Widerrufsrecht: Leasingunternehmen muss Kunden 20.000,00 Euro zurückerstatten


Erneut hat ein Gericht zu Gunsten der Verbraucher entschieden (Urteil Landgericht München vom 03.03.2021, Az. 2 O 11548/20). Kunden, die beim Vertragsabschluss von Leasingverträgen nicht ordnungsgemäß über ihre Rechte, insbesondere das Widerrufsrecht informiert werden, können ihren Leasingvertrag widerrufen. Die Folge ist, dass das Erlangte zurückgegeben werden muss, geleistete Zahlungen jedoch auch noch nach Monaten und sogar Jahren zurückverlangt werden können. So auch im vorliegenden Fall. Das Leasingunternehmen „Sixt Leasing SE“ hat Kunden nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert und muss nun an den Kläger 23.593,22 Euro zurückzahlen. Das Gericht führte dazu aus, dass ein Widerruf, der aufgrund einer falschen Belehrung Jahre nach Vertragsabschluss geltend gemacht wird, nicht treuwidrig sei (§ 242 BGB).
Streifler&Kollegen – Dirk Streifler – Rechtsanwälte Berlin
Mann begehrt Widerruf eines vor vier Jahren geschlossenen Vertrages
Streitgegenstand des Verfahrens vor dem Oberlandgericht (OLG) München war der Widerruf eines im Juni 2017 geschlossenen Leasingvertrages von Sixt Leasing SE. Bei „Sixt Leasing SE“ handelt es sich um einen Fahrzeugleasinganbieter aus Deutschland mit Tochterunternehmen in Österreich, der Schweiz, Frankreich und den Niederlanden. Kläger und Unternehmen vereinbarten eine jährliche Kilometerleistung von 20.000 Kilometer und eine Vertragslaufzeit von 30 Monaten. Als der Kläger das Fahrzeug zurückgab, machte Sixt Leasing SE etwaige Nutzungsersatzansprüche, insbesondere Rückgabeschäden und Gutachterkosten geltend. Schließlich widerrief der Kläger den Vertrag am Anfang des Jahres 2020 und reichte vor dem Landgericht Klage ein. Das Oberlandgericht München gab ihm mit Urteil vom 03.03.2021 Recht.
OLG München spricht sich bereits 2020 zu Gunsten der Verbraucher aus
Bereits letztes Jahr sprach sich das OLG München mit Urteil vom 18.06.2020, Az. 32 U 7119/19 zu Gunsten der Verbraucher aus, indem es klarstellte, dass Verbraucher beim Bestehen eines wirksamen Widerrufs keine Ersatzleistungen für gefahrene (Mehr-)Kilometer und entstandene Schäden bezahlen müssen.
Der damals streitgegenständliche Leasingvertrag enthielt widersprüchliche Angaben zu den Widerrufsfolgen hinsichtlich der Rückgabe des Leasingfahrzeugs. Für den Kläger war es aufgrund dieser fehlerhaften Information nicht ersichtlich, innerhalb welcher Frist er das Leasingobjekt zurückzugeben habe, wodurch die Widerrufsfrist nicht angefangen hat zu laufen.
Leasingvertrag könne nach den Regeln des Fernabsatzvertrages widerrufen werden
Das Gericht stellte fest, dass der Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung keine sonstige Finanzierungshilfe im Sinne des § 506 Abs. 2 BGB darstelle, wodurch weder ein gesetzliches noch ein vertragliches Widerrufsrecht bestünde. Allerdings greife das unbefristete Widerrufsrecht nach den Regeln des Fernabsatzvertrages (der Vertrag kam ausschließlich unter Einsatz von Fernkommunikationsmittel zustande), so dass weder der Wertverlust noch die gezogenen Nutzungen angerechnet werden müssen.
Gezahlte Raten und Anzahlung werden rückerstattet
Der Leasingnehmer erhielt nach wirksamem Widerruf alle gezahlten Raten sowie seine Anzahlung wieder. Gezogene Nutzungen und etwaiger Wertverlust mussten nicht herausgegeben werden.
Im vorliegenden Fall urteilte das Gericht ebenfalls zu Gunsten des Leasingnehmers. Der Leasinganbieter „Sixt Leasing SE“ wurde mit Urteil vom 03.03.2021 verpflichtet alle vom Kläger geleisteten Zahlungen zurückzugeben. Das Unternehmen muss insgesamt 23.593,22 Euro an den Kläger zahlen und zudem die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen, obwohl der Kunde bereits mehr als 48 Kilometer Strecke mit dem Wagen gefahren ist.
Widerruf nach Rückgabe des Autos nicht treuwidrig
Das Leasingunternehmen „Sixt Leasing SE“ machte zu ihrer Verteidigung die Treuwidrigkeit des Handelns des Klägers geltend: Der Widerruf des Vertrages nach Rückgabe des Leasingfahrzeugs sei treuwidrig und verstoße gegen die guten Verkehrssitten, so das Unternehmen. Dem stimmte das OLG München nicht zu. Das Verhalten des Klägers verstoße nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Vielmehr habe der Gesetzgeber bewusst entschieden, dass die Widerrufsfrist erst infolge einer hinreichenden Belehrung zu Laufen beginne. Diese Entscheidung dürfe nicht durch die Anwendung des „generalklauselartig gefassten“ § 242 BGB ausgehebelt werden.
Haben Sie noch Fragen zum Thema Widerruf von Verträgen? Dann nehmen Sie Kontakt zu Streifler&Kollegen auf und lassen Sie sich fachkundig beraten.


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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge geltenden Vorschriften der §§ 358 bis 360 und 491a bis 502 sowie 505a bis 505e sind mit Ausnahme des § 492 Abs. 4 und vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 auf Verträge entsprechend anzuwenden, durch die ein Unternehmer einem Verbraucher einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt. Bezieht sich der entgeltliche Zahlungsaufschub oder die sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe auf den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder auf den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten oder ist der Anspruch des Unternehmers durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert, so sind die für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge geltenden, in Satz 1 genannten Vorschriften sowie § 503 entsprechend anwendbar. Ein unentgeltlicher Zahlungsaufschub gilt als entgeltlicher Zahlungsaufschub gemäß Satz 2, wenn er davon abhängig gemacht wird, dass die Forderung durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert wird.
(2) Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes gelten als entgeltliche Finanzierungshilfe, wenn vereinbart ist, dass
- 1.
der Verbraucher zum Erwerb des Gegenstandes verpflichtet ist, - 2.
der Unternehmer vom Verbraucher den Erwerb des Gegenstandes verlangen kann oder - 3.
der Verbraucher bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat.
(3) Für Verträge, die die Lieferung einer bestimmten Sache oder die Erbringung einer bestimmten anderen Leistung gegen Teilzahlungen zum Gegenstand haben (Teilzahlungsgeschäfte), gelten vorbehaltlich des Absatzes 4 zusätzlich die in den §§ 507 und 508 geregelten Besonderheiten.
(4) Die Vorschriften dieses Untertitels sind in dem in § 491 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 5, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bestimmten Umfang nicht anzuwenden. Soweit nach der Vertragsart ein Nettodarlehensbetrag (§ 491 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1) nicht vorhanden ist, tritt an seine Stelle der Barzahlungspreis oder, wenn der Unternehmer den Gegenstand für den Verbraucher erworben hat, der Anschaffungspreis.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.