Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 05. Mai 2011 - 2 S 2591/10

published on 05/05/2011 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 05. Mai 2011 - 2 S 2591/10
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Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 8. Juni 2010 - 11 K 1674/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen.
Die Kläger sind Eigentümer des gewerblich genutzten Grundstücks Flst. Nr. ... auf der Gemarkung der Beklagten, das nach Südosten an die ...-...-...-... grenzt. Die Beklagte ließ auf der Grundlage einer Planung zur Erschließung des auf der gegenüberliegenden Seite der Straße befindlichen Konversionsgeländes „Am Froschbächle“ aus dem Jahre 2000 den nördlichen Teil der ...-...-... - einschließlich zweier von der Straße abzweigender Stichstraßen, die ebenfalls an das Grundstück der Kläger angrenzen und Gegenstand eigenständiger, hier nicht angegriffener Beitragsbescheide sind - als Erschließungsanlage herstellen. Die Schlussrechnung für die Herstellung der Erschließungsanlagen ging bei der Beklagten im Jahre 2003 ein.
Mit Bescheid vom 19.11.2007 zog die Beklagte die Kläger für ihr Grundstück zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 43.881,39 EUR für die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsanlage ...-...-... ... heran. Nach Abzug der bereits geleisteten Vorauszahlung von 8.610,90 EUR verblieb danach eine Restschuld von 35.270,49 EUR. Dagegen erhoben die Kläger am 03.12.2007 Widerspruch.
Mit Schreiben vom 23.06.2008 teilte die Beklagte den Klägern unter Bezugnahme auf ihren Widerspruch mit, sie habe eine Neuberechnung des Erschließungsbeitrags vorgenommen; im Bescheid heißt es weiter wörtlich: „Wir nehmen deshalb hiermit unsere Beitragsbescheide vom 09.11.2007 zurück und überlassen ihnen beiliegend drei neue Bescheide unter Berücksichtigung des Eckgrundstücksfaktors von jeweils 25 %. Ihr Widerspruch vom 03.12.2007 ist damit erledigt“. Ebenfalls unter dem 23.06.2008 erließ die Beklagte für die ...-...-... ... und die beiden Stichstraßen neue Beitragsbescheide. Der Erschließungsbeitrag für die hier streitgegenständliche Anlage beträgt danach 34.523,56 EUR und die von den Klägern im Hinblick auf die Vorausleistung zu zahlende Restschuld 25.912,66 EUR. Das Schreiben der Beklagten vom 23.06.2008 und der Beitragsbescheid vom gleichen Tag wurden den Klägern jeweils in einem Briefumschlag übersandt.
Den von den Klägern gegen den Erschließungsbeitragsbescheid vom 23.06.2008 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 als unbegründet zurück.
Am 22.07.2009 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, die Erschließungsanlage sei nach 1960 und damit unter Geltung des Bundesbaugesetzes erstmalig endgültig hergestellt worden und deshalb nicht mehr abrechnungsfähig.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat wie folgt erwidert: Zwar hätten im Jahre 1969 im streitgegenständlichen Straßenbereich schon Ausbaumaßnahmen stattgefunden. Diese könnten jedoch nicht als endgültige Herstellung angesehen werden. In der Straße habe sich keine Kanalisation befunden, auch habe es weder einen Gehweg noch Straßenbeleuchtung oder Straßenentwässerung gegeben. Die Straße habe auch weder von der Breite noch der Tragfähigkeit her dem Standard einer Erschließungsstraße in einem Gewerbegebiet entsprochen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 08.06.2010 abgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Die streitgegenständliche Beitragsschuld sei nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beginne mit dem Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die sachliche Erschließungsbeitragspflicht entstanden sei. Diese entstehe wiederum mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei die endgültige Herstellung einer Erschließungsanlage grundsätzlich in dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem die letzte Unternehmerrechnung für die Herstellungsmaßnahmen eingehe. Danach habe die vierjährige Verjährungsfrist (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO) mit dem Ablauf des Kalenderjahres 2003 zu laufen begonnen. Die Verjährungsfrist habe gleichwohl noch nicht mit dem Ablauf des Jahres 2007 geendet, weil bereits am 19.11.2007 ein Erschließungsbeitragsbescheid gegenüber den Klägern ergangen sei und ihr Widerspruch gegen diesen Bescheid zu einer Ablaufhemmung geführt habe. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG i.V.m.  § 171 Abs. 3 a Satz 1 AO laufe die Festsetzungsfrist im Falle der Anfechtung des Beitragsbescheids mit Widerspruch oder Klage so lange noch nicht ab, wie über die Rechtsbehelfe nicht unanfechtbar entschieden sei. Mit dem Schreiben vom 23.06.2008, in dem die Rücknahme des Beitragsbescheids vom 19.11.2007 erklärt und mit dem zugleich der neue Bescheid übermittelt worden sei, sei ein das Widerspruchsverfahren erledigendes Ereignis herbeigeführt worden. Bei Erlass des neuen Bescheids vom 23.06.2008 sei unter diesen Umständen über den Widerspruch gegen den ursprünglichen Bescheid vom 19.11.2007 noch nicht unanfechtbar entschieden gewesen. Denn die gleichzeitig mit dem Erlass des Beitragsbescheids vom 23.06.2008 erklärte Rücknahme könne nicht als Rücknahme mit Rückwirkung verstanden werden. Das Schreiben vom 23.06.2008 in Verbindung mit dem neuen Bescheid sei vielmehr einer reinen Abänderung des alten Bescheids nahegekommen oder könne sogar als eine Abänderung ohne Rücknahme im rechtstechnischen Sinne verstanden werden.
Die abgerechnete Baumaßnahme stelle auch die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage ...-...-... ... dar. Die früheren Baumaßnahmen - insbesondere auch die des Jahres 1969 - könnten nicht als endgültige Herstellung angesehen werden, weil im hier streitigen nördlichen Teil der Straße jedenfalls eine Straßenentwässerung nicht vorhanden gewesen sei.
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Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 11.11.2010 zugelassenen Berufung machen die Kläger geltend: Der Beitragsanspruch der Beklagten sei verjährt. Zwar sei der ursprüngliche Erschließungsbeitragsbescheid vom 19.11.2007 noch innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist erlassen worden. Die Beklagte habe den Bescheid aber unter dem 23.06.2008 wieder aufgehoben. Das Widerspruchsverfahren sei damit beendet gewesen. Der Erlass des hier streitgegenständlichen Zweitbescheids vom 23.06.2008 sei danach erst erfolgt, als der Anspruch bereits verjährt gewesen sei. Die Behörde habe hier einen Fehler gemacht, indem sie den ursprünglichen Verwaltungsakt zurückgenommen habe, anstatt eine Abhilfeentscheidung zu treffen und den Erschließungsbeitrag im Rahmen dieser Abhilfeentscheidung zu reduzieren.
11 
Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht auch das Merkmal der endgültigen Herstellung beim Ausbau im Jahre 1969 im Hinblick auf die fehlende Straßenentwässerung verneint. Das Froschbächle habe sowohl der Entwässerung der damaligen französischen Kasernen an der ...-...-... als auch der Entwässerung der Straße gedient.
12 
Die Kläger beantragen,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 8. Juni 2010    - 11 K 1674/09 - zu ändern und den Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 23.06.2008 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie trägt im Wesentlichen vor: Verjährung sei nicht eingetreten. Die Aufhebung und der Neuerlass des Erschließungsbeitragsbescheids am 23.06.2008 datierten nicht nur vom selben Tag, sondern seien den Klägern auch jeweils zusammen in einem Briefumschlag übersandt worden. Dementsprechend sei das Verwaltungsverfahren nicht beendet gewesen, weshalb die Verjährungsfrist weiterhin gehemmt sei.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Akten sowie die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage gegen den Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 23.06.2008 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 zu Recht abgewiesen. Denn diese Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
1. Im vorliegenden Fall finden noch die Vorschriften des Baugesetzbuches - und nicht die §§ 33 ff. KAG - Anwendung, weil die Beitragsschuld für das hier zu beurteilende Grundstück vor dem 01.10.2005 entstanden ist und der Erschließungsbeitrag - wie ausgeführt wird - noch erhoben werden kann (vgl. § 49 Abs. 7 KAG). Rechtsgrundlage des angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheids sind deshalb die §§ 127 ff. BauGB in Verbindung mit der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 06.10.1999. Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit dieser Satzung drängen sich dem Senat nicht auf, auch die Kläger haben insoweit keine Einwendungen erhoben.
20 
Ohne Erfolg berufen sich die Kläger darauf, dass die hier zu beurteilende Anbaustraße bereits auf Grundlage des im Jahre 1969 vorgenommenen Ausbaus erschließungsbeitragsrechtlich erstmalig endgültig hergestellt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 10.10.1995 - 8 C 13.94 - DVBl. 1996, 379) ist eine Anbaustraße erstmalig endgültig hergestellt, wenn sie (von der Berechenbarkeit des Aufwands abgesehen) erstmals die nach dem satzungsmäßigen Teileinrichtungsprogramm und nach dem (formlosen) Bauprogramm erforderlichen Teileinrichtungen aufweist und wenn diese dem satzungsmäßigen technischen Ausbauprogramm entsprechen. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass der von der Beklagten zugestandene Ausbau der Straße nicht zu deren endgültiger Herstellung geführt habe, da zum einen die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 14.06.1961 in ihrem § 7 Abs. 1 als Merkmal der endgültigen Herstellung u.a. eine Straßenentwässerung vorgesehen und zum anderen die in der Satzung vorgesehene Straßenentwässerung in der Erschließungsanlage ...-...-... ... (bis zum hier zu beurteilenden Ausbau im Jahre 2002) gefehlt habe. Diese Ausführungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.
21 
Die Kläger berufen sich in diesem Zusammenhang darauf, dass die ...-...-... im Rahmen des Ausbaus im Jahre 1969 mit einer gewissen Neigung in östlicher Richtung hergestellt worden sei, damit das auf der Straße anfallende Wasser in den daneben liegenden Froschgraben „natürlich“ hätte abfließen können. Ob die Straße tatsächlich mit einem Gefälle ausgebaut wurde, lässt sich den dem Senat vorliegenden Lichtbildern nicht mit Sicherheit entnehmen; die Frage bedarf aber jedenfalls deshalb keiner endgültigen Beantwortung, weil ein solches Straßengefälle nicht geeignet ist, das Vorhandensein der Teileinrichtung Entwässerung zu begründen. Für eine ordnungsgemäße Straßenentwässerung i.S. der Satzung der Beklagten genügt es nicht, wenn die Erschließungsanlage keine eigenen oder nur unzureichende Entwässerungseinrichtungen aufweist, so dass das anfallende Straßenoberflächenwasser dem Gefälle folgend in das freie Gelände abfließt bzw. in einen Entwässerungsgraben gelangt (so bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.05.1982 - 2 S 1254/81 - VBlBW 1983, 274; OVG NRW, Urteil vom 12.02.1998 - 3 A 176/93 - Juris; vgl. auch Reif, Arbeitsmappe Erschließungsbeitrag nach dem BauGB, Rn. 4.7.3.1.3).
22 
2. Die Beitragsforderung der Beklagten ist hiervon ausgehend nicht verjährt. Die Forderungsverjährung, d.h. die Verjährung des Anspruchs der Beklagten auf Geltendmachung des streitgegenständlichen Erschließungsbeitrags für das gewerblich genutzte Grundstück Flst. Nr. ... der Kläger tritt gemäß den über § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG entsprechend anwendbaren Vorschriften der §§ 169 Abs. 2, 170 Abs. 1 AO nach Ablauf von vier Jahren seit Ende des Kalenderjahres ein, in dem die Beitragsforderung entstanden ist. Die Frist begann unstreitig mit dem Ablauf des Kalenderjahres 2003 zu laufen und wäre deshalb bei normalem Verlauf am 31.12.2007 abgelaufen gewesen. Der Ablauf dieser Frist ist jedoch gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG i.V.m. § 171 Abs. 3 a Satz 1 AO bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens gehemmt.
23 
Wird ein Beitragsbescheid mit einem Widerspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Anfechtungsantrag unanfechtbar entscheiden worden, d.h. der Widerspruchsbescheid bestandskräftig geworden ist (§ 171 Abs. 3 a Satz 1 1. Hs. AO). Der den Ablauf der Festsetzungsfrist hemmende Bescheid muss allerdings nicht nur rechtzeitig ergangen sein, d.h. er muss gemäß § 169 Abs. 1 Satz 3 AO (spätestens) vor Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich der zuständigen Behörde verlassen haben. Darüber hinaus muss der Bescheid wirksam werden und bis zur Fristwahrung auch wirksam bleiben. Wird er (vorher) mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben, kann er nicht mehr auf die Festsetzungsverjährung einwirken. Der Erlass eines neuen Bescheids ist von diesem Zeitpunkt an ausgeschlossen. Ihm steht die Verjährung aber dann nicht entgegen, wenn gleichzeitig mit dem Erlass die Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft erfolgt. Hebt also die Behörde während eines Widerspruchs- oder eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens den angefochtenen Bescheid - unter gleichzeitigem Erlass eines neuen Bescheids wegen des betreffenden Anspruchs - mit Wirkung für die Zukunft auf, so steht dem ein etwaiger Ablauf der regulären Festsetzungsfrist nicht entgegen. Denn der neue Bescheid ist noch innerhalb der nach § 171 Abs. 3 a Satz 1 AO gehemmten Festsetzungsfrist ergangen (so im Ergebnis zutreffend Rüsken in: Klein, Abgabenordnung, 10. Aufl., RdNr. 33 a; a.A. wohl BFH, Beschluss vom 10.05.2002 - VII B 244/01 - BFH/NV 2002, 1125).
24 
Danach hat der vor Ablauf der Festsetzungsfrist erlassene ursprüngliche Beitragsbescheid der Beklagten vom 19.11.2007 und der (nahtlos) daran anknüpfende Beitragsbescheid der Beklagten vom 23.06.2008 zur Ablaufhemmung geführt. Im Einzelnen:
25 
a) Der Senat hat zunächst erwogen, das Schreiben der Beklagten vom 23.06.2008, mit dem unter anderem die ursprüngliche Beitragserhebung vom 19.11.2007 in Höhe von 43.881,39 EUR zurückgenommen wurde, und die Neufestsetzung des Beitrags vom gleichen Tag in Höhe von 34.523,56 EUR als bloße Abänderung des ursprünglichen Beitragsbescheids und damit als im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erfolgte Teilabhilfe zu bewerten. Bei einer solchen Reduzierung des - innerhalb der Festsetzungsfrist ergangenen - ursprünglichen Beitragsbescheids wäre dieser weiterhin wirksam und würde  - unproblematisch - den Ablauf der Verjährungsfrist hemmen. Eine entsprechende Auslegung der behördlichen Schreiben vom 23.06.2008 als Teilabhilfe ist hier jedoch nicht möglich.
26 
Abhilfe ist die (teilweise) Aufhebung des Verwaltungsakts als Antwort auf den Widerspruch. Rücknahme eines Verwaltungsakts erfolgt hingegen außerhalb des Vorverfahrens, führt aber zu dessen Erledigung. Vor diesem Hintergrund steht der Behörde nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28.04.2009 - 2 A 8.08 - NJW 2009, 2968) ein Wahlrecht zu. Dieses Wahlrecht hat die Beklagte ohne jeden vernünftigen Zweifel dahingehend ausgeübt, dass sie den ursprünglichen Beitragsbescheid zurückgenommen und einen neuen Bescheid über einen verminderten Erschließungsbeitrag erlassen hat. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des Schreibens vom 23.06.2008 und zum anderen aus der Gestaltung des Beitragsbescheids vom gleichen Tag; dieser Bescheid knüpft mit keinem Wort an den ursprünglichen Erschließungsbeitragsbescheid an, vielmehr entspricht er in vollem Umfang einem Bescheid, mit dem erstmals für das betreffende Grundstück der Erschließungsbeitrag festgesetzt wird.
27 
b) Hat die Beklagte danach den ursprünglichen Erschließungsbeitragsbescheid vom 19.11.2007 in vollem Umfang zurückgenommen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i.V.m. § 130 AO), kommt es entscheidend darauf an, ob die Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit oder die Zukunft erfolgt ist. Nach § 130 Abs. 1 AO kann der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit (ex tunc-Wirkung) oder die Zukunft (ex-nunc-Wirkung) zurückgenommen werden. Damit stellt die Vorschrift die Bestimmung der Rücknahme in zeitlicher Hinsicht in das Ermessen der Behörde. Denkbar ist auch eine Kombination dahingehend, dass Teile eines Bescheids mit Rückwirkung und Teile nur für die Zukunft aufgehoben werden. Eine solche Konstellation ist hier gegeben.
28 
Die Beklagte hat auf Grundlage ihres Schreibens vom 23.06.2008 der  Sache nach den festgesetzten Erschließungsbeitrag - im Hinblick auf eine Eckgrundstücksermäßigung einer nach ihrer Ansicht zusätzlich zu berücksichtigenden Erschließungsanlage - reduziert. Der ursprüngliche Erschließungsbeitrag betrug 43.881,39 EUR, im neuen Bescheid vom 23.06.2008 wurden 34.523,56 EUR und damit ein um 9.357,83 EUR reduzierter Beitrag festgesetzt. Bezüglich dieser Summe hat die Beklagte den ursprünglichen Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, weil sie bei der ursprünglichen Beitragsfestsetzung nach ihrer Auffassung von einem unvollständigen Sachverhalt ausgegangen war und deshalb die entsprechende (erhöhte) Beitragsfestsetzung von Anfang an rechtswidrig war. Soweit die Beklagte darüber hinaus im Schreiben vom 23.06.2008 den ursprünglichen Beitragsbescheid auch hinsichtlich der Beitragsforderung in Höhe von 34.523,56 EUR aufgehoben und unter gleichem Datum den Beitrag neu auf diesen Betrag festgesetzt hat, erfolgte die Rücknahme dagegen nur mit Wirkung für die Zukunft. Da die Rücknahme und die Neufestsetzung den Klägern - in einem Briefumschlag - gleichzeitig bekannt gemacht wurden, besteht die Wirkung der Ablaufhemmung durchgängig unverändert fort, d.h. die Festsetzungsfrist ist bislang nicht abgelaufen.
29 
aa) Maßgebend hierfür sind die folgenden Überlegungen: Bei der Auslegung der Erklärungen vom 23.06.2008 kommt es nicht darauf an, was die Behörde mit ihnen gewollt hat oder wie ein außenstehender Dritter den materiellen Gehalt der Erklärungen verstehen würde. Die Erklärungen sind vielmehr - wie allgemein im Rechtsverkehr bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen - bei entsprechender Anwendung des § 133 BGB nach dem objektiven Verständnishorizont des Empfängers auszulegen. Entscheidend ist damit, wie der Inhaltsadressat selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung (hier: der Bescheide) unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.04.2010 - 2 S 2312/09 - juris sowie BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 - 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301; BGH, Urteil vom 09.02.2006 - IX ZR 141/04 - NJW-RR 2006, 1096; BFH, Urteil vom 27.11.1996 - IX R 20/95 - BFHE 183, 348). Maßgebender Zeitpunkt ist der Zugang des Bescheids (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.04.2010, aaO).
30 
bb) Die Kläger konnten unter Anlegung dieses Maßstabs nicht davon ausgehen, dass die Aufhebung des gesamten Beitragsbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgt und deshalb Verjährung der Beitragsforderung eingetreten ist. Zwar lässt sich dem Wortlaut der behördlichen Erklärungen vom 23.06.2008 insoweit keine eindeutige Aussage entnehmen. Darin hat die Beklagte lediglich die Rücknahme ausgesprochen, ohne dies in zeitlicher Hinsicht näher zu erläutern. Der Grundsatz der interessengerechten Auslegung spricht jedoch ganz entscheidend für eine teilweise Rücknahme der ursprünglichen Beitragsfestsetzung mit Wirkung für die Zukunft. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsregeln gehört der Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. beispielsweise BGH, Urteil vom 29.03.2000 - II X ZR 297/98 - WM 2000, 1290). Im Zweifel ist deshalb gewollt, was vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urteil vom 12.07.2001 - IX ZR 358/00 - NJW 2001, 3327). Nur auf der Grundlage der getroffenen Auslegung hat der von der Beklagten unter dem 23.06.2008 neu erlassene Beitragsbescheid überhaupt einen rechtserheblichen Inhalt. Denn bei einer Rücknahme des ursprünglichen Beitragsbescheids vom 19.11.2007 mit Wirkung für die Vergangenheit in vollem Umfang wäre dieser unanfechtbar i.S.d. § 171 Abs. 3 a Satz 1 AO geworden. Damit hätte dieser mit seiner vollständigen Aufhebung seine Wirksamkeit und damit auch seine Eignung als verjährungshemmende Maßnahme verloren. Bei Erlass des neuen Beitragsbescheids am 23.06.2008 wäre die in ihrem Ablauf als nicht gehemmt anzusehende Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, so dass der Bescheid von vornherein rechtswidrig gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund ist bei mehreren an sich möglichen Auslegungen derjenigen der Vorzug zu geben, bei welcher der behördlichen Erklärung bzw. dem behördlichen Bescheid eine rechtliche Bedeutung zukommt, wenn diese(r) sich ansonsten als sinnlos erweisen würde (vgl. zur Auslegung von Willenserklärungen: BGH, Urteil vom 07.03.2005 - II ZR 194/03 - NJW 2005, 2619).
31 
In diesem Sinne mussten auch die Kläger die behördliche Erklärungen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen. Weder nach der Vorgeschichte noch den Begleitumständen bei der Bekanntgabe der behördlichen Erklärungen vom 23.06.2008 konnten die Kläger davon ausgehen, sie würden wegen der Beitragsschuld überhaupt nicht mehr in Anspruch genommen werden. Das Rücknahmeschreiben und der neue Beitragsbescheid datierten vom gleichen Tag und wurden den Klägern im gleichen Briefumschlag bekannt gemacht. Bei einer Gesamtschau der behördlichen Erklärungen stand im Zeitpunkt des Zugangs außer Frage, dass die Beklagte im Hinblick auf den Widerspruch der Kläger die Festsetzung des Erschließungsbeitrags nicht vollständig aufheben, sondern den Beitrag lediglich reduzieren wollte. Dementsprechend konnten auch die Kläger nicht von der rechtlichen Sinnlosigkeit der behördlichen Erklärungen ausgehen.
32 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
33 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
34 
Beschluss vom 5. Mai 2011
35 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 34.523,56 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
36 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
18 
Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage gegen den Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 23.06.2008 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 zu Recht abgewiesen. Denn diese Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
1. Im vorliegenden Fall finden noch die Vorschriften des Baugesetzbuches - und nicht die §§ 33 ff. KAG - Anwendung, weil die Beitragsschuld für das hier zu beurteilende Grundstück vor dem 01.10.2005 entstanden ist und der Erschließungsbeitrag - wie ausgeführt wird - noch erhoben werden kann (vgl. § 49 Abs. 7 KAG). Rechtsgrundlage des angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheids sind deshalb die §§ 127 ff. BauGB in Verbindung mit der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 06.10.1999. Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit dieser Satzung drängen sich dem Senat nicht auf, auch die Kläger haben insoweit keine Einwendungen erhoben.
20 
Ohne Erfolg berufen sich die Kläger darauf, dass die hier zu beurteilende Anbaustraße bereits auf Grundlage des im Jahre 1969 vorgenommenen Ausbaus erschließungsbeitragsrechtlich erstmalig endgültig hergestellt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 10.10.1995 - 8 C 13.94 - DVBl. 1996, 379) ist eine Anbaustraße erstmalig endgültig hergestellt, wenn sie (von der Berechenbarkeit des Aufwands abgesehen) erstmals die nach dem satzungsmäßigen Teileinrichtungsprogramm und nach dem (formlosen) Bauprogramm erforderlichen Teileinrichtungen aufweist und wenn diese dem satzungsmäßigen technischen Ausbauprogramm entsprechen. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass der von der Beklagten zugestandene Ausbau der Straße nicht zu deren endgültiger Herstellung geführt habe, da zum einen die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 14.06.1961 in ihrem § 7 Abs. 1 als Merkmal der endgültigen Herstellung u.a. eine Straßenentwässerung vorgesehen und zum anderen die in der Satzung vorgesehene Straßenentwässerung in der Erschließungsanlage ...-...-... ... (bis zum hier zu beurteilenden Ausbau im Jahre 2002) gefehlt habe. Diese Ausführungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.
21 
Die Kläger berufen sich in diesem Zusammenhang darauf, dass die ...-...-... im Rahmen des Ausbaus im Jahre 1969 mit einer gewissen Neigung in östlicher Richtung hergestellt worden sei, damit das auf der Straße anfallende Wasser in den daneben liegenden Froschgraben „natürlich“ hätte abfließen können. Ob die Straße tatsächlich mit einem Gefälle ausgebaut wurde, lässt sich den dem Senat vorliegenden Lichtbildern nicht mit Sicherheit entnehmen; die Frage bedarf aber jedenfalls deshalb keiner endgültigen Beantwortung, weil ein solches Straßengefälle nicht geeignet ist, das Vorhandensein der Teileinrichtung Entwässerung zu begründen. Für eine ordnungsgemäße Straßenentwässerung i.S. der Satzung der Beklagten genügt es nicht, wenn die Erschließungsanlage keine eigenen oder nur unzureichende Entwässerungseinrichtungen aufweist, so dass das anfallende Straßenoberflächenwasser dem Gefälle folgend in das freie Gelände abfließt bzw. in einen Entwässerungsgraben gelangt (so bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.05.1982 - 2 S 1254/81 - VBlBW 1983, 274; OVG NRW, Urteil vom 12.02.1998 - 3 A 176/93 - Juris; vgl. auch Reif, Arbeitsmappe Erschließungsbeitrag nach dem BauGB, Rn. 4.7.3.1.3).
22 
2. Die Beitragsforderung der Beklagten ist hiervon ausgehend nicht verjährt. Die Forderungsverjährung, d.h. die Verjährung des Anspruchs der Beklagten auf Geltendmachung des streitgegenständlichen Erschließungsbeitrags für das gewerblich genutzte Grundstück Flst. Nr. ... der Kläger tritt gemäß den über § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG entsprechend anwendbaren Vorschriften der §§ 169 Abs. 2, 170 Abs. 1 AO nach Ablauf von vier Jahren seit Ende des Kalenderjahres ein, in dem die Beitragsforderung entstanden ist. Die Frist begann unstreitig mit dem Ablauf des Kalenderjahres 2003 zu laufen und wäre deshalb bei normalem Verlauf am 31.12.2007 abgelaufen gewesen. Der Ablauf dieser Frist ist jedoch gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG i.V.m. § 171 Abs. 3 a Satz 1 AO bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens gehemmt.
23 
Wird ein Beitragsbescheid mit einem Widerspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Anfechtungsantrag unanfechtbar entscheiden worden, d.h. der Widerspruchsbescheid bestandskräftig geworden ist (§ 171 Abs. 3 a Satz 1 1. Hs. AO). Der den Ablauf der Festsetzungsfrist hemmende Bescheid muss allerdings nicht nur rechtzeitig ergangen sein, d.h. er muss gemäß § 169 Abs. 1 Satz 3 AO (spätestens) vor Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich der zuständigen Behörde verlassen haben. Darüber hinaus muss der Bescheid wirksam werden und bis zur Fristwahrung auch wirksam bleiben. Wird er (vorher) mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben, kann er nicht mehr auf die Festsetzungsverjährung einwirken. Der Erlass eines neuen Bescheids ist von diesem Zeitpunkt an ausgeschlossen. Ihm steht die Verjährung aber dann nicht entgegen, wenn gleichzeitig mit dem Erlass die Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft erfolgt. Hebt also die Behörde während eines Widerspruchs- oder eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens den angefochtenen Bescheid - unter gleichzeitigem Erlass eines neuen Bescheids wegen des betreffenden Anspruchs - mit Wirkung für die Zukunft auf, so steht dem ein etwaiger Ablauf der regulären Festsetzungsfrist nicht entgegen. Denn der neue Bescheid ist noch innerhalb der nach § 171 Abs. 3 a Satz 1 AO gehemmten Festsetzungsfrist ergangen (so im Ergebnis zutreffend Rüsken in: Klein, Abgabenordnung, 10. Aufl., RdNr. 33 a; a.A. wohl BFH, Beschluss vom 10.05.2002 - VII B 244/01 - BFH/NV 2002, 1125).
24 
Danach hat der vor Ablauf der Festsetzungsfrist erlassene ursprüngliche Beitragsbescheid der Beklagten vom 19.11.2007 und der (nahtlos) daran anknüpfende Beitragsbescheid der Beklagten vom 23.06.2008 zur Ablaufhemmung geführt. Im Einzelnen:
25 
a) Der Senat hat zunächst erwogen, das Schreiben der Beklagten vom 23.06.2008, mit dem unter anderem die ursprüngliche Beitragserhebung vom 19.11.2007 in Höhe von 43.881,39 EUR zurückgenommen wurde, und die Neufestsetzung des Beitrags vom gleichen Tag in Höhe von 34.523,56 EUR als bloße Abänderung des ursprünglichen Beitragsbescheids und damit als im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erfolgte Teilabhilfe zu bewerten. Bei einer solchen Reduzierung des - innerhalb der Festsetzungsfrist ergangenen - ursprünglichen Beitragsbescheids wäre dieser weiterhin wirksam und würde  - unproblematisch - den Ablauf der Verjährungsfrist hemmen. Eine entsprechende Auslegung der behördlichen Schreiben vom 23.06.2008 als Teilabhilfe ist hier jedoch nicht möglich.
26 
Abhilfe ist die (teilweise) Aufhebung des Verwaltungsakts als Antwort auf den Widerspruch. Rücknahme eines Verwaltungsakts erfolgt hingegen außerhalb des Vorverfahrens, führt aber zu dessen Erledigung. Vor diesem Hintergrund steht der Behörde nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28.04.2009 - 2 A 8.08 - NJW 2009, 2968) ein Wahlrecht zu. Dieses Wahlrecht hat die Beklagte ohne jeden vernünftigen Zweifel dahingehend ausgeübt, dass sie den ursprünglichen Beitragsbescheid zurückgenommen und einen neuen Bescheid über einen verminderten Erschließungsbeitrag erlassen hat. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des Schreibens vom 23.06.2008 und zum anderen aus der Gestaltung des Beitragsbescheids vom gleichen Tag; dieser Bescheid knüpft mit keinem Wort an den ursprünglichen Erschließungsbeitragsbescheid an, vielmehr entspricht er in vollem Umfang einem Bescheid, mit dem erstmals für das betreffende Grundstück der Erschließungsbeitrag festgesetzt wird.
27 
b) Hat die Beklagte danach den ursprünglichen Erschließungsbeitragsbescheid vom 19.11.2007 in vollem Umfang zurückgenommen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i.V.m. § 130 AO), kommt es entscheidend darauf an, ob die Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit oder die Zukunft erfolgt ist. Nach § 130 Abs. 1 AO kann der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit (ex tunc-Wirkung) oder die Zukunft (ex-nunc-Wirkung) zurückgenommen werden. Damit stellt die Vorschrift die Bestimmung der Rücknahme in zeitlicher Hinsicht in das Ermessen der Behörde. Denkbar ist auch eine Kombination dahingehend, dass Teile eines Bescheids mit Rückwirkung und Teile nur für die Zukunft aufgehoben werden. Eine solche Konstellation ist hier gegeben.
28 
Die Beklagte hat auf Grundlage ihres Schreibens vom 23.06.2008 der  Sache nach den festgesetzten Erschließungsbeitrag - im Hinblick auf eine Eckgrundstücksermäßigung einer nach ihrer Ansicht zusätzlich zu berücksichtigenden Erschließungsanlage - reduziert. Der ursprüngliche Erschließungsbeitrag betrug 43.881,39 EUR, im neuen Bescheid vom 23.06.2008 wurden 34.523,56 EUR und damit ein um 9.357,83 EUR reduzierter Beitrag festgesetzt. Bezüglich dieser Summe hat die Beklagte den ursprünglichen Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, weil sie bei der ursprünglichen Beitragsfestsetzung nach ihrer Auffassung von einem unvollständigen Sachverhalt ausgegangen war und deshalb die entsprechende (erhöhte) Beitragsfestsetzung von Anfang an rechtswidrig war. Soweit die Beklagte darüber hinaus im Schreiben vom 23.06.2008 den ursprünglichen Beitragsbescheid auch hinsichtlich der Beitragsforderung in Höhe von 34.523,56 EUR aufgehoben und unter gleichem Datum den Beitrag neu auf diesen Betrag festgesetzt hat, erfolgte die Rücknahme dagegen nur mit Wirkung für die Zukunft. Da die Rücknahme und die Neufestsetzung den Klägern - in einem Briefumschlag - gleichzeitig bekannt gemacht wurden, besteht die Wirkung der Ablaufhemmung durchgängig unverändert fort, d.h. die Festsetzungsfrist ist bislang nicht abgelaufen.
29 
aa) Maßgebend hierfür sind die folgenden Überlegungen: Bei der Auslegung der Erklärungen vom 23.06.2008 kommt es nicht darauf an, was die Behörde mit ihnen gewollt hat oder wie ein außenstehender Dritter den materiellen Gehalt der Erklärungen verstehen würde. Die Erklärungen sind vielmehr - wie allgemein im Rechtsverkehr bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen - bei entsprechender Anwendung des § 133 BGB nach dem objektiven Verständnishorizont des Empfängers auszulegen. Entscheidend ist damit, wie der Inhaltsadressat selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung (hier: der Bescheide) unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.04.2010 - 2 S 2312/09 - juris sowie BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 - 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301; BGH, Urteil vom 09.02.2006 - IX ZR 141/04 - NJW-RR 2006, 1096; BFH, Urteil vom 27.11.1996 - IX R 20/95 - BFHE 183, 348). Maßgebender Zeitpunkt ist der Zugang des Bescheids (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.04.2010, aaO).
30 
bb) Die Kläger konnten unter Anlegung dieses Maßstabs nicht davon ausgehen, dass die Aufhebung des gesamten Beitragsbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgt und deshalb Verjährung der Beitragsforderung eingetreten ist. Zwar lässt sich dem Wortlaut der behördlichen Erklärungen vom 23.06.2008 insoweit keine eindeutige Aussage entnehmen. Darin hat die Beklagte lediglich die Rücknahme ausgesprochen, ohne dies in zeitlicher Hinsicht näher zu erläutern. Der Grundsatz der interessengerechten Auslegung spricht jedoch ganz entscheidend für eine teilweise Rücknahme der ursprünglichen Beitragsfestsetzung mit Wirkung für die Zukunft. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsregeln gehört der Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. beispielsweise BGH, Urteil vom 29.03.2000 - II X ZR 297/98 - WM 2000, 1290). Im Zweifel ist deshalb gewollt, was vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urteil vom 12.07.2001 - IX ZR 358/00 - NJW 2001, 3327). Nur auf der Grundlage der getroffenen Auslegung hat der von der Beklagten unter dem 23.06.2008 neu erlassene Beitragsbescheid überhaupt einen rechtserheblichen Inhalt. Denn bei einer Rücknahme des ursprünglichen Beitragsbescheids vom 19.11.2007 mit Wirkung für die Vergangenheit in vollem Umfang wäre dieser unanfechtbar i.S.d. § 171 Abs. 3 a Satz 1 AO geworden. Damit hätte dieser mit seiner vollständigen Aufhebung seine Wirksamkeit und damit auch seine Eignung als verjährungshemmende Maßnahme verloren. Bei Erlass des neuen Beitragsbescheids am 23.06.2008 wäre die in ihrem Ablauf als nicht gehemmt anzusehende Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, so dass der Bescheid von vornherein rechtswidrig gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund ist bei mehreren an sich möglichen Auslegungen derjenigen der Vorzug zu geben, bei welcher der behördlichen Erklärung bzw. dem behördlichen Bescheid eine rechtliche Bedeutung zukommt, wenn diese(r) sich ansonsten als sinnlos erweisen würde (vgl. zur Auslegung von Willenserklärungen: BGH, Urteil vom 07.03.2005 - II ZR 194/03 - NJW 2005, 2619).
31 
In diesem Sinne mussten auch die Kläger die behördliche Erklärungen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen. Weder nach der Vorgeschichte noch den Begleitumständen bei der Bekanntgabe der behördlichen Erklärungen vom 23.06.2008 konnten die Kläger davon ausgehen, sie würden wegen der Beitragsschuld überhaupt nicht mehr in Anspruch genommen werden. Das Rücknahmeschreiben und der neue Beitragsbescheid datierten vom gleichen Tag und wurden den Klägern im gleichen Briefumschlag bekannt gemacht. Bei einer Gesamtschau der behördlichen Erklärungen stand im Zeitpunkt des Zugangs außer Frage, dass die Beklagte im Hinblick auf den Widerspruch der Kläger die Festsetzung des Erschließungsbeitrags nicht vollständig aufheben, sondern den Beitrag lediglich reduzieren wollte. Dementsprechend konnten auch die Kläger nicht von der rechtlichen Sinnlosigkeit der behördlichen Erklärungen ausgehen.
32 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
33 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
34 
Beschluss vom 5. Mai 2011
35 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 34.523,56 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
36 
Der Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 12/07/2001 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 358/00 Verkündet am: 12. Juli 2001 Preuß, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB §§ 765, 7
published on 07/03/2005 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 194/03 Verkündet am: 7. März 2005 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
published on 28/04/2010 00:00

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. April 2009 - 5 K 2759/07 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtsz
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published on 29/02/2016 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
published on 29/02/2016 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
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Annotations

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn

1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.

(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.

(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn

1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.

(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.

(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.