Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Apr. 2016 - XII ZB 611/15

ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:270416BXIIZB611.15.0
published on 27/04/2016 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Apr. 2016 - XII ZB 611/15
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Amtsgericht Wiesloch, XVII 63/15, 29/09/2015
Landgericht Heidelberg, 2 T 107/15, 11/11/2015

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 611/15
vom
27. April 2016
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Lehnt der Betroffene die Befragung und körperliche Untersuchung durch den
Sachverständigen ab, kann der persönliche Eindruck des Sachverständigen
vom Betroffenen im Zusammenhang mit den zur Verfügung stehenden Unterlagen
und den Angaben behandelnder Personen eine ausreichende
Grundlage für ein Gutachten über die Notwendigkeit einer Betreuung darstellen.

b) Das in einem anderen Verfahren eingeholte Gutachten kann nur dann verwertet
werden, wenn es gemäß § 411 a ZPO in das Verfahren eingeführt und
dem Betroffenen Gelegenheit gegeben worden ist, zu den Ausführungen des
zu verwertenden Gutachtens in dem vorliegenden Verfahren Stellung zu
nehmen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 16. November 2011 - XII ZB
6/11 - FamRZ 2012, 293).
BGH, Beschluss vom 27. April 2016 - XII ZB 611/15 - LG Heidelberg
AG Wiesloch
ECLI:DE:BGH:2016:270416BXIIZB611.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Heidelberg vom 11. November 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Landgericht zurückverwiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Für die 72jährige Betroffene bestand bis zum 5. Februar 2015 eine rechtliche Betreuung, die das Amtsgericht mit der Begründung aufhob, die Betroffene sei derzeit nicht betreubar. Auf Anregung behandelnder Ärzte hat das inzwischen zuständig gewordene Amtsgericht am 29. September 2015 erneut eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung sowie Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post angeordnet und den Beteiligten als Berufsbetreuer bestimmt.
2
Das Landgericht hat die Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen; hiergegen richtet sich ihre Rechtsbeschwerde.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
4
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Betroffene leide unter einer psychischen Störung im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB, aufgrund derer sie nicht in der Lage sei, ihre Angelegenheiten in den genannten Aufgabenkreisen selbst zu besorgen. Dies ergebe sich aus den Ausführungen des Sachverständigen S. und seiner ergänzenden Stellungnahme. Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen seien nicht deshalb begründet, weil es ihm aufgrund der Weigerung der Betroffenen nicht möglich gewesen sei, mit dieser selbst ein Gespräch zu führen. Die Erstattung des Gutachtens hänge nicht davon ab, dass es zu einem verbalen Kontakt zwischen der Betroffenen und dem Sachverständigen gekommen sei. Der Sachverständige sei nicht gehindert, im Falle einer durch die Betroffene verweigerten Kommunikation aus ihrem Gesamtverhalten in Verbindung mit anderen Erkenntnissen Schlüsse auf ein bestimmtes Krankheitsbild zu ziehen.
5
Die Betroffene habe auch keine Krankheitseinsicht und sei krankheitsbedingt zu einer freien Willensbildung nicht in der Lage. Dies ergebe sich insbesondere aus einem im vorangegangenen Betreuungsverfahren eingeholten Gutachten des Sachverständigen K. vom 17. Februar 2014, während dem Sachverständigen S. eine abschließende Stellungnahme hierzu aufgrund der Weigerung der Betroffenen, mit dem Sachverständigen zu sprechen, nicht möglich gewesen sei. Auch nach den Ausführungen des Sachverständigen S. sei aber eine Einschränkung der freien Willensbildung angesichts der aktenkundigen Diagnose einer wahnhaften Störung mit handlungsleitend wirksamen Wahnbildungen und Wahrnehmungsstörungen dringend zu befürchten. Die Feststellungen der Gutachter würden bestätigt durch das Verhalten der Betroffenen im Rahmen der Anhörung durch das Amtsgericht und die Ausführungen in ihren Schreiben an das Amts- und Landgericht.
6
2. Die angefochtene Entscheidung hält den Verfahrensrügen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
7
a) Nicht durchgreifend ist allerdings die von der Rechtsbeschwerde erhobene Rüge, das Landgericht habe seiner Entscheidung nicht das Gutachten des Sachverständigen S. zugrunde legen dürfen, weil der Sachverständige die Betroffene nicht persönlich untersucht habe.
8
aa) Gemäß § 280 Abs. 2 Satz 1 FamFG hat der Sachverständige den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Ein ohne die erforderliche persönliche Untersuchung erstattetes Sachverständigengutachten ist grundsätzlich nicht verwertbar. Die Weigerung des Betroffenen, einen Kontakt mit dem Sachverständigen zuzulassen, ist kein hinreichender Grund, von einer persönlichen Untersuchung durch den Sachverständigen abzusehen. Wirkt der Betroffene an einer Begutachtung nicht mit, so kann das Gericht gemäß § 283 Abs. 1 und Abs. 3 FamFG seine Vorführung anordnen (Senatsbeschluss vom 20. August 2014 - XII ZB 179/14 - FamRZ 2014, 1917 Rn. 10 f. mwN). Die Verwertbarkeit des Gutachtens hängt zwar im Ergebnis nicht davon ab, dass ein verbaler Kontakt zwischen dem Betroffenen und dem Sachverständigen hergestellt werden kann (Senatsbeschluss vom 20. August 2014 - XII ZB 179/14 - FamRZ 2014, 1917 Rn. 13). Kann der Sachverständige seine Erkenntnisse jedoch nicht aus einer Befragung des Betroffenen schöpfen, setzt das Gesetz eine Untersuchung des Betroffenen zwingend voraus. Diese erfordert zumindest, dass sich der Sachverständige einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen verschafft.
9
bb) Im vorliegenden Fall hat zwar keine körperliche Untersuchung stattgefunden , weil die Betroffene dies ablehnte. Der Sachverständige hatte die Betroffene jedoch unter Begleitung der Stationsärztin in ihrem Zimmer aufgesucht. Nachdem er sich ihr vorgestellt hatte, erhob sich die Betroffene wortlos vom Bett und verließ das Zimmer. Damit hat sich der Sachverständige einen - wenngleich auf einen kurzen Augenblick beschränkten - persönlichen Eindruck von der Betroffenen verschafft. Wenn der Sachverständige diesen persönlichen Eindruck im Zusammenhang mit den zur Verfügung stehenden Unterlagen sowie den Angaben der Stationsärztin und des Sozialarbeiters als eine ausreichende Grundlage angesehen hat, um sich ein eigenständiges Bild von der Betroffenen zu machen, welches ihm eine gutachterliche Einschätzung ermöglichte , so ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. auch OLG München BtPrax 2005, 154; Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 280 Rn. 19; Schulte-Bunert/Weinreich/Eilers FamFG 4. Aufl. § 280 Rn. 68; Prütting/Helms/ Fröschle FamFG 3. Aufl. § 280 Rn. 22; MünchKommFamFG/Schmidt-Recla 3. Aufl. § 280 Rn. 17).
10
b) Allerdings beruht die Entscheidung, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, auf keinen tragfähigen Feststellungen zur fehlenden Fähigkeit der Betroffenen, einen freien Willen zu bilden.
11
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht zwar erkannt, dass Feststellungen diesbezüglich nicht tragfähig auf das Gutachten des Sachver- ständigen S. gestützt werden können, nachdem dieser sich zu einer abschließenden Festlegung aufgrund der Weigerung der Betroffenen, mit ihm zu sprechen , nicht imstande sah.
12
Das Landgericht hat deshalb die fehlende Krankheitseinsicht und Fähigkeit zur freien Willensbildung insbesondere auf die Ausführungen des im vorangegangenen Betreuungsverfahren erstatteten Gutachtens des Sachverständigen K. vom 17. Februar 2014 gestützt.
13
Zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde jedoch, dass dieses Gutachten der Betroffenen nicht zur Kenntnis gegeben und ihr hinsichtlich der aus dem früheren Gutachten verwerteten Feststellungen kein ausreichendes rechtliches Gehör gewährt worden ist.
14
Gemäß § 280 Abs. 1 FamFG hat vor der Bestellung eines Betreuers eine förmliche Beweisaufnahme über die Notwendigkeit der Maßnahme durch Einholung eines Gutachtens stattzufinden. Die förmliche Beweisaufnahme muss sich auch auf die fehlende Fähigkeit zur freien Willensbildung beziehen, wenn ein Betreuer gegen den Willen des Betroffenen bestellt werden soll.
15
Wegen der gesetzlich angeordneten Förmlichkeit der Beweisaufnahme (§§ 280 Abs. 1, 30 Abs. 2 FamFG) kann das in einem anderen Verfahren eingeholte Gutachten nur dann verwertet werden, wenn es gemäß § 411 a ZPO in das Verfahren eingeführt und dem Betroffenen Gelegenheit gegeben worden ist, zu den Ausführungen des zu verwertenden Gutachtens in dem vorliegenden Verfahren Stellung zu nehmen. Gemäß § 37 Abs. 2 FamFG darf das Gericht nämlich eine Entscheidung, die die Rechte eines Beteiligten beeinträchtigt, nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen, zu denen dieser Beteiligte sich äußern konnte. Beabsichtigt das Gericht von der Möglichkeit des § 411 a ZPO Gebrauch zu machen, muss es den Beteiligten vor der Anordnung der Verwer- tung rechtliches Gehör gewähren (Senatsbeschluss vom 16. November 2011 - XII ZB 6/11 - FamRZ 2012, 293 Rn. 24). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
16
3. Der angefochtene Beschluss kann deshalb keinen Bestand haben.
17
Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da nach ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs zunächst tragfähige Feststellungen über die Fähigkeit der Betroffenen zur freien Willensbildung zu treffen sind. Die Sache ist deshalb an das Landgericht zurückzuverweisen. Soweit die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage der Bestellung eines Verfahrenspflegers für das weitere Verfahren auch davon abhängt, ob die Interessen der Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden (§ 276 Abs. 4 FamFG), wird das Landgericht zu prüfen haben, ob eine solche Vertretung noch besteht.
18
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG). Dose Weber-Monecke Klinkhammer Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Wiesloch, Entscheidung vom 29.09.2015 - XVII 63/15 -
LG Heidelberg, Entscheidung vom 11.11.2015 - 2 T 107/15 -
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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

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Annotations

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem gesamten Inhalt des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.

(2) Das Gericht darf eine Entscheidung, die die Rechte eines Beteiligten beeinträchtigt, nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen, zu denen dieser Beteiligte sich äußern konnte.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.

(2) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Ergebnis einer Anhörung nach § 279 Absatz 2 Satz 2 hat der Sachverständige zu berücksichtigen, wenn es ihm bei Erstellung seines Gutachtens vorliegt.

(3) Das Gutachten hat sich auf folgende Bereiche zu erstrecken:

1.
das Krankheits- oder Behinderungsbild einschließlich dessen Entwicklung,
2.
die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse,
3.
den körperlichen und psychischen Zustand des Betroffenen,
4.
den aus medizinischer Sicht aufgrund der Krankheit oder Behinderung erforderlichen Unterstützungsbedarf und
5.
die voraussichtliche Dauer der Maßnahme.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass der Betroffene zur Vorbereitung eines Gutachtens untersucht und durch die zuständige Behörde zu einer Untersuchung vorgeführt wird. Der Betroffene soll vorher persönlich angehört werden.

(2) Gewalt darf die Behörde nur anwenden, wenn das Gericht dies ausdrücklich angeordnet hat. Die zuständige Behörde ist befugt, erforderlichenfalls die Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachzusuchen.

(3) Die Wohnung des Betroffenen darf ohne dessen Einwilligung nur gewaltsam geöffnet, betreten und durchsucht werden, wenn das Gericht dies zu dessen Vorführung zur Untersuchung ausdrücklich angeordnet hat. Vor der Anordnung ist der Betroffene persönlich anzuhören. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung durch die zuständige Behörde ohne vorherige Anhörung des Betroffenen erfolgen. Durch diese Regelung wird das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes eingeschränkt.

(1) Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.

(2) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Ergebnis einer Anhörung nach § 279 Absatz 2 Satz 2 hat der Sachverständige zu berücksichtigen, wenn es ihm bei Erstellung seines Gutachtens vorliegt.

(3) Das Gutachten hat sich auf folgende Bereiche zu erstrecken:

1.
das Krankheits- oder Behinderungsbild einschließlich dessen Entwicklung,
2.
die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse,
3.
den körperlichen und psychischen Zustand des Betroffenen,
4.
den aus medizinischer Sicht aufgrund der Krankheit oder Behinderung erforderlichen Unterstützungsbedarf und
5.
die voraussichtliche Dauer der Maßnahme.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem gesamten Inhalt des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.

(2) Das Gericht darf eine Entscheidung, die die Rechte eines Beteiligten beeinträchtigt, nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen, zu denen dieser Beteiligte sich äußern konnte.

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
von der persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 278 Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 abgesehen werden soll oder
2.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegen den erklärten Willen des Betroffenen erfolgen soll.

(2) Von der Bestellung kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. Die Nichtbestellung ist zu begründen.

(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.

(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.

(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.