Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2015 - 4 StR 391/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 26. November 2012 wegen Beihilfe zum Raub zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
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- Die Revision, mit der der Angeklagte allgemein die Verletzung materiellen Rechts rügt, erzielt lediglich wegen einer nach Erlass des angefochtenen Urteils eingetretenen Verfahrensverzögerung einen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Das Verfahren ist nach Erlass des angefochtenen Urteils unter Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK zunächst dadurch in rechtsstaatswidriger Weise verzögert worden, dass die Originalakten seit dem 22. März 2013 in Verlust geraten sind und erst im Juni/Juli 2014 teilweise rekonstruiert werden konnten , nachdem der Verteidiger sich nach dem Stand des Revisionsverfahrens erkundigt hatte. Nach Begründung der Revision durch den Verteidiger mit Schriftsatz vom 4. Februar 2013 hätten die Akten dem Generalbundesanwalt bei ordnungsgemäßem Verfahrensgang alsbald danach vorgelegt werden müssen. Tatsächlich sind die Akten dort erst am 25. August 2014 eingegangen. Nachdem auf Veranlassung des Generalbundesanwalts weitere, für die Durchführung des Revisionsverfahrens notwendige Unterlagen beim Landgericht und bei der Staatsanwaltschaft beschafft worden waren, konnten die Akten dem Bundesgerichtshof schließlich am 4. Dezember 2014 vorgelegt werden. Dadurch hat sich nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist insgesamt eine Verzögerung von etwa eineinhalb Jahren ergeben, die auf die Sachrüge hin von Amts wegen zu berücksichtigen ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 16. Juni 2009 – 3 StR 173/09, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 20 mwN).
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- 2. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Kompensation nicht mit dem Umfang der Verzögerung gleichzusetzen, sondern hat nach den Umständen des Einzelfalles grundsätzlich einen eher geringen Bruchteil der Strafe zu betragen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 – 4 StR 643/10, BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 41 mwN). In Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts in seiner Zuschrift vom 16. Januar 2015 erscheint dem Senat im vorliegenden Fall eine Kompensation von drei Monaten angesichts der insgesamt eingetretenen Verzögerung von etwa eineinhalb Jahren als angemessen. Diese Kompensation kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO selbst aussprechen (BGH, Beschluss vom 6. März 2008 – 3 StR 376/07, NStZ-RR 2008, 208, 209; Beschluss vom 3. November 2011 – 2 StR 302/11, NStZ 2012, 320, 321).
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- b) Eine neben die Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung tretende Berücksichtigung der seit Tatbegehung vergangenen Zeit bei der Strafzumessung und infolgedessen die Aufhebung des Strafausspruchs ist mit Blick auf die verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr und die getroffene Bewährungsentscheidung nicht geboten, zumal sich der Angeklagte , soweit aus den teilrekonstruierten Sachakten ersichtlich, nicht in Untersuchungshaft befand.
Mutzbauer Quentin
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.