Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Feb. 2012 - 6 AZR 573/10

published on 16/02/2012 00:00
Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Feb. 2012 - 6 AZR 573/10
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Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 22. April 2010 - 4 Sa 1522/09 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 18. November 2009 - 3 Ca 67/09 - abgeändert.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 472,73 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Einmalzahlung für das Jahr 2008.

2

Die Klägerin ist seit dem 15. Mai 1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der Evangelisch-lutherischen St. Jacobi-Schlosskirchengemeinde in O, teilzeitbeschäftigt. Der mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossene Dienstvertrag enthält in § 2 Abs. 1 folgende Bezugnahme:

        

„Für das Dienstverhältnis gelten das Gemeinsame Mitarbeitergesetz vom 14. März 1978 … und die Dienstvertragsordnung vom 16. Mai 1983 … in der jeweils geltenden Fassung.“

3

Zum 1. Januar 2006 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Diese hat ihren Beitritt zum Diakonischen Werk der Landeskirche Hannovers erklärt.

4

Die Dienstvertragsordnung vom 16. Mai 1983 (DienstVO, Kirchl. ABl. Hannover S. 65) in der aktuellen Fassung bestimmt in

        

„§ 1   

        

Geltungsbereich

        

(1) Diese Dienstvertragsordnung ist auf alle privatrechtlichen Dienstverhältnisse der Mitarbeiterinnen anzuwenden, die von Anstellungsträgern nach § 3 des Mitarbeitergesetzes angestellt werden. Anstellungsträger im Sinne dieser Dienstvertragsordnung sind die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig, die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, die Evangelisch-lutherische Kirche in Oldenburg und die ihrer Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.

        

...“   

5

Das Kirchengesetz der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen über die Rechtsstellung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vom 11. März 2000 (Mitarbeitergesetz - MG, Kirchl. ABl. Hannover S. 92), durch das das im Dienstvertrag in Bezug genommene Gemeinsame Mitarbeitergesetz aufgehoben worden ist (§ 33 Abs. 2 MG), gilt gemäß § 2 Abs. 2 MG für die Kirchenbeamten, kirchlichen Angestellten, Arbeiter und zu ihrer Ausbildung Beschäftigten (Mitarbeiter) der Konföderation sowie der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig und der Evangelisch-lutherischen Kirche in Oldenburg (beteiligte Kirchen) und derjenigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht der Konföderation oder der Aufsicht einer der beteiligten Kirchen unterstehen. Das Mitarbeitergesetz bestimmt ua.:

        

„§ 9   

        

Dienstvertragsordnung

        

(1) Dienstverträge werden nach den Bestimmungen einer Dienstvertragsordnung abgeschlossen, die nach den Vorschriften dieses Kirchengesetzes in Kraft tritt.

        

(2) In der Dienstvertragsordnung sind die Bestimmungen über die Verhältnisse des Dienstes, über Vergütungen und Löhne unter Beachtung der kirchlichen Erfordernisse an den Bestimmungen auszurichten, die jeweils für den öffentlichen Dienst im Land Niedersachsen gelten. Die Besonderheiten des kirchlichen Dienstes sind insbesondere bei der Festsetzung von Tätigkeitsmerkmalen zu berücksichtigen. Die Vorschriften der §§ 22 und 26 bis 29 bleiben unberührt.

        

...     

        

§ 15a 

        

Arbeitsrechtsregelungen

        

(1) Arbeitsrechtsregelungen sind die Beschlüsse der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission in den Fällen der §§ 22 und 26 sowie die im Wege des § 27 übernommenen Regelungen,...

        

(2) Arbeitsrechtsregelungen nach Absatz 1 sind verbindlich und wirken normativ.

        

(3) Es dürfen nur Dienstverträge abgeschlossen werden, die den Arbeitsrechtsregelungen nach Absatz 1 entsprechen.

        

...     

        

§ 26   

        

Zustandekommen der Dienstvertragsordnung

        

(1) Die Dienstvertragsordnung enthält die erforderlichen allgemeinen Bestimmungen über den Abschluss von Dienstverträgen zwischen den Anstellungsträgern und ihren nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis beschäftigten Mitarbeitern.

        

(2) Die Dienstvertragsordnung wird unbeschadet der Vorschriften des § 29 von der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission beschlossen und geändert.

        

...“   

6

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass auf ihr Dienstverhältnis aufgrund der Bezugnahmeklausel im Dienstvertrag weiterhin die Dienstvertragsordnung Anwendung findet, obwohl die Beklagte kein Anstellungsträger im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 DienstVO ist. Streitbefangen ist allein, ob eine von der Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission (ADK) im Juni 2008 beschlossene Arbeitsrechtsregelung Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis der Parteien hat.

7

Die ADK hat am 10. Juni 2008 (Kirchl. ABl. Hannover S. 70) beschlossen:

        

„A.     

        

Aufgrund des § 15a des … (Mitarbeitergesetz - MG) vom 11. März 2000 … hat die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission die folgenden Regelungen beschlossen:

        

1.    

Arbeitsrechtsregelung zur Änderung der Dienstvertragsordnung und zur Gewährung von Einmal- und Ausgleichszahlungen sowie der Gewährung einer Jahressonderzahlung 2008 - Anlage I -

        

2.    

Arbeitsrechtsregelung zur Überleitung der Mitarbeiterinnen der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen und der beteiligten Kirchen aufgrund der 61. Änderung der Dienstvertragsordnung vom 10. Juni 2008 und zur Regelung des Übergangsrechts (ARR-Ü-Konf) - Anlage II -

        

3.    

61. Änderung der Dienstvertragsordnung - Anlage III -

        

4.    

Arbeitsrechtsregelung für Auszubildende und Praktikantinnen - Anlage IV -

                          
        

B.    

        

...     

        

Anlage I

        

zum Beschluss der ADK

        

vom 10.06.2008

                 
        

Arbeitsrechtsregelung

        

zur Änderung der Dienstvertragsordnung

        

und zur Gewährung von Einmal- und

        

Ausgleichszahlungen sowie der Gewährung

        

einer Jahressonderzahlung 2008

        

Vom 10. Juni 2008

                 
        

Artikel 1

        

60. Änderung der Dienstvertragsordnung

        

Aufgrund des § 26 Abs. 2 des … (Mitarbeitergesetz - MG)... hat die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission die Dienstvertragsordnung vom 16. Mai 1983 in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. September 2000 ... wie folgt geändert:

        

1. Es wird folgender § 2b eingefügt:

        

‚§ 2b

        

Zuwendungstarifverträge

        

Die Tarifverträge über eine Zuwendung sind nicht anzuwenden.’

        

...     

        

Artikel 2

        

Arbeitsrechtsregelung

        

über Einmal- und Ausgleichszahlungen und

        

die Gewährung einer Jahressonderzahlung

        

2008 (ARR-Einmalzahlungen)

        

§ 1     

        

Einmalzahlung im Jahr 2008

        

(1)     

Mitarbeiterinnen, deren Dienstverhältnis unter den Geltungsbereich der Dienstvertragsordnung fällt, erhalten mit den Bezügen für den Monat Juli 2008 folgende Einmalzahlung:

        

Mitarbeiterinnen in den Vergütungs-/Lohngruppen

        

...     

        
        

LohnGr. 1 bis 8a

910 Euro

        

...     

        
        

(3)     

Voraussetzung für den Anspruch auf die Einmalzahlung ist, dass

        

a)    

das Dienstverhältnis der Mitarbeiterin mindestens seit dem 1. Juni 2008 besteht und

        

b)    

ein Entgeltanspruch ... der Mitarbeiterin für mindestens einen Tag im Zahlungsmonat besteht. ...

        

(4)     

Teilzeitbeschäftigte Mitarbeiterinnen erhalten den Teilbetrag der Einmalzahlung, der dem Verhältnis der mit ihnen im Zahlungsmonat vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit zu der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechenden vollbeschäftigten Mitarbeiterin entspricht. ...“

8

Ebenfalls am 10. Juni 2008 hat die ADK als Anlage III zum Beschluss von diesem Tag die 61. Änderung der Dienstvertragsordnung beschlossen (Kirchl. ABl. Hannover S. 90). Dadurch ist die Dienstvertragsordnung mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 neu gefasst worden. Seitdem findet gemäß § 2 DienstVO auf die Dienstverhältnisse der TV-L in der für das Land Niedersachsen jeweils geltenden Fassung entsprechende Anwendung, soweit in der Dienstvertragsordnung nichts anderes bestimmt ist.

9

Die Beklagte zahlte mit dem Juli-Gehalt 2008 der Klägerin zunächst eine Einmalzahlung von 472,73 Euro, zog jedoch diesen nach ihrer Auffassung zu Unrecht gezahlten Betrag zwischen August 2008 und Dezember 2008 wieder vom Entgelt der Klägerin ab. Mit ihrer am 29. Januar 2009 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Zahlung des einbehaltenen Betrags.

10

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, von der Bezugnahme im Dienstvertrag sei auch § 1 ARR-Einmalzahlungen erfasst. Sie falle wie die Mitarbeiter der verfassten Kirche, für die die Dienstvertragsordnung ebenfalls nur kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung finde, unter den Geltungsbereich der Dienstvertragsordnung. Mit § 2 des Dienstvertrags sei eine umfassende Einbeziehung aller Beschlüsse der ADK vereinbart worden.

11

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 472,73 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat ihr Begehren, die Klage abzuweisen, darauf gestützt, dass es an einer Anspruchsgrundlage für die begehrte Einmalzahlung fehle. Im Dienstvertrag der Parteien sei nur die Dienstvertragsordnung selbst in Bezug genommen, nicht aber Regelungen, die wie die ARR-Einmalzahlungen außerhalb der Dienstvertragsordnung getroffen seien. Die Klägerin könne sich auch nicht auf § 15a Abs. 2 MG stützen. Zum einen sei im Dienstvertrag lediglich das Gemeinsame Mitarbeitergesetz vom 14. März 1978 statisch in Bezug genommen, das eine Regelung wie § 15a Abs. 2 MG in der derzeit geltenden Fassung nicht enthalten habe. Darüber hinaus sei die ARR-Einmalzahlungen keine Regelung nach den §§ 24, 26, 27 oder 29 MG.

13

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist begründet. Die Klägerin hatte entgegen der Auffassung der Vorinstanzen gemäß § 1 ARR-Einmalzahlungen Anspruch auf eine Zahlung von 472,73 Euro brutto. Diesen Betrag hat die Beklagte zu Unrecht im Hinblick auf eine vermeintliche Überzahlung vom Entgelt der Klägerin einbehalten. Die Beklagte schuldet damit der Klägerin noch restliches Entgelt für das Jahr 2008 in der eingeklagten Höhe, § 611 BGB.

15

I. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, dass kein normativ begründeter Anspruch der Klägerin auf die Einmalzahlung für das Jahr 2008 besteht.

16

1. In § 2 Abs. 1 des Dienstvertrags ist das Mitarbeitergesetz dynamisch und nicht, wie die Beklagte annimmt, nur statisch in Bezug genommen. Der Satzteil „in der jeweils geltenden Fassung“ bezieht sich nicht nur auf die unmittelbar davor in Bezug genommene Dienstvertragsordnung, sondern erfasst das gesamte in § 2 Abs. 1 des Dienstvertrags angeführte kirchliche Recht.

17

2. Aus § 15a Abs. 2 MG folgt keine normative Geltung des § 1 ARR-Einmalzahlungen. Eine normative Wirkung kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen auf die Arbeitsverhältnisse kirchlicher Beschäftigter kann kirchengesetzlich nicht angeordnet werden. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seiner Entscheidung vom 8. Juni 2005 (- 4 AZR 412/04 - zu II 2 a der Gründe, AP MitarbeitervertretungsG-EK § 42 Rheinland-Westfalen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 6)ausgeführt, Arbeitsrechtsregelungen wie die streitbefangene entfalteten Rechtswirkungen für die Arbeitsverhältnisse kirchlicher Beschäftigter nur aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung in Form einer Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag. Das säkulare Recht ordne für kirchliche Arbeitsrechtsregelungen keine unmittelbare und zwingende Geltung an. Zwar sichere Art. 137 Abs. 3 WRV den Religionsgemeinschaften die Freiheit bei der Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten. Eine Befugnis zu in den staatlichen Raum hineinwirkender Normsetzung unabhängig von einem individualvertraglich zum Ausdruck gekommenen Umsetzungswillen ergebe sich aus dem kirchlichen Selbstverwaltungsrecht jedoch nicht. Vielmehr hätten die Kirchen als Rechtsfolge der Entscheidung zu einer privatrechtlichen Ausgestaltung ihrer Rechtsverhältnisse nur die Möglichkeiten des privaten Rechts, um die ihnen weitgehend in der Ausgestaltung freigestellten kirchenarbeitsrechtlichen Bestimmungen im einzelnen Arbeitsverhältnis zur Geltung zu bringen. Die Anordnung einer normativen Geltung kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen gegenüber Arbeitnehmern, die nur aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags mit der Kirche oder einer ihrer Einrichtungen verbunden sind, sei auch mittels Kirchenrechts nicht möglich. Eine Freistellung von der Bindung an die Gestaltungsmittel des Arbeitsrechts könne auch nicht aus dem verfassungsrechtlichen Sonderstatus der Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts begründet werden. Dem hat sich der Senat angeschlossen (BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 634/09 - Rn. 21, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 57 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 18; aA Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 5. Aufl. § 15 Rn. 67 ff.).

18

II. § 1 ARR-Einmalzahlungen wird jedoch von der Bezugnahme in § 2 Abs. 1 des Dienstvertrags der Parteien erfasst.

19

1. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die Bezugnahmeklausel dahin zu verstehen ist, dass die Beklagte nach dem Betriebsübergang und ihrem Beitritt zum Diakonischen Werk der Landeskirche Hannover weiterhin die Dienstvertragsordnung anzuwenden hat.

20

2. Bereits der Ausgangspunkt der Beklagten und der Vorinstanzen, die ADK habe bewusst und legitimiert durch das kirchliche Arbeitsrecht mit der ARR-Einmalzahlungen eine Arbeitsrechtsregelung „außerhalb der Dienstvertragsordnung“ geschaffen, trifft nicht zu. Auch die ARR-Einmalzahlungen war Teil der Dienstvertragsordnung.

21

a) Kirchliche Arbeitsrechtsregelungen sind, obwohl sie nicht als Tarifverträge anzusehen sind, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach den Grundsätzen, die für die Tarifauslegung gelten, auszulegen. Danach ist vom Wortlaut der kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen auszugehen und dabei deren maßgeblicher Sinn zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der kirchlichen Normgeber und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den kirchlichen Vorschriften Niederschlag gefunden haben. Schließlich ist auch auf den systematischen Zusammenhang abzustellen (BAG 17. Juli 2008 - 6 AZR 635/07 - Rn. 9, AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 4 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 13).

22

b) Für die Auffassung der Beklagten und der Vorinstanzen spricht, dass die ADK am 10. Juni 2008 insgesamt vier Regelungen beschlossen hat, darunter ua. die Arbeitsrechtsregelung zur Änderung der Dienstvertragsordnung und zur Gewährung von Einmal- und Ausgleichszahlungen sowie der Gewährung einer Jahressonderzahlung 2008 (Anlage I zum Beschluss der ADK vom 10. Juni 2008), wobei die 60. Änderung der Dienstvertragsordnung als Artikel 1 der Anlage I und die ARR-Einmalzahlungen als Artikel 2 der Anlage I gefasst sind, sowie die 61. Änderung der Dienstvertragsordnung (Anlage III zum Beschluss der ADK vom 10. Juni 2008). Die streitbefangene ARR-Einmalzahlungen ist damit ausdrücklich nicht als Änderung der Dienstvertragsordnung bezeichnet. Die Nummerierung der Änderungen der Dienstvertragsordnung sowie die gewählte Regelungstechnik, die 60. Änderung der Dienstvertragsordnung als Artikel 1 und die ARR-Einmalzahlungen als Artikel 2 der Anlage I zum Beschluss der ADK vom 10. Juni 2008 zu fassen, spricht vielmehr dagegen, dass die ARR-Einmalzahlungen die Dienstvertragsordnung ändern und Teil derselben werden sollte.

23

c) Allerdings berücksichtigen weder die Beklagte noch die Vorinstanzen bei ihrer Argumentation, dass die ADK den Beschluss vom 10. Juni 2008 ausweislich des ersten Satzes unter A dieses Beschlusses ausdrücklich auf der Grundlage des § 15a MG gefasst und als Arbeitsrechtsregelung bezeichnet hat. Das Mitarbeitergesetz der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen lässt keine auf dem dritten Weg beschlossene Vergütungsregelung außerhalb der Dienstvertragsordnung zu. Trifft die ADK gestützt auf § 15a MG eine entsprechende Arbeitsrechtsregelung, ändert diese materiellrechtlich die Dienstvertragsordnung auch dann, wenn sie nicht als eine solche Änderung bezeichnet und scheinbar als eigenständige Regelung konzipiert ist.

24

aa) Arbeitsrechtsregelungen im Sinne des § 15a MG sind lediglich die Beschlüsse der ADK in den Fällen der §§ 24 und 26 MG sowie die im Wege des § 27 MG übernommenen Regelungen des Landes Niedersachsen. Von den dort genannten Fällen kommt vorliegend nur der des § 26 MG in Betracht. Diese Norm regelt jedoch nur Inhalt und Zustandekommen sowie die Änderung der Dienstvertragsordnung selbst. Eine Befugnis, Entgeltregelungen als Arbeitsrechtsregelung „außerhalb“ der Dienstvertragsordnung zu treffen, lässt sich § 15a MG nicht entnehmen. Eine Arbeitsrechtsregelung über Vergütungen außerhalb der Dienstvertragsordnung auf dieser Rechtsgrundlage ist ausgeschlossen.

25

bb) Für diese Beschränkung der Regelungsbefugnis der ADK spricht auch § 9 MG. Nach dessen Abs. 1 werden Dienstverträge nach den Bestimmungen einer Dienstvertragsordnung abgeschlossen, die nach den Vorschriften des Mitarbeitergesetzes in Kraft tritt. Nach § 9 Abs. 2 MG sind in der Dienstvertragsordnung die Bestimmungen über die Verhältnisse des Dienstes und über Vergütungen und Löhne unter Beachtung der kirchlichen Erfordernisse an den Bestimmungen auszurichten, die jeweils für den öffentlichen Dienst im Land Niedersachsen gelten, wobei die Besonderheiten des kirchlichen Dienstes zu berücksichtigen sind. Auch insoweit sind entgegen der Ansicht der Beklagten Vergütungsregelungen außerhalb der Dienstvertragsordnung nicht vorgesehen. Anders als von ihr in der mündlichen Verhandlung angenommen, enthält § 9 Abs. 2 MG nicht nur inhaltliche Regelungsvorgaben im Sinne einer Richtlinie, die dann in § 26 Abs. 1 MG dahin konkretisiert würden, dass die essentialia des Entgelts in der Dienstvertragsordnung zu regeln seien. Abgesehen davon, dass unklar wäre, welche Entgeltbestandteile solche „essentialia“ sind, enthält § 9 Abs. 2 MG die ausdrückliche Anordnung („sind“), in der Dienstvertragsordnung „die“ Bestimmungen über die Vergütungen und Löhne zu treffen. Darüber hinaus schreibt diese Norm hinsichtlich des Inhalts der danach ausschließlich in der Dienstvertragsordnung zu treffenden Entgeltregelungen eine Orientierung an den Bestimmungen des öffentlichen Dienstes in Niedersachsen vor.

26

d) Gegen die Zulässigkeit einer Arbeitsrechtsregelung über Vergütungen außerhalb der Dienstvertragsordnung spricht unter systematischen Gesichtspunkten auch die ebenfalls am 10. Juni 2008 beschlossene 61. Änderung der Dienstvertragsordnung, die zu einer völligen Neufassung dieses Regelungswerks geführt hat. In dieser Neufassung der Dienstvertragsordnung ist als Anlage 3 eine Ordnung zur Sicherung von Arbeitsplätzen im Bereich von Diakonie- und Sozialstationen vereinbart, durch die zur Abwehr betriebsbedingter Kündigungen infolge einer festgestellten wirtschaftlichen Notlage über die Vereinbarung von Dienstvereinbarungen die Personalkosten gesenkt werden können. Im Gegenzug ist für die Dauer der Laufzeit solcher Dienstvereinbarungen die Erklärung betriebsbedingter Beendigungs- oder Änderungskündigungen unzulässig. Von der Anlage 3 ist indes nur ein kleiner Ausschnitt der ausgliederungsträchtigen Schnittmenge zum Tätigkeitsfeld der Diakonie erfasst. Die Beklagte gehört nicht zu diesem Arbeitgeberkreis. Die ADK hat also seit 2009 gänzlich andere Reaktionsmöglichkeiten auf wirtschaftliche Notlagen, und dies auch nur für einen kleinen Ausschnitt der privatrechtlich organisierten Pflegeeinrichtungen in der Diakonie, geschaffen, als sie die ARR-Einmalzahlungen in der Auslegung durch die Beklagte und die Vorinstanzen vorsieht. In deren Auslegung wäre es den Arbeitgebern, die inzwischen zum Tätigkeitsfeld der Diakonie gehören, im Ergebnis freigestellt gewesen, ob sie die Zahlungen, die die ADK in der ARR-Einmalzahlungen festgelegt hatte, ihren Arbeitnehmern tatsächlich zukommen lassen wollten. Derartige Freiräume gewährt die aktuelle Dienstvertragsordnung auch in ihrer Anlage 3 jedoch nicht.

27

3. Auch unabhängig von vorstehenden Erwägungen hatte die Beklagte § 1 ARR-Einmalzahlungen aufgrund der Bezugnahme in § 2 Abs. 1 des Dienstvertrags der Parteien anzuwenden.

28

a) Bei der in § 2 des Formulardienstvertrags getroffenen Bezugnahmeklausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einem Formulararbeitsvertrag durch das Landesarbeitsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung durch das Bundesarbeitsgericht. Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze finden auch auf die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke Anwendung (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 12, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 15).

29

b) Bei der Auslegung der Bezugnahmeklausel in § 2 Abs. 1 des Dienstvertrags der Parteien ist von der allgemeinen Funktion von Verweisungsklauseln im kirchlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung kirchlichen Arbeitsrechts in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kann dem kirchlichen Arbeitsrecht nur über Bezugnahmeklauseln gegenüber dem Staat Wirkung verschafft werden. Demgemäß verpflichten die jeweiligen Kirchengesetze die ihrem Geltungsbereich unterfallenden Arbeitgeber, Dienstverträge nach den Bestimmungen des kirchlichen Arbeitsrechts abzuschließen. Im Bereich der verfassten Kirche in Niedersachsen ist dies in § 9 Abs. 1 MG bzw. in § 15a Abs. 3 MG geschehen. Dieser kirchenrechtlichen Verpflichtung kann nach den geltenden Regeln des staatlichen Arbeitsrechts der kirchliche Arbeitgeber nur über eine vertragliche Bezugnahme genügen. Dementsprechend sehen die kirchlichen Vertragsmuster eine Inbezugnahme des kirchlichen Arbeitsrechts im Dienstvertrag vor (siehe nur § 2 Abs. 1 der Anlage 4 zu § 5 Nr. 1 DienstVO idF der 72. Änderung vom 8. Juni 2011, Kirchl. ABl. Hannover S. 139). Vor diesem Hintergrund sind Bezugnahmeklauseln auf die Bestimmungen des kirchlichen Arbeitsrechts grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 19, BAGE 129, 1). Der kirchliche Arbeitnehmer kann solche Klauseln damit im Ausgangspunkt nur dahin verstehen, dass sie zur Anwendung der für den Arbeitgeber kirchenrechtlich verpflichtenden Bestimmungen führen.

30

aa) Danach konnte die Klägerin bei Begründung des Dienstverhältnisses davon ausgehen, dass auf ihr Dienstverhältnis die Arbeitsrechtsregelungen der verfassten Kirche, die für Anstellungsträger im Sinne der Dienstvertragsordnung gelten, zu denen die Rechtsvorgängerin der Beklagten gehörte, zur Anwendung gelangen würden.

31

bb) An diesem Verständnis der Bezugnahmeklausel in § 2 Abs. 1 des Dienstvertrags hat sich durch die Ausgliederung auf die Beklagte und deren Beitritt zum Diakonischen Werk nichts geändert. Eine Differenzierung zwischen Arbeitsrechtsregelungen, die Inhalt der ausdrücklich in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung werden, und solchen, die außerhalb der Dienstvertragsordnung nur die Arbeitgeber verpflichten sollen, die Anstellungsträger im Sinne der Dienstvertragsordnung sind, ist vom Wortlaut der vertraglichen Bezugnahmeklausel bei objektiv-generalisierender Betrachtung nicht gedeckt. Vielmehr ist die nach dem Betriebsübergang fortbestehende Bezugnahme auf die Dienstvertragsordnung dahin zu verstehen, dass auf die Klägerin nach wie vor alle kirchlichen Regelungen anzuwenden sind, die von Arbeitgebern angewendet werden müssen, die Anstellungsträger im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 DienstVO sind, die Klägerin also so zu behandeln ist, als ob die Beklagte nach wie vor ein Anstellungsträger der verfassten Kirche wäre. Daher hatte die Beklagte § 1 ARR-Einmalzahlungen anzuwenden.

32

III. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 ARR-Einmalzahlungen erfüllt sind und der teilzeitbeschäftigten Klägerin unter Berücksichtigung des § 1 Abs. 4 ARR-Einmalzahlungen der eingeklagte Teilbetrag zusteht.

33

IV. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB. Die Klägerin hat Zinsen erst ab dem Zeitpunkt verlangt, ab dem der gesamte Klagebetrag von ihrem Entgelt einbehalten worden war.

34

V. Die Beklagte hat gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Schäferkord    

        

    Bender    

                 
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Annotations

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.