Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2016 - 1 StR 617/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu Ziffer 2 und 3 auf dessen Antrag – und nach Anhörung des Beschwerdeführers gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO am 20.Dezember 2016
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in zwei Fällen sowie wegen besonders schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und unerlaubtem Sichverschaffen von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Entscheidung über den Verfall von Wertersatz getroffen.
- 2
- Die Revision, mit der der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, erzielt lediglich wegen einer nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eingetretenen Verfahrensverzögerung einen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); das Urteil ist um eine Kompensation für einen Konventionsverstoß zu ergänzen. Im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 28. November 2016 unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 3
- Zur Kompensation einer nach Erlass des angefochtenen Urteils eingetretenen , der Justiz anzulastenden Verfahrensverzögerung ist ein angemessener Teil der gegen den Angeklagten verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt zu erklären (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07, BGHSt 52, 124).
- 4
- Die Akten wurden von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth mit Übersendungsbericht vom 17. Dezember 2015 an den Generalbundesanwalt übersandt , sind dort aber erst am 23. November 2016 eingetroffen. Ausweislich eines Vermerks der Geschäftsstelle des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs waren die Akten dort in einem Karton zusammen mit Akten eines Zivilverfahrens eingetroffen und wurden, nachdem festgestellt worden war, dass es sich nicht um Beiakten des Zivilverfahrens handelte, an den Generalbundesanwalt weitergeleitet. Damit haben die Justizbehörden nach Beginn des Revisionsverfahrens das Gebot zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) verletzt. Der dargelegte Verfahrensgang hat – wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat – nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist insge- samt zu einer Verfahrensverzögerung von etwa elf Monaten geführt, die auf die Sachrüge hin von Amts wegen zu berücksichtigen ist (st. Rspr.; vgl. z.B. Beschlüsse vom 12. Februar 2015 – 4 StR 391/14, wistra 2015, 241 f. und vom 16. Juni 2009 – 3 StR 173/09, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 20 mwN).
- 5
- Um diese auszugleichen, stellt der Senat fest, dass zwei Monate der erkannten Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Diese Kompensation kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO selbst aussprechen (BGH, Beschlüsse vom 6. März 2008 – 3 StR 376/07, NStZ-RR 2008, 208, 209; vom 3.November 2011 – 2 StR 302/11, NStZ 2012, 320, 321 und vom 12. Februar 2015 – 4 StR 391/14, wistra 2015, 241 f.).
- 6
- Da die gegen die Verurteilung insgesamt gerichtete Revision nur einen geringen Teilerfolg hat, ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO). Raum Jäger Radtke Mosbacher Fischer
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.