Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Sept. 2017 - III ZR 93/17

published on 28/09/2017 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Sept. 2017 - III ZR 93/17
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Landgericht Gießen, 3 O 497/13, 14/01/2015

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 93/17
vom
28. September 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:280917BIIIZR93.17.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, den Richter Seiters sowie die Richterinnen Dr. Liebert, Pohl und Dr. Arend

beschlossen:
Der Antrag des Klägers, ihm einen Notanwalt zur Wahrung seiner Rechte im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Februar 2017 - 1 U 36/15 - beizuordnen , wird abgelehnt.
Die Anträge des Klägers, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu verlängern und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist zu gewähren, werden als unzulässig verworfen.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zutragen.
Streitwert: bis 30.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Kläger begehrt von dem beklagten Land unter dem Vorwurf von Amtspflichtverletzungen Schadensersatz und Schmerzensgeld. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung hiergegen zurückgewiesen.
2
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil hat der Kläger durch seinen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten fristgerecht Beschwerde eingelegt. Die Frist zur Begründung der Beschwerde wurde antragsgemäß bis 11. September 2017 verlängert. Mit am 11. September 2017 eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, dass er das Mandat niederlege. Der Kläger hat mit am selben Tag eingegangenem Schreiben beantragt, ihm einen Notanwalt zu bestellen, die Frist zur Beschwerdebegründung zu verlängern und ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

II.


3
1. Der Antrag des Klägers auf Bestellung eines Notanwalts ist unbegründet.
4
Nach § 78b Abs. 1 ZPO kann einer Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und mandatiert, kommt im Falle der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dies hat sie substantiiert darzulegen und nachzuweisen (zB Senat, Beschlüsse vom 29. Juni 2017 - III ZR 63/17, BeckRS 2017, 116899 Rn. 2; vom 29. September 2016 - III ZR 102/16, BeckRS 2016, 19301 Rn. 6 und vom 18. Dezember 2013 - III ZR 122/13, NJW-RR 2014, 378 Rn. 8 f, jeweils mwN).
5
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hatte einen zu seiner Vertretung bereiten, am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt gefunden, der fristgerecht Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat und auch bereit gewesen ist, diese zu begründen. Gescheitert ist dies lediglich daran, dass dieser das Mandat niedergelegt hat, nachdem es - wie der Kläger in der von ihm vorgelegten Anfrage auf Mandatsübernahme an andere beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte ausgeführt hat - zu Differenzen über den Inhalt der Beschwerdebegründung kam. Differenzen zwischen dem Kläger und seinem Rechtsanwalt über den Inhalt der Beschwerdebegründung und die hierauf beruhende Mandatsniederlegung allein rechtfertigen die Bestellung eines Notanwalts nicht. Mit dem Ziel, die Einreichung einer inhaltlich den Vorstellungen des Beschwerdeführers entsprechenden Beschwerdebegründung zu erreichen, kann die Bestellung eines Notanwalts nach § 78b ZPO grundsätzlich nicht verlangt werden (Senat, Beschlüsse vom 29. Juni 2017, aaO Rn. 3 und vom 18. Dezember 2013, aaO Rn. 12).
6
2. Der von dem Kläger selbst gestellte Fristverlängerungsantrag ist unzulässig , da ein solcher Antrag dem Anwaltszwang unterliegt (Senat, Beschluss vom 29. September 2016 aaO Rn. 8 mwN).
7
3. Der weitere Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die versäumte Begründungsfrist ist ebenfalls bereits unzulässig , weil der Anwaltszwang auch hierfür gilt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 2014 - VI ZR 562/13, BeckRS 2014, 18095 Rn. 1). Der Antrag ist deshalb gleichfalls zu verwerfen.
8
Ungeachtet dessen verspräche auch ein durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingereichter Wiedereinsetzungsantrag in der Sache keinen Erfolg. Einer Partei, welche trotz der Vornahme zumutbarer Bemühungen keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, kann Wiedereinsetzung gegen die Versäumung einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist nur dann gewährt werden, wenn sie vor Fristablauf einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gestellt und dabei die Voraussetzungen hierfür substantiiert dargelegt hat (Senat, Beschlüsse vom 29. September 2016 aaO Rn. 9 und vom 18. Dezember 2013 aaO Rn. 8). Dies ist hier wie ausgeführt nicht der Fall.
9
4. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht innerhalb der Frist des § 544 Abs. 2 ZPO durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) begründet worden ist.
Herrmann Seiters Liebert
Pohl Arend

Vorinstanzen:
LG Gießen, Entscheidung vom 14.01.2015 - 3 O 497/13 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 23.02.2017 - 1 U 36/15 -
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m

(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Re
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m

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(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.