhöht sich um das 5,6fache des aktuellen Rentenwerts für jedes waisenrentenberechtigte Kind von Witwen oder Witwern. Von dem danach verbleibenden anrechenbaren Einkommen werden 40 vom Hundert angerechnet.

(4) Für die Einkommensanrechnung ist bei Anspruch auf mehrere Renten folgende Rangfolge maßgebend:

1.
(weggefallen)
2.
Witwenrente oder Witwerrente,
3.
Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten.
Das auf eine Rente anrechenbare Einkommen mindert sich um den Betrag, der bereits zu einer Einkommensanrechnung auf eine vorrangige Rente geführt hat.

(5) Witwenrente oder Witwerrente wird auf Antrag auch an überlebende Ehegatten gezahlt, die wieder geheiratet haben, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist und sie im Zeitpunkt der Wiederheirat Anspruch auf eine solche Rente hatten. Auf eine solche Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten werden für denselben Zeitraum bestehende Ansprüche auf Witwenrente oder Witwerrente, auf Versorgung, auf Unterhalt oder auf sonstige Rente nach dem letzten Ehegatten angerechnet, es sei denn, daß die Ansprüche nicht zu verwirklichen sind; dabei werden die Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes nicht berücksichtigt.

(6) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch, wenn die Ehe erst nach dem Versicherungsfall geschlossen worden ist und der Tod innerhalb des ersten Jahres dieser Ehe eingetreten ist, es sei denn, daß nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Annahme nicht gerechtfertigt ist, daß es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(7) (weggefallen)

(1) Hinterbliebene haben Anspruch auf

1.
Sterbegeld,
2.
Erstattung der Kosten der Überführung an den Ort der Bestattung,
3.
Hinterbliebenenrenten,
4.
Beihilfe.
Der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 besteht nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.

(1a) Die Vorschriften dieses Unterabschnitts über Hinterbliebenenleistungen an Witwen und Witwer gelten auch für Hinterbliebenenleistungen an Lebenspartner.

(2) Dem Tod infolge eines Versicherungsfalls steht der Tod von Versicherten gleich, deren Erwerbsfähigkeit durch die Folgen einer Berufskrankheit nach den Nummern 4101 bis 4104 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 20. Juni 1968 (BGBl. I S. 721) in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) um 50 vom Hundert oder mehr gemindert war. Dies gilt nicht, wenn offenkundig ist, daß der Tod mit der Berufskrankheit nicht in ursächlichem Zusammenhang steht; eine Obduktion zum Zwecke einer solchen Feststellung darf nicht gefordert werden.

(3) Ist ein Versicherter getötet worden, so kann der Unfallversicherungsträger die Entnahme einer Blutprobe zur Feststellung von Tatsachen anordnen, die für die Entschädigungspflicht von Bedeutung sind.

(4) Sind Versicherte im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit verschollen, gelten sie als infolge eines Versicherungsfalls verstorben, wenn die Umstände ihren Tod wahrscheinlich machen und seit einem Jahr Nachrichten über ihr Leben nicht eingegangen sind. Der Unfallversicherungsträger kann von den Hinterbliebenen die Versicherung an Eides Statt verlangen, daß ihnen weitere als die angezeigten Nachrichten über die Verschollenen nicht bekannt sind. Der Unfallversicherungsträger ist berechtigt, für die Leistungen den nach den Umständen mutmaßlichen Todestag festzustellen. Bei Versicherten in der Seeschiffahrt wird spätestens der dem Ablauf des Heuerverhältnisses folgende Tag als Todestag festgesetzt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 genannten Personen gehören, haben für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Die Gebühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen. Soweit wegen derselben Streitsache ein Mahnverfahren (§ 182a) vorausgegangen ist, wird die Gebühr für das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids nach dem Gerichtskostengesetz angerechnet.

(2) Die Höhe der Gebühr wird für das Verfahren

vor den Sozialgerichten auf150 Euro,
vor den Landessozialgerichten auf225 Euro,
vor dem Bundessozialgericht auf300 Euro

festgesetzt.

(3) § 2 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.