Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Grundsteueränderungsbescheids der Beklagten für das Jahr 2013.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks C.---straße 0 in O. . Die Beklagte zog den Kläger zunächst für das genannte Grundstück unter Zugrundelegung eines Hebesatzes von 450 % zur Zahlung von Grundsteuer B in Höhe von 562,77 € für das Jahr 2013 heran.
4Die Beklagte verfügte bereits seit Jahren weder über einen genehmigten Haushalt noch über ein Haushaltssicherungskonzept und befand sich damit im sogenannten Nothaushalt. Aufgrund der haushaltsrechtlichen Situation der Beklagten stellte die Bezirksregierung L. gemäß §§ 10 Abs. 1, 3 Satz 2 des Gesetzes zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung im Rahmen des Stärkungspakts Stadtfinanzen (Stärkungspaktgesetz, im Folgenden: StärkPaktG) vom 8. Dezember 2011 (GV.NRW.2011 S. 662) mit Bescheid vom 21. Dezember 2011 fest, dass für die Beklagte die Teilnahme an der Konsolidierungshilfe verpflichtend sei, da sich aus den Daten des Haushaltsjahres 2010 eine Überschuldungssituation in der mittelfristigen Ergebnisplanung ab dem Jahr 2013 ergebe. Für das Jahr 2011 setzte sie die Konsolidierungshilfe auf 850.687,28 € fest.
5Zur Erfüllung ihrer im StärkPaktG normierten Verpflichtung, der Bezirksregierung bis zum 30. Juni 2012 einen Haushaltssanierungsplan zur Genehmigung vorzulegen, erarbeitete die Verwaltung der Beklagten in Zusammenarbeit mit der von ihr beauftragten Gemeindeprüfanstalt Nordrhein-Westfalen (GPA) einen Haushaltssanierungsplan, der als Konsolidierungsmaßnahme u.a. eine Erhöhung der Grundsteuer B für das Haushaltsjahr 2013 von 450 % auf 600 % vorsah.
6Nachdem der Rat der Beklagten den Plan zunächst abgelehnt und die Höchstgrenze der Kredite zur Liquiditätssicherung für das Jahr 2012 von 19.100.000,- € auf 22.500.000,- € heraufgesetzt hatte, beschloss er in seiner Ratssondersitzung vom 26. Juni 2012 den von der Verwaltung vorgelegten Haushaltssanierungsplan mit geringfügigen Änderungen, aber mit der vorgeschlagenen Erhöhung der Grundsteuer auf 600 %. Der beschlossene Haushaltssanierungsplan dokumentiert für das Haushaltsjahr 2016 als Sanierungsplanergebnis ein Defizit von 1.770.131,- €, der bis 2021 fortgeschriebene Ergebnis- und Sanierungsplan ein weiter ansteigendes Defizit auf 2.385.529,- €.
7Mit Schreiben vom 29. Juni 2012 legte die Bürgermeisterin den vom Rat am 26. Juni 2012 beschlossenen Haushaltssanierungsplan der Bezirksregierung L. mit der Bitte um Genehmigung vor. Die Gemeinde sei trotz drastischer Steuererhöhungen unter Ausschöpfung aller politisch durchsetzbaren Möglichkeiten nicht in der Lage den vom StärkPaktG geforderten Haushaltsausgleich im Jahr 2016 bzw. 2021 zu erreichen. Die beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen hätten bereits jetzt zur Folge, dass kommunale Selbstverwaltung nicht mehr möglich sei. Es seien grundlegende Veränderungen im Bereich der Gemeindefinanzierung und die Einhaltung des Konnexitätsprinzips erforderlich.
8Die Bezirksregierung L. , u.a. vertreten durch den zuständigen Dezernenten Herrn C1. , wies die Beklagte schriftlich und mündlich darauf hin, dass der beschlossene Haushaltssanierungsplan nicht genehmigungsfähig sei, da er nicht den vom StärkPaktG geforderten Haushaltsausgleich bis 2016 bzw. 2021 darstelle. Der daraufhin von der Verwaltung erarbeitete neue Entwurf eines Haushaltssanierungsplans, der den geforderten Haushaltsausgleich u.a. über eine Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer B (in 2013 auf 600 %, in 2016 auf 1200 %, in 2018 auf 1.250 % und in 2021 auf 1.300 %) rechnerisch darstellte, wurde dem Rat nicht zur Beschlussfassung vorgelegt, da dieser bereits im Vorfeld seine Ablehnung signalisiert hatte.
9In der Ratssitzung vom 11. Dezember 2012 legte die Verwaltung dem Rat die auf der Beschlussfassung der Ratssondersitzung vom 26. Juni 2012 beruhenden Hebesatzsatzungen für die Grund- und Gewerbesteuer, die Hundesteuersatzung sowie die von der Verwaltung mit dem Ziel eines weiteren Konsolidierungsbeitrags überarbeitete Zweitwohnungs- und Vergnügungssteuersatzung zur Beschlussfassung vor. Sämtliche Satzungsentwürfe wurden vom Rat abgelehnt.
10Mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 wandte sich die Bürgermeisterin daraufhin an die Kommunalaufsicht und bat um die Bestellung eines Beauftragten für die Kommune. Da der Rat alle notwendigen Beschlüsse zur Umsetzung des beschlossenen Haushaltssanierungsplans abgelehnt habe, sehe sie keine andere Möglichkeit, weiteren Schaden von der Kommune abzuwenden.
11Im Hinblick auf die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Beklagten, die beispielsweise der Gemeindeprüfanstalt keinen Zugriff auf alle notwendigen Basisdaten gewährt hatte, schlug die Bezirksregierung L. vor, mit der Beklagten zunächst eine Vereinbarung über den Einsatz eines externen, vom Land finanzierten Gutachters abzuschließen, dem Zugang zu allen Daten zu gewähren sei; die Bestellung eines Beauftragten könne so noch aufgeschoben werden und die Kommune behielte noch ihre Handlungsmöglichkeiten.
12Nachdem der Rat auch diese Vereinbarung mit Beschluss vom 22. Januar 2013 abgelehnt hatte, setzte die Bezirksregierung L. der Beklagten mit Verfügung vom 5. März 2013 gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 StärkPaktG eine Frist bis zum 10. April 2013 zur Beschlussfassung eines genehmigungsfähigen Haushaltssanierungsplans 2012 und kündigte für den Fall der Nichteinhaltung der Frist die Bestellung eines Beauftragten nach § 124 GO NRW an. Die Verwaltung erarbeitete daraufhin in enger Abstimmung mit der Bezirksregierung L. einen Haushaltssanierungsplan, der Änderungen der Basisplanung sowie der Sanierungsmaßnahmen berücksichtigte und die danach verbleibende Deckungslücke durch eine Anhebung der Hebesätze der Grundsteuer B kompensierte (2013: 600 %, 2014: 725 %, 2015: 850 %, 2016: 940 %, 2017: 970 %, 2018 bis 2021: 990 %). Nach der Jahresergebnisplanung wäre so erstmals im Haushaltsjahr 2016 und von diesem Zeitpunkt an jährlich der Haushaltsausgleich erreicht worden.
13In seiner Ratssitzung vom 9. April 2013 lehnte der Rat der Beklagten auch diesen Haushaltssanierungsplan sowie die nochmals zur Beschlussfassung vorgelegten Hebesatzsatzungen für die Grund- und die Gewerbesteuer ab.
14Nach Mitteilung des Ergebnisses der Ratssitzung durch die Bürgermeisterin hörte das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW (im Folgenden: Innenministerium) mit Schreiben vom 16. April 2013, unter Fristsetzung bis zum 26. April 2013, die Beklagte zur beabsichtigten Bestellung eines Beauftragten an. Das Innenministerium führte aus, dass es nach § 8 Abs. 1 Satz 2 StärkPaktG verpflichtet sei, einen Beauftragten zu bestellen, nachdem der Rat seiner Verpflichtung, einen Haushaltssanierungsplan zu verabschieden, endgültig nicht nachgekommen sei. Der Beauftragte solle befristet bestellt werden und lediglich den Rat ersetzen, da die Verwaltung gezeigt habe, dass sie grundsätzlich bereit sei, ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Er solle die für eine Haushaltssanierung nach dem StärkPaktG erforderlichen Beschlüsse fassen und insoweit an die Stelle des Rates treten.
15In seiner Sitzung vom 23. April 2013 beriet der Rat über das Anhörungsschreiben und stellte in einem mehrheitlich angenommenen Beschluss u.a. fest: Die Bürgermeisterin habe ihre Unterrichtungspflichten gegenüber dem Rat nicht erfüllt. Der Rat sei weder über die Verfügung der Bezirksregierung L. vom 25. Oktober 2012 noch über mündliche bzw. schriftliche Hinweise vom 30. Oktober 2012 ausreichend informiert worden. Der Rat habe zwar die Unterzeichnung der Vereinbarung mit der Bezirksregierung über die Beauftragung eines Gutachters abgelehnt, gleichzeitig aber die Unterstützung des Gutachters zugesagt, falls dieser von der Bezirksregierung entsandt werde. Die Ablehnung des Haushaltssanierungsplans in der Sitzung vom 9. April 2013 sei erfolgt, weil die Beklagte nach den Vorgaben des StärkPaktG nicht sanierungsfähig sei und der von der Verwaltung vorgelegte Sanierungsplan Einsparungen und Mehreinnahmen ausweise, die unrealistisch seien. Die Verteilung der finanziellen Mittel des Landes an die Kommunen sei so geregelt, dass kleine Flächengemeinden mit geringen Gewerbesteuereinnahmen ausgehungert würden. Dies würde gebilligt, wenn der Rat dem Sanierungsplan zustimmte.
16Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 7. Mai 2013 bestellte das Innenministerium gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 StärkPaktG in Verbindung mit § 124 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) Herrn Oberregierungsrat C1. von der Bezirksregierung L. als Beauftragten für die Beklagte (Ziffer 1). Es wurden dem Beauftragten folgende Aufgaben des Rates der Beklagten übertragen, die er an dessen Stelle wahrzunehmen habe (Ziffer 2):
17a. Beschlussfassung über den Haushaltssanierungsplan 2012 und 2013 gemäß § 6 StärkPaktG.
18b. Beschlussfassung über den Entwurf der Haushaltssatzung 2013 mit ihren Anlagen.
19c. Beschlussfassung über die Festsetzung der Hebesätze der Gewerbesteuer und der Grundsteuern A und B rückwirkend zum 1. Januar 2013.
20d. Alle zu treffenden Entscheidungen gemäß § 41 Abs. 1 Buchstaben h), i) und p) GO NRW sowie alle zur Vorbereitung dieser Entscheidungen zu treffenden Beschlüsse, soweit diese notwendig sind, um die Beschlüsse 1. bis 3. fassen zu können.
21Die Bestellung des Beauftragten werde aufgehoben, sobald der Beauftragte die Beschlüsse 1. bis 3. gefasst habe und der Haushaltssanierungsplan von der Bezirksregierung genehmigt sei.
22Zur Begründung führte das Innenministerium im Wesentlichen aus: Der Rat sei trotz aller unterstützenden Angebote der Bezirksregierung seinen aus dem StärkPaktG folgenden Verpflichtungen nicht nachgekommen, so dass die Auszahlung der der Beklagten grundsätzlich zustehenden Konsolidierungshilfe nach § 5 Abs. 3 StärkPaktG zurückgestellt sei. Der Ratsbeschluss vom 23. April 2013 anlässlich des Anhörungsschreibens enthalte keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Sanierungsplan und lasse insbesondere nicht den Willen erkennen, sich künftig gesetzeskonform zu verhalten. Daher seien dem Beauftragten an Stelle des Rates die Aufgaben zuzuweisen, die Beschlüsse über die Haushaltssanierungspläne 2012 und 2013, über die Haushaltssatzung 2013 und über die Hebesatzsatzungen der Gewerbesteuern sowie der Grundsteuern A und B rückwirkend zum 1. Januar 2013 zu fassen. Die Übertragung der Satzungsbeschlüsse über die Hebesätze sei erforderlich und geboten, weil der Rat insoweit seine ablehnende Haltung eindeutig dokumentiert habe, die Erhöhung der Hebesätze aber eine zentrale, nicht anderweitig kompensierbare Sanierungsmaßnahme darstelle und insoweit ein Beschluss mit Wirkung für das Jahr 2013 gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 des Grundsteuergesetzes und § 16 Abs. 3 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes nur noch bis zum 30. Juni 2013 gefasst werden könne.
23Die Beklagte erhob gegen diesen Bescheid keine Klage.
24In seiner Sitzung vom 22. Mai 2013 beschloss der Beauftragte den Haushaltssanierungsplan 2012 sowie die Hebesatzsatzungen für die Grundsteuer A (Erhöhung auf 500 %), die Grundsteuer B (Erhöhung auf 600 %) und die Gewerbesteuer rückwirkend zum 1. Januar 2013.
25Mit Bekanntmachungsanordnung der Bürgermeisterin vom 23. Mai 2013 wurde die Satzung über die Festsetzung der Steuersätze für die Grundsteuern und die Gewerbesteuer in der Kommune im Haushaltsjahr 2013 (Hebesatzsatzung) im amtlichen Bekanntmachungsblatt S. S1. vom 31. Mai 2013 bekannt gemacht.
26Mit Bescheid vom 28. Mai 2013 genehmigte die Bezirksregierung L. den vom Beauftragten beschlossenen Haushaltssanierungsplan.
27Mit Änderungsbescheid "Grundbesitzabgaben 2013" vom 10. Juni 2012 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger auf der Grundlage der neuen, streitgegenständlichen Hebesatzsatzung und des darin festgelegten Hebesatzes von 600 % die Grundsteuer B für das Jahr 2013 in Höhe von insgesamt 750,36 € fest. Unter Berücksichtigung der bereits (bestandskräftig) erfolgten Festsetzung der Grundsteuer für das Jahr 2013 in Höhe von 562,77 € beträgt die Erhöhung 187,59 €.
28Der Kläger hat am 10. Juli 2013 Klage erhoben. Er trägt vor: Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende, vom Beauftragten beschlossene Hebesatzsatzung sei rechtswidrig und unwirksam. Der Satzungsbeschluss sei von einem unzuständigen Organ gefasst worden, da die Bestellung des Beauftragten wegen der Verletzung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstverwaltungsrechts der beklagten Kommune rechtswidrig sei. Hierauf könne sich der Bürger auch berufen, denn er sei durch die Ersetzung des von ihm gewählten, demokratisch legitimierten Rates in eigenen Rechten verletzt. Das als Rechtsgrundlage herangezogene Stärkungspaktgesetz könne den Eingriff nicht rechtfertigen, da es ebenfalls rechtswidrig sei. Es verletze das Selbstverwaltungsrecht, weil es von den pflichtig teilnehmenden Kommunen auch gegen den Willen des Rates den Nachweis eines Finanzausgleichs in einem definierten Zeitraum erzwinge. Dabei bleibe außer Acht, dass insbesondere ländliche Kommunen vom Land weder die verfassungsrechtlich gewährleistete finanzielle Mindestausstattung erhielten noch strukturell in der Lage seien, ausreichende Gewerbesteuereinnahmen zu erzielen. Da dies die eigentlichen Ursachen für die haushaltsrechtlichen Probleme der vom Stärkungspakt betroffenen Kommunen seien, sei das StärkPaktG ungeeignet, den erstrebten Haushaltsausgleich herbeizuführen. Es sei insbesondere unverhältnismäßig, weil es im Gegensatz zu den in der Gemeindeordnung vorgesehenen Aufsichtsmitteln ausschließlich das schärfste Eingriffsmittel, die Bestellung eines Beauftragten, vorsehe. Die Verfügung des Innenministeriums vom 7. Mai 2013, die den Beauftragten C1. einsetze, sei rechtswidrig. Der Umfang der Aufgabenübertragung auf den Beauftragten, der den gesamten Bereich der Haushaltswirtschaft und der finanziellen Angelegenheiten der Kommune betreffe, entziehe der Kommune das Selbstverwaltungsrecht im Kernbereich. Die Verfügung sei auch zu unbestimmt und unverhältnismäßig. Die Anhebung des Grundsteuerhebesatzes sei schließlich ungeeignet, um das Ziel des Haushaltsausgleichs zu erreichen. Die hohen Grundbesitzabgaben würden langfristig sogar dazu führen, dass sich weniger Bürger im Gemeindegebiet ansiedeln und damit weniger Grundsteuereinnahmen erzielt würden.
29Der Kläger beantragt,
30den Änderungsbescheid "Grundbesitzabgaben 2013" der Beklagten vom 10. Juni 2013 aufzuheben.
31Die Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Sie trägt vor: Der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig. Grundsätzlich sei zwar der Rat der Kommune für die Beschlussfassung über die Hebesatzsatzung zuständig. Diese Befugnis sei aber auf der Grundlage des Stärkungspaktgesetzes mit bestandskräftiger Verfügung des Innenministeriums vom 7. Mai 2013 auf den Beauftragten übertragen worden.
34Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Bezirksregierung L. Bezug genommen.
35E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
36Die zulässige Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO) ist nicht begründet. Der angegriffene Grundbesitzabgabenbescheid vom 10. Juni 2013, der rückwirkend ab 1. Januar 2013 für das Jahr 2013 eine um 187,59 € höhere Grundsteuer festsetzt, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
37Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Festsetzung der Grundsteuer B sind die §§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 2 Satz 1, 10 Abs. 1, 13 ff, 25 und 27 des Grundsteuergesetzes - GrStG - in Verbindung mit der vom Beauftragten in seiner Sitzung vom 22. Mai 2013 beschlossenen Satzung über die Festsetzung der Steuersätze für die Grundsteuern und die Gewerbesteuer in der Stadt O. im Haushaltsjahr 2013 (Hebesatzsatzung 2013). Danach ist der Kläger verpflichtet, für das Heranziehungsjahr 2013 Grundsteuern in Höhe von weiteren 187,59 € zu entrichten.
38Nach § 2 Nr. 2 GrStG in Verbindung mit den §§ 86, 70 des Bewertungsgesetzes -BewG - ist das im Eigentum des Klägers stehende Grundstück zur Grundsteuer zu veranlagen.
39Die Beklagte hat der Berechnung der Grundsteuer zu Recht den für das Grundstück des Klägers vom Finanzamt erlassenen Grundsteuermessbescheid vom 1. August 2003, der seinerseits auf dem ebenfalls vom Finanzamt erlassenen Einheitswertbescheid beruht, zugrunde gelegt. Dieser ist für die den Grundsteuerbescheid erlassende Kommune bindend. Die Bindungswirkung des Grundsteuermessbescheids, bei dem es sich um einen Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung - AO - handelt, ist in § 184 Abs. 1 Satz 3 AO in Verbindung mit § 182 Abs. 1 AO geregelt. Nach der letztgenannten Norm sind Feststellungsbescheide, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar sind, für andere Feststellungsbescheide, für Steuermessbescheide, für Steuerbescheide und für Steueranmeldungen (Folgebescheide) bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Wegen des Verweises in § 184 Abs. 1 Satz 3 AO gilt Entsprechendes im Verhältnis Grundsteuermess- und Steuerbescheid. Insoweit ist der Frage einer - möglichen - Verfassungswidrigkeit der Einheitswertfeststellung für die Rechtmäßigkeit der Heranziehung zur Grundsteuer nicht weiter nachzugehen, da Mängel im System der Grundstücksbewertung ausschließlich gegen die vom Finanzamt erlassenen Grundlagenbescheide (Einheitswert- und Grundsteuermessbescheid) geltend gemacht werden können. Die Grundstücksbewertung ist abschließend durch die Grundlagenbescheide entschieden.
40Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 18. Februar 2009 - 1 BvR 1334/07 -; OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - 14 A 2451/13 -; jeweils m.w.N.; sämtlich juris.
41Auch die zum 1. Januar 2013 rückwirkend erfolgte Erhöhung der Grundsteuer B durch die in seiner Sitzung vom 22. Mai 2013 vom Beauftragten beschlossene Hebesatzsatzung 2013 ist nicht zu beanstanden. Entgegen den erhobenen Einwendungen ist die Hebesatzsatzung 2013, die den Hebesatz auf 600 % festsetzt, formell und materiell rechtmäßig.
42Die dem Grundsteuerbescheid zugrundeliegende Hebesatzsatzung ist im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Grundsteuerbescheid inzident zu prüfen. Ist eine Satzung infolge rechtlicher Mängel unwirksam, hat dies die Rechtswidrigkeit des auf der Grundlage der Satzung ergangenen Verwaltungsakts und eine Rechtsverletzung des Klägers zur Folge.
43Vgl. zur inzidenten Prüfung einer Satzung: BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 1995 - 8 B 193/94 -; zur Inzidentprüfung der Hebesatzsatzung: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 5 K 1137/12 -, Rn. 27; jeweils juris.
44Die gerichtliche Inzidentkontrolle ist allerdings mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes - GG - darauf beschränkt, ob die Hebesatzsatzung formell und materiell rechtmäßig ist oder ob sie gegen höherrangiges Recht verstößt. Eine Überprüfung des sogenannten Satzungsermessens der Kommune, vergleichbar der Überprüfung ermessensgeleiteter Verwaltungsakte findet dagegen nicht statt.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 - und Urteil vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/13 -, jeweils m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12. April 2013 - 5 K 3283/12 -; sämtlich juris.
46Die vom Beauftragten an Stelle des Rates der Beklagten beschlossene und von der Bürgermeisterin gemäß § 7 Abs. 4 und 5 GO NRW in Verbindung mit § 4 Bekanntmachungsverordnung ordnungsgemäß im gemeindlichen Bekanntmachungsblatt am 31. Mai 2013 bekannt gemachte Hebesatzsatzung 2013 ist formell rechtmäßig. Es liegt keine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften vor. Insbesondere ist die Satzung von dem zuständigen Organ beschlossen worden.
47Der Prüfung der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften steht nicht § 7 Abs. 6 GO NRW entgegen. Nach § 7 Abs. 6 Satz 1 GO NRW kann die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften dieses Gesetzes - dazu gehören u.a. Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit des entscheidenden Gemeindeorgans -,
48vgl. hierzu Rehn/Cronauge/Lennep, GO für das Land NRW, 3. Auflage, Stand Juli 2013, § 7 Erl. VI., Nr. 2.,
49grundsätzlich nur innerhalb eines Jahres seit der öffentlichen Bekanntmachung der betreffenden Satzung gerügt werden, wenn - wie hier - bei der öffentlichen Bekanntmachung der Satzung gemäß § 7 Abs. 6 Satz 2 GO NRW auf die Rechtsfolgen des Satzes 1 hingewiesen wurde. Zum einen ist diese Frist vorliegend für die am 31. Mai 2013 bekanntgemachte Hebesatzsatzung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht abgelaufen; zum anderen entfällt die Ausschließungswirkung hinsichtlich der Rüge, es habe nicht der Rat als sachlich zuständiges Organ die Satzung beschlossen, schon gemäß § 7 Abs. 6 Satz 1 Buchstabe d) GO NRW, weil dieser -vermeintliche - Verfahrensmangel mit der Erhebung einer Beschwerde gemäß § 24 GO NRW mit an die Bürgermeisterin gerichtetem Schreiben vom 31. Mai 2013 förmlich gerügt worden war,
50vgl. Niederschrift über die 2. Sitzung des Beauftragten für die Stadt O. am 16. Juli 2013, abrufbar im Internet unter: www.nideggen.de,
51und zudem in der überwiegenden Mehrzahl der hier anhängigen Klagen gegen die Beklagte geltend gemacht wird.
52Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Hebesatzsatzung 2013 sei unwirksam, weil der vom Innenministerium bestellte Beauftragte nicht befugt gewesen sei, die Satzung zu beschließen.
53Nach § 1 Abs. 1 GrStG in Verbindung mit § 25 Abs. 1 GrStG bestimmt die Gemeinde, ob von dem in ihrem Gebiet liegenden Grundbesitz und mit welchem Hundertsatz des Steuermessbetrags oder des Zerlegungsanteils Grundsteuer zu erheben ist (Hebesatz). Nach § 2 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - KAG NRW - dürfen Abgaben, also auch Steuern nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Zuständig für den Erlass der Hebesatzsatzung ist gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe i) GO NRW der Rat; diese Entscheidung ist nicht übertragbar. Die streitige Hebesatzsatzung ist zwar vom Beauftragten beschlossen worden; dieser war aber gemäß den §§ 8 Abs. 1 Satz 2 StärkPaktG, 124 GO NRW in Verbindung mit den Nummern 1. und 2.c. der Verfügung des Innenministeriums vom 7. Mai 2013 für die vorliegend allein zu prüfende Beschlussfassung über die Hebesatzsatzung an die Stelle des Rates der Gemeinde getreten.
54Die Verfügung des Innenministeriums vom 7. Mai 2013, durch die die Handlungsbefugnis des Rates zum Erlass der Hebesatzsatzung 2013 auf den Beauftragten übergeleitet wurde, ist wirksam. Die Unwirksamkeit folgt insbesondere nicht aus § 43 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Nach dieser Vorschrift ist ein nichtiger Verwaltungsakt unwirksam. Die kommunalaufsichtliche Maßnahme der Bestellung eines Beauftragten nach § 124 GO NRW ist im Verhältnis zur Kommune als Verwaltungsakt zu qualifizieren.
55Vgl. für die Beauftragtenbestellung: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. November 2003 - 2 M 500/03 -, juris; für die Ersatzvornahme: BVerwG, Beschluss vom 2. April 1993 - 7 B 38/93 - , juris, Rn. 2; jeweils im Hinblick auf alle repressiven Maßnahmen der Aufsichtsbehörde: Rehn/Cronauge/Lennep, a.a.O., § 119 GO, Erl. III Ziffer 5. sowie Müller, Die Rechtsprechung zur Ersatzvornahme nach nordrhein-westfälischem Kommunalrecht, NWVBl. 2012, S. 414, 418.
56Die Verfügung des Innenministeriums ist jedoch nicht nichtig. Es liegt keiner der in § 44 Abs. 2 VwVfG NRW aufgeführten Fälle der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts vor.
57Die Verfügung ist auch nicht nach § 44 Abs. 1 VwVfG NRW nichtig. Danach ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Vorliegend leidet die Aufsichtsverfügung weder an einem besonders schwerwiegender Fehler noch wäre dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich.
58Besonders schwerwiegende Fehler sind nur solche, die mit der Rechtsordnung unter keinen Umständen vereinbar sind. Der Verstoß muss schlechthin unerträglich für die Rechtsordnung sein und die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so hohen Maße verletzen, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen.
59Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Februar 2012 - 1 A 2219/10 - , juris, Rn. 11; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs. VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 44 Rn. 103 f. m. w. N.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 44 Rn. 8 m. w. N.
60Die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Ermächtigungsgrundlage des § 8 Abs. 1 Satz 2 StärkPaktG in Verbindung mit § 124 GO NRW unterstellt würde nach diesen Grundsätzen zwar zur Rechtswidrigkeit der darauf gestützten Aufsichtsverfügung führen, nicht aber zu deren Nichtigkeit. Die Verwaltung handelt auch dann ordnungsgemäß, wenn sie Vorschriften befolgt, deren Verfassungsgemäßheit zweifelhaft ist, denn sie ist auch an verfassungswidrige Vorschriften gebunden, solange diese nicht in dem dafür vorgeschriebenen Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG für nichtig erklärt worden sind. Schließlich spricht auch § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes - BVerfGG - für dieses Ergebnis. Danach bleiben vorbehaltlich einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 BVerfGG für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt.
61Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - 2 C 71/08 -, juris, Rn. 20; Sachs, a.a.O., § 44 Rn. 105 m.w.N.
62Darüber hinaus fehlt es jedenfalls an der Offensichtlichkeit. Der schwerwiegende Fehler als solcher und sein besonders schweres Gewicht müssen offensichtlich sein. Dabei ist nicht das Erkenntnisvermögen des Betroffenen oder das einer juristisch geschulten Person entscheidend. Vielmehr ist auf das Erkenntnisvermögen eines urteilsfähigen, unvoreingenommenen Bürgers abzustellen, also auf einen aufmerksamen und verständigen Staatsbürger als Durchschnittsbetrachter, der mit den in Betracht kommenden Umständen vertraut ist. Dem Verwaltungsakt muss die Fehlerhaftigkeit "auf die Stirn geschrieben" sein, so dass der Durchschnittsbetrachter ohne weitere Ermittlungen oder besondere rechtliche Überlegungen zu dem Schluss kommt, dass der Verwaltungsakt unmöglich rechtens sein kann.
63Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Februar 2012 - 1 A 2219/10 - , juris, Rn. 17 ff; Kopp/Ramsauer, a. a. O., Rn. 12.
64Vorliegend kann nicht die Rede davon sein, dass ein Durchschnittsbetrachter die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit des § 8 Abs. 1 Satz 2 StärkPaktG in Verbindung mit § 124 GO NRW als Rechtsgrundlage der Beauftragtenbestellung sicher beurteilten kann. Diese Frage erfordert vielmehr eine vertiefte rechtliche Prüfung der Zusammenhänge zwischen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie einerseits und der als notwendiges Korrelat von Verfassung wegen vorgesehenen staatlichen Rechtsaufsicht andererseits,
65vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2010 - 8 C 43/09 -, juris, Rn. 22,
66deren Ergebnis zumindest als offen zu bezeichnen ist.
67Nichts anderes gilt im Hinblick auf die gerügte Verletzung der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie im Kernbereich durch den Umfang der konkreten Aufgabenübertragung auf den Beauftragten. Auch insofern lässt sich ein Rechtsverstoß ohne eingehende rechtliche Prüfung der konkreten Aufsichtsmaßnahme aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsbetrachters nicht sicher beurteilen.
68Auch die von dem Kläger angeführte Unbestimmtheit der Aufsichtsverfügung lässt einen schwerwiegenden oder offensichtlichen Rechtsfehler im Sinne des § 44 Abs. 2 VwVfG NRW nicht hervortreten. Abgesehen davon, dass im Wege einer stets gebotenen Auslegung eines Verwaltungsakts die auf den Beauftragten in Ziffer 2 d übertragenen Befugnisse unter Berücksichtigung der unter Ziffer 2 a - c genannten konkreten Aufgaben als Zielvorgabe hinreichend bestimmbar sein dürften und Zweifel bezüglich des Erlasses der hier allein maßgeblichen Hebesatzsatzung 2013 nicht erkennbar sind, führten etwaige Unsicherheiten bezüglich des Umfangs des übertragenen Aufgabenbereichs allenfalls zur Rechtswidrigkeit der Aufsichtsverfügung, nicht aber zu ihrer Nichtigkeit.
69Vgl. ebenso zur Frage der Nichtigkeit bei Unbestimmtheit: Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs. VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 44 Rn. 116.
70Ist die Ersetzung des Rates im Wege der kommunalaufsichtlichen Verfügung vom 7. Mai 2013 danach wirksam, hat dies aber zur Folge, dass der Bürger sich so behandeln lassen muss, als hätte der Rat die Satzung erlassen. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob die Bestellung des Beauftragten rechtmäßig war, denn die im vorliegenden Verfahren begehrte Überprüfung der Kommunalaufsichtsmaßnahme einschließlich des zugrundeliegenden Stärkungspaktgesetzes ist mit Blick auf den Rechtscharakter der Beauftragtenbestellung ausgeschlossen. Vergleichbar einer kommunalaufsichtlichen Ersatzvornahme kommt der Bestellung eines Beauftragten eine doppelte Rechtsnatur zu. Im Verhältnis zur Gemeinde, die hierdurch in ihrer bundes- und landesrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 78 Abs. 1, 2 Landesverfassung Nordrhein-Westfalen - LV) betroffen ist, handelt es sich bei der Bestellungsverfügung des Innenministeriums vom 7. Mai 2013 um einen belastenden Verwaltungsakt, der von der Gemeinde im Wege der Anfechtungsklage angegriffen und so einer vollumfänglichen gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit zugeführt werden kann.
71Vgl. für die Beauftragtenbestellung: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. November 2003 - 2 M 500/03 -, juris; für die Ersatzvornahme: BVerwG, Beschluss vom 2. April 1993 - 7 B 38/93 - , juris, Rn. 2; vgl. auch zur kommunalaufsichtlichen Anordnung: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. September 2011 - 1 C 10216/11 -, juris sowie VG Dresden, Urteil vom 22. März 2006 - 5 K 2467/03 -, juris; jeweils im Hinblick auf alle repressiven Maßnahmen der Aufsichtsbehörde: Rehn/Cronauge/Lennep, a.a.O., § 119 GO, Anm. III Ziffer 5. sowie Müller, Die Rechtsprechung zur Ersatzvornahme nach nordrhein-westfälischem Kommunalrecht, NWVBl. 2012, S. 414, 418.
72Vorliegend hat die beklagte Kommune diesen Weg jedoch nicht beschritten. Sie hat weder die auf § 8 Abs. 1 Satz 2 StärkPaktG gestützte, nunmehr bestandskräftige Bestellung des Beauftragten noch den auf § 10 Abs. 1 StärkPaktG gestützten, ihre pflichtige Teilnahme an der Konsolidierungshilfe feststellenden Bescheid der Bezirksregierung L. vom 21. Dezember 2011, der die Anwendbarkeit des StärkPaktG eröffnet, angegriffen.
73Im Verhältnis zum Bürger stellt sich die Bestellung des Beauftragten für - bestimmte - Aufgaben des Rates dagegen als innerorganisatorische Maßnahme dar, die keine Außenwirkung entfaltet. Denn nach § 124 Satz 2 GO NRW hat der Beauftragte die Stellung eines Organs der Gemeinde, hier des Gemeinderates. Es bleibt also bei der Zuständigkeit des Organs Gemeinderat, an dessen Stelle - für bestimmte Aufgaben und für einen begrenzten Zeitraum - der Beauftragte handelt. Die kommunalaufsichtliche Bestellung eines Beauftragten verschiebt nur im Innenverhältnis der juristischen Person Gemeinde die Handlungsbefugnisse. Der Beauftragte, der für Aufgaben des Rates bestellt wird, hat - im Umfang seiner Bestellung, hier u.a. für die Beschlussfassung über die Hebesatzsatzung - die Stellung des Organs Gemeinderat. Im Außenverhältnis bleibt es deshalb bei der Zuständigkeit des Gemeinderates, der durch den Beauftragten handelt.
74Vgl. hierzu: VG Sigmaringen, Urteil vom 12. August 2003 - 4 K 1737/02 -, juris, laut telefonischer Auskunft des VG Sigmaringen rechtskräftig seit 28. Oktober 2003; im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 10. Januar 1991 - 2 A 2058/89 -, juris; noch offengelassen von OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 1989 - 4 A 505/86 -, NWVBL 1990, S. 87.
75Schließlich folgt aus der Doppelnatur der kommunalaufsichtlichen Beauftragtenbestellung auch, dass der Kläger mangels Betroffenheit in eigenen Rechten mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die die Frage betreffen, ob das Einschreiten der Aufsichtsbehörde rechtmäßig war.
76Vgl.: So im Ergebnis: OVG NRW, Urteil vom 10. Januar 1991 - 2 A 2058/89 -, juris; offengelassen von OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 1989 - 4 A 505/86 -, NWVBL 1990, S. 87.
77Bei - unterstellter - Rechtswidrigkeit des Einschreitens der Aufsichtsbehörde und damit der Bestellung des Beauftragten läge im Hinblick auf die Hebesatzsatzung allenfalls ein Verfahrensfehler vor. Verfahrensvorschriften sind zwar in der Regel auch im Interesse der von einer Verwaltungshandlung betroffenen Bürger geschaffen, weil sie im Allgemeinen dazu dienen, die Geltendmachung von Rechten und Pflichten in eine bestimmte Ordnung zu bringen, ihre Durchsetzung in angemessener Zeit und mit richtigem Ergebnis zu gewährleisten und damit die Verwirklichung des materiellen Rechts zu ermöglichen.
78Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. November 1978 - II C 6.75 -, juris, Rn. 24 m.w.N.
79Dies setzt aber voraus, dass die einschlägigen Verfahrensvorschriften nach ihrem Zweck einen typischen Bezug zum Schutz der materiell-rechtlichen Position des Klägers haben. Nur insoweit löst die Verletzung von Verfahrensrechten auch den in Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus.
80Vgl. Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig/Herzog, Stand: Mai 2013, Art. 19 Abs. 4, Rn. 157.
81Insbesondere Verfahrensvorschriften, die die Mitwirkung anderer Körperschaften, Behörden oder Stellen betreffen, bedürfen der Überprüfung, ob sie - zumindest auch - dem Interesse der Bürger dienen und diesen Verfahrensrechte einräumen.
82Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. November 1978 - II C 6.75 -, juris, Rn. 24, wonach das erforderliche Einvernehmen der an einer Umbildung beteiligten Körperschaften nicht - auch - dem Schutz der zu übernehmenden Beamten dient.
83Nach diesen Grundsätzen kann sich der Kläger auf eine - möglicherweise - rechtswidrige Bestellung des Beauftragten nach § 8 Abs. 1 Satz 2 StärkPaktG in Verbindung mit § 124 GO NRW und einen daraus folgenden Verfahrensverstoß beim Beschluss der Hebesatzsatzung nicht berufen, weil sie insoweit nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann.
84Kommunalaufsichtliche Maßnahmen nach den Vorschriften der §§ 119 ff. GO NRW dienen ausschließlich dem Zweck, die Ausübung des Selbstverwaltungsrechts der Kommunen im Rahmen der Gesetze, vorliegend im Rahmen der haushaltsrechtlichen Grundsätze, staatlicherseits sicherzustellen. Die staatliche Aufsicht über die Gemeinden ist ein notwendiges Korrelat ihrer Selbstverwaltung und soll gewährleisten, dass die Kommunen ihre Selbstverwaltungsbefugnisse im Einklang mit den für sie geltenden Rechtsvorschriften ausüben.
85Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1992 - 7 B 149/91 -, juris, Rn. 5; Thüringer OVG, Beschluss vom 14. Februar 2014 - 3 EO 80/14 -, juris, Rn. 20.
86Aufsichtsmaßnahmen betreffen damit grundsätzlich nur die Gemeinde in ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht und dienen dabei ausschließlich dem öffentlichen Interesse an einem gesetzmäßigen Verhalten der Gemeinde. Der Bürger hat weder einen Anspruch auf aufsichtsbehördliches Einschreiten oder auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über aufsichtsrechtliche Maßnahmen noch kann er grundsätzlich die kommunalaufsichtliche Maßnahme angreifen.
87Vgl. OVG NRW, Entscheidung vom 23. Januar 1963 - III A 355/57 -, OVGE MüLü 18, 227; Held/Winkel/Wansleben, Kommunalverfassungsrecht NRW, Stand Dezember 2013, § 119 GO, Erl. 8; Kallerhoff, Das kommunalaufsichtliche Beanstandungs- und Aufhebungsrecht in der Rechtsprechung des OVG NW, NWVBl 1996, S.53, 57 m.w.N.
88Eine eigene Rechtsverletzung des Klägers folgt auch nicht daraus, dass der Beauftragte an Stelle des von den Bürgern gewählten und damit demokratisch legitimierten Gemeinderates entschieden hat. Dies begründet keine Verletzung des Gewaltenteilungsgrundsatzes. Die demokratische Legitimation des Gemeinderates ändert nichts an seiner Stellung als Verwaltungsorgan, das der staatlichen Aufsicht unterliegt. Der Grundsatz der Gewaltenteilung greift im nordrhein-westfälischen Gemeindeverfassungsrecht nicht, denn die Aufgaben der Gemeinden liegen ausschließlich auf dem Gebiet der Verwaltung. Mit der Bestellung des Beauftragten ist lediglich die Handlungsbefugnis zum Erlass der Hebesatzsatzung innerhalb der Exekutive übergegangen.
89Vgl. zur Stellung des Gemeinderats: Rehn/Cronauge/Lennep, a.a.O., § 40 GO Erl. I m.w.N.
90Der Kläger kann mithin gegenüber der streitigen Hebesatzsatzung nur die Einwendungen erheben, die er auch erheben könnte, wenn der Rat der beklagten Kommune den Satzungsbeschluss gefasst hätte.
91Davon ausgehend erweist sich die Erhöhung des Hebesatzes als rechtsfehlerfrei. Wie bereits ausgeführt beschränkt sich nach der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung,
92vgl. BVerwG, Urteile vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 - und vom 10. Dezember 2009 - 9 C 13.08 -; OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -, juris, m.w.N.,
93mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG die gerichtliche Kontrolle satzungsrechtlicher Abgaberegelungen auf die Prüfung der Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht und umfasst nicht die Überprüfung nach Art ermessensgeleiteter Verwaltungsakte. Daraus folgt, dass die Wirksamkeit gemeindlicher satzungsrechtlicher Abgabenregelungen, soweit es an entsprechenden gesetzlichen Anordnungen fehlt, weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorganges abhängt. Steuersätze müssen sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht daran messen lassen, wie die kommunale Willensbildung abgelaufen ist. Auf die Erwägungen und Beweggründe, also die Motivation des Satzungsgebers, kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nicht an.
94Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 - und Beschluss vom 16. Juli 2013 -14 A 464/13 -, juris, m.w.N.
95Mit Blick auf die verfassungsrechtlich garantierte Steuerhoheit, die als Bestandteil der kommunalen Finanzhoheit eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, steht den Kommunen ein weiter Entschließungsspielraum zu, der seine Grenzen lediglich in den allgemeinen Grundsätzen des Haushalts- und Steuerrechts findet. Im Rahmen dieses Entschließungsspielraums, der auch erfasst, auf welche Weise die Gemeinden ihre kommunale Aufgabenerfüllung finanzieren, obliegt es den Kommunen - grundsätzlich durch ihren Rat, der hier insoweit vom Beauftragten ersetzt wird -, die Hebesätze autonom nach den jeweiligen finanziellen Bedürfnissen festzusetzen. Es handelt sich primär um politische Entscheidungen, die nur begrenzt der richterlichen Kontrolle unterliegen.
96Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 14 A 2761/12 -, juris; Nöcker, JurisPR-SteuerR 8/2014 Anm. 6.
97Nach Maßgabe dieses Prüfungsrahmens steht die streitgegenständliche Hebesatzanhebung auch materiellrechtlich im Einklang mit höherrangigem Recht.
98Zunächst bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass der Hebesatz für die Grundsteuer rückwirkend zum 1. Januar 2013 angehoben wurde. Dies entspricht der Regelung des § 25 Abs. 3 Satz 1 GrStG. Danach ist der Beschluss über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen. Die Norm ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden,
99vgl. hierzu: OVG NRW, Beschluss vom 17. November 1999 - 14 A 4793/99 -, juris,
100und die Beklagte hat die zeitlichen Vorgaben mit dem Beschluss des Beauftragten an Stelle des Rates sowie der Bekanntmachung der Satzung am 23. Mai 2013 erfüllt.
101Weiter ist kein Verstoß gegen § 77 Abs. 2 GO NRW oder § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW erkennbar. § 77 Abs. 2 GO NRW bestimmt, dass die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und nur im Übrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW sollen die Gemeinden in diesem Sinne Steuern nur erheben, soweit die Deckung der Ausgaben durch andere Einnahmen, insbesondere durch Gebühren und Beiträge, nicht in Betracht kommt.
102Das in diesen Vorschriften normierte Gebot der Subsidiarität der Steuern gegenüber den speziellen Entgelten zwingt die Kommune angesichts des dargelegten Spielraums des Satzungsgebers bei der Festsetzung der Hebesätze und des daraus folgenden eingeschränkten Umfangs der gerichtlichen Kontrolle aber nicht zur Ausschöpfung sonstiger Einnahmequellen. Die dem Haushaltsrecht zuzuordnenden Vorschriften binden die Gemeinden nur insofern, als auf Steuerquellen nur zurückgegriffen werden darf, soweit die sonstigen Einnahmen nicht zur Deckung des Haushalts ausreichen. Im Übrigen steht es im - gerichtlich nicht überprüfbaren - Ermessen der Gemeinden, in welchem Ausmaß sie zur Deckung ihres Finanzbedarfs Steuerquellen heranziehen wollen.
10338
104Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/13 -, juris.
105Nach sämtlichen zur Verfügung stehenden Haushaltsdaten, insbesondere dem vom Beauftragten beschlossenen Haushaltssanierungsplan standen der beklagten Kommune keine ausreichenden sonstigen Mittel zur Finanzierung ihrer Ausgaben zur Verfügung. Insbesondere hatte der Rat der beklagten Kommune bereits selbst am 26. Juni 2012 einen - nicht genehmigungsfähigen - Haushaltssanierungsplan beschlossen, der mangels Alternativen ebenfalls einen Grundsteuerhebesatz von 600 % vorsah.
106Auch ein Verstoß gegen § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW (Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung) liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift hat die Gemeinde den Haushalt wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen. Die sich daraus ergebende Grenze für gemeindliche Ausgaben ist erst dann überschritten, wenn ein Verbrauch von öffentlichen Mitteln festzustellen ist, der wirtschaftlich in keinem Fall mehr vertretbar ist und deshalb auch nicht mehr im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung liegt.
107Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 14 A 1466/13 und 14 A 366/13 -, juris.
108Derartiges ist hier nicht ansatzweise festzustellen. Im Gegenteil dient die Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes gerade der Erzielung von Einnahmen mit dem Fernziel der Haushaltssanierung innerhalb des vom StärkPaktG vorgegebenen Zeitrahmens. Angesichts der Haushaltssituation der Beklagten, die seit Jahren weder über einen genehmigten Haushalt noch über ein Haushaltssicherungskonzept verfügt, ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte u.a. über die Grundsteuer versucht, ihr Haushaltsdefizit auszugleichen und das gesetzlich vorgeschriebene Ziel eines ausgeglichenen Haushalts zu erreichen (§ 75 Abs. 2 Satz 1 GO NRW). Die Beklagte kommt damit ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach, sich nicht weiter zu verschulden (§ 75 Abs. 7 GO NRW). Die Grundsteuererhöhung ist zur Erfüllung dieser Rechtspflichten geeignet und erforderlich und dient erkennbar nicht der Kapitalbildung.
109Unerheblich ist insoweit, ob der Haushaltsausgleich im angestrebten Zeitrahmen tatsächlich erreicht wird, denn dies ist nicht der unmittelbare Zweck der Erhebung von Grundsteuern. Anders als Gebühren sind Steuern nicht an die Ausgabenansätze gebunden, sondern dienen allgemein der Erzielung von Einnahmen. Dass die Grundsteuererhöhung der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs der Beklagten dient, steht außer Frage. Auch liegt auf der Hand, dass die Grundsteuererhöhung lediglich einen Teilschritt in Richtung auf das Fernziel der Haushaltssanierung darstellen kann und als solcher zur Erreichung dieses Ziels geeignet ist. Soweit der Kläger einwendet, die Hebesatzerhöhung sei kein geeignetes Mittel, um die angestrebte Haushaltssanierung zu verwirklichen, weil hierdurch die Standortattraktivität der Beklagten vermindert und eine Abwanderung der Einwohner bewirkt werde, mit der Folge, dass die Einnahmen aus der Steuererhöhung auf lange Sicht stagnierten oder gar sänken, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Die Annahme des Klägers beruht allein auf vagen Vermutungen, deren tatsächliche Grundlagen als unzureichend zu bezeichnen sind. Die prognostischen Grundlagen für die befürchtete Verminderung der Standortattraktivität sind weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich. Dies gilt insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Höhe des Grundsteuerhebesatzes regelmäßig nicht der zentrale Grund für die Entscheidung ist, in welcher Gemeinde Personen ihre Wohnung nehmen. Soweit der Kläger die Eignung der Steuererhebung zur Haushaltssanierung ferner mit dem Verweis auf andere - eigentliche - Ursachen der Haushaltsnotlage der Beklagten in Zweifel zieht, nämlich die aus seiner Sicht unzureichende Finanzausstattung kleiner Flächengemeinde durch das Land, verfängt diese Argumentation ebenfalls nicht. Denn auch negative Auswirkungen einer möglicherweise unzureichenden Finanzausstattung bestimmter Kommunen durch das Land können die Eignung der Erhebung von Grundsteuern zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs nicht ernsthaft in Frage stellen. Vermeintliche Defizite in der kommunalen Finanzausstattung sind vielmehr von den Gemeinden mit den jeweils gegebenen Rechtsmitteln insbesondere gegen die Gemeindefinanzierungsgesetze geltend zu machen, wie dies auch von der Beklagten getan wird.
110Die Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit bzw. den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Gemäß Art. 106 Abs. 6 GG ist die Festsetzung der Hebesätze den Gemeinden übertragen.
111Diese können nach ihrem individuellen Finanzbedarf die Hebesätze festlegen und haben bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Spielraum. Schwankungen der Höhe der Hebesätze in den einzelnen Kommunen sind deshalb systemimmanent.
112Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 5 K 1137/12 -, juris, Rn. 74 ff.
113Ein Anspruch auf Gleichbehandlung durch unterschiedliche Gemeinden verbietet sich aus diesem Grunde per se.
114Der beschlossene Hebesatz von 600 % hat auch keine erdrosselnde Wirkung und verstößt weder gegen Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen das aus Art. 20 Abs. 1 GG folgende Gebot der sozialen Steuerpolitik.
115Eine erdrosselnde Wirkung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige im Regelfall und nicht nur ausnahmsweise die Steuer nicht mehr aufbringen kann und die Steuer damit im Hinblick auf das von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum konfiskatorische Wirkung hat.
116Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Erhöhung des Hebesatzes ein Ausmaß erreicht wird, durch das die Privatnützigkeit des Eigentums gefährdet oder gar aufgehoben würde. Vielmehr kann auch nach der deutlichen Erhöhung des Hebesatzes auf 600 % sowohl bei ausschließlich selbst genutzten als auch bei vermieteten Objekten die Grundsteuer aus den Grundstückserträgen erwirtschaftet werden, ohne dass es zu einer Vernichtung der Steuerquelle selbst käme. Dies hat das Oberverwaltungsgericht NRW,
117vgl. Beschluss vom 16. Juli 2013 - 14 A 464/13, juris,
118selbst für einen Hebesatz von 825 % angenommen. Dass die absolute Höhe der jährlichen Grundsteuern trotz eines hohen Hebesatzes im Verhältnis zum tatsächlichen Wert des Steuerobjekt grundsätzlich als gering einzustufen ist, hängt letztlich damit zusammen, dass nach wie vor der Einheitswert, der der Berechnung der Grundsteuer zugrunde gelegt wird, auf dem Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 basiert, der im Regelfall weit hinter dem Objektwert zurück bleibt.
119Im Falle des Klägers beträgt die monatliche Erhöhung 15,63 €, die Gesamtbelastung pro Monat beläuft sich auf 62,53 €. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass dieser Belastung - bei der gebotenen typisierenden Betrachtung - im Regelfall keine erdrosselnde Wirkung zukommt.
120Soweit im Einzelfall die wirtschaftliche Situation eines Abgabepflichtigen sich so darstellt, dass die Erhebung der Grundsteuer zu einer unverhältnismäßigen Belastung führt, ist diesem Umstand im Wege einer Billigkeitsregelung Rechnung zu tragen.
121Eine Begrenzung der Grundsteuer der Höhe nach ergibt sich auch nicht aus dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG), das verlangt, Einkommen soweit steuerfrei zu belassen, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigt wird.
122Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. November 1998 - 2 BvL 42/93 -, juris, Rn. 53.
123Wie oben ausgeführt kommt es bei der Grundsteuer als Objektsteuer gerade nicht auf die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen an; das Steuerobjekt selbst (bei der Gewerbesteuer: der Gewerbebetrieb; bei der Grundsteuer: der Grundbesitz) soll ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten und ihre persönliche Beziehung zum Steuerobjekt erfasst werden.
124Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober1977 - 1 BvR 15/75 -, juris ,Rn. 27.
125Die persönliche Leistungsfähigkeit ist ausschließlich im Rahmen einer Billigkeitsregelung berücksichtigungsfähig.
126Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne vor. Es besteht kein Anlass, von einer willkürlichen und ohne jeden vernünftigen Sachgrund durchgeführten Hebesatzerhöhung auszugehen. Grundlage des vom Rat beschlossenen - nicht genehmigungsfähigen - Haushaltssanierungsplans sowie des vom Beauftragten beschlossenen und von der Bezirksregierung genehmigten Haushaltssanierungsplans waren Entwürfe der Verwaltung der beklagten Kommune, die diese zunächst in Zusammenarbeit mit der Gemeindeprüfanstalt und dann in enger Abstimmung mit der Kommunalaufsicht unter Einbeziehung aller möglichen Sparpotentiale im Haushalt der Kommune erarbeitet hatte. Alle Varianten sahen eine Erhöhung des Hebesatzes auf die vom Beauftragten dann beschlossenen 600 % vor. Auch der nach der Beschlussfassung vom Beauftragten bestellte externe Gutachter Herr I. , der explizit zur Untersuchung des Haushalts der Stadt auf mögliche weitere Sparpotentiale eingesetzt wurde, bestätigte die Notwendigkeit der Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes in dem hier streitigen Umfang, weil die Kommune über keine anderen Möglichkeiten verfügte, das vorhandene Haushaltsdefizit zumindest zu reduzieren und insbesondere die Pflichten aus dem StärkPakt zu erfüllen, was wiederum Voraussetzung für weitere Zuwendungen aus dem StärkPaktG an die Kommune war. Es gibt damit keinerlei Anhaltspunkte für eine willkürliche Festsetzung des Hebesatzes.
127Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).