Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2005 - 4 StR 321/05

published on 08/11/2005 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2005 - 4 StR 321/05
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 321/05
vom
8. November 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 8. November 2005 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 24. Februar 2005 im Adhäsionsausspruch , soweit er die Angeklagten betrifft, aufgehoben. Insoweit wird von einer Entscheidung über den Entschädigungsantrag des Adhäsionsklägers abgesehen. 2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen. 3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und die dem Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Die durch das Adhäsionsverfahren , soweit es die Angeklagten betrifft, entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch dieses Verfahren entstandenen Auslagen tragen die Beschwerdeführer und der Nebenkläger selbst.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten K. unter Freispruch im Übrigen wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jah-
ren und zehn Monaten verurteilt. Den Mitangeklagten A. , dessen Revision durch Beschluss vom heutigen Tage gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen worden ist, hat es wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie den Vorwegvollzug von vier Jahren der Freiheitsstrafe angeordnet.
Ferner hat das Landgericht die Angeklagten A. , L. und K. als Gesamtschuldner verurteilt, an den Nebenkläger 2.572,55 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31. Januar 2005 zu zahlen.
Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel haben lediglich Erfolg, soweit sie sich gegen den Adhäsionsausspruch richten. Im Übrigen sind sie aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Adhäsionsausspruch hält, soweit er die Angeklagten K. und L. betrifft, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegen die Voraussetzungen des § 830 BGB nicht vor, weil die Angeklagten L. und K. nach den Feststellungen an den allein vom Mitangeklagten A. begangenen Verletzungshandlungen zum Nachteil des Adhäsionsklägers weder als Mittäter noch als Anstifter oder Gehilfe beteiligt waren. Das Landgericht hat insoweit zu Recht nur den Angeklagten A. wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, weil die Körperverletzungshandlungen des Mitangeklagten A. von dem auf die Begehung einer schweren räuberischen Erpressung gerichteten Tatplan nicht umfasst wa-
ren. Die Beurteilung, ob sich jemand im Sinne des § 830 Abs. 1 BGB als Mittäter oder als Teilnehmer im Sinne des § 830 Abs. 2 BGB an einer die zivilrechtliche Haftung begründenden deliktischen Verhaltensweise beteiligt hat, richtet sich nach den für das Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (vgl. BGHR BGB § 830 Abs. 2 Blockademaßnahme 1 m.w.N.). Die Angeklagten K. und L. sind nicht als Beteiligte im Sinne § 830 BGB anzusehen, weil sich die Verletzungshandlungen des Mitangeklagten A. für sie als Exzesshandlungen darstellen (vgl. BGH aaO; BGHR BGB § 830 Abs. 2 Teilnahme 1).
Zwar würde auch eine Haftung der Angeklagten K. und L. wegen einer fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB) begangenen unerlaubten Handlung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB gemäß § 840 Abs. 1 BGB zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der Angeklagten führen. Aus dieser Vorschrift folgt hingegen nicht, dass die Haftung mehrerer Verantwortlicher stets gleich hoch sein muss. Vielmehr kann der Haftungsumfang unterschiedlich sein, so dass das Gesamtschuldverhältnis nur bis zum geringeren Betrag, für den jeder der Nebentäter haftet, besteht (vgl. Palandt/Sprau BGB 65. Aufl. § 840 Rdn. 3 m.N.). So liegt es hier. Da die Angeklagten nicht nach § 830 BGB, sondern jeweils nach § 823 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig sind, hätte die Höhe des gemäß § 253 Abs. 2 BGB zu ersetzenden immateriellen Schadens (Schmerzensgeld) für jeden der Angeklagten gesondert bemessen werden müssen. Handelt von mehreren Nebentätern, die den selben Schaden verursacht haben, einer der Täter - wie hier A. - vorsätzlich, handeln die anderen Nebentäter aber fahrlässig, führt dies grundsätzlich zu einer unterschiedlichen Bemessung des von dem jeweiligen Täter zu zahlenden Schmerzensgeldes, weil der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes bei Vorsatztaten besonderes Gewicht zukommt (vgl. Palandt/Heinrichs aaO § 253 Rdn. 11 m.N.).
Eine Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung allein über den Entschädigungsanspruch kommt nicht in Betracht (vgl. BGH NStZ 2003, 321, 322; StraFo 2004, 386).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 472 Abs. 1 Satz 2, § 472 a Abs. 2, § 473 Abs. 1 Satz 1, 2 StPO.
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.

(2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.

(2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.

(3) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet.

(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.

(2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.