Bundesgerichtshof Beschluss, 04. März 2004 - I ZR 50/03
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I. Das Landgericht hat die Beklagte dazu verurteilt, die Internet-Domain "ritter.de" auf die Klägerin zu übertragen und der Umschreibung auf diese gegenüber der DENIC zuzustimmen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe zwar die geltend gemachten kennzeichenrechtlichen Ansprüche nicht schlüssig vorgetragen, aber einen vertraglichen Anspruch auf Übertragung der Domain. Die Frage, ob namensrechtliche Ansprüche bestehen, hat das Landgericht dahinstehen lassen.
Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts im Ergebnis und in der Begründung bestätigt.
II. Die Beklagte will mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde geltend ma- chen, daß die Behandlung der Rechtssache durch die für Markensachen zuständigen Gerichte und Spruchkörper anstelle der ihrer Auffassung nach zuständigen Gerichte und Spruchkörper für "Vertragssachen" gegen die in Art. 101 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG niedergelegten Grundsätze verstoße, wonach Ausnahmegerichte unzulässig seien und niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden dürfe.
Die Beklagte berücksichtigt dabei allerdings nicht, daß der in der hier einschlägigen Zuständigkeitsvorschrift des § 140 Abs. 1 MarkenG legaldefinierte Begriff der Kennzeichenstreitsachen ("alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird") im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift weit auszulegen ist (vgl. KG GRUR 2000, 803; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 140 Rdn. 5 m.w.N.). Erforderlich, aber auch ausreichend ist ein Bezug zum Markengesetz dergestalt, daß das Rechtsverhältnis, aus dem der geltend gemachte Anspruch abgeleitet wird, den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegt. Dementsprechend fallen unter § 140 Abs. 1 MarkenG außer den unmittelbar aus den Bestimmungen des Markengesetzes abgeleiteten gesetzlichen Ansprüchen (vgl. dort §§ 14-19, 44, 55 [49, 51], 101, 128, 135) auch alle Ansprüche aus rechtsgeschäftlichen Erklärungen und Vereinbarungen, die - wie z.B. Streitigkeiten aus Übertragungen, Belastungen, Gestattungen oder Lizenzen nach den §§ 27-31 MarkenG - im Markengesetz, sei es auch nur teilweise, geregelt sind. Gleiches gilt für Ansprüche aus im Markengesetz nicht ausdrücklich geregelten Rechtsgeschäften über geschäftliche Beziehungen, die - wie etwa Abgrenzungsvereinbarungen oder Vergleichsverträge zur Beilegung von Verletzungsprozessen - an das Entstehen und/oder den Inhalt des Kennzeichenrechts nach
den Regelungen des Markengesetzes anknüpfen. Dementsprechend sind alle Streitigkeiten aus vertraglichen Vereinbarungen, deren Gegenstand die Inhaberschaft an oder die Rechte aus einem Kennzeichenrecht bilden, Kennzeichenstreitsachen i.S. des § 140 Abs. 1 MarkenG (Ingerl/Rohnke aaO § 140 Rdn. 5). Maßgeblich ist dabei die objektiv-rechtliche Einordnung der insoweit als zutreffend zu unterstellenden tatsächlichen Behauptungen des Klägers, nicht dagegen, ob sich für die gerichtliche Entscheidung kennzeichenrechtliche Fragen letztendlich als erheblich erweisen (Ingerl/Rohnke aaO § 140 Rdn. 6 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen waren das von der Klägerin angerufene Landgericht und das Berufungsgericht als Kennzeichenstreitgerichte zur Entscheidung über die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche berufen. Die Klägerin hatte in der Klageschrift vom 23. Juni 2000 unter anderem vorgetragen, sie sei Inhaberin der beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 399 09 876 eingetragenen Marke "Ritter" und könne auch aus dieser die Freigabe der im Streit befindlichen Domain "ritter.de" verlangen. Sie hat diesen Vortrag in ihrem weiteren, bei Gericht am 19. Dezember 2000 eingegangenen Schriftsatz wiederholt und ergänzt, wobei sie den Klageanspruch nunmehr zugleich auch auf § 15 MarkenG gestützt hat. Die Klägerin hat die Klage in schlüssiger Weise auch auf eine kennzeichenrechtliche Grundlage gestellt.
III. Aus den Ausführungen zu vorstehend II. folgt zugleich, daß der beschließende Senat gemäß der Nr. 2 seiner geschäftsverteilungsplanmäßigen Zuständigkeit ("Rechtsstreitigkeiten aus dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes , soweit sie nicht dem X. Zivilsenat zugewiesen sind") zur Entscheidung der vorliegenden Streitsache berufen ist.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
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Annotations
(1) Für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Kennzeichenstreitsachen), sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig.
(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Kennzeichenstreitsachen insgesamt oder teilweise für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen zuzuweisen, sofern dies der sachlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren dient. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung den Gerichten eines Landes obliegende Aufgaben insgesamt oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen.
(3) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.
(4) Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, sind die Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.
(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.
(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.
(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder Absatz 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(5) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. § 14 Abs. 6 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(6) § 14 Abs. 7 ist entsprechend anzuwenden.