Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2016 - IV ZR 541/15
ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:130716UIVZR541.15.0
published on 13/07/2016 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2016 - IV ZR 541/15
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Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 541/15 Verkündet am:
13. Juli 2016
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:130716UIVZR541.15.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 24. Juni 2016eingereicht werden konnten,
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. November 2015 wird auf Kosten der Klägerseite zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 7.193,03 € festgesetzt.
Von Rechts wegen
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 7.193,03 € festgesetzt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer kapitalbildenden Lebensversicherung.
- 3
- Nachdem d. VN den Versicherungsvertrag zum 31. Januar 2004 gekündigt hatte, zahlte der Versicherer den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 30. Juni 2011 erklärte d. VN unter anderem den Widerspruch nach § 5a VVG a.F.
- 4
- Mit der Klage verlangt d. VN - soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision hat keinen Erfolg.
- 8
- I. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN sei sowohl formal als auch inhaltlich ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. belehrt worden. Die Übergabe einer gesonderten Verbraucherinformation sei auch unter Berücksichtigung von § 10a Abs. 2 Satz 2 VAG a.F. nicht erforderlich. D. VN hätte daher das Widerspruchsrecht innerhalb von 14 Tagen nach Zugang der Unterlagen ausüben müssen. Ob § 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. gegen europäisches Recht verstoße, bedürfe keiner Entscheidung, denn die Ausübung des Widerspruchsrechts sei hier treuwidrig, weil d. VN die ihm bekannt gemachte Widerspruchsfrist beim Vertragsschluss im Jahr 1997 ungenutzt habe verstreichen lassen und jahrelang die Prämien gezahlt habe.
- 9
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
- 11
- 1. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des Versicherungsvertrages sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation. Mit revisionsrechtlich beanstandungsfreier Begründung hat das Berufungsgericht - entgegen der Ansicht der Revision - auch entschieden, dass d. VN ordnungsgemäß entsprechend den Anforderungen des § 10a VAG a.F. die Verbraucherinformation erteilt wurde. Soweit § 10a Abs. 2 Satz 2 VAG a.F. eine eindeutige Formulierung, übersichtliche Gliederung und verständliche Abfassung verlangt, folgt daraus nicht, wie die Revision meint, die Pflicht zur Erteilung der Information in einer gesonderten Urkunde oder einem zusammenhängenden Text. Die Verbraucherinformation ist hier zwar nicht mit dieser Bezeichnung überschrieben, im Anschluss an die Widerspruchsbelehrung im Versicherungsschein erfolgt aber unter der Überschrift "Vertragsgrundlagen" eine Aufzählung der übersandten Unterlagen. Aus dem Zusammenhang damit und den tatsächlich übersandten Unterlagen, die jeweils in der Kopfzeile benannt sind, ergibt sich für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer aber unmissverständlich, welches die Verbraucherinformation ist (vgl. insoweit bereits Senatsurteil vom 14. Oktober 2015 - IV ZR 359/13, r+s 2015, 596 Rn. 11). Entgegen der Ansicht der Revision gibt auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 31. Januar 2001 (VersR 2002, 1133 juris Rn. 24) keinen Anlass für eine andere Beurteilung. Denn dort handelte es sich nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts - anders als hier - nicht um eine Information in Textform, sondern um eine tabellarische Aufstellung. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d. VN den Widerspruch nicht.
- 12
- 2. Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG VersR 2015, 693 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die Treuwidrigkeit liegt darin, dass d. VN nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen , diesen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des Vertrages vertrauen durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16. Juli 2014 aaO Rn. 32-42; BVerfG aaO Rn. 42 ff.).
- 13
- D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er bei Vertragsschluss 1997 ungenutzt verstreichen. D. VN zahlte über sechs Jahre die Versicherungsprämien, erklärte dann im Jahr 2004 die Kündigung des Versicherungsvertrages und erst im Jahr 2011 den Widerspruch. Die jahrelangen Prämienzahlungen des bereits 1997 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar. Dass die von der Revision auch unter diesem Gesichtspunkt erstrebte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union in Fällen der vorliegenden Art ausscheidet, hat der Senat bereits mehrfach entschieden und näher begründet (siehe zum Beispiel Senatsbeschluss vom 22. März 2016 - IV ZR 130/15, r+s 2016, 231 Rn. 2 ff.). Das gilt auch hier.
- 14
- Die Frage einer möglichen Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union in einem Fall, in dem kein widersprüchliches Verhalten des Versicherungsnehmers festgestellt werden kann, stellt sich im Streitfall nicht.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 06.07.2015- 26 O 446/14 -
OLG Köln, Entscheidung vom 27.11.2015 - 20 U 143/15 -
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Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. Januar 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
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Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Trier vom 28.07.2016, Az. 8 C 33/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorl
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