Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Apr. 2012 - 5 AZR 630/10

published on 18/04/2012 00:00
Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Apr. 2012 - 5 AZR 630/10
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Tenor

1. Die Revisionen der Kläger und der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. September 2010 - 12 Sa 1451/09 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens haben der Kläger zu 1. zu 34 %, die Klägerin zu 2. zu 27 % und der Kläger zu 3. zu 39 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütungshöhe.

2

Die Beklagte ist ein verlagsgebundenes Zustellunternehmen für Tages- und Wochenzeitungen, das sich außerdem mit der Zustellung von Briefen befasst. Bezogen auf die Stückzahlen der zugestellten Sendungen beförderte sie im Kalenderjahr 2009 zu etwa 70 % Zeitungen und Anzeigenblätter, zu 30 % Briefe. Dabei waren von ca. 130 Arbeitnehmern 21 ausschließlich in der Briefzustellung tätig. Dafür unterhält die Beklagte ein zentrales Depot, dessen Leiter die Tätigkeit der Briefzusteller koordiniert. Diese erhalten einheitliche Dienstkleidung und Dienstfahrräder sowie eine Belehrung über das Postgeheimnis.

3

Die Klägerin zu 2. und die Kläger zu 1. und 3. (im Folgenden: Kläger) sind bei der Beklagten als Briefzusteller teilzeitbeschäftigt mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 22,5 Stunden. Sie erhalten eine monatliche Vergütung von 766,94 Euro brutto.

4

Mit ihren - zunächst getrennten - Klagen haben die Kläger unter Berufung auf die Sittenwidrigkeit der Vergütungsvereinbarung für den Zeitraum 1. Januar 2008 bis 30. November 2009 die Differenz zu der Vergütung eines bei der Deutschen Post AG beschäftigten und in die Entgeltgruppe 3 des Entgelttarifvertrags für Arbeitnehmer der Deutschen Post AG (ETV-DP AG) eingruppierten Arbeitnehmers geltend gemacht. Hilfsweise begehren sie die Differenz zu dem Bruttomindestlohn iHv. 9,80 Euro nach § 3 Abs. 2 Buchst. b des zwischen dem Arbeitgeberverband Postdienste e.V. und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Tarifvertrags über Mindestlöhne für die Branche Briefdienstleistungen vom 29. November 2007 (TV Mindestlohn Briefdienstleistungen). Dieser Tarifvertrag finde auf das Arbeitsverhältnis Anwendung aufgrund der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen vom 28. Dezember 2007 (PostmindestlohnVO), die wirksam sei. Eine Bindung der Gerichte für Arbeitssachen an die gegenteilige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (28. Januar 2010 - 8 C 19.19 - BVerwGE 136, 54) bestehe nicht.

5

Die Kläger haben zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen,

        

1.    

an den Kläger zu 1. 7.989,23 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen;

        

2.    

an die Klägerin zu 2. 6.422,36 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen;

        

3.    

an den Kläger zu 3. 9.334,73 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen;

        

hilfsweise:

                 

an die Kläger jeweils 4.411,17 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 191,79 Euro nach näherer zeitlicher Staffelung zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Sittenwidrigkeit der Vergütungsvereinbarung könne nicht am ETV-DP AG gemessen werden. Sie sei im Wirtschaftszweig Zeitungsvertrieb und nicht im Bereich der Briefdienstleistungen tätig. Für die ihr Geschäft prägende Zustellung von Zeitungen und Anzeigenblättern fordere selbst die Gewerkschaft ver.di lediglich einen Stundenlohn iHv. 8,00 Euro brutto. Hieran gemessen könne die von der Beklagten gezahlte Vergütung von 7,87 Euro brutto je Stunde nicht sittenwidrig sein. Auf die PostmindestlohnVO könnten sich die Kläger nicht berufen. Diese sei unwirksam.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revisionen der Kläger sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Klagen im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet sind.

9

I. Die Kläger haben keinen Anspruch auf eine übliche Vergütung in Höhe der Entgeltgruppe 3 ETV-DP AG. Die Höhe ihrer Vergütung ist durch die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung bestimmt iSv. § 612 Abs. 2 BGB. Diese ist nicht sittenwidrig.

10

1. Der objektive Tatbestand sowohl des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Das ist vorliegend nicht der Fall.

11

a) Ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Wert der Arbeitsleistung und der Lohnhöhe in einem Arbeitsverhältnis vorliegt, bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers. Ausgangspunkt der Wertbestimmung sind regelmäßig die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweigs. Sie drücken den objektiven Wert der Arbeitsleistung aus, wenn sie in dem betreffenden Wirtschaftsgebiet üblicherweise gezahlt werden. Entspricht der Tariflohn dagegen nicht der verkehrsüblichen Vergütung, sondern liegt diese unterhalb des Tariflohns, ist von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 1 a der Gründe mwN, BAGE 110, 79). Das Missverhältnis ist auffällig, wenn es einem Kundigen, ggf. nach Aufklärung des Sachverhalts, ohne Weiteres ins Auge springt. Dafür hat das Bundesarbeitsgericht - in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Ersten Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH 22. April 1997 - 1 StR 701/96 - BGHSt 43, 53) - einen Richtwert entwickelt. Erreicht die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tariflohns, liegt eine ganz erhebliche, ohne Weiteres ins Auge fallende und regelmäßig nicht mehr hinnehmbare Abweichung vor, für die es einer spezifischen Rechtfertigung bedarf (vgl. dazu im Einzelnen BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 17 mwN, BAGE 130, 338; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 34 Rn. 6 ff.).

12

b) Welchem Wirtschaftszweig das Unternehmen des Arbeitgebers zuzuordnen ist, richtet sich nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige durch das Statistische Bundesamt. Diese Klassifikation beruht auf der Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Aufstellung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE Revision 2 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates sowie einiger Verordnungen der EG über bestimmte Bereiche der Statistik (ABl. EU L 393 vom 30. Dezember 2006 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung. Auf ihrer Grundlage erfolgt auch die Erhebung der Arbeitsverdienste nach § 3 des Gesetzes über die Statistik der Verdienste und Arbeitskosten vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3291), welches das frühere Lohnstatistikgesetz abgelöst hat. Die vom Statistischen Bundesamt herausgegebene Klassifikation der Wirtschaftszweige ist damit im Einklang mit Unionsrecht ein geeigneter und rechtssicher handhabbarer Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des maßgeblichen Wirtschaftszweigs als Grundlage für die Ermittlung des objektiven Werts einer Arbeitsleistung.

13

2. Danach kommt der ETV-DP AG als Ausgangspunkt für die Wertbestimmung der Arbeitsleistung der Kläger nicht in Betracht.

14

a) Die Deutsche Post AG unterfällt dem Wirtschaftszweig „Postdienste von Universaldienstleistungsanbietern“ (Statistisches Bundesamt Klassifikation der Wirtschaftszweige WZ 2008 Kode 53.1). Universaldienstleistungen sind nach § 11 Abs. 1 PostG ein Mindestangebot an Postdienstleistungen(§ 4 Nr. 1 PostG), die flächendeckend in einer bestimmten Qualität und zu einem erschwinglichen Preis erbracht werden. Dazu war die Deutsche Post AG bis zum 31. Dezember 2007 verpflichtet (§ 52 PostG), seither erbringt sie den Universaldienst freiwillig (vgl. Sondergutachten 62 der Monopolkommission Post 2011: Dem Wettbewerb Chancen öffnen S. 36). Zudem wäre sie nach § 12 Abs. 1 PostG gehalten, zur Gewährleistung des Universaldienstes beizutragen.

15

Demgegenüber gehört die Beklagte mit ihrer Briefzustelltätigkeit zu dem Wirtschaftszweig „Sonstige Post-, Kurier- und Expressdienste“ (Statistisches Bundesamt Klassifikation der Wirtschaftszweige WZ 2008 Kode 53.2). Sie erbringt keine Universalpostdienstleistungen und unterliegt - mangels Lizenz (§ 5 PostG) - auch nicht der Verpflichtung nach § 12 Abs. 1 PostG. Unstreitig übernimmt die Beklagte Postsendungen von Dritten - insbesondere der C GmbH - zum Zwecke der Zustellung als Nachunternehmerin. Sie ist damit Verrichtungs- oder Erfüllungsgehilfe iSd. § 5 Abs. 2 Nr. 1 PostG.

16

b) Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Kläger - was von diesen und den Vorinstanzen nicht näher thematisiert wurde - überhaupt der Entgeltgruppe 3 ETV-DP AG unterfielen, also eine Tätigkeit ausüben, die aufgabenbezogene Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, die in der Regel durch eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung bzw. durch entsprechende anderweitige berufliche Erfahrung erworben werden können.

17

3. Ob der objektive Wert der Arbeitsleistung der Kläger sich nach dem TV Mindestlohn Briefdienstleistungen bemisst (zur Bestimmung der üblichen Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 BGB durch einen Mindestentgelttarifvertrag vgl. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 171/10 - Rn. 18, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 333 = EzA BGB 2002 § 612 Nr. 9; 27. Juli 2010 - 3 AZR 317/08 - Rn. 30, BAGE 135, 187), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Den dort im Streitzeitraum vorgesehenen Bruttomindestlohn von 9,80 Euro je Stunde unterschreitet die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung nicht um mehr als ein Drittel. Ausgehend von einer monatlichen Vergütung iHv. 766,94 Euro brutto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 22,5 Stunden beträgt der Stundenlohn der Kläger - unstreitig - 7,87 Euro brutto und damit 80,3 % des Stundenlohns nach § 3 Abs. 2 Buchst. b TV Mindestlohn Briefdienstleistungen.

18

II. Die Kläger haben keinen Anspruch auf einen Stundenlohn iHv. 9,80 Euro brutto nach § 3 Abs. 2 Buchst. b TV Mindestlohn Briefdienstleistungen.

19

1. Die Rechtsnormen dieses Tarifvertrags finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) Anwendung. Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Eine Allgemeinverbindlicherklärung mit der Wirkung des § 5 Abs. 4 TVG ist nicht erfolgt.

20

2. Geltungsgrund für die Rechtsnormen des TV Mindestlohn Briefdienstleistungen könnte daher nur § 1 PostmindestlohnVO sein. Diese ist aber wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3a AEntG aF unwirksam.

21

a) Zu Recht gehen die Kläger allerdings davon aus, die Gerichte für Arbeitssachen seien nicht an die diesbezügliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54) gebunden.

22

Rechtskräftige Urteile der Verwaltungsgerichte binden die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. Beteiligt sind neben Vertretern des öffentlichen Interesses nur der Kläger, der Beklagte und die Beigeladenen (§ 121 Nr. 1, § 63 VwGO). Zu diesem Personenkreis gehören die Kläger des vorliegenden Rechtsstreits nicht. Zudem hängt die Rechtswirksamkeit der PostmindestlohnVO nicht von einem entsprechenden Entscheidungsausspruch in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren ab. Sie ist als Vorfrage in jedem arbeitsgerichtlichen Verfahren, in dem es entscheidungserheblich darauf ankommt, zu prüfen (vgl. BAG 26. Oktober 2009 - 3 AZB 24/09 - AP ZPO § 148 Nr. 9 = EzA ZPO 2002 § 148 Nr. 1).

23

b) Das Verordnungsverfahren leidet an einem wesentlichen Verfahrensfehler, der zur Unwirksamkeit der Verordnung führt (zur Rechtsfolge vgl. BVerfG 12. Oktober 2010 - 2 BvF 1/07 - Rn. 126 ff. mwN, BVerfGE 127, 293).

24

aa) § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG aF sah vor, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vor Erlass der Rechtsverordnung den in den Geltungsbereich der Rechtsverordnung fallenden Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie den Parteien des Tarifvertrags Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu geben hatte. Dieses Recht zur Stellungnahme soll ausweislich der Gesetzesbegründung gewährleisten, dass der Verordnungsgeber die Interessen aller Betroffenen in das Verordnungsverfahren einbezieht und in dem späteren Abwägungsvorgang widerstreitende Interessen gewichtet und wertet (vgl. Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung BT-Drucks. 14/151 S. 33). Dafür spricht auch die Gesetzessystematik. Mit § 1 Abs. 3a AEntG aF sollte das bis dahin für eine Ausweitung der Geltung eines Tarifvertrags allein zur Verfügung stehende Instrument der Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 TVG um die Möglichkeit der Tariferstreckung kraft Rechtsverordnung ergänzt werden. Da die Voraussetzungen einer Allgemeinverbindlicherklärung mit den Erfordernissen des Einvernehmens mit einem aus jeweils drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss, der Repräsentativität (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TVG) und des öffentlichen Interesses (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TVG) weitaus höhere Anforderungen stellen als das Verfahren nach § 1 Abs. 3a AEntG aF, kommt dem Recht zur Stellungnahme nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG aF als Ausgleich ein besonderes Gewicht zu(vgl. dazu auch BVerwG 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - Rn. 58 ff., BVerwGE 136, 54).

25

Die danach erforderliche Möglichkeit zur Stellungnahme zu dem - die Änderung im Geltungsbereich des TV Mindestlohn Briefdienstleistungen vom 29. November 2007 gegenüber dem vom 11. September 2007 nachverfolgenden - geänderten Entwurf der Rechtsverordnung wurde nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, gegen die die Revision Einwendungen nicht erhoben hat, nicht eröffnet. Eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger unterblieb.

26

bb) Die mit dem Tarifvertrag vom 29. November 2007 erfolgte Änderung war wesentlich. Der Geltungsbereich des ursprünglichen Tarifvertrags sollte alle Betriebe erfassen, die gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, ohne dass es auf den Anteil dieser Tätigkeit an der Gesamttätigkeit angekommen wäre. Dagegen sah der Tarifvertrag vom 29. November 2007 eine Beschränkung auf Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen vor, die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern. Durch diese Änderung des Geltungsbereichs drohte eine erhebliche Verschärfung der Wettbewerbssituation der Hauptkonkurrenten der Deutschen Post AG. Dies betraf weniger den Wettbewerb zur Deutschen Post AG selbst, als den Wettbewerb der Hauptkonkurrenten untereinander. Während ursprünglich jedes Unternehmen, das Briefsendungen beförderte, einen Mindestlohn zu zahlen gehabt hätte, waren durch den Tarifvertrag vom 29. November 2007 Unternehmen, deren Betriebe bzw. selbständige Betriebsabteilungen nicht überwiegend Briefsendungen befördern, von der Pflicht zur Zahlung eines Mindestlohns befreit, was deren Wettbewerbssituation verbessern konnte. Deshalb ist die Auffassung der Kläger, der Tarifvertrag vom 29. November 2007 sei im Verhältnis zu dem vom 11. September 2007 lediglich ein „Minus“, nicht zutreffend. Arbeitgeber, die möglicherweise unter der ursprünglichen Wettbewerbssituation bereit gewesen wären, einen Mindestlohn zu akzeptieren, und die aus diesem Grunde auf eine Stellungnahme verzichtet hatten, mussten nunmehr erneut Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Zudem ist es denkbar, dass ein Arbeitgeber zunächst auf eine Stellungnahme verzichtete, weil er die Rechtsverordnung aufgrund mangelnder Repräsentativität für offensichtlich unwirksam hielt und meinte, hiergegen auch im späteren Verwaltungsverfahren ausreichend Rechtsschutz erlangen zu können.

27

Dem steht nicht entgegen, dass die Einschränkung des Geltungsbereichs des ursprünglichen Tarifvertrags durch den Gesetzgeber vorgezeichnet war, weil dieser in § 1 Abs. 1 Satz 4 AEntG aF nur die Branche der Briefdienstleistungen, und zwar beschränkt auf Betriebe oder selbständige Betriebsabteilungen, die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, aufgenommen hatte(Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 21. Dezember 2007, BGBl. I S. 3140). Soweit die Kläger darauf verweisen, rechtliches Gehör sei bereits im Gesetzgebungsverfahren gewährt worden, verkennen sie, dass die nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG aF äußerungsberechtigten Arbeitgeber und Arbeitnehmer an dem Gesetzgebungsverfahren nicht beteiligt waren.

28

c) Ein Fehler im Verordnungsverfahren ist jedenfalls dann wesentlich, wenn ein Verfahrenserfordernis, das der Gesetzgeber im Interesse sachrichtiger Normierungen statuiert hat, in funktionserheblicher Weise verletzt wurde. Ein Verstoß gegen Anhörungs- und Beteiligungsrechte führt daher in solchen Fällen regelmäßig zur Ungültigkeit der Verordnung (BVerfG 12. Oktober 2010 - 2 BvF 1/07 - Rn. 126 ff. mwN, BVerfGE 127, 293; BVerwG 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - Rn. 68, BVerwGE 136, 54).

29

Dass eine erneute Stellungnahme dem Verordnungsgeber keinen relevanten Entscheidungsgewinn hätte bringen können (so das Vorbringen der - dortigen - Beklagten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, vgl. Tatbestand des Urteils des VG Berlin 7. März 2008 - 4 A 439.07 - NZA 2008, 482), ist reine Spekulation. Gerade wegen der durch den eingeschränkten Geltungsbereich möglichen Veränderung der wettbewerbsrechtlichen Ausgangssituation der Wettbewerber der Deutschen Post AG ist nicht auszuschließen, dass im Rahmen eines erneuten Anhörungsverfahrens gewichtige Argumente vorgebracht worden wären, die der Verordnungsgeber nicht hätte unberücksichtigt lassen dürfen.

30

d) Schließlich führt entgegen der Auffassung der Kläger die Nichtaufhebung der PostmindestlohnVO durch den Verordnungsgeber nicht zu deren weiterer Anwendung. Ob eine Rechtsverordnung durch ihre Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist, beurteilt grundsätzlich das zuständige Fachgericht im Rahmen einer Inzidenterkontrolle. Das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG gilt für Rechtsverordnungen nicht(BVerfG 1. März 1978 - 1 BvL 20/77 - BVerfGE 48, 40). Einer förmlichen Aufhebung der unwirksamen PostmindestlohnVO bedurfte es nicht (vgl. BAG 26. Oktober 2009 - 3 AZB 24/09 - Rn. 15, AP ZPO § 148 Nr. 9 = EzA ZPO 2002 § 148 Nr. 1; BVerwG 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 - zu 2 b der Gründe, BVerwGE 111, 276).

31

III. Die Kläger haben gemäß § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision anteilig zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zorn     

        

    Rahmstorf     

                 
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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published on 14/06/2016 00:00

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Annotations

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Universaldienstleistungen sind ein Mindestangebot an Postdienstleistungen nach § 4 Nr. 1, die flächendeckend in einer bestimmten Qualität und zu einem erschwinglichen Preis erbracht werden. Der Universaldienst ist auf lizenzpflichtige Postdienstleistungen und Postdienstleistungen, die zumindest in Teilen beförderungstechnisch mit lizenzpflichtigen Postdienstleistungen erbracht werden können, beschränkt. Er umfaßt nur solche Dienstleistungen, die allgemein als unabdingbar angesehen werden.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates bedarf, nach Maßgabe des Absatzes 1 Inhalt und Umfang des Universaldienstes festzulegen. Die Festlegung der Universaldienstleistungen ist der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung nachfragegerecht anzupassen. In der Rechtsverordnung sind darüber hinaus die Mindestqualität der Dienstleistungen einschließlich der Qualitätsmerkmale für das Annahme- und Zustellnetz (Briefkästen, Einrichtungen, in denen Verträge über Brief- oder Paketbeförderungsleistungen abgeschlossen und abgewickelt werden können, Briefauslieferung) und für die Brieflaufzeiten sowie die Maßstäbe für die Bestimmung des Preises einer Universaldienstleistung festzulegen. Die Regulierungsbehörde ist befugt, über die Einhaltung dieser Maßstäbe zu entscheiden. Die Zustimmung des Bundestages gilt als erteilt, wenn der Bundestag nicht innerhalb von drei Sitzungswochen nach Eingang der Vorlage der Bundesregierung die Zustimmung verweigert hat.

Für dieses Gesetz gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

1.
Postdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind folgende gewerbsmäßig erbrachte Dienstleistungen:
a)
die Beförderung von Briefsendungen,
b)
die Beförderung von adressierten Paketen, deren Einzelgewicht 20 Kilogramm nicht übersteigt, oder
c)
die Beförderung von Büchern, Katalogen, Zeitungen oder Zeitschriften, soweit sie durch Unternehmen erfolgt, die Postdienstleistungen nach Buchstabe a oder b erbringen.
2.
Briefsendungen sind adressierte schriftliche Mitteilungen. Kataloge und wiederkehrend erscheinende Druckschriften wie Zeitungen und Zeitschriften sind keine schriftlichen Mitteilungen im Sinne des Satzes 1. Mitteilungen, die den Empfänger nicht mit Namen bezeichnen, sondern lediglich mit einer Sammelbezeichnung von Wohnung oder Geschäftssitz versehen sind, sind nicht adressiert im Sinne des Satzes 1.
3.
Beförderung ist das Einsammeln, Weiterleiten oder Ausliefern von Postsendungen an den Empfänger.
4.
Geschäftsmäßiges Erbringen von Postdiensten ist das nachhaltige Betreiben der Beförderung von Postsendungen für andere mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
5.
Postsendungen sind Gegenstände im Sinne der Nummer 1, auch soweit sie geschäftsmäßig befördert werden.
6.
Marktbeherrschend ist jedes Unternehmen, das nach § 18 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen als marktbeherrschend anzusehen ist.

Für den Zeitraum der gesetzlichen Exklusivlizenz ist die Deutsche Post AG verpflichtet, Universaldienstleistungen im Sinne der gemäß § 11 Abs. 2 erlassenen Verordnung zu erbringen. Die §§ 12 bis 17 und 56 gelten für diesen Zeitraum nicht.

(1) Steht fest oder ist zu besorgen, daß eine Universaldienstleistung nach § 11 nicht ausreichend oder angemessen erbracht wird, ist jeder Lizenznehmer, dessen im lizenzierten Bereich erzielter Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr mehr als 500.000 Euro betragen hat, verpflichtet, nach Maßgabe der §§ 13 bis 17 dazu beizutragen, daß die Universaldienstleistung erbracht werden kann.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für einen Lizenznehmer, der mit einem anderen Lizenznehmer ein einheitliches Unternehmen bildet. Ein einheitliches Unternehmen wird durch jede Verbindung von Unternehmen im Sinne von § 36 Absatz 2 und § 37 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen geschaffen.

(1) Einer Erlaubnis (Lizenz) bedarf, wer Briefsendungen, deren Einzelgewicht nicht mehr als 1.000 Gramm beträgt, gewerbsmäßig für andere befördert.

(2) Einer Lizenz nach Absatz 1 bedarf nicht, wer

1.
Briefsendungen als Verrichtungs- oder Erfüllungsgehilfe desjenigen befördert, dem eine Erlaubnis nach Absatz 1 erteilt worden ist,
2.
Briefsendungen befördert, die einer anderen Sendung beigefügt sind und ausschließlich deren Inhalt betreffen,
3.
Briefsendungen in der Weise befördert, daß einzelne nachgewiesene Sendungen im Interesse einer schnellen und zuverlässigen Beförderung auf dem Weg vom Absender zum Empfänger ständig begleitet werden und die Begleitperson die Möglichkeit hat, jederzeit auf die einzelne Sendung zuzugreifen und die erforderlichen Dispositionen zu treffen (Kurierdienst).

(1) Steht fest oder ist zu besorgen, daß eine Universaldienstleistung nach § 11 nicht ausreichend oder angemessen erbracht wird, ist jeder Lizenznehmer, dessen im lizenzierten Bereich erzielter Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr mehr als 500.000 Euro betragen hat, verpflichtet, nach Maßgabe der §§ 13 bis 17 dazu beizutragen, daß die Universaldienstleistung erbracht werden kann.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für einen Lizenznehmer, der mit einem anderen Lizenznehmer ein einheitliches Unternehmen bildet. Ein einheitliches Unternehmen wird durch jede Verbindung von Unternehmen im Sinne von § 36 Absatz 2 und § 37 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen geschaffen.

(1) Einer Erlaubnis (Lizenz) bedarf, wer Briefsendungen, deren Einzelgewicht nicht mehr als 1.000 Gramm beträgt, gewerbsmäßig für andere befördert.

(2) Einer Lizenz nach Absatz 1 bedarf nicht, wer

1.
Briefsendungen als Verrichtungs- oder Erfüllungsgehilfe desjenigen befördert, dem eine Erlaubnis nach Absatz 1 erteilt worden ist,
2.
Briefsendungen befördert, die einer anderen Sendung beigefügt sind und ausschließlich deren Inhalt betreffen,
3.
Briefsendungen in der Weise befördert, daß einzelne nachgewiesene Sendungen im Interesse einer schnellen und zuverlässigen Beförderung auf dem Weg vom Absender zum Empfänger ständig begleitet werden und die Begleitperson die Möglichkeit hat, jederzeit auf die einzelne Sendung zuzugreifen und die erforderlichen Dispositionen zu treffen (Kurierdienst).

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn

1.
der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder
2.
die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

(1a) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung mit folgenden Gegenständen regelt:

1.
den Erholungsurlaub, ein Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld,
2.
eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
3.
die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten,
4.
eine zusätzliche betriebliche oder überbetriebliche Vermögensbildung der Arbeitnehmer,
5.
Lohnausgleich bei Arbeitszeitausfall, Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitszeitverlängerung.
Der Tarifvertrag kann alle mit dem Beitragseinzug und der Leistungsgewährung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten einschließlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche der Arbeitnehmer und Pflichten der Arbeitgeber regeln. § 7 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag ist Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen werden würden, den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber sowie den obersten Arbeitsbehörden der Länder, auf deren Bereich sich der Tarifvertrag erstreckt, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben. In begründeten Fällen kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Teilnahme an der Verhandlung mittels Video- oder Telefonkonferenz vorsehen.

(3) Erhebt die oberste Arbeitsbehörde eines beteiligten Landes Einspruch gegen die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung, so kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Antrag nur mit Zustimmung der Bundesregierung stattgeben.

(4) Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein nach Absatz 1a für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag ist vom Arbeitgeber auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags im Einvernehmen mit dem in Absatz 1 genannten Ausschuß aufheben, wenn die Aufhebung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Im übrigen endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der obersten Arbeitsbehörde eines Landes für einzelne Fälle das Recht zur Allgemeinverbindlicherklärung sowie zur Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit übertragen.

(7) Die Allgemeinverbindlicherklärung und die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit bedürfen der öffentlichen Bekanntmachung. Die Bekanntmachung umfasst auch die von der Allgemeinverbindlicherklärung erfassten Rechtsnormen des Tarifvertrages.

Ziele des Gesetzes sind die Schaffung und Durchsetzung angemessener Mindestarbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie die Gewährleistung fairer und funktionierender Wettbewerbsbedingungen durch die Erstreckung der Rechtsnormen von Branchentarifverträgen. Dadurch sollen zugleich sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten und die Ordnungs- und Befriedungsfunktion der Tarifautonomie gewahrt werden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Beteiligte am Verfahren sind

1.
der Kläger,
2.
der Beklagte,
3.
der Beigeladene (§ 65),
4.
der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht oder der Vertreter des öffentlichen Interesses, falls er von seiner Beteiligungsbefugnis Gebrauch macht.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

Ziele des Gesetzes sind die Schaffung und Durchsetzung angemessener Mindestarbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie die Gewährleistung fairer und funktionierender Wettbewerbsbedingungen durch die Erstreckung der Rechtsnormen von Branchentarifverträgen. Dadurch sollen zugleich sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten und die Ordnungs- und Befriedungsfunktion der Tarifautonomie gewahrt werden.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn

1.
der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder
2.
die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

(1a) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung mit folgenden Gegenständen regelt:

1.
den Erholungsurlaub, ein Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld,
2.
eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
3.
die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten,
4.
eine zusätzliche betriebliche oder überbetriebliche Vermögensbildung der Arbeitnehmer,
5.
Lohnausgleich bei Arbeitszeitausfall, Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitszeitverlängerung.
Der Tarifvertrag kann alle mit dem Beitragseinzug und der Leistungsgewährung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten einschließlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche der Arbeitnehmer und Pflichten der Arbeitgeber regeln. § 7 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag ist Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen werden würden, den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber sowie den obersten Arbeitsbehörden der Länder, auf deren Bereich sich der Tarifvertrag erstreckt, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben. In begründeten Fällen kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Teilnahme an der Verhandlung mittels Video- oder Telefonkonferenz vorsehen.

(3) Erhebt die oberste Arbeitsbehörde eines beteiligten Landes Einspruch gegen die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung, so kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Antrag nur mit Zustimmung der Bundesregierung stattgeben.

(4) Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein nach Absatz 1a für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag ist vom Arbeitgeber auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags im Einvernehmen mit dem in Absatz 1 genannten Ausschuß aufheben, wenn die Aufhebung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Im übrigen endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der obersten Arbeitsbehörde eines Landes für einzelne Fälle das Recht zur Allgemeinverbindlicherklärung sowie zur Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit übertragen.

(7) Die Allgemeinverbindlicherklärung und die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit bedürfen der öffentlichen Bekanntmachung. Die Bekanntmachung umfasst auch die von der Allgemeinverbindlicherklärung erfassten Rechtsnormen des Tarifvertrages.

Ziele des Gesetzes sind die Schaffung und Durchsetzung angemessener Mindestarbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie die Gewährleistung fairer und funktionierender Wettbewerbsbedingungen durch die Erstreckung der Rechtsnormen von Branchentarifverträgen. Dadurch sollen zugleich sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten und die Ordnungs- und Befriedungsfunktion der Tarifautonomie gewahrt werden.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.