Internationales Gesellschaftsrecht
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Internationales Gesellschaftsrecht
Allgemeines zu internationalen Gesellschaftsrecht
Trotz der erheblichen Praxisrelevanz entbehrt es einer ausdrücklichen Kodifikation des internationalen Gesellschaftsrechts.
Nach Artt. 1 II lit.f Rom I-VO, 1 II lit.d Rom II-VO sind gerade die für juristischen Personen maßgeblichen Rechtsfragen aus dem jeweiligen Anwendungsbereich der sonst für den internationalen Rechtsverkehr maßgeblichen europäischen Verordnungen ausgeklammert
Vereinzelt findet man jedoch in Abkommen Regelungen vor, wie z.B. in Art XXV Abs.5 des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29.Oktober 1954, welche eine grundsätzliche Anerkennungspflicht der Rechts- und Parteifähigkeit einer ausländischen Gesellschaft zwischen den Vertragsstaaten regeln. Jenes bildet jedoch die Ausnahmen und nicht die Regel, sodass das die Klärung gesellschaftsrechtlicher Fragen mit internationalem Bezug primär der Rechtsprechung und Literatur überlassen bleibt.
Im Rahmen eines grenzüberschreitenden gesellschaftsrechtlichen Sachverhalts gibt es dabei vorrangig zwei Möglichkeiten die anwendbare Rechtsordnung zu bestimmen, namentlich mittels der Sitz- und Gründungstheorie.
Nach der Gründungstheorie findet diejenige Rechtsordnung des Staates Anwendung, in dem die Gesellschaft gegründet wurde, unabhängig davon an welchem Ort die Gesellschaft tatsächlich ihre Tätigkeit ausübt. Die Gründungstheorie wird dabei vorrangig im europäischen Raum im Rahmen von EU internen Weg- und Zuzügen angewendet, als auch im anglo-amerikanischen Bereich vertreten.
Damit ist es im Rahmen von europäischen Sachverhalten nicht gestattet an die Verwaltungssitzverlegung nach Deutschland einer nach einem Mitgliedstaatenrecht ordnungsgemäß gegründeten Gesellschaft das Wegfallen der Rechtsfähigkeit zu knüpfen. Jenes hat zur Folge, dass jede wirksam nach dem nationalen Recht eines EU-Mitgliedstaates gegründete Gesellschaft ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegen kann, ohne hierbei ihrer Rechtsfähigkeit verlustig zu gehen. Jenes folgt aus der auch Gesellschaften zustehenden Niederlassungsfreiheit, welche ihnen einen „Anerkennungsanspruch“ verbürgt.
Im Gegensatz hierzu erachtet die Sitztheorie das Recht des Staates als maßgeblich, in dem die juristische Person ihren tatsächlichen Verwaltungssitz hat. Jenes hat zur Folge, dass unter Zugrundelegung dieser Theorie es bei einem Grenzübertritt zu einem Statutenwechsel kommt.
Die Sitztheorie findet aus deutscher Sicht im Rahmen von Drittstaatensachverhalten Anwendung, sprich Sachverhalten mit Berührungspunkten außerhalb des europäischen Raumes.
Maßgebender Anknüpfungspunkt jener Theorie ist der effektive Verwaltungssitz, sprich den Ort, an dem die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden. Im Rahmen von Konzerngesellschaften ist dabei im Grundsatz stets auf den effektiven Verwaltungssitz der Tochtergesellschaft abzustellen, es sei denn die Verwaltung wird unmittelbar vom herrschenden Unternehmen wahrgenommen, sodass die Tochtergesellschaft eines effektiven Verwaltungssitzes entbehrt.
Beide Theorien führen zu unterschiedlichen Ergebnissen, sofern die Tätigkeit einer juristischen Person im Ausland solch ein Ausmaß annimmt, dass unter Zugrundelegung der Sitztheorie ein Statutenwechsel in Frage käme.
Jenes ist aus deutscher Sicht der Fall, wenn entweder eine deutsche GmbH ihren effektiven Verwaltungssitz in ein anderes Land verlegt oder eine ausländische Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit in Gänze ins hiesige Inland verlegt.
Zwar besteht Einigkeit hinsichtlich der Anwendbarkeit der Gründungstheorie auf europarechtlicher Ebene, jedoch wird insbesondere in Zusammenhang mit stetig steigender Präsenz von sog. „Briefkastenfirmen“ zunehmend eine Einschränkung gefordert.
Die Frage wird aufgeworfen, ob es neben der Erfüllung der Gründungsvoraussetzungen des Gründungsstaates zur Vermeidung von „Briefkastenfirmen“ ferner erforderlich ist, dass die ausländische Gesellschaft eine in irgendeiner Art und Weise geartete geschäftliche Tätigkeit in dem Gründungsland ausübt, um im Zuzugsstaat anerkannt zu werden. Jenes hätte zur Folge, dass ein „genuine link“ zu dem Gründungsstaat als Anerkennungsvoraussetzung in dem Zuzugsstaat notwendig wäre.
Im Anwendungsbereich der durch Artt.49, 54 AEUV gewährleisteten Niederlassungsfreiheit, sprich im europäischen Raum, würde solch eine zusätzliche Voraussetzung die Niederlassungsfreiheit in unzulässiger Weise einschränken, sodass dieses zusätzlich einschränkende, ungeschriebene Kriterium auf europäischer Ebene nicht in Betracht kommt.
Der EuGH hat sich hierzu ausdrücklich in der Inspire Art Entscheidung (Az. C-167/01) positioniert, wonach die Anerkennung einer ausländischen Gesellschaft durch den Zuzugsstaat selbst dann notwendig ist, wenn die in Frage stehende Gesellschaft ihre Tätigkeit ausschließlich in einem anderen Mitgliedstaat ausübt.
Das „genuine link“ Erfordernis wird insbesondere in Zusammenhang mit Sachverhalten die Berührungspunkte zu den USA haben in Erwägung gezogen. Ob es erforderlich ist, ist bis dato jedoch nicht ausdrücklich beantwortet worden, wobei an eine Verbindung zu dem ausländischen Staat keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (so wird beispielweise das Vorhandensein eines Telefonanschlusses als ausreichend erachtet).
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