Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2015 - III ZB 55/14

published on 26/02/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2015 - III ZB 55/14
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Landgericht Düsseldorf, 10 O 210/12, 15/04/2014
Oberlandesgericht Düsseldorf, 6 U 100/14, 05/09/2014

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 55/14
vom
26. Februar 2015
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 Fc, Fd

a) Für die Ausräumung eines Organisationsverschuldens des Rechtsanwalts
muss eindeutig feststehen, welche Bürokraft zu einem bestimmten Zeitpunkt
jeweils ausschließlich für die Fristenkontrolle zuständig ist.

b) Die gebotene Fristenkontrolle findet nicht statt, wenn die Fristenlöschung
durch eine Bürokraft erfolgt, der weder die Akte noch eine direkte Einzelanweisung
des sachbearbeitenden Rechtsanwalts vorliegt. Die bloße Mitteilung
einer anderen Bürokraft, die betreffende Frist solle gelöscht werden, genügt
als Grundlage für eine Fristenstreichung nicht.
BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Februar 2015 durch den
Vizepräsidenten Schlick und die Richter Wöstmann, Tombrink, Dr. Remmert
und Reiter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. September 2014 - I-6 U 100/14 - wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerde beträgt bis zu 65.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses am 16. April 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt. Nachdem bis zum Ablauf des 16. Juni 2014 keine Berufungsbegründung eingegangen war, wurde der Kläger hierauf mit Verfügung des Berufungsgerichts vom 17. Juni 2014 hingewiesen. Mit Schriftsätzen vom 8. Juli 2014, beide eingegangen am selben Tage, hat der Kläger seine Berufung begründet und bezüglich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
2
Der Kläger hat in seinem Wiedereinsetzungsgesuch vorgetragen, dass es durch ein "singuläres Versehen" der langjährig erfahrenen und bislang stets zuverlässig tätig gewesenen persönlichen Sekretärin seines Rechtsanwalts Dr. K. , Frau P. , zur vorzeitigen Löschung der Berufungsbegründungsfrist und hierdurch zur Versäumung dieser Frist gekommen sei. Die persönliche Sekretärin des Rechtsanwalts sei neben der zentralen Fristenkontrollstelle der Anwaltskanzlei, die durch Frau H. wahrgenommen werde, für die Überwachung der Fristen zuständig. Die Fristenkontrolle sei in der Anwaltskanzlei so gestaltet, dass für die eingehende Post von der zentralen Fristenkontrolle (Frau H. ) die Wiedervorlage- und Notfristen (sogenannte Promptfristen) in den zentralen Fristenkalender eingetragen und sodann auf den Schriftstücken notiert würden. Dementsprechend seien nach Eingang des Urteils des Landgerichts die Berufungseinlegungsfrist (WV 08.05.2014; Pr[omptfrist]: 15.05.2014) und die Berufungsbegründungsfrist (WV 08.06.2014; Pr[omptfrist]: 13.06.2014) auf dem Urteil und im Fristenkalender eingetragen worden. In der Anwaltskanzlei bestehe die seit Jahrzehnten geltende und reibungslos funktionierende Anweisung , dass an dem jeweiligen Tag die eingetragenen Fristen von der zentralen Fristenkontrolle (Frau H. ) telefonisch an die jeweiligen persönlichen Sekretärinnen der Anwälte (hier: Frau P. ) durchgegeben würden, die die Akten den sachbearbeitenden Rechtsanwälten vorlegten und verpflichtet seien, darauf zu achten, dass die eingetragenen Fristen erst nach Bearbeitung gelöscht würden. Die den Streitfall betreffende Akte sei Rechtsanwalt Dr. K. nicht erst am 8. Mai 2014, dem Wiedervorlagetermin für die Berufungseinlegung , sondern bereits am 7. Mai 2014, nämlich im Zusammenhang mit dem Eingang der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung, vorgelegt worden. Rechtsanwalt Dr. K. habe sodann die Berufungsschrift diktiert und nach Niederschrift des Diktats durch Frau P. selbst am späten Nachmittag an das Berufungsgericht per Telefax übersandt. Er habe die Fristen für die Berufungseinlegung (08.05.2014 und 15.05.2014) auf dem landgerichtlichen Urteil gestrichen, diese Streichung mit seinem Handzeichen versehen und die Akte mit der Berufungsschrift und dem Sendeprotokoll am Abend auf seinem Schreibtisch liegen lassen. Am Vormittag des nächsten Tages habe er Frau P. sinngemäß gesagt: "In der Sache Kü. habe ich die Berufungseinlegung schon rausgeschickt, bitte entsprechend an Frau H. durchgeben, dass die Promptfrist für die Berufungseinlegung gelöscht werden kann." Frau P. habe die Akte aus dem Zimmer von Rechtsanwalt Dr. K. mitgenommen und zu ihrem Schreibtisch gebracht. Dort habe sie nach Erledigung mehrerer Telefonate Frau H. per E-Mail geschrieben: "Promptfristen streichen , Kü. ./. S. u.a., LG Düsseldorf, 10 O 210/12, Urteil vom 15.04.2014, WV 08.06.2014, Pr 15.05.2014, Pr 13.06.2014", also versehentlich mitgeteilt, dass auch die Fristen für die Berufungsbegründung gestrichen werden sollten. Dies habe Frau H. in dem von ihr geführten zentralen Fristenkalender dann auch so vollzogen, so dass die rechtzeitige Aktenvorlage für die Berufungsbegründung unterblieben sei.
3
In der Anwaltskanzlei bestehe die allgemeine Anweisung, dass grundsätzlich nur die mit der Fristenkontrolle betrauten persönlichen Sekretärinnen überhaupt Fristen streichen dürften, und dies auch erst, nachdem sie sich anhand der Akte oder des zu erledigenden Schriftsatzes vergewissert hätten, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen sei, oder wenn sie dazu (wie hier) eine konkrete Einzelanweisung des Rechtsanwalts erhalten hätten. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine Frist lange vor dem letzten Tag des Fristab- laufs erledigt sei, weil entweder der zu fertigende Schriftsatz nachweislich abgesandt oder etwa entschieden worden sei, ein Rechtsmittelverfahren nicht durchzuführen, teile Frau P. auf Anweisung von Rechtsanwalt Dr. K. hin Frau H. mit, dass die bei ihr im Fristenkalender eingetragene konkrete Frist gelöscht werden könne. Damit solle verhindert werden, dass die Akte wegen der erledigten Frist zu einem späteren Zeitpunkt nochmals vorgelegt werde. Nur dann, wenn Frau H. konkret unter Angabe der genauen Akte und Frist angewiesen werde, eine Frist vorzeitig im zentralen Fristenkalender zu streichen , nehme sie die Fristenstreichung vor; einer etwaigen Anweisung zu einer pauschalen Fristenstreichung (etwa: "alle Fristen eines Tages") komme sie nicht nach.
4
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.


5
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO statthafte sowie rechtzeitig eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).
6
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass dem Rechtsanwalt des Klägers ein Organisationsverschulden zur Last falle, welches sich der Kläger zu- rechnen lassen müsse. Nach allgemeiner Anweisung sei es in der Anwaltskanzlei möglich gewesen, dass die mit der zentralen Fristenkontrolle (einschließlich der Streichung von Fristen im zentralen Fristenkalender) betraute Mitarbeiterin H. eine Frist habe löschen dürfen, ohne zur Kontrolle die Handakte oder eine direkte Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts zu besitzen. Vielmehr sei es ihr erlaubt gewesen, aufgrund einer konkreten Anweisung der persönlichen Sekretärin des jeweiligen Rechtsanwalts Fristen zu löschen. Dadurch sei die Gefahr geschaffen worden, dass es zu einer versehentlichen Falschübermittlung habe kommen können, ohne dass die mit der konkreten Löschung der Frist befasste Mitarbeiterin H. eine Überprüfungsmöglichkeit gehabt habe. Dem stehe nicht entgegen, dass die persönlichen Sekretärinnen ebenfalls eine Kontrollfunktion wahrnähmen und grundsätzlich nur sie überhaupt Fristen löschen dürften. Denn dadurch, dass sie die Fristen gerade nicht selber im Fristenkalender löschten, sondern ihrerseits nur eine Anweisung zur Fristenlöschung an eine weitere Mitarbeiterin, die für den Fristenkalender zuständig sei, erteilten, sei eine wirksame Fristenkontrolle nicht hinreichend gewährleistet. Es müsse sichergestellt sein, dass eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet werde, wenn der fristwahrende Schriftsatz gefertigt und dafür Sorge getragen worden sei, dass das Schriftstück tatsächlich hinausgehe. Dies sei nur der Fall, wenn die Mitarbeiterin, die die Fristen im Fristenkalender streiche, entweder eine eigene Überprüfungsmöglichkeit anhand der Handakte oder eine diesbezügliche konkrete Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts erhalten habe.
7
2. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe ein ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seines Rechtsanwalts nicht auszuräumen vermocht, so dass ihm keine Wiedereinsetzung zu gewähren und seine Berufung als unzulässig zu verwerfen sei, befindet sich in Übereinstim- mung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Verfahrensgrundrechte des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) hat das Berufungsgericht nicht verletzt.
8
a) Es gehört zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmitteleinlegungs- und Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden, und zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Fristenkontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen , dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht und somit die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist, oder wenn von einer (weiteren) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens abgesehen werden soll. Dabei ist die für die Kontrolle zuständige Bürokraft anzuweisen, dass Fristen im Kalender erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen sind, nachdem sie sich anhand der Akte selbst vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Fristenkontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals und abschließend selbständig überprüft wird (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 7. Januar 2015 - IV ZB 14/14, BeckRS 2015, 01755 Rn. 8; vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, BeckRS 2015, 00476 Rn. 8; vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 f Rn. 8 f; vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745, 746 Rn. 9 und vom 5. März 2008 - XII ZB 186/05, NJW-RR 2008, 1160, 1161 Rn. 11 ff sowie Senatsbeschlüsse vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, NJOZ 2014, 1476 Rn 8 und vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, MDR 2008, 53, 54 - jeweils mwN).
9
b) Nach diesen Maßgaben hat der Kläger nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass im Büro seines Rechtsanwalts hinreichende organisatorische Vorkehrungen getroffen worden sind, welche die unberechtigte Streichung von Fristen verhindern und damit die rechtzeitige Vorlage fristgebundener Sachen sicherstellen.
10
aa) Aus den Ausführungen des Klägers ist schon nicht ersichtlich, welche konkrete Bürokraft für die Fristenkontrolle Verantwortung getragen hat. Eine solche Darlegung ist für die Ausräumung eines Organisationsverschuldens jedoch geboten. Es muss nämlich eindeutig feststehen, welche Fachkraft zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils ausschließlich für die Fristenkontrolle zuständig ist (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 3. November 2010 - XII ZB 177/10, NJW 2011, 385, 386 Rn. 9 und vom 17. Januar 2007 - XII ZB 166/05, NJW 2007, 1453 Rn. 12 f).
11
(1) Im Wiedereinsetzungsgesuch hat der Kläger ausgeführt, dass die persönliche Sekretärin seines Rechtsanwalts, Frau P. , "neben der zentralen Fristenkontrollstelle" der Anwaltskanzlei, die durch Frau H. wahrgenommen werde, für die Überwachung der Fristen zuständig gewesen sei. Der Fristenkalender wurde nach den Angaben des Klägers indessen nicht von Frau P. , sondern - zentral - allein von Frau H. geführt, welche die Fristen eintrug, deren Löschung vornahm und die persönlichen Sekretärinnen der Rechtsanwälte laufend über die jeweils aktuellen Fristen unterrichtete. Die persönlichen Sekretärinnen der Rechtsanwälte hatten nach dem Vortrag des Klägers die Aufgabe, darauf zu achten, dass die eingetragenen Fristen erst nach der Bearbeitung gelöscht wurden. "Grundsätzlich" durften nur "die mit der Fristenkontrolle betrauten persönlichen Sekretärinnen" überhaupt Fristen streichen und gaben dies dann an Frau H. weiter.
12
(2) Aus diesem Vorbringen wird nicht in dem erforderlichen Maße deutlich , welche Bürokraft in der Anwaltskanzlei ausschließlich mit der Fristenkontrolle betraut gewesen ist.
13
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass beide Bürokräfte, Frau P. und Frau H. , Aufgaben der Fristenkontrolle wahrgenommen hätten. Dies greift der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde an. Er meint, das Berufungsgericht habe sich über seinen Vortrag hinweggesetzt und hierdurch seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Frau H. habe eigenständig keine Fristen löschen dürfen, sondern nur auf Weisung der persönlichen Sekretärin des Rechtsanwalts. Frau H. habe also nur Anweisungen ausgeführt. Die Verantwortung für die Fristenüberwachung und die alleinige Befugnis, Fristen streichen zu dürfen, hätten ausschließlich bei den persönlichen Sekretärinnen gelegen.
14
Mit dieser Rüge berücksichtigt der Kläger seinen Vortrag im Wiedereinsetzungsgesuch jedoch nicht vollständig. Dort hat er vorgebracht, dass Frau P. "neben" Frau H. ("zentrale Fristenkontrolle") für die Überwachung der Fristen zuständig gewesen sei. Mit der Angabe "grundsätzlich" in Bezug auf die Fristenstreichung hat er offen gelassen, wann und unter welchen Bedingungen die persönlichen Sekretärinnen oder Frau H. eine Fristenstreichung vornehmen dürfen. Unklar ist auch, wie die persönlichen Sekretärinnen in ausschließlich eigener Verantwortung eine Frist löschen können, wenn der Fristenkalender doch - insoweit eigenverantwortlich ("zentrale Fristenkontrolle") - von Frau H. geführt und verwaltet wird. Anders als es die Rechtsbeschwerde geltend machen möchte, erscheint Frau H. hinsichtlich der Fristenlöschung unter Zugrundelegung des Vortrags im Wiedereinsetzungsgesuch nicht als bloßer "verlängerter Arm" oder als ein schlichtes "Werkzeug" der persönlichen Sekretärinnen. Vielmehr bleibt es - auch weiterhin - ungeklärt, welche der beiden Bürokräfte die gebotene "ausschließliche Fristenkontrolle" auszuüben hatte.
15
bb) Unbeschadet dessen hat das Berufungsgericht zu Recht beanstandet , dass durch die dargelegten allgemeinen Anweisungen in der Anwaltskanzlei der zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht sichergestellt gewesen ist, dass vor einer Fristenstreichung die dafür erforderlichen Kontrollen vorgenommen werden.
16
Durch organisatorische Anweisungen muss, wie oben (unter a) dargestellt , gewährleistet werden, dass die zuständige Bürokraft eine Fristenlöschung erst vornimmt, nachdem sie sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist. Diese Kontrolle wird unterlaufen, wenn die Fristenlöschung durch eine Bürokraft erfolgt, der weder die Akte noch eine direkte Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts vorliegt. Kontrollmöglichkeit und Fristenlöschung fallen dann nämlich auseinander, eine wirksame Fristenkontrolle findet insoweit also nicht statt. Die bloße Mitteilung einer anderen Bürokraft, die betreffende Frist solle gelöscht werden, genügt als Grundlage für eine Fristenstreichung nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 1999 - XII ZB 15/99, NJW-RR 1999, 1222).
17
cc) Schließlich ist eine Anordnung in der Kanzlei des Rechtsanwalts des Klägers, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals und abschließend selbständig überprüft wird, nicht dargetan.
18
Eine solche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt (BGH, Beschluss vom 4. November 2014 aaO S. 254 Rn. 9). Sie dient nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern soll auch feststellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH aaO Rn. 10).
19
c) Nach alldem stellt sich die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht, wie der Kläger meint, lediglich als Folge eines unvorhersehbaren singulären "Blackouts" der persönlichen Sekretärin seines Rechtsanwalts dar, sondern vielmehr auch als Folge einer ungenügenden Kanzleiorganisation, die es verabsäumt hat, die erforderliche Fristenkontrolle im Zusammenhang mit der Löschung von Fristen sicherzustellen.
20
Hätte die mit der Fristenlöschung betraute Bürokraft (Frau H. ) eine Überprüfung anhand der Akte vornehmen können oder wäre eine abendliche Fristenkontrolle anhand des Fristenkalenders erfolgt, so wäre es bei gewöhnli- chem Lauf der Dinge entweder gar nicht erst zur Löschung der die Berufungsbegründung betreffenden Fristen gekommen oder diese Fristenlöschung wäre noch am selben Tage als unberechtigt aufgefallen und revidiert worden.
Schlick Wöstmann Tombrink
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.04.2014 - 10 O 210/12 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.09.2014 - I-6 U 100/14 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver
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Annotations

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.