EuGH: Geldbußen nach Datenschutz-Grundverordnung

originally published: 06/12/2023 14:23, updated: 06/12/2023 14:24
EuGH: Geldbußen nach Datenschutz-Grundverordnung
Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Author’s summary by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass Geldbußen nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nur bei schuldhaftem Verstoß gegen die Verordnung verhängt werden können, sei es vorsätzlich oder fahrlässig. Die Schuldhaftigkeit gilt auch für juristische Personen, und die Höhe der Geldbuße für Unternehmen richtet sich nach dem weltweiten Jahresumsatz. Die Entscheidung schafft Klarheit in Bezug auf die Verantwortlichkeit, gemeinsame Verantwortlichkeit und die Berechnung von Geldbußen im Rahmen der DSGVO.

Dirk Streifler – Streifler&Kollegen – Rechtsanwälte Berlin

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bildet die Grundlage für die Verhängung von Geldbußen bei schuldhaftem Verstoß. In einem aktuellen Fall haben litauische und deutsche Gerichte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Auslegung dieser Verordnung ersucht, insbesondere im Kontext der Befugnis nationaler Aufsichtsbehörden zur Verhängung von Geldbußen gegen Verantwortliche für Datenverarbeitung.

Dirk Streifler – Streifler&Kollegen – Rechtsanwälte Berlin

Sachverhalt und Prozessverlauf

Die beiden Fälle, die den EuGH beschäftigen, betreffen eine Geldbuße von 12.000 Euro für das Nationale Zentrum für öffentliche Gesundheit in Litauen und eine über 14 Millionen Euro hohe Geldbuße für das deutsche Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen. Beide Unternehmen wurden für Verstöße gegen die DSGVO belangt, die im Zusammenhang mit der Datenverarbeitung stehen.

Verantwortlichkeit und schuldhaftes Verhalten

Der EuGH präzisiert, dass Geldbußen nur bei schuldhaftem Verstoß verhängt werden können, sei es vorsätzlich oder fahrlässig. Der Verantwortliche muss sich der Rechtswidrigkeit seines Handelns bewusst sein. Diese Schuldhaftigkeit gilt auch für juristische Personen, wobei es nicht notwendig ist, dass der Verstoß vom Leitungsorgan begangen wurde oder dieses davon Kenntnis hatte.

Gemeinsame Verantwortlichkeit und Aufsichtsbehörden

Der EuGH betont die Möglichkeit der Verhängung von Geldbußen gegen Verantwortliche, selbst wenn die Verarbeitung von einem Auftragsverarbeiter durchgeführt wurde. Zudem führt er die gemeinsame Verantwortlichkeit von Einrichtungen ein, die an der Entscheidung über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung mitgewirkt haben. Eine förmliche Vereinbarung ist nicht erforderlich; es genügt eine gemeinsame Entscheidung.

Höhe der Geldbuße und wettbewerbsrechtliche Aspekte

Die Bemessung der Geldbuße für Unternehmen erfolgt anhand des wettbewerbsrechtlichen Begriffs "Unternehmen". Der Höchstbetrag orientiert sich am Prozentsatz des globalen Jahresumsatzes des Unternehmens. Hierbei stellt der EuGH klar, dass die Aufsichtsbehörden bei der Berechnung auf den weltweiten Umsatz des gesamten Unternehmens abzielen müssen.

Schlussfolgerungen

Die Entscheidung des EuGH bietet eine klare rechtliche Grundlage für die Verhängung von Geldbußen gemäß der DSGVO. Sie verdeutlicht die Anforderungen an schuldhaftes Verhalten, behandelt die gemeinsame Verantwortlichkeit und legt fest, wie die Höhe der Geldbuße bei Unternehmen zu ermitteln ist. Diese Präzisierungen schaffen Klarheit und Orientierung für Unternehmen und nationale Aufsichtsbehörden im Umgang mit Datenschutzverstößen.

Haben Sie noch Fragen zu diesem Thema? Dann nehmen Sie Kontakt zu Streifler&Kollegen auf und lassen Sie sich fachkundig beraten. 

Show what you know!
14 Artikel zu passenden Rechtsgebieten

moreResultsText

30/04/2024 15:19

Rückforderung von Corona-Soforthilfen Die Rückforderung von Corona-Soforthilfen hat in jüngster Zeit verstärkt die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, insbesondere im Zusammenhang mit rechtlichen Auseinandersetzungen über die Rechtmäßigkeit solcher
07/02/2024 13:55

Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat in einem heute veröffentlichten Beschluss einer rechtskräftig verurteilten Frau teilweise stattgegeben, die gegen die Ablehnung einer Wiederaufnahme ihres Strafverfahrens geklagt hatte. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte zuvor eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) festgestellt. Die Beschwerdeführerin war wegen Mordes an ihrem Ehemann zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ein Richter, der auch am Urteil gegen den ehemaligen Lebensgefährten der Frau beteiligt war, wirkte ebenfalls an ihrem Verfahren mit. Nach der Feststellung des EGMR, dass dies einen Konventionsverstoß darstellte, beantragte die Frau die Wiederaufnahme ihres Verfahrens. Dies wurde vom Landgericht abgelehnt, und das Oberlandesgericht wies die sofortige Beschwerde zurück, da die Frau nicht darlegen konnte, dass das Urteil auf dem Konventionsverstoß beruhte. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass das Oberlandesgericht den Justizgewährungsanspruch der Beschwerdeführerin verletzte. Die Anforderungen an die Darlegung des Konventionsverstoßes seien unerfüllbar und unzumutbar. Das Gericht verkenne, dass der Konventionsverstoß nicht nur einen möglicherweise voreingenommenen Richter betraf, sondern bereits dessen Einflussnahme im Verfahren gegen die Beschwerdeführerin. Die Sache wurde an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Die aufgestellten Anforderungen seien sachlich nicht gerechtfertigt und dürften nicht zu einer generellen Ausschließung von Wiederaufnahmen führen, wenn ein Konventionsverstoß festgestellt wurde. Dies würde einen Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen schaffen, die aus einer Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter resultieren.
29/11/2023 21:31

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel hat eine für Samstagnachmittag geplante pro-palästinensische Versammlung mit dem Titel "Ein Freies Palästina" in Frankfurt am Main untersagt. Die Entscheidung basierte auf Bedenken hinsichtlich der öffentlichen Sicherheit, insbesondere aufgrund von vorangegangenen Vorfällen bei ähnlichen Versammlungen. Der VGH Kassel bestätigte die Untersagung in einer Eilentscheidung am selben Tag. Die Begründung umfasste die Befürchtung von gewalttätigen Auseinandersetzungen, strafbaren Handlungen und israelfeindlichen Äußerungen. Die Entscheidung wird auch vor dem Hintergrund eines Hamas-Angriffs auf Israel und eines Betätigungsverbots für die Hamas in Deutschland betrachtet. In anderen deutschen Städten gab es unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen zu Pro-Palästina-Versammlungen. Dirk Streifler - Streifler&Kollegen - Rechtsanwälte Berlin
02/03/2023 14:46

Der Antrag einer Lehrerin auf Anerkennung erlittener Impfschäden als  Dienstunfall wurde abgewiesen (VG Hannover, Urteil vom 24.11.2022, Az.: 2 A 460/22). Streifler&Kollegen - Rechtsanwälte Berlin
Artikel zu Verwaltungsrecht
21/11/2024 16:22

Erfahren Sie mehr über die rechtlichen Anforderungen an digitale Zahlungsmethoden und die Gründe, warum Paysafecard eine besonders sichere und datenschutzfreundliche Wahl ist.
17/12/2023 13:58

Am 7. Dezember 2023 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass -Scores nicht mehr alleinige Grundlage für Kreditentscheidungen sein dürfen. Dieses bahnbrechende Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die Kreditwirtschaft und den Verbraucherschutz in Deutschland.  Streifler&Kollegen - Rechtsanwälte Berlin 
26/11/2023 15:59

Der vorliegende Fachartikel thematisiert die Verbindung von Datenschutz und Patientenrechten im Lichte eines EuGH-Urteils (C-307/22). Im Fokus stehen das Recht der Patienten auf kostenlose Kopien ihrer Patientenakten und die Auslegung der DSGVO. Der Artikel beleuchtet zudem rechtliche Aspekte, wie die Frage der Kostenfreiheit bei der Einsichtnahme in die Patientenakte gemäß §§ 630f, 630g BGB. Die Entscheidung des EuGH wird als Meilenstein für die Datenschutzpraxis im Gesundheitssektor betrachtet, da sie einen Ausgleich zwischen Patientenrechten und den Interessen der Behandelnden herstellt und die Bedeutung von Datenschutz und Transparenz im Gesundheitswesen betont. Dirk Streifler – Streifler&Kollegen – Rechtsanwälte Berlin
24/10/2023 16:18

Ein Arbeitnehmer erhält 10 000 Euro Schadensersatz von seinem ehemaligen Arbeitnehmer. Das beklagte Unternehmen hat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger, dessen Video- und Bildmaterial weiterhin zu Werbezwecken verwendet.  Streifler&Kollegen - Rechtsanwälte Berlin
Artikel zu Datenschutzrecht
28/05/2024 15:03

Das Vertragskonzernrecht stellt eine fundamentale Säule der deutschen Unternehmenslandschaft dar, die die Beziehungen zwischen herrschenden und abhängigen Gesellschaften regelt. Dieser Artikel bietet eine umfassende Übersicht über die rechtlichen Rahmenbedingungen von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen, die Herausforderungen beim Schutz von Minderheitsaktionären und die rechtlichen Pflichten, die mit der Führung eines Konzerns verbunden sind. Tauchen Sie ein in die komplexe Welt des Konzernrechts und erfahren Sie, wie diese spezialisierten Verträge die Dynamik innerhalb von Unternehmensgruppen prägen.
06/12/2023 14:15

Der Bundesgerichtshof hat in einem wegweisenden Urteil erstattungsfähige Kosten für die Entfernung unbefugt abgestellter Fahrzeuge auf Privatgrundstücken geklärt. Der Fall betraf die Herausgabe eines Fahrzeugs und Verwahrungskosten. Der Kläger hatte sein Auto seiner Schwester geliehen, die es unbefugt abstellte. Ein Abschleppunternehmen wurde beauftragt, das Fahrzeug zu entfernen. Der Rechtsstreit fokussierte sich auf Verwahrungskosten von 4.935 €. Die Entscheidung des Gerichts hebt hervor, dass erstattungsfähige Kosten sowohl Entfernung als auch Verwahrung umfassen. Das Urteil schafft Klarheit und bietet klare Richtlinien für ähnliche Fälle in der Zukunft.  
Artikel zu Vertragsrecht