Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Sept. 2016 - XII ZB 606/15

ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:210916BXIIZB606.15.0
published on 21/09/2016 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Sept. 2016 - XII ZB 606/15
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Amtsgericht Lichtenberg, XVII 54/09, 31/05/2013
Landgericht Berlin, 83 T 160/13, 30/10/2015

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 606/15
vom
21. September 2016
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1908 d Abs. 1 Satz 1;

a) Wenn das Gericht im Verfahren über die Aufhebung der Betreuung ein
Sachverständigengutachten einholt und seine Entscheidung auf dieses
stützt, muss das Gutachten den formalen Anforderungen des § 280 FamFG
genügen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. August 2014
- XII ZB 179/14 - FamRZ 2014, 1917).

b) Das Sachverständigengutachten muss noch aktuell sein. Gibt es konkrete
Anhaltspunkte dafür, dass sich die Sachlage nach Erstellung des Gutachtens
verändert hat und diese neue Tatsachenlage für die Entscheidung nicht offensichtlich
unerheblich ist, hat der Tatrichter zumindest eine ergänzende
Stellungnahme des Sachverständigen einzuholen (Fortführung von Senatsbeschluss
vom 11. Mai 2016 - XII ZB 363/15 - FamRZ 2016, 1350).
BGH, Beschluss vom 21. September 2016 - XII ZB 606/15 - LG Berlin
AG Berlin-Lichtenberg
ECLI:DE:BGH:2016:210916BXIIZB606.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Botur und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 83. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 30. Oktober 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Der Betroffene wendet sich gegen die Aufhebung seiner Betreuung.
2
Mit Beschluss vom 13. Juli 2009 bestellte ihm das Amtsgericht eine Betreuerin für die Aufgabenkreise Vermögensangelegenheiten, Wohnungsangelegenheiten sowie Vertretung gegenüber Behörden. Nach dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverständigengutachten litt der Betroffene an einer "psychosozialen Reifestörung". Im September 2009 fand auf Wunsch des Betroffenen ein Betreuerwechsel statt. Im Dezember 2011 richtete das Amtsgericht den Aufgabenkreis Vermögenssorge, den es zwischenzeitlich aufgehoben hatte, erneut ein und ordnete zudem einen Einwilligungsvorbehalt an.
Nachdem der Betroffene im Dezember 2012 wiederum einen Betreuerwechsel angestrebt hatte, hat das Amtsgericht nach Anhörung des Betroffenen und Einholung eines Sachverständigengutachtens vom 18. April 2013 die Betreuung mit Beschluss vom 31. Mai 2013 aufgehoben. Seine Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 30. Oktober 2015 nach Anhörung des Betroffenen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
4
1. Das Landgericht hat die Aufhebung der Betreuung damit begründet, dass nach dem Sachverständigengutachten die diagnostizierte Entwicklungsstörung des Betroffenen weder für sich genommen noch in Kombination mit der bestehenden kombinierten Persönlichkeitsstörung das Ausmaß einer betreuungsrelevanten psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB erreiche. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen sei der Betroffene trotz seiner Entwicklungsstörung in seiner Kritik-, Urteils- und Handlungsfähigkeit nicht eingeschränkt. Seine Geschäftsfähigkeit sei ohne jede Einschränkung gegeben, und er sei ausreichend in der Lage, sich von sachgerechten Erwägungen leiten zu lassen und nach einer gewonnenen Einsicht zu handeln. Er sei darüber hinaus ersichtlich in der Lage, seine Angelegenheiten selbständig unter Inanspruchnahme tatsächlicher Hilfen und zumutbarer Willensanstrengungen zu regeln.
5
Der Beweiswert des Gutachtens sei ungeachtet der seit seiner Erstellung vergangenen Zeit uneingeschränkt gegeben. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich die psychische Situation des Betroffenen nachhaltig verschlechtert habe. Hiervon habe sich das Gericht in der persönlichen Anhörung des Betroffenen überzeugt, in der dieser sich umfassend zu seiner gesundheitlichen und psychosozialen Situation orientiert gezeigt habe und sich differenziert zu seinen Vorstellungen und Plänen für die nähere Zukunft habe äußern können. Auch der ausführliche Entlassungsbericht der psychotherapeutischen Klinik vom 6. Mai 2015 mit der Empfehlung zur Einrichtung einer Betreuung gebe keinen Anlass, an dem Beweiswert der in diesem Verfahren angestellten Ermittlungen zu zweifeln. Das zusätzlich von den Ärzten diagnostizierte ADHS habe auf die Symptomatik des Betroffenen keine nennenswerten Auswirkungen.
6
Im Übrigen sei bei dem Betroffenen kein Betreuungsbedarf erkennbar. Seine Selbstunsicherheit und seine Schwierigkeiten, seinem Leben eine Struktur zu geben, ließen sich durch psychotherapeutische und sozialtherapeutische Hilfen positiv beeinflussen.
7
2. Das hält den Verfahrensrügen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
8
a) Gemäß § 1908 d Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Betreuung aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Der Wegfall einer der Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers reicht für die Aufhebung der Betreuung aus (Senatsbeschlüsse vom 16. September 2015 - XII ZB 500/14 - FamRZ 2015, 2160 Rn. 12 und vom 18. Dezember 2013 - XII ZB 460/13 - FamRZ 2014, 466 Rn. 6). Eine Aufhebung kommt insbesondere in Betracht, wenn die Krankheit oder Behinderung, die bei Anordnung der Betreuung vorlag, sich soweit gebessert hat, dass der Betroffene in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen (Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2013 - XII ZB 460/13 - FamRZ 2014, 466 Rn. 6).
9
b) Zwar hat das Landgericht ausgeführt, dass der Betroffene in der Lage sei, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Diese Feststellung beruht jedoch auf einem Verfahrensfehler.
10
Zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde, dass sich das Landgericht nicht hinreichend damit auseinandergesetzt hat, dass das Sachverständigengutachten vom 18. April 2013 - jedenfalls teilweise - in Widerspruch zu dem Entlassungsbericht der Klink L. H. vom 6. Mai 2015 steht.
11
aa) Zwar verweist § 294 FamFG für das Aufhebungsverfahren nicht auf die §§ 278 Abs. 1, 280 FamFG, die die persönliche Anhörung des Betroffenen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens vorschreiben. Es verbleibt insoweit bei den allgemeinen Verfahrensregeln und damit bei den Grundsätzen der Amtsermittlung nach § 26 FamFG, so dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Aufhebungsverfahren nicht obligatorisch ist. Wenn das Gericht aber ein Sachverständigengutachten einholt und seine Entscheidung auf dieses stützt, muss das Gutachten den formalen Anforderungen des § 280 FamFG genügen (Senatsbeschluss vom 20. August 2014 - XII ZB 179/14 - FamRZ 2014, 1917 Rn. 8 f. mwN).
12
Zudem muss es sich um ein noch aktuelles Sachverständigengutachten handeln (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Mai 2016 - XII ZB 363/15 - FamRZ 2016, 1350 Rn. 16 zum freien Willen). Gibt es konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich die Sachlage nach Erstellung des Gutachtens verändert hat und diese neue Tatsachenlage für die Entscheidung nicht offensichtlich unerheblich ist, hat der Tatrichter zumindest eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen einzuholen.
13
bb) Gemessen hieran hätte das Landgericht jedenfalls eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen einholen müssen.
14
Denn das Sachverständigengutachten ist in Anbetracht der zwischenzeitlichen Entwicklung nicht mehr aktuell. Das folgt aus dem Entlassungsbericht vom 6. Mai 2015, mit dem sich das Landgericht allerdings nicht hinreichend auseinandergesetzt hat. Den Bericht hat die Klinik, in deren stationärer Behandlung sich der Betroffene rund viereinhalb Monate befunden hat, ihrer an das Gericht gerichteten Anregung beigelegt, für den Betroffenen eine Betreuung einzurichten. Während sich das Landgericht allein damit befasst hat, dass das von den Klinikärzten diagnostizierte ADHS seiner Ansicht nach keine Auswirkungen auf die Symptomatik des Betroffenen habe, beschäftigt es sich nicht im Ansatz damit, dass ausweislich des Entlassungsberichts bei dem Betroffenen u.a. eine "rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode" diagnostiziert worden ist. Dies und der Umstand, dass die Klink die Einrichtung einer Betreuung für geboten erachtet, hätte das Landgericht dazu bewegen müssen, ergänzenden sachverständigen Rat hinzuzuziehen.
15
Außerdem hat sich das Landgericht im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zum ADHS eine eigene psychologische bzw. psychiatrische Sachkunde angemaßt, ohne darzulegen, woher es diese nimmt.
16
3. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist. Deshalb ist sie gemäß § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
17
4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Be- deutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose Klinkhammer Schilling Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Berlin-Lichtenberg, Entscheidung vom 31.05.2013 - 52M XVII 54/09 -
LG Berlin, Entscheidung vom 30.10.2015 - 83 T 160/13 -
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17/11/2016 12:13

Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass sich die Sachlage nach Erstellung des Gutachtens verändert hat, so hat der Tatrichter zumindest eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen einzuholen.
17/11/2016 12:13

Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass sich die Sachlage nach Erstellung des Gutachtens verändert hat, so hat der Tatrichter zumindest eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen einzuholen.
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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
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Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.

(2) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Ergebnis einer Anhörung nach § 279 Absatz 2 Satz 2 hat der Sachverständige zu berücksichtigen, wenn es ihm bei Erstellung seines Gutachtens vorliegt.

(3) Das Gutachten hat sich auf folgende Bereiche zu erstrecken:

1.
das Krankheits- oder Behinderungsbild einschließlich dessen Entwicklung,
2.
die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse,
3.
den körperlichen und psychischen Zustand des Betroffenen,
4.
den aus medizinischer Sicht aufgrund der Krankheit oder Behinderung erforderlichen Unterstützungsbedarf und
5.
die voraussichtliche Dauer der Maßnahme.

(1) Für die Aufhebung der Betreuung oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts und für die Einschränkung des Aufgabenkreises des Betreuers oder des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen gilt § 279 Absatz 1, 3 und 4 sowie § 288 Absatz 2 Satz 1 entsprechend. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Hat das Gericht nach § 281 Absatz 1 von der Einholung eines Gutachtens abgesehen, ist dies nachzuholen, wenn ein Antrag des Betroffenen auf Aufhebung der Betreuung oder Einschränkung des Aufgabenkreises erstmals abgelehnt werden soll.

(3) Über die Aufhebung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, hat die erstmalige Entscheidung über ihre Aufhebung spätestens zwei Jahre nach der Anordnung zu erfolgen.

(1) Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.

(2) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Ergebnis einer Anhörung nach § 279 Absatz 2 Satz 2 hat der Sachverständige zu berücksichtigen, wenn es ihm bei Erstellung seines Gutachtens vorliegt.

(3) Das Gutachten hat sich auf folgende Bereiche zu erstrecken:

1.
das Krankheits- oder Behinderungsbild einschließlich dessen Entwicklung,
2.
die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse,
3.
den körperlichen und psychischen Zustand des Betroffenen,
4.
den aus medizinischer Sicht aufgrund der Krankheit oder Behinderung erforderlichen Unterstützungsbedarf und
5.
die voraussichtliche Dauer der Maßnahme.

(1) Für die Aufhebung der Betreuung oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts und für die Einschränkung des Aufgabenkreises des Betreuers oder des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen gilt § 279 Absatz 1, 3 und 4 sowie § 288 Absatz 2 Satz 1 entsprechend. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Hat das Gericht nach § 281 Absatz 1 von der Einholung eines Gutachtens abgesehen, ist dies nachzuholen, wenn ein Antrag des Betroffenen auf Aufhebung der Betreuung oder Einschränkung des Aufgabenkreises erstmals abgelehnt werden soll.

(3) Über die Aufhebung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, hat die erstmalige Entscheidung über ihre Aufhebung spätestens zwei Jahre nach der Anordnung zu erfolgen.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.

(2) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Ergebnis einer Anhörung nach § 279 Absatz 2 Satz 2 hat der Sachverständige zu berücksichtigen, wenn es ihm bei Erstellung seines Gutachtens vorliegt.

(3) Das Gutachten hat sich auf folgende Bereiche zu erstrecken:

1.
das Krankheits- oder Behinderungsbild einschließlich dessen Entwicklung,
2.
die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse,
3.
den körperlichen und psychischen Zustand des Betroffenen,
4.
den aus medizinischer Sicht aufgrund der Krankheit oder Behinderung erforderlichen Unterstützungsbedarf und
5.
die voraussichtliche Dauer der Maßnahme.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.