Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2018 - XII ZB 507/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Februar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Gründe:
I.
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- Für die 1991 geborene und an einem Down-Syndrom (Trisomie 21) leidende Betroffene wurde erstmals durch Beschluss vom 31. März 2010 eine rechtliche Betreuung eingerichtet. Gleichzeitig wurden ihre Mutter (Beteiligte zu
1) und ihr Vater (Beteiligter zu 2) zu Mitbetreuern mit den Aufgabenkreisen Gesundheitssorge , Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung, Wohnungsangelegenheiten , Postkontrolle, Geltendmachung von Ansprüchen aller Art sowie Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden, in heim- und pflegerechtlichen Angelegenheiten und in Angelegenheiten der beruflichen Rehabilitation bestellt.
- 2
- Nach Einholung eines ärztlichen Zeugnisses und nach Anhörung der Betroffenen hat das Amtsgericht die Betreuung verlängert, die Überprüfungsfrist auf sieben Jahre bestimmt und den Vater als (Mit-)Betreuer entlassen. Auf die gegen seine Entlassung als Betreuer gerichtete Beschwerde des Vaters hat das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung insoweit aufgehoben.
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- Hiergegen wendet sich die Mutter mit ihrer Rechtsbeschwerde, die weiterhin das Ziel verfolgt, alleinige Betreuerin der Betroffenen zu werden.
II.
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- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
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- 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass kein wichtiger Grund im Sinne von § 1908 b BGB für die Entlassung des Vaters als Mitbetreuer vorliege. Die Entlassung eines Betreuers komme dann in Betracht, wenn dessen Eignung nicht mehr gewährleistet sei, weil etwa die Sachkenntnis fehle oder Pflichten missachtet worden seien. Allein auf den Umstand, dass der Vater nunmehr von der Mutter getrennt lebe und aus der Familienwohnung ausgezogen sei, könne die Entlassung daher nicht gestützt werden. Soweit der Vater einen Bericht über die Führung der Betreuung nicht (mit-)unterzeichnet habe, sei dies vom Gericht seinerzeit nur gegenüber der Mutter beanstandet worden. Es sei nicht festgestellt worden, warum der Vater seiner Berichtspflicht nicht nachgekommen sei und ob ihn entsprechende Aufforderungen nach seinem Wohnsitzwechsel überhaupt erreicht hätten. Zudem sei dem Vater kein rechtliches Gehör zu seiner Entlassung gewährt worden.
- 6
- 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit Recht rügt die Rechtsbeschwerde, dass die Frage der Auswahl des Betreuers im Zusammenhang mit der Verlängerung einer Betreuung nicht am Maßstab des § 1908 b Abs. 1 BGB zu beantworten ist, wie dies die Instanzengerichte meinen.
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- a) Wie der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, regelt § 1908 b Abs. 1 BGB zwar die Voraussetzungen, unter denen die Entlassung eines Betreuers erfolgen kann. Die Vorschrift bezieht sich jedoch nur auf diejenigen Fälle , in denen bei fortbestehender Betreuung eine isolierte Entscheidung über die Beendigung des Amtes des bisherigen Betreuers getroffen werden soll. Ist dagegen im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Verlängerung einer bereits bestehenden Betreuung über einen Betreuerwechsel zu befinden, richtet sich die Auswahl der Person des Betreuers nach der für die Neubestellung eines Betreuers maßgeblichen Vorschrift des § 1897 BGB. Dies folgt aus dem Rechtscharakter der Verlängerungsentscheidung als erneute vollständige Einheitsentscheidung über die Betreuung und ergibt sich aus § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG, nach dem für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers die Verfahrensvorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme entsprechend gelten (Senatsbeschlüsse vom 19. Juli 2017 - XII ZB 57/17 - FamRZ 2017, 1612 Rn. 14 mwN und vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 17 mwN).
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- b) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht auf diesem Rechtsfehler , denn das Beschwerdegericht hat sich - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht die Frage gestellt, inwieweit es bei der Auswahl des Betreuers an die Wünsche der Betroffenen (§ 1897 Abs. 4 BGB) gebunden ist.
- 9
- Die Betroffene hat bei ihrer Anhörung durch das Amtsgericht am 28. Juni 2017 ausweislich des Anhörungsprotokolls angegeben, sie sei "damit einver- standen, dass ihr Vater als Betreuer entlassen" werde. Das Beschwerdegericht wird durch eigene Anhörung der Betroffenen zu klären haben, ob danach der Wunsch der Betroffenen besteht, allein durch die Mutter (§ 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB) oder jedenfalls nicht mehr durch den Vater (§ 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB) betreut zu werden. Sofern die Betroffene keinen dahingehenden Vorschlag äußern sollte, wird sich das Beschwerdegericht unter verständiger Würdigung der Interessen und des Wohls der Betroffenen wie bei einer Erstentscheidung auch damit auseinanderzusetzen haben, ob die Angelegenheiten der Betroffenen bei einer gemeinsamen Betreuung durch ihre Eltern im Sinne des § 1899 Abs. 1 BGB besser besorgt werden können, was einerseits dem Leitbild einer an die gemeinsame elterliche Sorge anschließenden gemeinsamen Betreuung eines volljährig gewordenen geistig behinderten Kindes durch beide Eltern entspricht (vgl. BT-Drucks. 11/4528 S. 130), andererseits aber bei erheblichen persönlichen Spannungen zwischen den Eltern nicht ohne weiteres der Fall ist (vgl. OLG Zweibrücken NJW-RR 2002, 292, 293).
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- 3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen. Dose Schilling Nedden-Boeger Botur Krüger
AG Zwickau, Entscheidung vom 28.06.2017 - 12 XVII 633/09 -
LG Zwickau, Entscheidung vom 23.08.2017 - 9 T 193/17 -
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(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat und eine Verlängerung dem erklärten Willen des Betroffenen nicht widerspricht. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.
(2) Über die Verlängerung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, ist über eine erstmalige Verlängerung spätestens nach zwei Jahren zu entscheiden.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.