Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 07. Mai 2014 - L 13 R 1037/12
Gericht
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Witwenrente.
Die im Juni 1962 geborene Klägerin ehelichte am 12. März 2010 den im April 1951 geborenen Versicherten. Der Versicherte ist am 11. Mai 2010 verstorben.
Mit Antrag vom 1. Juni 2010 begehrte die Klägerin Hinterbliebenenrente nach dem Versicherten. Sie gab im Hinblick darauf, dass die Ehedauer nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, an, die tödlichen Folgen der Krankheit seien bei Eheschließung nach ärztlicher Auffassung nicht zu erwarten gewesen. Auch habe sie seit 29. März 2007 in einer eheähnlichen Hausgemeinschaft gelebt; eine Aufenthaltsbescheinigung der zuständigen Gemeinde über eine Meldung des Versicherten in der Hauptwohnung der Klägerin wurde vorgelegt. Darüber hinaus machte die Klägerin geltend, die Heirat sei aufgrund einer harmonischen Beziehung und dem Wunsch erfolgt, künftig gemeinsam durch das weitere Leben zu gehen. Sie wohne mit dem Versicherten bereits seit dem Jahr 2005 zusammen. Im April 2007 habe sich der Versicherte umgemeldet. Aufgrund der langen und guten Beziehung sei eine Heirat schon länger geplant gewesen. Infolge der Therapie habe sich zunächst eine wesentliche Verbesserung seines Gesundheitszustandes dargestellt. Am 12. März 2010 sei in keiner Weise absehbar gewesen, dass der Verlauf der Krankheit zum Tode führen würde. Sie übersandte einen Entlassungsbericht der A. Fachkliniken C-Stadt vom 11. Mai 2010 über die Behandlung des Versicherten vom 23. April 2010 bis 11. Mai 2010. Daraus gehen folgende Diagnosen hervor: 1. Adenokarzinom der Lunge rechts zentral mit Lymphangiosis carcinomatosa, Lymphknoten-, Lungen- und Knochenmetastasen, cT4N3M1a+1b; Stadium IV 2. Chronischer Nikotinabusus 3. Verdacht auf Thrombophlebitis Grad III, linkes Bein.
Es wird weiter berichtet, dass im Januar 2010 ein Adenokarzinom der Lunge (Stadium IV) erstdiagnostiziert worden sei. Damals fanden sich bereits ein Pleuraerguss rechts, eine Metastase rechte Lunge sowie Lymphknoten- und Knochenmetastasen. Im Februar 2010 sei eine Chemotherapie eingeleitet worden. Im März 2010 habe nach zwei Zyklen eine stabile Befundsituation bestanden. Die Chemotherapie sei fortgesetzt worden. Am 23. April 2010 sei die notfallmäßige stationäre Aufnahme bei plötzlich aufgetretener Ruhe- und Belastungsdyspnoe mit zunehmendem Husten und erhöhter Temperatur erfolgt. Trotz aller Maßnahmen sei es zu einer wiederholten Verschlechterung des Allgemeinbefindens gekommen, so dass der Versicherte an den Folgen seiner Krankheit am 11. Mai 2010 verstorben sei.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit angefochtenem Bescheid vom 25. Juni 2010 den Antrag ab. Die von der Klägerin genannten Gründe seien nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Der eingereichte Arztbericht der A. Fachklinik C-Stadt dokumentiere, dass bereits vor der Heirat eine schwerwiegende Erkrankung festgestellt worden sei.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, es sei zwar bei der Eheschließung bekannt gewesen, dass der Versicherte krank gewesen sei. Jedoch sei ihm von den Ärzten eine deutliche Besserung seines Gesundheitszustands bestätigt worden. An die Möglichkeit des vorzeitigen Ablebens sei in keiner Weise gedacht worden.
Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2010 zurückgewiesen. Zum Zeitpunkt der Eheschließung habe eine sehr schwerwiegende Erkrankung vorgelegen, die eine sichere Prognose für die Zukunft nicht zugelassen und letztlich zum Tod geführt habe. Von einem plötzlichen unerwarteten Tod könne zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht ausgegangen werden.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben und vorgetragen, sie habe den Versicherten etwa im Jahr 2005 an ihrer Arbeitsstelle bei der A. lieben gelernt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Versicherte noch verheiratet gewesen. Seit März/April 2006 hätte sie mit dem Versicherten in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt und sich in diesem Jahr auch gleichartige silberne Ringe zum Zeichen der Zusammengehörigkeit geschenkt. Im Testament vom 4. August 2009 habe der Versicherte sie zur Alleinerbin eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt sei das Lungenkarzinom noch nicht diagnostiziert gewesen. Sie hätten beide von Anfang an die Absicht gehabt, ihre Beziehung zu legalisieren. Dazu habe zunächst die Ehescheidung abgewartet werden müssen, die am 17. Oktober 2007 erfolgt sei. Es könnten eine Reihe von Familienangehörigen und Freunden als Zeugen bestätigen, dass beide ihre Heiratsabsicht auch diesen gegenüber kundgetan hätten.
Der Versorgungsgedanke habe weder bei ihr noch beim Versicherten eine Rolle gespielt. Dies werde auch dadurch belegt, dass sie selbst berufstätig sei und - aufgrund Schichtarbeit variabel - etwa 2.400.- Euro brutto verdiene. Sie habe noch die Möglichkeit, eine ausreichende Altersversorgung aufzubauen. Auf eine Witwenrente sei sie nicht dringend angewiesen.
Sie hätten von Anfang an die Absicht gehabt, zu heiraten. Insbesondere der Versicherte habe zur Heirat gedrängt. Sie selbst habe jedoch noch die weitere Entwicklung abwarten und insbesondere nicht unmittelbar nach der Ehescheidung des Versicherten heiraten wollen. Der Versicherte sei amerikabegeistert gewesen und habe von der Möglichkeit einer Eheschließung in Las Vegas berichtet. Sie hätten dann gemeinsam die Idee einer Eheschließung in Las Vegas entwickelt. Von dieser Idee hätten sie den bereits benannten Zeuginnen erzählt. Diese könnten den konkreten Heiratswunsch bestätigen. Vor der diagnostizierten Krebserkrankung hätten sie sich auch im Internet um Flugmöglichkeiten nach Amerika umgesehen. Die Hochzeit hätte dann in Las Vegas stattfinden sollen. Von diesem Vorhaben habe jedoch Abstand genommen werden müssen, da aufgrund der Chemotherapie ein Flug nach Amerika nicht mehr in Betracht gekommen sei. Deshalb habe auch ein bereits für Februar 2010 gebuchter Flug nach Thailand storniert werden müssen. Sie hätten sich diesen Flug gegenseitig zu Weihnachten 2009 geschenkt.
Der Versicherte habe sich zum Zeitpunkt des Ausbruchs der Krebserkrankung bereits in Altersteilzeit mit entsprechend gekürzten Bezügen befunden. Er habe seiner geschiedenen Ehefrau Unterhalt bezahlen müssen. Deshalb hätten die finanziellen Mittel für die Verwirklichung der geplanten Hochzeit in Las Vegas und des Amerikatrips nicht zur Verfügung gestanden.
Zum Zeitpunkt der Hochzeit sei die gesundheitliche Situation des Versicherten stabil gewesen. Aus einem vorgelegten Attest des behandelnden Onkologen Dr. P. geht hervor, dass nach dem 1. Zyklus eine klinische Besserung eingetreten sei. Der Versicherte konnte wieder leichter atmen. Im Computertomogram vom 16. März 2010 habe sich eine Besserung bestätigt. Nach 4 Zyklen der antineoplastischen Chemotherapie habe eine stabile Situation der Erkrankung erreicht werden können. Zum Zeitpunkt der Eheschließung habe zweifelsohne eine unheilbare Erkrankungssituation vorgelegen. Zu diesem Zeitpunkt sei aber nicht absehbar gewesen, dass beim Versicherten bereits innerhalb kurzer Zeit eine akute Verschlechterung der Erkrankung eintreten und er an den Folgen dieser Erkrankung versterben werde. In Fällen inoperabelem Lungenkrebses sei in den seltensten Fällen eine dauerhafte Heilung zu erzielen. Dementsprechend sei der Zeitpunkt der Eheschließung im Hinblick auf das Krankheitsgeschehen nicht wesentlich.
Die Klägerin hat weiter vorgetragen, die Möglichkeit des Eintritts des Todes beim Versicherten sei nicht ins Auge gefasst worden. Auch sei nicht über ihre mögliche Absicherung infolge der Eheschließung gesprochen worden. Sie hätten zum Zeitpunkt der Eheschließung noch große Zukunftspläne gehabt. Sie wollte diverse Renovierungsarbeiten am Haus der Klägerin durchführen, wobei die Verwirklichung davon abgehangen habe, dass ausreichend Geld angespart werden könnte. Auch hätten sie über Urlaubspläne bzw. eine Hochzeitsreise gesprochen, sobald dies dem Versicherten infolge der Beendigung der Chemotherapie möglich und finanziell durchführbar gewesen wäre.
Sie habe durch die Hochzeit am 12. März 2010 den Versicherten auch in seinem Gesundungsprozess psychisch unterstützen und zur Stabilisierung beitragen wollen. Auch sei sie am 4. August 2009 durch ein Testament des Versicherten als Alleinerbin eingesetzt worden. Die Errichtung eines Testaments habe auf einer Anregung einer gemeinsamen Freundin beruht, die dem Versicherten und ihr nahegelegt habe, zur gegenseitigen Absicherung ein Testament zu errichten. Der Gedanke einer Vermögensversorgung für sie sei auch diesbezüglich nicht im Vordergrund gestanden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Versicherte bereits geschieden gewesen und habe einen nicht unerheblichen Unterhalt an seine geschiedene Ehefrau bezahlen müssen. Einen Vermögensvorteil habe sie, die Klägerin, hiervon nicht gehabt.
Auch sei von Bedeutung, dass sie zum Zeitpunkt der Eheschließung erst 47 Jahre alt gewesen sei und insofern noch durch eigene Berufstätigkeit ausreichend für ihr Alter habe vorsorgen können. Dies sei auch vom Bayerischen Landessozialgericht in der Entscheidung vom 3. Dezember 2008, Az. L 1 R 5 130/07 berücksichtigt worden.
Schließlich sei ihr weder zum Zeitpunkt der Eheschließung noch zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten bekannt gewesen, dass ihr infolge der Eheschließung eine Witwenrente zustehen könnte. Der Umstand, dass sie den Antrag auf Witwenrente drei Wochen nach dem Tod des Versicherten gestellt habe, beruhe auf einer entsprechenden Information eines Mitarbeiters der AOK, der sie auf diese Möglichkeit erst nach dem Tod des Versicherten hingewiesen habe. Es sei auch anzunehmen, dass der Versicherte ebenfalls von der Möglichkeit einer Witwenrente nichts gewusst habe. Mit der Klägerin habe er jedenfalls hierüber nicht gesprochen. Sie habe sich auch erst vor ca. 4 Wochen durch einen Mitarbeiter der örtlichen Stelle der Beklagten in B-Stadt die Höhe der Witwenrente mitteilen lassen.
Das Schenken der Ringe im Jahr 2006 sei als Verlöbnis anzusehen. Dieses sei an keine bestimmte Form gebunden und könne auch in schlüssiger Weise erfolgen. Es sei nicht verwunderlich, dass keine früheren konkreten Vorbereitungshandlungen für die Hochzeit getroffen worden seien, da die Durchführung der Hochzeit in Las Vegas im Rahmen der Rundreise durch Amerika geplant gewesen sei. Es sei üblich, dass eine entsprechende Trauung in Las Vegas spontan und ohne großen Aufwand durchgeführt werde.
In der mündlichen Verhandlung am 22. August 2012 hat die Klägerin erklärt, sie habe im Januar 2010 von der Diagnose „Lungenkrebs mit Lymphknoten- und Knochenmetastasen“ erfahren. Es sei nicht gesagt worden, dass sich der Lungenkrebs bereits im Endstadium befunden habe. Vielmehr sei mitgeteilt worden, dass man den Lungenkrebs zum Stillstand bringen und mit ihm leben könne. Zur Begründung des Abbruchs der Anfang Februar 2010 begonnenen Chemotherapie Ende März/Anfang April 2010 hätten die Ärzte mitgeteilt, dass es unter der Chemotherapie zu vermehrten Todesfällen gekommen sei. Seit Beginn der Beziehung im Jahr 2005 habe die Absicht bestanden, zu heiraten. Im Jahr 2006 habe man sich gleichartige Ringe geschenkt. Bevor die Krebsdiagnose mitgeteilt worden sei, sei eine Amerika-Rundreise für Oktober 2010 angedacht gewesen. Hier habe dann in Las Vegas die Trauung stattfinden sollen. Im Februar 2010 seien die Klägerin und der Versicherte zum Standesamt gefahren, um die Eheschließung anzumelden. Wegen der Chemotherapie hätten die Ärzte dem Versicherten Flugverbot erteilt, so dass sich die Las Vegas - Pläne auf absehbare Zeit nicht hätten verwirklichen lassen. Es habe auch eine Lebensversicherung bestanden, die vor Bekanntwerden der Krebsdiagnose abgeschlossen worden sei. Nach dem Tode des Versicherten sei ihr die Versicherungssumme ausgezahlt worden. Von einem möglichen Anspruch auf Witwenrente habe sie erst nach dem Tod des Versicherten von einem Mitarbeiter der AOK, Herrn J. H., erfahren.
Mit Urteil vom 22. August 2012 hat das SG die Klage abgewiesen und u. a. ausgeführt, die Versorgungsabsicht sei nicht widerlegt. Der Versicherte habe im Zeitpunkt der Eheschließung an einer lebensbedrohlichen Krankheit gelitten. Die Eheschließung habe daher nicht überzeugend mit einer Perspektive des längerfristigen Zusammenlebens begründet werden können. Am 12. März 2010 habe keine Aussicht auf Heilung mehr bestanden. Die Tumorerkrankung habe bereits das Endstadium erreicht gehabt. Dies werde auch vom behandelnden Onkologen Dr. von P. bestätigt. Es bestünden keine Zweifel, dass dies dem Versicherten und der Klägerin bekannt gewesen sei. Der schlechte Zustand des Klägers sei durch den Bericht der A.-Fachkliniken vom 11. Mai 2010 und das Schreiben des Dr. von P. vom 3. Januar 2011 belegt. Nicht zuletzt wegen dieser Kenntnis sei auch die ursprünglich für Oktober 2010 geplante Hochzeit auf den 12. März 2010 vorverlegt worden. Er spiele eine untergeordnete Rolle, dass der Klägerin, wie sie vortrage, bei der Eheschließung etwaige Hinterbliebenenansprüche nicht bekannt gewesen seien. Jedenfalls der Versicherte habe zu einem Zeitpunkt, als noch keine konkrete Eheschließung geplant gewesen sei, bereits eine Vermögensvorsorge zugunsten der Klägerin getroffen. Dies belege der Abschluss der Lebensversicherung sowie die Einsetzung als Alleinerbin zugunsten der Klägerin.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, ihr und dem Versicherten sei zum damaligen Zeitpunkt in der A.-Fachklinik nicht gesagt worden, dass sich der Lungenkrebs bereits im Endstadium befunden habe. Vielmehr sei gesagt worden, man könne den Lungenkrebs zum Stillstand bringen und mit ihm leben. Hierauf sei auch die weitere gemeinsame Lebensplanung aufgebaut gewesen. Sie beide seien auch in Anbetracht der positiven Entwicklung der Chemotherapie von einem längeren gemeinsamen Zusammenleben überzeugt gewesen. Es sei ihnen nicht bekannt gewesen, dass eine zweifellos unheilbare Erkrankungssituation vorgelegen habe. Zwar seien die Heilungschancen bei Lungenkrebs Stadium IV statistisch gesehen in aller Regel gering. Hierbei handele es sich jedoch um Durchschnittswerte. Es wurde auf eine Dokumentation über Heilungschancen bei Lungenkrebs verwiesen. Insoweit werde vorsorglich die Erholung eines Sachverständigengutachtens angeregt. Selbst nach den Feststellungen der Beklagten sei jedoch zum Zeitpunkt der Eheschließung keine sichere Prognose für die Zukunft möglich gewesen. Die Schwere der Krebserkrankung und deren Stadium seien ihnen nicht bekannt gewesen. Das SG habe auch nicht ausreichend gewürdigt, dass die Eheschließung aus Sicht der Klägerin dazu dienen sollte, den Versicherten bei der Bewältigung der Krankheit psychisch zu unterstützen. Auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Oktober 2012 (Az. S 11 R 561/12) wurde verwiesen. Hier sei der dortigen Klägerin eine Witwenrente zugesprochen worden, obwohl der Ehemann nach kurzer Ehe an Krebs verstorben sei.
Auf Anfrage der Beklagten übersandte die Klägerin Kopien der Reisepässe des Versicherten und der Klägerin. Konkrete Vorbereitungen für die Rundreise in die USA seien nicht getroffen worden. Es seien noch keine Visa ausgestellt bzw. beantragt gewesen. Dies sei nicht nötig gewesen. Die Hochzeit hätte ohne andere Personen und auch ohne Trauzeugen stattfinden sollen. Der Klägerin sei bekannt gewesen, dass die Anerkennung einer in Las Vegas geschlossenen Ehe problemlos möglich sei. Einer von der Beklagten angeregten Einvernahme der geschiedenen Ehefrau werde von Seiten der Klägerin nicht zugestimmt. Die Bekanntschaft mit der Klägerin sei der Ehescheidungsgrund gewesen.
Der Senat hat die gesamte Dokumentation der A.-Kliniken -C-Stadt beigezogen und in der mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2014 die Klägerin einvernommen. Hier hat die Klägerin u. a. mitgeteilt, sie habe kein Testament zugunsten des Versicherten errichtet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 22. August 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. August 2010 zu verurteilen, der Klägerin antragsgemäß Witwenrente entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Gründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 25. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. August 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von großer Witwenrente gemäß § 46 Abs. 1, 2 Nr. 2 Sechstes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VI). Einem Anspruch auf Gewährung der großen Witwenrente steht § 46 Abs. 2a SGB VI entgegen. Danach haben Witwen keinen Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Es liegt bei Hochzeit am 12. März 2010 und Tod des Versicherten am 11. Mai 2010 nur eine kurze Ehedauer iSd § 46 Abs. 2a SGB VI vor. Eine Rentengewährung kommt damit nur in Betracht, wenn die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe widerlegt ist. Dies ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall.
§ 46 Abs. 2a SGB VI enthält eine gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war. Diese gesetzliche Vermutung ist allerdings widerlegbar. Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert nach §§ 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 292 Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils (vgl. Kassler Kommentar, Band 1, § 46 SGB VI Rn. 46b, m. w. N.).
Die gesetzliche Vermutung ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Besondere Umstände sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles, die nicht schon von der Vermutung selbst erfasst und geeignet sind, einen Schluss auf den Zweck der Heirat zuzulassen (BSGE 35, 272). Es sind vor allem solche Umstände von Bedeutung, die auf einen von einer Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen lassen. Hierbei hat eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu erfolgen. Dabei kommt es auf die (ggf. auch voneinander abweichenden) Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) beider Ehegatten an (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R). Dabei reicht es grundsätzlich aus, wenn für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht keine Rolle spielte, gleich, ob dies der Versicherte oder der überlebende Ehegatte war (Kassler Kommentar, a. a. O., Rn. 46c). Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Besondere Umstände, die die Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen vermögen, können nur solche sein, die eindeutig darauf schließen lassen, dass die Ehe nicht zumindest überwiegend aus Gründen der Versorgung geschlossen wurde. Die Darlegung allgemeiner, bei einer Heirat regelmäßig mit entscheidender Gesichtspunkte wie der Wunsch, nicht mehr allein sein zu wollen, und die Absicht, eine Lebensgemeinschaft auf Dauer zu begründen oder die Miete einer entsprechenden Wohnung rechtfertigt nicht die Annahme besonderer Umstände im Sinne des Gesetzes (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. Januar 1972, L 8 V 202/71
Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 5. Mai 2009 klargestellt, dass dem Gesundheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung eine gewichtige Bedeutung zukommt. Ein gegen die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe sprechender besonderer äußerer Umstand ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Tod des Versicherten, hinsichtlich dessen bisher kein gesundheitliches Risiko eines bevorstehenden Ablebens bekannt war, unvermittelt eingetreten ist. Hingegen ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a SGB VI nicht erfüllt. Zwar ist bei einer schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet worden ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit steigt jedoch der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die zu einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung führen (BSG, a. a. O.).
Die Tatsache, dass die Klägerin und der Versicherte in einem nahen zeitlichen Zusammenhang zu der Erstdiagnose einer lebensbedrohlichen Krebserkrankung geheiratet haben, ist im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände ein gewichtiges Indiz dafür, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung die Versorgungsabsicht im Vordergrund stand.
Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen war der Versicherte zum Zeitpunkt der Hochzeit bereits von der Krebserkrankung, die nach der Auskunft des behandelnden Onkologen Dr. von P. als unheilbar zu bezeichnen ist, gezeichnet.
Aus dem Befundbericht der Lungenarztpraxis G. vom 11. Januar 2010 (Internist F.) geht hervor, dass der Versicherte tags und nachts unter einem protahiert verlaufenden Hustenreiz litt, der teilweise mit Atemnot verbunden war. Zudem war es zu einem Gewichtsverlust von 6 kg in den letzten Wochen gekommen. In der Röntgen-Thorax-Übersichtsaufnahme zeigten sich massiv auffällige Veränderungen, die den behandelnden Arzt zu einer stationären Überweisung zur Durchführung einer bronchoskopischen Untersuchung und eines CT des Thorax veranlasste.
Im Rahmen eines stationären Aufenthalts des Versicherten vom 11. bis 15. Januar 2010 im D-Krankenhaus wurde am 15. Januar 2010 nach Durchführung dieser Untersuchungen der dringende Verdacht auf ein Bronchial-Karzinom mit Lungen-, LK- und Knochenmetastasen, einen Pleuraerguss rechts, eine sekundäre bösartige Neubildung der interlokalen Lymphknoten und der Lunge festgestellt. Im Entlassungsbericht vom 19. Januar 2010 ist festgehalten, dass der Versicherte über eine seit ca. 6 Wochen zunehmende trockene Hustensymptomatik berichtete. Der Husten sei oft mit Schmerzen im Rücken und Thoraxbereich verbunden. In letzter Zeit sei eine Belastungsdyspnoe beim Treppensteigen, Müdigkeit und Kurzatmigkeit hinzugekommen. Im Aufnahmebefund wurde der Versicherte als krankwirkend, orientiert bei reduziertem Allgemein- und Ernährungszustand beschrieben. Die technischen Untersuchungen ergaben einen ausgedehnten tumorösen Prozess im Hilusbereich rechtsseitig mit multiplen intrapulmonalen Metastasenherden in allen Segmenten, Lymphknotenmetastasieung, Pleuraerguss rechts und Verdacht auf Knochenmetastasen. Es wurde eine palliative Therapie eingeleitet und der Versicherte im stabilen Allgemeinzustand entlassen.
Der Versicherte war dann vom 25. bis 26. Januar 2010 und 2. bis 3. Februar 2010 in der A. Fachklinik in C-Stadt. Er berichtete dort ausweislich des Entlassungsberichts vom 3. Februar 2010 über Belastungsdyspnoe und über einen bereits seit ca. 10 Monaten bestehenden Reizhusten ohne Auswurf, rezidivierenden Nachtschweiß und Gewichtsabnahme von ca. 8 kg in 3 Monaten. Der Versicherte befand sich in mäßigem Allgemeinzustand. Es wurde ein Stadium IV des Adenomkarzinoms der Lunge rechts angenommen sowie die Knochenmetastasen (Rippenmetastase, Lendenwirbelsäule, Os sacrum) bestätigt. Am 3. Februar 2010 kam es nach einem Aufklärungsgespräch zu einer Einleitung einer Chemotherapie, die unter entsprechenden supportiven Maßnahmen vom Versicherten gut vertragen wurde.
Ausweislich des Befundberichts der A. Kliniken C-Stadt vom 7. April 2010 ergab sich zwar beim Staging nach zwei Zyklen im März 2010 eine stabile Befundsituation, beim 4. Zyklus (7. April 2010) berichtete der Versicherte über ein gutes Allgemeinbefinden. Abgesehen von dem vorbekannten Reizhusten bestünden keine relevanten Beschwerden. Der letzte Therapiezyklus sei ohne relevante Nebenwirkung gut vertragen worden. Die körperliche Untersuchung ergab keine neuen pathologischen Aspekte.
Bereits am 23. April 2010 erfolgte aber dann die notfallmäßige stationäre Aufnahme in den A. Fachkliniken C-Stadt bei plötzlich aufgetretener Ruhe- und Belastungsdyspnoe und zunehmendem Husten sowie erhöhter Temperatur. Im Röntgen-Thorax zeigte sich eine deutliche thorakale Befundverschlechterung mit massiven Infiltraten in beiden Lungen. Nach wiederholter Verschlechterung des Allgemeinbefindens mit zunehmender Dyspnoe verstarb der Versicherte schließlich am 11. Mai 2010.
Zum Zeitpunkt der Eheschließung war dem Versicherten und der Klägerin bekannt, dass der Versicherte an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidet, die ein erhebliches Risiko für ein baldiges Ableben in sich birgt. Der Versicherte litt an einem Lungenkarzinom im Stadium IV. Auch aus den von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten internetbasierten medizinischen Unterlagen geht hervor, dass die Prognose sehr ungünstig ist, wenn sich der Tumor zum Zeitpunkt der Diagnose bereits auf andere Organe ausgebreitet hat. Dies war beim Kläger der Fall, der bereits unter ausgedehnten Knochen- und Lymphknotenmetastasen litt. Auch der behandelnde Arzt Dr. P. hat bestätigt, dass beim Versicherten eine unheilbare Krankheitssituation vorlag. Über seine Situation war der Versicherte auch informiert, da ein Aufklärungsgespräch Ende Januar/Anfang Februar 2010 in der A.-Klinik stattgefunden hatte.
Zwar ist gerade unter Berücksichtigung der vorübergehenden Stabilisierung des Allgemeinzustands die Aussage von Dr. P. nachvollziehbar, dass zum damaligen Zeitpunkt nicht absehbar war, dass der Versicherte bereits innerhalb so kurzer Zeit, nämlich bereits Anfang Mai 2010, versterben würde. Es ist auch menschlich nachvollziehbar, dass der Versicherte und die Klägerin aus dieser Befundstabilisierung Hoffnung geschöpft haben.
Im Rahmen der Prüfung des § 46 Abs. 2a SGB VI kommt es aber nicht darauf an, dass der Versicherte und die Klägerin mit dem nahen Tod des Versicherten sicher gerechnet haben. Der Gesetzgeber hat die Vermutung einer Versorgungsehe nicht nur für die Fälle angeordnet, in denen bereits in Angesicht des nahenden Todes „auf dem Totenbett“ noch eine Ehe geschlossen wird, sondern für alle Todesfälle innerhalb einer Frist von immerhin einem Jahr. Gerade bei Todesfällen, die kurz vor Ablauf der Einjahresfrist eintreten, wird sehr selten bereits zum Zeitpunkt des Eheschlusses der Tod in knapp einem Jahr sicher absehbar gewesen sein. Die Nichtvoraussehbarkeit des Todesfalles innerhalb der Jahresfrist des § 46 Abs. 2a SGB VI spricht also nur dann gewichtig gegen eine Versorgungsehe, wenn zum Zeitpunkt der Eheschließung keine Anhaltspunkte für die Möglichkeit des vorzeitigen Ablebens des Versicherten bestanden haben, die Ehe also ihrem Wesen entsprechend auf Dauer eingegangen wurde (vgl. auch KassKomm, Bd. 1, § 46 SGB VI Rdnr. 46 c). Dies ist der Fall, wenn der Tod durch ein Unfallereignis (vgl. insoweit auch ausdrücklich die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 14/4595, S. 44) oder aufgrund einer plötzlich auftretenden, unerwarteten akuten Erkrankung (z. B. Infektion o.ä.) eintritt, nicht jedoch dann, wenn sich - wie hier - bei einem Menschen im Rahmen eines gravierenden Krankheitsgeschehens das dieser Erkrankung innewohnende erhöhte Todesrisiko plötzlich realisiert.
Nach Auffassung des Senats kann angesichts des fortgeschrittenen Stadiums der Krebserkrankung des Versicherten nicht die Rede davon sein, dass dessen Ableben rund acht Wochen nach der Eheschließung für die Klägerin ein unerwartetes Ereignis war. Der Versicherte litt nicht unter einer seltenen Erkrankung, bei der eine Unkenntnis über deren Auswirkungen - trotz ärztlicher Aufklärung - plausibel sein könnte. Die Lebensbedrohlichkeit einer Lungenkrebserkrankung ist allgemein bekannt; zudem hat hier eine ärztliche Aufklärung nachweislich stattgefunden. Zur Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens fühlt sich der Senat angesichts der klaren Befundlage und der Ausführungen des behandelnden Arztes Dr. P. nicht gedrängt.
Die von der Klägerin vorgetragenen weiteren (äußeren und inneren) Umstände, die ausschlaggebend für die Hochzeit gewesen sein sollen, können den Senat nicht mit der dafür erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugen, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe beider Ehegatten insgesamt gesehen zumindest gleichwertig sind.
Ein besonderer, gegen eine Versorgungsehe sprechender Umstand liegt nicht darin, dass die Klägerin und der Versicherte schon seit 2005 ununterbrochen in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt haben. Dieser Umstand spricht nach Auffassung des Senats vielmehr eher umgekehrt dafür, dass alleiniger oder überwiegender Zweck der Ehe war, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen. Denn einem langjährigen Zusammenleben „ohne Trauschein“ liegt die langjährige bewusste Entscheidung zugrunde, eben nicht zu heiraten und damit nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen, die für Eheleute gelten, zu unterliegen.
Auch in den geltend gemachten langjährigen Heiratsabsichten kann der Senat keinen besonderen Umstand erkennen, der zu einer Widerlegung der Versorgungsvermutung führen würde. Die Klägerin hat im Rentenverfahren erklärt, es hätten schon seit Jahren Heiratsabsichten bestanden. Dies sei auch gegenüber den benannten Zeugen so geäußert worden. Dies wird vom Senat als zutreffend unterstellt, so dass es insoweit keiner Zeugeneinvernahme bedarf. Darüber hinaus habe man sich bereits im Jahr 2006 zum Zeichen der gegenseitigen Verbundenheit Ringe geschenkt. Dies sei als Verlöbnis anzusehen.
Langjährige Heiratsabsichten können jedoch nur dann die Vermutung der Versorgungsehe widerlegen, wenn sie hinreichend konkret sind und sich die tatsächliche Eheschließung als die konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht darstellt (Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 23. Juli 2003, L 2 U 360/01). Von einer konsequenten Verwirklichung von langjährigen Heiratsplänen kann hier nicht die Rede sein. Es ist kein überzeugender Grund dafür genannt worden, warum der Versicherte und die Klägerin nicht wesentlich früher nach der Ehescheidung des Versicherten von seiner ersten Ehefrau im Oktober 2007 geheiratet haben. Nach den Angaben der Klägerin hat der Versicherte die Klägerin zu einer bald möglichen Hochzeit gedrängt. Die Klägerin hat jedoch erst abwarten und etwas Zeit nach der Scheidung vergehen lassen wollen. Eine plausible Erklärung für eine frühere Hochzeit vor dem Auftreten der Krebserkrankung stellt dies nach Auffassung des Senats nicht dar. Daran ändert auch nichts der nunmehr als Verlöbnis bezeichnete Ringtausch im Jahr 2006. Abgesehen davon, dass dieses Verlöbnis, wenn es tatsächlich eines gewesen ist, sittenwidrig gemäß § 138 BGB und damit nichtig wäre, da es noch zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden ist, zu dem der Versicherte noch verheiratet war (Palandt, BGB, Einführung vor § 1297 Rn. 1 mit weiteren Nachweisen), hat dieses Verlöbnis auch nicht dazu geführt, dass der Versicherte und die Klägerin ihre Heiratsabsichten konsequent und zügig nach der Ehescheidung des Versicherten von seiner ersten Ehefrau umgesetzt hätten. Vielmehr kam es erst zu dem auffallend zügigen Eheschluss, nachdem die schwerwiegende Krebserkrankung des Versicherten entdeckt worden war.
Auch die geltend gemachten Pläne, die Ehe im Rahmen einer Hochzeitsreise in Las Vegas im Oktober 2010 zu schließen, führen zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat unterstellt dabei, dass solche Pläne existiert haben. Die Einvernahme der insoweit angebotenen Zeugen bedarf es daher nicht. Aber schon nach den eigenen Angaben der Klägerin hatten sich diese Pläne vor dem Auftreten der Krebserkrankung im Januar 2010 noch nicht hinreichend konkretisiert. Der Versicherte und die Klägerin hatten weder Visa besorgt noch waren die notwendigen finanziellen Mittel für eine derartige Auslandsreise vollständig vorhanden, nachdem zudem bereits für Februar 2010 eine Fernreise nach Thailand geplant gewesen war.
Für den Senat ist auch nicht nachvollziehbar, warum in der Einsetzung der Klägerin als Alleinerbin durch den Versicherten vor Auftreten der Krebserkrankung ein Beleg für das Fehlen von Versorgungsabsicht seitens des Versicherten oder der Klägerin liegen soll. Dieser Umstand belegt vielmehr jedenfalls den Willen des Versicherten, dass die Klägerin im Fall seines Ablebens wirtschaftliche Vorteile hat. Es ist nicht fernliegend, dass sich diese schon vorher bestehende Versorgungsabsicht nach Auftreten der lebensbedrohlichen Krebserkrankung noch verstärkt hat. Die andererseits fehlende Bereitschaft der - über Einkommen und Vermögen verfügenden - Klägerin, ihrerseits den Versicherten vor der Ehe als Alleinerben einzusetzen, spricht jedenfalls sicher auch nicht gegen das Vorliegen von Versorgungsabsicht zugunsten der Klägerin, sondern lässt vielmehr eher Zweifel an dem Bestehen eines festen Bindungswillens der Klägerin vor der Entdeckung der Krebserkrankung beim Versicherten auftreten.
Nicht plausibel erscheint dem Senat auch, dass die Klägerin von einer möglichen Witwenrente keine Kenntnis gehabt hat. Denn es handelt sich in Bezug auf das grundsätzliche Bestehen einer Hinterbliebenenversorgung im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung - sicher anders als in Bezug auf den Umstand, dass die Witwenrente bei Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Heirat ausgeschlossen sein kann - um weit verbreitetes Allgemeinwissen. Die Tatsache, dass die Klägerin nach dem Tod des Versicherten von einem Mitarbeiter der AOK auf die Möglichkeit einer Antragstellung hingewiesen wurde, belegt nicht die diesbezügliche Unkenntnis der Klägerin.
Der Senat teilt auch nicht die Auffassung, dass eine Versorgungsehe dann ausscheidet, wenn der oder die Hinterbliebene ein auskömmliches Einkommen aus unselbstständiger Tätigkeit bezieht und hinreichend eigene Versorgungsleistungen zu erwarten hat. Der Bezug von Einkommen sowie eine zu erwartende Altersrente aus eigener Versicherung ist - unabhängig von der jeweiligen Höhe - kein taugliches Kriterium für eine Differenzierung im Rahmen des § 46 a Abs. 2 SGB VI. Einen rechtfertigenden Grund für eine Schlechterstellung von Hinterbliebenen, die kein Einkommen beziehen bzw. keine Rente aus eigener Versicherung zu erwarten haben gegenüber Einkommensbeziehern und künftigen Rentnern kann der Senat nicht erkennen. Das Gesetz stellt nach seinem eindeutigen Wortlaut nur darauf ab, ob es widerlegt werden kann, dass es der Ehezweck war, eine Hinterbliebenenversorgung zu erhalten. Ziel des Gesetzes ist es, die Auszahlung von Rentenleistungen zulasten der Versichertengemeinschaft zu unterbinden, wenn eine Ehe nur oder überwiegend zu dem Zweck abgeschlossen worden ist, Rentenleistungen zu erhalten. Diesem Gesetzeszweck ist auch bei denjenigen Rechnung zu tragen, die mit einer Hinterbliebenenrente ein insgesamt höheres Einkommen erlangen.
Im Übrigen weist der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf dem Umstand, dass die Klägerin auch in zweiter Instanz erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
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(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.
(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie
- 1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, - 2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder - 3.
erwerbsgemindert sind.
- 1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind, - 2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.
(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).
(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.
(1) Ist ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben, so haben die Witwe, der hinterbliebene Lebenspartner, die Waisen und die Verwandten der aufsteigenden Linie Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Der Tod gilt stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war.
(2) Die Witwe oder der hinterbliebene Lebenspartner haben keinen Anspruch, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft erst nach der Schädigung geschlossen worden ist und nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat oder der Begründung der Lebenspartnerschaft war, der Witwe oder dem hinterbliebenen Lebenspartner eine Versorgung zu verschaffen.
(3) Ein hinterbliebener Lebenspartner hat keinen Anspruch auf Versorgung, wenn eine Witwe, die im Zeitpunkt des Todes mit dem Beschädigten verheiratet war, Anspruch auf eine Witwenversorgung hat.
(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.
(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie
- 1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, - 2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder - 3.
erwerbsgemindert sind.
- 1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind, - 2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.
(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).
(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.