Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2016 - IV ZR 107/16
published on 12/12/2016 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2016 - IV ZR 107/16
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Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IV ZR 107/16
vom
12. Dezember 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:121216BIVZR107.16.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende RichterinMayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann
am 12. Dezember 2016
beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. März 2016 gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Kapitallebensversicherung.
- 2
- Diese wurde aufgrund Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. Februar 1997 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) mit der Rechtsvorgängerin des Versicherers abgeschlossen. Am 17. Januar 1997 hatte d. VN bereits alle Ansprüche und Rechte aus dem Versicherungsvertrag zur Sicherung eines Darlehens abgetreten und dies der Rechtsvorgängerin angezeigt. In der Folge zahlte d. VN die Versicherungsprämien. Mit Schreiben vom Mai 2007 kündigte d. VN den Versicherungsvertrag. Der Versicherer zahlte daraufhin den Rückkaufswert aus. Im Januar 2011 erklärte d. VN den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.
- 3
- Mit der Klage verlangt er Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN sei ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. belehrt worden. Die Übergabe einer gesonderten Verbraucherinformation sei auch unter Berücksichtigung von § 10a Abs. 2 Satz 2 VAG a.F. nicht erforderlich. D. VN hätte daher das Widerspruchsrecht innerhalb von 14 Tagen nach Zugang der Unterlagen ausüben müssen. Ob § 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. gegen europäisches Recht verstoße, bedürfe keiner Entscheidung, denn die Ausübung des Widerspruchsrechts sei hier treu- widrig, weil d. VN die ihm bekannt gemachte Widerspruchsfrist beim Vertragsschluss im Jahr 1997 ungenutzt habe verstreichen lassen und jahrelang die Prämien gezahlt habe.
- 6
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
- 7
- II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz1 ZPO).
- 8
- 1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil es von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 31. Januar 2001 (VersR 2002, 1133 juris Rn. 34) abweiche. Dieser Zulassungsgrund ist jedoch nicht mehr gegeben. Wie der Senat bereits mit Urteil vom 13. Juli 2016 (IV ZR 541/15, juris Rn. 11) entschieden hat, was die Revision nicht verkennt, liegt eine Abweichung nicht vor, denn bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg handelte es sich nach dessen Feststellungen - anders als hier - nicht um eine Information in Textform, sondern um eine tabellarische Aufstellung.
- 9
- 2. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Prüfung auch stand.
- 10
- Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des Versicherungsvertrages sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation und wurde ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2016 - IV ZR 541/15, juris Rn. 11 und bereits Senatsurteil vom 14. Oktober 2015 - IV ZR 359/13, r+s 2015, 596 Rn. 11). Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d. VN den Widerspruch nicht.
- 11
- Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG VersR 2015, 693 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die Treuwidrigkeit liegt darin, dass d. VN nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen , diesen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des Vertrages vertrauen durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16. Juli 2014 aaO Rn. 32-42; BVerfG aaO Rn. 42 ff.).
- 12
- D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er bei Vertragsschluss 1997 ungenutzt verstreichen. D. VN zahlte über Jahre die Versicherungsprämien, erklärte dann im Jahr 2007 die Kündigung des Versicherungsvertrages und erst im Jahr 2011 den Widerspruch. Die jahrelangen Prämienzahlungen des bereits 1997 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.
- 13
- Die Frage einer möglichen Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union in einem Fall, in dem kein widersprüchliches Verhalten des Versicherungsnehmers festgestellt werden kann, stellt sich im Streitfall nicht.
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 02.11.2015- 26 O 83/15 -
OLG Köln, Entscheidung vom 11.03.2016 - 20 U 213/15 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Versicherungsvertragsgesetz - VVG
Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. Januar 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.