BGH: Mietzahlungspflicht trotz coronabedingter Absage einer Hochzeitsfeier
Wird eine Hochzeitfsfeier aufgrund von hoheitlichen Maßnahmen, im Zuge der Corona-Pandemie abgesagt, begründet das regelmäßig keine Unmöglichkeit und keinen Mangel der Mietsache. Die Frage, ob der Mieter sein Geld zurückverlangen kann, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Im vorliegenden Fall müssen die Kläger, den vollständigen Mietzins für die geplante Hochzeitsfeier an den Vermieter zahlen (BGH Urt. v. 02.03.2022, Az.: XII ZR36/21).
Dirk Streifler - Streifler&Kollgen - Rechtsanwälte Berlin
Vorliegend streitgegenständlich ist die Rückzahlung eines bereits gezahlten Mietzinses für eine Hochzeitsfeier, die aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnte.
Paar begehrt Rückzahlung der bereits gezahlten Miete
Die Kläger, ein Paar, wollten ihre Hochzeit mit ca. 70 Personen feiern. Den Mietzins iHv. 2.600 Euro für die Räumlichkeiten, die sie zu diesem Zweck angemietet haben, hat das Paar im Voraus, vollständig, an den Vermieter gezahlt. Letztendlich konnten die Kläger die gemieteten Räumlichkeiten am geplanten Termin am 01.05.2020, nicht nutzen. Grund war die herrschende Corona-Pandemie und die damit zusammenhängenden Coronaschutzmaßnahmen, welche Veranstaltungen sowie Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen untersagten. Die angebotene Möglichkeit des Vermieters, den Termin zu verlegen, lehnten die Kläger ab.
LG Essen verpflichtet Vermieter zur Zahlung von 50% der Miete
Nachdem das Amtsgericht Gelsenkirchen, die auf die Rückzahlung des vollen Mietzinses gerichtete Klage abgewiesen hat, änderte das Landgericht Essen das Urteil ab und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 1.300 Euro nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage.
Die zugelassene Revision ermöglichte den Bundesgerichtshof sich mit diesem Fall auseinanderzusetzen. Das ist die Meinung des höchsten Gerichts hinsichtlich einer etwaigen Mietminderung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie:
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs liege weder ein Mangel der Mietsache gem. § 536 Abs. 1 BGB noch ein Fall der Unmöglichkeit vor.
So war die Vermieterin trotz der geltenden Coronaverordnung in der Lage gewesen, den Mietern, den Gebrauch der Mietsache, entsprechend den vereinbarten Mietzweck zu gewähren. Eine Minderung der Miete kommt indes nicht in Betracht, da die Coronaschutzverordnung weder die Nutzung noch die tatsächliche oder rechtliche Mietraumüberlassung verboten hatte. Die Räumlichkeiten standen mithin weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung.
Hoheitliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie, welche auf die Schließung von Geschäften gerichtet sind, begründen damit keinen Mangel der Mietsache iSv. § 536 Abs. 1 BGB. Das entschied der Bundesgerichtshof bereits am Anfang dieses Jahres mit Urteil vom 12.02.2022 (Az.: XII ZR 8/21). In dem vorliegenden Fall gilt das Gleiche. Veranstaltungen, die aufgrund von hoheitlichen Maßnahmen nicht wie geplant stattfinden können, führen nicht zu einem Mangel an dem Mietobjekt, in den sie stattfinden sollten.
Umstände des Einzelfalles entscheidend
Die begehrte Minderung der gezahlten Miete richtet sich nach vielmehr nach § 313 BGB und den Grundsätzen zur Störung der Geschäftsgrundlage. Dieser Anspruch der Kläger ist zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs möglich, im vorliegenden Fall jedoch nicht einschlägig. Das Gericht betont, dass die die Anwendung dieser Grundsätze nur in Ausnahmefällen zu einer vollständigen Beseitigung der Vertragsverhältnisse führe. Da die am 01.05.2020 geplante Hochzeitsfeier nicht im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der standesamtlichen Trauung des Paares stand, wäre ihnen zumutbar gewesen, einen anderen Termin für die Hochzeitsfeier zu wählen. So die Richter des Bundesgerichtshofs, die das Urteil des Landgerichts Essen aufhoben. Das Paar muss nun den vollständige Mietzins iHv. 2.600 Euro begleichen.
Keine einheitliche Lösungen in Coronafällen
Das Urteil zeigt, dass es keine „Einheitslösung“ im Zusammenhang mit Coronafällen, wie den eben beschriebenen, gibt. Entscheidend sind immer die Umstände des Einzelfalles. Es kann mithin nicht ausgeschlossen werden, dass die Richter anders entschieden hätten, wenn das Datum der Trauung und das Datum der Hochzeitsfeier übereinstimmten. Denn in diesem Fall, könnte dem Datum der Hochzeitsfeier eine größere Bedeutung zugewiesen werden und es wäre dem Paar uU. nicht zumutbar gewesen an einem anderen Tag zu feiern. Die Kläger hatten außerdem die Möglichkeit Gründe vorzutragen, warum die Hochzeitsfeier ausschließich am 01.05.2020 stattfinden sollte und ein anderer Tag für sie nicht in Frage kommt. Das hat das Paar versäumt, so dass das Gericht keinen Anlass zur Vertragsanpassung gesehen hat.
Haben Sie noch Fragen zum Thema "Corona", "Mietzahlung trotz Corona-Auflagen" oder "Störung der Geschäftsgrundlage"? Dann nehmen Sie Kontakt zu Streifler&Kollegen auf und lassen Sie sich fachkundig beraten.
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(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.