Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2018 - 10 ZB 18.871

bei uns veröffentlicht am31.08.2018

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der „polizeilichen Maßnahmen vom 26./27. Juni 2016“ weiter, insbesondere

– der „Behauptung, dem Kläger sei ein Hausverbot erteilt worden, weshalb der Verdacht des Hausfriedensbruchs bestehe“ (1),

– der „Aufforderung an den Kläger, das Anwesen E.-Str. 20,…M., zu verlassen und im Falle der Weigerung unmittelbaren Zwang anwenden zu dürfen“ (2), sowie

– der Androhung, den Kläger im Fall des wiederholten Antreffens in der Wohnung in Gewahrsam zu nehmen (3).

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht (1.). Der weiter geltend gemachte Verfahrensfehler in Form eines Verstoßes gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG; 2.) ist bereits nicht hinreichend dargelegt.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

Das Erstgericht hat die Fortsetzungsfeststellungsklage deshalb als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der drei polizeilichen Äußerungen bzw. Maßnahmen geltend machen könne, insbesondere kein Fall eines schwerwiegenden Grundrechtseingriffs vorliege. Die Richtigkeit dieser Annahme stellt der Kläger mit der Begründung in Abrede, mit der unrichtigen Behauptung der Polizei, es habe gegen ihn ein Hausverbot für das Anwesen E.-Straße 20 bestanden, sei eine ehrverletzende Rufschädigung in der Öffentlichkeit verbunden. Bei unbeteiligten Beobachtern des Polizeieinsatzes, insbesondere den vor Ort befindlichen Untermietern des Klägers, die ihn im Zuge der Polizeimaßnahme herbeigerufen hätten, sei sein Bild durch die nachweislich falsche Tatsachenbehauptung nachteilig beeinflusst worden. Die Feststellung im angefochtenen Urteil, die Untermieter hätten schon aufgrund fehlender Sprachkenntnisse den Sinngehalt der beanstandeten Aussage nicht zutreffend erfassen können, sei nicht nachvollziehbar, denn aufgrund der gesamten Umstände, insbesondere des lautstarken und verbal aggressiven Verhaltens der Polizei sei jedermann bewusst gewesen, dass es sich um ein polizeiliches Vorgehen gegen den Kläger gehandelt habe. Schließlich verkenne das Urteil, dass es bei Eingriffen in Art. 2 Abs. 1 GG verschiedene Intensitätsstufen gebe, die streitgegenständlichen Eingriffe jedoch so intensiv seien, dass sie ein berechtigtes Feststellungsinteresse begründeten.

Mit diesem – ausschließlich auf die Frage des Vorliegens eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs bezogenen – Vorbringen gelingt es dem Kläger nicht, die Richtigkeit des Urteils ernstlich in Zweifel zu ziehen.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse mit ausreichender Begründung u.a. deshalb verneint, weil das beanstandete polizeiliche Vorgehen nicht mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff im Sinne der Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 38.12 – juris) verbunden war. Es fehlte an dem notwendigen Gewicht des Eingriffs. Dies liegt insbesondere bei Grundrechtseingriffen vor, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (z.B. BVerfG, B.v. 5.7.2013 – 2 BvR 370/13 – juris Rn. 19: Wohnungsdurchsuchung) oder die besonders sensible Rechtsgüter wie die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) oder die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG; BVerfG, B.v. 5.12.2001 – 2 BvR 527/99 – juris: Abschiebungshaft; BayVGH, B.v.13.3.2017 – 10 ZB 16.965 – juris Rn. 9) tangieren.

Eine vergleichbare Grundrechtsbetroffenheit ist im vorliegenden Fall auszuschließen. Im Raum steht ausschließlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers und seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG; vgl. Lang in BeckOK Grundgesetz, Stand 15.5.2018, GG Art. 2 Rn. 1), die zwar grundsätzlich auch erheblicher Natur sein kann, hier jedoch nach den vorliegenden Umständen des Einzelfalls nicht als tiefgreifend einzuordnen ist.

In diesem Zusammenhang ist zunächst festzustellen, dass das unter dem Begriff „polizeiliche Maßnahmen“ zur Überprüfung gestellte und durch eine Anzeige wegen nächtlicher Ruhestörung ausgelöste Vorgehen in jener Nacht – soweit es sich auf den Klageantrag (1) bezieht – keine Maßnahme im eigentlichen Sinne, etwa einer polizeilichen Vollzugshandlung, darstellt. Vielmehr handelte es sich dabei um die Wiedergabe einer unzutreffenden Annahme der Sach- und Rechtslage bezüglich des behaupteten Hausverbot; diese falsche Annahme beruhte auf einem Irrtum der beiden handelnden Polizeibeamten, wie auch die Einstellung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens im Hinblick auf den fehlenden Vorsatz zeigt. Gegen den Kläger bestanden und bestehen zwar eine Reihe von Hausverboten für Wohnungen in der E.-Straße, nicht jedoch für die E.-Straße 20. Dieser Irrtum lag dem gesamten weiteren polizeilichen Tätigwerden gegenüber dem Kläger zugrunde, ohne dass ihm für die hier interessierende Problematik des tiefgreifenden Grundrechtseingriffs maßgebliche Bedeutung zukommt.

Denn der Umstand, dass Polizeibeamte unter einer in tatsächlicher Hinsicht nicht zutreffenden Annahme gehandelt haben, ist für sich gesehen nicht geeignet, die für das besondere Rechtsschutzinteresse erforderliche Schwere des Grundrechtseingriffs zu begründen. Die in jedem Fall vorzunehmende Gesamtschau ergibt hier, dass entgegen der Behauptung im Zulassungsvorbringen mit keiner der drei beanstandeten „Maßnahmen“ eine erhebliche Verletzung der persönlichen Ehre des Klägers einhergehen konnte, weil sich die streitgegenständlichen Vorgänge nicht in der Öffentlichkeit abgespielt haben. Vielmehr haben sie sich innerhalb eines Wohnhauses – zum Teil in einer Wohnung, zum Teil im Hausflur – zugetragen; unmittelbar anwesend waren außer den Untermietern des Klägers – arabischstämmigen Touristen – keine weiteren Personen und der maßgebliche Geschehensablauf war innerhalb eines überschaubaren Zeitraums (von 23:47 Uhr bis kurz nach Mitternacht) abgeschlossen. Die in der Zulassungsbegründung angeführten „unbeteiligten Beobachter des Polizeieinsatzes“ hat es nicht gegeben. Vor diesem Hintergrund spielt es keine Rolle, ob und inwieweit die offenbar des Deutschen nicht mächtigen Untermieter den maßgeblichen Kern der Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und den Polizeibeamten verstanden haben oder nicht, nämlich die Frage, ob ein Hausverbot besteht oder nicht. Ebenso wenig ist von Bedeutung, dass sich der Kläger und die Polizeibeamten offenbar einen teilweise lautstarken und verbal aggressiven „Schlagabtausch“ innerhalb des Hauses geliefert haben. Dass die Untermieter von der Person des Klägers wegen des Ablaufs der Geschehnisse möglicherweise einen „negativen Eindruck“ gewonnen haben könnten, reicht für die Bejahung eines gewichtigen Eingriffs in Art. 2 Abs. 1 GG nicht aus, zumal der Kläger die Möglichkeit hat nachzuweisen, dass das ihm vorgehaltene Hausverbot nicht besteht.

Zu Recht weist das Verwaltungsgericht auch darauf hin, dass die allgemeine Handlungsfreiheit des Klägers durch die Anordnung des Verlassens des Anwesens und die Androhung der Ingewahrsamsnahme im Falle eines neuerlichen Betretens auch deshalb lediglich marginal berührt wurde, weil nach der polizeilichen Feststellung der Personalien seiner Untermieter keine Gründe für seinen weiteren Aufenthalt in deren Wohnung dargetan wurden oder ersichtlich waren, zumal diese ihn erst nach Eintreffen der Polizei zur Hilfestellung herbeigerufen hatten. Auf dieses Argument geht die Zulassungsbegründung nicht ein.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers in Form des geltend gemachten Gehörsverstoßes (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG) zuzulassen. Das Zulassungsvorbringen ist nicht geeignet, einen Gehörsverstoß zu belegen.

Es lägen besondere Umstände vor, die deutlich machten, dass tatsächliches Vorbringen des Klägers nicht zur Kenntnis genommen worden sei. Im Hinblick auf den Klageantrag (3) habe der Kläger geschildert, dass ihm die Ingewahrsamsnahme konkret angedroht und nicht nur auf eine entsprechende rechtliche Handhabe hingewiesen worden sei. Von letzterem gehe jedoch das angefochtene Urteil (UA S. 5, 15) aus, ohne das gegenteilige Vorbringen des Klägers zu berücksichtigen.

Zwar trifft es zu, dass der Tatbestand des angefochtenen Urteils (UA S. 5, 1. Abs.) so abgefasst ist, als sei lediglich ein rechtlicher Hinweis auf die Möglichkeit einer Ingewahrsamsnahme des Klägers für den Fall seiner Rückkehr an den Ort des Geschehens gegeben worden, ohne die gegenteilige Auffassung des Klägers mitzuteilen. Entscheidend im Hinblick auf den geltend gemachten Gehörsverstoß ist allerdings, dass das Urteil in den Entscheidungsgründen (UA S. 15, 2. Abs) zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass es sich bei der angefochtenen Maßnahme um eine Androhung, den Kläger in Gewahrsam zu nehmen, handelt (vgl. auch: „Unabhängig davon, dass es sich bei dieser Äußerung nicht um eine Androhung…, sondern um einen bloßen Hinweis gehandelt haben dürfte…“). Damit wird deutlich, dass dem Verwaltungsgericht die Auffassung des Klägers, ihm gegenüber sei einer Androhung ergangen, nicht nur vor Augen stand, sondern dass es diese Auffassung auch zu Grunde gelegt hat. Ein Gehörsverstoß liegt schon aus diesem Grunde nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt nach alledem aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2018 - 10 ZB 18.871

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2018 - 10 ZB 18.871 zitiert 12 §§.

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 14. Januar 2013 - 82/8 Qs 239/12 - verletzt, soweit er sich auf die richterliche Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume bezieht, den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 in Verbindung mit Artikel 13 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird im vorgenannten Umfang aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Neubrandenburg zurückverwiesen.

...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das Rechtsschutzbedürfnis nach Durchsuchung von Geschäftsräumen.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer betreibt gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Gewerbe, dessen Geschäftsgegenstand unter anderem die Wintereinlagerung von Booten, deren Kranung und auch Reparatur sind. Des Weiteren betreibt der Beschwerdeführer einen Kfz-Handel und einen dazugehörigen Reparaturbetrieb mit allen mit diesen werbenden Tätigkeiten in Zusammenhang stehenden Arbeiten. Die Gewerbetätigkeiten üben der Beschwerdeführer und seine Ehefrau in den Hallen der ehemaligen Justizvollzugsanstalt in Ueckermünde-Berndshof aus.

3

2. Auf den Hinweis eines Zeugen, der gegenüber der zuständigen Staatsanwaltschaft Neubrandenburg mitgeteilt hatte, dass er bei einer Begehung der Geschäftsräume des Beschwerdeführers sehr große Mengen an Kleidung habe feststellen können, die noch mit Preisschildern versehen gewesen sei, sowie eine größere Anzahl von Außenbordmotoren, die unfachmännisch gelagert worden seien, beantragte die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg noch am selben Tag, dem 23. Oktober 2012, gegenüber dem Amtsgericht Neubrandenburg fernmündlich den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses gegen den Beschwerdeführer sowie seine Ehefrau gemäß §§ 102, 105 StPO wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Hehlerei (§§ 259, 260 StGB).

4

Das Amtsgericht Neubrandenburg ordnete die Durchsuchung sowohl der Wohn- als auch der Geschäftsräume in Ueckermünde-Berndshof gemäß §§ 102, 105 StPO antragsgemäß - ebenfalls fernmündlich - an.

5

3. Die Durchsuchungsanordnung wurde am 23. Oktober 2012 vollstreckt. Es konnten keine verfahrensrelevanten Beweismittel aufgefunden und sichergestellt werden.

6

4. a) Auf die gegen den Durchsuchungsbeschluss gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers vom 5. November 2012 stellte das Landgericht Neubrandenburg mit angegriffenem Beschluss vom 14. Januar 2013 fest, dass die durch das Amtsgericht Neubrandenburg erlassene Durchsuchungsanordnung rechtswidrig gewesen sei, soweit sie die Wohnräume des Beschwerdeführers betroffen habe. Der erforderliche Anfangsverdacht hinsichtlich der Begehung einer gewerbsmäßigen Hehlerei habe aufgrund des Fehlens zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte nicht vorgelegen. Grundlage der Durchsuchungsanordnung seien ein bloßes Gerücht beziehungsweise vage Verdächtigungen gewesen, welche nicht geeignet gewesen seien, den erforderlichen Anfangsverdacht zu begründen.

7

b) Im Übrigen - soweit sich die Beschwerde gegen die richterliche Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume des Beschwerdeführers richtete - verwarf das Landgericht Neubrandenburg die Beschwerde als unzulässig.

8

Hinsichtlich der Geschäftsräume des Beschwerdeführers sei die Beschwerde aufgrund prozessualer Überholung unzulässig. Die angegriffene Entscheidung enthalte aufgrund deren Vollzugs keine Beschwer mehr für den Beschwerdeführer. Zwar sei die Durchsuchung auch der Wohnung aufgrund ihrer tatsächlichen Durchführung am 23. Oktober 2012 abgeschlossen und damit ebenfalls prozessual überholt. Für eine Aufhebung der Durchsuchungsanordnung bestehe daher kein Raum. Der Beschwerdeführer habe aber in Bezug auf seine Wohnräume ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Feststellung einer etwaigen Rechtswidrigkeit der richterlichen Durchsuchungsanordnung.

II.

9

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angegriffenen Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 13 GG verletzt.

10

Das Landgericht Neubrandenburg habe seinen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 13 GG verletzt, indem es seine Beschwerde in Bezug auf die Durchsuchung seiner Geschäftsräume mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig verworfen habe. Anders als vom Landgericht angenommen liege ein schwerwiegender Grundrechtseingriff auch in der Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume. Das Bundesverfassungsgericht beziehe in den Schutzbereich von Art. 13 GG ausdrücklich neben der Unverletzlichkeit der Wohnung auch die Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsstätten mit ein (vgl. BVerfGE 76, 83 <88>). Bei einem derart tiefgreifenden, tatsächlich jedoch nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriff bestehe das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fort. Die durch das Landgericht Neubrandenburg vorgenommene Differenzierung im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis danach, ob die Durchsuchung einer Wohnung oder von Geschäftsräumen angeordnet worden sei, sei nicht nachvollziehbar und in sich widersprüchlich. Zudem führe eine entsprechende Differenzierung dazu, dass die Anordnung der Durchsuchung von Geschäftsräumen aufgrund der Regelung des § 33 Abs. 4 StPO regelmäßig nicht mehr fachgerichtlich nachprüfbar sei und die gesetzlich vorgesehene Beschwerdemöglichkeit insofern leerlaufe.

III.

11

1. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die teilweise Verwerfung der gegen den amtsgerichtlichen Durchsuchungsbeschluss gerichteten Beschwerde des Beschwerdeführers als unzulässig durch das Landgericht Neubrandenburg unter Hinweis auf ein fehlendes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung im Hinblick auf Geschäftsräume werde den sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen nicht gerecht.

12

Mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, sei es zwar grundsätzlich vereinbar, wenn die Gerichte ein Rechtsschutzbedürfnis nur so lange als gegeben ansähen, wie ein gerichtliches Verfahren dazu dienen könne, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen. Darüber hinaus sei ein Rechtsschutzbedürfnis aber auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränke, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen könne. Effektiver Grundrechtsschutz gebiete es in diesen Fällen, dass der Betroffene Gelegenheit erhalte, die Berechtigung des schwerwiegenden - wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden - Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen. Zu der Fallgruppe tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet seien, gehöre die Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnung. Der Begriff der "Wohnung" im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG umfasse dabei auch beruflich genutzte Räume, also Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume, so dass die durch das Landgericht Neubrandenburg vorgenommene Differenzierung den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genüge.

13

2. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten 731 Js 18041/12 der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg vorgelegen.

B.

14

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 96, 27) und die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 13 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

15

Der angegriffene Beschluss verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 13 GG.

16

1. a) Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Sinn der Garantie ist die Abschirmung der Privatsphäre in räumlicher Hinsicht. Damit wird dem Einzelnen ein elementarer Lebensraum zur freien Entfaltung der Persönlichkeit gewährleistet. In seinen Wohnräumen hat er das Recht, in Ruhe gelassen zu werden (BVerfGE 27, 1 <6>; 51, 97 <107>). Im Interesse eines wirksamen Schutzes hat das Bundesverfassungsgericht den Begriff der Wohnung weit ausgelegt. Er umfasst auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume (vgl. BVerfGE 32, 54 <68 ff.>; 42, 212 <219>; 44, 353 <371>; 76, 83 <88>). In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>; 103, 142 <150 f.>).

17

b) aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 104, 220 <231>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne gerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 <213>; 104, 220 <231>; stRspr). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Ein Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und für den Betroffenen leerlaufen lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <232>).

18

bb) Hiervon muss sich das Rechtsmittelgericht auch bei der Antwort auf die Frage leiten lassen, ob im jeweiligen Einzelfall für ein nach der Prozessordnung statthaftes Rechtsmittel ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, ist es zwar grundsätzlich vereinbar, wenn die Rechtsmittelgerichte ein Rechtsschutzbedürfnis nur so lange als gegeben ansehen, wie ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen. Darüber hinaus ist ein solches Rechtsschutzbedürfnis aber jedenfalls auch in Fällen gewichtiger Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verlauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 81, 138 <140 f.>; 110, 77 <86>; 117, 244 <268>). Effektiver Grundrechtsschutz gebietet es in diesen Fällen, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, die Berechtigung des schwerwiegenden - wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden - Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>).

19

Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfGE 104, 220 <233>; für weitere Fallkonstellationen siehe BVerfGE 110, 77 <86>; BVerfGK 3, 147 <150>). Zu der Fallgruppe tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, gehört die Wohnungsdurchsuchung aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnung (BVerfGE 96, 27 <40>).

20

cc) Gemäß §§ 304 ff. StPO ist gegen die richterliche Durchsuchungsanordnung eine Beschwerde statthaft. Die Zulässigkeit einer solchen Beschwerde ist vom angerufenen Fachgericht unter Beachtung der soeben dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen zu beurteilen. Danach darf eine Beschwerde nicht allein deswegen, weil die richterliche Anordnung vollzogen worden sei und die Maßnahme sich deshalb erledigt habe, unter dem Gesichtspunkt prozessualer Überholung als unzulässig verworfen werden (BVerfGE 96, 27 <41>).

21

2. Gemessen an diesen Maßstäben verletzt der angegriffene Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 14. Januar 2013 den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 13 GG.

22

a) Die Beschwerde des Beschwerdeführers betraf einen Fall, in dem das Beschwerdegericht entsprechend dem oben dargestellten Maßstab von dem Fortbestehen eines Rechtsschutzinteresses hätte ausgehen müssen. Ein schwerwiegender Grundrechtseingriff in Form einer Wohnungsdurchsuchung war erfolgt. Der Beschwerdeführer hatte daher ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der richterlichen Anordnung. Die Verwerfung der Beschwerde als unzulässig, soweit sie sich gegen die richterliche Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume richtet, hält mithin verfassungsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.

23

Das Bundesverfassungsgericht legt den Begriff der Wohnung weit aus, so dass neben den Wohnräumen vom Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume erfasst sind. Aus diesem Grund kann auch im Rahmen der Beurteilung der Schwere eines bereits erfolgten, tatsächlich allerdings nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriffs und des anschließenden Rechtsschutzes keine Differenzierung dahingehend vorgenommen werden, ob die Durchsuchungsanordnung sich auf eine Wohnung oder auf Geschäftsräume bezogen hat. Beide Bereiche werden gleichermaßen vom Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG erfasst. Die durch das Landgericht Neubrandenburg dennoch vorgenommene Differenzierung genügt daher nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

24

b) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg beruht auch auf dem dargelegten Grundrechtsverstoß. Das Landgericht Neubrandenburg hat seine Entscheidung nicht zusätzlich und selbständig tragend auf die Nichterfüllung anderer Zulässigkeitsvoraussetzungen gestützt, so dass davon auszugehen ist, dass es bei hinreichender Beachtung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 13 GG zu einem anderen Ergebnis im Hinblick auf die Zulässigkeit der gegen die richterliche Durchsuchungsanordnung gerichteten Beschwerde gelangt wäre.

II.

25

1. Der Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 14. Januar 2013 ist insoweit aufzuheben, als die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die richterliche Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume zurückgewiesen worden ist. Die Sache ist im vorgenannten Umfang an das Landgericht Neubrandenburg zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

26

2. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung seines PKW am 22. Dezember 2014 gegen 3:00 Uhr im Zuge einer Verkehrskontrolle sowie des ihm gegenüber während der Kontrolle ausgesprochenen Verbots, Schreibzeug aus dem PKW herauszuholen, weiter.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht (1.). Die weiter geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, 2.) ist bereits nicht hinreichend dargelegt.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

Das Erstgericht hat die Fortsetzungsfeststellungsklage deshalb als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der beiden polizeilichen Maßnahmen vom 22. Dezember 2014 geltend machen könne. Ein solches Interesse könne sich vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 - juris Rn. 13 f.) hier aus einer bestehenden Wiederholungsgefahr oder aufgrund eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs bei kurzfristiger Erledigung der polizeilichen Maßnahme ergeben. Tiefgreifend sei ein Grundrechtseingriff vor allem dann, wenn es um eine vom Grundgesetz einem Richter vorbehaltene Anordnung (etwa einer Wohnungsdurchsuchung) gehe und sich die Belastung nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränke, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erreichen könne. Ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers als Rechtsanwalt sei schon im Hinblick auf die geringe Zeitspanne, während der er durch eine nächtliche Polizeikontrolle an der Ausübung seines Berufs gehindert worden sein solle, nicht erkennbar. Auch sein Vortrag, er sei als Organ der Rechtspflege selbst nach Vorlage seines Rechtsanwaltsausweises nicht ernst genommen worden und er fühle sich durch das Vorgehen der Polizeibeamten gekränkt, genüge nicht für ein berechtigtes Interesse. Ein Rehabilitierungsinteresse scheide schon deswegen aus, weil nicht ersichtlich sei, dass die nächtlichen polizeilichen Maßnahmen von Dritten beobachtet worden wären und dadurch möglicherweise für das Persönlichkeitsrecht des Klägers abträgliche Nachwirkungen fortbestehen könnten. Eine Wiederholungsgefahr in dem Sinn, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut eine gleichartige Maßnahme ergehen werde, bestehe nicht. Deshalb könne auch eine Gerichtsentscheidung keine Richtschnur für künftiges polizeiliches Vorgehen bei im Wesentlichen gleichen Bedingungen bilden. Die Vielzahl der zur polizeilichen Kontrolle führenden Umstände in jener Nacht lasse es als unwahrscheinlich erscheinen, dass der Kläger unter im Wesentlichen unveränderten Umständen erneut von derartigen Maßnahmen betroffen sein werde. Zudem sei der Kofferraum des PKW des Klägers nicht durchsucht, sondern nur einer oberflächlichen Sichtung unterzogen worden. Das Verbot, Schreibutensilien aus dem Fahrzeuginneren zu holen, sei wegen der unübersichtlichen Situation aus Gründen der Eigensicherung ausgesprochen worden.

Der Kläger bringt hierzu vor, dass die auf polizeilicher Erfahrung beruhende Prognose, er sei wegen seines nächtlichen Aufenthalts auf einem zu einem Freibad gehörenden Parkplatz einer möglichen Beteiligung an einer Straftat verdächtig, aus objektivierter Sicht zum damaligen Zeitpunkt falsch gewesen sei. Auch wenn er damals auf die Frage, warum er sich zu Nachtzeiten auf dem Parkplatz aufhalte, keine Antwort gegeben habe, fehle es an der nach der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 7. Februar 2006 (Vf. 69-VI-04) für eine Durchsuchung erforderlichen erhöhten abstrakten Gefahr. Bereits aus dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ergebe sich das Bestehen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresse in seinem Fall, weil sich derartige Polizeimaßnahmen typischerweise vor Klageerhebung erledigten und Rechtsschutz andernfalls nie zu erlangen sei. Nationale Gerichte seien zudem verpflichtet, wegen des Grundsatzes der praktischen Wirksamkeit dem europäischen Recht größtmögliche Wirksamkeit zukommen zu lassen; ohne eine gerichtliche Feststellung würden hier die Rechte des Klägers aus Art. 20, 21 Schengener Grenzkodex leerlaufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stünden polizeiliche Befugnisnormen, die selbst keine Voraussetzungen für Maßnahmen festlegten, mit der Verordnung EG Nr. 562/2006 nicht in Einklang, da ihnen das notwendige Maß an Rechtssicherheit fehle. Auch sei entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts eine Wiederholungsgefahr zu bejahen, weil die konkreten Entscheidungsfaktoren nicht sehr speziell gewesen seien und er jederzeit im öffentlichen Straßenverkehr vergleichbaren nächtlichen Kontrollen unterzogen werden könne, die zunächst als bloße Verkehrskontrollen beginnen würden, dann aber bei der Frage nach dem meist im Kofferraum befindlichen Verbandskasten schnell andere Verdachtsmomente hervorrufen und Folgemaßnahmen nach sich ziehen könnten. Er werde jedenfalls bei künftigen Kontrollen weiterhin seinen Rechtsanwaltsausweis vorzeigen und gegenüber den Polizeibeamten juristische Erläuterungen abgeben.

Mit diesem Vorbringen vermag der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Abweisung seiner Klage als unzulässig wegen Fehlens des besonderen Rechtsschutzinteresses zu begründen. Weder hinsichtlich der Kontrolle des Kofferraums (1.1) noch des Verbots, Schreibutensilien aus dem Fahrzeuginneren herauszuholen (1.2), liegt ein besonderes Feststellungsinteresse in Form einer der für § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen vor; insbesondere hat das Verwaltungsgericht zu Recht die Voraussetzungen eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs (1.1.1 / 1.2.1) und die konkrete Gefahr der Wiederholung vergleichbarer polizeilicher Maßnahmen (1.1.2 / 1.2.2) verneint. Nicht streitgegenständlich ist die Frage, ob die Anhaltung des Klägers und die Feststellung seiner Identität entsprechend Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG zulässig waren.

1.1 Der Senat kann hier dahinstehen lassen, ob sich nicht schon die mit dem Öffnen des Kofferraums und seiner kurzen Inaugenscheinnahme verbundene Maßnahme als Durchsuchung einer Sache nach Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 i.Vm. Art. 21 Abs. 1 Nr. 3, Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG darstellt, obwohl mehr dagegen als dafür spricht und auch der Beklagte in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass ein Polizeibeamter unter Zuhilfenahme einer Taschenlampe lediglich in den Kofferraum hineingeleuchtet hat. Für eine Durchsuchung ist das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe kennzeichnend, um dort planmäßig etwas aufzuspüren, was der Besitzer von sich aus nicht offen legen oder herausgeben will, um etwas nicht klar zu Tage liegendes, vielleicht Verborgenes aufzudecken oder ein Geheimnis zu lüften, mithin das Ausforschen eines für die freie Entfaltung der Persönlichkeit wesentlichen Lebensbereichs, das unter Umständen bis in die Intimsphäre des Betroffenen dringen kann (vgl. für eine Wohnungsdurchsuchung: BVerwG, U.v. 6.9.1974 - I C 17.73 - juris; BayVGH, U.v. 20.3.2015 - 10 B 12.2280 - juris Rn. 40). Unter Anlegung dieser Maßstäbe erscheint die Annahme einer Durchsuchung auch wegen der Durchführung der hierfür notwendigen Vorbereitungshandlung (Öffnung des Kofferraums) nicht von vornherein ausgeschlossen. Selbst wenn man - im Sinne des Klägers, der die Rechtswidrigkeit der „Durchsuchung des PKW“ festgestellt wissen will - von einer Durchsuchung ausgeht, bleibt es bei der vom Erstgericht festgestellten Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage.

1.1.1 Das erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse ergibt sich hier nicht deshalb, weil die polizeiliche Durchsuchung mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff im Sinne der Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 - juris) verbunden gewesen wäre.

Hierzu fehlt es bereits an einem gewichtigen Grundrechtseingriff. Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (z. B. BVerfG, B.v. 5.7.2013 - 2 BvR 370/13 - juris Rn. 19: Wohnungsdurchsuchung) oder die besonders sensible Rechtsgüter wie die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) oder die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG; BVerfG, B.v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 - juris: Abschiebungshaft) tangieren. Eine vergleichbare Grundrechtsbetroffenheit ist im vorliegenden Fall auszuschließen. Denn nachdem der Kläger eine vom Verwaltungsgericht zu Recht verneinte Beeinträchtigung seiner von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit als Rechtsanwalt infolge der polizeilichen Durchsuchung im Zulassungsverfahren nicht mehr geltend macht, stehen unter grundrechtlichen Gesichtspunkten ausschließlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG; vgl. m.w.N. BeckOK GG/Lang, Stand 1.3.2015, GG Art. 2 Rn. 1) im Raum. Damit ist jedoch im vorliegenden Fall kein tiefgreifender Grundrechtseingriff verbunden. Zwar stellt sich nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (vgl. Entscheidung v. 28.2.2011 - Vf. 84-VI-10 - juris Rn. 41) die polizeiliche Durchsuchung eines PKW in der Öffentlichkeit grundsätzlich als schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre dar; angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls kann gleichwohl eine tiefgreifende Grundrechtsverletzung zu verneinen sein. So liegt der Fall hier, denn die Durchsuchungsmaßnahme, die sich auf eine Öffnung des Kofferraums des PKW mit anschließender kurzer „Sichtung“ beschränkt hat, greift schon von ihrer Zielrichtung, Dauer und vor allem ihrer Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts lediglich in unbedeutender Weise ohne erkennbare nachhaltige Wirkung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die allgemeine Handlungsfreiheit des Klägers ein. Seine Rüge, er sei als Rechtsanwalt Organ der Rechtspflege, führt diesbezüglich zu keiner unterschiedlichen Bewertung im Vergleich zu einem Bürger, der nicht Rechtsanwalt ist.

Vermag die hier streitgegenständliche Sichtkontrolle des Kofferraums aber schon keinen gewichtigen Eingriff in ein Grundrecht des Klägers zu begründen, kommt es nicht mehr darauf an, dass es sich um einen Eingriffsakt handelt, der wegen seiner typischerweise kurzfristigen Erledigung kaum einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden kann (vgl. BVerfG, B.v. 6.7.2016 - 1 BvR 1705/15 - juris Rn. 11, 14). Der Vortrag des Klägers, ein Feststellungsinteresse sei zu bejahen, weil sich „solche polizeilichen Maßnahmen typischerweise vor Klageerhebung erledigen und Rechtsschutz somit niemals zu erlangen wäre“, übersieht, dass bei dieser Betrachtung angesichts des umfassenden Schutzes der Rechtssphäre des Bürgers durch die Grundrechte - letztlich durch Art. 2 Abs. 1 GG - das Kriterium des berechtigten Interesses praktisch leerlaufen würde (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 146) und damit jede noch so geringfügige erledigte Polizeimaßnahme Gegenstand einer zulässigen Fortsetzungsfeststellungsklage sein könnte. Das Erfordernis einer typischerweise vor Erlangung von Rechtsschutz eintretenden Erledigung hat dementsprechend eine den Anwendungsbereich des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO einengende Funktion, die es ausschließt, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in ein Grundrecht anzunehmen (BVerwG, U.v. 16.5.2013, a.a.O., Rn. 27). Eine wie vom Kläger beanspruchte Ausweitung dieser von der Rechtsprechung ausgestalteten Fallgruppe des besonderen Rechtsschutzinteresses wäre mit seiner prozessrechtlichen Funktion, eine Fortsetzungsfeststellungsklage nur in bestimmten Fällen zuzulassen, nicht vereinbar.

1.1.2 Auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr hat das Verwaltungsgericht (UA, S. 11, 12) mit guten Gründen nicht anerkannt. Das berechtigte Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage wegen Wiederholungsgefahr setzt voraus, dass auch in Zukunft unter im Wesentlichen unveränderten Umständen die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass der Kläger erneut einer gleichartigen Polizeimaßnahme unterzogen wird (vgl. BVerwG, U.v. 12.10.2006 - 4 C 12.04 - juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 12.5.2015 - 10 ZB 13.629 - juris; OVG NW, B.v. 5.7.2012 - 12 A 1423/11 - juris Rn. 37; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 271; BeckOK VwGO/Decker VwGO § 113 Rn. 87.2). Daran fehlt es bei einer nur vagen Möglichkeit einer Wiederholung; auch der Wunsch nach Klärung von abstrakten Rechtsfragen genügt nicht (Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 93).

Im angefochtenen Urteil werden die konkreten, für die hier allein zur Beurteilung anstehende polizeiliche Kontrolle des Kofferraums am 22. Dezember 2014 den Anlass gebenden Umstände benannt, die in ihrer signifikanten Gesamtheit sehr wahrscheinlich so nicht mehr eintreten werden; damit wird der Kläger nicht unter im Wesentlichen unveränderten Umständen erneut von einer gleichartige Polizeimaßnahme betroffen werden. Nicht ausreichend ist in diesem Zusammenhang die lediglich abstrakte Möglichkeit, wiederum einer nächtlichen Durchsuchung des PKW-Kofferraums unterworfen zu werden; vielmehr muss die Gefahr bestehen, dass sein Fahrzeug erneut auf der Grundlage des Art. 22 Abs. 1 Nr. 4 PAG im Rahmen einer präventiven Polizeikontrolle angehalten und durchsucht wird, deren Anlass eine durch aktuelle Lageerkenntnisse beruhende Bekämpfung der allgemeinen Kriminalität bildet. Eine derartige Gefahr hat der Kläger nicht dargetan.

In diesem Zusammenhang hat der Beklagte zu Recht auf die der Durchsuchung vorgelagerten besonderen Umstände hingewiesen. So hätten gerade in der betreffenden Stadtregion im zurückliegenden Zeitraum vermehrt Wohnungseinbrüche stattgefunden; es seien dort auch andere Straftaten verübt worden. Auch das aus Sicht der Polizei auffällige Verhalten des Klägers habe für die Maßnahme eine Rolle gespielt; er habe seinen PKW mitten in der Nacht zunächst von dem nicht belebten Parkplatz eines Schwimmbads gestartet und sei anschließend durch mehrmaliges Wenden des Fahrzeugs auf der U.-straße aufgefallen. Mit der zutreffenden Bewertung dieses für das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Verneinung einer Wiederholungsgefahr maßgeblichen Sachverhalts setzt sich der Kläger in seinem Zulassungsvorbringen nicht auseinander. Auch wenn er selbstverständlich nicht verpflichtet war, sich „kooperativ“ zu verhalten und Fragen der kontrollierenden Polizeibeamten zu den näheren Umständen seines nächtlichen Aufenthalts vor Ort zu beantworten, kann er nicht mit Hinweis darauf, er werde sich auch künftig in einer entsprechenden Situation wieder gleichermaßen verhalten, das besondere Rechtsschutzinteresse an einer Fortsetzungsfeststellungsklage begründen; anderenfalls wäre die Beantwortung der Frage nach der Wiederholungsgefahr als Zulässigkeitsvoraussetzung nicht - zumindest nicht überwiegend - von objektivierbaren Umständen abhängig, sondern könnte durch vom Kläger willentlich beeinflusste Faktoren gesteuert werden.

Schließlich ist ein Hinweis darauf, er könne jederzeit „wie jeder andere Autofahrer nachts im öffentlichen Straßenverkehr von Verkehrskontrollen betroffen“ sein, zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht geeignet. Zum einen reicht die abstrakte Möglichkeit einer Wiederholung für die Annahme einer entsprechenden Gefahr gerade nicht aus; zum anderen wird im vorliegenden Fall nicht die Feststellung der Rechtswidrigkeit der „Verkehrskontrolle“ begehrt, sondern der hiervon gesonderten Maßnahme „Durchsuchung des Kofferraums“. Deshalb ist auch der Hinweis des Klägers unbehelflich, er habe schon des Öfteren die Durchführung polizeilicher Kontrollen am gleichen Ort beobachtet. Im Übrigen konnte der Kläger seinen vor dem Verwaltungsgericht gemachten Vortrag, er selbst sei schon einmal vor der streitgegenständlichen Maßnahme einer Polizeikontrolle an der Auffahrt zur Autobahn A9 unterzogen worden, nicht glaubhaft machen. Die von ihm im Laufe des Zulassungsverfahrens angegebene neuerliche polizeiliche Kontrolle seines Fahrzeugs am 12. Februar 2017 erfolgte unter völlig anderen Umständen im Rahmen einer Schengen-Kontrolle („Schleierfahndung“) auf einem Autobahnpark Platz.

Die in der Zulassungsschrift aufgeworfenen materiellen Rechtsfragen (insbesondere zur Vereinbarkeit der polizeiaufgabenrechtlichen Vorschriften des Landesrechts mit dem Schengener Grenzkodex) und die vom Kläger daraus gezogene Folgerung, die streitgegenständliche Öffnung des Kofferraums sei rechtswidrig gewesen, sind nicht geeignet, das nach dem Verwaltungsprozessrecht erforderliche besondere Feststellungsinteresse in Form der Wiederholungsgefahr zu begründen, deren Vorliegen vielmehr gerade Voraussetzung dafür ist, dass sich die Gerichte mit den genannten Rechtsfragen inhaltlich befassen können. Es mangelt an der konkreten Gefahr einer Wiederholung der Durchsuchungsmaßnahme unter im Wesentlichen gleichen Bedingungen, weshalb eine gerichtliche Entscheidung dem Zweck der Fortsetzungsfeststellungsklage, für künftig zu treffende Polizeimaßnahmen eine Richtschnur rechtmäßigen Handelns aufzuzeigen und so weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, nicht gerecht werden kann (BayVGH, B.v. 28.11.2011 - 8 ZB 11.886 - juris Rn. 11).

1.2 Auch im Hinblick auf das von den Polizeibeamten gegenüber dem Kläger angeordnete Verbot, während der laufenden Kontrolle Schreibutensilien aus dem Fahrzeuginneren herauszuholen, hat das Verwaltungsgericht das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage notwendige besondere Rechtsschutzinteresse zu Recht verneint.

1.2.1 Dass das Verbot nicht mit einem tiefgreifenden oder gewichtigen Grundrechtseingriff verbunden war, bedarf angesichts der zu diesem Begriff bereits gemachten Erläuterungen (s.o. 1.1.1) keiner weiteren Ausführungen.

1.2.2 Es besteht auch nicht die Gefahr, dass der Kläger künftig im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle unter im Wesentlichen gleichen Verhältnissen erneut mit einem vergleichbaren Verbot konfrontiert wird. Vielmehr ist die vorliegend zur Beurteilung stehende Situation durch die besonderen, bereits näher dargestellten Umstände der nächtlichen Kontrolle gekennzeichnet, die eine Wiederholung unter im Wesentlichen gleichen Umständen als nahezu ausgeschlossen erscheinen lassen (vgl. 1.1.2).

2. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist bereits nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die vorformulierte Frage klärungsbedürftig ist, und darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2016 - 10 ZB 15.677 - juris Rn. 16 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall fehlt es aber bereits an der Entscheidungserheblichkeit der als grundsätzlich erachteten Rechtsfrage. Der Kläger wirft die als grundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage auf, ob die „Schleierfahndung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG…mit Art. 21 der Verordnung EG Nr. 562/2006 Schengen Grenzkodex vereinbar ist“. Diese Frage würde sich jedoch allenfalls bei Vorliegen einer zulässigen Fortsetzungsfeststellungsklage stellen. Die Berufung gegen ein die Klage als unzulässig abweisendes Urteil kann nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO unter Hinweis auf die (angebliche) grundsätzliche Bedeutung einer sich erst im Rahmen einer zulässigen Klage ergebenden Begründetheitsfrage zugelassen werden.

Die Kostenentscheidung folgt nach alledem aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.