Die Rechtsfolge im Schadensersatzrecht
Inhalt
I. Bestehen eines Anspruch „dem Grunde nach“
II. Bestehen des Anspruchs in der geltend gemachten Höhe
1. Ersatzfähige Schadensposition
a) Allgemeines
b) Vertraglicher Schadensersatz
c) Nichtvermögensschäden
2. Bestimmung der Art und Höhe des Schadensersatzes
3. Vorteilsanrechnung
4. Haftungsausfüllende Kausalität
a) Schockschadenproblematik
b) Freiwillige (mitursächliche) Handlungen des Geschädigten
c) Zweitursache und Dazwischentreten Dritter
d) Rechtmäßiges Alternativverhalten
e) Reserveursachen
III. Kürzung des Anspruchs wegen Mitverschuldens
1. Eigenes Verschulden
2. Zurechnung fremden Verschuldens
3. Grundsätze der "gestörten Gesamtschuld"
IV. Fazit
I. Bestehen des Anspruchs „dem Grunde nach"
Zunächst muss ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach bestehen. Dieser kann seinen Ursprung zum Beispiel in einem Vertrag oder einer sonstigen Verbindung (so z.B. einer deliktischen Handlung oder einem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis) haben.
Beinahe allen Schadensersatzansprüchen ist die Rechtsfolge der §§ 249 ff. BGB gemeinsam. Nur in bestimmten Bereichen (wie zum Beispiel dem Straßenverkehrsrecht nach den §§ 7 ff. StVG) werden die Regelungen teilweise verdrängt (bzw. ergänzt).
II. Bestehen des Anspruchs in der geltend gemachten Höhe
Wenn ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach besteht, ist im nächsten Schritt zu fragen, ob der geltend gemachte Schaden ersatzfähig ist und wenn ja, in welcher Höhe. Hierzu sind die §§ 249 ff. BGB als entscheidende Regelungen zu Rate zu ziehen.
1. Ersatzfähige Schadensposition
a) Allgemeines
Nicht jede Schadensposition ist ersatzfähig. Schäden sind grundsätzlich unfreiwillige Vermögenseinbußen, die jemand kausal und damit infolge eines bestimmten Ereignisses an seinen Lebensgütern erleidet, und als solche nach dem Grundsatz der Naturalrestitution entweder „in natura“ oder ihrem Wert nach in Geld auszugleichen.
Der klassische Vermögensschaden – beispielsweise bei Beschädigung einer Sache die Reparaturkosten – ist damit fast immer eine ersatzfähige Schadensposition.
Ob und in welcher Höhe ein Vermögensschaden vorliegt, ist zu ermitteln nach der Differenzhypothese: Man bildet den Vergleich der hypothetischen Lage, in der das schädigende Ereignis nicht eingetreten ist, gegenüber der realen Lage. Besteht zwischen den beiden Situationen eine Differenz im Vermögen des Geschädigten, so liegt ein Vermögensschaden vor.
Speziell im deliktischen Schadensersatzrecht besteht zusätzlich der Grundsatz der Totalreparation: Wenn ein deliktischer Haftungsgrund besteht, müssen die dadurch entstandenen Schäden ausnahmslos ausgeglichen werden (unabhängig vom Verschuldensgrad). Die Reichweite der Ersatzfähigkeit wird hierbei maßgeblich bestimmt durch die Kausalität und ihre normativen Grenzen (siehe hierzu weiter unten).
b) Vertraglicher Schadensersatz
Im vertraglichen Schadensersatzrecht wird demgegenüber zwischen dem sogenannten positiven und dem negativen Interesse sowie dem Integritätsinteresse unterschieden.
Der Obersatz aller vertraglicher Schadensersatzansprüche lautet zunächst: Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Im Rahmen des positiven Interesses stellt das schädigende Ereignis das endgültige Ausbleiben der vertraglich geregelten Leistung des Schuldners dar, während dies beim negativen Interesse die jeweilige Pflichtverletzung ist. Beim Integritätsinteresse liegt eine Verletzung des Geschädigten in einem seiner geschützten Rechtsgüter vor (Rechtsgutsverletzung). Diese bildet also das schädigende Ereignis.
Die Obersätze zur Ermittlung der ersatzfähigen Schadenspositionen lautet daher:
- Positives Interesse: Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre.
Ersatzfähige Schadenspositionen sind hier insbesondere der entgangene Gewinn (gem. § 252 BGB), wenn eine gewisse Gewinnwahrscheinlichkeit bestand,frustrierte Aufwendungen, soweit die Rentabilitätsvermutung greift (siehe unten), der Minderwert einer nicht ordnungsgemäß erbrachten Vertragsleistung (inklusive Gutachterkosten zu deren Feststellung), die vom Geschädigten selbst erbrachte Leistung sowie Aufwendungen und Mehrkosten für einen Deckungskauf, sofern dieser auf dem Ausbleiben der Leistung beruht. - Negatives Interesse: Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis (also die Pflichtverletzung) nicht eingetreten wäre bzw. wenn er nicht auf den Bestand des Vertrages vertraut hätte (Vertrauensschaden; §§ 122, 179 II BGB).
- Integritätsinteresse: Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er ohne die Rechtsgutsverletzung stünde.
Um im Bereich des positiven Interesses zu bestimmen, ob frustrierte Aufwendungen ersatzfähig sind, wird die Rentabilitätsvermutung angewandt. Diese gilt jedoch nur bei erwerbswirtschaftlichen Aufwendungen bzw. Aufwendungen zu unmittelbar kommerziellen Zwecken (nicht ideelle, konsumtive, spekulative, marktstrategische Zwecke bzw. Eigennutzung).
Mit Hilfe der Rentabilitätsvermutung werden frustrierte Aufwendungen mit einer wirtschaftlichen Zweckrichtung im Einzelfall als Schaden angesehen. Der Rentabilitätsvermutung liegt der Gedanke zu Grunde, dass den Aufwendungen bei ordnungsgemäßer Erfüllung ein materieller Gegenwert entgegengestanden wäre, der aufgrund der Nichtleistung weggefallen sei. Somit sei ein Schaden entstanden.
Zugunsten des Gläubigers wird also vermutet, dass die vom Schuldner geschuldete Leistung zumindest ihren Preis wert war bzw. dass Investitionen in eine Sache nach der Lebenserfahrung typischerweise zu Einnahmen führen, die zumindest die Investition wieder amortisieren (zuzüglich Kosten, Gebühren und Finanzierungsleistungen, die hierfür in Anspruch genommen wurden).
Als Folge sind damit auch Aufwendungen als positives Interesse im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung ersatzfähig. Dies gilt jedoch nur, wenn der Geschädigte nicht auch zusätzlich den Ersatz der Vorteile verlangt, die ihm durch das Ausbleiben der Leistung entgangen sind, da dies die Rechtsfolge des § 284 BGB darstellen würde, der zum Schadensersatz statt der Leistung im Alternativverhältnis steht.
Ein Problem in der Schadensermittlung eröffnet sich, wenn die Gegenleistung zur Leistung des Geschädigten nicht in Geld bestehen sollte (z.B. im Rahmen eines Tauschvertrags gem. § 480 BGB).
Zur Ermittlung des Schadens werden verschiedene Theorien vertreten.
- Austauschtheorie/ Surrogationstheorie: Hiernach bleibt die Verpflichtung des Gläubigers zur Gegenleistung zunächst bestehen; als Schaden kann der Gläubiger ggf. den Wert der nicht mehr möglichen Leistung des Schuldners geltend machen (muss aber die eigene Gegenleistung erbringen).
- Differenztheorie: Diese Theorie berücksichtigt schon bei Schadensermittlung, dass ein Leistungsaustausch nicht mehr stattfindet; der Schaden berechnet sich also aus dem Wert der Leistung abzüglich des Werts der (ersparten) Gegenleistung.
Im Ergebnis besteht beim Schadensersatz statt der Leistung (nach den §§ 280 I, III, 283 BGB) ein Wahlrecht des Gläubigers: seit Bestehen des § 326 I BGB entfällt grundsätzlich die Pflicht zur Gegenleistung bei Unmöglichkeit der Leistung - dennoch ist wohl davon auszugehen, dass der Gläubiger die Gegenleistung (als Teil der Naturalrestitution) erbringen darf. Ist die Gegenleistung schon erbracht, besteht demnach auch keine "Pflicht zur Rücknahme" der Leistung. Es bleibt also dem Geschädigten (Gläubiger) überlassen, ob er selbst leisten und die nicht mehr mögliche Leistung des Schuldners ersetzt haben oder ob er die Differenz geltend machen will.
c) Nichtvermögensschäden
Kann keine Differenz im Vermögen des Geschädigten nach der Differenzhypothese festgestellt werden, so liegt womöglich ein immaterieller (Nichtvermögens)Schaden vor. Ersatzfähig sind gem. § 253 I BGB grundsätzlich nur diejenigen immateriellen Schäden, die vom Gesetz als ersatzfähig angeordnet werden. Ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist dies in den §§ 253 II, 651n, 844 III BGB für folgende Schäden:
- Verletzung des Körpers und der Gesundheit (§ 253 II BGB)
- Verletzung der Freiheit (§ 253 II BGB)
- Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung (§ 253 II BGB)
- Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit (§ 651n II BGB)
- Seelisches Leid bei Tötung eines Nahestehenden (§ 844 III BGB)
- Ersatz des Nichtvermögensschadens aus § 11 S. 2 StVG, §§ 15II, 21 II 3 AGG, § 8 S. 2 ProdHaftG
Ausnahmsweise sprechen die Gerichte jedoch auch bei schwerer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (aus Art. 1 I GG i.V.m. Art. 2 I GG) oder beiKommerzialisierbarkeit der Nutzungsmöglichkeit alltäglicher Gegenstände (abstrakter Nutzungsersatz oder Nutzungsausfallschaden) eine Entschädigung zu.
Die Ersatzfähigkeit des normativen Schadens bei Nutzungsausfall bzw. des Nutzungsausfallschadens ist jedoch nicht ganz unproblematisch, da das Gesetz in § 253 I BGB ausdrücklich eine Beschränkung der Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden auf die gesetzlich geregelten Fälle vorsieht und das Schadensersatzrecht vor Ausuferung bewahrt werden muss.
Hierzu werden in der Lehre verschiedene Theorien vertreten:
- Frustrationstheorie: Hiernach sollen auch gebrauchsunabhängige Aufwendungen ersatzfähig sein – beispielsweise monatliche Zahlungen an Kfz-Versicherung für ein Auto, was aufgrund einer Beschädigung nicht genutzt werden kann.
Gegen diese Theorie spricht insbesondere, dass diese frustrierten Aufwendungen unabhängig von der Nutzbarkeit der Sache getätigt werden und damit keine Kausalität zwischen der Tätigung der Aufwendung und der tatsächlichen Nutzbarkeit der Sache besteht. Kausal wäre die Fremdbeschädigung eines Kfz also nicht für die Zahlung des Kfz-Versicherungsbeitrags, sondern lediglich für die Frustration dieses Beitrags für einen bestimmten Zeitraum. Würde man dies als ersatzfähige Schadensposition ansehen, drohte zum einen die Umgehung der Voraussetzungen des § 284 BGB und zum anderen die Aushöhlung der Beschränkung in § 253 I BGB. - Kommerzialisierungsgedanke: Nach dem Kommerzialisierungsgedanken im Allgemeinen sind alle Lebensgüter ersatzfähig, die kommerzialisierbar sind- also im wirtschaftlichen Verkehr gegen Entgelt erworben werden können (entgangener Gebrauchsvorteil = Entgelt am Markt = Vermögenswert = Vermögensschaden).
Bei uneingeschränkter Anwendung dieser Theorie würde die Beschränkung des § 253 I BGB jedoch ebenfalls leerlaufen, da am heutigen Markt wohl jeder Gebrauchsvorteil in irgendeiner Weise kommerzialisierbar ist und damit immer ein Schaden vorläge.
Dennoch soll nicht der „sparsame“ Geschädigte benachteiligt werden. Dies wäre hingegen das Ergebnis, wenn demjenigen, der bei Beschädigung seines Kfz ein Ersatzfahrzeug anmieten würde, die Aufwendungen für die Miete als Vermögensschaden ersetzt werden könnten, der Geschädigte, der hierauf verzichtet hingegen leer ausgehen würde. - Vorherrschend ist daher die sogenannte eingeschränkte Kommerzialisierungsthese: Ersatzfähig ist danach der Nutzungsausfallschaden, wenn…
- Wirtschaftsgüter von zentraler Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebensführung vorliegen,
- auf deren Verfügbarkeit der Geschädigte angewiesen ist (anerkannt bei: Fahrrad, Auto, DSL-Zugang)
- und eine fühlbare Beeinträchtigung vorliegt, d.h. sowohl Nutzungswille als auch hypothetische Nutzungsmöglichkeit beim Geschädigten.
- Wirtschaftsgüter von zentraler Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebensführung vorliegen,
Zugesprochen wurde der Nutzungsausfallschadensersatz dementsprechend bereits für die fehlende Nutzungsmöglichkeit des eigenen Wohnhauses, des Kfz (BGH, Urteil vom 23.11.2004 - VI ZR 357/03), Internets (BGH, Urteil vom 24.01.2013 - III ZR 98/12) und Telefons – nicht jedoch für die bloß vertane Freizeit. Die Regelung über vertane Urlaubszeit in § 651n II BGB stellt eine abschließende Regelung für die Kommerzialisierbarkeit von Freizeit dar, die nicht analogiefähig sein soll.
Strittig ist, ob dieser Kommerzialisierungsgedanke in eingeschränkter Weise auch auf den gewerblichen Nutzungsausfall anwendbar ist. Dies ist grundsätzlich zu verneinen, da die Regelung des § 252 BGB (Ersatzfähigkeit des entgangenen Gewinns) die für den privaten Bereich bestehende Regelungslücke im gewerblichen Bereich ausfüllt. Ausnahmsweise ist eine Anwendung der eingeschränkten Kommerzialisierungsthese hingegen auch im gewerblichen Bereich möglich, wenn keine Möglichkeit der konkreten Bezifferung eines entgangenen Gewinns und dennoch ein fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil besteht.
2. Bestimmung der Art und Höhe des Schadensersatzes
Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution besteht der Schadensersatz bei Rechtsgutsverletzung grundsätzlich in Höhe des Integritätsinteresses gem. § 249 BGB. Wie hoch sich der Schadensersatz nach beläuft, ist – wie oben bereits dargestellt – nach der Differenzhypothese zu ermitteln.
Der Schädiger hat damit grundsätzlich den Zustand wieder herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 I BGB).
Soweit die (Wieder-)Herstellung des Zustands (beispielsweise der Sache) nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, kann gem. § 251 I BGB in Geld entschädigt werden.
Speziell bei Körper- und Sachschäden hat der Gläubiger grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen der Wiederherstellung der Sache (§ 249 I BGB) und der Zahlung eines entsprechenden Geldbetrages durch den Schädiger (§ 249 II BGB). In der Regel liegt es im Interesse beider Parteien, dass der Geschädigte selbst die Reparatur vornimmt bzw. vornehmen lässt und der Schädiger diese bezahlt.
Sollte eine Reparatur der Sache nicht möglich (oder unwirtschaftlich) sein, so kommt im Rahmen der Naturalrestitution auch der Erwerb einer vergleichbaren Sache (bspw. eines gleichartigen Gebrauchtwagens als Ersatz für den alten Pkw mit Totalschaden) in Betracht. Nach vorherrschender Meinung hat der Gläubiger (also der Geschädigte) hierbei ein Wahlrecht, ob er sich den Restwert der beschädigten Sache anrechnen lassen will oder die beschädigte Sache dem Schuldner überlässt und die volle Summe zum Neuerwerb verlangt.
Problematisch ist der Fall, in dem die Wiederherstellung der dem Geschädigten eigene Sache teurer ist als der Erwerb einer („neuen“) vergleichbaren Sache bzw. deren objektiver Wert (am Markt). In so einem Fall wird von der Rechtsprechung ein sogenannter Integritätszuschlag von 30% über dem Wiederbeschaffungswert (also des für die Wiederbeschaffung einer vergleichbaren Sache notwendigen Geldbetrags) zugesprochen. Hierfür spricht insbesondere das schutzwertige Integritätsinteresse des Gläubigers am Erhalt der ihm bekannten Sache, welches gerade durch den § 249 I BGB geschützt werden soll. Das Interesse an der Wiederherstellung der beschädigten Sache liegt insbesondere darin begründet, dass dem Geschädigten die Sache und deren mögliche Vorbeschädigungen bekannt sind – insbesondere bei einem Fahrzeug ist dies von großem wirtschaftlichen Vorteil. Grund für die Beschränkung auf 130% des objektiven Werts ist hingegen das auch im § 249 II BGB verankerteWirtschaftlichkeitspostulat. Hineingelesen wird dieses in den Wortlaut, dass der Gläubiger wegen der Beschädigung einer Sache statt der Herstellung nur den dazu „erforderlichen“ Geldbetrag verlangen darf. Erscheinen die Kosten der Wiederherstellung als unwirtschaftlich, so können diese auch nicht mehr als hierfür „erforderlich“ angesehen werden.
So ergeben sich in verschiedenen Fällen folgende Ergebnisse:
- Variante 1: bei tatsächlich durchgeführter Reparatur der beschädigten Sache
Grundsätzlich beträgt der zuzusprechende Schadensersatz die Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes (Wiederbeschaffungswert minus Restwert, den die beschädigte Sache noch hat).
Wegen des wirtschaftlichen Interesses am Erhalt der Sache wird jedoch ein Integritätszuschlag von 30% des objektiven Werts (Wiederbeschaffungswerts) zugesprochen. Der Restwert der Sache kann hierfür keine Rolle spielen, weil sonst ein hoher Restwert (mit i.d.R. dann auch niedrigen Reparaturkosten) die dann erst recht wirtschaftlich sinnvolle Reparatur "rechtlich unterbinden" würde.
Voraussetzung ist jedoch, dass die Sache (tatsächlich repariert und) weitere 6 Monate danach noch genutzt wird. Nur dann besteht weiterhin die "Vermutung" eines schützenswertem Integritätsinteresses des Geschädigten am Erhalt der beschädigten Sache.
Wenn aber die 130%-Grenze beispielsweise durch den Kostenvoranschlag der Werkstatt überschritten wird, kann der Gläubiger nur noch Geldbetrag in Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes verlangen.
Das Prognoserisiko Hierfür trägt aber der Schädiger. Wird die Reparatur trotz Einhalten der 130%-Grenze im Kostenvoranschlag (im Nachhinein) teurer, so ist dem Gläubiger der volle Preis zu ersetzen. Eine Ausnahme besteht nur, wenn ein Auswahlverschulden des Geschädigten – bspw. durch Auswählen einer besonders teuren Werkstatt – besteht. - Variante 2: bei fiktivem Abrechnen der Reparaturkosten (wenn nicht repariert wird)
Der Gläubiger kann in diesem Fall lediglich den Geldbetrag in Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes verlangen.
3. Vorteilsanrechnung
Die Grundsätze der Vorteilsanrechnung kommen zum Tragen, wenn dem Geschädigten aufgrund des schädigenden Ereignisses auch Vermögensvorteile zufließen. Diese Vermögensvorteile werden dem Geschädigten von seinem Schadensersatz „abgezogen“.
Hergeleitet wird dies aus dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot – dem Geschädigten soll zwar der ihm entstandene Schaden ersetzt werden, er soll hierdurch jedoch auch nicht bereichert werden, sprich besser stehen, als wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.
Nicht jeder Vorteil, den der Geschädigte aus dem schädigenden Ereignis zieht, ist diesem jedoch auch anrechenbar. Die Voraussetzungen für die Anrechnung eines Vorteils sind die folgenden:
- 1. Kausalität
Der Vorteil muss adäquat kausal aufgrund des Schadens entstanden sein. Das bedeutet, es darf nicht außerhalb aller Lebenserfahrung liegen, dass dem Geschädigten ein derartiger Vorteil aus dem schädigenden Ereignis erwächst. - 2. Kongruenz
Es muss außerdem ein innerer Zusammenhang von Vor- und Nachteil des Geschädigten bestehen. Der Vorteil muss also gerade aus der Schädigung erwachsen und nicht über (mehrere) „Umwege“. - 3. Zumutbarkeit
Die Anrechnung des Vorteils muss aus der Sicht des Geschädigten zumutbar sein. Es erfolgt also eine wertende Betrachtung der Situation.
Die Anrechnung erfolgt, wenn der Vorteil dazu bestimmt war, den Schädiger zu entlasten.
Eine Anrechnung soll den Schädiger also nicht unbillig entlasten und zu einem Widerspruch zu Sinn und Zweck der Ersatzpflicht führen, wenn der Vorteil allein dazu bestimmt war, dem Verletzten zugute zu kommen.
Dies ist z.B. der Fall, wenn Eltern ihren Kindern aufgrund einer Verletzung eine Leistung zukommen lassen (bspw. ein „Trostgeschenk“) – dieses soll nur dem Kind zugutekommen und nicht dem Schädiger. Hierfür spricht auch der Rechtsgedanke des § 843 IV BGB.
Eine Anrechnung erfolgt insbesondere auch dann nicht, wenn eine Versicherung für den Schaden aufkommt. Grund hierfür sind die Regelungen der gesetzlichen Forderungsabtretung (cessio legis) nach § 116 SGB, § 86 WG, § 6 EFZG. Sobald die Versicherung die Schadenssumme auszahlt, findet also ein Gläubigerwechsel statt. Der Anspruch des Geschädigten kann dann also durch die Versicherung mithilfe der gewillkürten Prozessstandschaft geltend gemacht werden.
Anrechenbare Vermögensvorteile sind beispielsweise ersparte Aufwendungen, die sich aus der unterbliebenen Abnutzung der eigenen Sache während der Nutzung einer (während der Reparatur-/Übergangsphase) angemieteten Ersatzsache ergeben.
Voraussetzung ist aber das Vorliegen einer verschleißenden Sache, bei der durch die unterbliebene Nutzung typischerweise ein Ersparniseffekt eintritt (z.B. beim Kfz).
Ein Abzug erfolgt insbesondere auch dann, wenn vom Geschädigten eine „günstigere“ Ersatzsache als die beschädigte Sache angemietet wird, weil der Geschädigte durch die Anmietung billigerer Sachen selbst keinen Vermögensnachteil erleidet und er auf den höheren Anspruch insoweit freiwillig verzichtet. Außerdem kommt der Geschädigten in diesem Fall auch bloß der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht gem. § 254 II 1 BGB nach.
4. Haftungsausfüllende Kausalität
Zwingende Voraussetzung für die Ersatzfähigkeit eines Schadens ist, dass dieser kausal auf dem schädigenden Ereignis beruht.
Die verschiedenen Formen der Kausalität im Schadensersatzrecht bezeichnet man als Äquivalenz, Adäquanz und Schutzzwecklehre.
- Äquivalenz: Äquivalent kausal ist jede Ursache, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele (conditio sine qua non).
- Adäquanz: Adäquant kausal ist jede Ursache, die im Allgemeinen und nicht nur unter ganz unwahrscheinlichen/ eigenartigen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung des jeweiligen Erfolges geeignet ist (also nicht außerhalb jedweder Lebenserfahrung liegt).
- Schutzzwecklehre: Der Schaden muss auch im Rahmen des Schutzzwecks der Norm liegen; im konkreten Erfolg muss sich also wider dem Schutzzweck der verletzten Norm (gesetzlich oder sozial) das typische Risiko der Verletzungshandlung realisieren und nicht lediglich das allgemeine Lebensrisiko.
Gerade im Bereich der Schutzzwecklehre, welche sich wertend mit der Reichweite des Schadensersatzanspruchs auseinandersetzt, bestehen bestimmte Problemkreise, die im Folgenden näher erläutert werden sollen.
a) Schockschadenproblematik
Klassisches Beispiel für die Problematik rund um den sog. „Schockschaden“ ist der Geschädigte, der eine schockbedingte Gesundheitsschädigung erleidet, nachdem er Zeuge eines Unfalls von einem nahen Angehörigen geworden ist.
Exkurs: Nicht jede medizinisch anerkannte „Gesundheitsschädigung“ wird auch als eine solche im Sinne des § 823 BGB anerkannt – bei hinreichend nachweisbaren pathologischen Folgebeschwerden (bspw. posttraumatische Belastungsstörung) und attestiertem Dienstausfall ist aber auch eine „seelische Beeinträchtigung“ nach der Verkehrsauffassung als eine Gesundheitsschädigung anzuerkennen.
Der ersatzfähige Vermögensschaden beläuft sich dann auf die Höhe der Behandlungskosten bzw. den Anspruch auf billige Entschädigung gem. § 253 II BGB wegen Beeinträchtigung der Gesundheit, wenn die Handlung des Schädigers für die Rechtsgutsverletzung kausal war bzw. die Rechtsgutsverletzung dem Schädiger auch zurechenbar ist.
Problematisch ist hierbei insbesondere die Kausalität im Rahmen der Lehre des Schutzzweckzusammenhangs. Zeuge eines Unfalls zu werden, wird grundsätzlich als Realisierung des allgemeines Lebensrisikos angesehen.
Voraussetzungen dafür, dass der Schaden (= Kosten der Heilbehandlung für schockbedingte Gesundheitsschädigung) ausnahmsweise vom Schutzzweck der verletzten Norm umfasst ist bzw. dem Schädiger zuzurechnen ist, sind die Folgenden:
- 1. besonderes Näheverhältnis zum Unfallopfer
Laut BGH zählen hierzu auch nur menschliche Unfallopfer, da andernfalls Ausuferung der Schadensersatzpflicht droht (BGH, Urteil vom 20. 3. 2012 - VI ZR 114/11 (OLG Köln)).
Dieses Näheverhältnis wird jedoch auch teilweise angenommen, wenn dem Unfallzeugen die Rolle eines Unfallbeteiligten durch den Schädiger „aufgezwungen“ wurde. Beispiel hierfür ist der Schock eines Polizisten bei der Bergung eines Unfalltoten.
Abgelehnt wurde dies jedoch in dem Fall, in dem ein Polizist eine posttraumatische Belastungsstörung erlitt, nachdem dieser mitansehen musste, wie Insassen eines Fahrzeugs nach Unfall verbrannten, ohne dass er eingreifen konnte (BGH, Urteil vom 22.05.2007 - VI ZR 17/06). - 2. räumliche und zeitliche Nähe zum Unfallgeschehen
Auch die bloße Benachrichtigung im Anschluss an den Unfall kann bei besonders nahen Angehörigen (bspw. Elternteilen des Unfallopfers) ausreichen. - 3. Schwere der Verletzung macht "Zusammenbruch" für unbeteiligten Dritten nachvollziehbar
Der Zusammenbruch muss angesichts der Schwere der Verletzung und der Beziehung des Zeugen zum Unfallopfer für einen Außenstehenden nachvollziehbar erscheinen.
b) Freiwillige (mitursächliche) Handlungen des Geschädigten
Eine weitere Problemgruppe, die über die sogenannte „Herausforderungsformel“ gelöst wird, stellen freiwillige, mitursächliche Handlungen oder Erklärungen des Geschädigten dar.
Problematisch hieran erscheint, dass sich die „Schadensposition“ aufgrund des Mitwirkens des Opfers eigentlich als freiwilliges Vermögensopfer (also als Aufwendung, die der Geschädigte selbst vorgenommen hat) darstellt, da diese auf einem freien Willensentschluss des Geschädigten beruht.
Eine Zurechnung dieses „Schadens“ zum Verantwortungsbereich des Schädigers trotz Mitursächlichkeit bzw. einem Dazwischentreten des Geschädigten erfolgt ausnahmsweise unter folgenden Voraussetzungen:
- 1. Rechtfertigender Anlass
Zunächst muss ein rechtfertigender Anlass zur Vornahme der Handlung des Opfers bestanden haben bzw. muss der Schädiger den Verletzten durch sein vorwerfbares Tun zu einem selbstgefährdenden Verhalten herausfordert haben.
Wenn demgegenüber keine solche Herausforderung, sondern ein bloßer „Anlass“ oder eine bloße „Gelegenheit" für das mitursächliche Verhalten des Opfers bestand, ist der Schaden dem Schädiger nicht zuzurechnen. - 2. Billigenswerte Motivation
Motivation und Willensentschluss des Verletzten müssen auf einer mindestens im Ansatz billigenswerten Motivation beruhen und dürfen keine unvernünftige, unverhältnismäßige Reaktion auf die Handlung des Schädigers darstellen. Um ein gerechtes Ergebnis bei „leicht übertriebenen“ Reaktionen zu erzielen, ist ggf. eine Kürzung des Anspruch nach den Grundsätzen des § 254 BGB denkbar (siehe hierzu unten).
Beispiele:
Entscheidung | Fall | Herausforderung (+)/(-) |
BGH, Urteil vom 03.07.2013 - VIII ZR 169/12 | Ersatz von Mehrkosten bei Deckungskauf aufgrund verschuldetem Versäumen der Nacherfüllungsfrist durch den Verkäufer | Herausforderung durch Nichteinhalten der Nacherfüllungsfrist (+) |
BGH, Urteil vom 05.06.2009 - V ZR 144/08 | Ersatz der Abschleppkosten eines Grundstückbesitzers nach unbefugtem Abstellen eines Pkw durch Fahrzeugführer | Herausforderung durch unbefugtes Parken (+) |
BGH, Urteil vom 31.01.2012 - VI ZR 43/11 | Ersatz des Schadens nach absichtlich durch die Beamten herbeigeführten Zusammenstoß des Polizeifahrzeugs mit Fluchtfahrzeug |
Herausforderung durch Flucht vor Polizei (+), aufgrund gesteigerter Gefahrenlage während der Flucht |
BGH, Urteil vom 16.04.2002 - VI ZR 227/01 | Ersatz des Schadens nach Sprung des Geschädigten aus dem Fenster – 10m in die Tiefe – aufgrund bedrohlichem Wohnungseinbruch durch Ehemann der Freundin, mit der der Geschädigte involviert war | Herausforderung durch unbefugtes Eindringen in Wohnung (+) |
c) Zweitursache und Dazwischentreten Dritter
Problematisch ist auch die Fallgruppe, in der ein Dritter nach Vornahme der Handlung durch den Schädiger eine weitere Ursache (Zweitursache) setzt oder einen eigenen Eingriff (Zweiteingriff) vornimmt, der auf den ersten Blick in keinem Zusammenhang mit dem Verhalten des Schädigers steht.
Ein Zurechnungszusammenhang zum Schädiger besteht dennoch, wenn sich immer noch das typische Risiko des Ersteingriffs (durch den Schädiger) verwirklicht.
Faustformel: Wurde das Dazwischentreten Dritter durch das Verhalten des Schädigers gefördert? Wenn ja, dann ist das Verhalten eines Dritten dem Schädiger ebenfalls zurechenbar!
Der Zurechnungszusammenhang besteht hingegen nicht, wenn das Risiko des Ersteingriffs schon "gänzlich abgeklungen" ist bzw. zwischen beiden Eingriffen bei wertender Betrachtung nur noch ein "äußerlicher" bzw. "zufälliger" Zusammenhang besteht.
Beispielsweise könnte bei einem Schaden durch Diebstahl am Unfallort ein Zurechenbarkeitszusammenhang zum Verhalten des Unfallverursachers noch bejaht werden. Entsteht der Schaden durch Diebstahl jedoch erst später nach Einlieferung des Geschädigten ins Krankenhaus, ist ein Zurechnungszusammenhang wohl eher zu verneinen.
d) Rechtmäßiges Alternativverhalten
Eine weitere Fallgruppe in diesem Zusammenhang ist die des rechtmäßigen Alternativverhaltens. Problematisch ist die Zurechnung also dann, wenn der Schaden beim Geschädigten auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Schädigers eingetreten wäre.
Nach herrschender Lehre und der Rechtsprechung entfällt in einem solchen Fall grundsätzlich die Kausalität im Sinne des Schutzzweckzusammenhangs – eine Einzelfallentscheidung ist jedoch weiterhin möglich, wenn der Schaden ausnahmsweise dennoch vom Schutzzweck der Norm umfasst ist.
Nach anderer Ansicht (Lehre vom Rechtswidrigkeitszusammenhang) wird dieser Umstand lediglich als schadensmindernder Faktor bei der Schadensberechnung berücksichtigt.
Entscheidend für die herrschenden Auffassungen ist, ob die verletzte Pflicht gerade den eingetretenen Schaden verhindern sollte (Rechtswidrigkeitszusammenhang) – wenn dies der Fall ist dann hat auch die Berufung auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten keinen Erfolg.
e) Reserveursachen
Problematisch sind auch die sogenannten Reserveursachen, die im Sinne einer hypothetischen Kausalität ebenfalls (ganz/ teilweise) zum Schaden geführt hätten.
Situation: Der Schaden wäre ganz oder teilweise auch ohne Verhalten des Schädigers aufgrund anderer Umstände eingetreten.
Das Überdenken der Kausalität in diesem Fall leitet sich aus dem Rechtsgedanken der Beachtlichkeit hypothetischer Schadensverläufe in den §§ 287 S. 2, 848, 252 S. 2 BGB her.
Der BGH vertritt hierbei eine vermittelnde Lösung: Eine Einteilung erfolgt danach, ob die Reserveursachen vor oder nach dem schädigenden Ereignis angelegt waren.
Vorherige Umstände (die sog. Schadensanlage) lassen eine Zurechnung/ Kausalität des Schadens entfallen, wenn…
- a) Die hypothetische Ursache zum Zeitpunkt des zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignisses mit Sicherheit zu erwarten gewesen wäre
- b) und der Vermögenswert des beschädigten Objekts dadurch schon vorher gemindert war (sog. Anlageschaden)
Nachträgliche Umstände (Schaden ist vor Reserveursache bereits eingetreten) sind…
- a) bei Vorliegen eines Objektschadens unbeachtlich – d.h. eine Zurechnung besteht weiterhin.
- b) bei Vorliegen von (Vermögens)Folgeschäden (= Schäden, die sich im Lauf der Zeit entwickeln; bspw. entgangener Gewinn) beachtlich – d.h. eine Zurechnung des Schadens entfällt; Argument hierfür ist, dass ohne ein wertendes Eingreifen eine Ausuferung der Schadensersatzpflicht drohen würde
Folge dieser Einteilung ist, dass eine Schadensposition (zeitlich) ggf. nur bis zum (hypothetischen) Eintritt einer Reserveursache geltend gemacht werden kann.
III. Kürzung des Anspruchs wegen Mitverschuldens
Sollte der Schaden nach alledem weiterhin als ersatzfähig einzustufen sein, so kommt weiterhin noch eine Kürzung des Anspruch wegen Mitverschuldens des Geschädigten in Betracht.
1. Eigenes Verschulden
Zunächst ist das eigene Verschulden im Sinne des Verschuldens gegen sich selbst gem. § 254 I BGB zu betrachten.
Sollte der Geschädigte selbst fahrlässig oder sogar vorsätzlich im Sinne des § 276 BGB an seiner eigenen Schädigung mitgewirkt haben, so ist sein Anspruch (ggf. anteilig) zu kürzen.
Im Falle von Bewusstseinsgestörten bzw. Kindern und Jugendlichen greifen die Sonderregelungen der §§ 827, 828 BGB analog. So sind Kinder bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres für Schädigendes Verhalten ihrerseits gar nicht und bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres zumindest für Unfälle im Straßenverkehr nicht verantwortlich. Bei Jugendlichen (Altersgrenze: 18 Jahre) kann nur dann eine Verantwortlichkeit bestehen, wenn bei diesen zum Zeitpunkt der Vornahme des selbstschädigenden Verhaltens die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht festgestellt werden kann.
Argument hierfür ist, dass die Einschränkung von Ansprüchen grundsätzlich den gleichen Regeln folgen muss wie die Anspruchsbegründung – insbesondere bei Minderjährigen.
2. Zurechnung fremden Verschuldens
Wenn kein eigenes Verschulden durchgreift (bzw. eine eigene Verantwortlichkeit von Kindern oder Jugendlichen ausgeschlossen ist), so kommt weiterhin die Zurechnung fremden Verschuldens gem. § 254 II 2 i.V.m. § 278 BGB in Betracht.
Hierbei ist man sich einig, dass der § 254 II 2 BGB (der den Verweis auf die Verschuldenszurechnungsnorm § 278 BGB enthält) so zu lesen sei, als handele es sich hierbei um einen dritten Absatz des Paragrafen, sodass dieser systematisch auch für den Absatz 1 gelte.
Des Weiteren handelt sich aufgrund eines angestrebten Haftungsgleichlaufs für Hilfspersonen bei Haftungsentstehung und Haftungsbeschränkung bei § 254 II 2 BGB um eine Rechtsgrundverweisung. Das bedeutet, dass für eine Verschuldenszurechnung die Voraussetzungen des § 278 BGB vorliegen müssen. Bei der Person, deren Verschulden zugerechnet werden soll, muss es sich also um einen gesetzlichen Vertreter (insbesondere ein Elternteil gem. §§ 1626, 1629 BGB) oder um einen Erfüllungsgehilfen des Geschädigten handeln.
3. Grundsätze der "gestörten Gesamtschuld"
Die Grundsätze der „gestörten Gesamtschuld greifen zunächst nur, wenn kein Mitverschulden über § 254 konstruiert werden kann. Anwendung findet diese rechtliche Konstruktion vor allem im Deliktsrecht, da hier eine Anwendung von § 278 BGB größtenteils verneint wird.
Kontext: Die gestörte Gesamtschuld liegt vor, wenn bei einer Schädigermehrheit (vgl. § 421 BGB bzw. § 840 BGB) die Haftung des einen Schädigers aufgrund eines Haftungsprivilegs entfällt. Es liegt also eine Regressbehinderung aufgrund eines gesetzlichen Haftungsprivilegs – bspw. § 1664 I BGB oder § 1359 BGB – vor. (Dies gilt jedoch nicht im Straßenverkehr, weil hier kein Raum für Haftungsfreistellung bestehen soll!)
Ohne dieses Haftungsprivileg bestünde die Möglichkeit des Regresses im Innenverhältnis gem. § 426 I, II BGB.
Zur Korrektur dieses oftmals als ungerecht empfundenen Ergebnisses werden verschiedene Ansätze vertreten.
Nach Ansicht des BGH geht die gestörte Gesamtschuld im Falle eines gesetzlichen Haftungsprivilegs (z.B. § 1664 I BGB) zu Lasten des nicht privilegierten Schädigers - dieser kann also im vollen Umfang in Anspruch genommen werden.
Argument hierfür ist, dass der privilegierte Schädiger sonst schlechter stünde, als wenn er den Schaden allein verursacht hätte. Das Haftungsprivileg wäre im Verhältnis mit der Gesamtschuld wirkungslos; bezüglich der Regelung in § 1664 I BGB (Einschränkung der Haftung der Eltern gegenüber ihren Kindern) wird insbesondere der Schutz des Familienfriedens ins Feld geführt.
Teilweise wird in der Literatur vertreten, die Störung der Gesamtschuld führe zu einer Kürzung des Anspruchs des Geschädigten um den Mitverschuldensanteil des privilegierten Schädigers (zu Lasten des Geschädigten).
Hiergegen spricht jedoch, dass der Geschädigte bei einfach fahrlässigem Verschulden des Privilegierten eine Kürzung seines Anspruchs hinnehmen müsse, bei grober Fahrlässigkeit jedoch nicht (vgl. §§ 1664, 1359 iVm § 277). Dieses Ergebnis leuchte nicht ein.
So wird vom BGH insbesondere bei vertraglichen Haftungsprivilegien bevorzugt, eine anteilige Ausgleichung des für das Innenverhältnis „fingierten“ Gesamtschuldverhältnisses gem. § 426 I BGB analog vorzunehmen.
Der Geschädigte kann den nicht privilegierten Schädiger voll in Anspruch nehmen, aber dieser hat dann einen Regressanspruch gem. § 426 I BGB analog gegen privilegierten Schädiger.
Problematisch hieran ist lediglich, dass der Privilegierte dann schlechter steht als wenn er den Schaden allein verursacht hätte – das Haftungsprivileg ist damit wirkungslos. Da ein Vertrag zu Lasten Dritter aber im deutschen Zivilrecht nicht anerkannt wird und damit ohnehin als wirkungslos angesehen wird, steht diese Wertung im Falle eines lediglich vertraglich vereinbarten Haftungsprivilegs nicht entgegen.
IV. Fazit
Die Rechtsfolge im Schadensersatz stellt eine schwierige und oftmals unterschätzte juristische Materie dar. Sowohl für Rechtsstudierende als auch für Praktizierende lohnt es sich jedoch, hier den Überblick zu bewahren und insbesondere bei den einzelnen Wertungsfragen auf dem neuesten Stand der Rechtsprechung zu sein.
moreResultsText
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden.
Auf den Tausch finden die Vorschriften über den Kauf entsprechende Anwendung.
Im Fall der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist der Schadensersatz durch Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, dass infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist. Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.
Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, daß infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert ist oder seine Bedürfnisse vermehrt sind. Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.
Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen die Beklagte zu 1 als Kfz-Versicherer und die Beklagte zu 2 als Fahrerin des gegnerischen Fahrzeuges restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 25. Mai 2002 geltend. Dabei wurde der PKW der Klägerin, ein zum Unfallzeitpunkt 16 Jahre alter Mercedes Benz 200 D mit einer Laufleistung von ca. 164.000 km, beschädigt. Die volle Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten noch um die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung sowie um einen merkantilen Minderwert des Fahrzeuges der Klägerin infolge des Verkehrsunfalls. Die Beklagte zu 1 hat der Klägerin für 10 Tage Nutzungsausfall lediglich eine Entschädigung für Vorhaltekosten in Höhe von 25 € pro Tag, insgesamt 250 €, gezahlt. DasAmtsgericht hat das Begehren der Klägerin auf Zahlung weiterer 404,50 € für den Nutzungsausfall und auf Zahlung von 248,68 € für einen merkantilen Minderwert abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat ihr das Landgericht weitere 90 € als Nutzungsausfallentschädigung zuerkannt. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, soweit ihm das Berufungsgericht nicht entsprochen hat.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht führt aus, der Anspruch der Klägerin auf Nutzungsausfallentschädigung für ihr Fahrzeug, das sich zum Unfallzeitpunkt nach Einschätzung des Gutachters in einem guten Pflegezustand befunden habe, sei trotz seines Alters und seiner Laufleistung nicht auf Ersatz der Vorhaltekosten beschränkt, sondern richte sich nach den Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch. Dabei müsse jedoch berücksichtigt werden, daß der Berechnung der Nutzungswerte der dort aufgeführten Fahrzeuggruppen Mietsätze für Neufahrzeuge zugrundegelegt seien, die ihrem Nutzer den Vorteil höherer Sicherheit und geringeren Kraftstoffverbrauches böten. Deshalb sei gemäß § 287 ZPO in der Tabelle eine Herabstufung um zwei Gruppen gerechtfertigt , wodurch sich die Nutzungsausfallentschädigung für das Fahrzeug der Klägerin nicht nach der Gruppe E, sondern nach der Gruppe C mit einem Tagessatz von 34 € richte. Abzüglich der bereits gezahlten 250 € stehe der Klägerin mithin für 10 Tage Nutzungsausfall ein weiterer Betrag von 9 € pro Tag, also insgesamt 90 € zu. Ein Anspruch auf Ausgleich eines merkantilen Minderwerts könne der Klägerin angesichts des hohen Alters, der hohen Laufleistung und des geringen Wiederbeschaffungswertes von 2.100 € trotz desguten Pflegezustandes ihres Fahrzeuges nicht zuerkannt werden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß der Schaden nur nicht tragende Teile des Fahrzeugs betroffen habe.
II.
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. 1. Soweit die Revision meint, das Berufungsurteil sei bereits deshalb aufzuheben, weil sich aus ihm die Anträge der Klägerin nicht ergäben, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar kann auch nach neuem Recht auf die Aufnahme der Berufungsanträge grundsätzlich nicht verzichtet werden. Eine wörtliche Wiedergabe ist jedoch nicht erforderlich. Es genügt, daß aus dem Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts sinngemäß deutlich wird, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (vgl. BGHZ 154, 99, 100 f.; 156, 97, 99; Senatsurteile vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02 - VersR 2004, 259, 260; und vom 10. Februar 2004 - VI ZR 94/03 - VersR 2004, 881, 882 m.w.N.; BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 5/03 - NJW-RR 2004, 573, 574 m.w.N.). Das Begehren der Klägerin in der Berufungsinstanz ist hier eindeutig dem Satz des Berufungsurteils zu entnehmen: "Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren ursprünglichen Klageantrag auf Zahlung von 653,18 € weiter". 2. Entgegen der Auffassung der Revision läßt das Berufungsurteil hinsichtlich der zugesprochenen Nutzungsausfallentschädigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen.a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß dem Eigentümer eines privat genutzten PKW, der durch einen Eingriff die Möglichkeit
zur Nutzung verliert, grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz seines Nutzungsausfallschadens zusteht (vgl. Senatsurteile BGHZ 45, 212 ff.; 56, 214, 215 f.; GSZ BGHZ 98, 212 f.; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1987 - X ZR 49/86 - NJW 1988, 484, 485 f.). Die Bemessung der Höhe des Anspruchs ist dabei in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, dem Tatrichter eine bestimmte Berechnungsmethode bindend vorzuschreiben, zumal einzelne Faktoren der speziellen Schadensberechnung zeitbedingt sind. Soweit es sich allerdings um typische Fälle handelt, muß die Schätzung im Interesse gleichmäßiger Handhabung rechtlich daraufhin überprüft werden, ob sie den Gegenstand des zu entschädigenden Vermögensnachteils beachtet und nicht zu einer grundlosen Bereicherung des Geschädigten oder zu einem verkappten Ausgleich immateriellen Schadens führt (vgl. Senatsurteil BGHZ 56, 214, 218). Als eine in diesem Sinne geeignete Methode der Schadensschätzung hat der Bundesgerichtshof die von der Rechtsprechung herangezogenen Tabellen von Sanden/Danner (jetzt: Sanden/Danner/Küppersbusch) anerkannt (vgl. Senatsurteile BGHZ 56, 214, 217, 219 f.; vom 3. Juni 1969 - VI ZR 27/68 - VersR 1969, 828, 830; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1987 - X ZR 49/86 - aaO). Die Tabellen gehen von durchschnittlichen Mietsätzen für PKW aus als einem vom Markt anerkannten Maßstab für die Bewertung der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeuges. Da bei der Nutzungsausfallentschädigung jedoch lediglich entgangene Gebrauchsvorteile für die "eigenwirtschaftliche Verwendungsplanung" zu ersetzen sind (Senatsurteil BGHZ 56, 214, 215; GSZ BGHZ 98, 212, 225), es also um Kompensation und nicht um die Wahrung des Integritätsinteresses geht, müssen die Mietpreise um die spezifisch die erwerbswirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren zuverlässig bereinigt werden (vgl. GSZ BGHZ 98, 212, 214, 225; Senatsurteile BGHZ 45, 212, 220 und vom 3. Juni 1969 - VI ZR 27/68 - aaO, 829). Diesen Anforderungen wird in den Tabellen von
Sanden/Danner/Küppersbusch dadurch hinreichend Rechnung getragen, daß die Mietpreise um die Gewinnspannen des Vermieters und die bei einer privaten Nutzung nicht anfallenden Kosten für Verwaltung, Vermittlungsprovisionen, erhöhte Abnutzung und erhöhte Versicherungsprämien gekürzt werden. Der danach verbleibende Betrag liegt bei 35 bis 40% der üblichen Miete und 200 bis 400% der Vorhaltekosten (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., Vorbemerkung vor § 249 Rdn. 23; Wussow/Karczewski, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 41 Rdn. 44; Born, NZV 1993, 1, 5; Küppersbusch, Beilage zu NJW Heft 10/2002). Der Senat hat zwar in einer älteren Entscheidung vom 18. Mai 1971 (BGHZ 56, 214, 221) ausgeführt, daß die Nutzungsausfallentschädigung die Vorhaltekosten nur maßvoll übersteigen soll und eine reichliche Verdoppelung der Vorhaltekosten zu hoch sei (vgl. auch GSZ BGHZ 98, 212, 226). Dies beruhte jedoch auf anderen tatsächlichen Grundlagen, als sie heute vorzufinden sind. Während im Jahre 1975 beispielsweise nach der Tabelle von Sanden/Danner in der Regel eine Verdoppelung der Vorhaltekosten knapp verfehlt wurde (vgl. VersR 1975, 972 ff.), gelangen die aktuellen Tabellen nach demselben Berechnungsmodell zu höheren Ergebnissen, was im wesentlichen auf die im Vergleich zu den Vorhaltekosten stärker gestiegenen Mietwagenpreise zurückzuführen sein dürfte. Diese Marktentwicklung darf bei der Bemessung der Nutzungsausfallentschädigung nicht unberücksichtigt bleiben, weil den Mietwagenpreisen Anhaltspunkte für den Wert der Gebrauchsmöglichkeit entnommen werden können (vgl. Senatsurteil vom 3. Juni 1969 - VI ZR 27/68 - aaO sowie die Nachweise bei GSZ BGHZ 98, 212, 214 und 225).
b) Nicht einheitlich beurteilt wird die Frage, wie die Nutzungsausfallentschädigung bei älteren PKW - wie im Streitfall - zu bemessen ist. Zum Teil wird in der Rechtsprechung und Literatur eine pauschale, allein am Alter orientierte Herabstufung älterer Fahrzeuge abgelehnt. Entweder wird
auf einen Abschlag von der Nutzungsausfallentschädigung für ein vergleichbares Neufahrzeug prinzipiell verzichtet oder es werden Abstriche nur unter Berücksichtigung des Einzelfalls bei Vorliegen besonderer Umstände gemacht, etwa bei erheblichen Mängeln oder bei sonstigen erheblichen Einschränkungen des Nutzungswertes (vgl. OLG Celle, VersR 1973, 281; KG, VersR 1981, 536; OLG Frankfurt, DAR 1983, 165; OLG Stuttgart, VersR 1988, 851; KG, VRS 86, 24, 28 f.; OLG Karlsruhe, VersR 1989, 269, 270; OLG Schleswig, VersR 1993, 1124, 1125; OLG Naumburg, ZfS 1995, 254, 255; OLG Hamm, DAR 2000, 265, 267; LG Bad Kreuznach, NJW-RR 1988, 1303). Häufig wird auch zusätzlich zur Vermeidung einer Herabstufung berücksichtigt, ob sich das Fahrzeug in einem guten Erhaltungszustand befindet (OLG Koblenz, ZfS 1989, 300, 301; OLG Schleswig, VersR 1993, 1124, 1125; LG Berlin, DAR 1998, 354, 355; LG Kiel, NJW-RR 2001, 1606, 1607; Becker-Böhme, Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden, 22. Aufl., D 68; Hillmann, ZfS 2001, 341, 342). Diese Auffassungen werden im wesentlichen damit begründet, daß auch ein älteres Kraftfahrzeug in einem entsprechenden Erhaltungszustand für den Eigentümer den gleichen Nutzen im Rahmen der eigenwirtschaftlichen Lebensführung haben könne wie ein Neufahrzeug. Eine andere Meinung in der Rechtsprechung und Literatur befürwortet demgegenüber - ebenso wie die Bearbeiter der Tabelle selbst (vgl. Danner/Küppersbusch, NZV 1989, 11 f.; Küppersbusch, Beilage zu NJW Heft 10/2002, S. 3; DAR 2004, 1 ff.) - eine Herabstufung innerhalb der Gruppen der Tabelle und zwar bei PKW, die älter als fünf Jahre sind, um eine Gruppe und bei Fahrzeugen mit einem Alter von über 10 Jahren um eine weitere Gruppe (vgl. OLG Frankfurt, DAR 1985, 58; OLG Schleswig, NJW-RR 1986, 775, 776; OLG München, ZfS 1988, 312; OLG Karlsruhe, VersR 1989, 58, 59; ZfS 1993, 304; OLG Hamm, DAR 1994, 24, 26; DAR 1996, 400, 401; OLG Celle, Urteil
vom 26. April 2001 - 14 U 130/00 - insoweit nicht veröffentlicht in OLGR Celle, 2001, 237; LG Koblenz, ZfS 1990, 10; LG Memmingen, VersR 1990, 864, 865; LG Tübingen, DAR 1991, 183, 184; LG Duisburg, SP 1992, 17; LG Berlin, SP 1992, 341; LG Gießen, SP 1997, 471; LG Hannover, DAR 1999, 211; LG Mainz, VersR 2000, 111; Münchener Kommentar zum BGB/Oetker, 4. Aufl., § 249 Rdn. 75 m.w.N.; Sanden/Völtz, Sachschadensrecht des Kraftverkehrs, 7. Aufl., Rdn. 241; Wenker, VersR 2000, 1082, 1083; 111; Wussow/Karczewski, aaO, Kap. 41 Rdn. 44 m.w.N. sowie die Nachweise bei Küppersbusch, Beilage zu NJW-Heft 10/2002, S. 3 und die Darstellung DAR 2004, 1 ff.). Dies wird sowohl mit Gesichtspunkten der Abschreibung als auch damit begründet, daß der Nutzungswert eines entsprechend älteren Fahrzeuges in der Regel gegenüber demjenigen eines neueren Fahrzeuges aufgrund der Fortentwicklung der Fahrzeugtechnik wesentlich geringer sei.
c) Der Bundesgerichtshof hat bisher nur in einer Entscheidung des X. Zivilsenats vom 20. Oktober 1987 - X ZR 49/86 - (NJW 1988, 484) zu dem Problem der Bemessung einer Nutzungsausfallentschädigung für ein im Rahmen eines Werkvertrages zurückbehaltenes älteres Fahrzeug der Tabelle von Sanden/Danner die Eignung als Schätzungsgrundlage versagt und nur einen Betrag etwa in Höhe der - im Einzelfall angemessen erhöhten - Vorhaltekosten zugrundegelegt. Der Entscheidung lag jedoch eine mit der vorliegenden nicht vergleichbare Fallgestaltung zugrunde, weil neben dem Alter von nahezu 10 Jahren ausschlaggebend war, daß das Fahrzeug mit zahlreichen erheblichen Mängeln behaftet war, welche den Nutzungswert wesentlich beeinträchtigten. Lediglich zusätzlich wurde darauf abgehoben, daß der dort zu beurteilende Fahrzeugtyp (Fiat 500) in der Liste von Sanden und Danner nicht mehr aufgeführt war, sondern lediglich das stärker motorisierte und deutlich komfortablere Nachfolgemodell (Fiat 126).
d) Spielt hingegen - wie im vorliegenden Fall - das Alter des PKW eine wesentliche Rolle, so ist der Tatrichter aus Rechtsgründen nicht gehalten, in jedem Einzelfall bei der Beurteilung der entgangenen Gebrauchsvorteile eine aufwendige Berechnung anzustellen, sondern darf grundsätzlich im Rahmen des ihm nach § 287 ZPO bei der Schadensschätzung eingeräumten Ermessens aus Gründen der Praktikabilität und der gleichmäßigen Handhabung typischer Fälle weiterhin mit den in der Praxis anerkannten Tabellen arbeiten, selbst wenn das Fahrzeug darin nicht mehr aufgeführt ist (vgl. auch OLG Frankfurt, DAR 1985, 58; Danner/Küppersbusch, NZV 1989, 11, 12). Das Berufungsgericht geht dabei zutreffend davon aus, daß in diesen Tabellen bei der Berechnung der Nutzungswerte Mietsätze für Neufahrzeuge zugrundegelegt sind, die durch die Entwicklung der Fahrzeugtechnik gegenüber Vorgängermodellen teilweise erhebliche Nutzungsvorteile wie größere Sicherheit (z.B. durch Airbag, ABS, ESP usw.), geringeren Kraftstoffverbrauch trotz besserer Fahrleistungen und höheren (Fahr-)Komfort bieten. Diese Veränderungen spiegeln sich im Kaufpreis und dem hierauf wesentlich basierenden Mietpreis wieder, der wiederum Grundlage der Tabellen und damit Anhaltspunkt für die Bemessung der Entschädigung für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit darstellt. Die Bearbeiter der Tabellen weisen zudem darauf hin, daß es keinen verbreiteten Vermietermarkt für ausgelaufene Modelle gibt und solche Fahrzeuge - im Falle einer Vermietung - billiger angeboten werden müßten, um konkurrenzfähig zu sein (vgl. Danner/Küppersbusch, aaO, S. 12). Da sich in den um erwerbswirtschaftliche Faktoren bereinigten Mietpreisen die Bewertung der Gebrauchsvorteile für die eigenwirtschaftliche Verwendung eines Kraftfahrzeuges wiederspiegeln (vgl. Senat BGHZ 56, 214, 215; GSZ BGHZ 98, 212, 225), würde es regelmäßig zu einer grundlosen Bereicherung des Geschädigten oder zu einem verkappten Ausgleich immateriellen Schadens führen (vgl. BGHZ 56, 214, 218), wollte man ihn für die entgangenen Gebrauchsvorteile seines in den Tabellen nicht mehr
aufgeführten, nicht mehr hergestellten Fahrzeuges so entschädigen, als handelte es sich um ein Neufahrzeug.
e) Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß solchen Veränderungen des Nutzungswertes durch eine Herabstufung in den jeweiligen Fahrzeuggruppen der Tabellen Rechnung getragen werden kann, ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Ab welchem Alter und um wie viele Stufen dies zu geschehen hat, ob alternativ auch die letzte Tabelle herangezogen werden kann, in der das beschädigte Kfz noch aufgeführt worden ist (vgl. Danner/Küppersbusch, aaO, S. 12 m.w.N.) und ab welchem Alter nur noch von den Vorhaltekosten auszugehen ist, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Unter den Umständen des vorliegenden Falles, in dem das zu beurteilende Fahrzeug älter als 15 Jahre ist und das Berufungsgericht im Rahmen seines ihm durch § 287 ZPO eingeräumten tatrichterlichen Ermessens nicht nur - wie das Amtsgericht - von den Vorhaltekosten ausgegangen ist, sondern lediglich eine Herabstufung in den Tabellen von Sanden /Danner/Küppersbusch um zwei Gruppen vorgenommen hat, ist jedenfalls ein Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin nicht erkennbar. 3. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch ohne Rechtsfehler einen merkantilen Minderwert des Fahrzeuges der Klägerin infolge des Verkehrsunfalles verneint.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats handelt es sich beim merkantilen Minderwert um eine Minderung des Verkaufswerts, die trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines bei einem Unfall erheblich beschädigten Kraftfahrzeuges allein deshalb verbleibt, weil bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden , eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbe-
schädigter Kraftfahrzeuge besteht. Diese Wertdifferenz stellt einen unmittelbaren Sachschaden dar (vgl. Senatsurteile BGHZ 27, 181, 182, 184 f.; 35, 396, 397 f.; vom 30. Mai 1961 - VI ZR 139/60 - VersR 1961, 707, 708; vom 2. Dezember 1966 - VI ZR 72/65 - VersR 1967, 183; vgl. auch BGHZ 82, 338, 343 f.). An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat trotz kritischer Stimmen im Schrifttum (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, § 251 Rdn. 15; Staudinger/Schiemann, BGB, 13. Aufl., § 251 Rdn. 37 sowie die Nachweise bei von Gerlach, DAR 2003, 49, 52 und Huber, Festschrift Rudolf Welser, S. 303, 309 f.) fest. Der Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung, daß auf dem Gebrauchtwagenmarkt Unfallfahrzeuge einen geringeren Preis erzielen als unfallfreie (so auch Sanden/Völtz, Sachschadensrecht des Kraftverkehrs, 7. Aufl., Rdn. 119; Splitter, DAR 2000, 49), weil verborgene technische Mängel nicht auszuschließen sind und das Risiko höherer Schadensanfälligkeit infolge nicht fachgerechter Reparatur besteht (so bereits Senatsurteile BGHZ 35, 396, 398 und vom 30. Mai 1961 - VI ZR 139/60 - aaO), trifft trotz aller Fortschritte der Reparaturtechnik nach wie vor zu, zumal die technische Entwicklung im Fahrzeugbau insoweit auch höhere Anforderungen stellt (vgl. Eggert, VersR 2004, 280, 282; von Gerlach, aaO, 52 f. m.w.N.; Hörl, ZfS 1999, 46, 47; ders., NZV 2001, 175, 176; Huber, aaO, 312 ff., 334).
b) Der Senat hat bisher nicht abschließend entschieden, bis zu welchem Alter eines Fahrzeuges bzw. bis zu welcher Laufleistung ein merkantiler Minderwert zuerkannt werden kann. In einem älteren Urteil vom 3. Oktober 1961 (BGHZ 35, 396, 399) hat der Senat die Zubilligung eines merkantilen Minderwerts bei einem Fahrzeug mit einer Fahrleistung von über 100.000 km zwar nicht beanstandet. Die entsprechenden Feststellungen des dortigen Berufungsgerichts beruhten jedoch auf sachverständiger Beratung und ließen keinen Rechtsfehler erkennen. In einer späteren Entscheidung vom 18. September 1979 - VI ZR 16/79 - (VersR 1980, 46, 47) hat der Senat zwar erwogen, bei
Personenkraftwagen könne im allgemeinen eine Fahrleistung von 100.000 km als obere Grenze für den Ersatz eines merkantilen Minderwerts angesetzt werden. Diese Einschätzung stützte sich jedoch unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse auf dem Gebrauchtwagenmarkt auf die Überlegung, daß solche PKW im allgemeinen nur noch einen derart geringen Handelswert hätten, daß ein meßbarer Minderwert nach Behebung der Unfallschäden nicht mehr eintrete (vgl. Senatsurteil vom 18. September 1979 - VI ZR 16/79 - aaO). Die Beurteilung war mithin nicht allein auf die Laufleistung des Fahrzeuges bezogen , sondern maßgeblich auf deren Bedeutung für seine Bewertung auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Diese Bedeutung kann sich im Laufe der Zeit mit der technischen Entwicklung und der zunehmenden Langlebigkeit der Fahrzeuge (z.B. infolge längerer Haltbarkeit von Motoren, vollverzinkter Karosserien etc.) ändern. Ein entsprechender Wandel auf dem Gebrauchtwagenmarkt spiegelt sich insbesondere in der Bewertung von Gebrauchtfahrzeugen durch Schätzorganisationen wie Schwacke und DAT wieder, die in ihren Notierungen inzwischen bis auf 12 Jahre zurückgehen und ausdrücklich darauf hinweisen, daß sich sämtliche Marktdotierungen auf unfallfreie Fahrzeuge beziehen (vgl. OLG Karlsruhe, ZfS 1986, 366; OLG Düsseldorf, VersR 1988, 1026; LG Tübingen, ZfS 1983, 264; LG Koblenz, ZfS 1990, 49, 50; LG Oldenburg, ZfS 1990, 50; ZfS 1999, 335, 336; Geigel/Rixecker, Der Haftpflichtprozeß, 24. Aufl., Kap. 3 Rdn. 64; Palandt/Heinrichs, aaO, § 251 Rdn. 14; Sanden/Völtz, aaO, Rdn. 125; Wussow/Karczewski, aaO, Kap. 41 Rdn. 34; Zeisberger/Neugebauer-Püster vormals Halbgewachs, Der merkantile Minderwert, 13. Aufl., S. 34 f.; Darkow, DAR 1977, 62, 64; Hörl, ZfS 1999, 46, 47; Notthoff, VersR 1995, 1399, 1403; Otting, ZfS 1994, 434; Rasche, DAR 2000, 332, 333).
c) Der vorliegende Fall nötigt den Senat nicht zu einer abschließenden Stellungnahme, bis zu welcher Grenze nach heutigen Maßstäben ein merkantiler Minderwert zuerkannt werden kann. Das Berufungsgericht hat berücksich-
tigt, daß sich das Fahrzeug der Klägerin zwar in einem guten Pflegezustand befand, aber eine Laufleistung von 164.000 km auswies und 16 Jahre alt war, wodurch sich der Wiederbeschaffungswert auf (nur) 2.100 € reduzierte. Bei dieser Sachlage ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß sich das Berufungsgericht im Rahmen des ihm nach § 287 ZPO zustehenden Ermessens die tatrichterliche Überzeugung gebildet hat, bei einem solchen Marktpreis werde sich ein Unfallschaden, der zudem erkennbar nur nicht tragende Teile des Kraftfahrzeuges betroffen habe, nicht mehr wertmindernd auswirken.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger verlangt von der Beklagten, einem Telekommunikationsunternehmen , Schadensersatz, weil er seinen Internetanschluss für längere Zeit nicht nutzen konnte. Der Kläger hatte mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden werden die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin einheitlich als Beklagte bezeichnet) einen Vertrag über die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses geschlossen, über den er auch seinen Telefon- und Telefaxverkehr abwickelte (Voice und Fax over IP). Zum 15. Dezember 2008 vereinbarten die Vertragsparteien einen Tarifwechsel. Ab diesem Datum war der Anschluss des Klägers jedoch unterbrochen. Nachdem es die Beklagte trotz mehrfacher Mahnungen nicht vermocht hatte, die Verbindung mit dem Internet wieder herzustellen , kündigte der Kläger den bestehenden Vertrag und wechselte zu einem anderen Diensteanbieter. Dieser nahm die Aufschaltung des Anschlusses an sein Netz am 16. Februar 2009 vor.
- 2
- Der Kläger verlangt von der Beklagten den Ausgleich der Mehrkosten, die infolge des Vertragsschlusses mit dem anderen Anbieter (427,50 €) und für die Nutzung eines Mobiltelefons zwischen dem 15. Dezember 2008 und dem 16. Februar 2009 (30 €) anfielen. Zudem beansprucht er Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit, seinen DSL-Anschluss während dieses Zeitraums für die Festnetztelefonie sowie für den Telefax- und Internetverkehr zu nutzen. Hierfür verlangt er 50 € täglich, mithin insgesamt 3.150 €.
- 3
- Das Amtsgericht hat dem Kläger 457 € für das höhere, bei dem anderen Diensteanbieter anfallende Entgelt sowie für die Kosten der Mobilfunknutzung zuerkannt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten sind ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht für ihn zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen auf Schadensersatz für die entgangenen Nutzungsmöglichkeiten seines DSL-Anschlusses gerichteten Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe
- 4
- Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es den Kläger beschwert, und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat gemeint, eine Nutzungsentschädigung für den Ausfall seines Telekommunikationsanschlusses stehe dem Kläger nicht zu. Eine derartige Entschädigung sei dem Geschädigten nur dann zu gewähren, wenn ihm Güter, deren Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung seien, nicht zur Verfügung stünden. Dies gelte auch für vertragliche Nutzungsmöglichkeiten. Die tägliche Verfügbarkeit eines Faxgeräts sei im Privatbereich nicht als überragendes Gut für die eigenwirtschaftliche Lebensführung anzusehen, weil es nicht allzu häufig erforderlich sei. Anders könne es sich mit dem Telefonfestnetzanschluss und dem Internetzugang verhalten. Insoweit sei es durchaus diskutabel, die überragend wichtige Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebensführung zu bejahen. Jedoch habe der Kläger ein Mobiltelefon als Ersatz für den ausgefallenen Anschluss eingesetzt und die hierdurch entstandenen Kosten als Schadensposition geltend gemacht. Ein so genanntes Handy - zumindest neuere Modelle - böten auch die Möglichkeit, das Internet zu nutzen und insbesondere E-Mails zu senden und zu empfangen. Auch wenn der Handyersatz für den Nutzer weniger komfortabel sei, sei es, ähnlich wie der Mietwagen für das beschädigte und dadurch ausgefallene Kraftfahrzeug , eine Möglichkeit, den Ausfall des Festnetzanschlusses und des Internetzugangs aufzufangen. Ein Schaden entstehe dem Kunden daher nicht, weil die erforderlichen Mehrkosten zu ersetzen seien. Unabhängig davon, dass nach diesen Erwägungen ein Ersatz schon dem Grunde nach ausscheide, sei die geltend gemachte Höhe der Forderung erheblich überzogen. Diese habe sich bei Ausfall von Festnetz- und Internetanschluss an dem Betrag der monatlich für einen solchen Anschluss aufgewandten Gebühren zu orientieren. Dies sei hier die von den Parteien vereinbarte monatliche Flat-Gebühr von 24,90 € pro Monat.
II.
- 6
- Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 7
- 1. Da das Berufungsgericht die Revision beschränkt auf die Schadenshöhe zugelassen hat, hat der Senat bei seiner Entscheidung ohne weiteres davon auszugehen, dass der Kläger dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 BGB hat, weil die Beklagte ihre vertraglich vereinbarten Pflichten schuldhaft verletzte, indem sie die ihr obliegende Leistung im Zeitraum vom 15. Dezember 2008 bis zum 16. Februar 2009 nicht erbrachte.
- 8
- 2. Der Auffassung der Vorinstanz, der Kläger könne für den durch die Unterbrechung des DSL-Anschlusses verursachten Fortfall der Möglichkeit, das Festnetztelefon, das Telefaxgerät und mittels seines Computers das Internet zu nutzen, keinen Schadensersatz verlangen, der über den Ersatz der Mehrkosten für den Anschluss bei dem anderen Diensteanbieter und für den Einsatz des Mobiltelefons hinausgehe, vermag der Senat nicht beizutreten.
- 9
- a) Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts kommt für einen der vermögensmehrenden, erwerbswirtschaftlichen Verwendung vergleichbaren eigenwirtschaftlichen, vermögensmäßig erfassbaren Einsatz der betreffenden Sache in Betracht. Der Ersatz für den Verlust der Möglichkeit zum Gebrauch einer Sache muss grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben , in denen die Funktionsstörung sich typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Andernfalls bestünde die Gefahr, unter Verletzung des § 253 BGB die Ersatzpflicht auf Nichtvermögensschäden auszudehnen. Auch würde dies mit den Erfordernissen von Rechtssicherheit und Berechenbarkeit des Schadens in Konflikt geraten (z.B. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 7). Deshalb beschränkt sich der Nutzungsausfallersatz auf Sachen, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 9. Juli 1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 222 f; BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 aaO) und bei denen die Nutzungseinbußen an objektiven Maßstäben gemessen werden können (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 aaO). Der Tatrichter soll den Schadensersatz nicht an unkontrollierbaren subjektiven Wertschätzungen festmachen müssen, die ihm der Geschädigte angibt, sondern an Werten, die der Verkehr dem Interesse an der konkreten Nutzung beimisst (BGH aaO; vgl. auch BGH, Großer Senat für Zivilsachen aaO S. 222 ff). Hierzu kann auf die Verkehrsanschauung abgehoben werden, wenn diese auch nicht darüber entscheiden kann, wo die Grenze des § 253 BGB verläuft (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. November 1983 - VI ZR 269/81, BGHZ 89, 60, 62 f mwN).
- 10
- Bei der Prüfung, ob nach der Verkehrsauffassung der vorübergehende Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines Gegenstandes als wirtschaftlicher Scha- den gewertet werden kann, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Das verlangt die in § 253 BGB getroffene gesetzgeberische Entscheidung, wonach immaterieller Schaden nur ausnahmsweise, nämlich in den gesetzlich geregelten Fällen , zu ersetzen ist (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 aaO Rn. 9). Dieser restriktive Maßstab hat dazu geführt, dass der Bundesgerichtshof mehrfach für den Nutzungsausfall von Gegenständen eine Entschädigungspflicht verneint hat (vgl. Urteile vom 10. Juni 2008 aaO Rn. 10 ff - Wohnmobil; 15. November 1983 aaO S. 64 - Motorsportboot; vom 15. Dezember 1982 - VIII ZR 315/80, BGHZ 86, 128 - Wohnwagen; vom 28. Februar 1980 - VII ZR 183/79, BGHZ 76, 179 - privates Schwimmbad und vom 12. Februar 1975 - VIII ZR 131/73, BGHZ 63, 393 - Pelzmantel). In den genannten Fällen ist die Zuerkennung eines Entschädigungsanspruchs für den Nutzungsverlust letztlich daran gescheitert, dass sich der zeitweise Verlust unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nicht als wirtschaftlicher Schaden dargestellt hat, sondern als individuelle Genussschmälerung und damit als nicht vermögensrechtlicher Schaden. Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof eine Entschädigung für den Fortfall der Nutzungsmöglichkeit etwa von Kraftfahrzeugen (st. Rspr. z.B. Senatsurteil vom 30. September 1963 - III ZR 137/62, BGHZ 40, 345, 348 ff; BGH, Urteile vom 10. Juni 2008 aaO Rn.6 mwN und vom 15. April 1966 - VI ZR 271/64, BGHZ 45, 212, 215), Wohnhäusern (z.B. BGH, Großer Senat für Zivilsachen aaO S. 224) und Ferienwohnungen (z.B. BGH, Urteil vom 16. September 1987 - IVb ZR 27/86, BGHZ 101, 325, 334) bejaht. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte wurde darüber hinaus ein Nutzungsausfallersatz zum Beispiel für Kücheneinrichtungen (LG Osnabrück, NJW-RR 1999, 349; LG Kiel NJW-RR 1996, 559), Fahrräder (KG, NJW-RR 1993, 1438) sowie Fernsehgeräte (OLG München NJW-RR 2010, 1112, 1113) zuerkannt und für einen Personal Computer und einen Laptop für möglich gehalten (OLG München, VersR 2010, 1229, 1230).
- 11
- b) Gemessen an den vorstehenden abstrakten Kriterien und unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung ist die Frage, ob dem Kläger für den zeitweisen Fortfall der in Rede stehenden Nutzungsmöglichkeiten Schadensersatz zu leisten ist, differenziert zu beantworten.
- 12
- aa) Keinen Ersatz kann er für die entfallene Möglichkeit, sein Telefaxgerät zu nutzen, beanspruchen. Ein solcher Apparat ist zumindest im privaten Bereich bei Anwendung des gebotenen strengen Maßstabs kein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit für den Einzelnen bei seiner eigenwirtschaftlichen Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist und dessen Funktionsstörung sich als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Das Telefaxgerät dient der Fernübertragung von Abbildungen , zu denen insbesondere auch Texte gehören. Die Übermittlung der Bilder mittels Signalen über Telekommunikationsnetze (vgl. § 3 Nr. 24, 27 TKG) ersetzt dabei die Versendung von Ausdrucken oder Datenträgern auf dem herkömmlichen Post- oder Kurierweg. Die Telefaxtechnik weist gegenüber diesem den Vorteil auf, dass der Versand weniger aufwändig ist, da das Einlegen in Umschläge, das Adressieren, das Frankieren und der Einwurf in einen Briefkasten beziehungsweise Übergabe an einen Kurierdienst entfallen. Zudem erfolgt der Transport erheblich schneller, und durch den Ausdruck eines Sendeberichts kann sich der Absender leichter als bei Nutzung der gewöhnlichen Post vergewissern , ob die Sendung den Adressaten erreicht hat. Für den Empfänger einer Fernkopie hingegen wirkt sich lediglich der Zeitgewinn aus. Die Vorteile des Telefaxverkehrs gegenüber der Inanspruchnahme der klassischen Transportwege stellen lediglich Erleichterungen dar, die sich in einem höheren Komfort für die Versender und einer Beschleunigung der Übermittlung erschöpfen. Fällt der Fernkopierer aus, ist damit für den Nutzer lediglich ein vergleichsweise geringes Maß an Umständlichkeit verbunden, das sich nicht signifikant auf seine Lebensgestaltung auswirkt. Hinzu tritt, dass die Nutzung des Telefaxes mittlerweile an Bedeutung verliert, weil es zunehmend - und zwar auch im Rechtsverkehr beim Abschluss von (Verbraucher-)Geschäften des täglichen Lebens (vgl. § 126b BGB) - durch die Versendung von Text- und Bilddateien mit elektronischer Post verdrängt wird.
- 13
- bb) Zumindest im Ergebnis ist dem Berufungsgericht auch darin beizupflichten , dass der Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz hat, soweit er sein Festnetztelefon infolge der Unterbrechung des DSL-Anschlusses nicht nutzen konnte.
- 14
- Dass die Nutzungsmöglichkeit des Telefons ein Wirtschaftsgut ist, dessen ständige Verfügbarkeit für die Lebensgestaltung von zentraler Bedeutung ist, versteht sich allerdings seit Jahrzehnten von selbst und bedarf keiner näheren Begründung (vgl. nur Erwägungsgründe Nr. 4, 7 bis 10 und insbesondere 14 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten - Universaldienstrichtlinie -, ABl. EG vom 24. April 2002, Nr. L 108/51).
- 15
- Die Ersatzpflicht des Schädigers für die entgangene Möglichkeit, Nutzungsvorteile aus einem Wirtschaftsgut zu ziehen, entfällt jedoch, wenn dem Geschädigten ein in etwa gleichwertiger Ersatzgegenstand zur Verfügung steht und ihm die gegebenenfalls entstehenden Kosten für dessen Anmietung ersetzt werden (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 241/06, NJW 2008, 913 Rn. 10), da es in diesem Fall an der notwendigen fühlbaren Beeinträchtigung während des maßgeblichen Zeitraums fehlt (siehe hierzu z.B. Senatsurteil vom 13. Dezember 1965 - III ZR 62/64, NJW 1966, 589, 590; BGH, Urteil vom 4. De- zember 2007 aaO sowie Urteile vom 28. Januar 1975 - VI ZR 143/73, NJW 1975, 922, 923 und vom 15. April 1966 - VI ZR 271/64, BGHZ 45, 212, 219). Eine solche Konstellation liegt nach der von Rechts wegen nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts vor. Das vom Kläger genutzte Mobilfunkgerät konnte das ausgefallene Festnetztelefon vollständig ersetzen, soweit er selbst Verbindungen zu anderen Teilnehmern herstellte. Allerdings war die Erreichbarkeit des Klägers behindert. Er musste, da er das Mobiltelefon samt SIM-Karte nach den Feststellungen der Vorinstanzen erst aus Anlass der Unterbrechung seines Internetzugangs beschafft hatte, seinen potentiellen Anrufern nach dem 15. Dezember 2008 zunächst seine Mobilfunknummer übermitteln, um angerufen werden zu können. Dies war sicherlich mit einer nicht unerheblichen Lästigkeit verbunden, die es auch gerechtfertigt hätte, einen Telefonvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen (§ 626 Abs. 1 BGB). Bei der Beurteilung, ob ein vorhandener Ersatzgegenstand gleichwertig ist, ist jedoch eine objektivierte, typisierende Betrachtungsweise geboten. Da auch im privaten Bereich die Nutzung von Mobilfunkgeräten mittlerweile nahezu flächendeckend neben den Gebrauch des Festnetztelefons tritt und diesen teilweise sogar ersetzt, sind innerhalb des Verwandten-, Freundes- und Bekanntenkreises in aller Regel auch die Mobilfunknummern verbreitet. Ebenso werden sie im geschäftlichen Verkehr (auch) von Verbrauchern - sofern überhaupt die Telefonnummer abgefragt oder mitgeteilt wird - häufig zusätzlich oder alternativ zur Nummer des Festnetzanschlusses angegeben. Danach ist die telekommunikative Erreichbarkeit bei Ausfall des Festnetztelefons im Allgemeinen nur geringfügig eingeschränkt. Ein Mobilfunkgerät ist deshalb bei der erforderlichen , von den subjektiven Besonderheiten des einzelnen Geschädigten losgelösten Betrachtung ein im Wesentlichen gleichwertiger Ersatz für die Unterbrechung der Festnetztelefonverbindung.
- 16
- cc) Demgegenüber kann der Kläger Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit verlangen, seinen Internetzugang für weitere Zwecke als für den Telefon- und Telefaxverkehr zu nutzen.
- 17
- (1) Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer, jedenfalls vor dem hier maßgeblichen Jahreswechsel 2008/2009 beginnender Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist und bei dem sich eine Funktionsstörung als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Das Internet stellt weltweit umfassende Informationen in Form von Text-, Bild-, Video- und Audiodateien zur Verfügung. Dabei werden thematisch nahezu alle Bereiche abgedeckt und verschiedenste qualitative Ansprüche befriedigt. So sind etwa Dateien mit leichter Unterhaltung ebenso abrufbar wie Informationen zu Alltagsfragen bis hin zu hochwissenschaftlichen Themen. Dabei ersetzt das Internet wegen der leichten Verfügbarkeit der Informationen immer mehr andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, Zeitschriften oder Fernsehen. Darüber hinaus ermöglicht es den weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern, etwa über E-Mails, Foren, Blogs und soziale Netzwerke. Zudem wird es zunehmend zur Anbahnung und zum Abschluss von Verträgen, zur Abwicklung von Rechtsgeschäften und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten genutzt (von der unübersehbaren Vielfalt z.B. nur: Fernabsatzkäufe, Hotel-, Bahn- und Flugbuchungen, Erteilung von Überweisungsaufträgen , Abgabe von Steuererklärungen, An- und Abmeldung der Strom-, Gas- und Wasserversorgung sowie der Müllabfuhr, Verifikation von Bescheinigungen ). Nach dem unbestritten gebliebenen Sachvortrag des Klägers bedienen sich nahezu 70 % der Einwohner Deutschlands des Internets,wobei dreiviertel hiervon es sogar täglich nutzen. Damit hat sich das Internet zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprä- genden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht. Die Unterbrechung des Internetzugangs hat typischerweise Auswirkungen , die in ihrer Intensität mit dem Fortfall der Möglichkeit, ein Kraftfahrzeug zu nutzen, ohne weiteres vergleichbar sind.
- 18
- (2) Das Berufungsgericht hat die grundsätzliche Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfalls eines Internetzugangs unterstellt, den insoweit vom Kläger erhobenen Schadensersatzanspruch jedoch mit der Begründung scheitern lassen, diesem habe mit dem Mobiltelefon ein Ersatz zur Verfügung gestanden. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 19
- Im Ausgangspunkt zutreffend ist zwar, dass die Ersatzpflicht des Schädigers für die entgangene Möglichkeit, Nutzungsvorteile aus einem Wirtschaftsgut zu ziehen, entfällt, wenn dem Geschädigten ein in etwa gleichwertiger Ersatzgegenstand zur Verfügung steht und ihm die gegebenenfalls entstehenden Kosten für dessen Anmietung ersetzt werden (siehe oben Buchst. bb). Richtig ist ferner, dass mit bestimmten Mobilfunkgeräten auch eine einigermaßen komfortable Internetnutzung möglich ist (etwa mit so genannten Smartphones). Die Feststellung des Berufungsgerichts, das von dem Kläger im maßgeblichen Zeitraum verwendete Mobilfunkgerät sei internetfähig gewesen und habe daher den unterbrochenen Festnetzzugang ersetzen können, beruht jedoch, wie die Revision mit Recht rügt, auf einem Verfahrensfehler. Weder dem Sachvortrag des Klägers noch dem der Beklagten ist zu entnehmen, dass das vom Kläger ersatzweise verwendete Mobiltelefon über diese Funktion verfügte. Insbesondere der von der Revisionserwiderung insoweit angeführte Schriftsatz vom 31. Mai 2011 enthält keinen Vortrag zu den Funktionalitäten und insbesondere zur Internetfähigkeit des Mobilfunkgeräts.
- 20
- Die Zurückverweisung gibt den Parteien die Gelegenheit, ihren Sachvortrag zu diesem Punkt zu ergänzen, und dem Berufungsgericht sodann die Möglichkeit , die notwendigen Feststellungen nachzuholen.
- 21
- 3. Für das weitere Verfahren weist der Senat hinsichtlich der Höhe des dem Kläger möglicherweise zustehenden Ersatzanspruchs auf Folgendes hin:
- 22
- Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann nicht ohne Weiteres der Betrag zugrunde gelegt werden, den der Eigentümer für die Anmietung einer Ersatzsache zur Überbrückung der Ausfallzeit hätte aufbringen müssen, weil es nicht um das Reparationsinteresse, sondern um das Kompensationsinteresse geht. Dieses richtet sich nicht danach, was der Eigentümer an Kosten erspart hat, sondern danach, was die Einsatzfähigkeit der Sache für den Eigengebrauch dem Verkehr in Geld wert ist (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 9. Juli 1986 - BGHZ 98, 212, 225; BGH, Urteil vom 16. September 1987 - IVb ZR 27/86, BGHZ 101, 325, 335). Neben den anteiligen Vorhaltekosten , die im vorliegenden Fall allerdings wohl keinen geeigneten Maßstab darstellen dürften, können der Schadensbemessung im Ausgangspunkt gleichwohl Wertmaßstäbe des Verkehrs für eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung zugrunde gelegt werden (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, aaO S. 225 f; BGH, Urteil vom 16. September 1987 aaO). Als Maßstab bei dem Entzug von Sachen ist hiernach der fiktive Mietpreis anzusetzen, der jedoch von allen auf Gewinnerzielung gerichteten und sonstigen, eine erwerbswirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren zu bereinigen ist (BGH, Urteil vom 16. September 1987 aaO). Auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen bedeutet dies, dass der Kläger einen Betrag verlangen kann, der sich nach den marktüblichen, durchschnittlichen Kosten richtet, die für die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses mit der vereinbarten Kapazität ohne Telefon- und Faxnutzung für den betreffen- den Zeitraum angefallen wären, abzüglich der vorgenannten Positionen (vgl. Bamberger/Roth/Schubert, BGB, 3. Aufl., § 249 Rn. 32, 38;MünchKommBGB/ Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 79; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 249 Rn. 52). Gegenzurechnen ist das Entgelt, das der Kläger während des Ausfalls des Anschlusses der Beklagten gemäß § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu leisten brauchte. Bei der Berechnung der Differenz wird zu beachten sein, dass die Tarife für einen lediglich kurzzeitig bereit gestellten DSL-Anschluss pro Tag regelmäßig erheblich über denjenigen liegen, die bei einer langfristigen Vertragsbindung , wie sie die Parteien eingegangen sind, vereinbart werden.
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
AG Montabaur, Entscheidung vom 07.12.2010 - 5 C 442/10 -
LG Koblenz, Entscheidung vom 07.03.2012 - 12 S 13/11 -
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin verlangt materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld im Zusammenhang mit der tödlichen Verletzung eines Hundes bei einem Verkehrsunfall.
- 2
- Am 24. Oktober 2008 spazierte die Klägerin mit einer 14 Monate alten Labradorhündin auf einem Feldweg. Die Hündin war nicht angeleint. Der Beklagte , der mit einem Traktor von einer angrenzenden Straße in den Feldweg einfuhr, überrollte die Hündin, die dadurch so schwere Verletzungen erlitt, dass sie von einem Tierarzt eingeschläfert werden musste.
- 3
- Die Klägerin macht materiellen Schadensersatz wegen entstandener Tierarztkosten, Kosten für die Anschaffung eines Labrador-Welpens und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie einen Schmerzensgeldanspruch geltend mit der Begründung, sie habe durch das Erlebnis einen Schockschaden mit schweren Anpassungsstörungen und einer schweren depressiven Episode erlitten. Es sei zu einer pathologischen Dauerreaktion gekommen, welche medikamentös habe behandelt werden müssen und die Durchführung einer Langzeitbehandlung erfordert habe. Der Zustand habe über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten angedauert und sei bis heute nicht ausgestanden.
- 4
- Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der materiellen Schäden stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht der Klage hinsichtlich der materiellen Schäden nur in Höhe von 50 % stattgegeben und den Beklagten in entsprechender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an die Klägerin 388 € nebst Zinsen zu zahlen sowie sie von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 € freizustellen. Die Berufung der Klägerin und die weitergehende Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil erkannt hat.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass ein Schmerzensgeld wegen eines Schockschadens nicht in Betracht kommt. Für die ersatzfähigen materiellen Schäden hafte der Beklagte als Fahrer des unfallbeteiligten Traktors nach § 18 StVG für den Unfall, bei dem der Hund der Klägerin so schwer verletzt worden sei, dass er anschließend habe eingeschläfert werden müssen. Der Beklagte habe weder nachgewiesen, dass der Unfall für ihn unabwendbar gewesen sei, noch dass ihn an dem Unfall kein Verschulden getroffen habe. Auf der anderen Seite müsse sich die Klägerin nach § 17 Abs. 1 und 4 StVG die Tiergefahr ihres frei laufenden Hundes im Sinne des § 833 BGB anrechnen lassen. Die Abwägung zwischen der Betriebsgefahr des Traktors mit Anhänger und der Tiergefahr des auf einem Feldweg frei laufenden Hundes rechtfertige unter den besonderen Umständen des Falles eine hälftige Schadensteilung.
II.
- 6
- Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
- 7
- 1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht einen auf Schmerzensgeld gerichteten Schadensersatzanspruch der Klägerin aus dem Gesichtspunkt eines - durch den Tod des Tieres psychisch vermittelten - sogenannten Schockschadens verneint.
- 8
- a) Ein solcher Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1, § 11 Satz 2, § 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1, § 253 BGB wäre zwar, obwohl die Klägerin einen Gesundheitsschaden nur mittelbar als (psychische) Folge des tödlichen (Verkehrs -)Unfalls ihrer Hündin erlitten haben will, ein eigener Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung eines eigenen Rechtsguts (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, BGHZ 56, 163, 168; vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, VersR 1976, 539, 540 und vom 6. Februar 2007 - VI ZR 55/06, VersR 2007, 803 Rn. 10). Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats genügt jedoch nicht jede psychisch vermittelte Beeinträchtigung der körperlichen Befindlichkeit, um einen Schadensersatzanspruch eines dadurch nur "mittelbar" Geschädigten im Falle der Tötung oder schweren Verletzung eines Dritten auszulösen. Dies widerspräche der Intention des Gesetzgebers, die De- liktshaftung gerade in § 823 Abs. 1 BGB sowohl nach den Schutzgütern als auch den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, aaO S. 168 f. und vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854). Deshalb setzt die Zurechnung psychischer Beeinträchtigungen wie Trauer und Schmerz nicht nur eine - hier zugunsten der Klägerin revisionsrechtlich zu unterstellende pathologisch fassbare - Gesundheitsbeschädigung voraus, sondern auch eine besondere personale Beziehung des solcherart "mittelbar" Geschädigten zu einem schwer verletzten oder getöteten Menschen (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, aaO S. 170; vom 31. Januar 1984 - VI ZR 56/82, VersR 1984, 439; vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84, VersR 1986, 240, 241; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, aaO; vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, aaO und vom 6. Februar 2007 - VI ZR 5VI ZR 55/06, Rn. 8, 10). Bei derartigen Schadensfällen dient die enge personale Verbundenheit dazu, den Kreis derer zu beschreiben, die den Integritätsverlust des Opfers als Beeinträchtigung der eigenen Integrität und nicht als "normales" Lebensrisiko der Teilnahme an den Ereignissen der Umwelt empfinden (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 209, 220 f.).
- 9
- b) Aus den vorgenannten, die Schadensersatzpflicht bei Schockschäden eng umgrenzenden Grundsätzen ergibt sich bereits, dass eine von der Revision geforderte Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf psychisch vermittelte Gesundheitsbeeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren nicht in Betracht kommt (so auch zutreffend LG Bad Kreuznach, Jagdrechtliche Entscheidungen Bd. XIV, XI Nr. 128; KreisG Cottbus, NJW-RR 1994, 804, 805; AG Recklinghausen, ZfS 1989, 191 und AG Essen-Borbeck, JurBüro 1986, 1494; MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 251 Rn. 55). Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber keinen Anlass für einen besonderen Schmerzensgeldanspruch des Tierhalters gesehen hat; die Verletzung oder Tötung von Tieren sollte den von der Rechtsprechung anerkannten Fällen von Schockschäden mit Krankheitswert bei der Verletzung oder Tötung von Angehörigen oder sonst dem Betroffenen nahestehenden Menschen nicht gleichgestellt werden (vgl. BT-Drs. 11/7369, S. 7).
- 10
- Derartige Beeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren, mögen sie auch als schwerwiegend empfunden werden und menschlich noch so verständlich erscheinen, gehören zum allgemeinen Lebensrisiko und vermögen damit Schmerzensgeldansprüche nicht zu begründen.
- 11
- 2. Die Revision beanstandet schließlich ohne Erfolg die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge im Zusammenhang mit den geltend gemachten materiellen Schadensersatzansprüchen der Klägerin. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen , ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat. Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen , zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben (vgl. etwa Senatsurteil vom 7. Februar 2012 - VI ZR 133/11, juris Rn. 5 mwN).
- 12
- Einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen hält das Berufungsurteil stand. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts sind gefahrerhöhende Umstände von beiden Seiten nicht bewiesen worden. Auf dieser Grundlage ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beru- fungsgericht in tatrichterlicher Würdigung unter den besonderen Umständen des Streitfalles unter Berücksichtigung der Tiergefahr des freilaufenden Hundes einerseits und der Betriebsgefahr des Traktors andererseits zu einer hälftigen Schadensteilung gelangt ist. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
LG Aachen, Entscheidung vom 19.08.2010 - 8 O 483/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.03.2011 - 16 U 93/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Das klagende Land verlangt von der beklagten Versicherung aus übergegangenem Recht Ersatz von Leistungen für zwei in seinem Dienst stehende Polizeibeamte, die nach einem Verkehrsunfall ein posttraumatisches Belastungssyndrom erlitten haben sollen.
- 2
- Am 21. Dezember 2002 befuhr ein Versicherungsnehmer der Beklagten (nachfolgend: Schädiger) als "Geisterfahrer" die Autobahn entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung. Er stieß frontal mit einem entgegenkommenden PKW zusammen, in dem sich eine vierköpfige Familie befand. Beide PKW fin- gen im weiteren Verlauf Feuer und brannten völlig aus; sämtliche Insassen verbrannten.
- 3
- Auf dem Heimweg vom Nachtdienst näherten sich die Polizeibeamten H. und sein Beifahrer T. der Unfallstelle. Ihr Fahrzeug geriet bei dem Versuch, den Unfallfahrzeugen auszuweichen, gegen die Leitplanke, wobei T. eine HWS/ BWS-Distorsion erlitt. Nach Behauptung des Klägers hat T. einen Rettungsversuch unternommen, der unstreitig abgebrochen worden ist, als die Fahrzeuge in Flammen aufgingen. Sodann kam der Polizeibeamte D. zur Unfallaufnahme hinzu.
- 4
- Wegen der HWS/BWS-Distorsion war T. vom 23. Dezember 2002 bis 2. Januar 2003 dienstunfähig. Der Kläger macht geltend, T. und D. hätten durch den Unfall eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten. Darauf führt der Kläger die mehrmonatige Dienstunfähigkeit des T. ab September 2003 und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des D. zurück.
- 5
- Die Beklagte hat Heilbehandlungskosten wegen der HWS/BWSDistorsion des T. erstattet. Im Rechtsstreit hat der Kläger insoweit weitere Heilbehandlungskosten und insbesondere weiteren Schadensersatz und Feststellung einer Ersatzpflicht für alle künftigen Schäden aus dem Dienstunfall wegen der behaupteten posttraumatischen Belastungsstörungen begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte lediglich hinsichtlich des Ersatzes weiterer Heilbehandlungskosten wegen der HWS/BWSDistorsion Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 6
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger nur wegen der Dienstunfähigkeit im Zusammenhang mit der HWS/BWS-Distorsion weiterer Schadensersatz zu (§§ 823 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 1 PflVG, 98 LBG RheinlandPfalz
).
- 7
- Wegen der behaupteten posttraumatischen Belastungssyndrome bestehe kein Schadensersatzanspruch. Auch wenn man durch den Unfall psychisch vermittelte Gesundheitsschädigungen mit Krankheitswert unterstelle, fielen diese nicht in den Schutzbereich der §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 Abs. 1 StVG; sie seien vielmehr Teil des allgemeinen Lebensrisikos, das jeder grundsätzlich selbst zu tragen habe. Vor diesem Hintergrund setze ein solcher Schadensersatzanspruch eine Sonderverbindung des psychisch geschädigten Dritten zu dem schrecklichen Ereignis voraus, die die Beobachtung des Geschehens gerade für ihn zu einer Belastung werden lasse. Für Polizeibeamte gehörten die mit der Berufsausübung verbundenen psychischen Belastungen infolge Wahrnehmung eines schrecklichen Geschehens indes zum allgemeinen Berufsrisiko als einem Unterfall des allgemeinen Lebensrisikos. Eine durch eine Rettungshandlung gesteigerte Gefahrenlage für die Polizeibeamten am Unfallort oder eine dadurch begründete Sonderverbindung zwischen dem Helfer und dem Opfer habe nicht vorgelegen.
II.
- 8
- 1. Soweit der Kläger geltend macht, die Klage sei zu Unrecht in Höhe von 598,50 € hinsichtlich der Dienstbezüge für die Zeit vom 23. bis 31. Dezember 2002 abgewiesen worden, ist die Revision unzulässig, weil sie das Berufungsgericht insoweit nicht zugelassen hat.
- 9
- Das Berufungsgericht hat zum Ausdruck gebracht, dass es die Revision nur zur Klärung der Frage zulassen will, ob die Polizeibeamten die unterstellten psychisch vermittelten Gesundheitsbeeinträchtigungen entschädigungslos hinnehmen müssen. Zwar enthält der Tenor des Berufungsurteils eine solche Einschränkung nicht. Es genügt jedoch, dass sich die Einschränkung mit ausreichender Deutlichkeit aus den Entscheidungsgründen ergibt (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 86; ebenso BGHZ 48, 134, 136; 153, 358, 360 f.). Hat das Berufungsgericht über mehrere selbständige prozessuale Ansprüche entschieden und ist die Rechtsfrage, deretwegen es die Revision zugelassen hat, nur für einen von ihnen erheblich, so ist in der Angabe des Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung der Revision auf diesen Anspruch zu sehen (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO; BGHZ 48, aaO; 153, 358, 361 f.).
- 10
- Nach ständiger Rechtsprechung kann das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffes beschränken, auf den auch die Partei selbst ihre Revision begrenzen könnte (vgl. Senatsurteile BGHZ 76, 397, 398 f.; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO). Der Teil des Prozessstoffs, für den die Zulassung ausgesprochen wird, muss vom restlichen Prozessstoff abtrennbar sein; im Falle einer Zurückverweisung darf die Änderung dieses Teils nicht in die Gefahr eines Widerspruchs zu dem nicht anfechtbaren Teil geraten (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO; BGH, Urteile vom 4. Juni 2003 - VIII ZR 91/02 - NJW-RR 2003, 1192, 1194; vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02 - NJW 2003, 3703). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Dienstunfähigkeit vom 23. bis 31. Dezember 2002 beruhte allein auf der erlittenen HWS/BWS-Distorsion und somit auf einer andersartigen Gesundheitsbeeinträchtigung und Schadensursache als das behauptete posttraumatische Belastungssyndrom.
- 11
- 2. Soweit das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche wegen eines posttraumatischen Belastungssyndroms abgelehnt hat, hält das Berufungsurteil der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat insoweit zu Recht Schadensersatzansprüche der Polizeibeamten T. und D. verneint, weil es sowohl für Ansprüche aus § 823 BGB als auch aus §§ 7, 18 StVG an dem erforderlichen haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang fehlt.
- 12
- a) Durch ein Unfallgeschehen ausgelöste, traumatisch bedingte psychische Störungen von Krankheitswert können eine Verletzung des geschützten Rechtsguts Gesundheit im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen (vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 132, 341, 344 m.w.N. und vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 - VersR 2001, 874, 875). Im Streitfall ist revisionsrechtlich zu unterstellen , dass die vom erkennenden Senat an eine Gesundheitsbeschädigung im Sinne dieser Vorschrift gestellten Anforderungen (vgl. Senatsurteile BGHZ 56, 163, 165 f.; 132, 341, 344; vom 31. Januar 1984 - VI ZR 56/82 - VersR 1984, 439; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88 - VersR 1989, 853, 854) erfüllt sind, weil nach den Ausführungen des Berufungsgerichts eine unfallbedingte Gesundheitsschädigung der Polizisten schlüssig dargetan ist und das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob die für eine Gesundheitsschädigung im Sinne des § 823 BGB erforderliche Erheblichkeitsschwelle überschritten ist.
- 13
- b) Gleichwohl hat das Berufungsgericht im Ergebnis eine Haftung ohne Rechtsfehler verneint. Die geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen durch ein posttraumatisches Belastungssyndrom sind nicht unmittelbar durch das Falschfahren auf der Autobahn und den dadurch verursachten Zusammenstoß mit dem Gegenverkehr verursacht. Im Unterschied zu dem von T. erlittenen und gesondert zu beurteilenden Gesundheitsschaden in Form einer HWS/BWS-Distorsion beruhen sie auch nicht auf einer Handlung zur Vermeidung einer Kollision mit dem falsch fahrenden Fahrzeug. Sie sind vielmehr auf eine psychisch vermittelte Schädigung zurückzuführen, die nach dem Vorbringen des Klägers nicht Folge einer HWS/BWS-Verletzung ist, sondern dadurch entstanden ist, dass die Polizeibeamten mit ansehen mussten, wie die Insassen der beteiligten Unfallfahrzeuge verbrannten, ohne helfend eingreifen zu können. Unter diesen Umständen kann ein solcher Gesundheitsschaden dem Schädiger nicht zugerechnet werden.
- 14
- aa) Der erkennende Senat hat eine Haftpflicht des Unfallverursachers in Fällen anerkannt, in denen der Geschädigte als direkt am Unfall Beteiligter infolge einer psychischen Schädigung eine schwere Gesundheitsstörung erlitten hat (vgl. Senatsurteile vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84 - VersR 1986, 240, 241; vom 9. April 1991 - VI ZR 106/90 - VersR 1991, 704, 705; vom 16. März 1993 - VI ZR 101/92 - VersR 1993, 589, 590). Maßgeblich für die Zurechnung war in diesen Fällen, dass der Schädiger dem Geschädigten die Rolle eines unmittelbaren Unfallbeteiligten aufgezwungen hat und dieser das Unfallgeschehen psychisch nicht verkraften konnte (vgl. Senatsurteil vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84 - VersR 1986, 240, 242). Solche Umstände sind hier nicht gegeben, vielmehr waren die Polizeibeamten an dem eigentlichen Unfallgeschehen, das zu ihrer psychischen Schädigung geführt haben soll, nämlich der Kollision zwischen dem "Geisterfahrer" und dem PKW der Familie nicht beteiligt.
- 15
- bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Revision angesprochenen Gesichtspunkt einer Herausforderung zu einer Rettungshandlung. Insoweit hat der Senat entschieden, dass jemand, der durch vorwerfbares Tun einen anderen zu selbst gefährdendem Verhalten herausfordert, diesem anderen dann, wenn dessen Willensentschluss auf einer mindestens im Ansatz billigenswerten Motivation beruht, aus unerlaubter Handlung zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein kann, der infolge des durch die Herausforderung gesteigerten Risikos entstanden ist (vgl. BGHZ 57, 25, 28 ff.; 63, 189, 191 ff.; 70, 374, 376; 101, 215, 219 ff.; 132, 164, 166 ff.). Eine auf solcher Grundlage beruhende deliktische Haftung ist insbesondere in Fällen bejaht worden, in denen sich jemand der (vorläufigen) Festnahme durch Polizeibeamte oder andere dazu befugte Personen durch die Flucht zu entziehen versucht und diese Personen dadurch in vorwerfbarer Weise zu einer sie selbst gefährdenden Verfolgung herausgefordert hat, wobei sie dann infolge der gesteigerten Gefahrenlage einen Schaden erlitten haben (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 164, 166 f.; vom 3. Juli 1990 - VI ZR 33/90 - VersR 1991, 111, 112 m.w.N.).
- 16
- Im Unterschied zu diesen Fällen haben die Geschädigten hier keinen Schaden bei einem sie selbst gefährdenden Verhalten erlitten, zu dem sie sich aufgrund einer durch die "Geisterfahrt" des Schädigers bestehenden gesteigerten Gefahrenlage herausgefordert fühlen durften. Der vom Kläger behauptete Rettungsversuch des T. wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls abgebrochen, als die Fahrzeuge in Flammen aufgingen, und hat als solcher zu keinem Gesundheitsschaden des Polizeibeamten geführt.
- 17
- cc) Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Polizeibeamten wie zufällige Zeugen des Verkehrsunfalls behandelt hat. Der Senat hat in seinem Urteil vom 12. November 1985 (VI ZR 103/84, aaO) offen gelassen, ob auch völlig fremde, mit den eigentlichen Unfallbeteiligten nicht in einer näheren Beziehung stehende Personen bei besonders schweren Unfällen Schadensersatz für eine psychische Gesundheitsbeeinträchtigung erhalten können. Diese Frage ist aus den oben dargelegten Gründen zu verneinen. Dabei spielt es keine entscheidende Rolle, ob es sich bei den Geschädigten um Polizeibeamte oder andere Personen handelt, die zufällig das Unfallgeschehen miterleben. In beiden Fällen ist eine Schädigung, die aus der bloßen Anwesenheit bei einem schrecklichen Ereignis herrührt, dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen.
- 18
- 3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
LG Frankenthal, Entscheidung vom 23.06.2005 - 3 O 102/05 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 21.12.2005 - 1 U 107/05 -
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 14. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 4. Mai 2012 - auch im Kostenpunkt - aufgehoben und das Urteil der Kammer für Handelssachen III des Landgerichts Kiel vom 18. März 2011 geändert, soweit bezüglich der Klage zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Die Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten der ersten und der zweiten Instanz hat die Beklagte 1/5 zu tragen. Im Übrigen fallen die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Ersatz der wegen nicht rechtzeitiger Erfüllung eines Kaufvertrags entstandenen Mehrkosten eines Deckungskaufs.
Der Kläger ist seit dem 1. Februar 2012 Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma W. P.Güternah- und Fernverkehr, die eine Spe dition betrieb (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Die Beklagte vertreibt Heizöl, Kraft- und Schmierstoffe.
Am 31. Oktober 2007 kaufte die Insolvenzschuldnerin bei der Beklagten 2.000.000 l Biodiesel EN 14214 zu einem Preis von 66 € pro 100 l zuzüglich gesetzlicher Energie- und Mehrwertsteuer. Die Lieferungen sollten in der Zeit vom 16. April 2008 bis zum 30. September 2008 erfolgen. In den Monaten April und Mai 2008 lieferte die Beklagte insgesamt 355.495 l Biodiesel an die Insolvenzschuldnerin. Mit Schreiben vom 4. Juni 2008 teilte die Beklagte der Insolvenzschuldnerin mit, dass ihre Lieferantin in Insolvenz gefallen sei und die Lieferungen an sie eingestellt habe und dass es ihr nur noch möglich sei, Biodiesel im Spot-Geschäft zu Tagespreisen einzukaufen. Zu einer weiteren Belieferung der Insolvenzschuldnerin war die Beklagte nicht bereit.
Die Insolvenzschuldnerin deckte sich zwischen dem 29. Mai 2008 und dem 30. September 2008 mit Diesellieferungen unterschiedlicher Lieferanten ein. Da sich die Biodieselpreise gegenüber dem am 31. Oktober 2007 vereinbarten Kaufpreis erhöht hatten, wendete die Insolvenzschuldnerin für diese Lieferungen 475.085,58 € mehr auf, als sie bei Belieferung durch die Beklagte aufgrund des Kaufvertrages hätte aufwenden müssen.
In einem Vorprozess wurde die Beklagte verurteilt, an die Insolvenzschuldnerin die noch ausstehenden 1.644.505 l Biodiesel EN 14214 Zug um Zug gegen Zahlung von 1.582.789,90 € zu liefern. Die Beklagte nahm daraufhin die Lieferungen wieder auf.
Die Insolvenzschuldnerin hat Zahlung von 475.085,58 € nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten begehrt. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 472.996,82 € nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten verurteilt. Die weitergehende Klage sowie die auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Schlussurteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 6. November 2009 und auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung dieses Urteils gerichtete Widerklage hat es abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger könne von der Beklagten Ersatz des geltend gemachten Verzögerungsschadens nach § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB in Höhe von 472.996,82 € verlangen. Wenn sich der Gläubiger zu höheren Preisen eindecken müsse, weil der Schuldner zunächst nicht leiste, sei nicht zweifelhaft, dass der Gläubiger die Mehrkosten des Deckungsgeschäfts als Verzögerungsschaden geltend machen könne, denn diese Mehrkosten wären nicht entstanden, wenn der Schuldner rechtzeitig geleistet hätte. Ein Gläubiger sei nicht gehindert, neben der Erfüllung Ersatz eines Verzögerungsschadens zu verlangen. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Mai 1998 (VIII ZR 362/96). Diese Rechtslage sei vor der Schuldrechtsmodernisierung nicht anders gewesen als nach ihrem Inkrafttreten. Ansprüche nach § 281 BGB oder solche nach § 326 BGB aF seien zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt Streitgegenstand gewesen. Der Kläger habe einen solchen Nichterfüllungsschaden nicht ersetzt verlangt.
Die Beklagte habe sich seit dem 4. Juni 2008 mit ihrer Leistungspflicht in Verzug befunden. Denn spätestens mit dem Schreiben von diesem Tag habe sie klargestellt, dass sie ihrer vertraglichen Leistungspflicht nicht nachkommen wolle. Hierin liege eine Erfüllungsverweigerung, so dass eine Mahnung zur Begründung des Verzugs gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich gewesen sei. Dem Verzugseintritt stehe auch nicht entgegen, dass die nach dem Vertrag geschuldeten Lieferungen ab dem 16. April bis zum 30. September 2008 von der Insolvenzschuldnerin sukzessive hätten abgerufen werden müssen. Da die Beklagte unmissverständlich und endgültig zum Ausdruck gebracht habe, dass sie zur Belieferung der Insolvenzschuldnerin zu den im Vertrag vorgesehenen Konditionen wegen der Insolvenz ihres Lieferanten nicht bereit sei, sei es entbehrlich gewesen, die Beklagte sukzessive neu aufzufordern, die jeweilige Teillieferung zu erbringen. Vielmehr habe die Insolvenzschuldnerin sich darauf beschränken dürfen, sukzessive Deckungskäufe bei anderen Lieferanten vorzunehmen.
Die Beklagte könne sich nicht auf eine Vorteilsausgleichung berufen. Zwar bestehe zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Vorteil ein adäquater Kausalzusammenhang. Allerdings müsse die Anrechnung des Vorteils dem Zweck des Schadensersatzes entsprechen, das heißt sie dürfe den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht ungebührlich begünstigen. Hier sei im Ausgangspunkt nicht zu übersehen, dass die Insolvenzschuldnerin tatsächlich einen erheblichen Vorteil davon gehabt habe, dass sie die späteren Lieferungen der Beklagten in den Jahren 2009 und 2010 zu deutlich günstigeren Konditionen erhalten habe, da die Preise aus dem ursprünglichen Vertrag der nunmehr geltenden Marktlage nicht mehr entsprochen hätten. Hätte die Beklagte ordnungsgemäß geliefert, hätte die Insolvenzschuldnerin in den Jahren 2009 und 2010 erheblich mehr Geld für die Diesellieferungen zahlen müssen.
Im Ergebnis würde eine Anrechnung dieser Vorteile auf den Verzögerungsschaden aber zu einer unbilligen Entlastung der Beklagten als Schädigerin führen. Bei Kaufverträgen der vorliegenden Art übernähmen beide Seiten bewusst das Risiko, dass sich die Marktpreise zwischen Vertragsabschluss und Erfüllung änderten. Werde die Erfüllung vom Schuldner schuldhaft verzögert, dürfe ihm dies nicht zum Vorteil gereichen. Er könnte sonst aus spekulativen Gründen die Lieferung in der Hoffnung verzögern, sich später günstig eindecken zu können. Der bei der späteren Lieferung erhöhte Marktpreis dürfe daher der Beklagten nicht in dem Sinne zu Gute kommen, dass sie den längst eingetretenen Verzögerungsschaden auf Seiten der Insolvenzschuldnerin nachträglich nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs mindern dürfe.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Anspruch aus § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB auf Erstattung der durch die Deckungskäufe entstandenen Mehrkosten zu. Denn bei diesen Kosten handelt es sich nicht um einen Verzögerungsschaden, sondern um einen nur nach § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB ersatzfähigen Schaden statt der Leistung. Ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung steht dem Kläger aber nicht (mehr) zu, denn er hat die Beklagte im Vorprozess mit Erfolg auf Erfüllung des Kaufvertrages in Anspruch genommen, und diese hat daraufhin die Lieferungen wieder aufgenommen.
1. Die Frage, ob der Käufer neben der Erfüllung die Mehrkosten eines eigenen Deckungsgeschäfts als Verzögerungsschaden beanspruchen kann, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden.
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 9. November 1988 (VIII ZR 310/87, NJW 1989, 1215 unter B I) nicht, dass der Käufer die Kosten eines eigenen Deckungskaufs neben der Vertragserfüllung als Verzögerungsschaden geltend machen könnte.
Zwar hat der Senat in dieser - unter der Geltung des alten Schuldrechts ergangenen - Entscheidung angenommen, dass die Kosten eines Deckungskaufs neben der Vertragserfüllung als Verspätungsschaden geltend gemacht werden können. Dabei ging es aber um einen Deckungskauf, den nicht der Käufer, sondern der infolge des Lieferverzugs des Erstverkäufers seinerseits in Lieferverzug geratene Abnehmer des Käufers vorgenommen hatte. Dieser Käufer wurde von seinem Abnehmer mit den insoweit entstandenen Mehrkosten belastet und konnte diese Kosten folglich als Verzögerungsschaden vom Verkäufer ersetzt verlangen. Hier geht es hingegen um die Frage, ob der Käufer neben der Erfüllung Ersatz der Mehrkosten eines eigenen Deckungskaufs als Verzögerungsschaden verlangen kann.
Auch aus der weiteren Entscheidung des Senats vom 27. Mai 1998 (VIII ZR 362/96, NJW 1998, 2901 ff.) ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, dass Vertragserfüllung und Ersatz der Mehrkosten eines eigenen Deckungskaufs nebeneinander verlangt werden könnten. Denn diese Entscheidung betrifft nur die - vom Senat bejahte - Frage, ob der Käufer die Mehrkosten eines Deckungskaufs im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung auch dann verlangen kann, wenn er den Deckungskauf schon vor Ablauf einer dem Verkäufer erfolglos gesetzten Nachfrist getätigt hat.
Für den umgekehrten Fall, dass der Verkäufer Ersatz des Mindererlöses eines Deckungsverkaufs begehrt, hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs allerdings - ebenfalls unter der Geltung des alten Schuldrechts - entschieden, dass ein solcher Schaden nicht zusätzlich zur Erfüllung des Kaufvertrages, also zur Zahlung des Kaufpreises, sondern nur anstatt der Erfüllung gefordert werden kann (BGH, Urteil vom 20. Mai 1994 - V ZR 64/93, BGHZ 126, 131, 134).
2. Im Schrifttum werden unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob der Käufer die Kosten des eigenen Deckungskaufs als Verzögerungsschaden geltend machen kann.
a) Einige Autoren ordnen die Kosten eines Deckungskaufs als Verzögerungsschaden ein, wenn der Käufer das Deckungsgeschäft vor dem Erlöschen des Erfüllungsanspruchs tätigt. Gegenstand des Schadensersatzes statt der Leistung sei allein derjenige Schaden, der durch das endgültige Ausbleiben der Leistung verursacht werde, etwa wenn der Käufer nach dem erklärten Rücktritt oder nach dem Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung einen Deckungskauf vornehme (Lorenz in Festschrift Leenen, 2012, S. 147, 153; Faust in Festschrift Huber, 2006, S. 239, 254; Klöhn, JZ 2010, 46, 47).
Die Einordnung als Verzögerungsschaden führt allerdings nach dieser Auffassung nicht dazu, dass der Käufer die Mehrkosten des Deckungsgeschäfts ohne weiteres neben dem Erfüllungsanspruch geltend machen kann.
aa) Nach Ansicht von Faust ist ein Deckungsgeschäft, das der Gläubiger vornimmt, solange er noch Erfüllung verlangen kann, im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung nicht zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber habe in den §§ 280 bis 283 BGB ein "elaboriertes Regelwerk" geschaffen, das die Interessen von Gläubiger und Schuldner zum Ausgleich bringen solle, und dabei entschieden, dass eine Liquidierung des Vertrags, aufgrund derer der Gläubiger sich anderweitig eindecken könne und müsse, erst mit der Erklärung des Rücktritts, dem Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung oder dem Eintritt von Unmöglichkeit stattfinde. Diese Wertung dürfe nicht dadurch überspielt werden, dass dem Gläubiger ermöglicht werde, sich schon zuvor einzudecken und dann die Folgen dieses Geschäfts auf den Schuldner zu verlagern (Faust, aaO S. 255). Daher sei grundsätzlich anzunehmen, dass der Verursachungsbeitrag des Gläubigers durch die vorzeitige Vornahme des Deckungsgeschäfts den Verursachungsbeitrag des Schuldners, der in der Verzögerung der Leistung liege, so stark überwiege, dass der Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB gemäß § 254 BGB vollständig ausgeschlossen sei (Faust, aaO S. 256; ähnlich Klöhn, aaO S. 47).
bb) Lorenz sieht den Kern der Problematik in der Kausalitätsfrage. Der Schaden beruhe nicht unmittelbar auf der Verzögerung der noch möglichen Leistung, sondern es trete durch die Vornahme des Deckungsgeschäfts eine Handlung des Geschädigten selbst dazwischen. Erst diese verursache den Verzögerungsschaden. Damit liege ein sogenannter schadensrechtlicher Herausforderungsfall, also ein Fall psychisch vermittelter Kausalität vor. Kausalität sei demnach nur dann zu bejahen, wenn der Geschädigte sich gerechtfertigt veranlasst fühlen dürfe, ein endgültiges Deckungsgeschäft vorzunehmen (Lorenz, aaO S. 160 ff.). Dies sei dann der Fall, wenn zum Zeitpunkt der Vornahme des Deckungsgeschäfts die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung vorlägen und eine vom Käufer gesetzte Nachfrist bereits abgelaufen sei. Denn ab diesem Zeitpunkt müsse der Käufer zur Befriedigung seines Erfüllungsinteresses nicht mehr auf den Verkäufer zurückgreifen (Lorenz, aaO S. 168).
b) Nach der im Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Ansicht können die Mehrkosten eines Deckungsgeschäfts grundsätzlich nur einen Schaden statt der Leistung darstellen und daher nur unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB geltend gemacht werden (Erman/Grunewald, BGB, 13. Aufl., § 437 Rn. 13; MünchKommBGB/Ernst, 6. Aufl., § 286 Rn. 118; Staudinger/Otto, BGB, Neubearb. 2009, § 280 E 39 und E 5; Staudinger/Löwisch/Feldmann, aaO, § 286 Rn. 176; NK-BGB/Dauner-Lieb, 2. Aufl., § 280 Rn. 65; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 286 Rn. 41; Schmidt-Kessel in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 7. Aufl., § 280 Rn. 32; BeckOK-BGB/Unberath, Stand März 2011, § 286 Rn. 69; Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 737; Kaiser in Festschrift Westermann, 2008, S. 351, 352; Ady, ZGS 2003, 13, 15; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 617; Haberzettl, NJW 2007, 1328, 1329; Ostendorf, NJW 2010, 2833, 2838).
Verlange der Käufer die Erstattung der Kosten eines Deckungskaufs, mache er keinen Begleitschaden wegen Verzögerung der Leistung geltend, sondern einen Schaden wegen Ausbleibens der geschuldeten Leistung (Kaiser, aaO; Staudinger/Löwisch/Feldmann, aaO; Schmidt-Kessel, aaO). Ein Deckungskauf sei eine endgültige Ersetzung der ursprünglich erwarteten Leistung durch eine gleichwertige andere; der Schaden ersetze funktional die Leistung, so dass ein Schaden statt der Leistung vorliege (Staudinger/Otto, aaO E 39; NK-BGB/Dauner-Lieb, aaO). Beschaffe sich der Gläubiger die geschuldete Leistung am Markt, stelle er genau den Zustand her (und zwar in Natur), der bei einer Naturalleistung des Schuldners bestünde (Grigoleit/Riehm, aaO S. 736).
Teilweise wird darauf abgestellt, dass zur Abgrenzung zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Schadensersatz "neben der Leistung" zu fragen sei, ob eine Nacherfüllung den eingetretenen Schaden beseitigt hätte (Staudinger/Otto, aaO E 24 f.; Tiedtke/Schmitt, aaO; Ostendorf, aaO S. 2836 f.; Erman/Grunewald, aaO; Ady, aaO; ähnlich Grigoleit/Riehm, aaO S. 735). Der wesentliche Unterschied zwischen dem einfachen Schadensersatz und dem Schadensersatz statt der Leistung liege darin, dass letzterer grundsätzlich erst nach erfolglosem Ablauf einer Frist zur Nacherfüllung verlangt werden könne. Für die Abgrenzung zwischen beiden Schadensarten sei daher maßgeblich, ob der betreffende Schaden durch die Nacherfüllung beseitigt würde (Tiedtke/Schmitt, aaO). Sei dies der Fall, liege ein Schadensersatz statt der Leistung vor, da dem Verkäufer die Gelegenheit gegeben werden müsse, den Vertrag doch noch zu erfüllen (Tiedtke/Schmitt, aaO; Ostendorf, aaO; Erman/ Grunewald, aaO).
2. Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung. Mehrkosten eines eigenen Deckungskaufs des Käufers sind nicht als Verzögerungsschaden nach § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB ersatzfähig. Denn bei derartigen Kosten handelt es sich nicht um einen Verzögerungs- oder Begleitschaden, sondern um einen Schaden, der an die Stelle der Leistung tritt und den der Gläubiger deshalb nur unter den Voraussetzungen der § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB und somit nicht neben der Vertragserfüllung beanspruchen kann.
Wie die Revision zutreffend ausführt, wäre der Kläger, falls ihm neben der im Vorprozess erfolgreich geltend gemachten Vertragserfüllung ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten des eigenen Deckungskaufs zugebilligt würde, zum Nachteil der Beklagten so gestellt, als hätte er die bestellte Dieselmenge zu dem vertraglich vereinbarten Preis doppelt zu beanspruchen. Hieran wird besonders deutlich, dass die Kosten des eigenen Deckungskaufs des Käufers, der an die Stelle der vom Verkäufer geschuldeten Leistung tritt, nicht neben dieser Leistung als Verzögerungsschaden geltend gemacht werden können.
3. Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der Kosten des Deckungskaufs auch nicht auf § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB stützen. Zwar lagen die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung zunächst vor, weil die Beklagte die Vertragserfüllung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts endgültig verweigert hatte und es deshalb keiner Fristsetzung mehr bedurfte. Grundsätzlich hat der Gläubiger auch die Wahl, ob er Schadensersatz statt der Leistung verlangt oder auf Vertragserfüllung besteht; auch lässt das Erfüllungsverlangen des Gläubigers grundsätzlich dessen Befugnis unberührt, wieder zu einem Schadensersatzanspruch statt der Leistung überzugehen (BGH, Urteil vom 20. Januar 2006 - V ZR 124/04, NJW 2006, 1198 Rn. 19). Der Gläubiger kann aber - selbstverständlich - nicht beides verlangen. Deshalb erlischt der Anspruch des Gläubigers auf die Leistung, wenn er statt der Leistung Schadensersatz verlangt (§ 281 Abs. 4 BGB). Umgekehrt schließt auch die Erfüllung, auf die der Kläger die Beklagte erfolgreich in Anspruch genommen hat, einen Anspruch auf Erstattung von (Mehr-)Kosten eines zuvor getätigten eigenen Deckungsgeschäftes aus.
III.
Das Berufungsurteil kann nach alledem keinen Bestand haben und ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit hinsichtlich der Klage zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Änderung des erstinstanzlichen Urteils, soweit hinsichtlich der Klage zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und zur Abweisung der Klage.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
In diesem Umfang wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 31. Januar 2008 abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 15 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. Oktober 2007 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen trägt der Kläger 91 % und der Beklagte 9 %.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Dem Beklagten gehört ein Grundstück, welches als Parkplatz mehrerer Einkaufsmärkte genutzt wird. Dort steht ein großes, gut sichtbares Schild mit folgenden Hinweisen: "Mo.-Sa. 6.00-21.00 Uhr nur für Kunden und Mitarbeiter des Nahversorgungszentrums Parken nur mit Parkuhr Parkzeit 1,5 h (daneben ist eine Parkscheibe abgebildet) Parken nur innerhalb der gekennzeichneten Flächen! Widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt" (daneben ist ein Abschlepp-Piktogramm abgebildet
)
- 2
- Am 6. März 2007 schloss der Beklagte mit einem Abschleppunternehmen und einem Inkassounternehmen eine Vereinbarung, in der es u.a. heißt: "2. Der Eigentümer beauftragt das Abschleppunternehmen, unberechtigt parkende oder versperrend abgestellte Fahrzeuge von dem ... Grundstück abzuschleppen und zu entfernen. 3. Die Durchführung des Abschleppvorganges setzt voraus, dass sich das Abschleppunternehmen zuvor darüber vergewissert, dass dieses Fahrzeug nicht über eine Parkberechtigung verfügt bzw. sich der Fahrzeugführer nicht in unmittelbarer Nähe zum Fahrzeug aufhält oder dieser der Aufforderung zum Entfernen bzw. ordnungsgemäßen Abparken des Fahrzeugs nicht sofort nachkommt."
- 3
- Das Inkassounternehmen beauftragte der Beklagte mit der Einziehung der Abschleppkosten.
- 4
- Am 20. April 2007 stellte der Kläger seinen Pkw unbefugt auf dem Parkplatz ab. Zwischen 19.00 Uhr und 19.15 Uhr wurde das Fahrzeug abgeschleppt und auf das Gelände des Abschleppunternehmens verbracht. Dort löste es der Kläger am späten Abend gegen Zahlung von 150 € Abschleppkosten und 15 € Inkassogebühren aus. Den Betrag von 165 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Kosten von 46,41 € verlangt er von dem Beklagten zurück.
- 5
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger die Durchsetzung seiner Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat einen Rückzahlungsanspruch des Klägers nach § 812 Abs. 1 BGB verneint, weil seine Zahlung von 165 € an den Beklagten mit Rechtsgrund erfolgt sei. Dieser habe gegen den Kläger einen Anspruch auf Ersatz der Abschlepp- und Inkassokosten nach §§ 823 Abs. 2, 858 BGB gehabt. Die Ausübung des Selbsthilferechts nach § 859 Abs. 3 BGB durch den Beklagten sei rechtmäßig gewesen. Ob das Abschleppen des Fahrzeugs notwendig gewesen sei, sei unerheblich; denn das Selbsthilferecht werde nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, sondern nur durch das Schikanever- bot und durch den Grundsatz von Treu und Glauben begrenzt. Beides sei hier nicht verletzt. Der Rechtmäßigkeit der Selbsthilfe stehe auch nicht entgegen, dass der Auftrag zum Abschleppen nicht von dem Beklagten als dem unmittelbaren Grundstücksbesitzer erteilt worden sei, sondern dem Abschleppvorgang ein Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Beklagten und dem Abschleppunternehmen zugrunde gelegen habe. Die geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten könne der Kläger nicht unter dem Gesichtspunkt des Verzugs erstattet verlangen, weil sich der Beklagte nicht in Verzug befunden habe.
- 7
- Das hält einer rechtlichen Nachprüfung weitgehend stand.
II.
- 8
- 1. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung gegen die Abweisung der auf Zahlung von 46,41 € vorgerichtlicher Kosten gerichteten Klage wendet. Insoweit fehlt es dem Rechtsmittel an der vorgeschriebenen Begründung (§§ 551 Abs. 1, 553 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
- 9
- 2. Im Übrigen ist die Revision zwar zulässig, aber überwiegend unbegründet.
- 10
- a) Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung von 150 € Abschleppkosten zu Recht verneint.
- 11
- aa) Als Anspruchsgrundlage kommt nur die Vorschrift des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion) in Betracht. Der Kläger hat den für das Abschleppen seines Fahrzeugs in Rechnung gestellten Betrag zwar nicht an den Beklagten, sondern an das Abschleppunternehmen bzw. für dieses an das Inkassounternehmen gezahlt. Bereicherungsrechtlich hat er damit aber nicht diesen gegenüber eine Leistung erbracht, sondern gegenüber dem Beklagten. Denn der Zweck der Zahlung bestand darin, eine von dem Beklagten geltend gemachte Forderung zu erfüllen, nämlich einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Abschleppkosten, deren Begleichung der Beklagte aufgrund des Vertrages mit dem Abschleppunternehmen diesem schuldete. Das Abschlepp- und das Inkassounternehmen waren nur Zahlstelle. Ihnen gegenüber verfolgte der Kläger keinen Zweck. Folglich kann der Kläger von dem Beklagten kondizieren, wenn der Schadensersatzanspruch nicht besteht, während die Frage, ob das Abschleppunternehmen den ihm zugeflossenen Betrag behalten kann, sich nach dem Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Abschleppunternehmen beurteilt.
- 12
- bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Bereicherungsanspruch nicht gegeben sind, weil die Leistung des Klägers nicht ohne Rechtsgrund erfolgte. Denn es hat rechtsfehlerfrei einen Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen den Kläger auf Zahlung der Abschleppkosten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB bejaht.
- 13
- (1) Mit dem unbefugten Abstellen des Fahrzeugs auf dem Parkplatz des Beklagten beging der Kläger eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB (siehe nur OLG Karlsruhe Die Justiz 1978, 71; LG Frankfurt a.M. MDR 2003, 388; AG Augsburg DAR 2008, 91; AG Essen DAR 2002, 131; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, 2. Aufl., § 858 Rdn. 10; MünchKomm-BGB/ Joost, 4. Aufl., § 858 Rdn. 5, 11; Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 858 Rdn. 3; Staudinger/Bund, BGB [2007], § 858 Rdn. 49; Schwarz/Ernst, NJW 1997, 2550). Ob es sich hierbei um eine Besitzstörung oder um eine teilweise Besitzentziehung handelte, ist für die weitere rechtliche Beurteilung ohne Belang.
- 14
- (2) Entgegen der in der Revisionsbegründung vertretenen Ansicht hat das Berufungsgericht zutreffend den Beklagten als unmittelbaren Besitzer des Parkplatzes und damit als denjenigen angesehen, gegen den sich die verbotene Eigenmacht richtete. Denn weder hat der Kläger Umstände vorgetragen, die gegen den unmittelbaren Besitz des Beklagten sprechen, noch ergeben sich aus dessen Vortrag Anhaltspunkte dafür, dass er mittelbarer Besitzer war. Für einen mittelbaren Besitz spricht insbesondere nicht der von der Revision hervorgehobene Vortrag des Beklagten, dass der Parkplatz tagsüber ausschließlich für die Kunden des Supermarktes vorgesehen sei. Dem ist nichts zu den Besitzverhältnissen zu entnehmen; selbst wenn der Beklagte die Fläche für den Supermarkt an einen Betreiber vermietet oder verpachtet hat, bedeutet das nicht zwingend, dass auch die Parkplatzfläche vermietet oder verpachtet ist. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Revision zitierten Feststellung in der in dem Berufungsurteil in Bezug genommenen erstinstanzlichen Entscheidung, der Kläger habe sein Fahrzeug "auf dem Parkplatz des Beklagten, dem R. Einkaufsmarkt" geparkt. Unabhängig davon, ob man - wie die Revisionserwiderung - diese Formulierung als sprachlich missglückt ansieht, besagt sie nichts über die Besitzverhältnisse an dem Parkplatz. Auch die von der Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zitierte Textstelle aus der Klageerwiderung , wonach der Beklagte verpflichtet sei, dem Betreiber des Supermarktes die Parkplatzfläche zur Verfügung zu stellen, spricht nicht gegen den unmittelbaren Besitz des Beklagten. Schließlich ist die Annahme von mittelbarem Besitz nicht damit zu vereinbaren, dass nach der Feststellung des Berufungsgerichts nicht nur den Kunden des Supermarktes, sondern den Kunden aller angrenzenden Einkaufsmärkte das Parken auf dem Parkplatz des Beklagten gestattet ist. Falls nach alledem gleichwohl noch Zweifel an dem unmittelbaren Besitz des Beklagten bestehen, geht das zu Lasten des Klägers; denn ihm obliegt es, den von dem Beklagten angeführten Rechtsgrund für die Zahlung der Abschleppkosten zu widerlegen (BGH, Urt. v. 14. Juli 2003, II ZR 335/00, NJW-RR 2004, 556). Das hat der Kläger nicht getan.
- 15
- (3) Dass § 858 Abs. 1 BGB ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des unmittelbaren Besitzers ist (siehe nur BGHZ 114, 305, 313 f. m.w.N.), hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Dies greift die Revision auch nicht an.
- 16
- (4) Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht dem Beklagten ein Selbsthilferecht zur Beseitigung der Besitzbeeinträchtigung zugestanden. Dieses hat seine Grundlage in der Vorschrift des § 859 Abs. 1 BGB, wenn man das unbefugte Parken als Besitzstörung ansieht; nimmt man eine teilweise Entziehung des Besitzes an, folgt es aus der Vorschrift des § 859 Abs. 3 BGB. Auch hiergegen wendet sich die Revision nicht. Sie rügt allerdings, dass das Berufungsgericht das Selbsthilferecht als nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegend angesehen hat. Diese Rüge bleibt indes ohne Erfolg. Zwar kann dem Berufungsgericht nicht darin gefolgt werden, dass die Selbsthilfe des unmittelbaren Besitzers nach § 859 Abs. 1 und 3 BGB unabhängig davon rechtmäßig sei, ob sie notwendig, geboten oder angemessen sei. Diese Ansicht ist mit dem die Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht vereinbar. Aber für die Beurteilung, ob der ebenfalls auf Treu und Glauben beruhende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist, ist grundsätzlich eine Mittel-Zweck-Relation maßgeblich. Die Ausübung eines Rechts ist unter diesem Gesichtspunkt dann unzulässig, wenn sie der Gegenseite unverhältnismäßig große Nachteile zufügt und andere, weniger schwer wiegende Maßnahmen möglich gewesen wären, die den Interessen des Berechtigten ebenso gut Rechnung getragen hätten oder ihm zumindest zumutbar gewesen wären (MünchKomm-BGB/Roth, 5. Aufl., § 242 Rdn. 380); es gilt das Gebot der schonendsten Sanktion (Staudinger/Looschelders, BGB [2005], § 242 Rdn. 280). Danach war das Abschleppen des Fahrzeugs nicht unverhältnismäßig. Es ist weder von den Parteien vorgetragen noch sonst ersichtlich , dass der Beklagte in anderer Weise von seinem Selbsthilferecht hätte Gebrauch machen können.
- 17
- (5) Der in der Revisionsbegründung hervorgehobene Umstand, das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, dass der Kläger sein Fahrzeug behindernd geparkt habe oder keine anderen freien Parkplätze für Kunden des Supermarktes vorhanden gewesen seien, ist für die Entscheidung, ob das Abschleppen des Fahrzeugs rechtmäßig war, unerheblich. Zwar kann die Ausübung des Selbsthilferechts nach § 859 BGB, auch wenn es verhältnismäßig ist, unter dem allgemeinen Gesichtspunkt von Treu und Glauben unzulässig sein. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn die Selbsthilfe eine verbotene Eigenmacht beseitigt, die nur einen örtlich abgegrenzten Teil des Grundstücks betrifft und die übrige Grundstücksfläche unberührt lässt, so dass diese ohne Einschränkung genutzt werden kann. Denn wie der Eigentümer andere von jeder Einwirkung ausschließen kann (§ 903 Satz 1 Alt. 2 BGB), auch wenn dies ihn nur teilweise in dem Gebrauch seiner Sache beeinträchtigt, kann sich der unmittelbare Besitzer verbotener Eigenmacht durch Selbsthilfe unabhängig davon erwehren, welches räumliche Ausmaß sie hat und ob sie die Nutzungsmöglichkeit von ihr nicht betroffener Grundstücksteile unberührt lässt (Lorenz, NJW 2009, 1025, 1026). Deshalb darf z.B. ein unbefugt auf einem fremden Grundstück abgestelltes Fahrzeug auch ohne konkrete Behinderung entfernt werden (Erman/Lorenz, BGB, 12. Aufl. § 858 Rdn. 3). Anderenfalls müsste der Besitzer die verbotene Eigenmacht all derer dulden, die - wie es der Kläger für sich in Anspruch nimmt - nur eine kleine, räumlich abgegrenzte Grundstücksfläche unbefugt nutzen, ohne dass dadurch die Nutzungsmöglichkeit der übrigen Fläche eingeschränkt wird; von seinem Selbsthilferecht dürfte der Besitzer nur gegenüber demjenigen Gebrauch machen, der sein Fahrzeug ohne Berechtigung auf dem letzten freien Platz abstellt. Dies widerspräche der rechtlichen Bedeutung, welche das Gesetz dem unmittelbaren Besitz beimisst.
- 18
- (6) Ohne Erfolg macht die Revision Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Abschleppens unter dem Gesichtspunkt geltend, dass weder der Beklagte selbst noch ein Vertreter den Abschleppauftrag erteilt habe, sondern der Beklagte dem Abschleppunternehmen die Entscheidung darüber überlassen habe, wann die Voraussetzungen für ein rechtmäßiges Abschleppen vorlägen. Dies lässt zum einen nicht den rechtlichen Ansatz erkennen, der zur Rechtswidrigkeit des Abschleppens führen soll; denn dass der Beklagte einen Dritten mit der Überwachung seines Grundstücks im Hinblick auf unberechtigtes Parken beauftragen durfte (vgl. nur MünchKomm-BGB/Joost, aaO, § 859 Rdn. 1), gesteht die Revision zu. Zum anderen sind in der Vereinbarung vom 6. März 2007 die Voraussetzungen festgelegt, unter denen Fahrzeuge abgeschleppt werden dürfen; sie sind von dem Bestreben gekennzeichnet, rechtsmissbräuchliche Abschleppvorgänge , die z.B. auf bloßer Gewinnsucht des Abschleppunternehmens beruhen, zu verhindern. Falls sich das Abschleppunternehmen nicht an die Vorgaben hält, macht es sich gegenüber dem Beklagten schadensersatzpflichtig mit der Folge, dass er die Abschleppkosten nicht bezahlen muss. In diesem Fall fehlt es an einem Schaden des Beklagten, den er von dem Fahrzeughalter oder -führer ersetzt verlangen kann. Dieser ist somit ausreichend vor einem eventuellen Missbrauch geschützt. Deshalb bestehen auch keine rechtli- chen Bedenken dagegen, dass die Höhe des Entgelts für den Beauftragten nach der Anzahl der Abschleppvorgänge bestimmt wird.
- 19
- (7) Schließlich hat das Berufungsgericht die - der Höhe nach nicht zu beanstandenden und von der Revision auch nicht beanstandeten - Abschleppkosten zu Recht als erstattungsfähigen Schaden des Beklagten angesehen. Dieser war aufgrund der Vereinbarung vom 6. März 2007 verpflichtet, die Kosten an das Abschleppunternehmen zu zahlen. Das steht in adäquatem Zusammenhang (siehe dazu nur BGHZ 3, 261, 267; 57, 25, 27 f.; Deutsch/Ahrens, Deliktsrecht , 4. Aufl., Rdn. 52 ff.) mit der von dem Kläger verübten verbotenen Eigenmacht. Denn dass unbefugt auf dem Grundstück des Beklagten abgestellte Fahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt werden, stellt keine überraschende oder fern liegende Reaktion des unmittelbaren Besitzers dar, sondern die Verwirklichung der deutlich sichtbaren Ankündigung auf dem aufgestellten Schild. Das reicht indes noch nicht aus, die Schadensersatzpflicht des Klägers zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann nämlich nur für solche Schadensfolgen Ersatz verlangt werden, die innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm liegen; es muss sich um Folgen handeln, die in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen wurde, und es muss ein innerer Zusammenhang zwischen der Pflicht- oder Normverletzung und dem Schaden, nicht nur eine mehr oder weniger zufällige äußere Verbindung bestehen (BGHZ 164, 50, 60 m.w.N.). Auch diese Voraussetzung liegt hier vor. Indem das Gesetz dem unmittelbaren Besitzer als spontane Reaktion auf eine verbotene Eigenmacht (Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl., § 9 Rdn. 10) das Selbsthilferecht (§ 859 BGB) zubilligt, dessen Ausübung mit Kosten verbunden sein kann, stellt es selbst den notwendigen Zusammenhang zwischen der Verletzung des Schutzgesetzes (§ 858 Abs. 1 BGB) und der Schadensfolge her. Auch entfällt die Schadensersatzpflicht des Klägers nicht des- halb, weil der Beklagte selbst durch die Beauftragung des Abschleppunternehmens die letzte Ursache für die Herbeiführung des Schadens gesetzt hat. Denn die Schadensfolge beruht nicht auf einem selbständigen oder freien Entschluss des Beklagten, sondern auf seiner vom Gesetz (§ 859 BGB) gebilligten Reaktion , die durch das Verhalten des Klägers herausgefordert wurde. Dies lässt die Ersatzpflicht des Klägers unberührt (vgl. nur BGHZ 57, 25, 29 f.; 63, 189, 192; 132, 164, 166).
- 20
- b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung von 15 € Inkassokosten nebst Zinsen verneint. Der Beklagte kann diesen Betrag nicht als Schadensersatz verlangen; die Zahlung des Klägers erfolgte somit ohne Rechtsgrund, so dass er sie nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zurückfordern kann.
- 21
- aa) Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB scheidet insoweit aus. Die Inkassokosten sind als Folgeschaden anzusehen, der dem Kläger nicht zuzurechnen ist. Die Beauftragung des Inkassounternehmens diente nicht der Schadensbeseitigung oder Schadensverhütung, die den Schädiger unter bestimmten Umständen nicht entlastet (siehe nur BGHZ 75, 230, 234), sondern ausschließlich der Bearbeitung und außergerichtlichen Abwicklung des Schadensersatzanspruchs des Beklagten. Solche Aufwendungen kann der Geschädigte von dem Schädiger regelmäßig nicht ersetzt verlangen (BGHZ 66, 112, 114). Dass hier eine Ausnahme von diesem Grundsatz zum Tragen kommt, ist nicht ersichtlich.
- 22
- bb) Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§ 280 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit § 286 BGB) scheidet ebenfalls aus. Es fehlt an den Voraussetzungen für den Verzugseintritt.
III.
- 23
- Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Roth
Vorinstanzen:
AG Magdeburg, Entscheidung vom 31.01.2008 - 151 C 2968/07 -
LG Magdeburg, Entscheidung vom 08.07.2008 - 1 S 70/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Am 23. April 2008 entzog sich der Versicherungsnehmer der Beklagten mit dem von ihm geführten und bei der Beklagten haftpflichtversicherten VW Golf in Baden-Württemberg (Offenburg) einer Verkehrskontrolle. Dabei verletzte er eine Polizeibeamtin. Einsatzkräfte der Polizei des Landes BadenWürttemberg nahmen daraufhin die Verfolgung auf und - ab der Anschlussstelle Hemsbach an der BAB 5 - auch die Polizei des Landes Hessen, des Klägers.
- 2
- Mit seiner Klage macht das Land Hessen gegen den Haftpflichtversicherer des Fluchtfahrzeuges den an seinen vier Polizeifahrzeugen entstandenen Schaden und weitere Kosten in Höhe von insgesamt 17.271,84 € geltend. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 17.032,84 € unter Klageabweisung im Übrigen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht ist der Meinung, dem Kläger stehe der gegen den Haftpflichtversicherer geltend gemachte Schadensersatzanspruch unter verkehrsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu, was eine deliktische Haftung des Versicherungsnehmers der Beklagten für den Schaden nicht ausschließe. Das Schadensersatzbegehren des Klägers sei an der Vorschrift des § 7 StVG zu messen, dessen Anwendungsbereich vor dem Hintergrund seines Schutzzweckes weit auszulegen sei. Unter dem Gesichtspunkt des "Herausforderns" komme bei Verfolgungsfahrten zwar eine Haftung grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn der Schadenseintritt erst durch eine eigenverantwortlich gesetzte Ursache des geschädigten Dritten ausgelöst worden sei. Diesem Erfordernis des Herausforderns werde bereits genügt, wenn ein Kraftfahrer einer polizeilichen Anordnung nicht nachkomme und er sich einer gerechtfertigten Feststellung seiner Personalien durch Flucht zu entziehen versuche. Gleichwohl falle der im Streitfall geltend gemachte Schaden des Klägers nicht mehr unter den Normzweck des § 7 StVG. Denn die Polizeifahrzeuge seien hier als Mittel des unmittelbaren Zwanges eingesetzt worden, wobei den Fahrern bewusst gewesen sei, dass ihre eigenen Dienstfahrzeuge durch die von ihnen herbeigeführte Aktion zwangsläufig beschädigt werden würden. Die Beamten des klagenden Landes hätten in die Beschädigung ihrer eigenen Fahrzeuge eingewilligt, um ein rechtmäßiges hoheitliches Handeln durchzusetzen. Der dadurch entstandene Schaden könne nicht mehr in den Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 StVG fallen, weil sich eben keine Gefahr mehr verwirklicht habe, die von dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug ausgegangen sei. Die Kollisionsschäden sei- en nicht durch die Fahrweise des Fluchtwagens entstanden, sondern gelegentlich eines gerechtfertigten Einsatzes unmittelbaren Zwangs gegen einen Kraftfahrer , der zuvor eine Straftat begangen habe. Schadensursache sei mithin letztlich nicht mehr der "Betrieb" des bei der Beklagten versicherten Fluchtfahrzeuges gewesen. Bei einer wertenden Betrachtung verbiete es sich, den Betriebsvorgang des Fluchtwagens hier mit einzubeziehen, weshalb die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 StVG nicht mehr vorlägen mit der weiteren Folge, dass nicht mehr in eine Abwägung der Verursachungsbeiträge einzutreten sei.
II.
- 4
- Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch des klagenden Landes wegen des Schadens an den Polizeifahrzeugen nicht deshalb verneint werden, weil die Polizeibeamten die entstandenen Schäden dadurch selbst verursacht haben, dass sie das Fluchtfahrzeug vorsätzlich rammten, um die Verfolgungsjagd zu beenden.
- 5
- 1. Das Berufungsgericht hat zunächst übersehen, dass ein Direktanspruch gegen den beklagten Haftpflichtversicherer nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG auch wegen einer unerlaubten Handlung ihres Versicherungsnehmers im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB in Betracht kommt, wenn diese "durch den Gebrauch" des versicherten Kraftfahrzeuges erfolgt.
- 6
- Nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG kann der Dritte seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen, wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungs- gesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt. Die Zulässigkeit einer Direktklage des Klägers gegen die Beklagte setzt mithin voraus, dass er einen Schadensersatzanspruch geltend macht, der im Rahmen der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung von der Beklagten gedeckt werden muss. Die Vorschrift des § 1 PflVG verpflichtet den Halter eines Kraftfahrzeuges, eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der "durch den Gebrauch des Fahrzeuges" verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten. An das Pflichtversicherungsgesetz knüpft § 10 Abs. 1 AKB an, wo es heißt, dass die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung diejenigen Schäden deckt, die "durch den Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeugs" verursacht worden sind (vgl. Senat, Urteil vom 26. Juni 1979 - VI ZR 122/78, BGHZ 75, 45, 47; Beschluss vom 8. April 2008 - VI ZR 229/07, SP 2008, 338 und BGH, Urteil vom 10. Juli 1980 - IVa ZR 17/80, BGHZ 78, 52, 53 f.).
- 7
- Der Begriff des Gebrauchs schließt den Betrieb des Kraftfahrzeuges im Sinne des § 7 StVG ein, geht aber auch darüber hinaus. Bei der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ist das Interesse versichert, das der Versicherte daran hat, "durch den Gebrauch ... des Fahrzeugs" nicht mit Haftpflichtansprüchen belastet zu werden, gleich, ob diese auf § 7 StVG, den §§ 823 ff. BGB oder anderen Haftungsnormen beruhen (vgl. Senatsurteil vom 26. Juni 1979 - VI ZR 122/78, aaO S. 48; BGH Urteil vom 23. Februar 1977 - IV ZR 59/76, VersR 1977, 418, 419 mwN; Stiefel/Maier, AKB, 18. Aufl., A.1.1 Rn. 23; s. auch Jacobsen in Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl., § 10 AKB Rn. 19). Im Streitfall hat der Versicherungsnehmer der Beklagten das versicherte Kraftfahrzeug als Fluchtfahrzeug "gebraucht", um sich einer Polizeikontrolle bzw. einer vorläufigen Festnahme zu entziehen. Die bewusst herbeigeführte Kollision mit einem Polizeifahrzeug, um ihn zu stoppen, stand deshalb in unmittelbarem Zusammenhang mit dem konkreten Gebrauch des Fahrzeuges.
- 8
- a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann jemand, der durch vorwerfbares Tun einen anderen zu selbstgefährdendem Verhalten herausfordert , diesem anderen dann, wenn dessen Willensentschluss auf einer mindestens im Ansatz billigenswerten Motivation beruht, aus unerlaubter Handlung zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein, der infolge des durch die Herausforderung gesteigerten Risikos entstanden ist (vgl. Senatsurteile vom 12. März 1996 - VI ZR 12/95, BGHZ 132, 164, 166; vom 3. Juli 1990 - VI ZR 33/90, VersR 1991, 111, 112; vom 29. November 1977 - VI ZR 51/76, VersR 1978, 183, 184; vom 21. Februar 1978 - VI ZR 8/77, BGHZ 70, 374, 376 und vom 3. Oktober 1978 - VI ZR 253/77, VersR 1978, 1161, 1162). Eine auf solcher Grundlage beruhende deliktische Haftung ist insbesondere in Fällen bejaht worden, in denen sich jemand pflichtwidrig der (vorläufigen) Festnahme oder der Feststellung seiner Personalien durch Polizeibeamte oder andere dazu befugte Personen durch die Flucht zu entziehen versucht und diesen Personen dadurch Anlass gegeben hat, ihn zu verfolgen, wobei sie dann infolge der durch die Verfolgung gesteigerten Gefahrenlage einen Schaden erlitten haben (vgl. Senatsurteile vom 24. März 1964 - VI ZR 33/63, VersR 1964, 684, 685; vom 3. Februar 1967 - VI ZR 115/65 und VI ZR 117/65, VersR 1967, 580 f.; vom 13. Juli 1971 - VI ZR 165/69, VersR 1971, 962, 963 f.; vom 13. Juli 1971 - VI ZR 125/70, BGHZ 57, 25, 28 ff.; vom 29. Oktober 1974 - VI ZR 168/73, BGHZ 63, 189, 191 ff. und vom 13. Januar 1976 - VI ZR 41/75, VersR 1976, 540, 541).
- 9
- b) Voraussetzung für eine deliktische Haftung ist in solchen Fällen stets, dass der in Anspruch genommene Fliehende seinen Verfolger in vorwerfbarer Weise zu der selbstgefährdenden Reaktion herausgefordert hat (vgl. Senatsurteile vom 29. November 1977, vom 21. Februar 1978, vom 3. Oktober 1978 und vom 3. Juli 1990, jeweils aaO). Dabei muss sich das Verschulden insbesondere auch auf die Verletzung eines der in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter erstrecken, d.h. der Fliehende muss sich bewusst gewesen sein oder zumin- dest fahrlässig nicht erkannt und bei der Einrichtung seines Verhaltens pflichtwidrig nicht berücksichtigt haben, dass sein Verfolger oder durch diesen ein unbeteiligter Dritter infolge der durch die Verfolgung gesteigerten Gefahr einen Schaden erleiden könnte (vgl. Senatsurteil vom 3. Juli 1990 - VI ZR 33/90, aaO).
- 10
- c) Im Streitfall sind die Schäden an den Polizeifahrzeugen bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts dem Versicherungsnehmer der Beklagten haftungsrechtlich sowohl objektiv als auch subjektiv zuzurechnen.
- 11
- aa) Wesentlicher Gradmesser für eine Herausforderung zur Verfolgung mit der Überbürdung des gesteigerten Verletzungsrisikos auf den Fliehenden ist insbesondere die angemessene Mittel-Zweck-Relation, nach der die Risiken der Verfolgung und der Beendigung der Flucht nicht außer Verhältnis zu dem Ziel der Ergreifung des Fliehenden stehen dürfen, weil ansonsten die Schädigung nicht mehr in den Schutzbereich der Haftungsnorm fällt (vgl. Senatsurteile vom 13. Juli 1971 - VI ZR 125/70, BGHZ 57, 25, 31 f.; vom 29. Oktober 1974 - VI ZR 168/73, BGHZ 63, 189, 192 f. und vom 12. März 1996 - VI ZR 12/95, BGHZ 132, 164, 169).
- 12
- Der Versicherungsnehmer der Beklagten hat sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts einer Verkehrskontrolle entzogen, dabei eine Polizeibeamtin verletzt und sich danach über viele Kilometer hinweg mit den ihn verfolgenden Polizeifahrzeugen mit hoher Geschwindigkeit eine Verfolgungsjagd mit mehrfachem Fahrstreifenwechsel unter Mitbenutzung des Standstreifens geliefert. Da von diesem rücksichtslosen Verhalten eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausging, stand die Entscheidung, die Flucht durch eine Kollision mit dem Fluchtfahrzeug auf die erfolgte Art zu been- den, nicht außer Verhältnis zu dem Ziel der Beendigung der Flucht und der Ergreifung des Fliehenden.
- 13
- bb) Die Schäden an den Polizeifahrzeugen sind dem Versicherungsnehmer der Beklagten auch subjektiv zuzurechnen.
- 14
- Die subjektive Seite der Haftung, d.h. der Vorwurf, eine Rechtsgutsverletzung seines Verfolgers schuldhaft herbeigeführt zu haben, setzt voraus, dass der Fliehende damit rechnen musste, verfolgt zu werden, und dass er auch voraussehen konnte, seine Verfolger könnten dabei möglicherweise zu Schaden kommen (vgl. Senatsurteile vom 12. März 1996 - VI ZR 12/95, BGHZ 132, 164, 171 und vom 3. Juli 1990 - VI ZR 33/90, VersR 1991, 111, 112, jeweils mwN).
- 15
- Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wusste der Versicherungsnehmer der Beklagten, dass er verfolgt wird, und musste auch damit rechnen, dass für seine Verfolger und ihre Fahrzeuge bei seiner Fahrweise nicht nur ein gesteigertes Risiko bestand, während der Verfolgungsfahrt einen Schaden zu erleiden, sondern auch bei einer Beendigung der Flucht durch eine bewusst herbeigeführte Kollision mit dem Fluchtfahrzeug. Bei einer Verfolgungsjagd , wie sie im Streitfall stattgefunden hat, ist es nicht fernliegend, dass die Polizeibeamten erforderlichenfalls auch Schäden an den Polizeifahrzeugen in Kauf nehmen, um den Flüchtenden zu stoppen und Schlimmeres zu verhindern.
- 16
- 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auch eine Haftung des Versicherungsnehmers der Beklagten nach § 7 Abs. 1 StVG nicht verneint werden.
- 17
- a) Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges" verletzt worden ist. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass dieses Haftungsmerkmal nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen ist. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist (vgl. Senatsurteile vom 19. April 1988 - VI ZR 96/87, VersR 1988, 641; vom 5. Juli 1988 - VI ZR 346/87, BGHZ 105, 65, 66 f.; vom 6. Juni 1989 - VI ZR 241/88, VersR 1989, 923, 924 f. und vom 3. Juli 1990 - VI ZR 33/90, VersR 1991, 111, 112). Erforderlich ist aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist (vgl. Senatsurteile vom 3. Juli 1962 - VI ZR 184/61, BGHZ 37, 311, 315 ff.; vom 27. Januar 1981 - VI ZR 204/79, BGHZ 79, 259, 262 f.; vom 6. Juni 1989 - VI ZR 241/88, VersR 1989, 923, 924 f. und vom 3. Juli 1990 - VI ZR 33/90, VersR 1991, 111, 112).
- 18
- b) Im Streitfall ist ein Polizeifahrzeug auf einer Bundesautobahn auf das Fluchtfahrzeug aufgefahren und hat es zwischen den davor fahrenden Polizeifahrzeugen hindurchgeschoben, wonach ein anderes Polizeifahrzeug das Fluchtfahrzeug gegen die Leitplanke gedrängt und damit die Flucht beendet hat. Dass dies "bei dem Betrieb" der beteiligten Kraftfahrzeuge im fließenden Verkehr auf einer Bundesautobahn erfolgte, begegnet nach den vorstehenden Grundsätzen ebenso wenig Bedenken wie bei einem "normalen" Auffahrunfall. Die Tatsache, dass das Auffahren im Streitfall vorsätzlich erfolgte, um das Fluchtfahrzeug zu stoppen, hat lediglich Bedeutung für die Frage, ob der Unfall für einen der Unfallbeteiligten ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG n.F. bzw. § 7 Abs. 2 StVG a.F. war.
- 19
- Die obergerichtliche Rechtsprechung hat in vergleichbaren Fällen wiederholt entschieden, dass ein Verkehrsunfall in Bezug auf die unfallbeteiligten Polizeifahrzeuge zwar nicht aus tatsächlichen, wohl aber aus Rechtsgründen im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG a.F. unabwendbar sein kann, wenn Polizeibeamte zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben ein fliehendes Fahrzeug verfolgen und es bei der Verfolgungsfahrt zu einer Kollision zwischen den beteiligten Fahrzeugen kommt. Eine rechtliche Unabwendbarkeit wurde dabei auch in Fällen bejaht, in denen der Fahrer des Polizeifahrzeuges zum Zwecke der Gefahrenabwehr vorsätzlich eine Kollision mit dem fliehenden Fahrzeug herbeiführte, um es zum Anhalten zu zwingen (vgl. OLG Hamm VersR 1998, 1525; NJW1988, 1096; OLG Koblenz NZV 1997, 180; a.A. OLG München, ZfS 1997, 125 f.). Dem schließt sich der erkennende Senat an.
- 20
- c) Die Frage der rechtlichen Unabwendbarkeit in Verfolgungsfällen ist unter dem Gesichtspunkt des Herausforderns vergleichbar zu beantworten wie die Frage einer Haftung nach § 823 BGB. Wer sich der polizeilichen Festnahme durch Flucht unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges entzieht, haftet für einen bei der Verfolgung eintretenden Sachschaden an den ihn verfolgenden Polizeifahrzeugen , wenn dieser Schaden auf der gesteigerten Gefahrenlage beruht und die Risiken der Verfolgung nicht außer Verhältnis zu deren Zweck standen (vgl. Senatsurteile vom 12. März 1996 - VI ZR 12/95, BGHZ 132, 164, 166 ff.
- 21
- 3. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Da keine weiteren Feststellungen mehr zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden und das erstinstanzliche Urteil wiederherstellen. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
LG Darmstadt, Entscheidung vom 10.03.2010 - 2 O 246/09 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 19.01.2011 - 13 U 50/10 -
Der VI. Zivilsenat des BGH hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. 4. 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Kl. wird das Urteil des 15. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 23. 5. 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das BerGer. zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Bekl. und seine Ehefrau, die Zeugin S., lebten seit 25. 5. 1997 getrennt. Die Zeugin unterhielt nach der Trennung eine freundschaftliche Beziehung zum Bruder des Kl..
Am Abend des 30. 5. 1997 hielt sich Frau S. in der im zweiten Obergeschoß gelegenen 1-Zimmer-Wohnung ihres Freundes auf. Der Kl. leistete ihr Gesellschaft. Sein Bruder hatte zuvor die Wohnung verlassen, um Getränke zu holen.
Der Bekl. vermutete, seine Ehefrau könne sich in der Wohnung ihres Freundes aufhalten. Er kam daher zwischen 22.30 Uhr und 23.00 Uhr dort hin und verlangte laut schimpfend Einlaß, weil er mit seiner Ehefrau reden wollte. Er trat die Wohnungseingangstür und sodann die Tür vom Flur zum Wohnzimmer ein. Als der Bekl. mit der Flurtüre in das Wohnzimmer “hineinkrachte“, riß der Kl. das Fenster auf und sprang aus ca. acht bis zehn Meter Höhe hinaus. Dabei zog er sich u.a. eine Kompressionsfraktur des dritten Lendenwirbelkörpers und eine Trümmerfraktur der Speichenbasis des linken Handgelenkes zu.
Der Kl. begehrt ein Schmerzensgeld von mindestens 30.677 €, eine Unkostenpauschale von 25,57 € und Attestkosten von 303,55 € sowie die Feststellung, dass der Bekl. verpflichtet sei, ihm allen weiteren immateriellen Schaden durch eventuell auftretende Spätfolgen des Unfalles und der dabei erlittenen Verletzungen zu ersetzen, soweit diese nicht durch das Gutachten der Landesversicherungsanstalt vom 16. 3. 1998 festgestellt worden seien.
Das LG hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung des Bekl. hat das BerGer. die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kl. sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das BerGer. hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, der Kl. wäre zwar mit Sicherheit nicht aus dem Fenster des zweiten Obergeschosses gesprungen, wenn der Bekl. nicht gewaltsam in die Wohnung eingedrungen wäre. Der Bekl. habe daher durch sein Verhalten eine Bedingung für die Körperverletzung des Kl. gesetzt. Zweifelhaft sei aber, ob dieses zur Verletzung führende Verhalten des Bekl. noch als adäquat kausal angesehen werden könne. Selbst wenn es nicht gänzlich unwahrscheinlich sei, dass jemand, der nach dem gewaltsamen Eindringen eines Fremden in die Wohnung um Leib und Leben fürchte und dabei aus Angst einen gefährlichen Fluchtweg benutze, sei ein lebensgefährlicher Sprung aus einem acht bis zehn Meter über dem Erdboden gelegenen Fenster zeitlich vor einem körperlichen Angriff nicht ohne weiteres als Fluchtweg anzusehen. Jedenfalls fehle es an einem Verschulden des Bekl.. Hierfür müsse der Bekl. zumindest fahrlässig nicht erkannt haben, dass sein widerrechtliches Eindringen in die Wohnung beim Kl. eine Schreckreaktion habe auslösen können, in deren Verlauf der Kl. aus dem Fenster acht bis zehn Meter in die Tiefe springen werde. Nach dem unwiderlegten Vortrag des Bekl. sei diesem aber unbekannt gewesen, welche anderen Personen sich außer seiner Ehefrau noch in der Wohnung aufgehalten hätten. Allenfalls habe er damit rechnen müssen, dass der Freund seiner Frau sich aus Angst zu einer folgenschweren Spontanreaktion motivieren lassen könne. Der Bekl. habe sich aber nicht vorstellen müssen, dass ein völlig unbeteiligter Dritter, von dessen Anwesenheit er nichts gewußt habe, eine Verwechslung befürchten könne und den gefährlichen Sprung ausführen werde. Hilfsweise sei von einem Mitverschulden des Kl. in Höhe von 2/3 auszugehen.
II.
Diese Erwägungen des BerGer. halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
1. Allerdings geht das BerGer. ohne Rechtsfehler davon aus, dass das rechtswidrige (und sogar als Hausfriedensbruch strafbewehrte, vgl. § 128 StGB) Verhalten des Bekl. ursächlich im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne für den lebensgefährdenden Sprung des Kl. aus dem acht bis zehn Meter über dem Erdboden liegenden Fenster der Wohnung war. Das OLG stellt ‑ von der Revision unbeanstandet ‑ fest, dass der Kl. nicht aus dem Fenster gesprungen wäre, wenn der Bekl. nicht gewaltsam in die Wohnung eingedrungen wäre. Das gewaltsame Eindringen kann mithin nicht hinweggedacht werden, ohne dass die Schädigung des Kl. entfiele (vgl. BGHZ 96, 157, 172; BGH, Urteil vom 4. 7. 1994 ‑ II ZR 126/93 ‑ NJW 1995, 126, 127).
2. Dem BerGer. kann jedoch nicht gefolgt werden, soweit es in Zweifel zieht, der Zusammenhang zwischen dem Eindringen des Bekl. in die Wohnung und dem Sprung des Kl. sei adäquat kausal.
Zwar ist der Ansatzpunkt nicht zu beanstanden, dass die Kausalität im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne allein zur Schadenszurechnung nicht ausreicht. Sie bedarf vielmehr, um eine zu weitgehende Ausdehnung der Schadensersatzpflicht zu verhindern, einer Ergänzung durch weitere Zurechnungskriterien. Nach ständiger Rechtsprechung muss deshalb das zum Schaden führende Ereignis im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet sein, einen Erfolg der eingetretenen Art herbeizuführen (vgl. BGHZ 137, 11, 19; BGH, Urteil vom 14. 11. 2000 ‑ X ZR 203/98 ‑ VersR 2001, 1388, 1389; vom 23. 9. 1998 ‑ IV ZR 1/98 ‑ VersR 1998, 1410, 1411). Mit dem Erfordernis der Adäquanz sollen nämlich nur ganz außerhalb des zu erwartenden Verlaufs stehende Schädigungen herausgefiltert werden. Hiernach ist die Adäquanz zu bejahen, wenn durch das Verhalten des Schädigers eine gesteigerte Gefahrenlage geschaffen worden ist, die generell geeignet ist, Schädigungen der eingetretenen Art herbeizuführen.
Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Beurteilung des BerGer., es sei zweifelhaft, ob das Verhalten des Bekl. hier adäquat kausal für den eingetretenen Schaden war, nicht beigetreten werden.
Als der Bekl. zunächst die Wohnungseingangstür und sodann die vom Flur zum Wohnzimmer führende Tür eingetreten hatte, war dieses Toben geeignet, eine in der Wohnung befindliche Person im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zu verängstigen und zum Sprung aus dem Fenster zu veranlassen. Daran ändert es nichts, dass der Bekl. möglicherweise keine Drohungen geäußert und noch nicht zu erkennen gegeben hatte, er werde den Kl. körperlich angreifen. Mit einem solchen Angriff mußte der Kl. nach dem vorausgegangenen Verhalten des Bekl. zumindest rechnen, zumal dieser den Bruder des Kl. nicht persönlich kannte und deshalb damit zu rechnen war, dass er den Kl. für den Nebenbuhler halten werde. Das legt auch der von der Revision im Anschluss an die Bekundung der Zeugin S. behauptete Ruf des Bekl. nach dem Sprung des Kl. (“Ich bringe Dich um, Du Sau“) nahe.
3. Die Haftung des Bekl. scheitert ferner nicht daran, dass der geschädigte Kl. die Verletzungen durch seinen Sprung aus dem Fenster selbst mit herbeigeführt hat. Der Sachverhalt ist dadurch geprägt, dass der Bekl. selbst durch sein schuldhaftes Verhalten für die Personen in der Wohnung nur eine Gefährdung herbeigeführt hat, während der Schaden - die Verletzung des Kl. - erst durch den Kl. selbst verwirklicht worden ist. Für die haftungsrechtliche Würdigung derartiger Fallgestaltungen hat der Senat Beurteilungsgrundsätze entwickelt. Danach kann zwar unter Umständen dann, wenn ein Schaden bei rein naturwissenschaftlicher Betrachtung mit der Handlung des Schädigers in einem kausalen Zusammenhang steht, dieser Schaden jedoch entscheidend durch ein völlig ungewöhnliches und unsachgemäßes Verhalten des Geschädigten ausgelöst worden ist, die Grenze überschritten sein, bis zu der dem Schädiger der Eingriff und dessen Auswirkungen als haftungsausfüllender Folgeschaden seines Verhaltens zugerechnet werden können. Eine für den Schaden mitursächliche willentliche Handlung des Verletzten schließt aber nicht stets und ohne weiteres aus, den Schaden demjenigen zuzurechnen, der die schädigende Kausalkette in Gang gesetzt hat. Bestand nämlich für die Handlung des Geschädigten ein rechtfertigender Anlass oder wurde sie durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert, so bleibt der Zurechnungszusammenhang mit dem Verhalten des Schädigers bestehen, weil sich die Reaktion dann nicht als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen erweist (vgl. Senatsurteil vom 10. 12. 1996 ‑ VI ZR 14/96 ‑ VersR 1997, 458, 459 m.w. Nachw.). So kann nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats jemand, der durch vorwerfbares Tun einen anderen zu selbstgefährdendem Verhalten herausfordert, diesem anderen dann, wenn dessen Willensentschluß auf einer mindestens im Ansatz billigenswerten Motivation beruht, zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein, der infolge des durch die Herausforderung gesteigerten Risikos entstanden ist. Eine auf solcher Grundlage beruhende deliktische Haftung hat der Senat besonders in Fällen bejaht, in denen sich jemand der (vorläufigen) Festnahme durch Polizeibeamte oder andere dazu befugte Personen durch die Flucht zu entziehen versucht und diese Personen dadurch in vorwerfbarer Weise zu einer sie selbst gefährdenden Verfolgung herausgefordert hat, wobei sie dann infolge der gesteigerten Gefahrenlage einen Schaden erlitten haben (vgl. Senatsurteil BGHZ 132, 164, 166 m.w. Nachw.).
Um einen solchen Fall der “Nacheile“ geht es vorliegend allerdings nicht. Die genannten Erwägungen kommen indes nicht nur in den sogenannten “Verfolgungsfällen“ zum Tragen. Sie sind vielmehr Ausdruck eines auf rechtlichen Wertungen beruhenden Zurechnungsverständnisses, das allgemein gilt, wie der Senat bereits dargelegt hat (vgl. Senatsurteil vom 4. 5. 1993 – VI ZR 283/92 – VersR 1993, 843, 844). Der erkennende Senat hat deshalb auch in anderen Fallkonstellationen die Schadenszurechnung nach diesen Kriterien bestimmt (vgl. Senatsurteile BGHZ 101, 215, 220 ff.; vom 21. 2. 1978 ‑ VI ZR 8/77 ‑ VersR 1978, 540, 541; vom 4. 11. 1980 ‑ VI ZR 231/79 ‑ VersR 1981, 192, 193; vom 2. 12. 1980 ‑ VI ZR 265/78 ‑ VersR 1981, 260, 261; vom 4. 5. 1993 ‑ VI ZR 283/92 – aaO). Dabei setzt der Begriff der Herausforderung voraus, dass der Schädiger durch ein vorwerfbares Tun bei dem Geschädigten eine mindestens im Ansatz billigenswerte Motivation zu dem selbstgefährdenden Verhalten gesetzt hat, die etwa auf Pflichterfüllung, Nothilfe oder Abwehr beruhen kann (vgl. Senatsurteile BGHZ 101, 215, 220 f. und vom 21. 2. 1978 ‑ VI ZR 8/77 – aaO 541).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Bekl. hat dadurch, dass er zunehmend lauter und aggressiver gegen die Wohnungseingangstür geklopft und sodann diese sowie die vom Flur zum Wohnzimmer führende Tür eingetreten hat, in vorwerfbarer Weise für den Kl. eine gesteigerte Gefahrenlage geschaffen. Vergeblich versucht die Revisionserwiderung das Handeln des Kl. als von einer nicht billigenswerten Motivation getragen darzustellen. Unter den dargestellten Umständen mußte der Kl. befürchten, der Bekl. werde ihn körperlich angreifen. Durch das Eintreten der Türen hatte der Bekl. eine Gewaltbereitschaft gezeigt, durch die der Kl. sich in seiner körperlichen Integrität schon bedroht fühlen durfte, bevor er tätlich angegriffen worden war. Wenn der Kl. zum Schutz vor den befürchteten Gewalttätigkeiten den Sprung aus dem Fenster wagte, war dies eine zumindest verständliche und unter dem Gesichtspunkt des Selbstschutzes auch im Ansatz billigenswerte Motivation, die auf der schon angebahnten Linie des Verhaltens des Bekl. lag und sich als Folge des Verhaltens des Bekl. darstellte, und dies auch dann, wenn der Kl. entsprechend dem Vortrag des Bekl. von athletischer Statur sein sollte.
Das Verhalten des Kl. war bei der hier vom Bekl. gezeigten Gewaltbereitschaft nach allem der vom Bekl. geschaffenen Gefahrenlage nicht soweit entrückt und so tief in den Bereich des allgemeinen Lebensrisikos des Kl. hineinverlagert, dass der Bekl. dafür gerechterweise nicht mehr haftbar zu machen wäre (vgl. Senatsurteile BGHZ 57, 25, 29 ff.; vom 17. 9. 1991 ‑ VI ZR 2/91 ‑ VersR 1991, 1293, 1294; vom 10. 12. 1996 ‑ VI ZR 14/96 – aaO 459).
4. Rechtsfehlerhaft verneint das BerGer. schließlich ein Verschulden des Bekl., wenn es meint, der Bekl. habe nicht damit rechnen müssen, gerade bei dem Kläger, den der Bekl. nicht gekannt und von dessen Anwesenheit in der Wohnung er nichts gewußt habe, eine Schreckreaktion auszulösen.
Hierbei wird verkannt, dass sich das Verschulden des Bekl. nicht auf den eingetretenen Schaden erstrecken muß. Ausreichend ist vielmehr, dass der Schädiger voraussehen kann, es könne auf Grund seines Verhaltens irgendwie eine Person körperlich zu Schaden kommen; nicht erforderlich ist, dass der Schädiger die konkrete Schädigung des tatsächlich Verletzten vorhersehen konnte (vgl. Senatsurteile BGHZ 57, 25, 33; 59, 30, 39; 75, 328, 329 f.). Es ist daher nicht maßgebend, ob der Bekl. mit der Anwesenheit des Kl. in der Wohnung seines Nebenbuhlers und mit dem schädigenden Sprung aus dem Fenster rechnete oder rechnen mußte. Ein Verschulden i.S. der Fahrlässigkeit ist dem Bekl. schon deshalb vorzuwerfen, weil er die Verletzung irgendeiner Person etwa beim Eintreten der Türen in Betracht ziehen mußte. Eine Verwechslung des Tatopfers (error in persona) wäre schon nach allgemeinen Grundsätzen unerheblich. Ausreichend für den Fahrlässigkeitsvorwurf ist daher, dass bei dem Vorgehen des Bekl. für diesen vorhersehbar eine Person zu Schaden kommen konnte. Insoweit spielt es keine Rolle, ob und welche Person auf welche Weise verletzt wurde.
5. Das angegriffene Urteil hat nach den obigen Ausführungen – entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung – auch nicht deshalb Bestand (§ 563 ZPO a.F.), weil die Mitverursachung durch den Kl. als so erheblich zu werten (§ 254 I BGB) wäre, dass der Verschuldensbeitrag des Bekl. da-hinter völlig zurücktreten würde. Das BerGer. wird vielmehr unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtsgrundsätze die beiderseitigen Verursa-chungsbeiträge und ein eventuelles Mitverschulden des Kl. neu zu gewichten haben (vgl. BGHZ 132, 164, 172 ff.; OLG Köln NJW 1982, 2260, 2261).
Der Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er haftet wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
Wer im Zustand der Bewusstlosigkeit oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit einem anderen Schaden zufügt, ist für den Schaden nicht verantwortlich. Hat er sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt, so ist er für einen Schaden, den er in diesem Zustand widerrechtlich verursacht, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele; die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er ohne Verschulden in den Zustand geraten ist.
(1) Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich.
(2) Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat.
(3) Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).
(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.
(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.
(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.
(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.
(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.
(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange
- 1.
die Eltern getrennt leben oder - 2.
eine Ehesache oder eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne von § 269 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwischen ihnen anhängig ist.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.
(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.
(2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.
(3) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet.
Die Ehegatten haben bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen einander nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen.