Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2016 - 4 StR 379/15

published on 03/02/2016 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2016 - 4 StR 379/15
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 379/15
vom
3. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:030216B4STR379.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. Februar 2016 einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 16. März 2015, soweit es ihn betrifft, dahin geändert, dass der Angeklagte als Gesamtschuldner mit den Angeklagten C. und Do. verurteilt ist, an den Adhäsionskläger A. W. 549.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2013 zu zahlen. 2. Von einer Entscheidung über den weiter gehenden Adhäsionsantrag gegen den Angeklagten D. wird abgesehen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten D. wird verworfen. 4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten sowie die dadurch entstandenen gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen des Adhäsionsklägers zu tragen, soweit der Anspruch zuerkannt worden ist. Soweit von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen worden ist, werden die entstandenen gerichtlichen Auslagen der Staatskasse auferlegt; die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur räuberischen Erpressung, wegen Beihilfe zur Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, und wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge und eine Verfahrensrüge gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel ist nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zum Adhäsionsausspruch erfolgreich. Im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Nach den Feststellungen unter II. 4. und 5. des angefochtenen Urteils setzte der Angeklagte gemeinsam mit den Mitangeklagten C. und Do. an seinem PC Schreiben von zwei Rechtsanwälten auf, um den Adhäsionskläger zur Zahlung eines Schweigegeldes zu bewegen. Um den Druck auf den Adhäsionskläger zu erhöhen, entwickelte er unter der Mitwirkung und Aufsicht von C. und Do. ein Dokument, das einem Urteil des Landgerichts K. stark ähnelte. Nach Vorlage der vermeintlichen Rechtsanwaltsschreiben und von Auszügen des gefälschten Urteils zahlte der Nebenkläger 350.000 € an Do. . Der Angeklagte erhielt hiervon absprachegemäß einige hundert Euro (Fall II. 4.). Da der Adhäsionskläger die geforderte Summe in kürzester Zeit aufgebracht hatte, setzten ihn C. und Do. weiter unter Druck. Der Adhäsionskläger zahlte ihnen daraufhin weitere 620.000 € gegen Aushändigung der gefälschten Urteilsauszüge und Rechtsanwaltsschreiben, die anschließend verbrannt wurden (Fall II. 5.).
4
2. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten in diesen Fällen als eine Beihilfe zur Erpressung in Tateinheit mit Urkundenfälschung gewertet. Soweit diese Verurteilung auch eine Beihilfehandlung des Angeklagten zu der Erpressung im Fall II. 5. erfasst, hält dies der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil das Urteil keine Feststellungen zum Gehilfenvorsatz des Angeklagten D. in Bezug auf die erneute Erpressung des Adhäsionsklägers mit Hilfe derselben gefälschten Unterlagen enthält. Eine Strafbarkeit wegen Beihilfe (§ 27 StGB) setzt auf subjektiver Seite einen doppelten Gehilfenvorsatz voraus. Dieser muss die Unterstützungshandlung umfassen und sich auf die Vollendung einer vorsätzlich begangenen Haupttat richten, wobei es genügt, dass der Gehilfe erkennt und billigend in Kauf nimmt, dass sein Beitrag sich als unterstützender Bestandteil in einer Straftat manifestieren wird (BGH, Urteil vom 18. April 1996 – 1 StR 14/96, BGHSt 42, 135, 137 f.; BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 3 StR 167/14, wistra 2015, 148, 150 jeweils mwN). Hier ist weder festgestellt noch belegt, dass der Angeklagte wusste oder für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass C. und Do. die von ihm gefertigten Unterlagen zu einer weiteren Erpressung nutzen würden.
5
Der Schuldspruch des Urteils ist von dem Rechtsfehler nicht berührt. Aber auch der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Das Landgericht hat die Strafe dem § 267 Abs. 3 Satz 1 StGB entnommen, weil ein Vermögensverlust großen Ausmaßes verursacht worden ist. Bei der konkreten Strafzumessung hat es lediglich berücksichtigt, dass der Vermögensschaden weit über der Summe von 50.000 € liegt, die in der Regel als Untergrenze des Vermögensschadens großen Ausmaßes betrachtet wird. Dies trifft auch auf den dem Angeklagten D. im Fall II. 4. zuzurechnenden Vermögensschaden von 350.000 € zu.
6
3. Im Rahmen der Adhäsionsentscheidung durfte dem Angeklagten D. die Zahlung der weiteren 620.000 € aufgrund der bisherigen Feststellungen zu seiner Tatbeteiligung im Fall II. 5. allerdings nicht zur Last gelegt werden. Eine Aufhebung und Zurückverweisung zur Feststellung des subjektiven Tatbestandes der Beihilfe zur Erpressung im Fall II. 5. der Urteilsgründe allein zur Bestimmung des Umfangs des Adhäsionsanspruchs kommt nicht in Betracht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2010 – 4 StR 295/10, NStZ-RR 2011, 52; vom 8. November 2005 – 4 StR 321/05, BGHR StPO § 403 Anspruch 8 mwN; vom 28. November 2002 – 5 StR 381/02, wistra 2003, 113). Der Senat hat den Adhäsionsausspruch entsprechend berichtigt.
7
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 472a Abs. 1 und Abs. 2 StPO.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch i
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

Der Verletzte oder sein Erbe kann gegen den Beschuldigten einen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch, der zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört und noch nicht anderweit gerichtlich anhängig gemacht ist, im Strafverfahren geltend machen, im Verfahren vor dem Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes. Das gleiche Recht steht auch anderen zu, die einen solchen Anspruch geltend machen.

(1) Soweit dem Antrag auf Zuerkennung eines aus der Straftat erwachsenen Anspruchs stattgegeben wird, hat der Angeklagte auch die dadurch entstandenen besonderen Kosten und die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Sinne der §§ 403 und 404 zu tragen.

(2) Sieht das Gericht von der Entscheidung über den Adhäsionsantrag ab, wird ein Teil des Anspruchs dem Antragsteller nicht zuerkannt oder nimmt dieser den Antrag zurück, so entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, wer die insoweit entstandenen gerichtlichen Auslagen und die insoweit den Beteiligten erwachsenden notwendigen Auslagen trägt. Die gerichtlichen Auslagen können der Staatskasse auferlegt werden, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten.