Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2015 - XII ZB 291/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Betroffenen hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 76 Abs. 1 FamFG iVm § 114 Satz 1 ZPO). Durchgreifende Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde des Betroffenen gegen die Anordnung der Fortdauer seiner öffentlich-rechtlichen Unterbringung um weitere zwei Jahre zu Recht zurückgewiesen und dabei zutreffend das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 PsychKG NRW angenommen.
- 2
- Die weitere Unterbringung ist auch in Anbetracht des Umstands, dass der Betroffene bereits seit dem Jahr 1995 wegen Fremdgefährdung öffentlichrechtlich untergebracht ist, verhältnismäßig. Nach den tatrichterlichen Feststellungen geht von dem Betroffenen nach wie vor die akute und damit hochgradige Gefahr für Leben, Leib sowie sexuelle Selbstbestimmung und mithin höchstrangige Rechtsgüter anderer aus. Er hat vor Strafhaft und Unterbringung schwerste Gewalt- und Sexualdelikte begangen und dabei eine hohe Rückfall- frequenz an den Tag gelegt. Diese Taten hatten keinerlei Beziehungsbezug, sondern trafen willkürlich ausgesuchte, ihm gänzlich fremde Opfer. Der Betroffene hat weiterhin Gewaltphantasien sowie sexuell sadistische Phantasien. Außerhalb des geschlossenen Bereichs würde sich seine - insbesondere sexuelle - Gewaltbereitschaft steigern und es wäre jederzeit damit zu rechnen, dass er Gewalttaten, insbesondere sexuelle Gewalttaten, ausführt. Bei Anlegung des rechtlichen Maßstabs, den das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung zur Verhältnismäßigkeit einer lang andauernden Unterbringung oder Sicherungsverwahrung entwickelt hat (vgl. etwa BVerfG Beschlüsse vom 26. November 2014 - 2 BvR 713/12 - juris Rn. 15 ff. und vom 20. November 2014 - 2 BvR 2774/12 - juris Rn. 33 ff. mwN; vgl. auch BVerfG Beschluss vom 14. März 2014 - 2 BvR 2168/13 - juris Rn. 11 f. mwN), ist die Fortdauer der mit der Unterbringung verbundenen Freiheitsentziehung - auch unter Berücksichtigung des aufgrund der Dauer der bereits verstrichenen Unterbringungszeit ganz erheblichen Gewichts des Freiheitsanspruchs des Betroffenen - im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung verhältnismäßig. Auch der hier nachhaltige Einfluss des Freiheitsanspruchs führt zu keiner anderen Beurteilung, weil es mit Blick auf die Art der von dem Betroffenen drohenden Taten sowie deren Bedeutung und Wahrscheinlichkeit vor dem staatlichen Schutzauftrag für die Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit unvertretbar ist, den Betroffenen in die Freiheit zu entlassen (vgl. BVerfG Beschluss vom 26. November 2014 - 2 BvR 713/12 - juris Rn. 18 mwN). Angesichts der vom Betroffenen in Freiheit ausgehenden hochgradigen Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten bleibt vorliegend die Fortdauer seiner Unterbringung als einzige Entscheidungsalternative.
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 22.05.2015 - 98 XIV 2304 L -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 17.06.2015 - 25 T 393/15 -
Annotations
(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.
(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.