Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Juli 2014 - 1 S 1352/13

bei uns veröffentlicht am30.07.2014

Tenor

Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 -werden zurückgewiesen.

Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu ¼ und der Beklagte zu ¾.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Mails in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung gelöschter Mails ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular beantragt, den Internetzugang auf seinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Das Formular enthält unter anderen den Text: "Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass die Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen." In diesen Sicherheitshinweisen ist unter anderem angeführt: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt…Der gesamte Datenverkehr auf der Firewall des Staatsministeriums muss zur Sicherheit protokolliert werden. Nur auf diese Weise können unerlaubte Zugriffe oder Angriffe auf das Netz des Staatsministeriums identifiziert werden.“ Eine gesonderte Regelung zum Umgang mit den E-Mail-Accounts im Staatsministerium gab es nicht. Eine Kontrolle der Privatnutzung fand nicht statt. Die private IT-Nutzung durch die Mitarbeiter wurde stillschweigend geduldet.
Die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums ordnet das IT-Referat des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zu. Daraus folge, dass allein der Nutzer des Postfachs entscheide, welche E-Mails er ausdrucke und den Akten beifüge. Auch die Löschung von Postfachinhalten bleibe im Grundsatz allein dem Nutzer vorbehalten.
Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt. Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen. Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen. Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der IT-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen. Die Festplatte aus dem PC des Klägers wurde diesem ausgehändigt.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dieser Umstand sei in Vergessenheit geraten.
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Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software vollständig sicher; sie befinden sich ausweislich eines Schreibens der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 10.09.2012 auf einem Datenträger des mit der weiteren Sichtung nach § 110 Abs. 1 StPO beauftragten Landeskriminalamts Baden-Württemberg. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus.
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Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 17.09.2012 dem Rechtsanwalt des Klägers mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten, und bat um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen. Mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012 verweigerte der Kläger seine Einwilligung und forderte das Staatsministerium auf, die Dateien unverzüglich zu löschen. Dies lehnte das Staatsministerium mit Schreiben vom 27.09.2012 ab. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
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Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bei diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
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Der Kläger erhob am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwies, Klage auf Löschung der Dateien, hilfsweise auf Löschung nach Anbieten als Archivgut gegenüber dem Landesarchiv, weiter hilfsweise auf Neubescheidung. Zur Begründung machte er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei nach § 15 Abs. 4 LDSG unzulässig. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein. Die E-Mail-Kommunikation unterliege zudem dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG. § 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
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Der Beklagte trat der Klage entgegen. Der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe und der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile der EnBW von der EdF nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs im Hinblick auf das vor der Internationalen Handelskammer in Paris anhängige Schiedsverfahren des Landes gegen die EdF, etwaige Schadensersatzansprüche des Landes nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und ein Akteneinsichtsgesuch zweier Privatpersonen nach dem Landesumweltinformationsgesetz, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Weiter seien die Sicherungskopien Gegenstand einer Landtagsanfrage (LT-Drucks. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Auf § 88 TKG könne sich der Kläger nicht berufen, ebensowenig auf § 15 Abs. 4 LDSG. Der Zweck der Datensicherung umfasse auch die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. § 15 Abs. 4 LDSG wolle nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG.
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Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27.05.2013 den Beklagten verpflichtet, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind, und im Übrigen die Klage abgewiesen (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - NVwZ-RR 2013, 428). Der Kläger habe nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG einen Anspruch auf Löschung dieser Dateien, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich um personenbezogene Daten i.S.v. § 3 Abs. 1 LDSG. Denn die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers beträfen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich seine Kommunikation mit Dritten. Für das Staatsministerium als speichernde Stelle sei die Kenntnis der Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen sei (§ 15 Abs. 4 LDSG). Es könne offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG im Hinblick auf die Dokumentationspflichten des Klägers, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt sei, denn diese Bestimmungen würden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. Diese Norm sei anwendbar. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“, aus dem der Beklagte die Unanwendbarkeit der Norm herleite, beziehe sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibe von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Die E-Mail-Postfach-Daten seien zu dem Zweck kopiert worden, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers stellten - in der im Herbst 2010 kopierten Form - daher personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert worden seien. Folglich scheide eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus. Zwar solle bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören. Dies könne aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen sei, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt worden sei. Darum gehe es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten gekommen sei noch der Beklagte die Daten weiter benötige, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Es sei auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung sei insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke, also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage, zulässig. Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setze voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert würden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgingen. Daran fehle es hier. Mit der Kopie seien keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt worden; vielmehr habe sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten erschöpft.
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Auf § 88 TKG könne sich der Kläger allerdings nicht berufen. Die Norm wolle allein das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG schützen, dessen Schutzbereich nicht betroffen sei. Es handele sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet habe. Zudem sei der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG.
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§ 36 Abs. 1 LDSG sei auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten gewesen sei. Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bilde die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt hätten, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten beziehe. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebühre der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gelte jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststehe oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1, 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 UIG enthielten.
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Dem Löschungsanspruch stehe dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten seien. Die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv sei keine Zwecksetzung, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen könne. § 23 Abs. 3 LDSG befasse sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindere weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen.
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Das Archivrecht modifiziere allerdings den Umfang des klägerischen Anspruchs dahin, dass die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen seien, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden seien. Es handele sich bei den Daten nicht um „Archivgut eines Privaten“, das gemäß § 2 Abs. 3 LArchG nur mit Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv überantwortet werden könne. Die Vorschrift erfasse nur Daten „aus privater Hand“, nicht hingegen Daten wie die streitgegenständlichen, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten. Vor einer Löschung seien die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirkten, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindere. Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht sei in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ - den auch das Bundesrecht kenne - auszugehen. Das Archivrecht enthalte eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz. Das genannte Vorrangverhältnis ergebe sich aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Denn vor einer Löschung seien Daten nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsehe - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7, 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergäben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden sei. Es scheide aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Vor der Übernahme in das Archiv könnten Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden, wie etwa eine (Teil-)Anonymisierung. Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht seien in § 4 und § 6 LArchG und in der Landesarchivbenutzungsordnung vorgesehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestünden nicht. Das Landesarchiv Baden-Württemberg habe bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG schütze insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart würden. Träger des Grundrechts seien auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Der Kläger sei insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angehe. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsehe, könne er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Weiter komme dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute.
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Gegen das ihm am 31.05.2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte am 28.06.2013 (Posteingang) die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der er die vollumfängliche Klageabweisung erstrebt, und am 29.07.2013 die Berufungsbegründung eingereicht. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 LDSG. Die Speicherung der Daten sei zulässig. Die Speicherung der Daten und deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Für den Begriff "Aufgaben der verantwortlichen Stelle" im Sinne des § 15 LDSG sei nicht auf diejenige Organisationseinheit einer Behörde abzustellen, die die Daten tatsächlich speichere, wie z.B. die IT-Abteilung oder das Rechenzentrum, sondern auf die Behörde oder juristische Person, der diese Abteilung angehöre. Für die Frage, ob die streitgegenständlichen Dateien für die Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle noch erforderlich seien, komme es mithin auf den Aufgabenbereich des Staatsministeriums insgesamt an. Davon zu unterscheiden sei der Begriff des Zwecks der Speicherung im Sinne des § 15 LDSG. Der Zweck könne enger sein als die Aufgabe, aber niemals über diese hinausgehen. Der Zweck sei regelmäßig weiter als der konkrete Anlass der Erhebung. Er erschöpfe sich nicht in der Erledigung des einzelnen Verwaltungsverfahrens. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner Dokumente zur Vervollständigung der Sachakten erfüllten die Voraussetzungen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung.
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Das Verwaltungsgericht habe den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise überdehnt. Die im Herbst 2010 durchgeführte Maßnahme stelle eine Datensicherung im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG dar. Mit dem Begriff Datenschutzkontrolle/Datensicherung/Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes sei aber keine subjektive Konkretisierung verbunden, die den Zweck auf den konkreten Anlass beschränke. Der Zweck der Maßnahme gehe in aller Regel über den konkreten Anlass hinaus. Ansatzpunkt seien stets die so genannten "Primärzwecke" in allgemeiner Form, z.B. Zwecke der Datensicherung und/oder der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage. Diese Primärzwecke sollten von der verantwortlichen Stelle vor der jeweils beabsichtigten Verarbeitung oder Nutzung festgelegt werden. Bei unterlassener ausdrücklicher Festlegung im Zeitpunkt der Maßnahme sei der objektive Zweck maßgeblich. Dieser sei dem erkennbar verfolgten Ziel zu entnehmen. Eine weitere Detaillierung in Richtung eines konkreten Anlasses, der den in § 15 Abs. 4 LDSG genannten Zwecken zuzuordnen wäre, habe der Gesetzgeber bewusst unterlassen. Finde eine Datensicherung aus Anlass vermuteter Gerätestörungen statt, so sei die Verwendung dieser Sicherung für die Wiederherstellung anderweitig verlorengegangener Daten nach § 15 Abs. 4 LDSG nicht ausgeschlossen.
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Die Wiedergewinnung verloren gegangener Originaldaten gehöre selbstverständlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Verwendungszwecken. Diene die Maßnahme der Sicherung bestimmter Datenbestände, so dürften diese bei Verlust über die angefertigten Sicherungskopien wiederhergestellt und zur Aufgabenerfüllung verwendet werden. Liege der Erhebung oder Speicherung keine (aufgabenspezifische) Rechtsvorschrift zu Grunde oder biete diese keinen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und habe auch der Betroffene keine ausdrückliche Verfügung getroffen, so seien die verfolgten Zwecke auf der Grundlage eines pragmatischen Verständnisses des Handelns der öffentlichen Stelle zu bestimmen. Es sei von einer typischen und sachgerechten Organisation der verantwortlichen Stelle auszugehen. Aufgabe des IT-Bereichs sei es, die für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlichen Daten zu sichern und die ordnungsgemäße Funktion der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums sicherzustellen. Genau dieser Aufgabe hätten die im Herbst 2010 bezüglich des klägerischen Accounts durchgeführten Maßnahmen gedient. Zum Zeitpunkt der Maßnahme habe noch keinerlei Kenntnis der Ursachen der aufgetretenen Datenverluste existiert. Ein rechtswidriger Zugriff von außen oder unbefugtes Handeln Dritter hätten im Zeitpunkt der Maßnahme von niemandem ausgeschlossen werden können. Auch deswegen greife die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil vertretene enge Festlegung auf bestimmte Verlustszenarien zu kurz. Durch das Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten sei keine "Zweckerfüllung" eingetreten. Durch § 15 Abs. 4 LDSG werde nicht ausgeschlossen, dass die streitgegenständlichen Daten im Sinne ihrer engen Zweckbindung (Sicherungskopie) zur Herstellung der Originaldateien benutzt würden. Die wiederhergestellten Originaldateien dürften jedenfalls für diejenigen Zwecke verwendet werden, zu denen sie der Kläger ursprünglich angelegt habe. Daher halte sich die Aufnahme der Postfachdaten in bereits vorhandene Sachakten im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecke und der wahrgenommenen Aufgaben. Die Befugnis zur Wiedergewinnung der Originaldaten gelte unabhängig davon, auf welche Weise die Daten verloren gegangen seien. Der Zweck der Datensicherung umfasse alle Maßnahmen zum Schutz vor Datenverlusten. Hier seien die Sicherungskopien zum Schutz der Originaldateien angelegt worden. Dass die Originaldateien hier nicht versehentlich, sondern bewusst und entgegen der dem Kläger obliegenden Aktenführungspflichten nicht gesichert, sondern gelöscht worden seien, führe zu der objektiven Feststellung des Verlusts von Daten, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zulässigerweise gespeichert werden dürften und aus der Sicht ordnungsgemäßen nachweisbaren staatlichen Handelns hätten gespeichert werden müssen. Lösche ein Mitarbeiter einer Behörde ganz bewusst auch solche dienstlichen Daten, die noch zu der konkreten Aufgabenwahrnehmung benötigt würden, so müsse die betroffene Behörde befugt sein, auf alle vorhandenen Sicherungskopien zurückzugreifen. Auch die Datensabotage oder missbräuchliche Nutzung durch eigene Mitarbeiter stelle einen Datenverlust dar, vor dem Maßnahmen zur Datensicherung schützen sollten.
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Speziell solche Daten, die im Zusammenhang mit den von dem Beklagten bereits erstinstanzlich genannten Verfahren stünden, seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums nach wie vor erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf die bereits anhängigen Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den entsprechenden Sachakten fehlten. Weder die Mitarbeiter noch die von den Mitarbeitern selbst zu dienstlichen Zwecken angelegten dienstlichen Inhalts-Dateien bedürften des vom Verwaltungsgericht angenommenen weiten Schutzes. Nach dem Sinn und Zweck der Sonderregelung in § 15 Abs. 4 LDSG solle durch die strikte Zweckbindung lediglich ausgeschlossen werden, dass die aus Bedürfnissen des Datenschutzes und der Datensicherheitzusätzlich erhobenen Datenbestände als Informationsgrundlage für andere Zwecke zur Verfügung stünden, weil dadurch der Einsatz wirksamer Datenschutz- und Sicherungsmethoden indirekt behindert würde. Mit der Wiederherstellung und dienstlichen Verwendung der zu dienstlichen Zwecken selbst angelegten oder zu diesem Zweck empfangenen Daten könne und müsse ein Mitarbeiter aber jederzeit rechnen. Durch die vom Verwaltungsgericht angenommene Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG werde zugleich das spezielle Regel-Ausnahmeprinzip des § 15 LDSG in einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Weise verengt. Behörden und Unternehmen wären in einer Vielzahl von Fällen zur Aufgabe ihrer an sich höherrangigen und berechtigten Interessen gezwungen und letztlich dem Belieben ihrer unbefugt handelnden Mitarbeiter ausgesetzt, wenn und soweit diese (bewusst) dienstliche Dokumente vernichteten.
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Völlig unberücksichtigt habe das Verwaltungsgericht gelassen, dass Sinn und Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht sei, denjenigen zu schützen, der selbst in rechtswidriger Weise den Zwecken der Datensicherung zuwidergehandelt habe. Dem Kläger habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident auch im Hinblick auf die in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG genannten Belange die Pflicht oblegen, solche Daten zu sichern, die in die Sachakten des Staatsministeriums gehörten. Diese Sicherung sei unterblieben. Aufgrund der von dem Beklagten vorgelegten E-Mail-Schreiben des Klägers stehe fest, dass dieser z.B. im Zusammenhang mit dem Erwerb der EnBW-Anteile E-Mail-Schreiben erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Die gesamte Anbahnung des Erwerbs der EnBW-Anteile sei unter Ausschluss der zuständigen Ministerien und ihrer Ministerialebenen allein über das damalige Ministerpräsidentenbüro des Klägers vorbereitet und abgeschlossen worden. Die dem Erwerb zu Grunde liegenden Überlegungen und Informationen seien zwischen den beteiligten Parteien ganz überwiegend in digitaler Form ausgetauscht worden. Akten im klassischen Sinn seien zu diesem Vorgang nicht vorhanden. Auch die Akten zum Polizeieinsatz vom 30.09.2009 enthielten keine E-Mail-Nachrichten des Klägers, obwohl die Bevollmächtigten des Klägers gegenüber dem Verwaltungsgericht im Erörterungstermin vom 29.04.2013 erklärt hätten, dass die Staatsanwaltschaft den streitgegenständlichen Sicherungskopien zu diesem Thema insgesamt zwei bis drei Leitzordner E-Mails entnommen und beschlagnahmt habe.
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Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Verwaltungs- und Regierungshandeln allgemein und in anderen Fällen betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Der Kläger behaupte gerade nicht, dass es sich bei den gespeicherten Postfach-Daten ausschließlich um den rein privaten Bereich betreffende E-Mails handele. Vielmehr habe er erstinstanzlich geltend gemacht, er habe während seiner Amtszeit als Ministerpräsident keinerlei Dokumentations- und Aktenführungspflicht unterlegen, und bringe nun vor, er habe alle maßgeblichen Unterlagen zu den Sachakten genommen. Der Kläger habe Dokumentations- und Aktenführungspflichten unterlegen. Die Vollständigkeit staatlicher Akten bilde die Grundlage rechtmäßigen staatlichen Handelns und sei Voraussetzung für jede Rechtskontrolle im Sinne von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Das Parlament habe Anteil an der Staatsleitung durch die ihm zustehenden Mitentscheidungskompetenzen und der ihm zugewiesenen parlamentarischen Kontrolle, deren Ziel es sei, das Handeln der Regierung transparent und verantwortlich zu machen. Die dem Staatsministerium durch Übersenden seitens des Untersuchungsausschusses bekannte, dem Gericht vorgelegte E-Mail-Korrespondenz des Klägers betreffe keinen der Kontrolle des Parlaments entzogenen Vorbehaltsbereich der Regierung. Es handle sich um den Gedankenaustausch eines Ministerpräsidenten mit einem außerhalb des Kabinetts stehenden Dritten im Zusammenhang mit einer beabsichtigten wirtschaftlichen Betätigung des Landes. Dem parlamentarischen Informationsrecht entspreche eine grundsätzliche Informationspflicht der Landesregierung. Die Informations- und Akteneinsichtsrechte - in Form von Rechtsansprüchen nach § 29 Abs. 1 LVwVfG, Art. 35 LV i.V.m. § 14 UAG, § 61 LTGO und im Ermessenswege nach allgemeinen Grundsätzen - setzten eine Pflicht zur Führung vollständiger und wahrheitsgetreuer Akten voraus. Die Aktenführungspflicht ergebe sich auch ohne ausdrücklichen Ausspruch in einem Gesetz oder einem Organisationsstatut aus der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht der Behörden und Verfassungsorgane zur objektiven Dokumentation des bisherigen wesentlichen sachbezogenen Geschehensablaufs und der möglichen Erkenntnisquellen für das zukünftige Handeln. Selbstverständlich sei das Staatsministerium verpflichtet, Daten, die den rein familiären Bereich beträfen, zu löschen. Eine diesbezügliche Trennung der Postfachdaten sei über die Absender- bzw. Empfängerdaten technisch möglich. Die Einsichtnahme in die Absender- bzw. Empfängerdaten sei dem Kläger auch zumutbar und keine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Durch das Löschen der allein elektronisch gespeicherten dienstlichen Daten habe der Kläger die Aufgabenwahrnehmung des Beklagten in einigen Bereichen nahezu unmöglich gemacht. Dies lasse seine Schutzbedürftigkeit insgesamt entfallen.
26 
Der Beklagte beantragt,
27 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
28 
Der Kläger beantragt,
29 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
30 
Die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe Originaldateien entgegen der ihm obliegenden Aktenführungspflichten gelöscht, sei haltlos. Der Vortrag des Beklagten erfolge ohne ansatzweise substantiierte Darlegung. Auf der grundlosen Unterstellung, der Kläger habe gegen seine Aktenführungspflicht verstoßen, beruhe die Argumentation des Beklagten, dass es sich bei den streitgegenständlichen Daten um solche handele, die nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 LDSG zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten erforderlich seien, und dass der Beklagte befugt sein müsse, auf noch vorhandene Sicherungskopien zurückzugreifen. Es sei eine falsche Behauptung, dass im Staatsministerium wenige Schriftstücke aus der Amtszeit des Klägers vorhanden seien. Regierungshandeln unterliege nicht der Anordnung Schriftgut und nach dieser Verwaltungsvorschrift seien nur solche E-Mails zu den Akten zu nehmen, die "Entscheidungen" enthielten, es sei denn der Bearbeiter ordne ihre Aufbewahrung an. Eine elektronische Archivierung von E-Mails sei im Staatsministerium nicht erfolgt. Die Löschung von E-Mails sei Aufgabe des jeweiligen Adressaten gewesen. Zudem gebe es einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der einen nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließe, zu dem auch die Willensbildung der Regierung selbst zähle. Danach seien ausgetauschte Meinungen und Werturteile auch in öffentlichen Angelegenheiten nicht in Akten zu dokumentieren.
31 
Ob Daten zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG noch erforderlich seien, richte sich ausschließlich nach der Zweckbestimmung, die der Speicherung der Daten zu Grunde gelegen habe. Nicht mehr erforderlich seien die Daten, wenn die Aufgabe, zu deren Erfüllung sie gespeichert worden seien, endgültig entfallen sei. Dies werde aus der Systematik des § 15 Abs. 1 LDSG deutlich, indem dort zum Erforderlichkeitsgrundsatz (Nr. 1) kumulativ der Grundsatz der Zweckbindung (Nr. 2) hinzutrete. Daten seien daher zur Aufgabenerfüllung nur solange erforderlich, wie die konkrete Aufgabe aktuell sei. Es gehe vorliegend daher nicht darum, ob der Zweck, zu dem die streitgegenständlichen Daten gespeichert worden seien, über den konkreten Anlass - hier eine technische Störung des E-Mail-Accounts des Klägers im Oktober 2010 - hinausgehe. Bei der Frage, ob die Aufgabe entfallen sei, sei die mit dem Ausscheiden des Klägers aus dem Amt des Ministerpräsidenten verbundene Zeitkomponente maßgeblich, die vom Beklagten außer Acht gelassen werde. Mit diesem Ausscheiden seien die die weitere Speicherung rechtfertigenden Aufgaben entfallen. Die streitgegenständlichen Daten seien nicht zum Zweck der Datensicherung im Sinne der Sicherung ihrer fortwährenden Verfügbarkeit im EDV-System des Beklagten gespeichert worden. Eine Wiedergewinnung von Daten, die in Sicherungskopien gespeichert seien, nach § 15 Abs. 4 LDSG sei nur in den Grenzen der konkreten Aufgabe, zu deren Erfüllung die Speicherung erfolgt sei, zulässig. Vorliegend gehe es nicht um einen Datenverlust durch einen Systemfehler, dessen nachteiligen Folgen auf den ordnungsgemäßen Betrieb der Datenverarbeitungsanlage durch die streitgegenständlichen Sicherungskopien habe entgegengesteuert werden sollen, sondern der Kläger habe als Betroffener bewusst entschieden, diese Daten zu löschen. Die Daten sollten nach dem Anliegen des Beklagten nicht für den intendierten Sicherungszweck (Verlust durch Systemfehler), sondern zu anderen Zwecken, insbesondere der vermeintlich angezeigten Überprüfung der Vollständigkeit von Akten (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG), angeblicher erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG) oder gar der Aufdeckung vermuteter Rechtsverstöße (§ 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG) herangezogen werden. Dies sei jedoch datenschutzrechtlich unzulässig. Die Annahme des Beklagten, die strikte Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG erfasse ausschließlich "zusätzlich" erhobene Datenbestände, verkenne, dass die strikte Zweckbindung ungeachtet des Inhalts der Sicherungskopie hier die streitgegenständlichen Daten erfasse. Der „unclean hands“-Einwand des Beklagten sei für den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch aus § 23 Abs. 1 LDSG irrelevant. Andernfalls würde die durch § 15 Abs. 4 LDSG bewirkte strikte Zweckbindung ausgehöhlt. Eine Reduzierung des datenschutzrechtlichen Schutzniveaus ergebe sich hier weder daraus, dass die private IT-Nutzung nicht ausdrücklich gestattet worden sei, noch aus dem Umstand, dass der Kläger die Funktion des Ministerpräsidenten innegehabt habe. Die von dem Beklagten angeführten parlamentarischen Kontrollbefugnisse seien nicht dazu geeignet, den datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und die strikte Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG einzuschränken.
32 
Auf die ihm am 01.08.2013 zugestellte Berufungsbegründung hin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 30.08.2013, der am selben Tag beim Verwaltungsgerichtshof einging, Anschlussberufung eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Hauptantrag auf uneingeschränkte Löschung der streitgegenständlichen Dateien weiterverfolgt. Zur Begründung führt er aus, die streitgegenständlichen Daten seien als privat einzustufen und allenfalls nach § 2 Abs. 3 LArchG mit dem Einvernehmen des Klägers dem Landesarchiv anzubieten. Mit § 2 Abs. 3 LArchG seien keine Eingriffsbefugnisse verbunden. Auch unter der Annahme, dass kein Fall des § 2 Abs. 3 LArchG vorliege, komme man nicht zu einem Anbieten. Der Kläger in seiner Funktion als Ministerpräsident sei als Verfassungsorgan mit eigenen Organrechten zu betrachten gewesen. Der Kläger selbst sei also Stelle im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG. Die Übergabe durch die Stelle beziehe sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG ausschließlich auf Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötige. Potentielles Archivgut könnten also nur solche Unterlagen sein, die bei der Stelle im Vorfeld der Anbietung der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben dieser Stelle gedient hätten. Dies sei jedoch hier nicht der Fall. Die Daten hätten nicht der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten gedient, denn sie seien ausschließlich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden. Es bestehe also eine Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut dem Landesarchiv anzubieten seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe dazu, dass auch Daten, von denen bereits im Vorfeld der Anbietung an das Landesarchiv bekannt sei, dass sie wegen eines Fortfalls des Zwecks im Sinne des § 15 Abs. 4 LDSG nach § 23 Abs. 1 LDSG zu löschen seien, dem Landesarchiv zum Zwecke der Archivierung anzubieten seien. Aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei jedoch ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber danach differenziere, ob ein Löschungsanspruch vor oder nach der Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv erhoben werde. Zwar seien von den Stellen personenbezogene Daten infolge des § 23 Abs. 3 LDSG selbst dann vor der Löschung dem Landesarchiv anzubieten, wenn diese unzulässig gespeichert worden seien. Der die öffentlich-rechtliche Löschungspflicht der öffentlichen Hand widerspiegelnde subjektive Löschungsanspruch des Betroffenen gehe jedoch weiter und sei erst dann ausgeschlossen, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die (weitere) Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. Zudem folge aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, dass unzulässig gespeicherte Daten nicht der archivrechtlichen Anbietungspflicht des § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG unterlägen. Aus § 23 Abs. 3 LDSG im Zusammenspiel mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG lasse sich kein gesetzlicher Rahmen entnehmen, der dem an einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung anzulegenden Bestimmtheitsgrad genüge. Zudem müssten nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts alle in der Landesverwaltung eingehenden und versandten E-Mails vor ihrer Löschung dem Archiv angeboten werden; diese Kontrollüberlegung zeige, dass die Argumentation des Verwaltungsgerichts unzutreffend sei.
33 
Mit der Anschlussberufung beantragt der Kläger,
34 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - teilweise zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, die Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers ... ...PST_20101116, ...PST_20101117 und ... ...PST_20101117_DUMPSTER sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen.
35 
Der Beklagte beantragt,
36 
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
37 
Das Archivrecht gewährleiste mit den Anbietungs- und Übergabepflichten einerseits und den Sperrfristen andererseits einen angemessenen Ausgleich zwischen den divergierenden Geheimhaltungs- und Publizitätsinteressen der Beteiligten. Die streitgegenständlichen Dateien seien nicht als privat einzustufen. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Kläger - wie hier - über seinen Dienstrechner und das ihm als Ministerpräsidenten zugewiesene dienstliche Mailkonto kommuniziert habe, seien die entstandenen Postfachdaten als amtlich einzuordnen. Alle Korrespondenz eines Regierungschefs mit Ausnahme familiärer Schreiben sei von der öffentlichen Amtsfunktion überlagert. Die streitgegenständlichen Sicherungskopien hätten der Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums insgesamt und der Aufgabenerfüllung des Klägers als damaligem Ministerpräsidenten gedient. Gemäß §§ 2, 3 LArchG sei es Aufgabe des Landesarchivs, die ihm angebotenen Unterlagen zu bewerten und die jeweils archivwürdigen Unterlagen auszuwählen. Ob diese in digitaler oder Papierform vorlägen, sei unerheblich. Nach der gesetzgeberischen Intention zu § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG seien Löschungsansprüche nach Landesdatenschutzrecht bei Archivgut ausgeschlossen. Dem eindeutigen Wortlaut nach seien gemäß § 23 Abs. 3 LDSG auch unzulässig gespeicherte Unterlagen anzubieten.
38 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten (2 Heftungen) vor.

Entscheidungsgründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
39 
Sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, aber unbegründet.
40 
I. Berufung des Beklagten
41 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Einreichung beim VGH, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 und 5 VwGO).
42 
2. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der Kläger hat einen - durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv modifizierten (s. dazu unter II.) - Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (a). Einem solchen Löschungsanspruch stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (b) entgegen.
43 
a) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
44 
aa) Bei den streitgegenständlichen Dateien handelt es sich um personenbezogene Daten. Solche sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten, und sind daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat und die Beteiligten auch nicht in Frage stellen - personenbezogene Daten.
45 
bb) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium. Es ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG).
46 
cc) Die streitgegenständlichen Dateien sind für das Staatsministerium nicht mehr i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG zur Aufgabenerfüllung erforderlich.
47 
(1) Die Kenntnis der Daten ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle noch erforderlich, wenn entweder die Kenntnis notwendig ist zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 LDSG oder § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden, oder die Kenntnis erforderlich ist für die Erfüllung eines anderen Zwecks als desjenigen, der der Datenspeicherung zugrunde lag, und dies gemäß § 15 Abs. 3 LDSG keine Zweckänderung im Rechtssinne ist oder diese Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG zulässig ist. Diese Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung folgt aus Wortlaut, Willen des Gesetzgebers, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach besteht zwischen dem Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG und der Regelung über Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten nach § 15 LDSG ein unmittelbarer Zusammenhang.
48 
Der Wortlaut von § 15 LDSG und § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG spricht zunächst nicht für diesen unmittelbaren Zusammenhang. Denn § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG macht den Löschungsanspruch davon abhängig, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist, während nach 15 Abs. 1 LDSG die Zulässigkeit der Speicherung nicht nur die Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle voraussetzt, sondern auch dass die Speicherung für die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, erfolgt. Den Gesichtspunkt der Zweckbindung spricht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hingegen gar nicht an.
49 
Dem entspricht es, wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur zu den insoweit gleich lautenden Normen der § 20 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Erforderlichkeit verneint wird, wenn die Daten keine praktische Bedeutung mehr haben und deshalb ausgeschlossen werden könne, dass sie die Arbeit der zuständigen Behörde noch fördern könnten (vgl. Mallmann, in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 20 Rn. 42; Mester, in: Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 20 Rn. 18; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 11; Brink, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 35 Rn. 39; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 84 Rn. 7; ähnlich Wedde, in: Roßnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.4. Rn. 64, und ders., in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl., § 20 Rn. 12, auf die „Aufgabe“ abstellend, zu deren Erfüllung die Daten gespeichert wurden; unklar Worms, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 20 BDSG Rn. 39; ähnlich auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1992 - 1 B 164.92 - juris Rn. 3 m.w.N., zur Speicherung von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem bad.-württ. Polizeigesetz; Beschl. v. 18.03.1994 - 11 B 76.93 - NJW 1994, 2499, zum Eintrag in der Führerscheinkartei). Nach dieser Auffassung dürfte die Erforderlichkeit noch gegeben sein - und bestünde folglich kein Löschungsanspruch des Betroffenen -, wenn der Zweck, zu dem die Daten gespeichert worden sind, inzwischen zwar erfüllt ist, die Daten jedoch allgemein für die Aufgaben der Behörde, mithin für andere Zwecke, als sie der Speicherung zugrunde lagen, noch von Bedeutung sein könnten.
50 
Gegen eine solche Auslegung der Norm spricht jedoch die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BDSG, denen auch im Wortlaut § 23 Abs. 1 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 LDSG nachgebildet sind. Das Bundesdatenschutzgesetz 1977 (Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz - BDSG) vom 27.01.1977, BGBl. I, 201) bestimmte in § 9 Abs. 1:
51 
"Das Speichern oder Verändern personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.“
52 
Zur Sperrung und Löschung von Daten bestimmte § 14 BDSG 1977 unter anderem:
53 
„(2) Personenbezogene Daten sind zu sperren, wenn ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen läßt. Sie sind ferner zu sperren, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist…
54 
(3) Personenbezogene Daten können gelöscht werden, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder wenn es in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 der Betroffene verlangt.“
55 
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz 1977 war mithin sowohl für die Zulässigkeit von Datenspeicherung und -veränderung nach § 9 Abs. 1 als auch für den Löschungsanspruch nach § 14 Abs. 3 Satz 2 maßgebliches Kriterium die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung der speichernden Stelle. Das Tatbestandsmerkmal der Zweckbindung bestand nicht.
56 
Der heutige Wortlaut von § 20 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 BDSG geht zurück auf die Novelle von 1990 (Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl. I, 2954). Mit diesem Gesetz reagierte der Gesetzgeber auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Es sei nötig geworden, aufgrund des Volkszählungsurteils dem Grundsatz der Zweckbindung durchgehend Geltung zu verschaffen (vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 36). Wesentlicher Inhalt der Neufassung sei:
57 
„a) Verstärkung der Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, enumerative Aufzählung der Ausnahmen,
58 
b) Verstärkung der Rechte des Betroffenen sowohl im öffentlichen als auch im nicht-öffentlichen Bereich, insbesondere durch

- Löschungsrechte
…“
59 
(vgl. BT-Drucks. 11/4306, S. 37)
60 
Die Entstehungsgeschichte spricht mithin gerade nicht dafür, den Umfang der Zweckbindung bei der Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung einerseits und den Löschungsanspruch andererseits unterschiedlich zu bestimmen. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt nicht, dass ein Löschungsanspruch erst bestehen soll, wenn unabhängig von der Zweckbindung die Nutzung der gespeicherten Daten ganz allgemein für die Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich ist. Vielmehr wollte der Gesetzgeber im Gegenteil die Zweckbindung bei der Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten verstärken, ebenso die subjektiven Rechte des Betroffenen. Die Entstehungsgeschichte spricht mithin dafür, einen Zusammenhang zwischen Löschungsanspruch und Zweckbindungsgrundsatz zu bejahen.
61 
Zweck des Löschungsanspruchs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG ist, die aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindung der erhobenen Daten durchzusetzen. Dies folgt nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist - wenn nicht der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LDSG) - nur zulässig, wenn das Landesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LDSG). Dies folgt notwendig daraus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist und ein solcher Eingriff einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Verwendung der Daten ist auf den gesetzlich bestimmten Zweck begrenzt (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43 ff.>). Für den Bereich der Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ist § 15 LDSG die gesetzliche Grundlage, die den Umfang der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 Abs. 1 LDSG regelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 15 LDSG nicht mehr zulässig, liegt ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, so dass - da das Grundrecht ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gibt - ein Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG gegeben sein muss. Wenn jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterhin auf § 15 LDSG gestützt werden kann, ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff vorhanden; ein Löschungsanspruch besteht dann nicht. Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach § 15 LDSG korrespondieren mithin.
62 
(2) Nach diesem Maßstab ist die Kenntnis der streitgegenständlichen Daten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich. Denn die Kenntnis ist nicht notwendig zur Erfüllung des Zwecks, zu dem die Daten im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG gespeichert wurden. Eine Zweckänderung nach § 15 Abs. 2 LDSG ist ausgeschlossen, denn § 15 Abs. 4 LDSG geht als Spezialregelung § 15 Abs. 2, 3 LDSG vor; diese sind nicht anwendbar (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106, 115; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56; Dehoust, in: Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, SächsDSG, 2011, § 13 Rn. 37).
63 
(a) Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG enthält, wie bereits der Wortlaut zeigt, ein absolutes Zweckentfremdungsverbot. Es besteht eine strenge Zweckbindung der für Zwecke der Datenschutzkontrolle und/oder Datensicherung gespeicherten Daten (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, a.a.O., 31 Rn. 1; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 22; Bieresborn, a.a.O., § 67c Rn. 13; Jung, in: Eichenhofer/Wenner, SGB I, V, X, 2012, § 67c SGB X Rn. 13; Steinmeyer, in: Wannagat/Eichenhofer, SGB, § 67c SGB X Rn. 14 <83. Lfg.>). Durch den strikten Zweckbindungsgrundsatz soll verhindert werden, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden (vgl. Heckmann, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 14 Rn. 108; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 106; Albers, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 56). Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, „…dass Daten, die nur den genannten Zwecken dienen, keiner anderen Verwendung zugeführt werden“ (so zur Parallelnorm des § 14 Abs. 4 die Beschlussempfehlung des BT-Innenausschusses zur Datenschutznovelle 1990, vgl. BT-Drucks. 11/7235, S. 88).
64 
Das strikte Zweckbindungsgebot des § 15 Abs. 4 LDSG gilt nur dann, wenn personenbezogene Daten ausschließlich zu den im Gesetz genannten Zwecken gespeichert werden (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 111; Buchner, in: Taeger/Gabel, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 27, § 31 Rn. 5). Ob eine solche ausschließliche Zwecksetzung verfolgt wird, bestimmt die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen der Festlegung des Zweckes (vgl. Buchner, a.a.O., § 31 Rn. 3; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5). Ausschlaggebend ist mithin der von der verantwortlichen Stelle festgelegte Zweck (vgl. OVG Bln.-Bbg., Beschl. v. 02.03.2011 - OVG 60 PV 10.10 - juris Rn. 30, zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BlnDSG i.V.m. § 31 BDSG; Beschl. v. 14.03.2013 - OVG 62 PV 13.12 - juris Rn. 45 zu § 31 BDSG; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37). Die Festlegung des Verwendungszwecks durch die verantwortliche Stelle führt zu deren Selbstbindung (vgl. Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 24; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39; je zu § 14 Abs. 1 BDSG). Die Zweckbindung haftet der Datenverarbeitung bis zur Zweckerfüllung an (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 10, zu § 14 Abs. 1 BDSG).
65 
Diese Festlegung der Zweckbindung muss im Voraus erfolgen. Wurde sie unterlassen, so ist der objektive Verwendungszweck maßgeblich, der sich nach dem erkennbar verfolgten Ziel bestimmt (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Heckmann, a.a.O., § 14 Rn. 110). Die öffentliche Stelle ist jedoch nicht frei in ihrer Festlegung des Zwecks. Sie hat es nicht in der Hand, durch eine allzu weite und unverbindliche Definition die Zweckbindung leerlaufen zu lassen; die Festlegung des Zwecks muss datenschutzrechtlich zulässig sein (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113, zu § 14 Abs. 4 BDSG; Dehoust, a.a.O., § 13 Rn. 37, 22, zu § 13 Abs. 4 SächsDSG).
66 
Sollen diese Daten für einen weiteren Zweck genutzt werden, bedarf es hierfür einer eigenständigen Legitimation durch eine Rechtsvorschrift (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30) Eine nachträgliche Änderung der Zweckbindung ohne spezielle gesetzliche Grundlage hierfür ist ausgeschlossen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 113; Gola/Schomerus, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, in: Wolff/Brink, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 31 ff.).
67 
Die Vermeidung von Datenverlusten, Datenmanipulationen und unbefugtem Datenzugang sowie die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung von Datenbeständen gehören zum Zweck der Datensicherung sowie zum Zweck der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109, zur Datensicherung; Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 59, zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 1a: klare Trennung dieser Zwecke nicht möglich). Die Wiedergewinnung des gesicherten und verloren gegangenen Datenbestsands gehört daher grundsätzlich zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 112, 114; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 BDSG Rn. 24).
68 
Zu Unrecht bringt der Beklagte vor, mit einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 4 LDSG sei eine zu enge Zweckbindung verbunden, die unabweisbare Bedürfnisse der Allgemeinheit, insbesondere im Hinblick auf Belange der Strafrechtspflege bei der Verfolgung von Straftaten unzulässig hintanstelle. Zwar wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten, dass strafrechtliche Zugriffsnormen, auch über § 1 Abs. 3 BDSG bzw. § 2 Abs. 5 LDSG die strikte Zweckbindung des § 14 Abs. 4 BDSG bzw. § 15 Abs. 4 LDSG nicht überwinden könnten (so Albers, a.a.O., § 14 BDSG Rn. 62; Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115 ; a.A. wohl Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29). Anderes gelte nur für die Verfolgung von Datenschutzdelikten; sie bewege sich im Rahmen des § 14 Abs. 4 BDSG (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115; Gola/Schomerus, a.a.O., § 14 Rn. 30; Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 4). Dies trifft jedoch nach Auffassung des Senats - ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre - nicht zu. Soweit besondere Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes auf personenbezogene Daten anzuwenden sind, gehen sie gemäß § 2 Abs. 5 LDSG den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Mit dem Erfordernis besonderer Rechtsvorschriften soll gewährleistet sein, dass nicht jede Rechtsnorm außerhalb des Datenschutzrechts einen Zugriff auf personenbezogene Daten ermöglichen soll. Einen solchen Zugriff soll nur eine spezielle Datenschutzvorschrift gestatten können; Normen, die Datenverarbeitungsvorgänge lediglich voraussetzen, reichen nicht aus (vgl. zu § 1 Abs. 3 BDSG: Dix, in: Simitis, a.a.O., § 1 Rn. 110; BT-Drucks. 7/1027, S. 16). Diesen Anforderungen des § 2 Abs. 5 LDSG an besondere Rechtsvorschriften entsprechen die Normen der §§ 160, 161, 163 StPO über die Beweiserhebung in Ermittlungsverfahren; diese sind die allgemeinen Rechtsgrundlagen für Datenerhebungen durch Strafverfolgungsbehörden (vgl. Dembowski, in: Roßnagel, a.a.O., Kap. 8.1 Rn. 17 ff.). Insbesondere ist § 161 Abs. 1 StPO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten im Ermittlungsverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.02.2009 - 2 BvR 1732, 1745/07 - NJW 2009, 1405 <1407>; Meyer-Goßner, stopp, 56. Aufl., § 161 Rn. 2). Die strafprozessualen Beweiserhebungsnormen sind daher besondere Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 5 LDSG, die sich über die Zwecksetzung des § 15 Abs. 4 LDSG hinwegsetzen können. Die Zulässigkeit der Erhebung und Beschlagnahme personenbezogener Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren trotz einer bestehenden Zweckbindung nach § 15 Abs. 4 LDSG legt schließlich die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 8 LDSG, dass eine datenschutzrechtliche Zweckänderung für Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist, nahe.
69 
(b) Nach diesem Maßstab wäre mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien eine mit § 15 Abs. 4 LDSG unvereinbare Zweckänderung verbunden. Der ursprünglich mit der Erstellung der Sicherungskopien verbundene konkrete Zweck kann jetzt nicht mehr erreicht werden (aa). Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien (bb). Ein allgemeiner, vom ursprünglich verfolgten Zweck unabhängiger Zweck der Datensicherung könnte zudem mit einer Wiederherstellung der Originaldateien aus den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht zulässig verfolgt werden; denn der Zweck, zu dem die Originaldateien gespeichert wurden, ist weggefallen (cc).
70 
(aa) Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war maßgeblicher Zweck der Datensicherungen, eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können. Damit hat der Beklagte Zwecke der Datensicherung und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage i.S.d. § 15 Abs. 4 LDSG verfolgt.
71 
Diese Zwecke - eine Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Art zu vermeiden und um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme mit dem Outlookkalender wirksam entgegentreten zu können - hat der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.01.2013 an das Verwaltungsgericht als diejenigen angegeben, zu denen die streitgegenständlichen Dateien erstellt wurden. An diese ursprünglich verfolgten Zwecke ist der Beklagte aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung gebunden. Diese Zwecke können bei Wiedergewinnung der in der Sicherungskopie enthaltenen Daten nun nicht mehr erreicht werden. Die Verfolgung anderer Zwecke schließt § 15 Abs. 4 LDSG aus.
72 
Auf einen allgemeinen, über den konkreten Anlass der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien hinausgehenden allgemeinen Sicherungszweck kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Zwar kann der datenschutzrechtlich relevante Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG über den konkreten Anlass der Speicherung hinausgehen. Einen solchen allgemeinen Sicherungszweck verfolgte der Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Sicherungskopien jedoch nicht:
73 
Die Bestimmung des maßgeblichen Zwecks einer Maßnahme nach § 15 Abs. 4 LDSG folgt im Kern denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des Zwecks einer Datenspeicherung und -erhebung nach § 15 Abs. 1 LDSG. Maßgeblich ist dabei - wie Dammann zutreffend ausführt - der materielle Gehalt des Zweckbindungsgrundsatzes. Er resultiert daraus, dass jede Ermächtigung einer öffentlichen Stelle, personenbezogene Daten zu erheben und zu speichern, nur im Hinblick auf bestimmte Zwecke ergeht und daher auch eine Verwendung der Daten grundsätzlich nur im Rahmen dieser Zwecke legitimiert. Daher ist bei der Frage, wie der jeweilige Zweck zu fassen ist, bei der jeweiligen rechtlichen Legitimationsgrundlage für das Erheben bzw. Speichern anzuknüpfen. Maßgeblich ist entweder die gesetzliche Grundlage oder die vom Betroffenen im Sinne einer informationellen Selbstbestimmung getroffene Verfügung. Dies entspricht dem Inhalt der Aufklärungspflicht nach § 4 Abs. 3 BGSG. Liegt der Erhebung und Speicherung keine aufgabenspezifische Rechtsvorschrift zu Grunde oder bietet diese keine geeigneten Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Verarbeitungszwecks und hat auch der Betroffene keine einschränkende Verfügung getroffen, so kommt es auf den tatsächlich verfolgten Handlungszweck an. Dieser kann und wird häufig weiter sein als der konkrete Anlass der Speicherung (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 39 ff., zu § 14 Abs. 1 BDSG).
74 
An einer Festlegung eines konkreten Zwecks hinsichtlich der streitgegenständlichen Dateien durch eine Rechtsvorschrift oder eine Verfügung des Betroffenen - hier des Klägers - fehlt es. Daher kommt es auf den tatsächlich verfolgten Zweck an. Dieser bestand nicht in der Herstellung von Sicherungskopien der Outlookdateien des Klägers für jeglichen Fall des Datenverlusts. Denn längerfristige allgemeine Sicherungsspeicherungen von Outlook-Postfachinhalten wurden - abgesehen von der begrenzten Speicherung gelöschter Mails für sieben Tage auf dem Server des Staatsministeriums und für 30 Tage im Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach - im Staatsministerium nicht vorgenommen. Nach der geübten Praxis im Staatsministerium entschied allein der Nutzer des Outlook-Postfachs, welche E-Mails er ausdruckte und den Akten beifügte und welche er löschte. Eine Speicherung von Postfachinhalten für allgemeine Zwecke war auch hier nicht beabsichtigt. Die streitgegenständlichen Dateien wurden vielmehr für den beschriebenen begrenzten Zweck - Behebung von Problemen im Outlook-Kalender des Klägers - hergestellt, zu dem sie nun nicht mehr verwendet werden können.
75 
(bb) Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 LDSG erfasst auch die streitgegenständlichen Dateien. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG gelte nur für zusätzliche, bei der Datenschutzkontrolle etc., aus technischen Gründen anfallende Dateien wie Protokolle von Datenabrufen oder personenbezogene Daten der Mitarbeiter in der IT-Abteilung. Für die Zwecke der Datenschutzkontrolle und der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage wird dies in der Literatur in der Tat angenommen (vgl. Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 108, 110). Für im Rahmen der Datensicherung hergestellte Kopien kann dies jedenfalls nicht gelten (so wohl auch Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 109). Eine Einschränkung des Schutzzwecks des § 15 Abs. 4 LDSG lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Für Datenkopien ist der Schutzzweck auch einschlägig. Denn es entspricht gerade dem Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG, dass zusätzlich angelegte Datenbestände nicht als allgemeine Informationsgrundlage dienen sollen. Hierunter fallen gerade nach Jahren immer noch vorhandene, vom ursprünglichen Speicherzweck losgelöste Kopien von Dateien
76 
(cc) Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass aus nach § 15 Abs. 4 LDSG hergestellten Sicherungskopien bei jeglichem Datenverlust die Originaldateien wiederhergestellt werden dürften, wäre eine solche Wiederherstellung hier unzulässig. Denn eine Wiederherstellung der Originaldateien aus der Sicherungskopie ist vom Zweck des § 15 Abs. 4 LDSG nicht mehr gedeckt und daher unzulässig, wenn der Zweck, zu dem die Originaldateien nach § 15 Abs. 1 LDSG gespeichert wurden, inzwischen weggefallen ist und daher nicht mehr erfüllt werden kann (Zweckerreichung). Das folgt aus dem strengen Zweckbindungsgrundsatz des § 15 Abs. 4 LDSG. Dieser soll verhindern, dass Datenbestände, die zu Zwecken des Datenschutzes und der Datensicherheit angelegt wurden, als allgemeine Informationsgrundlage verwendet werden. Damit wäre es unvereinbar, wenn gemäß § 15 Abs. 4 LDSG erstellte Sicherungskopien von der speichernden Stelle noch genutzt werden dürften, obwohl der Speicherungszweck der Originaldateien bereits entfallen ist. So liegt der Fall hier:
77 
Bei der Bestimmung des Zwecks der ursprünglichen Datenspeicherung nach § 15 Abs. 1 LDSG ist, wie dargelegt, auf die rechtliche Legitimationsgrundlage für die Datenspeicherung abzustellen. Eine Rechtsvorschrift, die die Speicherung von E-Mails von Landesbediensteten datenschutzrechtlich gestattet, existiert nicht. Eine gesonderte Regelung des E-Mail-Verkehrs im Staatsministerium erfolgte nicht, eine datenschutzrechtlich relevante Selbstverpflichtung des Klägers zum E-Mail-Verkehr fehlt daher. Da die E-Mail-Accounts der Bediensteten des Staatsministeriums dem "Persönlichkeitsbereich" zugeordnet waren und der Nutzer des Postfachs selbst über die Verwendung der Postfachinhalte entscheiden durfte, diente die Speicherung von Postfachinhalten den persönlichen Belangen des Postfachinhabers. Dieser Zweck besteht, nachdem der Kläger seinen E-Mail-Account im Staatsministerium nicht mehr nutzt, nicht mehr. Andere datenschutzrechtlich i.S.v. § 15 Abs. 1 LDSG relevante Zwecke bestanden nicht. Selbst die Anlegung von Protokolldateien über die Internetnutzung diente nach den Sicherheitshinweisen im Antragsformular des Klägers auf Internetzugang vom 11.02.2010 Zwecken der Sicherheit der Datenverarbeitungsanlage des Staatsministeriums vor unerlaubten Zugriffen oder Angriffen von außen, nicht Datensicherungszwecken im allgemeinen. Der ursprünglich verfolgte Zweck der Speicherung der Originaldateien kann nicht mehr erreicht werden, diese dürfen daher nicht aus der Sicherungskopie wiederhergestellt werden.
78 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beklagten, nach der AnO Schriftgut und allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie folgenden Grundsätzen seien E-Mails aufgrund des Grundsatzes der Aktenvollständigkeit zu den Akten zu nehmen. Dass aus diesen Gründen E-Mails gespeichert werden, ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Grundlage noch aus einer datenschutzrechtlichen Einwilligung des Klägers. Ein datenschutzrechtlich relevanter Speicherzweck im Sinne des § 15 Abs. 1 LDSG liegt insoweit nicht vor.
79 
dd) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zum Löschungsanspruch des Klägers dargelegt, dass dieser sich nicht zusätzlich auf § 88 TKG berufen kann, dass § 36 LDSG keine Anwendung findet und dass § 23 Abs. 3 LDSG dem Grunde nach dem Löschungsanspruch nicht entgegensteht. Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht angreifen, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
80 
b) Dem Löschungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen weder der Einwand des Rechtsmissbrauchs (aa) noch nachwirkende Pflichten des Klägers aus der Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes (bb) entgegen.
81 
aa)Dem datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Betroffenen nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG kann im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betroffene seinerseits offenkundig und schwerwiegend gegen eine gegenüber der die Daten speichernden Stelle bestehenden Pflicht oder Obliegenheit verstoßen hat, die im sachlichen Zusammenhang mit den zu löschenden Daten steht (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).
82 
(1) Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den allgemeinen ungeschriebenen Grundsätzen, die sowohl im Verwaltungsrecht des Bundes als auch im Verwaltungsrecht der Länder existieren und Bürger und Verwaltung binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58, juris Rn. 17; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <71>; Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 24.96 - BVerwGE 102, 194 <199>; Urt. v. 26.03.2003 - 6 C 24.02 - BVerwGE 118, 84 <89>; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 62 Rn. 29; Pitschas, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voß-kuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Bd. II., § 42 Rn. 94). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann daher auch subjektiv-öffentlichen Ansprüchen des Bürgers gegen die öffentliche Hand entgegenstehen (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 10, m.w.N.; Urt. v. 18.04.1996 - 4 C 22.94 - a.a.O.; Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162, juris Rn. 31, m.w.N.). Auch verfassungsrechtlich sind missbräuchlich erworbene Rechtspositionen des Bürgers nicht notwendig geschützt (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24, juris Rn. 51, zur Rücknahme der erschlichenen Einbürgerung nach § 48 VwVfG; ebenso BVerwG, Urt. v. 03.06.2003 - 1 C 19.02 - BVerwGE 118, 216 <220>; ähnlich zur missbräuchlichen Berufung auf Grundfreiheiten: EuGH, Urt. v. 09.03.1999 - C-212/97 [Centros] - juris Rn. 24 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Klägers schließen Grundrechte des Betroffenen daher nicht von vornherein aus, dass sich die öffentliche Hand ihm gegenüber auf die Grundsätze von Treu und Glauben berufen kann.
83 
Ein Fall der nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung ist die Verletzung eigener Pflichten (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46, m.w.N.). Dabei bedarf es eines Zusammenhangs zwischen dem beanspruchten und dem selbst geübten Verhalten, damit der geltend gemachte Rechtsanspruch angesichts des eigenen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint (vgl. Roth/Schubert, in: MK-BGB, 6. Aufl., § 242 Rn. 389).
84 
Der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben steht hier, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 LDSG Fälle der zulässigen Zweckänderung geregelt und insbesondere in § 15 Abs. 2 Nr. 5 LDSG Belange des Allgemeinwohls bereits berücksichtigt hat. Eine abschließende Regelung in dem Sinne, dass im Einzelfall ein Rückgriff auf die Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, ist damit nicht verbunden (für eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG oder vergleichbarer Normen in Sonderfällen auch: Weichert, a.a.O., § 31 Rn. 5; von Lewinsky, a.a.O., § 31 Rn. 29, 35: Dammann, a.a.O., § 14 Rn. 115). Der Einwand, das Verfolgen eines Anspruchs verstoße gegen Treu und Glauben, kann als allgemeines, in der Rechtsordnung anerkanntes Prinzip Geltung im Verhältnis auch zu Verfassungsrechtsätzen wie der Bindung an Recht und Gesetz und dem Gesetzesvorbehalt beanspruchen. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs hat nämlich selbst eine Grundlage in der materialen Rechtsstaatlichkeit (vgl. Pitschas, a.a.O., m.w.N.). Die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG wird folglich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Bürger öffentlich-rechtliche Ansprüche mit Rücksicht auf Treu und Glauben nicht geltend machen kann (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 14.04.1978, a.a.O.).
85 
Die Grundsätze von Treu und Glauben können in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht dazu führen, dass jeder Verstoß eines Betroffenen, der dem Grunde nach einen Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat, gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten dem Löschungsanspruch hindernd entgegengehalten werden kann. Voraussetzung ist vielmehr ein offenkundiger und schwerwiegender Verstoß gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten (ähnlich in anderen Zusammenhängen: BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - VII C 35.73 - DÖV 1975, 137, juris Rn. 16 m.w.N.; Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 15.07 - BVerwGE133, 85, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 37; BayVGH, Urt. v. 25.02.1977 - 6 X 77 - juris Rn. 26). Andernfalls könnte die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben dazu führen, dass eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Nutzung personenbezogener Daten zulässig würde. Dies wäre mit der Bedeutung des Gesetzesvorbehalts, der im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten wurzelt, unvereinbar. Der Gesetzesvorbehalt hat eine elementare freiheitssichernde Funktion. Indem er für jeden staatlichen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eine gesetzliche Grundlage fordert, gewährleistet er, dass die Freiheitseinschränkung auf den Willen des Souveräns zurückzuführen ist und der betroffene Bürger vorab erkennen kann, welche Freiheitseinschränkungen er zu erwarten hat. Im Datenschutzrecht kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Der Ausgleich zwischen den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Gesetzesvorbehalt, die im Ansatz gleichrangig nebeneinander stehen, ist daher in dem Sinne vorzunehmen, dass nur schwerwiegende und offensichtliche Verstöße gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten des Betroffenen dem Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG mit Erfolg entgegengehalten werden können.
86 
(2) Die Voraussetzungen eines offenkundigen und schwerwiegenden Verstoßes gegen eigene Pflichten oder Obliegenheiten liegen hier nicht vor. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Pflicht zur Führung vollständiger Akten verstoßen (a). Ein solcher Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz der Aktenvollständigkeit stünde in dem für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung notwendigen Zusammenhang zum Löschungsanspruch. Denn beide Aspekte betreffen denselben Gegenstand (dieselben Dateien) und stehen auch inhaltlich in einem Zusammenhang, da es jeweils auch um die Frage geht, welche Dateien für die Aufgaben der Beklagten erforderlich sind. Ein solcher Verstoß wäre jedoch nicht offensichtlich und schwerwiegend (b).
87 
(a) Auch für Regierungshandeln besteht im Grundsatz eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten, die jedoch durch den Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung begrenzt ist:
88 
(aa) Eine ausdrückliche landesrechtliche Regelung zur Führung vollständiger Akten in Behörden einschließlich Ministerien fehlt. Die im Staatsministerium geltende AnO Schriftgut vom 22.12.2005 ist lediglich ein Erlass. Aus ihr lässt sich eine Pflicht, Dokumente zur Akte zu nehmen und eine vollständige Akte zu führen, nur mittelbar entnehmen: Danach umfasst das Schriftgut alle aus der Verwaltungstätigkeit anfallenden Dokumente und ihre Anlagen (Nr. 1.2). Schriftgut ist vor Verlust, Beschädigung und unbefugtem Zugang sowie vor Änderung des Inhalts zu schützen (Nr. 2). Dokumente werden mit einem Aktenzeichen registriert (Nr. 3.1). Eine klare Bestimmung zur Führung vollständiger Akten fehlt jedoch in der AnO Schriftgut.
89 
Für E-Mails enthält die AnO Schriftgut keine ausdrückliche Regelung. Nach der Praxis im Staatsministerium entschied jeder Nutzer des Postfachs selbst, welche E-Mails er ausdruckt und den Akten beigefügt oder löscht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der in der von dem Beklagten vorgelegten Akte vorhandene Leitfaden für die Schriftgutverwaltung im Innenministerium vom März 2010. Er enthält u.a. die Regelung - auf die sich der Kläger zu Unrecht beruft -, dass E-Mails, die keine Entscheidungen enthalten, vernichtet werden, es sei denn, der Bearbeiter ordnet die Aufbewahrung an. Dieser Leitfaden des Innenministeriums galt im Staatsministerium nicht.
90 
Eine Pflicht, die erforderlichen Unterlagen zur Akte zu nehmen und die Akte vollständig zu führen, folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung seit langem anerkennt: Der Grundsatz der Aktenvollständigkeit ist für die vollziehende Gewalt nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche ausdrückliche Regelung ist jedoch auch nicht erforderlich. Die den Behörden nach dem Grundgesetz obliegende Vollziehung der Gesetze ist nicht ohne eine Dokumentation der einzelnen Verwaltungsvorgänge denkbar, die das bisherige sachbezogene Geschehen sowie mögliche Erkenntnisquellen für das künftig in Frage kommende behördliche Handeln enthält. Dies macht die Führung von Akten erforderlich, ohne dass dies eines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetz bedürfte. Das Prinzip der Aktenvollständigkeit folgt aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Pflicht zur Objektivität (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1983 - 2 BVR 244, 310/83 - NJW 1983, 2135; BVerwG, Beschl. v. 16.03.1988 - 1 B 153.87 - NJW 1988, 621 <622>; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 22.12.2000 - 2 L 38/99 - juris Rn. 55 f., m.w.N.; ebenso Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 29 Rn. 16).
91 
(bb) Für Handeln von Regierungen gelten diese für Verwaltungshandeln von Behörden entwickelten Grundsätze im Ansatz ebenso. Dies folgt zum einen daraus, dass auch ein Handeln der Regierung, vor allem außerhalb von Gesetzgebungsverfahren Verwaltungstätigkeit sein kann (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 20.12.2011 - 159/10 - juris Rn. 28). Im Hinblick auf eigentliches Regierungshandeln ergibt sich das zum anderen aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Zwar besteht ein nicht ausforschbarer Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der auch der Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, Grenzen setzt. Jedoch gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz - nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auf das Land Baden-Württemberg übertragbar ist - eine Auslegung der Verfassung dahin, dass parlamentarische Kontrolle wirksam ausgeübt werden kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn die dazu nötigen Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dem Parlament auch nach Abschluss der jeweiligen Vorgänge grundsätzlich verschlossen blieben. Die Entscheidungen der Regierung unterlägen dem parlamentarischen Kontrollrecht dann nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Eine solche grundsätzliche Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle wäre mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz unvereinbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 100, 199, juris Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78, juris Rn. 123 ff., 141, m.w.N.). Folglich müssen insoweit auch Pflichten zur vollständigen Aktenführung bestehen, da andernfalls die parlamentarische Kontrolle leerliefe.
92 
Dies gilt jedoch nicht für den geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativbereich, Beratungsbereich und Handlungsbereich einschließt.Dazu gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht.Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich demnach grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen. Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheimzuhaltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 u.a. - BVerfGE 67, 100, juris Rn. 127 f.; Beschl. v. 01.10.1987 - 2 BvR 1178/86 - BVerfGE 77, 1, juris Rn. 140; Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 43; StGH, Urt. v. 26.07.2007 - GR 2/07 - juris Rn. 94 ff.).
93 
In Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden parlamentarische Informationsrechte nicht grundsätzlich immer schon dann aus, wenn es sich um Informationen aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.Auch dem nachträglichen parlamentarischen Zugriff auf Informationen aus der Phase der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen setzt der Gewaltenteilungsgrundsatz Grenzen. Bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung geheimzuhaltende Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung mitzuteilen nicht verpflichtet ist. Ein - sei es auch erst nach Abschluss des jeweiligen Entscheidungsprozesses einsetzender - schrankenloser parlamentarischer Informationsanspruch würde vor allem durch seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der selbständigen Funktion beeinträchtigen, die das Gewaltenteilungsprinzip ihr zuweist.
94 
Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet allerdings gerade im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahin, dass - wie bereits dargelegt - parlamentarische Kontrolle wirksam sein kann. Die Entscheidungen der Regierung unterliegen daher dem parlamentarischen Kontrollrecht nicht nur hinsichtlich des verlautbarten Entscheidungsinhalts und solcher Entscheidungsgrundlagen, die keine Rückschlüsse auf die Willensbildung innerhalb der Regierung zulassen. Weitere Hintergründe könnten sonst nach Belieben unzugänglich gehalten werden, auch solche, ohne deren Kenntnis die getroffene Entscheidung politisch nicht beurteilt und die politische Verantwortung für Fehler, die gerade das Zustandekommen dieser Entscheidungen betreffen, nicht aufgeklärt werden kann.Parlamentarische Informationsrechte in Bezug auf abgeschlossene Vorgänge scheiden danach nicht grundsätzlich immer dann aus, wenn es sich um Akten aus dem Bereich der Willensbildung der Regierung, einschließlich der vorbereitenden Willensbildung innerhalb der Ressorts und der Abstimmung zwischen ihnen, handelt. Ob zu erwarten ist, dass die Herausgabe solcher Informationen die Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen. Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, sind umso schutzwürdiger, je näher sie der gouvernamentalen Entscheidung stehen. So kommt den Erörterungen im Kabinett besonders hohe Schutzwürdigkeit zu. Je weiter ein parlamentarisches Informationsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringt, desto gewichtiger muss das parlamentarische Informationsbegehren sein, um sich gegen ein von der Regierung geltend gemachtes Interesse an Vertraulichkeit durchsetzen zu können. Die vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsabläufe sind demgegenüber einer parlamentarischen Kontrolle in einem geringeren Maße entzogen. Besonders hohes Gewicht kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Die Frage, ob die Vorlage von Akten aus dem Bereich der Vorbereitung abgeschlossener Regierungsentscheidungen, aus denen Aufschluss über die Willensbildung der Regierung und ihrer Mitglieder gewonnen werden kann, die Eigenverantwortung der Regierung beeinträchtigen würde, kann demnach nicht pauschal verneint werden. Ebensowenig ist sie aber pauschal zu bejahen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., Rn. 44 f., 51; Beschl. v. 17.06.2009, a.a.O., Rn. 123 ff., 141, m.w.N.)
95 
Dabei geht es - zumindest vor allem - um den Schutz der Willensbildung innerhalb der Regierung als Verfassungsorgan. Das Bundesverfassungsgericht hat daher die Ermittlung einer etwaigen Einflussnahme Dritter auf Mitglieder der Bundesregierung in einem zurückliegenden Zeitraum als einen Vorgang angesehen, der den nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung nicht berührte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.10.1987, a.a.O., juris Rn. 140). Auch die Vorlage von Akten, die nicht die Beratungen der Regierung als Kollegium, sondern deren Vorbereitung innerhalb der Ressorts und zwischen den Ressorts betreffen, berührt die Eigenverantwortung der Regierung nicht. Zu prüfen ist insoweit jedoch, ob die schützenswerte Freiheit und Offenheit des der Regierungsentscheidung über den Haushaltsentwurf vorgelagerten interministeriellen Abstimmungsprozesses durch die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen aus diesem Abstimmungsprozess beeinträchtigt wird; dies könnte anzunehmen sein, wenn die dadurch ausgelöste Befürchtung eventueller späterer Publizität geeignet wäre, eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten zu hemmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004, a.a.O., juris Rn. 65 f.). Daher kann auch Kommunikation von Regierungsmitgliedern mit externen Beratern, die der Vorbereitung von Regierungshandeln dient, schützenswert sein. Solche Überlegungen mit externen Beratern können insbesondere Fragen der politischen Opportunität betreffen. Unbeeinträchtigte Kommunikation hierüber zu ermöglichen, kann wesentlich sein, um eine Regierungsentscheidung möglichst sachgerecht und ohne die einengende Befürchtung, dass Vorüberlegungen nachträglich einer Kontrolle unterliegen, vorbereiten zu können (ebenso StGH, Urt. v. 26.07.2007, a.a.O., Rn. 114 ff. zu Verhandlungen der Regierung mit einem privaten Dritten).
96 
(cc) Der danach für die Regierung mit Ausnahme des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung bestehenden Pflicht, Unterlagen zur Akte zu nehmen, steht die nach der Verwaltungspraxis des Staatsministeriums bestehende Befugnis, selbst zu entscheiden, welche E-Mails zur Akte genommen oder gelöscht werden, nicht entgegen. Eine solche Befugnis kann - gerade für einen Ministerpräsidenten, dem die Staatsleitung obliegt (vgl. zum Amtseid Art. 48 LV) - kein freies, sondern allenfalls ein pflichtgemäßes Ermessen begründen, das nur im Rahmen der dargestellten allgemeinen Grundsätze ausgeübt werden kann.
97 
(b) An einem offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen die Pflicht, vollständige Akten zu führen, fehlt es jedoch.
98 
Dies folgt bereits daraus, dass eine klare und eindeutige Regelung dieser Pflicht nicht bestand. Die AnO Schriftgut normiert eine solche Pflicht nicht ausdrücklich. Vielmehr bestand im Staatsministerium die Praxis, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheiden durfte, welche E-Mails er zur Akte nimmt. Zwar kann daraus nur - wie dargelegt - ein pflichtgemäßes, kein freies Ermessen folgen, da sich eine Pflicht zur Führung vollständiger Akten aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Jedoch sind diese Grundsätze, auch wenn sie im Hinblick auf Verwaltungshandeln für die pflichtigen Mitarbeiter allgemein bekannt sein sollten, nur ungeschriebene Prinzipien. Zudem sind sie, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung bisher - wenngleich ihre grundsätzliche Geltung für Regierungshandeln aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung folgt - nur auf die Verwaltungstätigkeit angewandt worden.
99 
Zudem war es, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob alle streitgegenständlichen Daten dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen, zum damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsam, davon auszugehen, dass die Vorbereitung des zwischen den Beteiligten streitigen Erwerbs von Anteilen an der EnBW AG durch das Land Baden-Württemberg dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen kann. Die gespeicherten E-Mails stammen jedenfalls aus dem Zeitraum vor dem 18.11.2010 und betreffen daher den Zeitraum der Vorbereitung des Ankaufs, der grundsätzlich geeignet ist, in diesen geschützten Bereich zu gehören. Für die von dem Beklagten vorgelegten, nicht bei den Sachakten sich befindenden E-Mails war es damals nicht unvertretbar anzunehmen, diese würden als Informationen über die Vorbereitung und öffentlichkeitswirksame Darstellung des Anteilserwerbs dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen.
100 
bb) Dem Löschungsanspruch des Klägers aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG stehen Pflichten aus Organtreue als ehemaliger Ministerpräsident des Landes nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Organtreue begründet keine nachwirkenden Pflichten.
101 
Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue haben oberste Staatsorgane bei der Ausübung ihrer Kompetenzen von Verfassungs wegen aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1, 2/60 - BVerfGE 12, 205 <254>; Beschl. v. 04.06.1973 - 2 BvG 1/73 - BVerfGE 35, 193 <199>; Urt. v. 25.05.1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <39>; Urt. v. 12.07.1994 - 2 BvE 3/92 u.a. - BVerfGE 90, 286, juris Rn. 203; StGH, Urt. v. 21.10.2002 - 11/02 - ESVGH 53, 15, juris Rn. 84; Urt. v. 11.10.2007 - GR 1/07 - juris Rn. 58). Dieser Grundsatz vermag für sich genommen jedoch keine Rechte zu begründen. Vielmehr bedarf er, um seine Wirkung entfalten zu können, eines bereits bestehenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Er ist insoweit akzessorischer Natur und kann ein vorhandenes Verfassungsrechtsverhältnis ausgestalten, aber nicht neu begründen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.09.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. - NVwZ 2013, 1468, juris Rn. 183, unter Bezugnahme auf die Grundsätze zum bundesfreundlichen Verhalten, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 05.02.2001 - 2 BvG 1/00 - BVerfGE 104, 238 <248>).
102 
Voraussetzung für die Berufung auf den Grundsatz der Organtreue ist daher, dass dem Verfassungsorgan aktuell verfassungsrechtliche Zuständigkeiten zustehen. Die verfassungsrechtlich gebotene Organtreue kann nur solange eingefordert werden, wie das Verfassungsorgan selbst durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sei (vgl. HambVerfG, Urt. v. 27.04.2007 - 3/06 - juris Rn. 89). Nachwirkende Pflichten einer Person, die - wie der Kläger - Verfassungsorgan war, aber nicht mehr ist, bestehen daher nicht.
103 
II. Anschlussberufung des Klägers
104 
Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
105 
1. Die Anschlussberufung ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Anschlussberufung wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Begründung entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Begründungsfrist, Begründung in Anschlussschrift, bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 i.V.m. 124 a Abs. 3 Sätze 2, 4 und 5 VwGO).
106 
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen unbedingten Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Dateien. Vielmehr ist sein Löschungsanspruch durch die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv beschränkt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen der Anschlussberufung rechtfertigt keine andere Beurteilung:
107 
Unzutreffend ist der Kläger der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Daten als privat einzustufen seien und daher nur mit seinem Einvernehmen nach § 2 Abs. 3 LArchG angeboten werden dürften. Unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass § 2 Abs. 3 LArchG Daten aus privater Hand meint. Darum handelt es sich hier gerade nicht.
108 
Ohne Erfolg muss auch das Vorbringen bleiben, es handele sich bei den streitgegenständlichen Sicherungskopien nicht um Daten, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Ministerpräsidenten als Stelle im Sinne von § 2 Abs. 1 LArchG gedient hätten, da sie lediglich aus datenverarbeitungstechnischen Gründen zur Sicherstellung des Betriebs der Datenverarbeitungsanlage im Staatsministerium gespeichert worden seien. Für die behauptete Konkordanz zwischen den datenschutzrechtlichen Prinzipien des Erforderlichkeits- und des Zweckbindungsgrundsatzes und der Frage, welche Unterlagen als potentielles Archivgut überhaupt dem Landesarchiv anzubieten sind, ist nichts ersichtlich. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG knüpft lediglich daran an, dass Unterlagen bei Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes entstanden sind und dort vorhanden sind und von diesen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt werden. Nach der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 3 LDSG sind auch Daten, deren Speicherung unzulässig war - z.B. da von vornherein keine Erforderlichkeit für die Speicherung gegeben war - dem Landesarchiv anzubieten. Der datenschutzrechtliche Erforderlichkeitsgrundsatz ist für die Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv unerheblich.
109 
Unbegründet macht der Kläger geltend, aus § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG folge, dass der Löschungsanspruch des Betroffenen erst dann ausgeschlossen sei, wenn sich erst im Nachhinein, also nach der Übergabe der Daten zur Archivierung herausstelle, dass die weitere Speicherung datenschutzrechtlich unzulässig sei. § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG regelt, dass Löschungsansprüche bei Archivgut ausgeschlossen sind. Für einen Umkehrschluss, dass vor Anbieten gegenüber dem Landesarchiv sich Löschungsansprüche gegenüber dem Archivrecht durchsetzten, fehlen Gründe.
110 
Schließlich ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers gegeben. Die schlichte Behauptung, § 23 Abs. 3 LDSG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG sei keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ist nicht nachzuvollziehen. Warum den vom Kläger angesprochenen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt sein soll, erschließt sich nicht. Die sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Rechtsfolgen sind klar und eindeutig. Wie das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat, bestehen zudem zahlreiche Schutzvorkehrungen zugunsten der etwaig in ihren Grundrechten Betroffenen.
111 
Erfolglos bleibt schließlich der Einwand des Klägers, nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts müssten alle bei der Landesverwaltung anfallenden E-Mails dem Landesarchiv angeboten werden und dies könne nicht richtig sein. § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG sieht für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes eine unbeschränkte Anbietungspflicht für alle Unterlagen vor. Unterlagen in diesem Sinne sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG insbesondere Schriftstücke, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme; dazu gehören mithin auch E-Mails. Eine § 2 Abs. 6 BArchG vergleichbare Norm - nach der Unterlagen, die nach Auffassung der anbietungspflichtigen Stellen und des zuständigen Archivs von offensichtlich geringer Bedeutung sind, nicht angeboten werden müssen - gibt es in Baden-Württemberg nicht. Einschränkungen können allerdings gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 LArchG gerade im Hinblick auf maschinenlesbare Informationen zwischen dem Landesarchiv und der anbietenden Stelle getroffen werden.
112 
III. Nebenentscheidungen
113 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei einem Anschlussrechtsmittel ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1980 - 1 B 802.90 - juris) diese einheitlich zu treffen (vgl. BFH, Beschl. v. 17.12.2002 - I R 87/00 - juris; OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u.a. - juris Rn. 158, m.w.N.).
114 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Das Landesdatenschutzgesetz und das Landesarchivgesetz sind Landesrecht. Ebenso haben der Einwand des Rechtsmissbrauchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337, juris Rn. 13, 14 und Urt. v. 14.08.1982 - 8 C 19.90 - BVerwGE 90, 310, juris Rn. 16) und die Grundsätze der Organtreue ihre Grundlage im Landesrecht.
115 
Beschluss vom 30. Juli 2014
116 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
5.000.—EUR
festgesetzt. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Fall eines unselbständigen Anschlussrechtsmittels (vgl. BGH -GrS-, Beschl. v. 05.10.1978 - GSZ 1/78 - BGHZ 72, 339; BayVGH, Urt. v. 22.07.2010 - 6 B 09.584 - juris Rn. 50). Da die Rechtsmittel denselben Gegenstand betreffen, ist der Auffangwert von 5.000.-- EUR nur einmal festzusetzen (vgl. OVG Saarl., Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., Rn. 160; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 07.09.2010 - 1 M 210/09 - juris Rn. 57).
117 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Juli 2014 - 1 S 1352/13

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Juli 2014 - 1 S 1352/13

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Juli 2014 - 1 S 1352/13 zitiert 40 §§.

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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

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Gesetz über den Bundesgrenzschutz


Bundesgrenzschutzgesetz - BGSG

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 67c Zweckbindung sowie Speicherung, Veränderung und Nutzung von Sozialdaten zu anderen Zwecken


(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzb

Bundesdatenschutzgesetz - BDSG 2018 | § 20 Gerichtlicher Rechtsschutz


(1) Für Streitigkeiten zwischen einer natürlichen oder einer juristischen Person und einer Aufsichtsbehörde des Bundes oder eines Landes über Rechte gemäß Artikel 78 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU)2016/679sowie § 61 ist der Verwaltungsrechtsweg ge

Bundesdatenschutzgesetz - BDSG 2018 | § 31 Schutz des Wirtschaftsverkehrs bei Scoring und Bonitätsauskünften


(1) Die Verwendung eines Wahrscheinlichkeitswerts über ein bestimmtes zukünftiges Verhalten einer natürlichen Person zum Zweck der Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit dieser Person (Scoring)

Bundesarchivgesetz - BArchG 2017 | § 2 Organisation des Bundesarchivs


Der Bund unterhält ein Bundesarchiv als selbstständige Bundesoberbehörde, die der Dienst- und Fachaufsicht der für Kultur und Medien zuständigen obersten Bundesbehörde untersteht.

Umweltauditgesetz - UAG | § 14 Zulassungsregister


(1) Die Zulassungsstelle führt ein Zulassungsregister für Umweltgutachter, Umweltgutachterorganisationen und Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen. Das Zulassungsregister enthält Namen, Anschrift sowie Gegenstand der Zulassungen und Bescheinigungen

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Juli 2014 - 1 S 1352/13 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Juli 2014 - 1 S 1352/13 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 18. Juli 2013 - B 3 KR 21/12 R

bei uns veröffentlicht am 18.07.2013

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 21. März 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Lan

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 27. Mai 2013 - 2 K 3249/12

bei uns veröffentlicht am 27.05.2013

Tenor 1. Der Beklagte wird verpflichtet, die drei Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:- ...,- ...,- ...,sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 07. Sept. 2010 - 1 M 210/09

bei uns veröffentlicht am 07.09.2010

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 09. Oktober 2009 - 3 B 834/08 u. a. - wird zurückgewiesen. Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich d
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Juli 2014 - 1 S 1352/13.

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 14. Juli 2016 - 2 BvR 2474/14

bei uns veröffentlicht am 14.07.2016

Tenor Der Beschluss des Landgerichts Trier vom 10. September 2015 - 5 Qs 66/14 - und der Beschluss des Amtsgerichts Trier vom 30. Juli 2014 - 35a Gs 2134/14 - verletzen den Beschwerdeführer in sein

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 07. Aug. 2015 - 1 S 1239/15

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Tenor Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass der Antragsgegner die bei ihm vorhandenen Daten der Exchange-Postfächer der Antragstellerin nicht an den Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgar

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 20. Mai 2015 - 5 K 5439/14

bei uns veröffentlicht am 20.05.2015

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand 1 Die Klägerin, bis Mai 2011 Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Verkehr, erstrebt die Löschung sämtlicher noch vorhandener Dat

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 05. Nov. 2014 - 1 S 2333/13

bei uns veröffentlicht am 05.11.2014

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17. September 2013 - 6 K 3111/12 -wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kostenentscheidung geändert wird.Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückge

Referenzen

Tenor

1. Der Beklagte wird verpflichtet, die drei Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:

- ...,

- ...,

- ...,

sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu ¾, der Kläger zu ¼.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Malls in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Dies soll sicherstellen, dass die Postfachinhalte bei technischen Problemen beziehungsweise bei einer versehentlichen Löschung vorerst weiter verfügbar bleiben. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular erklärt: „Hiermit beantrage ich, den Internetzugang auf meinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass jede Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen.“ In den Sicherheitshinweisen heißt es unter Nr. 1: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt.“ Eine gesonderte Regelung für den Umgang mit E-Mails gab es im Staatsministerium nicht. Es lag auch keine ausdrückliche Gestattung der privaten IT-Nutzung (etwa durch eine Betriebsvereinbarung, arbeitsvertragliche Regelungen oder durch eine IT-Richtlinie) vor. Eine Kontrolle der Nutzung auf privaten Gebrauch fand nicht statt. Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der EDV-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Bemängelt wurde das Verschwinden eingetragener Termine und Fristen ohne erkennbaren Grund. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Die Arbeiten wurden nicht in der Datenverarbeitungsanlage, das heißt in dem Datensystem selbst, sondern in Kopien durchgeführt.
Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei „auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung“ durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dass die Daten in einer Arbeitsablage vorgefunden worden seien. Ein Mitarbeiter habe berichtet, dass es sich um Daten vom Oktober 2010 handele. Damals habe eine externe Firma untersucht, weshalb Termineinträge aus dem Postfach des Klägers sporadisch verschwunden seien. Zur Lösung des Problems sei seinerzeit den externen Dienstleistern eine Kopie des Postfachs zur Überprüfung auf einem separaten Plattenplatz zur Verfügung gestellt worden. Da die externen Dienstleister das Problem nicht hätten lösen können, habe man die Daten bis zum nächsten Vorfall erhalten wollen. Dieser Umstand sei „in Vergessenheit“ geraten.
Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software sicher. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus und übergab Daten später auch an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ (zur Weitergabe von Daten des Klägers aus einer Wohnungsdurchsuchung siehe auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.11.2012 - 4a VAs 3/12 - Justiz 2013, 181).
10 
Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden.
11 
Mit Schreiben vom 17.09.2012 teilte der Beklage dem Rechtsanwalt des Klägers daraufhin mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten. Diese seien im Herbst 2010 von der EDV-Abteilung anlässlich der vom Kläger gemeldeten Störungen des elektronischen Terminkalenders seines Outlook-Postfachs angelegt worden. Unter Einschaltung eines externen Unternehmens habe die Fehlfunktion des Terminkalenders geprüft werden sollen. Im Anschluss seien die Arbeitskopien „in Vergessenheit geraten“. Der Beklagte bat außerdem um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen.
12 
Hierauf bestätigte der Kläger dem Staatsministerium mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012, dass die Sichtung der Dateien seiner Einwilligung bedürfe. Diese werde jedoch nicht erteilt. Das Staatsministerium wurde aufgefordert, die Dateien unverzüglich zu löschen und dies bis zum 27.09.2012 zu bestätigen.
13 
Mit Schreiben vom 27.09.2012 lehnte es das Staatsministerium ab, die Dateien zu löschen. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Dies könne so gestaltet werden, dass die Rechtsanwälte im Beisein der Datenschutzbeauftragten des Staatsministeriums und eines gemeinsam ausgewählten Notars zum Zwecke der Dokumentation die gespeicherten Daten durchsähen und die einvernehmlich als privat eingestuften gelöscht würden. Es bestehe Bereitschaft, eine Verschwiegenheitserklärung über die privaten Mails abzugeben. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
14 
Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bel diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
15 
Der Kläger hat am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen hat, Klage auf Löschung der Dateien erhoben. Zur Begründung macht er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten:
16 
Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG seien personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich sei. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten, daher unterfielen sie dem Landesdatenschutzgesetz, dessen Aufgabe es ausweislich seines § 1 sei, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch die Verarbeitung und damit auch das Speichern (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 LDSG) seiner personenbezogenen Daten in seinem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werde. Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürften Daten, die ausschließlich zum Zwecke der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert würden, nur für diesen Zweck und damit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG beinhalte eine strikte, ausnahmslose Zweckbindung, weshalb auch § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG unanwendbar seien. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei also unzulässig und verletze sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beziehungsweise das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein.
17 
Dies folge auch daraus, dass die E-Mail-Kommunikation dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG unterliege. Der Beklagte sei ihm gegenüber „Diensteanbieter“ im Sinne des § 3 Nr. 6 TKG.
18 
§ 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
19 
Der Kläger beantragt zuletzt,
20 
den Beklagten zu verpflichten, drei Dateien mit „Arbeitskopien“ seines Outlook-Postfachs, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:
21 
- ...,
- ...,
- ...,
22 
sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen,
23 
hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, die genannten Dateien sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind,
24 
weiter hilfsweise: den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Staatsministeriums vom 27.09.2012 (ohne Aktenzeichen) zu verpflichten, den Antrag auf Löschung personenbezogener Daten vom 19.09.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
25 
Der Beklagte beantragt,
26 
die Klage abzuweisen.
27 
Er ist der Ansicht, der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs. Vor der Internationalen Handelskammer in Paris sei ein Schiedsverfahren gegen die EdF anhängig, in dem das Land geltend mache, im Dezember 2010 einen Betrag von 834 Mio. EUR zu viel für die Anteile an der EnBW AG bezahlt zu haben. Da der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, könnten die Sicherungskopien möglicherweise wichtige Hinweise liefern und die Position des Landes in diesem Verfahren entscheidend verbessern. Weiter sei das Land aus Gründen der Verjährung gezwungen, bis spätestens Ende Dezember 2013 mögliche Rechtsmittel gegenüber den am Kauf beteiligten Personen und Gesellschaften einzulegen. Für hier in Rede stehende Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB sei aber jeweils der Nachweis des subjektiven Tatbestandes - insbesondere die bewusste Inkaufnahme eines Vermögensschadens - notwendig. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Darüber hinaus liege dem Staatsministerium ein Akteneinsichtsgesuch der Herren ... und ... auf der Grundlage des Landesumweltinformationsgesetzes vor, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Das Staatsministerium habe dieses Akteneinsichtsgesuch hinsichtlich der Kopien mit Verweis auf das laufende verwaltungsgerichtliche Verfahren abgelehnt. Seitens der Herren ... und ... sei dieser Ablehnung unter Hinweis auf das öffentliche Interesse an den Unterlagen widersprochen worden. Ein Klageverfahren sei absehbar. Weiter seien die Sicherungskopien auch bereits Gegenstand einer Landtagsanfrage (Drs. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen.
28 
Eine Unzulässigkeit der Datenverwendung ergebe sich nicht aus § 88 TKG. Weder sei er Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG noch der Kläger ein Dritter im Sinne des § 3 Nr. 10 TKG. Auch aus weiteren Gründen greife § 88 TKG nicht.
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Die Speicherung der streitgegenständlichen Postfach-Daten sei von § 15 LDSG gedeckt, auch wenn die Speicherung der Postfach-Daten zunächst wohl vornehmlich zu Zwecken der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage und der Datensicherung erfolgt sei. Der Zweck der Datensicherung im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG umfasse neben der Vermeidung von Datenverlusten, Datenverfälschungen und der Vermeidung eines unbefugten Datenzugangs auch die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. Durch die jetzige Speicherung sollten verloren gegangene, dienstlich relevante und zu den Sachakten gehörende Schriftstücke gesichert und wiederhergestellt werden.
30 
Daneben wolle § 15 Abs. 4 LDSG dem Wortlaut nach nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Arbeits- oder dienstrechtliche Maßnahmen kämen gegenüber dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt in Betracht. Der Informationsgehalt der Postfach-Daten solle zwar im Rahmen der Sachakten genutzt werden; dies allein würde aber noch keine Nutzung speziell gegenüber dem Kläger darstellen.
31 
Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von EnBW-Anteilen E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien.
32 
Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG. Dem Landesarchiv seien die Postfach-Daten zur Übernahme anzubieten. Durch § 23 Abs. 3 LDSG und §§ 3, 7 und 8 LArchG solle sichergestellt werden, dass dem Landesarchiv auch die dem Schutzbereich des Landesdatenschutzgesetzes unterfallenden Daten angeboten und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 LArchG zukämen, übergeben würden, um dort zu verbleiben.
33 
Mit Beschluss vom 04.03.2013 wurde der Beiladungsantrag der Antragsteller ... und von ... abgelehnt, die sich auf ihren beim Staatsministerium Baden-Württemberg gestellten Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen, auch betreffend die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten, berufen hatten.
34 
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die dem Gericht vorliegenden Akten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Über die Klage hat nach der hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts Stuttgart das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu entscheiden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
36 
Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem ersten Hilfsantrag dagegen begründet.
37 
Die Ablehnung der begehrten Datenlöschung seitens des beklagten Landes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf die Löschung, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
38 
1. Anspruchsgrundlage ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (die womöglich ebenfalls in Betracht kommende Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 LDSG hinge von den gleichen Rechtsfragen ab, vgl. zum Anwendungsbereich bei nachträglichem Unzulässigwerden einer Speicherung: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 39 mit Fußn. 73 sowie - betreffend die Parallelvorschrift § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X - Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 26). Danach sind personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat derjenige, um dessen personenbezogene Daten es geht, einen Anspruch auf Löschung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.03.2004 - 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = NVwZ 2004, 626; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 2 und 35; zu der Parallelnorm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - NZS 2011, 473). Unter Löschen ist dabei nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 LDSG das Unkenntlichmachen der gespeicherten personenbezogenen Daten zu verstehen. Kennzeichnend dafür ist, dass die Verfügungsmöglichkeit der speichernden Stelle irreversibel wegfällt (Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 28).
39 
2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind hier erfüllt. Die Kenntnis der Daten, deren Löschung der Kläger begehrt, ist für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen ist (§ 15 Abs. 4 LDSG).
40 
a) Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 3 Rn. 7; BAG, Beschluss vom 27.05.1986 - 1 ABR 48/84 - BAGE 52, 88 = NJW 1987, 674; Urteil vom 13.01.1987 - 1 AZR 267/85 - BAGE 54, 67 = NZA 1987, 515; jeweils für Telefondaten; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997> für Inhalts- und Verbindungsdaten beim E-Mail-Verkehr).
41 
b) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium, denn das Staatsministerium ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG zu dem Begriff der auch hier gemeinten „verantwortlichen Stelle“; zum Begriff des „Speicherns“ § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDSG).
42 
c) Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Kenntnis der Daten ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Beklagten - außerhalb von an dieser Stelle nicht relevanten archivrechtlichen Belangen - allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegensteht.
43 
Der Beklagte beruft sich - neben der Bezugnahme auf den Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 LDSG - auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG und ist der Ansicht, das weitere Speichern der E-Mail-Postfach-Daten sei zulässig, denn es müssten mit ihrer Hilfe Angaben des Klägers überprüft werden, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Möglicherweise sei der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentations- und Archivierungspflichten nicht nachgekommen. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem Unternehmen EnBW (vgl. dazu auch StGH, Urteil vom 06.10.2011 - GR 2/11, 2/11 - ESVGH 62, 9 = VBlBW 2012, 19) E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Insbesondere die den Ankauf der EnBW-Aktien betreffenden Daten seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den Sachakten fehlten. Im Zusammenhang mit diesem Vorbringen hat der Beklagte ein Konvolut mit E-Mail-Ausdrucken vorgelegt, die der Landtag von Baden-Württemberg dem Staatsministerium mit Schreiben vom 18.06.2012 übersandt hat. Es handelt sich um das Staatsministerium betreffende Korrespondenz (an das Staatsministerium gerichtet oder aus dem Staatsministerium gesendet), die die Bank ... an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ übergeben hat.
44 
Es kann jedoch offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt ist, denn diese Bestimmungen werden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. § 15 Abs. 4 LDSG steht der weiteren Datenspeicherung entgegen. Danach dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG sind § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG nach allgemeiner Auffassung unanwendbar, denn § 15 Abs. 4 LDSG ist die speziellere Regelung (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 106 m.w.N.; zur Parallelnorm des § 67c Abs. 4 SGB X etwa Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14).
45 
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, § 15 Abs. 4 LDSG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, weil der Kläger gar kein „Bediensteter“ (gewesen) sei, es sich aber allein um eine Schutzvorschrift für diese Personengruppe handele, kann dem nicht gefolgt werden. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“ bezieht sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibt von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Dies zeigt etwa ein Vergleich des § 15 Abs. 4 LDSG mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 4 BDSG, wo der Bestandteil „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten“ fehlt (vgl. auch Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 mit Fußn.218). § 15 Abs. 4 LDSG erlaubt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur entweder für diesen Zweck oder - daneben - für hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten.
46 
Der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG ist auch sonst erfüllt. Die E-Mail-Postfach-Daten stellen - in der im Herbst 2010 kopierten Form - personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden.
47 
Die E-Mail-Postfach-Daten wurden zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können (vgl. zur Anfertigung und Aufbewahrung von Kopien als womöglich „impliziter Nebenzweck“ eines anderen Hauptzweckes § 15 Abs. 3 Satz 1 LDSG sowie Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 47 f.; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 23 und 30 ff.).
48 
Dieser Zweck beinhaltet eine Speicherung ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
49 
Zwar ist der Zweck der Datenschutzkontrolle nicht gegeben. Unter Datenschutzkontrolle versteht man sowohl die externe Kontrolle durch den Landes- beziehungsweise Bundesdatenschutzbeauftragten, die interne Kontrolle durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder eine andere mit der Überwachung des Datenschutzes betraute Stelle als auch die im Rahmen der Dienstaufsicht über nachgeordnete Behörden wahrgenommene Datenschutzkontrolle. Gegenstand dessen ist etwa die Protokollierung von datenschutzrelevanten Vorgängen wie Datenabrufen oder -übermittlungen (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 108; ähnlich Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 38; Fromm in jurisPK-SGB X, 1. Aufl., § 67c Rn. 35; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8; Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14). Um derlei Daten geht es hier ersichtlich nicht.
50 
Es handelt sich aber um eine Kopie ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
51 
Der Begriff Datensicherung (vgl. dazu auch Art. 7 des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten; ebenso die Begrifflichkeit etwa in ähnlichem Kontext in § 37 Abs. 1 Nr. 2 AZRG, § 19 Abs. 2, § 31 BDSG, § 83 Abs. 2 SGB X, § 489 Abs. 7 Satz 2 StPO) umfasst die nach § 9 LDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ausführung des Landesdatenschutzgesetzes. Die Datensicherung wird davon insoweit erfasst, als sie sich auf vom Landesdatenschutzgesetz geschützte Daten bezieht und der Gewährleistung der Ausführung von Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dient, zum Beispiel Zugriffsprotokolle, Firewalls, Anti-Spam-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 109). Sicherungskopien können als Maßnahmen der Datensicherung angesehen werden (vgl. Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 28; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 39; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8).
52 
Bei der Speicherung zur „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage“ (ebenso die Begrifflichkeit etwa in § 9 Abs. 1 Satz 2 ATDG, § 9 Abs. 2 Satz 2 AZRG, § 106 Abs. 3 Satz 3 BBG, § 31 BDSG) geht es im Unterschied zu den ersten Fallgruppen (Kontrolle und Sicherheit) um die Gewährleistung des Betriebs als solchen. Der Begriff des Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage umfasst dabei neben den allgemeinen Systemfunktionen des DV-Systems auch deren organisatorische und technische Voraussetzungen - etwa in Form einer Rechenzentrumsorganisation einschließlich der Not- und Ausfallpläne - wie auch das einwandfreie Funktionieren der Anwendungsprogramme und der Kommunikations-/Netzsoftware. Die Zweckbindung bezieht sich allerdings nicht auf die Inhalte der einzelnen Anwendungsprogramme, sondern auf die zusätzlichen, nur DV-technisch bedingt gespeicherten Daten (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110). In Betracht kommen die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter im Bereich der DV-Technik, etwa die Angaben der Datenerfassung, der Systemverwaltung und der Wartung, ferner Dateien, in denen die Zugangs- und Verarbeitungsberechtigungen von Mitarbeitern oder externen Nutzern geführt werden sowie das systeminterne Handling der Nutzerdaten während der Bearbeitungsdauer (vgl. abermals Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110; ähnlich Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29).
53 
Ohne dass es hier einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage zur Datensicherung ankommt (nach Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14 gehört die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage zur „Datensicherung“), umfasst jedenfalls einer dieser beiden Tatbestände die vorliegende Kopie eines E-Mail-Postfachs. Teilweise werden Sicherungskopien der Datensicherung zugeordnet (siehe die Nachweise am Ende des Absatzes zum Begriff der Datensicherung), teilweise der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112). Nach Sinn und Zweck bezieht sich § 15 Abs. 4 LDSG gerade auch auf solche Daten.
54 
Daher scheidet eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus, weshalb auch der Löschungsanspruch des Klägers durchgreifen muss. Zwar soll bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 und 114). Dies kann aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen ist, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt wurde. Im vorliegenden Fall wurden die E-Mail-Postfach-Daten allein zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Darum geht es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten kam noch der Beklagte die Daten weiter benötigt, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können.
55 
Ausgehend davon, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG erfüllt ist, ist es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung ist insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke (also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage) zulässig (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 114; Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 31 Rn. 5 f.).
56 
Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setzte voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert werden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgehen. Daran fehlt es hier. Mit der Kopie wurden keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt; vielmehr erschöpfte sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten. Die Erzeugung neuer Daten ist aber kein zwingendes Merkmal für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 LDSG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung über eine strikte Zweckbindung ist es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13). Dem entspricht es, Sicherungskopien auch dann einer strikten Zweckbindung zu unterstellen, wenn es lediglich um die Vervielfältigung vorhandener Daten geht. Denn andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre.
57 
d) Die Schutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes kommen dem Kläger allerdings nicht zusätzlich zugute. Ein (weiteres) rechtliches Hindernis der Datennutzung, worauf sich das Löschungsbegehren des Klägers (außerdem) stützen ließe, ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz nicht.
58 
Der Kläger beruft sich auf die mit „Fernmeldegeheimnis“ überschriebene Bestimmung des § 88 TKG. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen dem Fernmeldegeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 TKG jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist (§ 88 Abs. 2 Satz 2 TKG). Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG ist es den nach § 88 Abs. 2 TKG Verpflichteten untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden (§ 88 Abs. 3 Satz 2 TKG). Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht (§ 88 Abs. 3 Satz 3 TKG).
59 
Der Schutzbereich des § 88 TKG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 88 TKG ist im Verhältnis zu den Datenschutzgesetzen eine spezielle Schutzvorschrift für personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs anfallen (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 10). § 88 TKG hat allerdings wie Art. 10 GG allein den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zum Ziel. § 88 TKG kann als einfachgesetzliche Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG bezeichnet werden (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 1). Ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG nicht eröffnet, so kann sich ein Betroffener auch nicht auf das für Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG geltende gesetzliche Verbot nach § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG berufen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - NJW 2009, 2470). So liegt der Fall hier.
60 
Das Bundesverfassungsgericht grenzt den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG in ständiger Rechtsprechung auf die Bewahrung des privaten, vor der Öffentlichkeit und den Eingriffen unbefugter Dritter unbehelligt ablaufenden Austauschs von Informationen während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ein. Der Grundrechtsschutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst demgegenüber nicht die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten, soweit dieser eigene Schutzvorkehrungen gegen den heimlichen Datenzugriff treffen kann. Die spezifischen Gefahren einer räumlich distanzierten Kommunikation, vor denen das Telekommunikationsgeheimnis schützen will, bestehen hier nicht fort (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, Urteile vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976 und vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 = NJW 2008, 822; siehe ferner BVerfG, 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 = NJW 2009, 2431; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - NZA-RR 2010, 406; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - DB 2011, 1281; LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012 - 14 Sa 1711/10 - DuD 2013, 50 = juris Rn. 175).
61 
Gemessen daran ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses des Art. 10 Abs. 1 GG hier hinsichtlich der streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten des Klägers nicht betroffen. Dies folgt daraus, dass es sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte handelt, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet hat. Vielmehr sind diese E-Mails erst nach dem Abschluss der Übertragung über den Empfänger der E-Mail in die Speichermedien des Beklagten gelangt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O.).
62 
Der danach allein durch andere Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistete Schutz der E-Mail-Postfachdaten wird nicht durch § 88 TKG, sondern durch das allgemeine Datenschutzrecht vermittelt.
63 
Daneben ist selbst bei unterstellter Eröffnung des Schutzbereichs des Fernmeldegeheimnisses der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - a.a.O. ; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - a.a.O. ; Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 24; Schöttler in jurisPR-ITR 4/2009 Anm. 2 m.w.N.; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 ff. m.w.N.). Nach § 3 Nr. 6 TKG ist „Diensteanbieter“ jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. „Telekommunikationsdienste“ sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. In § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG wird eine geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten vorausgesetzt. Das „geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ ist in § 3 Nr. 10 TKG definiert als das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
64 
Gemessen an diesen Vorgaben spricht gegen eine Anwendbarkeit von § 88 TKG insbesondere schon die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger eine private E-Mail-Nutzung nie ausdrücklich gestattet hatte. Eine Erlaubnis privater Nutzung kann durch bloß passives Verhalten der das E-Mail-Postfach stellenden Behörde, also allein durch die Duldung privater Nutzung, nicht entstehen (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997, 1998>). Somit konnte das besondere Schutzbedürfnis, dem das Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen will, nicht auftreten.
65 
Selbst bei Annahme einer erlaubten privaten Nutzung steht zudem der Gesetzeszweck des Telekommunikationsgesetzes einer Heranziehung des § 88 TKG entgegen. § 1 TKG bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetz zur Förderung des privaten Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation handelt, dass also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Telekommunikationsanbietern sowie diejenigen zwischen den Telekommunikationsanbietern untereinander abgezielt wird. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen - etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - zu regeln (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1999>; a.A. insoweit allerdings etwa Naumann in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 37 Rn. 15; Seifert in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 32 Rn. 92 m.w.N.). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.
66 
e) Zu einer abweichenden Beurteilung gibt auch § 36 Abs. 1 LDSG keinen Anlass. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung innerdienstlicher planerischer, organisatorischer, personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung es vorsieht.
67 
Die Vorschrift ist auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten war. Als Mitglied der Regierung stand der Kläger nach Maßgabe des Ministergesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 1 MinG). Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV, § 1 Abs. 1 GO LReg). Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 LV, § 1 Abs. 4 GO LReg). Der Ministerpräsident bedient sich zur Führung seiner Geschäfte des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GO LReg). Dessen Leitung obliegt nach Weisung des Ministerpräsidenten dem beamteten Staatssekretär des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GO LReg). Ausgehend hiervon verbietet es sich, die Stellung eines Ministerpräsidenten als „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ zu kennzeichnen. Gegen die „Beschäftigten“-Eigenschaft des Klägers spricht zudem die Definition des entsprechenden Begriffes in § 3 Abs. 11 BDSG, die sich nicht auf ein Amt wie dasjenige des Ministerpräsidenten erstreckt.
68 
Im Übrigen dient § 36 Abs. 1 LDSG einer Verstärkung des Datenschutzes und kann hier nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus gegenüber den allgemein geltenden Bestimmungen (§ 15 LDSG) führen.
69 
f) Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bildet die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt haben, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten bezieht (vgl. den ablehnenden Teil des bei der Gerichtsakte befindlichen Bescheids des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 18.01.2013, der nach Angaben des Beklagten noch nicht bestandskräftig ist).
70 
Nach § 3 Abs. 1 LUIG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe weiterer Bestimmungen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Allerdings ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG).
71 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sperrt der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die Löschung der E-Mail-Postfachdaten nicht. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebührt der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststeht oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 LUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG enthalten. In Betracht kämen wohl allenfalls Daten „über Maßnahmen oder Tätigkeiten“, die sich auf Umweltbestandteile oder auf Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG; zur weiten Auslegung des Begriffes Umweltinformation siehe etwa Rudisile, VBlBW 2013, 46 <47> m.w.N.). Die Antragsteller beziehen sich auf den „Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art vor, während und nach Oktober 2010“, haben einen Zusammenhang zwischen den E-Mail-Postfachdaten und dem benannten Interessensgebiet aber nicht weiter nachvollziehbar substantiiert. Ein Fall der „Entziehung des Informationsanspruchs“ durch Datenlöschung (vgl. dazu Schomerus in Hk-UIG, 2. Aufl. 2002, § 3 Rn. 99) ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
72 
Dabei wird der von der Umweltinformationsrichtlinie gesetzte Rahmen (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 19) nicht verkannt. Danach sind die Ablehnungsgründe für einen Umweltinformationsanspruch eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/4/EG). In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 zur Umweltinformationsrichtlinie beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Auch unter Berücksichtigung dessen liegt hier aus den vorstehend genannten Gründen jedoch ein Ablehnungsgrund vor.
73 
g) Dem Löschungsanspruch steht schließlich dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten sind (dazu im Folgenden aa). Das Archivrecht führt allerdings zu einer Modifikation des Anspruchsumfangs (dazu im Folgenden bb).
74 
aa) Das Landesarchiv verwahrt, erhält und erschließt als Archivgut alle Unterlagen, die von den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, deren Funktionsvorgängern oder von Rechtsvorgängern des Landes übernommen worden sind und die bleibenden Wert haben; es macht das Archivgut allgemein nutzbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LArchG). Unterlagen sind insbesondere Schriftstücke, Akten, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG).
75 
Das Landesarchivgesetz enthält bereichsspezifische Regelungen zur Ergänzung des Datenschutzrechts; es dient dem Ausgleich des Aufgabenkonflikts von Datenschutz und Archivwesen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 12). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG bieten die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an. Anzubieten sind auch Unterlagen, die durch Rechtsvorschriften über Geheimhaltung geschützt sind, wenn die abgebende Stelle im Benehmen mit dem Landesarchiv festgestellt hat, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG). Die schutzwürdigen Belange einer Person werden angemessen berücksichtigt, wenn im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände festgestellt werden kann, dass das öffentliche Interesse an der Archivierung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen erheblich überwiegt (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 unter Hinweis auf Rspr. des BVerfG).
76 
Daraus ergibt sich zunächst, dass die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv keine Zwecksetzung ist, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen kann (vgl. Nieders. OVG, Urteil vom 17.09.2002 - 11 LB 123/02 - NdsVBl. 2003, 105 = juris Rn. 77: Archivierung ist Zweckentfremdung, die einer spezifisch archivgesetzlichen Regelung bedarf; VG Darmstadt, Urteil vom 15.10.2003 - 5 E 1395/97 - NJW 2004, 1471 = juris Rn. 33). § 23 Abs. 3 LDSG befasst sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindert weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen. Die Vorschrift regelt lediglich als Modalität, dass vor dem Löschen nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG das Angebot zur Übernahme an das zuständige Archiv erfolgen muss. Dies wird auch durch § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG verdeutlicht, wonach Löschungsansprüche gemäß § 13 Abs. 3 LDSG (nach jetziger Rechtslage § 23 Abs. 1 LDSG) nach Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv ausgeschlossen sind. Umgekehrt trifft der Ausschluss auf nicht dem Landesarchiv übergebene Unterlagen gerade nicht zu.
77 
bb) Der Löschungsanspruch des Klägers kann allerdings insoweit nicht durchgreifen, als es um ein Verwahren, Erhalten und Erschließen der Daten als Archivgut beim Landesarchiv Baden-Württemberg für die Aufgaben des staatlichen Archivwesens geht, das nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes vorgenommen wird und bei dem die schutzwürdigen Belange des Klägers durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Deshalb sind die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.
78 
Soweit der Kläger meint, es handele sich bei den streitgegenständlichen Daten um „Archivgut eines Privaten“, das nur mit seinem Einvernehmen dem Landesarchiv überantwortet werden könne, trifft dies nicht zu. Nach § 2 Abs. 3 LArchG kann das Landesarchiv auch Archivgut „anderer Stellen und Privater“ mit deren Einvernehmen erfassen, verwahren, erhalten, erschließen und allgemein nutzbar machen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Diese Bestimmung ist hier aber nicht anwendbar, denn es handelt sich bei den Daten um solche, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten (vgl. § 2 Abs. 1 LArchG). § 2 Abs. 3 LArchG meint Daten „aus privater Hand“ (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Landtags, LT-Drucks. 9/4575, S. 13; siehe hierzu ferner LT-Drucks. 9/3345, S. 14). Ob beziehungsweise inwieweit der Inhalt der Daten privater Natur sein mag und ob die Speicherung der Daten beim Staatsministerium (noch) zu Recht erfolgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
79 
Die Rechtslage sieht vor, dass vor einer Löschung die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren sind. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirken, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindert.
80 
Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht ist in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ auszugehen. Das Archivrecht enthält eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz.
81 
Zwar verhält sich das Landesarchivgesetz selbst nicht ausdrücklich zu der Frage, so dass aus diesem - isoliert betrachtet - nicht geschlossen werden kann, dass zu löschende oder zu vernichtende Unterlagen angeboten und archiviert werden dürfen (vgl. Uhl, Rechtsfragen der Aussonderung und Übernahme von Archivgut, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, 1991, S. 61 <91>; siehe hingegen für anbietungspflichtige Unterlagen § 3 Abs. 2 Satz 4 ArchG, wonach diese grundsätzlich nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden dürfen).
82 
Das genannte Vorrangverhältnis ergibt sich aber bereits aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Danach unterbleibt die Löschung zwar nicht - wie bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 23 Abs. 4 und 5 LDSG -, wenn das Landesarchiv Unterlagen nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes übernehmen will. Vor einer Löschung sind die Daten aber nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsieht - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergeben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden ist.
83 
Dieses Verständnis wird gestärkt durch einen Vergleich mit der Art, wie der Bundesgesetzgeber das Verhältnis des Archivrechts zum Datenschutzrecht in seinem Bereich geregelt hat. Es spricht viel dafür, dass das Landesdatenschutzgesetz in seiner Konzeption insoweit im Wesentlichen dem Bundesdatenschutzgesetz gleicht. Nach § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt, was - anders als in Baden-Württemberg, das eine solche Beschränkung nicht kennt - zunächst einen Vorrang von Löschungsvorschriften auch des allgemeinen Datenschutzrechts nahezulegen scheint. Das Bundesdatenschutzgesetz nimmt seine Löschungsverpflichtung im Verhältnis zum Archivrecht aber selbst zurück. Denn § 20 Abs. 9 BDSG lautet: „§ 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes ist anzuwenden.“ Nicht in Bezug genommen ist gerade § 2 Abs. 7 BArchG. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (BT-Drucks. 11/4306, S. 47) soll die Regelung ermöglichen, dass personenbezogene Daten, die zu löschen wären, dem Bundesarchiv angeboten werden und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 BArchG zukommt, zu übergeben sind. Es werde klargestellt, dass § 18 BDSG (jetzt § 20 BDSG; entspricht weitgehend § 23 LDSG) keine dem Bundesarchivgesetz vorgehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung von Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 7 BArchG sei. Auch die Literatur leitet hieraus einen Vorrang des Archivrechts ab (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 39; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 98; Uhl, a.a.O., S. 61 <88>; siehe ferner Bannasch in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 20 Rn. 38; nicht überzeugend dagegen Manegold, Archivrecht, S. 225, wonach die Rechtslage im Bund nicht eindeutig bzw. unklar sei). Deutlich wird dieses Verhältnis auch in dem anders formulierten, aber insoweit nicht abweichend zu verstehenden § 20 Abs. 3 Sächs. DSG. Danach darf eine Löschung, wenn die Kenntnis von personenbezogenen Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist, erst erfolgen, nachdem die Daten dem zuständigen Archiv angeboten worden sind und dieses die Archivwürdigkeit verneint hat oder über sie nicht fristgemäß entschieden hat.
84 
Es scheidet auch aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers - etwa wegen der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG - „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Hiergegen spricht, dass vor der Übernahme in das Archiv Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden können, wie etwa eine (Teil-) Anonymisierung (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 f.). Das Landesarchiv übernimmt nur Unterlagen, denen historischer Wert zukommt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LArchG). Ferner sind in § 4 LArchG Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht getroffen: Das Archivgut ist durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen (Satz 1). Die Verknüpfung personenbezogener Daten ist innerhalb der in § 6 genannten Sperrfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt sind (Satz 2). Unterlagen, denen kein bleibender Wert zukommt, sind zu vernichten (Satz 3). Ferner regelt § 6 Abs. 5 Satz 1 LArchG, dass für die Nutzung von Archivgut Sperrfristen gelten, und zwar auch für die Nutzung durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, wenn das Archivgut - wie hier - durch diese Stellen aufgrund von Rechtsvorschriften hätte vernichtet werden müssen. Die Nutzung von Archivgut kann schließlich aus den in § 6 Abs. 6 Satz 1 LArchG aufgezählten sowie anderen wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 LArchG) eingeschränkt oder versagt werden. Einzelheiten regelt die aufgrund von § 6 Abs. 6 Satz 4 LArchG erlassene Verordnung der Landesregierung über die Benutzung des Landesarchivs Baden-Württemberg (Landesarchivbenutzungsordnung - LArchBO) vom 10.04.2006 (GBl. S. 110 ff.). Danach ist etwa für die Nutzung von Archivgut grundsätzlich ein Nutzerausweis erforderlich, der schriftlich beantragt und bei jeder Nutzung vorgelegt werden muss (§ 2 Abs. 1, 3 LArchBO). Vor der Bestellung von Archivgut zur Einsichtnahme sind das Nutzungsvorhaben, die Daten eines etwaigen Auftraggebers sowie der Nutzungszweck anzugeben (§ 2 Abs. 6 LArchBO). Der Nutzer ist verpflichtet, Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte sowie schutzwürdige Belange Dritter zu beachten (§ 2 Abs. 7 LArchBO).
85 
Zweck der archivgesetzlichen Regelungen ist es gerade auch, die Abgabe solcher Unterlagen an das Archiv zu gewährleisten, die nach allgemeinen Datenschutzregelungen verweigert werden könnten oder gar müssten (vgl. Polley, NJW 1988, 2026 f.). Die archivgesetzlichen Normen beseitigen gewissermaßen die mit dem Datenschutzrecht begründeten Aufbewahrungshindernisse; Ablieferungssperren bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Richter, BWVPrax 1988, 25 <26>; ähnlich ders., Die Landesarchivgesetzgebung in Baden-Württemberg, in: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 229 <237 f.>). Das Archivgut soll grundsätzlich vollständig in die Staatsarchive gelangen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 15). Die Archivierung bildet ein „Löschungssurrogat“ (so Manegold, Archivrecht, S. 61 u. S. 218); das Archiv kann als „Datentreuhänder“ und unabhängiger „Sachwalter“ angesehen werden (vgl. Manegold, a.a.O., S. 64).
86 
Da der Kläger nach seinem Hauptantrag seinen Löschungsanspruch so verstanden wissen will, dass auch eine Archivierung der E-Mail-Postfachdaten beim Landesarchiv nicht soll stattfinden können, ist die Klage insoweit teilweise abzuweisen. Der Beklagte hat dem Kläger gegenüber rechtsfehlerfrei deutlich gemacht hat, dass er die streitgegenständlichen Daten gemäß den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zuführen will.
87 
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht.
88 
Zwar sind in den Archivgesetzen mancher anderer Länder - abweichend von der Rechtslage in Baden-Württemberg oder im Bundesrecht - unzulässig erhobene beziehungsweise unzulässig gespeicherte Daten ausdrücklich von der Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv und damit von der dauerhaften Archivierung ausgenommen (vgl. den Überblick bei Manegold, Archivrecht, S. 221 ff.). Der Interessenausgleich, namentlich zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einerseits und der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) andererseits, ist dort in anderer Weise vorgenommen worden. Von Verfassungs wegen geboten ist eine derartige strikte Ausnahmeklausel aber nicht, weil es daneben andere, im Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg auch hinreichend verankerte Möglichkeiten des Persönlichkeitsschutzes gibt.
89 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes - wie bereits angesprochen - dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1<41 f.>; vgl. BVerfGE 103, 21 <32 f.>). Dies umfasst nicht nur elektronisch speicherbare, sondern sämtliche personenbezogenen Daten (BVerfGE 78, 77 <84>). Dabei ist grundsätzlich gleichgültig, wo die Information gewonnen wurde oder welchen Inhalt sie hat; das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren - zu „verdinglichen“ - und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren, dabei auch zu verändern oder zu manipulieren (BVerfGE 101, 361 <381>; 106, 28 <40>). Träger des Grundrechts sind auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes „im Amt“. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Amts- oder funktionsbezogene Informationen - selbst richtige und nicht nur manipulierte - können für einen Politiker existenzvernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auch auf die Privatsphäre haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 = NJW 2004, 2462 m.w.N.). Die oben angeführten gesetzgeberischen Vorkehrungen im Landesarchivgesetz versprechen indes einen hinreichenden Schutz.
90 
Der Kläger ist insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angeht. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsieht, kann er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Ist die Übergabe an das Landesarchiv als erste Stufe des Archivierungsprozesses, die der Kläger hier bereits vorbeugend verhindern will, erfolgt, stehen ihm zudem auf einer zweiten Stufe aus dem Landesarchivgesetz folgende Rechte eigener Art zur Verfügung. Nach Maßgabe von § 5 LArchG hat er das Recht auf Auskunft, Einsicht und Gegendarstellung. Selbst nach dem Tod des Klägers steht dem Ehegatten, den Kindern oder den Eltern ein Gegendarstellungsrecht zu, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person bestritten wird und ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (vgl. zum postmortalen Persönlichkeitsschutz im Archivrecht auch Bizer, NVwZ 1993, 653 ff.).
91 
Weiter kommt dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute. Danach sind die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht „innerhalb eines Jahres“ über die Übernahme entschieden hat und wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Der genaue Beginn der Jahresfrist ist gesetzlich nicht weiter konkretisiert.
92 
In Frage käme einerseits der Zeitpunkt, in dem der Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und zugleich die Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv nach § 23 Abs. 3 LDSG entstehen. Da es aber Fälle - wie den vorliegenden - geben kann, in denen der Löschungsanspruch und die Anbietungspflicht unklar und umstritten sind, erscheint ein starrer Fristlauf beginnend bereits mit dem Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG nicht sachgerecht. Diesem Einwand ließe sich mit einer Hemmung des Fristlaufs (vgl. § 209 BGB; dort zur Wirkung bei der Verjährung) begegnen, solange die Anbietungspflicht bestritten und noch keine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangen ist. Es bestehen aber noch weitergehende Bedenken gegen eine Anknüpfung an den Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG ist nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck als Entscheidungsfrist für das Landesarchiv ausgestaltet. Das Landesarchiv kann frühestens mit der tatsächlichen Anbietung in die Prüfung eintreten, ob es Unterlagen übernehmen will. Daher kann die Jahresfrist erst mit der tatsächlichen Anbietung zu laufen beginnen.
93 
Mit dem Charakter als Entscheidungsfrist des Landesarchivs wäre es auch nicht vereinbar, die Jahresfrist unabhängig von der tatsächlichen Anbietung bereits dann beginnen zu lassen, wenn die Behörde von der Anbietungspflicht bezogen auf die konkreten Unterlagen Kenntnis erlangt oder die Anbietungspflicht hätte kennen müssen.
94 
Lässt man die Frist erst mit der tatsächlichen Anbietung beginnen, so gibt es zwar grundsätzlich keine oder nur eine schwache Handhabe gegen ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung. Dabei ist auch zu beachten, dass das Landesarchiv in Baden-Württemberg die Stellung einer Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat und nicht rechtlich verselbständigt ist (vgl. auch das Organisationsstatut vom 19.05.2006). Andererseits darf die Behörde mit den Unterlagen nichts Anderes unternehmen, als sie für das Anbieten gegenüber dem Archiv vorzuhalten. Jedenfalls bei einer völligen Abschottung der Daten vor jeglichem Zugriff - wie sie hier gewährleistet ist - erscheint dies hinnehmbar, zumal bei dem Beklagten keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung beziehungsweise für eine entsprechende Absicht ersichtlich sind. Die in § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG vorgesehene Jahresfrist ist daher derzeit noch nicht abgelaufen.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
96 
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG bisher obergerichtlich ungeklärt und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehend klärungsbedürftig ist.
97 
BESCHLUSS
98 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
35 
Über die Klage hat nach der hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts Stuttgart das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu entscheiden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
36 
Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem ersten Hilfsantrag dagegen begründet.
37 
Die Ablehnung der begehrten Datenlöschung seitens des beklagten Landes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf die Löschung, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
38 
1. Anspruchsgrundlage ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (die womöglich ebenfalls in Betracht kommende Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 LDSG hinge von den gleichen Rechtsfragen ab, vgl. zum Anwendungsbereich bei nachträglichem Unzulässigwerden einer Speicherung: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 39 mit Fußn. 73 sowie - betreffend die Parallelvorschrift § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X - Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 26). Danach sind personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat derjenige, um dessen personenbezogene Daten es geht, einen Anspruch auf Löschung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.03.2004 - 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = NVwZ 2004, 626; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 2 und 35; zu der Parallelnorm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - NZS 2011, 473). Unter Löschen ist dabei nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 LDSG das Unkenntlichmachen der gespeicherten personenbezogenen Daten zu verstehen. Kennzeichnend dafür ist, dass die Verfügungsmöglichkeit der speichernden Stelle irreversibel wegfällt (Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 28).
39 
2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind hier erfüllt. Die Kenntnis der Daten, deren Löschung der Kläger begehrt, ist für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen ist (§ 15 Abs. 4 LDSG).
40 
a) Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 3 Rn. 7; BAG, Beschluss vom 27.05.1986 - 1 ABR 48/84 - BAGE 52, 88 = NJW 1987, 674; Urteil vom 13.01.1987 - 1 AZR 267/85 - BAGE 54, 67 = NZA 1987, 515; jeweils für Telefondaten; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997> für Inhalts- und Verbindungsdaten beim E-Mail-Verkehr).
41 
b) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium, denn das Staatsministerium ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG zu dem Begriff der auch hier gemeinten „verantwortlichen Stelle“; zum Begriff des „Speicherns“ § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDSG).
42 
c) Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Kenntnis der Daten ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Beklagten - außerhalb von an dieser Stelle nicht relevanten archivrechtlichen Belangen - allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegensteht.
43 
Der Beklagte beruft sich - neben der Bezugnahme auf den Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 LDSG - auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG und ist der Ansicht, das weitere Speichern der E-Mail-Postfach-Daten sei zulässig, denn es müssten mit ihrer Hilfe Angaben des Klägers überprüft werden, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Möglicherweise sei der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentations- und Archivierungspflichten nicht nachgekommen. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem Unternehmen EnBW (vgl. dazu auch StGH, Urteil vom 06.10.2011 - GR 2/11, 2/11 - ESVGH 62, 9 = VBlBW 2012, 19) E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Insbesondere die den Ankauf der EnBW-Aktien betreffenden Daten seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den Sachakten fehlten. Im Zusammenhang mit diesem Vorbringen hat der Beklagte ein Konvolut mit E-Mail-Ausdrucken vorgelegt, die der Landtag von Baden-Württemberg dem Staatsministerium mit Schreiben vom 18.06.2012 übersandt hat. Es handelt sich um das Staatsministerium betreffende Korrespondenz (an das Staatsministerium gerichtet oder aus dem Staatsministerium gesendet), die die Bank ... an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ übergeben hat.
44 
Es kann jedoch offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt ist, denn diese Bestimmungen werden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. § 15 Abs. 4 LDSG steht der weiteren Datenspeicherung entgegen. Danach dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG sind § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG nach allgemeiner Auffassung unanwendbar, denn § 15 Abs. 4 LDSG ist die speziellere Regelung (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 106 m.w.N.; zur Parallelnorm des § 67c Abs. 4 SGB X etwa Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14).
45 
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, § 15 Abs. 4 LDSG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, weil der Kläger gar kein „Bediensteter“ (gewesen) sei, es sich aber allein um eine Schutzvorschrift für diese Personengruppe handele, kann dem nicht gefolgt werden. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“ bezieht sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibt von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Dies zeigt etwa ein Vergleich des § 15 Abs. 4 LDSG mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 4 BDSG, wo der Bestandteil „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten“ fehlt (vgl. auch Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 mit Fußn.218). § 15 Abs. 4 LDSG erlaubt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur entweder für diesen Zweck oder - daneben - für hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten.
46 
Der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG ist auch sonst erfüllt. Die E-Mail-Postfach-Daten stellen - in der im Herbst 2010 kopierten Form - personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden.
47 
Die E-Mail-Postfach-Daten wurden zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können (vgl. zur Anfertigung und Aufbewahrung von Kopien als womöglich „impliziter Nebenzweck“ eines anderen Hauptzweckes § 15 Abs. 3 Satz 1 LDSG sowie Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 47 f.; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 23 und 30 ff.).
48 
Dieser Zweck beinhaltet eine Speicherung ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
49 
Zwar ist der Zweck der Datenschutzkontrolle nicht gegeben. Unter Datenschutzkontrolle versteht man sowohl die externe Kontrolle durch den Landes- beziehungsweise Bundesdatenschutzbeauftragten, die interne Kontrolle durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder eine andere mit der Überwachung des Datenschutzes betraute Stelle als auch die im Rahmen der Dienstaufsicht über nachgeordnete Behörden wahrgenommene Datenschutzkontrolle. Gegenstand dessen ist etwa die Protokollierung von datenschutzrelevanten Vorgängen wie Datenabrufen oder -übermittlungen (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 108; ähnlich Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 38; Fromm in jurisPK-SGB X, 1. Aufl., § 67c Rn. 35; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8; Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14). Um derlei Daten geht es hier ersichtlich nicht.
50 
Es handelt sich aber um eine Kopie ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
51 
Der Begriff Datensicherung (vgl. dazu auch Art. 7 des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten; ebenso die Begrifflichkeit etwa in ähnlichem Kontext in § 37 Abs. 1 Nr. 2 AZRG, § 19 Abs. 2, § 31 BDSG, § 83 Abs. 2 SGB X, § 489 Abs. 7 Satz 2 StPO) umfasst die nach § 9 LDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ausführung des Landesdatenschutzgesetzes. Die Datensicherung wird davon insoweit erfasst, als sie sich auf vom Landesdatenschutzgesetz geschützte Daten bezieht und der Gewährleistung der Ausführung von Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dient, zum Beispiel Zugriffsprotokolle, Firewalls, Anti-Spam-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 109). Sicherungskopien können als Maßnahmen der Datensicherung angesehen werden (vgl. Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 28; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 39; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8).
52 
Bei der Speicherung zur „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage“ (ebenso die Begrifflichkeit etwa in § 9 Abs. 1 Satz 2 ATDG, § 9 Abs. 2 Satz 2 AZRG, § 106 Abs. 3 Satz 3 BBG, § 31 BDSG) geht es im Unterschied zu den ersten Fallgruppen (Kontrolle und Sicherheit) um die Gewährleistung des Betriebs als solchen. Der Begriff des Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage umfasst dabei neben den allgemeinen Systemfunktionen des DV-Systems auch deren organisatorische und technische Voraussetzungen - etwa in Form einer Rechenzentrumsorganisation einschließlich der Not- und Ausfallpläne - wie auch das einwandfreie Funktionieren der Anwendungsprogramme und der Kommunikations-/Netzsoftware. Die Zweckbindung bezieht sich allerdings nicht auf die Inhalte der einzelnen Anwendungsprogramme, sondern auf die zusätzlichen, nur DV-technisch bedingt gespeicherten Daten (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110). In Betracht kommen die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter im Bereich der DV-Technik, etwa die Angaben der Datenerfassung, der Systemverwaltung und der Wartung, ferner Dateien, in denen die Zugangs- und Verarbeitungsberechtigungen von Mitarbeitern oder externen Nutzern geführt werden sowie das systeminterne Handling der Nutzerdaten während der Bearbeitungsdauer (vgl. abermals Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110; ähnlich Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29).
53 
Ohne dass es hier einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage zur Datensicherung ankommt (nach Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14 gehört die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage zur „Datensicherung“), umfasst jedenfalls einer dieser beiden Tatbestände die vorliegende Kopie eines E-Mail-Postfachs. Teilweise werden Sicherungskopien der Datensicherung zugeordnet (siehe die Nachweise am Ende des Absatzes zum Begriff der Datensicherung), teilweise der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112). Nach Sinn und Zweck bezieht sich § 15 Abs. 4 LDSG gerade auch auf solche Daten.
54 
Daher scheidet eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus, weshalb auch der Löschungsanspruch des Klägers durchgreifen muss. Zwar soll bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 und 114). Dies kann aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen ist, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt wurde. Im vorliegenden Fall wurden die E-Mail-Postfach-Daten allein zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Darum geht es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten kam noch der Beklagte die Daten weiter benötigt, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können.
55 
Ausgehend davon, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG erfüllt ist, ist es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung ist insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke (also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage) zulässig (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 114; Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 31 Rn. 5 f.).
56 
Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setzte voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert werden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgehen. Daran fehlt es hier. Mit der Kopie wurden keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt; vielmehr erschöpfte sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten. Die Erzeugung neuer Daten ist aber kein zwingendes Merkmal für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 LDSG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung über eine strikte Zweckbindung ist es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13). Dem entspricht es, Sicherungskopien auch dann einer strikten Zweckbindung zu unterstellen, wenn es lediglich um die Vervielfältigung vorhandener Daten geht. Denn andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre.
57 
d) Die Schutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes kommen dem Kläger allerdings nicht zusätzlich zugute. Ein (weiteres) rechtliches Hindernis der Datennutzung, worauf sich das Löschungsbegehren des Klägers (außerdem) stützen ließe, ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz nicht.
58 
Der Kläger beruft sich auf die mit „Fernmeldegeheimnis“ überschriebene Bestimmung des § 88 TKG. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen dem Fernmeldegeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 TKG jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist (§ 88 Abs. 2 Satz 2 TKG). Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG ist es den nach § 88 Abs. 2 TKG Verpflichteten untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden (§ 88 Abs. 3 Satz 2 TKG). Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht (§ 88 Abs. 3 Satz 3 TKG).
59 
Der Schutzbereich des § 88 TKG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 88 TKG ist im Verhältnis zu den Datenschutzgesetzen eine spezielle Schutzvorschrift für personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs anfallen (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 10). § 88 TKG hat allerdings wie Art. 10 GG allein den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zum Ziel. § 88 TKG kann als einfachgesetzliche Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG bezeichnet werden (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 1). Ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG nicht eröffnet, so kann sich ein Betroffener auch nicht auf das für Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG geltende gesetzliche Verbot nach § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG berufen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - NJW 2009, 2470). So liegt der Fall hier.
60 
Das Bundesverfassungsgericht grenzt den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG in ständiger Rechtsprechung auf die Bewahrung des privaten, vor der Öffentlichkeit und den Eingriffen unbefugter Dritter unbehelligt ablaufenden Austauschs von Informationen während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ein. Der Grundrechtsschutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst demgegenüber nicht die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten, soweit dieser eigene Schutzvorkehrungen gegen den heimlichen Datenzugriff treffen kann. Die spezifischen Gefahren einer räumlich distanzierten Kommunikation, vor denen das Telekommunikationsgeheimnis schützen will, bestehen hier nicht fort (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, Urteile vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976 und vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 = NJW 2008, 822; siehe ferner BVerfG, 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 = NJW 2009, 2431; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - NZA-RR 2010, 406; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - DB 2011, 1281; LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012 - 14 Sa 1711/10 - DuD 2013, 50 = juris Rn. 175).
61 
Gemessen daran ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses des Art. 10 Abs. 1 GG hier hinsichtlich der streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten des Klägers nicht betroffen. Dies folgt daraus, dass es sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte handelt, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet hat. Vielmehr sind diese E-Mails erst nach dem Abschluss der Übertragung über den Empfänger der E-Mail in die Speichermedien des Beklagten gelangt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O.).
62 
Der danach allein durch andere Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistete Schutz der E-Mail-Postfachdaten wird nicht durch § 88 TKG, sondern durch das allgemeine Datenschutzrecht vermittelt.
63 
Daneben ist selbst bei unterstellter Eröffnung des Schutzbereichs des Fernmeldegeheimnisses der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - a.a.O. ; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - a.a.O. ; Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 24; Schöttler in jurisPR-ITR 4/2009 Anm. 2 m.w.N.; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 ff. m.w.N.). Nach § 3 Nr. 6 TKG ist „Diensteanbieter“ jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. „Telekommunikationsdienste“ sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. In § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG wird eine geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten vorausgesetzt. Das „geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ ist in § 3 Nr. 10 TKG definiert als das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
64 
Gemessen an diesen Vorgaben spricht gegen eine Anwendbarkeit von § 88 TKG insbesondere schon die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger eine private E-Mail-Nutzung nie ausdrücklich gestattet hatte. Eine Erlaubnis privater Nutzung kann durch bloß passives Verhalten der das E-Mail-Postfach stellenden Behörde, also allein durch die Duldung privater Nutzung, nicht entstehen (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997, 1998>). Somit konnte das besondere Schutzbedürfnis, dem das Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen will, nicht auftreten.
65 
Selbst bei Annahme einer erlaubten privaten Nutzung steht zudem der Gesetzeszweck des Telekommunikationsgesetzes einer Heranziehung des § 88 TKG entgegen. § 1 TKG bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetz zur Förderung des privaten Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation handelt, dass also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Telekommunikationsanbietern sowie diejenigen zwischen den Telekommunikationsanbietern untereinander abgezielt wird. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen - etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - zu regeln (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1999>; a.A. insoweit allerdings etwa Naumann in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 37 Rn. 15; Seifert in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 32 Rn. 92 m.w.N.). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.
66 
e) Zu einer abweichenden Beurteilung gibt auch § 36 Abs. 1 LDSG keinen Anlass. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung innerdienstlicher planerischer, organisatorischer, personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung es vorsieht.
67 
Die Vorschrift ist auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten war. Als Mitglied der Regierung stand der Kläger nach Maßgabe des Ministergesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 1 MinG). Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV, § 1 Abs. 1 GO LReg). Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 LV, § 1 Abs. 4 GO LReg). Der Ministerpräsident bedient sich zur Führung seiner Geschäfte des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GO LReg). Dessen Leitung obliegt nach Weisung des Ministerpräsidenten dem beamteten Staatssekretär des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GO LReg). Ausgehend hiervon verbietet es sich, die Stellung eines Ministerpräsidenten als „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ zu kennzeichnen. Gegen die „Beschäftigten“-Eigenschaft des Klägers spricht zudem die Definition des entsprechenden Begriffes in § 3 Abs. 11 BDSG, die sich nicht auf ein Amt wie dasjenige des Ministerpräsidenten erstreckt.
68 
Im Übrigen dient § 36 Abs. 1 LDSG einer Verstärkung des Datenschutzes und kann hier nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus gegenüber den allgemein geltenden Bestimmungen (§ 15 LDSG) führen.
69 
f) Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bildet die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt haben, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten bezieht (vgl. den ablehnenden Teil des bei der Gerichtsakte befindlichen Bescheids des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 18.01.2013, der nach Angaben des Beklagten noch nicht bestandskräftig ist).
70 
Nach § 3 Abs. 1 LUIG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe weiterer Bestimmungen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Allerdings ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG).
71 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sperrt der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die Löschung der E-Mail-Postfachdaten nicht. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebührt der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststeht oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 LUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG enthalten. In Betracht kämen wohl allenfalls Daten „über Maßnahmen oder Tätigkeiten“, die sich auf Umweltbestandteile oder auf Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG; zur weiten Auslegung des Begriffes Umweltinformation siehe etwa Rudisile, VBlBW 2013, 46 <47> m.w.N.). Die Antragsteller beziehen sich auf den „Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art vor, während und nach Oktober 2010“, haben einen Zusammenhang zwischen den E-Mail-Postfachdaten und dem benannten Interessensgebiet aber nicht weiter nachvollziehbar substantiiert. Ein Fall der „Entziehung des Informationsanspruchs“ durch Datenlöschung (vgl. dazu Schomerus in Hk-UIG, 2. Aufl. 2002, § 3 Rn. 99) ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
72 
Dabei wird der von der Umweltinformationsrichtlinie gesetzte Rahmen (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 19) nicht verkannt. Danach sind die Ablehnungsgründe für einen Umweltinformationsanspruch eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/4/EG). In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 zur Umweltinformationsrichtlinie beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Auch unter Berücksichtigung dessen liegt hier aus den vorstehend genannten Gründen jedoch ein Ablehnungsgrund vor.
73 
g) Dem Löschungsanspruch steht schließlich dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten sind (dazu im Folgenden aa). Das Archivrecht führt allerdings zu einer Modifikation des Anspruchsumfangs (dazu im Folgenden bb).
74 
aa) Das Landesarchiv verwahrt, erhält und erschließt als Archivgut alle Unterlagen, die von den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, deren Funktionsvorgängern oder von Rechtsvorgängern des Landes übernommen worden sind und die bleibenden Wert haben; es macht das Archivgut allgemein nutzbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LArchG). Unterlagen sind insbesondere Schriftstücke, Akten, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG).
75 
Das Landesarchivgesetz enthält bereichsspezifische Regelungen zur Ergänzung des Datenschutzrechts; es dient dem Ausgleich des Aufgabenkonflikts von Datenschutz und Archivwesen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 12). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG bieten die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an. Anzubieten sind auch Unterlagen, die durch Rechtsvorschriften über Geheimhaltung geschützt sind, wenn die abgebende Stelle im Benehmen mit dem Landesarchiv festgestellt hat, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG). Die schutzwürdigen Belange einer Person werden angemessen berücksichtigt, wenn im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände festgestellt werden kann, dass das öffentliche Interesse an der Archivierung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen erheblich überwiegt (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 unter Hinweis auf Rspr. des BVerfG).
76 
Daraus ergibt sich zunächst, dass die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv keine Zwecksetzung ist, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen kann (vgl. Nieders. OVG, Urteil vom 17.09.2002 - 11 LB 123/02 - NdsVBl. 2003, 105 = juris Rn. 77: Archivierung ist Zweckentfremdung, die einer spezifisch archivgesetzlichen Regelung bedarf; VG Darmstadt, Urteil vom 15.10.2003 - 5 E 1395/97 - NJW 2004, 1471 = juris Rn. 33). § 23 Abs. 3 LDSG befasst sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindert weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen. Die Vorschrift regelt lediglich als Modalität, dass vor dem Löschen nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG das Angebot zur Übernahme an das zuständige Archiv erfolgen muss. Dies wird auch durch § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG verdeutlicht, wonach Löschungsansprüche gemäß § 13 Abs. 3 LDSG (nach jetziger Rechtslage § 23 Abs. 1 LDSG) nach Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv ausgeschlossen sind. Umgekehrt trifft der Ausschluss auf nicht dem Landesarchiv übergebene Unterlagen gerade nicht zu.
77 
bb) Der Löschungsanspruch des Klägers kann allerdings insoweit nicht durchgreifen, als es um ein Verwahren, Erhalten und Erschließen der Daten als Archivgut beim Landesarchiv Baden-Württemberg für die Aufgaben des staatlichen Archivwesens geht, das nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes vorgenommen wird und bei dem die schutzwürdigen Belange des Klägers durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Deshalb sind die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.
78 
Soweit der Kläger meint, es handele sich bei den streitgegenständlichen Daten um „Archivgut eines Privaten“, das nur mit seinem Einvernehmen dem Landesarchiv überantwortet werden könne, trifft dies nicht zu. Nach § 2 Abs. 3 LArchG kann das Landesarchiv auch Archivgut „anderer Stellen und Privater“ mit deren Einvernehmen erfassen, verwahren, erhalten, erschließen und allgemein nutzbar machen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Diese Bestimmung ist hier aber nicht anwendbar, denn es handelt sich bei den Daten um solche, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten (vgl. § 2 Abs. 1 LArchG). § 2 Abs. 3 LArchG meint Daten „aus privater Hand“ (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Landtags, LT-Drucks. 9/4575, S. 13; siehe hierzu ferner LT-Drucks. 9/3345, S. 14). Ob beziehungsweise inwieweit der Inhalt der Daten privater Natur sein mag und ob die Speicherung der Daten beim Staatsministerium (noch) zu Recht erfolgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
79 
Die Rechtslage sieht vor, dass vor einer Löschung die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren sind. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirken, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindert.
80 
Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht ist in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ auszugehen. Das Archivrecht enthält eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz.
81 
Zwar verhält sich das Landesarchivgesetz selbst nicht ausdrücklich zu der Frage, so dass aus diesem - isoliert betrachtet - nicht geschlossen werden kann, dass zu löschende oder zu vernichtende Unterlagen angeboten und archiviert werden dürfen (vgl. Uhl, Rechtsfragen der Aussonderung und Übernahme von Archivgut, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, 1991, S. 61 <91>; siehe hingegen für anbietungspflichtige Unterlagen § 3 Abs. 2 Satz 4 ArchG, wonach diese grundsätzlich nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden dürfen).
82 
Das genannte Vorrangverhältnis ergibt sich aber bereits aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Danach unterbleibt die Löschung zwar nicht - wie bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 23 Abs. 4 und 5 LDSG -, wenn das Landesarchiv Unterlagen nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes übernehmen will. Vor einer Löschung sind die Daten aber nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsieht - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergeben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden ist.
83 
Dieses Verständnis wird gestärkt durch einen Vergleich mit der Art, wie der Bundesgesetzgeber das Verhältnis des Archivrechts zum Datenschutzrecht in seinem Bereich geregelt hat. Es spricht viel dafür, dass das Landesdatenschutzgesetz in seiner Konzeption insoweit im Wesentlichen dem Bundesdatenschutzgesetz gleicht. Nach § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt, was - anders als in Baden-Württemberg, das eine solche Beschränkung nicht kennt - zunächst einen Vorrang von Löschungsvorschriften auch des allgemeinen Datenschutzrechts nahezulegen scheint. Das Bundesdatenschutzgesetz nimmt seine Löschungsverpflichtung im Verhältnis zum Archivrecht aber selbst zurück. Denn § 20 Abs. 9 BDSG lautet: „§ 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes ist anzuwenden.“ Nicht in Bezug genommen ist gerade § 2 Abs. 7 BArchG. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (BT-Drucks. 11/4306, S. 47) soll die Regelung ermöglichen, dass personenbezogene Daten, die zu löschen wären, dem Bundesarchiv angeboten werden und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 BArchG zukommt, zu übergeben sind. Es werde klargestellt, dass § 18 BDSG (jetzt § 20 BDSG; entspricht weitgehend § 23 LDSG) keine dem Bundesarchivgesetz vorgehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung von Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 7 BArchG sei. Auch die Literatur leitet hieraus einen Vorrang des Archivrechts ab (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 39; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 98; Uhl, a.a.O., S. 61 <88>; siehe ferner Bannasch in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 20 Rn. 38; nicht überzeugend dagegen Manegold, Archivrecht, S. 225, wonach die Rechtslage im Bund nicht eindeutig bzw. unklar sei). Deutlich wird dieses Verhältnis auch in dem anders formulierten, aber insoweit nicht abweichend zu verstehenden § 20 Abs. 3 Sächs. DSG. Danach darf eine Löschung, wenn die Kenntnis von personenbezogenen Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist, erst erfolgen, nachdem die Daten dem zuständigen Archiv angeboten worden sind und dieses die Archivwürdigkeit verneint hat oder über sie nicht fristgemäß entschieden hat.
84 
Es scheidet auch aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers - etwa wegen der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG - „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Hiergegen spricht, dass vor der Übernahme in das Archiv Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden können, wie etwa eine (Teil-) Anonymisierung (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 f.). Das Landesarchiv übernimmt nur Unterlagen, denen historischer Wert zukommt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LArchG). Ferner sind in § 4 LArchG Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht getroffen: Das Archivgut ist durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen (Satz 1). Die Verknüpfung personenbezogener Daten ist innerhalb der in § 6 genannten Sperrfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt sind (Satz 2). Unterlagen, denen kein bleibender Wert zukommt, sind zu vernichten (Satz 3). Ferner regelt § 6 Abs. 5 Satz 1 LArchG, dass für die Nutzung von Archivgut Sperrfristen gelten, und zwar auch für die Nutzung durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, wenn das Archivgut - wie hier - durch diese Stellen aufgrund von Rechtsvorschriften hätte vernichtet werden müssen. Die Nutzung von Archivgut kann schließlich aus den in § 6 Abs. 6 Satz 1 LArchG aufgezählten sowie anderen wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 LArchG) eingeschränkt oder versagt werden. Einzelheiten regelt die aufgrund von § 6 Abs. 6 Satz 4 LArchG erlassene Verordnung der Landesregierung über die Benutzung des Landesarchivs Baden-Württemberg (Landesarchivbenutzungsordnung - LArchBO) vom 10.04.2006 (GBl. S. 110 ff.). Danach ist etwa für die Nutzung von Archivgut grundsätzlich ein Nutzerausweis erforderlich, der schriftlich beantragt und bei jeder Nutzung vorgelegt werden muss (§ 2 Abs. 1, 3 LArchBO). Vor der Bestellung von Archivgut zur Einsichtnahme sind das Nutzungsvorhaben, die Daten eines etwaigen Auftraggebers sowie der Nutzungszweck anzugeben (§ 2 Abs. 6 LArchBO). Der Nutzer ist verpflichtet, Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte sowie schutzwürdige Belange Dritter zu beachten (§ 2 Abs. 7 LArchBO).
85 
Zweck der archivgesetzlichen Regelungen ist es gerade auch, die Abgabe solcher Unterlagen an das Archiv zu gewährleisten, die nach allgemeinen Datenschutzregelungen verweigert werden könnten oder gar müssten (vgl. Polley, NJW 1988, 2026 f.). Die archivgesetzlichen Normen beseitigen gewissermaßen die mit dem Datenschutzrecht begründeten Aufbewahrungshindernisse; Ablieferungssperren bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Richter, BWVPrax 1988, 25 <26>; ähnlich ders., Die Landesarchivgesetzgebung in Baden-Württemberg, in: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 229 <237 f.>). Das Archivgut soll grundsätzlich vollständig in die Staatsarchive gelangen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 15). Die Archivierung bildet ein „Löschungssurrogat“ (so Manegold, Archivrecht, S. 61 u. S. 218); das Archiv kann als „Datentreuhänder“ und unabhängiger „Sachwalter“ angesehen werden (vgl. Manegold, a.a.O., S. 64).
86 
Da der Kläger nach seinem Hauptantrag seinen Löschungsanspruch so verstanden wissen will, dass auch eine Archivierung der E-Mail-Postfachdaten beim Landesarchiv nicht soll stattfinden können, ist die Klage insoweit teilweise abzuweisen. Der Beklagte hat dem Kläger gegenüber rechtsfehlerfrei deutlich gemacht hat, dass er die streitgegenständlichen Daten gemäß den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zuführen will.
87 
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht.
88 
Zwar sind in den Archivgesetzen mancher anderer Länder - abweichend von der Rechtslage in Baden-Württemberg oder im Bundesrecht - unzulässig erhobene beziehungsweise unzulässig gespeicherte Daten ausdrücklich von der Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv und damit von der dauerhaften Archivierung ausgenommen (vgl. den Überblick bei Manegold, Archivrecht, S. 221 ff.). Der Interessenausgleich, namentlich zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einerseits und der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) andererseits, ist dort in anderer Weise vorgenommen worden. Von Verfassungs wegen geboten ist eine derartige strikte Ausnahmeklausel aber nicht, weil es daneben andere, im Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg auch hinreichend verankerte Möglichkeiten des Persönlichkeitsschutzes gibt.
89 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes - wie bereits angesprochen - dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1<41 f.>; vgl. BVerfGE 103, 21 <32 f.>). Dies umfasst nicht nur elektronisch speicherbare, sondern sämtliche personenbezogenen Daten (BVerfGE 78, 77 <84>). Dabei ist grundsätzlich gleichgültig, wo die Information gewonnen wurde oder welchen Inhalt sie hat; das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren - zu „verdinglichen“ - und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren, dabei auch zu verändern oder zu manipulieren (BVerfGE 101, 361 <381>; 106, 28 <40>). Träger des Grundrechts sind auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes „im Amt“. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Amts- oder funktionsbezogene Informationen - selbst richtige und nicht nur manipulierte - können für einen Politiker existenzvernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auch auf die Privatsphäre haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 = NJW 2004, 2462 m.w.N.). Die oben angeführten gesetzgeberischen Vorkehrungen im Landesarchivgesetz versprechen indes einen hinreichenden Schutz.
90 
Der Kläger ist insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angeht. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsieht, kann er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Ist die Übergabe an das Landesarchiv als erste Stufe des Archivierungsprozesses, die der Kläger hier bereits vorbeugend verhindern will, erfolgt, stehen ihm zudem auf einer zweiten Stufe aus dem Landesarchivgesetz folgende Rechte eigener Art zur Verfügung. Nach Maßgabe von § 5 LArchG hat er das Recht auf Auskunft, Einsicht und Gegendarstellung. Selbst nach dem Tod des Klägers steht dem Ehegatten, den Kindern oder den Eltern ein Gegendarstellungsrecht zu, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person bestritten wird und ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (vgl. zum postmortalen Persönlichkeitsschutz im Archivrecht auch Bizer, NVwZ 1993, 653 ff.).
91 
Weiter kommt dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute. Danach sind die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht „innerhalb eines Jahres“ über die Übernahme entschieden hat und wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Der genaue Beginn der Jahresfrist ist gesetzlich nicht weiter konkretisiert.
92 
In Frage käme einerseits der Zeitpunkt, in dem der Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und zugleich die Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv nach § 23 Abs. 3 LDSG entstehen. Da es aber Fälle - wie den vorliegenden - geben kann, in denen der Löschungsanspruch und die Anbietungspflicht unklar und umstritten sind, erscheint ein starrer Fristlauf beginnend bereits mit dem Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG nicht sachgerecht. Diesem Einwand ließe sich mit einer Hemmung des Fristlaufs (vgl. § 209 BGB; dort zur Wirkung bei der Verjährung) begegnen, solange die Anbietungspflicht bestritten und noch keine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangen ist. Es bestehen aber noch weitergehende Bedenken gegen eine Anknüpfung an den Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG ist nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck als Entscheidungsfrist für das Landesarchiv ausgestaltet. Das Landesarchiv kann frühestens mit der tatsächlichen Anbietung in die Prüfung eintreten, ob es Unterlagen übernehmen will. Daher kann die Jahresfrist erst mit der tatsächlichen Anbietung zu laufen beginnen.
93 
Mit dem Charakter als Entscheidungsfrist des Landesarchivs wäre es auch nicht vereinbar, die Jahresfrist unabhängig von der tatsächlichen Anbietung bereits dann beginnen zu lassen, wenn die Behörde von der Anbietungspflicht bezogen auf die konkreten Unterlagen Kenntnis erlangt oder die Anbietungspflicht hätte kennen müssen.
94 
Lässt man die Frist erst mit der tatsächlichen Anbietung beginnen, so gibt es zwar grundsätzlich keine oder nur eine schwache Handhabe gegen ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung. Dabei ist auch zu beachten, dass das Landesarchiv in Baden-Württemberg die Stellung einer Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat und nicht rechtlich verselbständigt ist (vgl. auch das Organisationsstatut vom 19.05.2006). Andererseits darf die Behörde mit den Unterlagen nichts Anderes unternehmen, als sie für das Anbieten gegenüber dem Archiv vorzuhalten. Jedenfalls bei einer völligen Abschottung der Daten vor jeglichem Zugriff - wie sie hier gewährleistet ist - erscheint dies hinnehmbar, zumal bei dem Beklagten keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung beziehungsweise für eine entsprechende Absicht ersichtlich sind. Die in § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG vorgesehene Jahresfrist ist daher derzeit noch nicht abgelaufen.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
96 
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG bisher obergerichtlich ungeklärt und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehend klärungsbedürftig ist.
97 
BESCHLUSS
98 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Die Durchsicht der Papiere des von der Durchsuchung Betroffenen steht der Staatsanwaltschaft und auf deren Anordnung ihren Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) zu.

(2) Im Übrigen sind Beamte zur Durchsicht der aufgefundenen Papiere nur dann befugt, wenn der Inhaber die Durchsicht genehmigt. Andernfalls haben sie die Papiere, deren Durchsicht sie für geboten erachten, in einem Umschlag, der in Gegenwart des Inhabers mit dem Amtssiegel zu verschließen ist, an die Staatsanwaltschaft abzuliefern.

(3) Nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 ist auch die Durchsicht von elektronischen Speichermedien bei dem von der Durchsuchung Betroffenen zulässig. Diese Durchsicht darf auch auf hiervon räumlich getrennte Speichermedien erstreckt werden, soweit auf sie von dem elektronischen Speichermedium aus zugegriffen werden kann, wenn andernfalls der Verlust der gesuchten Daten zu befürchten ist. Daten, die für die Untersuchung von Bedeutung sein können, dürfen gesichert werden.

(4) Werden Papiere zur Durchsicht mitgenommen oder Daten vorläufig gesichert, gelten die §§ 95a und 98 Absatz 2 entsprechend.

(1) Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.

(2) Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist.

(3) Den nach Absatz 2 Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht. Die Anzeigepflicht nach § 138 des Strafgesetzbuches hat Vorrang.

(4) Befindet sich die Telekommunikationsanlage an Bord eines Wasser- oder Luftfahrzeugs, so besteht die Pflicht zur Wahrung des Geheimnisses nicht gegenüber der Person, die das Fahrzeug führt oder gegenüber ihrer Stellvertretung.

(1) Die Bundesnetzagentur kann einen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, verpflichten, in der Regel innerhalb von drei Monaten ein Standardangebot für die Zugangsleistung zu veröffentlichen, für die eine allgemeine Nachfrage besteht.

(2) Soweit ein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes mit beträchtlicher Marktmacht kein oder ein nach Absatz 1 unzureichendes Standardangebot vorlegt, ermittelt die Bundesnetzagentur, für welche Zugangsleistungen eine allgemeine Nachfrage besteht. Zu diesem Zweck gibt die Bundesnetzagentur tatsächlichen oder potentiellen Nachfragern nach solchen Leistungen Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Anschluss daran gibt sie dem Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht Gelegenheit zur Stellungnahme dazu, welche der ermittelten Leistungen nach seiner Ansicht Bestandteil eines Standardangebots werden sollen.

(3) Die Bundesnetzagentur soll innerhalb einer Frist von vier Monaten unter Berücksichtigung der Stellungnahmen nach Absatz 2 die Zugangsleistungen festlegen, die der Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht als Standardangebot anbieten muss. Die Bundesnetzagentur fordert den Betreiber auf, innerhalb einer bestimmten Frist ein entsprechendes Standardangebot mit Bereitstellungs- und Nutzungsbedingungen einschließlich der Entgelte vorzulegen. Sie kann diese Aufforderung verbinden mit bestimmten Vorgaben für einzelne Bedingungen, einschließlich Vertragsstrafen, insbesondere in Bezug auf Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit. Dieses Standardangebot muss so umfassend sein, dass es von den einzelnen Nachfragern ohne weitere Verhandlungen angenommen werden kann. Die vorgenannten Sätze gelten auch für den Fall, dass der Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht ein unzureichendes Standardangebot vorgelegt hat.

(4) Die Bundesnetzagentur prüft die vorgelegten Standardangebote und nimmt Veränderungen vor, soweit Vorgaben für einzelne Bedingungen, einschließlich Vertragsstrafen, insbesondere in Bezug auf Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit nicht umgesetzt wurden. Die Bundesnetzagentur versieht Standardangebote in der Regel mit einer Mindestlaufzeit. Der Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht muss beabsichtigte Änderungen oder eine Einstellung des Standardangebots drei Monate vor Ablauf der Mindestlaufzeit gegenüber der Bundesnetzagentur anzeigen. Die Entscheidungen nach Absatz 3 und 4 Satz 1 und 2 können nur insgesamt angegriffen werden. Für die Regulierung der Entgelte gelten die §§ 27 bis 37.

(5) Sofern eine Zugangsleistung bereits Gegenstand einer Zugangsvereinbarung nach § 22 ist, kann die Bundesnetzagentur den Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, verpflichten, diese Zugangsleistung als Standardangebot auch anderen Nachfragern diskriminierungsfrei anzubieten, wenn zu erwarten ist, dass für diese Zugangsleistung eine allgemeine Nachfrage entstehen wird. Dies gilt auch für Zugangsleistungen, zu deren Erbringung ein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, im Rahmen einer Anordnung nach § 25 verpflichtet worden ist.

(6) Die Bundesnetzagentur kann einen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, verpflichten, eine Änderung des Standardangebots vorzunehmen, wenn sich die allgemeine Nachfrage wesentlich geändert hat. Dies kann sich sowohl auf die Leistungen selbst als auch auf wesentliche Bedingungen für deren Erbringung beziehen. Für die Änderung des Standardangebots gelten die Absätze 2 bis 5 entsprechend.

(7) Hat die Bundesnetzagentur einem Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, Verpflichtungen nach § 21 hinsichtlich des Zugangs zur Netzinfrastruktur auf Vorleistungsebene auferlegt, so stellt sie sicher, dass der Betreiber ein Standardangebot veröffentlicht, das mindestens die in Anhang II der Richtlinie 2002/19/EG genannten Komponenten umfasst. § 20 bleibt unberührt.

(8) Der Betreiber ist verpflichtet, das Standardangebot in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Für den Verletzten kann ein Rechtsanwalt die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegen wären, einsehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke besichtigen, soweit er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. In den in § 395 genannten Fällen bedarf es der Darlegung eines berechtigten Interesses nicht.

(2) Die Einsicht in die Akten ist zu versagen, soweit überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen entgegenstehen. Sie kann versagt werden, soweit der Untersuchungszweck, auch in einem anderen Strafverfahren, gefährdet erscheint. Sie kann auch versagt werden, wenn durch sie das Verfahren erheblich verzögert würde, es sei denn, dass die Staatsanwaltschaft in den in § 395 genannten Fällen den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat.

(3) Der Verletzte, der nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 und 2 befugt, die Akten einzusehen und amtlich verwahrte Beweisstücke unter Aufsicht zu besichtigen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten übermittelt werden. § 480 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für die in § 403 Satz 2 Genannten.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befaßten Gerichts. Gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar, solange die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(1) Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.

(2) Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist.

(3) Den nach Absatz 2 Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht. Die Anzeigepflicht nach § 138 des Strafgesetzbuches hat Vorrang.

(4) Befindet sich die Telekommunikationsanlage an Bord eines Wasser- oder Luftfahrzeugs, so besteht die Pflicht zur Wahrung des Geheimnisses nicht gegenüber der Person, die das Fahrzeug führt oder gegenüber ihrer Stellvertretung.

Tenor

1. Der Beklagte wird verpflichtet, die drei Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:

- ...,

- ...,

- ...,

sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu ¾, der Kläger zu ¼.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Malls in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Dies soll sicherstellen, dass die Postfachinhalte bei technischen Problemen beziehungsweise bei einer versehentlichen Löschung vorerst weiter verfügbar bleiben. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular erklärt: „Hiermit beantrage ich, den Internetzugang auf meinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass jede Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen.“ In den Sicherheitshinweisen heißt es unter Nr. 1: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt.“ Eine gesonderte Regelung für den Umgang mit E-Mails gab es im Staatsministerium nicht. Es lag auch keine ausdrückliche Gestattung der privaten IT-Nutzung (etwa durch eine Betriebsvereinbarung, arbeitsvertragliche Regelungen oder durch eine IT-Richtlinie) vor. Eine Kontrolle der Nutzung auf privaten Gebrauch fand nicht statt. Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der EDV-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Bemängelt wurde das Verschwinden eingetragener Termine und Fristen ohne erkennbaren Grund. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Die Arbeiten wurden nicht in der Datenverarbeitungsanlage, das heißt in dem Datensystem selbst, sondern in Kopien durchgeführt.
Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei „auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung“ durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dass die Daten in einer Arbeitsablage vorgefunden worden seien. Ein Mitarbeiter habe berichtet, dass es sich um Daten vom Oktober 2010 handele. Damals habe eine externe Firma untersucht, weshalb Termineinträge aus dem Postfach des Klägers sporadisch verschwunden seien. Zur Lösung des Problems sei seinerzeit den externen Dienstleistern eine Kopie des Postfachs zur Überprüfung auf einem separaten Plattenplatz zur Verfügung gestellt worden. Da die externen Dienstleister das Problem nicht hätten lösen können, habe man die Daten bis zum nächsten Vorfall erhalten wollen. Dieser Umstand sei „in Vergessenheit“ geraten.
Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software sicher. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus und übergab Daten später auch an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ (zur Weitergabe von Daten des Klägers aus einer Wohnungsdurchsuchung siehe auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.11.2012 - 4a VAs 3/12 - Justiz 2013, 181).
10 
Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden.
11 
Mit Schreiben vom 17.09.2012 teilte der Beklage dem Rechtsanwalt des Klägers daraufhin mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten. Diese seien im Herbst 2010 von der EDV-Abteilung anlässlich der vom Kläger gemeldeten Störungen des elektronischen Terminkalenders seines Outlook-Postfachs angelegt worden. Unter Einschaltung eines externen Unternehmens habe die Fehlfunktion des Terminkalenders geprüft werden sollen. Im Anschluss seien die Arbeitskopien „in Vergessenheit geraten“. Der Beklagte bat außerdem um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen.
12 
Hierauf bestätigte der Kläger dem Staatsministerium mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012, dass die Sichtung der Dateien seiner Einwilligung bedürfe. Diese werde jedoch nicht erteilt. Das Staatsministerium wurde aufgefordert, die Dateien unverzüglich zu löschen und dies bis zum 27.09.2012 zu bestätigen.
13 
Mit Schreiben vom 27.09.2012 lehnte es das Staatsministerium ab, die Dateien zu löschen. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Dies könne so gestaltet werden, dass die Rechtsanwälte im Beisein der Datenschutzbeauftragten des Staatsministeriums und eines gemeinsam ausgewählten Notars zum Zwecke der Dokumentation die gespeicherten Daten durchsähen und die einvernehmlich als privat eingestuften gelöscht würden. Es bestehe Bereitschaft, eine Verschwiegenheitserklärung über die privaten Mails abzugeben. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
14 
Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bel diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
15 
Der Kläger hat am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen hat, Klage auf Löschung der Dateien erhoben. Zur Begründung macht er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten:
16 
Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG seien personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich sei. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten, daher unterfielen sie dem Landesdatenschutzgesetz, dessen Aufgabe es ausweislich seines § 1 sei, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch die Verarbeitung und damit auch das Speichern (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 LDSG) seiner personenbezogenen Daten in seinem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werde. Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürften Daten, die ausschließlich zum Zwecke der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert würden, nur für diesen Zweck und damit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG beinhalte eine strikte, ausnahmslose Zweckbindung, weshalb auch § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG unanwendbar seien. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei also unzulässig und verletze sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beziehungsweise das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein.
17 
Dies folge auch daraus, dass die E-Mail-Kommunikation dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG unterliege. Der Beklagte sei ihm gegenüber „Diensteanbieter“ im Sinne des § 3 Nr. 6 TKG.
18 
§ 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
19 
Der Kläger beantragt zuletzt,
20 
den Beklagten zu verpflichten, drei Dateien mit „Arbeitskopien“ seines Outlook-Postfachs, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:
21 
- ...,
- ...,
- ...,
22 
sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen,
23 
hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, die genannten Dateien sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind,
24 
weiter hilfsweise: den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Staatsministeriums vom 27.09.2012 (ohne Aktenzeichen) zu verpflichten, den Antrag auf Löschung personenbezogener Daten vom 19.09.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
25 
Der Beklagte beantragt,
26 
die Klage abzuweisen.
27 
Er ist der Ansicht, der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs. Vor der Internationalen Handelskammer in Paris sei ein Schiedsverfahren gegen die EdF anhängig, in dem das Land geltend mache, im Dezember 2010 einen Betrag von 834 Mio. EUR zu viel für die Anteile an der EnBW AG bezahlt zu haben. Da der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, könnten die Sicherungskopien möglicherweise wichtige Hinweise liefern und die Position des Landes in diesem Verfahren entscheidend verbessern. Weiter sei das Land aus Gründen der Verjährung gezwungen, bis spätestens Ende Dezember 2013 mögliche Rechtsmittel gegenüber den am Kauf beteiligten Personen und Gesellschaften einzulegen. Für hier in Rede stehende Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB sei aber jeweils der Nachweis des subjektiven Tatbestandes - insbesondere die bewusste Inkaufnahme eines Vermögensschadens - notwendig. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Darüber hinaus liege dem Staatsministerium ein Akteneinsichtsgesuch der Herren ... und ... auf der Grundlage des Landesumweltinformationsgesetzes vor, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Das Staatsministerium habe dieses Akteneinsichtsgesuch hinsichtlich der Kopien mit Verweis auf das laufende verwaltungsgerichtliche Verfahren abgelehnt. Seitens der Herren ... und ... sei dieser Ablehnung unter Hinweis auf das öffentliche Interesse an den Unterlagen widersprochen worden. Ein Klageverfahren sei absehbar. Weiter seien die Sicherungskopien auch bereits Gegenstand einer Landtagsanfrage (Drs. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen.
28 
Eine Unzulässigkeit der Datenverwendung ergebe sich nicht aus § 88 TKG. Weder sei er Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG noch der Kläger ein Dritter im Sinne des § 3 Nr. 10 TKG. Auch aus weiteren Gründen greife § 88 TKG nicht.
29 
Die Speicherung der streitgegenständlichen Postfach-Daten sei von § 15 LDSG gedeckt, auch wenn die Speicherung der Postfach-Daten zunächst wohl vornehmlich zu Zwecken der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage und der Datensicherung erfolgt sei. Der Zweck der Datensicherung im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG umfasse neben der Vermeidung von Datenverlusten, Datenverfälschungen und der Vermeidung eines unbefugten Datenzugangs auch die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. Durch die jetzige Speicherung sollten verloren gegangene, dienstlich relevante und zu den Sachakten gehörende Schriftstücke gesichert und wiederhergestellt werden.
30 
Daneben wolle § 15 Abs. 4 LDSG dem Wortlaut nach nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Arbeits- oder dienstrechtliche Maßnahmen kämen gegenüber dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt in Betracht. Der Informationsgehalt der Postfach-Daten solle zwar im Rahmen der Sachakten genutzt werden; dies allein würde aber noch keine Nutzung speziell gegenüber dem Kläger darstellen.
31 
Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von EnBW-Anteilen E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien.
32 
Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG. Dem Landesarchiv seien die Postfach-Daten zur Übernahme anzubieten. Durch § 23 Abs. 3 LDSG und §§ 3, 7 und 8 LArchG solle sichergestellt werden, dass dem Landesarchiv auch die dem Schutzbereich des Landesdatenschutzgesetzes unterfallenden Daten angeboten und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 LArchG zukämen, übergeben würden, um dort zu verbleiben.
33 
Mit Beschluss vom 04.03.2013 wurde der Beiladungsantrag der Antragsteller ... und von ... abgelehnt, die sich auf ihren beim Staatsministerium Baden-Württemberg gestellten Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen, auch betreffend die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten, berufen hatten.
34 
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die dem Gericht vorliegenden Akten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Über die Klage hat nach der hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts Stuttgart das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu entscheiden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
36 
Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem ersten Hilfsantrag dagegen begründet.
37 
Die Ablehnung der begehrten Datenlöschung seitens des beklagten Landes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf die Löschung, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
38 
1. Anspruchsgrundlage ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (die womöglich ebenfalls in Betracht kommende Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 LDSG hinge von den gleichen Rechtsfragen ab, vgl. zum Anwendungsbereich bei nachträglichem Unzulässigwerden einer Speicherung: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 39 mit Fußn. 73 sowie - betreffend die Parallelvorschrift § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X - Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 26). Danach sind personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat derjenige, um dessen personenbezogene Daten es geht, einen Anspruch auf Löschung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.03.2004 - 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = NVwZ 2004, 626; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 2 und 35; zu der Parallelnorm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - NZS 2011, 473). Unter Löschen ist dabei nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 LDSG das Unkenntlichmachen der gespeicherten personenbezogenen Daten zu verstehen. Kennzeichnend dafür ist, dass die Verfügungsmöglichkeit der speichernden Stelle irreversibel wegfällt (Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 28).
39 
2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind hier erfüllt. Die Kenntnis der Daten, deren Löschung der Kläger begehrt, ist für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen ist (§ 15 Abs. 4 LDSG).
40 
a) Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 3 Rn. 7; BAG, Beschluss vom 27.05.1986 - 1 ABR 48/84 - BAGE 52, 88 = NJW 1987, 674; Urteil vom 13.01.1987 - 1 AZR 267/85 - BAGE 54, 67 = NZA 1987, 515; jeweils für Telefondaten; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997> für Inhalts- und Verbindungsdaten beim E-Mail-Verkehr).
41 
b) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium, denn das Staatsministerium ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG zu dem Begriff der auch hier gemeinten „verantwortlichen Stelle“; zum Begriff des „Speicherns“ § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDSG).
42 
c) Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Kenntnis der Daten ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Beklagten - außerhalb von an dieser Stelle nicht relevanten archivrechtlichen Belangen - allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegensteht.
43 
Der Beklagte beruft sich - neben der Bezugnahme auf den Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 LDSG - auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG und ist der Ansicht, das weitere Speichern der E-Mail-Postfach-Daten sei zulässig, denn es müssten mit ihrer Hilfe Angaben des Klägers überprüft werden, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Möglicherweise sei der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentations- und Archivierungspflichten nicht nachgekommen. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem Unternehmen EnBW (vgl. dazu auch StGH, Urteil vom 06.10.2011 - GR 2/11, 2/11 - ESVGH 62, 9 = VBlBW 2012, 19) E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Insbesondere die den Ankauf der EnBW-Aktien betreffenden Daten seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den Sachakten fehlten. Im Zusammenhang mit diesem Vorbringen hat der Beklagte ein Konvolut mit E-Mail-Ausdrucken vorgelegt, die der Landtag von Baden-Württemberg dem Staatsministerium mit Schreiben vom 18.06.2012 übersandt hat. Es handelt sich um das Staatsministerium betreffende Korrespondenz (an das Staatsministerium gerichtet oder aus dem Staatsministerium gesendet), die die Bank ... an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ übergeben hat.
44 
Es kann jedoch offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt ist, denn diese Bestimmungen werden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. § 15 Abs. 4 LDSG steht der weiteren Datenspeicherung entgegen. Danach dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG sind § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG nach allgemeiner Auffassung unanwendbar, denn § 15 Abs. 4 LDSG ist die speziellere Regelung (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 106 m.w.N.; zur Parallelnorm des § 67c Abs. 4 SGB X etwa Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14).
45 
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, § 15 Abs. 4 LDSG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, weil der Kläger gar kein „Bediensteter“ (gewesen) sei, es sich aber allein um eine Schutzvorschrift für diese Personengruppe handele, kann dem nicht gefolgt werden. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“ bezieht sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibt von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Dies zeigt etwa ein Vergleich des § 15 Abs. 4 LDSG mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 4 BDSG, wo der Bestandteil „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten“ fehlt (vgl. auch Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 mit Fußn.218). § 15 Abs. 4 LDSG erlaubt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur entweder für diesen Zweck oder - daneben - für hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten.
46 
Der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG ist auch sonst erfüllt. Die E-Mail-Postfach-Daten stellen - in der im Herbst 2010 kopierten Form - personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden.
47 
Die E-Mail-Postfach-Daten wurden zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können (vgl. zur Anfertigung und Aufbewahrung von Kopien als womöglich „impliziter Nebenzweck“ eines anderen Hauptzweckes § 15 Abs. 3 Satz 1 LDSG sowie Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 47 f.; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 23 und 30 ff.).
48 
Dieser Zweck beinhaltet eine Speicherung ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
49 
Zwar ist der Zweck der Datenschutzkontrolle nicht gegeben. Unter Datenschutzkontrolle versteht man sowohl die externe Kontrolle durch den Landes- beziehungsweise Bundesdatenschutzbeauftragten, die interne Kontrolle durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder eine andere mit der Überwachung des Datenschutzes betraute Stelle als auch die im Rahmen der Dienstaufsicht über nachgeordnete Behörden wahrgenommene Datenschutzkontrolle. Gegenstand dessen ist etwa die Protokollierung von datenschutzrelevanten Vorgängen wie Datenabrufen oder -übermittlungen (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 108; ähnlich Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 38; Fromm in jurisPK-SGB X, 1. Aufl., § 67c Rn. 35; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8; Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14). Um derlei Daten geht es hier ersichtlich nicht.
50 
Es handelt sich aber um eine Kopie ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
51 
Der Begriff Datensicherung (vgl. dazu auch Art. 7 des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten; ebenso die Begrifflichkeit etwa in ähnlichem Kontext in § 37 Abs. 1 Nr. 2 AZRG, § 19 Abs. 2, § 31 BDSG, § 83 Abs. 2 SGB X, § 489 Abs. 7 Satz 2 StPO) umfasst die nach § 9 LDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ausführung des Landesdatenschutzgesetzes. Die Datensicherung wird davon insoweit erfasst, als sie sich auf vom Landesdatenschutzgesetz geschützte Daten bezieht und der Gewährleistung der Ausführung von Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dient, zum Beispiel Zugriffsprotokolle, Firewalls, Anti-Spam-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 109). Sicherungskopien können als Maßnahmen der Datensicherung angesehen werden (vgl. Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 28; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 39; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8).
52 
Bei der Speicherung zur „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage“ (ebenso die Begrifflichkeit etwa in § 9 Abs. 1 Satz 2 ATDG, § 9 Abs. 2 Satz 2 AZRG, § 106 Abs. 3 Satz 3 BBG, § 31 BDSG) geht es im Unterschied zu den ersten Fallgruppen (Kontrolle und Sicherheit) um die Gewährleistung des Betriebs als solchen. Der Begriff des Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage umfasst dabei neben den allgemeinen Systemfunktionen des DV-Systems auch deren organisatorische und technische Voraussetzungen - etwa in Form einer Rechenzentrumsorganisation einschließlich der Not- und Ausfallpläne - wie auch das einwandfreie Funktionieren der Anwendungsprogramme und der Kommunikations-/Netzsoftware. Die Zweckbindung bezieht sich allerdings nicht auf die Inhalte der einzelnen Anwendungsprogramme, sondern auf die zusätzlichen, nur DV-technisch bedingt gespeicherten Daten (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110). In Betracht kommen die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter im Bereich der DV-Technik, etwa die Angaben der Datenerfassung, der Systemverwaltung und der Wartung, ferner Dateien, in denen die Zugangs- und Verarbeitungsberechtigungen von Mitarbeitern oder externen Nutzern geführt werden sowie das systeminterne Handling der Nutzerdaten während der Bearbeitungsdauer (vgl. abermals Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110; ähnlich Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29).
53 
Ohne dass es hier einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage zur Datensicherung ankommt (nach Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14 gehört die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage zur „Datensicherung“), umfasst jedenfalls einer dieser beiden Tatbestände die vorliegende Kopie eines E-Mail-Postfachs. Teilweise werden Sicherungskopien der Datensicherung zugeordnet (siehe die Nachweise am Ende des Absatzes zum Begriff der Datensicherung), teilweise der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112). Nach Sinn und Zweck bezieht sich § 15 Abs. 4 LDSG gerade auch auf solche Daten.
54 
Daher scheidet eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus, weshalb auch der Löschungsanspruch des Klägers durchgreifen muss. Zwar soll bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 und 114). Dies kann aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen ist, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt wurde. Im vorliegenden Fall wurden die E-Mail-Postfach-Daten allein zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Darum geht es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten kam noch der Beklagte die Daten weiter benötigt, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können.
55 
Ausgehend davon, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG erfüllt ist, ist es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung ist insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke (also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage) zulässig (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 114; Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 31 Rn. 5 f.).
56 
Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setzte voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert werden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgehen. Daran fehlt es hier. Mit der Kopie wurden keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt; vielmehr erschöpfte sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten. Die Erzeugung neuer Daten ist aber kein zwingendes Merkmal für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 LDSG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung über eine strikte Zweckbindung ist es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13). Dem entspricht es, Sicherungskopien auch dann einer strikten Zweckbindung zu unterstellen, wenn es lediglich um die Vervielfältigung vorhandener Daten geht. Denn andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre.
57 
d) Die Schutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes kommen dem Kläger allerdings nicht zusätzlich zugute. Ein (weiteres) rechtliches Hindernis der Datennutzung, worauf sich das Löschungsbegehren des Klägers (außerdem) stützen ließe, ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz nicht.
58 
Der Kläger beruft sich auf die mit „Fernmeldegeheimnis“ überschriebene Bestimmung des § 88 TKG. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen dem Fernmeldegeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 TKG jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist (§ 88 Abs. 2 Satz 2 TKG). Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG ist es den nach § 88 Abs. 2 TKG Verpflichteten untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden (§ 88 Abs. 3 Satz 2 TKG). Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht (§ 88 Abs. 3 Satz 3 TKG).
59 
Der Schutzbereich des § 88 TKG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 88 TKG ist im Verhältnis zu den Datenschutzgesetzen eine spezielle Schutzvorschrift für personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs anfallen (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 10). § 88 TKG hat allerdings wie Art. 10 GG allein den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zum Ziel. § 88 TKG kann als einfachgesetzliche Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG bezeichnet werden (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 1). Ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG nicht eröffnet, so kann sich ein Betroffener auch nicht auf das für Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG geltende gesetzliche Verbot nach § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG berufen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - NJW 2009, 2470). So liegt der Fall hier.
60 
Das Bundesverfassungsgericht grenzt den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG in ständiger Rechtsprechung auf die Bewahrung des privaten, vor der Öffentlichkeit und den Eingriffen unbefugter Dritter unbehelligt ablaufenden Austauschs von Informationen während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ein. Der Grundrechtsschutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst demgegenüber nicht die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten, soweit dieser eigene Schutzvorkehrungen gegen den heimlichen Datenzugriff treffen kann. Die spezifischen Gefahren einer räumlich distanzierten Kommunikation, vor denen das Telekommunikationsgeheimnis schützen will, bestehen hier nicht fort (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, Urteile vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976 und vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 = NJW 2008, 822; siehe ferner BVerfG, 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 = NJW 2009, 2431; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - NZA-RR 2010, 406; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - DB 2011, 1281; LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012 - 14 Sa 1711/10 - DuD 2013, 50 = juris Rn. 175).
61 
Gemessen daran ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses des Art. 10 Abs. 1 GG hier hinsichtlich der streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten des Klägers nicht betroffen. Dies folgt daraus, dass es sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte handelt, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet hat. Vielmehr sind diese E-Mails erst nach dem Abschluss der Übertragung über den Empfänger der E-Mail in die Speichermedien des Beklagten gelangt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O.).
62 
Der danach allein durch andere Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistete Schutz der E-Mail-Postfachdaten wird nicht durch § 88 TKG, sondern durch das allgemeine Datenschutzrecht vermittelt.
63 
Daneben ist selbst bei unterstellter Eröffnung des Schutzbereichs des Fernmeldegeheimnisses der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - a.a.O. ; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - a.a.O. ; Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 24; Schöttler in jurisPR-ITR 4/2009 Anm. 2 m.w.N.; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 ff. m.w.N.). Nach § 3 Nr. 6 TKG ist „Diensteanbieter“ jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. „Telekommunikationsdienste“ sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. In § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG wird eine geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten vorausgesetzt. Das „geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ ist in § 3 Nr. 10 TKG definiert als das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
64 
Gemessen an diesen Vorgaben spricht gegen eine Anwendbarkeit von § 88 TKG insbesondere schon die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger eine private E-Mail-Nutzung nie ausdrücklich gestattet hatte. Eine Erlaubnis privater Nutzung kann durch bloß passives Verhalten der das E-Mail-Postfach stellenden Behörde, also allein durch die Duldung privater Nutzung, nicht entstehen (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997, 1998>). Somit konnte das besondere Schutzbedürfnis, dem das Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen will, nicht auftreten.
65 
Selbst bei Annahme einer erlaubten privaten Nutzung steht zudem der Gesetzeszweck des Telekommunikationsgesetzes einer Heranziehung des § 88 TKG entgegen. § 1 TKG bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetz zur Förderung des privaten Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation handelt, dass also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Telekommunikationsanbietern sowie diejenigen zwischen den Telekommunikationsanbietern untereinander abgezielt wird. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen - etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - zu regeln (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1999>; a.A. insoweit allerdings etwa Naumann in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 37 Rn. 15; Seifert in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 32 Rn. 92 m.w.N.). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.
66 
e) Zu einer abweichenden Beurteilung gibt auch § 36 Abs. 1 LDSG keinen Anlass. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung innerdienstlicher planerischer, organisatorischer, personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung es vorsieht.
67 
Die Vorschrift ist auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten war. Als Mitglied der Regierung stand der Kläger nach Maßgabe des Ministergesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 1 MinG). Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV, § 1 Abs. 1 GO LReg). Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 LV, § 1 Abs. 4 GO LReg). Der Ministerpräsident bedient sich zur Führung seiner Geschäfte des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GO LReg). Dessen Leitung obliegt nach Weisung des Ministerpräsidenten dem beamteten Staatssekretär des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GO LReg). Ausgehend hiervon verbietet es sich, die Stellung eines Ministerpräsidenten als „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ zu kennzeichnen. Gegen die „Beschäftigten“-Eigenschaft des Klägers spricht zudem die Definition des entsprechenden Begriffes in § 3 Abs. 11 BDSG, die sich nicht auf ein Amt wie dasjenige des Ministerpräsidenten erstreckt.
68 
Im Übrigen dient § 36 Abs. 1 LDSG einer Verstärkung des Datenschutzes und kann hier nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus gegenüber den allgemein geltenden Bestimmungen (§ 15 LDSG) führen.
69 
f) Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bildet die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt haben, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten bezieht (vgl. den ablehnenden Teil des bei der Gerichtsakte befindlichen Bescheids des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 18.01.2013, der nach Angaben des Beklagten noch nicht bestandskräftig ist).
70 
Nach § 3 Abs. 1 LUIG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe weiterer Bestimmungen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Allerdings ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG).
71 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sperrt der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die Löschung der E-Mail-Postfachdaten nicht. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebührt der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststeht oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 LUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG enthalten. In Betracht kämen wohl allenfalls Daten „über Maßnahmen oder Tätigkeiten“, die sich auf Umweltbestandteile oder auf Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG; zur weiten Auslegung des Begriffes Umweltinformation siehe etwa Rudisile, VBlBW 2013, 46 <47> m.w.N.). Die Antragsteller beziehen sich auf den „Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art vor, während und nach Oktober 2010“, haben einen Zusammenhang zwischen den E-Mail-Postfachdaten und dem benannten Interessensgebiet aber nicht weiter nachvollziehbar substantiiert. Ein Fall der „Entziehung des Informationsanspruchs“ durch Datenlöschung (vgl. dazu Schomerus in Hk-UIG, 2. Aufl. 2002, § 3 Rn. 99) ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
72 
Dabei wird der von der Umweltinformationsrichtlinie gesetzte Rahmen (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 19) nicht verkannt. Danach sind die Ablehnungsgründe für einen Umweltinformationsanspruch eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/4/EG). In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 zur Umweltinformationsrichtlinie beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Auch unter Berücksichtigung dessen liegt hier aus den vorstehend genannten Gründen jedoch ein Ablehnungsgrund vor.
73 
g) Dem Löschungsanspruch steht schließlich dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten sind (dazu im Folgenden aa). Das Archivrecht führt allerdings zu einer Modifikation des Anspruchsumfangs (dazu im Folgenden bb).
74 
aa) Das Landesarchiv verwahrt, erhält und erschließt als Archivgut alle Unterlagen, die von den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, deren Funktionsvorgängern oder von Rechtsvorgängern des Landes übernommen worden sind und die bleibenden Wert haben; es macht das Archivgut allgemein nutzbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LArchG). Unterlagen sind insbesondere Schriftstücke, Akten, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG).
75 
Das Landesarchivgesetz enthält bereichsspezifische Regelungen zur Ergänzung des Datenschutzrechts; es dient dem Ausgleich des Aufgabenkonflikts von Datenschutz und Archivwesen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 12). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG bieten die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an. Anzubieten sind auch Unterlagen, die durch Rechtsvorschriften über Geheimhaltung geschützt sind, wenn die abgebende Stelle im Benehmen mit dem Landesarchiv festgestellt hat, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG). Die schutzwürdigen Belange einer Person werden angemessen berücksichtigt, wenn im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände festgestellt werden kann, dass das öffentliche Interesse an der Archivierung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen erheblich überwiegt (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 unter Hinweis auf Rspr. des BVerfG).
76 
Daraus ergibt sich zunächst, dass die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv keine Zwecksetzung ist, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen kann (vgl. Nieders. OVG, Urteil vom 17.09.2002 - 11 LB 123/02 - NdsVBl. 2003, 105 = juris Rn. 77: Archivierung ist Zweckentfremdung, die einer spezifisch archivgesetzlichen Regelung bedarf; VG Darmstadt, Urteil vom 15.10.2003 - 5 E 1395/97 - NJW 2004, 1471 = juris Rn. 33). § 23 Abs. 3 LDSG befasst sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindert weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen. Die Vorschrift regelt lediglich als Modalität, dass vor dem Löschen nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG das Angebot zur Übernahme an das zuständige Archiv erfolgen muss. Dies wird auch durch § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG verdeutlicht, wonach Löschungsansprüche gemäß § 13 Abs. 3 LDSG (nach jetziger Rechtslage § 23 Abs. 1 LDSG) nach Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv ausgeschlossen sind. Umgekehrt trifft der Ausschluss auf nicht dem Landesarchiv übergebene Unterlagen gerade nicht zu.
77 
bb) Der Löschungsanspruch des Klägers kann allerdings insoweit nicht durchgreifen, als es um ein Verwahren, Erhalten und Erschließen der Daten als Archivgut beim Landesarchiv Baden-Württemberg für die Aufgaben des staatlichen Archivwesens geht, das nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes vorgenommen wird und bei dem die schutzwürdigen Belange des Klägers durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Deshalb sind die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.
78 
Soweit der Kläger meint, es handele sich bei den streitgegenständlichen Daten um „Archivgut eines Privaten“, das nur mit seinem Einvernehmen dem Landesarchiv überantwortet werden könne, trifft dies nicht zu. Nach § 2 Abs. 3 LArchG kann das Landesarchiv auch Archivgut „anderer Stellen und Privater“ mit deren Einvernehmen erfassen, verwahren, erhalten, erschließen und allgemein nutzbar machen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Diese Bestimmung ist hier aber nicht anwendbar, denn es handelt sich bei den Daten um solche, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten (vgl. § 2 Abs. 1 LArchG). § 2 Abs. 3 LArchG meint Daten „aus privater Hand“ (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Landtags, LT-Drucks. 9/4575, S. 13; siehe hierzu ferner LT-Drucks. 9/3345, S. 14). Ob beziehungsweise inwieweit der Inhalt der Daten privater Natur sein mag und ob die Speicherung der Daten beim Staatsministerium (noch) zu Recht erfolgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
79 
Die Rechtslage sieht vor, dass vor einer Löschung die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren sind. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirken, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindert.
80 
Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht ist in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ auszugehen. Das Archivrecht enthält eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz.
81 
Zwar verhält sich das Landesarchivgesetz selbst nicht ausdrücklich zu der Frage, so dass aus diesem - isoliert betrachtet - nicht geschlossen werden kann, dass zu löschende oder zu vernichtende Unterlagen angeboten und archiviert werden dürfen (vgl. Uhl, Rechtsfragen der Aussonderung und Übernahme von Archivgut, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, 1991, S. 61 <91>; siehe hingegen für anbietungspflichtige Unterlagen § 3 Abs. 2 Satz 4 ArchG, wonach diese grundsätzlich nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden dürfen).
82 
Das genannte Vorrangverhältnis ergibt sich aber bereits aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Danach unterbleibt die Löschung zwar nicht - wie bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 23 Abs. 4 und 5 LDSG -, wenn das Landesarchiv Unterlagen nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes übernehmen will. Vor einer Löschung sind die Daten aber nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsieht - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergeben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden ist.
83 
Dieses Verständnis wird gestärkt durch einen Vergleich mit der Art, wie der Bundesgesetzgeber das Verhältnis des Archivrechts zum Datenschutzrecht in seinem Bereich geregelt hat. Es spricht viel dafür, dass das Landesdatenschutzgesetz in seiner Konzeption insoweit im Wesentlichen dem Bundesdatenschutzgesetz gleicht. Nach § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt, was - anders als in Baden-Württemberg, das eine solche Beschränkung nicht kennt - zunächst einen Vorrang von Löschungsvorschriften auch des allgemeinen Datenschutzrechts nahezulegen scheint. Das Bundesdatenschutzgesetz nimmt seine Löschungsverpflichtung im Verhältnis zum Archivrecht aber selbst zurück. Denn § 20 Abs. 9 BDSG lautet: „§ 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes ist anzuwenden.“ Nicht in Bezug genommen ist gerade § 2 Abs. 7 BArchG. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (BT-Drucks. 11/4306, S. 47) soll die Regelung ermöglichen, dass personenbezogene Daten, die zu löschen wären, dem Bundesarchiv angeboten werden und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 BArchG zukommt, zu übergeben sind. Es werde klargestellt, dass § 18 BDSG (jetzt § 20 BDSG; entspricht weitgehend § 23 LDSG) keine dem Bundesarchivgesetz vorgehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung von Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 7 BArchG sei. Auch die Literatur leitet hieraus einen Vorrang des Archivrechts ab (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 39; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 98; Uhl, a.a.O., S. 61 <88>; siehe ferner Bannasch in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 20 Rn. 38; nicht überzeugend dagegen Manegold, Archivrecht, S. 225, wonach die Rechtslage im Bund nicht eindeutig bzw. unklar sei). Deutlich wird dieses Verhältnis auch in dem anders formulierten, aber insoweit nicht abweichend zu verstehenden § 20 Abs. 3 Sächs. DSG. Danach darf eine Löschung, wenn die Kenntnis von personenbezogenen Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist, erst erfolgen, nachdem die Daten dem zuständigen Archiv angeboten worden sind und dieses die Archivwürdigkeit verneint hat oder über sie nicht fristgemäß entschieden hat.
84 
Es scheidet auch aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers - etwa wegen der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG - „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Hiergegen spricht, dass vor der Übernahme in das Archiv Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden können, wie etwa eine (Teil-) Anonymisierung (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 f.). Das Landesarchiv übernimmt nur Unterlagen, denen historischer Wert zukommt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LArchG). Ferner sind in § 4 LArchG Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht getroffen: Das Archivgut ist durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen (Satz 1). Die Verknüpfung personenbezogener Daten ist innerhalb der in § 6 genannten Sperrfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt sind (Satz 2). Unterlagen, denen kein bleibender Wert zukommt, sind zu vernichten (Satz 3). Ferner regelt § 6 Abs. 5 Satz 1 LArchG, dass für die Nutzung von Archivgut Sperrfristen gelten, und zwar auch für die Nutzung durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, wenn das Archivgut - wie hier - durch diese Stellen aufgrund von Rechtsvorschriften hätte vernichtet werden müssen. Die Nutzung von Archivgut kann schließlich aus den in § 6 Abs. 6 Satz 1 LArchG aufgezählten sowie anderen wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 LArchG) eingeschränkt oder versagt werden. Einzelheiten regelt die aufgrund von § 6 Abs. 6 Satz 4 LArchG erlassene Verordnung der Landesregierung über die Benutzung des Landesarchivs Baden-Württemberg (Landesarchivbenutzungsordnung - LArchBO) vom 10.04.2006 (GBl. S. 110 ff.). Danach ist etwa für die Nutzung von Archivgut grundsätzlich ein Nutzerausweis erforderlich, der schriftlich beantragt und bei jeder Nutzung vorgelegt werden muss (§ 2 Abs. 1, 3 LArchBO). Vor der Bestellung von Archivgut zur Einsichtnahme sind das Nutzungsvorhaben, die Daten eines etwaigen Auftraggebers sowie der Nutzungszweck anzugeben (§ 2 Abs. 6 LArchBO). Der Nutzer ist verpflichtet, Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte sowie schutzwürdige Belange Dritter zu beachten (§ 2 Abs. 7 LArchBO).
85 
Zweck der archivgesetzlichen Regelungen ist es gerade auch, die Abgabe solcher Unterlagen an das Archiv zu gewährleisten, die nach allgemeinen Datenschutzregelungen verweigert werden könnten oder gar müssten (vgl. Polley, NJW 1988, 2026 f.). Die archivgesetzlichen Normen beseitigen gewissermaßen die mit dem Datenschutzrecht begründeten Aufbewahrungshindernisse; Ablieferungssperren bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Richter, BWVPrax 1988, 25 <26>; ähnlich ders., Die Landesarchivgesetzgebung in Baden-Württemberg, in: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 229 <237 f.>). Das Archivgut soll grundsätzlich vollständig in die Staatsarchive gelangen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 15). Die Archivierung bildet ein „Löschungssurrogat“ (so Manegold, Archivrecht, S. 61 u. S. 218); das Archiv kann als „Datentreuhänder“ und unabhängiger „Sachwalter“ angesehen werden (vgl. Manegold, a.a.O., S. 64).
86 
Da der Kläger nach seinem Hauptantrag seinen Löschungsanspruch so verstanden wissen will, dass auch eine Archivierung der E-Mail-Postfachdaten beim Landesarchiv nicht soll stattfinden können, ist die Klage insoweit teilweise abzuweisen. Der Beklagte hat dem Kläger gegenüber rechtsfehlerfrei deutlich gemacht hat, dass er die streitgegenständlichen Daten gemäß den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zuführen will.
87 
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht.
88 
Zwar sind in den Archivgesetzen mancher anderer Länder - abweichend von der Rechtslage in Baden-Württemberg oder im Bundesrecht - unzulässig erhobene beziehungsweise unzulässig gespeicherte Daten ausdrücklich von der Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv und damit von der dauerhaften Archivierung ausgenommen (vgl. den Überblick bei Manegold, Archivrecht, S. 221 ff.). Der Interessenausgleich, namentlich zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einerseits und der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) andererseits, ist dort in anderer Weise vorgenommen worden. Von Verfassungs wegen geboten ist eine derartige strikte Ausnahmeklausel aber nicht, weil es daneben andere, im Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg auch hinreichend verankerte Möglichkeiten des Persönlichkeitsschutzes gibt.
89 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes - wie bereits angesprochen - dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1<41 f.>; vgl. BVerfGE 103, 21 <32 f.>). Dies umfasst nicht nur elektronisch speicherbare, sondern sämtliche personenbezogenen Daten (BVerfGE 78, 77 <84>). Dabei ist grundsätzlich gleichgültig, wo die Information gewonnen wurde oder welchen Inhalt sie hat; das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren - zu „verdinglichen“ - und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren, dabei auch zu verändern oder zu manipulieren (BVerfGE 101, 361 <381>; 106, 28 <40>). Träger des Grundrechts sind auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes „im Amt“. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Amts- oder funktionsbezogene Informationen - selbst richtige und nicht nur manipulierte - können für einen Politiker existenzvernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auch auf die Privatsphäre haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 = NJW 2004, 2462 m.w.N.). Die oben angeführten gesetzgeberischen Vorkehrungen im Landesarchivgesetz versprechen indes einen hinreichenden Schutz.
90 
Der Kläger ist insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angeht. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsieht, kann er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Ist die Übergabe an das Landesarchiv als erste Stufe des Archivierungsprozesses, die der Kläger hier bereits vorbeugend verhindern will, erfolgt, stehen ihm zudem auf einer zweiten Stufe aus dem Landesarchivgesetz folgende Rechte eigener Art zur Verfügung. Nach Maßgabe von § 5 LArchG hat er das Recht auf Auskunft, Einsicht und Gegendarstellung. Selbst nach dem Tod des Klägers steht dem Ehegatten, den Kindern oder den Eltern ein Gegendarstellungsrecht zu, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person bestritten wird und ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (vgl. zum postmortalen Persönlichkeitsschutz im Archivrecht auch Bizer, NVwZ 1993, 653 ff.).
91 
Weiter kommt dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute. Danach sind die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht „innerhalb eines Jahres“ über die Übernahme entschieden hat und wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Der genaue Beginn der Jahresfrist ist gesetzlich nicht weiter konkretisiert.
92 
In Frage käme einerseits der Zeitpunkt, in dem der Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und zugleich die Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv nach § 23 Abs. 3 LDSG entstehen. Da es aber Fälle - wie den vorliegenden - geben kann, in denen der Löschungsanspruch und die Anbietungspflicht unklar und umstritten sind, erscheint ein starrer Fristlauf beginnend bereits mit dem Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG nicht sachgerecht. Diesem Einwand ließe sich mit einer Hemmung des Fristlaufs (vgl. § 209 BGB; dort zur Wirkung bei der Verjährung) begegnen, solange die Anbietungspflicht bestritten und noch keine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangen ist. Es bestehen aber noch weitergehende Bedenken gegen eine Anknüpfung an den Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG ist nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck als Entscheidungsfrist für das Landesarchiv ausgestaltet. Das Landesarchiv kann frühestens mit der tatsächlichen Anbietung in die Prüfung eintreten, ob es Unterlagen übernehmen will. Daher kann die Jahresfrist erst mit der tatsächlichen Anbietung zu laufen beginnen.
93 
Mit dem Charakter als Entscheidungsfrist des Landesarchivs wäre es auch nicht vereinbar, die Jahresfrist unabhängig von der tatsächlichen Anbietung bereits dann beginnen zu lassen, wenn die Behörde von der Anbietungspflicht bezogen auf die konkreten Unterlagen Kenntnis erlangt oder die Anbietungspflicht hätte kennen müssen.
94 
Lässt man die Frist erst mit der tatsächlichen Anbietung beginnen, so gibt es zwar grundsätzlich keine oder nur eine schwache Handhabe gegen ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung. Dabei ist auch zu beachten, dass das Landesarchiv in Baden-Württemberg die Stellung einer Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat und nicht rechtlich verselbständigt ist (vgl. auch das Organisationsstatut vom 19.05.2006). Andererseits darf die Behörde mit den Unterlagen nichts Anderes unternehmen, als sie für das Anbieten gegenüber dem Archiv vorzuhalten. Jedenfalls bei einer völligen Abschottung der Daten vor jeglichem Zugriff - wie sie hier gewährleistet ist - erscheint dies hinnehmbar, zumal bei dem Beklagten keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung beziehungsweise für eine entsprechende Absicht ersichtlich sind. Die in § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG vorgesehene Jahresfrist ist daher derzeit noch nicht abgelaufen.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
96 
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG bisher obergerichtlich ungeklärt und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehend klärungsbedürftig ist.
97 
BESCHLUSS
98 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
35 
Über die Klage hat nach der hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts Stuttgart das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu entscheiden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
36 
Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem ersten Hilfsantrag dagegen begründet.
37 
Die Ablehnung der begehrten Datenlöschung seitens des beklagten Landes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf die Löschung, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
38 
1. Anspruchsgrundlage ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (die womöglich ebenfalls in Betracht kommende Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 LDSG hinge von den gleichen Rechtsfragen ab, vgl. zum Anwendungsbereich bei nachträglichem Unzulässigwerden einer Speicherung: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 39 mit Fußn. 73 sowie - betreffend die Parallelvorschrift § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X - Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 26). Danach sind personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat derjenige, um dessen personenbezogene Daten es geht, einen Anspruch auf Löschung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.03.2004 - 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = NVwZ 2004, 626; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 2 und 35; zu der Parallelnorm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - NZS 2011, 473). Unter Löschen ist dabei nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 LDSG das Unkenntlichmachen der gespeicherten personenbezogenen Daten zu verstehen. Kennzeichnend dafür ist, dass die Verfügungsmöglichkeit der speichernden Stelle irreversibel wegfällt (Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 28).
39 
2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind hier erfüllt. Die Kenntnis der Daten, deren Löschung der Kläger begehrt, ist für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen ist (§ 15 Abs. 4 LDSG).
40 
a) Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 3 Rn. 7; BAG, Beschluss vom 27.05.1986 - 1 ABR 48/84 - BAGE 52, 88 = NJW 1987, 674; Urteil vom 13.01.1987 - 1 AZR 267/85 - BAGE 54, 67 = NZA 1987, 515; jeweils für Telefondaten; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997> für Inhalts- und Verbindungsdaten beim E-Mail-Verkehr).
41 
b) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium, denn das Staatsministerium ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG zu dem Begriff der auch hier gemeinten „verantwortlichen Stelle“; zum Begriff des „Speicherns“ § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDSG).
42 
c) Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Kenntnis der Daten ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Beklagten - außerhalb von an dieser Stelle nicht relevanten archivrechtlichen Belangen - allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegensteht.
43 
Der Beklagte beruft sich - neben der Bezugnahme auf den Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 LDSG - auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG und ist der Ansicht, das weitere Speichern der E-Mail-Postfach-Daten sei zulässig, denn es müssten mit ihrer Hilfe Angaben des Klägers überprüft werden, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Möglicherweise sei der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentations- und Archivierungspflichten nicht nachgekommen. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem Unternehmen EnBW (vgl. dazu auch StGH, Urteil vom 06.10.2011 - GR 2/11, 2/11 - ESVGH 62, 9 = VBlBW 2012, 19) E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Insbesondere die den Ankauf der EnBW-Aktien betreffenden Daten seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den Sachakten fehlten. Im Zusammenhang mit diesem Vorbringen hat der Beklagte ein Konvolut mit E-Mail-Ausdrucken vorgelegt, die der Landtag von Baden-Württemberg dem Staatsministerium mit Schreiben vom 18.06.2012 übersandt hat. Es handelt sich um das Staatsministerium betreffende Korrespondenz (an das Staatsministerium gerichtet oder aus dem Staatsministerium gesendet), die die Bank ... an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ übergeben hat.
44 
Es kann jedoch offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt ist, denn diese Bestimmungen werden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. § 15 Abs. 4 LDSG steht der weiteren Datenspeicherung entgegen. Danach dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG sind § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG nach allgemeiner Auffassung unanwendbar, denn § 15 Abs. 4 LDSG ist die speziellere Regelung (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 106 m.w.N.; zur Parallelnorm des § 67c Abs. 4 SGB X etwa Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14).
45 
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, § 15 Abs. 4 LDSG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, weil der Kläger gar kein „Bediensteter“ (gewesen) sei, es sich aber allein um eine Schutzvorschrift für diese Personengruppe handele, kann dem nicht gefolgt werden. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“ bezieht sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibt von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Dies zeigt etwa ein Vergleich des § 15 Abs. 4 LDSG mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 4 BDSG, wo der Bestandteil „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten“ fehlt (vgl. auch Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 mit Fußn.218). § 15 Abs. 4 LDSG erlaubt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur entweder für diesen Zweck oder - daneben - für hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten.
46 
Der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG ist auch sonst erfüllt. Die E-Mail-Postfach-Daten stellen - in der im Herbst 2010 kopierten Form - personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden.
47 
Die E-Mail-Postfach-Daten wurden zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können (vgl. zur Anfertigung und Aufbewahrung von Kopien als womöglich „impliziter Nebenzweck“ eines anderen Hauptzweckes § 15 Abs. 3 Satz 1 LDSG sowie Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 47 f.; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 23 und 30 ff.).
48 
Dieser Zweck beinhaltet eine Speicherung ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
49 
Zwar ist der Zweck der Datenschutzkontrolle nicht gegeben. Unter Datenschutzkontrolle versteht man sowohl die externe Kontrolle durch den Landes- beziehungsweise Bundesdatenschutzbeauftragten, die interne Kontrolle durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder eine andere mit der Überwachung des Datenschutzes betraute Stelle als auch die im Rahmen der Dienstaufsicht über nachgeordnete Behörden wahrgenommene Datenschutzkontrolle. Gegenstand dessen ist etwa die Protokollierung von datenschutzrelevanten Vorgängen wie Datenabrufen oder -übermittlungen (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 108; ähnlich Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 38; Fromm in jurisPK-SGB X, 1. Aufl., § 67c Rn. 35; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8; Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14). Um derlei Daten geht es hier ersichtlich nicht.
50 
Es handelt sich aber um eine Kopie ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
51 
Der Begriff Datensicherung (vgl. dazu auch Art. 7 des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten; ebenso die Begrifflichkeit etwa in ähnlichem Kontext in § 37 Abs. 1 Nr. 2 AZRG, § 19 Abs. 2, § 31 BDSG, § 83 Abs. 2 SGB X, § 489 Abs. 7 Satz 2 StPO) umfasst die nach § 9 LDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ausführung des Landesdatenschutzgesetzes. Die Datensicherung wird davon insoweit erfasst, als sie sich auf vom Landesdatenschutzgesetz geschützte Daten bezieht und der Gewährleistung der Ausführung von Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dient, zum Beispiel Zugriffsprotokolle, Firewalls, Anti-Spam-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 109). Sicherungskopien können als Maßnahmen der Datensicherung angesehen werden (vgl. Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 28; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 39; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8).
52 
Bei der Speicherung zur „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage“ (ebenso die Begrifflichkeit etwa in § 9 Abs. 1 Satz 2 ATDG, § 9 Abs. 2 Satz 2 AZRG, § 106 Abs. 3 Satz 3 BBG, § 31 BDSG) geht es im Unterschied zu den ersten Fallgruppen (Kontrolle und Sicherheit) um die Gewährleistung des Betriebs als solchen. Der Begriff des Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage umfasst dabei neben den allgemeinen Systemfunktionen des DV-Systems auch deren organisatorische und technische Voraussetzungen - etwa in Form einer Rechenzentrumsorganisation einschließlich der Not- und Ausfallpläne - wie auch das einwandfreie Funktionieren der Anwendungsprogramme und der Kommunikations-/Netzsoftware. Die Zweckbindung bezieht sich allerdings nicht auf die Inhalte der einzelnen Anwendungsprogramme, sondern auf die zusätzlichen, nur DV-technisch bedingt gespeicherten Daten (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110). In Betracht kommen die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter im Bereich der DV-Technik, etwa die Angaben der Datenerfassung, der Systemverwaltung und der Wartung, ferner Dateien, in denen die Zugangs- und Verarbeitungsberechtigungen von Mitarbeitern oder externen Nutzern geführt werden sowie das systeminterne Handling der Nutzerdaten während der Bearbeitungsdauer (vgl. abermals Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110; ähnlich Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29).
53 
Ohne dass es hier einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage zur Datensicherung ankommt (nach Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14 gehört die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage zur „Datensicherung“), umfasst jedenfalls einer dieser beiden Tatbestände die vorliegende Kopie eines E-Mail-Postfachs. Teilweise werden Sicherungskopien der Datensicherung zugeordnet (siehe die Nachweise am Ende des Absatzes zum Begriff der Datensicherung), teilweise der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112). Nach Sinn und Zweck bezieht sich § 15 Abs. 4 LDSG gerade auch auf solche Daten.
54 
Daher scheidet eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus, weshalb auch der Löschungsanspruch des Klägers durchgreifen muss. Zwar soll bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 und 114). Dies kann aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen ist, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt wurde. Im vorliegenden Fall wurden die E-Mail-Postfach-Daten allein zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Darum geht es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten kam noch der Beklagte die Daten weiter benötigt, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können.
55 
Ausgehend davon, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG erfüllt ist, ist es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung ist insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke (also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage) zulässig (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 114; Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 31 Rn. 5 f.).
56 
Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setzte voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert werden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgehen. Daran fehlt es hier. Mit der Kopie wurden keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt; vielmehr erschöpfte sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten. Die Erzeugung neuer Daten ist aber kein zwingendes Merkmal für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 LDSG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung über eine strikte Zweckbindung ist es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13). Dem entspricht es, Sicherungskopien auch dann einer strikten Zweckbindung zu unterstellen, wenn es lediglich um die Vervielfältigung vorhandener Daten geht. Denn andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre.
57 
d) Die Schutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes kommen dem Kläger allerdings nicht zusätzlich zugute. Ein (weiteres) rechtliches Hindernis der Datennutzung, worauf sich das Löschungsbegehren des Klägers (außerdem) stützen ließe, ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz nicht.
58 
Der Kläger beruft sich auf die mit „Fernmeldegeheimnis“ überschriebene Bestimmung des § 88 TKG. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen dem Fernmeldegeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 TKG jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist (§ 88 Abs. 2 Satz 2 TKG). Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG ist es den nach § 88 Abs. 2 TKG Verpflichteten untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden (§ 88 Abs. 3 Satz 2 TKG). Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht (§ 88 Abs. 3 Satz 3 TKG).
59 
Der Schutzbereich des § 88 TKG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 88 TKG ist im Verhältnis zu den Datenschutzgesetzen eine spezielle Schutzvorschrift für personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs anfallen (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 10). § 88 TKG hat allerdings wie Art. 10 GG allein den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zum Ziel. § 88 TKG kann als einfachgesetzliche Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG bezeichnet werden (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 1). Ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG nicht eröffnet, so kann sich ein Betroffener auch nicht auf das für Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG geltende gesetzliche Verbot nach § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG berufen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - NJW 2009, 2470). So liegt der Fall hier.
60 
Das Bundesverfassungsgericht grenzt den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG in ständiger Rechtsprechung auf die Bewahrung des privaten, vor der Öffentlichkeit und den Eingriffen unbefugter Dritter unbehelligt ablaufenden Austauschs von Informationen während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ein. Der Grundrechtsschutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst demgegenüber nicht die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten, soweit dieser eigene Schutzvorkehrungen gegen den heimlichen Datenzugriff treffen kann. Die spezifischen Gefahren einer räumlich distanzierten Kommunikation, vor denen das Telekommunikationsgeheimnis schützen will, bestehen hier nicht fort (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, Urteile vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976 und vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 = NJW 2008, 822; siehe ferner BVerfG, 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 = NJW 2009, 2431; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - NZA-RR 2010, 406; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - DB 2011, 1281; LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012 - 14 Sa 1711/10 - DuD 2013, 50 = juris Rn. 175).
61 
Gemessen daran ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses des Art. 10 Abs. 1 GG hier hinsichtlich der streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten des Klägers nicht betroffen. Dies folgt daraus, dass es sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte handelt, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet hat. Vielmehr sind diese E-Mails erst nach dem Abschluss der Übertragung über den Empfänger der E-Mail in die Speichermedien des Beklagten gelangt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O.).
62 
Der danach allein durch andere Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistete Schutz der E-Mail-Postfachdaten wird nicht durch § 88 TKG, sondern durch das allgemeine Datenschutzrecht vermittelt.
63 
Daneben ist selbst bei unterstellter Eröffnung des Schutzbereichs des Fernmeldegeheimnisses der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - a.a.O. ; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - a.a.O. ; Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 24; Schöttler in jurisPR-ITR 4/2009 Anm. 2 m.w.N.; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 ff. m.w.N.). Nach § 3 Nr. 6 TKG ist „Diensteanbieter“ jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. „Telekommunikationsdienste“ sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. In § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG wird eine geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten vorausgesetzt. Das „geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ ist in § 3 Nr. 10 TKG definiert als das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
64 
Gemessen an diesen Vorgaben spricht gegen eine Anwendbarkeit von § 88 TKG insbesondere schon die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger eine private E-Mail-Nutzung nie ausdrücklich gestattet hatte. Eine Erlaubnis privater Nutzung kann durch bloß passives Verhalten der das E-Mail-Postfach stellenden Behörde, also allein durch die Duldung privater Nutzung, nicht entstehen (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997, 1998>). Somit konnte das besondere Schutzbedürfnis, dem das Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen will, nicht auftreten.
65 
Selbst bei Annahme einer erlaubten privaten Nutzung steht zudem der Gesetzeszweck des Telekommunikationsgesetzes einer Heranziehung des § 88 TKG entgegen. § 1 TKG bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetz zur Förderung des privaten Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation handelt, dass also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Telekommunikationsanbietern sowie diejenigen zwischen den Telekommunikationsanbietern untereinander abgezielt wird. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen - etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - zu regeln (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1999>; a.A. insoweit allerdings etwa Naumann in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 37 Rn. 15; Seifert in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 32 Rn. 92 m.w.N.). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.
66 
e) Zu einer abweichenden Beurteilung gibt auch § 36 Abs. 1 LDSG keinen Anlass. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung innerdienstlicher planerischer, organisatorischer, personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung es vorsieht.
67 
Die Vorschrift ist auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten war. Als Mitglied der Regierung stand der Kläger nach Maßgabe des Ministergesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 1 MinG). Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV, § 1 Abs. 1 GO LReg). Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 LV, § 1 Abs. 4 GO LReg). Der Ministerpräsident bedient sich zur Führung seiner Geschäfte des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GO LReg). Dessen Leitung obliegt nach Weisung des Ministerpräsidenten dem beamteten Staatssekretär des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GO LReg). Ausgehend hiervon verbietet es sich, die Stellung eines Ministerpräsidenten als „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ zu kennzeichnen. Gegen die „Beschäftigten“-Eigenschaft des Klägers spricht zudem die Definition des entsprechenden Begriffes in § 3 Abs. 11 BDSG, die sich nicht auf ein Amt wie dasjenige des Ministerpräsidenten erstreckt.
68 
Im Übrigen dient § 36 Abs. 1 LDSG einer Verstärkung des Datenschutzes und kann hier nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus gegenüber den allgemein geltenden Bestimmungen (§ 15 LDSG) führen.
69 
f) Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bildet die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt haben, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten bezieht (vgl. den ablehnenden Teil des bei der Gerichtsakte befindlichen Bescheids des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 18.01.2013, der nach Angaben des Beklagten noch nicht bestandskräftig ist).
70 
Nach § 3 Abs. 1 LUIG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe weiterer Bestimmungen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Allerdings ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG).
71 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sperrt der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die Löschung der E-Mail-Postfachdaten nicht. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebührt der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststeht oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 LUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG enthalten. In Betracht kämen wohl allenfalls Daten „über Maßnahmen oder Tätigkeiten“, die sich auf Umweltbestandteile oder auf Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG; zur weiten Auslegung des Begriffes Umweltinformation siehe etwa Rudisile, VBlBW 2013, 46 <47> m.w.N.). Die Antragsteller beziehen sich auf den „Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art vor, während und nach Oktober 2010“, haben einen Zusammenhang zwischen den E-Mail-Postfachdaten und dem benannten Interessensgebiet aber nicht weiter nachvollziehbar substantiiert. Ein Fall der „Entziehung des Informationsanspruchs“ durch Datenlöschung (vgl. dazu Schomerus in Hk-UIG, 2. Aufl. 2002, § 3 Rn. 99) ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
72 
Dabei wird der von der Umweltinformationsrichtlinie gesetzte Rahmen (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 19) nicht verkannt. Danach sind die Ablehnungsgründe für einen Umweltinformationsanspruch eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/4/EG). In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 zur Umweltinformationsrichtlinie beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Auch unter Berücksichtigung dessen liegt hier aus den vorstehend genannten Gründen jedoch ein Ablehnungsgrund vor.
73 
g) Dem Löschungsanspruch steht schließlich dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten sind (dazu im Folgenden aa). Das Archivrecht führt allerdings zu einer Modifikation des Anspruchsumfangs (dazu im Folgenden bb).
74 
aa) Das Landesarchiv verwahrt, erhält und erschließt als Archivgut alle Unterlagen, die von den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, deren Funktionsvorgängern oder von Rechtsvorgängern des Landes übernommen worden sind und die bleibenden Wert haben; es macht das Archivgut allgemein nutzbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LArchG). Unterlagen sind insbesondere Schriftstücke, Akten, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG).
75 
Das Landesarchivgesetz enthält bereichsspezifische Regelungen zur Ergänzung des Datenschutzrechts; es dient dem Ausgleich des Aufgabenkonflikts von Datenschutz und Archivwesen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 12). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG bieten die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an. Anzubieten sind auch Unterlagen, die durch Rechtsvorschriften über Geheimhaltung geschützt sind, wenn die abgebende Stelle im Benehmen mit dem Landesarchiv festgestellt hat, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG). Die schutzwürdigen Belange einer Person werden angemessen berücksichtigt, wenn im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände festgestellt werden kann, dass das öffentliche Interesse an der Archivierung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen erheblich überwiegt (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 unter Hinweis auf Rspr. des BVerfG).
76 
Daraus ergibt sich zunächst, dass die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv keine Zwecksetzung ist, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen kann (vgl. Nieders. OVG, Urteil vom 17.09.2002 - 11 LB 123/02 - NdsVBl. 2003, 105 = juris Rn. 77: Archivierung ist Zweckentfremdung, die einer spezifisch archivgesetzlichen Regelung bedarf; VG Darmstadt, Urteil vom 15.10.2003 - 5 E 1395/97 - NJW 2004, 1471 = juris Rn. 33). § 23 Abs. 3 LDSG befasst sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindert weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen. Die Vorschrift regelt lediglich als Modalität, dass vor dem Löschen nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG das Angebot zur Übernahme an das zuständige Archiv erfolgen muss. Dies wird auch durch § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG verdeutlicht, wonach Löschungsansprüche gemäß § 13 Abs. 3 LDSG (nach jetziger Rechtslage § 23 Abs. 1 LDSG) nach Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv ausgeschlossen sind. Umgekehrt trifft der Ausschluss auf nicht dem Landesarchiv übergebene Unterlagen gerade nicht zu.
77 
bb) Der Löschungsanspruch des Klägers kann allerdings insoweit nicht durchgreifen, als es um ein Verwahren, Erhalten und Erschließen der Daten als Archivgut beim Landesarchiv Baden-Württemberg für die Aufgaben des staatlichen Archivwesens geht, das nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes vorgenommen wird und bei dem die schutzwürdigen Belange des Klägers durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Deshalb sind die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.
78 
Soweit der Kläger meint, es handele sich bei den streitgegenständlichen Daten um „Archivgut eines Privaten“, das nur mit seinem Einvernehmen dem Landesarchiv überantwortet werden könne, trifft dies nicht zu. Nach § 2 Abs. 3 LArchG kann das Landesarchiv auch Archivgut „anderer Stellen und Privater“ mit deren Einvernehmen erfassen, verwahren, erhalten, erschließen und allgemein nutzbar machen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Diese Bestimmung ist hier aber nicht anwendbar, denn es handelt sich bei den Daten um solche, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten (vgl. § 2 Abs. 1 LArchG). § 2 Abs. 3 LArchG meint Daten „aus privater Hand“ (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Landtags, LT-Drucks. 9/4575, S. 13; siehe hierzu ferner LT-Drucks. 9/3345, S. 14). Ob beziehungsweise inwieweit der Inhalt der Daten privater Natur sein mag und ob die Speicherung der Daten beim Staatsministerium (noch) zu Recht erfolgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
79 
Die Rechtslage sieht vor, dass vor einer Löschung die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren sind. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirken, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindert.
80 
Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht ist in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ auszugehen. Das Archivrecht enthält eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz.
81 
Zwar verhält sich das Landesarchivgesetz selbst nicht ausdrücklich zu der Frage, so dass aus diesem - isoliert betrachtet - nicht geschlossen werden kann, dass zu löschende oder zu vernichtende Unterlagen angeboten und archiviert werden dürfen (vgl. Uhl, Rechtsfragen der Aussonderung und Übernahme von Archivgut, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, 1991, S. 61 <91>; siehe hingegen für anbietungspflichtige Unterlagen § 3 Abs. 2 Satz 4 ArchG, wonach diese grundsätzlich nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden dürfen).
82 
Das genannte Vorrangverhältnis ergibt sich aber bereits aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Danach unterbleibt die Löschung zwar nicht - wie bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 23 Abs. 4 und 5 LDSG -, wenn das Landesarchiv Unterlagen nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes übernehmen will. Vor einer Löschung sind die Daten aber nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsieht - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergeben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden ist.
83 
Dieses Verständnis wird gestärkt durch einen Vergleich mit der Art, wie der Bundesgesetzgeber das Verhältnis des Archivrechts zum Datenschutzrecht in seinem Bereich geregelt hat. Es spricht viel dafür, dass das Landesdatenschutzgesetz in seiner Konzeption insoweit im Wesentlichen dem Bundesdatenschutzgesetz gleicht. Nach § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt, was - anders als in Baden-Württemberg, das eine solche Beschränkung nicht kennt - zunächst einen Vorrang von Löschungsvorschriften auch des allgemeinen Datenschutzrechts nahezulegen scheint. Das Bundesdatenschutzgesetz nimmt seine Löschungsverpflichtung im Verhältnis zum Archivrecht aber selbst zurück. Denn § 20 Abs. 9 BDSG lautet: „§ 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes ist anzuwenden.“ Nicht in Bezug genommen ist gerade § 2 Abs. 7 BArchG. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (BT-Drucks. 11/4306, S. 47) soll die Regelung ermöglichen, dass personenbezogene Daten, die zu löschen wären, dem Bundesarchiv angeboten werden und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 BArchG zukommt, zu übergeben sind. Es werde klargestellt, dass § 18 BDSG (jetzt § 20 BDSG; entspricht weitgehend § 23 LDSG) keine dem Bundesarchivgesetz vorgehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung von Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 7 BArchG sei. Auch die Literatur leitet hieraus einen Vorrang des Archivrechts ab (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 39; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 98; Uhl, a.a.O., S. 61 <88>; siehe ferner Bannasch in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 20 Rn. 38; nicht überzeugend dagegen Manegold, Archivrecht, S. 225, wonach die Rechtslage im Bund nicht eindeutig bzw. unklar sei). Deutlich wird dieses Verhältnis auch in dem anders formulierten, aber insoweit nicht abweichend zu verstehenden § 20 Abs. 3 Sächs. DSG. Danach darf eine Löschung, wenn die Kenntnis von personenbezogenen Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist, erst erfolgen, nachdem die Daten dem zuständigen Archiv angeboten worden sind und dieses die Archivwürdigkeit verneint hat oder über sie nicht fristgemäß entschieden hat.
84 
Es scheidet auch aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers - etwa wegen der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG - „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Hiergegen spricht, dass vor der Übernahme in das Archiv Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden können, wie etwa eine (Teil-) Anonymisierung (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 f.). Das Landesarchiv übernimmt nur Unterlagen, denen historischer Wert zukommt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LArchG). Ferner sind in § 4 LArchG Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht getroffen: Das Archivgut ist durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen (Satz 1). Die Verknüpfung personenbezogener Daten ist innerhalb der in § 6 genannten Sperrfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt sind (Satz 2). Unterlagen, denen kein bleibender Wert zukommt, sind zu vernichten (Satz 3). Ferner regelt § 6 Abs. 5 Satz 1 LArchG, dass für die Nutzung von Archivgut Sperrfristen gelten, und zwar auch für die Nutzung durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, wenn das Archivgut - wie hier - durch diese Stellen aufgrund von Rechtsvorschriften hätte vernichtet werden müssen. Die Nutzung von Archivgut kann schließlich aus den in § 6 Abs. 6 Satz 1 LArchG aufgezählten sowie anderen wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 LArchG) eingeschränkt oder versagt werden. Einzelheiten regelt die aufgrund von § 6 Abs. 6 Satz 4 LArchG erlassene Verordnung der Landesregierung über die Benutzung des Landesarchivs Baden-Württemberg (Landesarchivbenutzungsordnung - LArchBO) vom 10.04.2006 (GBl. S. 110 ff.). Danach ist etwa für die Nutzung von Archivgut grundsätzlich ein Nutzerausweis erforderlich, der schriftlich beantragt und bei jeder Nutzung vorgelegt werden muss (§ 2 Abs. 1, 3 LArchBO). Vor der Bestellung von Archivgut zur Einsichtnahme sind das Nutzungsvorhaben, die Daten eines etwaigen Auftraggebers sowie der Nutzungszweck anzugeben (§ 2 Abs. 6 LArchBO). Der Nutzer ist verpflichtet, Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte sowie schutzwürdige Belange Dritter zu beachten (§ 2 Abs. 7 LArchBO).
85 
Zweck der archivgesetzlichen Regelungen ist es gerade auch, die Abgabe solcher Unterlagen an das Archiv zu gewährleisten, die nach allgemeinen Datenschutzregelungen verweigert werden könnten oder gar müssten (vgl. Polley, NJW 1988, 2026 f.). Die archivgesetzlichen Normen beseitigen gewissermaßen die mit dem Datenschutzrecht begründeten Aufbewahrungshindernisse; Ablieferungssperren bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Richter, BWVPrax 1988, 25 <26>; ähnlich ders., Die Landesarchivgesetzgebung in Baden-Württemberg, in: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 229 <237 f.>). Das Archivgut soll grundsätzlich vollständig in die Staatsarchive gelangen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 15). Die Archivierung bildet ein „Löschungssurrogat“ (so Manegold, Archivrecht, S. 61 u. S. 218); das Archiv kann als „Datentreuhänder“ und unabhängiger „Sachwalter“ angesehen werden (vgl. Manegold, a.a.O., S. 64).
86 
Da der Kläger nach seinem Hauptantrag seinen Löschungsanspruch so verstanden wissen will, dass auch eine Archivierung der E-Mail-Postfachdaten beim Landesarchiv nicht soll stattfinden können, ist die Klage insoweit teilweise abzuweisen. Der Beklagte hat dem Kläger gegenüber rechtsfehlerfrei deutlich gemacht hat, dass er die streitgegenständlichen Daten gemäß den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zuführen will.
87 
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht.
88 
Zwar sind in den Archivgesetzen mancher anderer Länder - abweichend von der Rechtslage in Baden-Württemberg oder im Bundesrecht - unzulässig erhobene beziehungsweise unzulässig gespeicherte Daten ausdrücklich von der Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv und damit von der dauerhaften Archivierung ausgenommen (vgl. den Überblick bei Manegold, Archivrecht, S. 221 ff.). Der Interessenausgleich, namentlich zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einerseits und der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) andererseits, ist dort in anderer Weise vorgenommen worden. Von Verfassungs wegen geboten ist eine derartige strikte Ausnahmeklausel aber nicht, weil es daneben andere, im Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg auch hinreichend verankerte Möglichkeiten des Persönlichkeitsschutzes gibt.
89 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes - wie bereits angesprochen - dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1<41 f.>; vgl. BVerfGE 103, 21 <32 f.>). Dies umfasst nicht nur elektronisch speicherbare, sondern sämtliche personenbezogenen Daten (BVerfGE 78, 77 <84>). Dabei ist grundsätzlich gleichgültig, wo die Information gewonnen wurde oder welchen Inhalt sie hat; das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren - zu „verdinglichen“ - und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren, dabei auch zu verändern oder zu manipulieren (BVerfGE 101, 361 <381>; 106, 28 <40>). Träger des Grundrechts sind auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes „im Amt“. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Amts- oder funktionsbezogene Informationen - selbst richtige und nicht nur manipulierte - können für einen Politiker existenzvernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auch auf die Privatsphäre haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 = NJW 2004, 2462 m.w.N.). Die oben angeführten gesetzgeberischen Vorkehrungen im Landesarchivgesetz versprechen indes einen hinreichenden Schutz.
90 
Der Kläger ist insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angeht. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsieht, kann er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Ist die Übergabe an das Landesarchiv als erste Stufe des Archivierungsprozesses, die der Kläger hier bereits vorbeugend verhindern will, erfolgt, stehen ihm zudem auf einer zweiten Stufe aus dem Landesarchivgesetz folgende Rechte eigener Art zur Verfügung. Nach Maßgabe von § 5 LArchG hat er das Recht auf Auskunft, Einsicht und Gegendarstellung. Selbst nach dem Tod des Klägers steht dem Ehegatten, den Kindern oder den Eltern ein Gegendarstellungsrecht zu, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person bestritten wird und ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (vgl. zum postmortalen Persönlichkeitsschutz im Archivrecht auch Bizer, NVwZ 1993, 653 ff.).
91 
Weiter kommt dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute. Danach sind die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht „innerhalb eines Jahres“ über die Übernahme entschieden hat und wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Der genaue Beginn der Jahresfrist ist gesetzlich nicht weiter konkretisiert.
92 
In Frage käme einerseits der Zeitpunkt, in dem der Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und zugleich die Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv nach § 23 Abs. 3 LDSG entstehen. Da es aber Fälle - wie den vorliegenden - geben kann, in denen der Löschungsanspruch und die Anbietungspflicht unklar und umstritten sind, erscheint ein starrer Fristlauf beginnend bereits mit dem Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG nicht sachgerecht. Diesem Einwand ließe sich mit einer Hemmung des Fristlaufs (vgl. § 209 BGB; dort zur Wirkung bei der Verjährung) begegnen, solange die Anbietungspflicht bestritten und noch keine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangen ist. Es bestehen aber noch weitergehende Bedenken gegen eine Anknüpfung an den Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG ist nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck als Entscheidungsfrist für das Landesarchiv ausgestaltet. Das Landesarchiv kann frühestens mit der tatsächlichen Anbietung in die Prüfung eintreten, ob es Unterlagen übernehmen will. Daher kann die Jahresfrist erst mit der tatsächlichen Anbietung zu laufen beginnen.
93 
Mit dem Charakter als Entscheidungsfrist des Landesarchivs wäre es auch nicht vereinbar, die Jahresfrist unabhängig von der tatsächlichen Anbietung bereits dann beginnen zu lassen, wenn die Behörde von der Anbietungspflicht bezogen auf die konkreten Unterlagen Kenntnis erlangt oder die Anbietungspflicht hätte kennen müssen.
94 
Lässt man die Frist erst mit der tatsächlichen Anbietung beginnen, so gibt es zwar grundsätzlich keine oder nur eine schwache Handhabe gegen ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung. Dabei ist auch zu beachten, dass das Landesarchiv in Baden-Württemberg die Stellung einer Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat und nicht rechtlich verselbständigt ist (vgl. auch das Organisationsstatut vom 19.05.2006). Andererseits darf die Behörde mit den Unterlagen nichts Anderes unternehmen, als sie für das Anbieten gegenüber dem Archiv vorzuhalten. Jedenfalls bei einer völligen Abschottung der Daten vor jeglichem Zugriff - wie sie hier gewährleistet ist - erscheint dies hinnehmbar, zumal bei dem Beklagten keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung beziehungsweise für eine entsprechende Absicht ersichtlich sind. Die in § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG vorgesehene Jahresfrist ist daher derzeit noch nicht abgelaufen.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
96 
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG bisher obergerichtlich ungeklärt und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehend klärungsbedürftig ist.
97 
BESCHLUSS
98 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.

(2) Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist.

(3) Den nach Absatz 2 Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht. Die Anzeigepflicht nach § 138 des Strafgesetzbuches hat Vorrang.

(4) Befindet sich die Telekommunikationsanlage an Bord eines Wasser- oder Luftfahrzeugs, so besteht die Pflicht zur Wahrung des Geheimnisses nicht gegenüber der Person, die das Fahrzeug führt oder gegenüber ihrer Stellvertretung.

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

(1) Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.

(2) Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist.

(3) Den nach Absatz 2 Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht. Die Anzeigepflicht nach § 138 des Strafgesetzbuches hat Vorrang.

(4) Befindet sich die Telekommunikationsanlage an Bord eines Wasser- oder Luftfahrzeugs, so besteht die Pflicht zur Wahrung des Geheimnisses nicht gegenüber der Person, die das Fahrzeug führt oder gegenüber ihrer Stellvertretung.

(1) Informationspflichtige Stellen sind

1.
die Regierung und andere Stellen der öffentlichen Verwaltung. Gremien, die diese Stellen beraten, gelten als Teil der Stelle, die deren Mitglieder beruft. Zu den informationspflichtigen Stellen gehören nicht
a)
die obersten Bundesbehörden, soweit und solange sie im Rahmen der Gesetzgebung tätig werden, und
b)
Gerichte des Bundes, soweit sie nicht Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen;
2.
natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen, die im Zusammenhang mit der Umwelt stehen, insbesondere solche der umweltbezogenen Daseinsvorsorge, und dabei der Kontrolle des Bundes oder einer unter der Aufsicht des Bundes stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen.

(2) Kontrolle im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 liegt vor, wenn

1.
die Person des Privatrechts bei der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe oder bei der Erbringung der öffentlichen Dienstleistung gegenüber Dritten besonderen Pflichten unterliegt oder über besondere Rechte verfügt, insbesondere ein Kontrahierungszwang oder ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht, oder
2.
eine oder mehrere der in Absatz 1 Nummer 2 genannten juristischen Personen des öffentlichen Rechts allein oder zusammen, unmittelbar oder mittelbar
a)
die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzen,
b)
über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügen oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen können, oder
3.
mehrere juristische Personen des öffentlichen Rechts zusammen unmittelbar oder mittelbar über eine Mehrheit im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a bis c verfügen und der überwiegende Anteil an dieser Mehrheit den in Absatz 1 Nummer 2 genannten juristischen Personen des öffentlichen Rechts zuzuordnen ist.

(3) Umweltinformationen sind unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;
2.
Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken;
3.
Maßnahmen oder Tätigkeiten, die
a)
sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 oder auf Faktoren im Sinne der Nummer 2 auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder
b)
den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne der Nummer 1 bezwecken; zu den Maßnahmen gehören auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Umweltvereinbarungen, Pläne und Programme;
4.
Berichte über die Umsetzung des Umweltrechts;
5.
Kosten-Nutzen-Analysen oder sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die zur Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne der Nummer 3 verwendet werden, und
6.
den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, die Lebensbedingungen des Menschen sowie Kulturstätten und Bauwerke, soweit sie jeweils vom Zustand der Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 oder von Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne der Nummern 2 und 3 betroffen sind oder sein können; hierzu gehört auch die Kontamination der Lebensmittelkette.

(4) Eine informationspflichtige Stelle verfügt über Umweltinformationen, wenn diese bei ihr vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden. Ein Bereithalten liegt vor, wenn eine natürliche oder juristische Person, die selbst nicht informationspflichtige Stelle ist, Umweltinformationen für eine informationspflichtige Stelle im Sinne des Absatzes 1 aufbewahrt, auf die diese Stelle einen Übermittlungsanspruch hat.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Zulassungsstelle führt ein Zulassungsregister für Umweltgutachter, Umweltgutachterorganisationen und Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen. Das Zulassungsregister enthält Namen, Anschrift sowie Gegenstand der Zulassungen und Bescheinigungen der eingetragenen Personen und Umweltgutachterorganisationen. Die Zulassungsstelle übermittelt der Europäischen Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit nach Artikel 28 Absatz 8 der Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 monatlich eine fortgeschriebene Liste der eingetragenen Umweltgutachter und Umweltgutachterorganisationen. Diese Liste, ergänzt um die registrierten Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen, ist gleichzeitig dem Umweltgutachterausschuss, den zuständigen obersten Landesbehörden und der Stelle nach § 32 Abs. 2 Satz 1 in geeigneter Weise zugänglich zu machen.

(2) Jeder ist nach Maßgabe des Umweltinformationsgesetzes berechtigt, das Zulassungsregister einzusehen.

Tenor

1. Der Beklagte wird verpflichtet, die drei Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:

- ...,

- ...,

- ...,

sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu ¾, der Kläger zu ¼.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Malls in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Dies soll sicherstellen, dass die Postfachinhalte bei technischen Problemen beziehungsweise bei einer versehentlichen Löschung vorerst weiter verfügbar bleiben. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular erklärt: „Hiermit beantrage ich, den Internetzugang auf meinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass jede Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen.“ In den Sicherheitshinweisen heißt es unter Nr. 1: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt.“ Eine gesonderte Regelung für den Umgang mit E-Mails gab es im Staatsministerium nicht. Es lag auch keine ausdrückliche Gestattung der privaten IT-Nutzung (etwa durch eine Betriebsvereinbarung, arbeitsvertragliche Regelungen oder durch eine IT-Richtlinie) vor. Eine Kontrolle der Nutzung auf privaten Gebrauch fand nicht statt. Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der EDV-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Bemängelt wurde das Verschwinden eingetragener Termine und Fristen ohne erkennbaren Grund. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Die Arbeiten wurden nicht in der Datenverarbeitungsanlage, das heißt in dem Datensystem selbst, sondern in Kopien durchgeführt.
Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei „auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung“ durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dass die Daten in einer Arbeitsablage vorgefunden worden seien. Ein Mitarbeiter habe berichtet, dass es sich um Daten vom Oktober 2010 handele. Damals habe eine externe Firma untersucht, weshalb Termineinträge aus dem Postfach des Klägers sporadisch verschwunden seien. Zur Lösung des Problems sei seinerzeit den externen Dienstleistern eine Kopie des Postfachs zur Überprüfung auf einem separaten Plattenplatz zur Verfügung gestellt worden. Da die externen Dienstleister das Problem nicht hätten lösen können, habe man die Daten bis zum nächsten Vorfall erhalten wollen. Dieser Umstand sei „in Vergessenheit“ geraten.
Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software sicher. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus und übergab Daten später auch an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ (zur Weitergabe von Daten des Klägers aus einer Wohnungsdurchsuchung siehe auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.11.2012 - 4a VAs 3/12 - Justiz 2013, 181).
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Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden.
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Mit Schreiben vom 17.09.2012 teilte der Beklage dem Rechtsanwalt des Klägers daraufhin mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten. Diese seien im Herbst 2010 von der EDV-Abteilung anlässlich der vom Kläger gemeldeten Störungen des elektronischen Terminkalenders seines Outlook-Postfachs angelegt worden. Unter Einschaltung eines externen Unternehmens habe die Fehlfunktion des Terminkalenders geprüft werden sollen. Im Anschluss seien die Arbeitskopien „in Vergessenheit geraten“. Der Beklagte bat außerdem um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen.
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Hierauf bestätigte der Kläger dem Staatsministerium mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012, dass die Sichtung der Dateien seiner Einwilligung bedürfe. Diese werde jedoch nicht erteilt. Das Staatsministerium wurde aufgefordert, die Dateien unverzüglich zu löschen und dies bis zum 27.09.2012 zu bestätigen.
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Mit Schreiben vom 27.09.2012 lehnte es das Staatsministerium ab, die Dateien zu löschen. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Dies könne so gestaltet werden, dass die Rechtsanwälte im Beisein der Datenschutzbeauftragten des Staatsministeriums und eines gemeinsam ausgewählten Notars zum Zwecke der Dokumentation die gespeicherten Daten durchsähen und die einvernehmlich als privat eingestuften gelöscht würden. Es bestehe Bereitschaft, eine Verschwiegenheitserklärung über die privaten Mails abzugeben. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
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Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bel diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
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Der Kläger hat am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen hat, Klage auf Löschung der Dateien erhoben. Zur Begründung macht er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten:
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Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG seien personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich sei. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten, daher unterfielen sie dem Landesdatenschutzgesetz, dessen Aufgabe es ausweislich seines § 1 sei, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch die Verarbeitung und damit auch das Speichern (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 LDSG) seiner personenbezogenen Daten in seinem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werde. Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürften Daten, die ausschließlich zum Zwecke der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert würden, nur für diesen Zweck und damit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG beinhalte eine strikte, ausnahmslose Zweckbindung, weshalb auch § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG unanwendbar seien. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei also unzulässig und verletze sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beziehungsweise das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein.
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Dies folge auch daraus, dass die E-Mail-Kommunikation dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG unterliege. Der Beklagte sei ihm gegenüber „Diensteanbieter“ im Sinne des § 3 Nr. 6 TKG.
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§ 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
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den Beklagten zu verpflichten, drei Dateien mit „Arbeitskopien“ seines Outlook-Postfachs, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:
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- ...,
- ...,
- ...,
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sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen,
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hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, die genannten Dateien sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind,
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weiter hilfsweise: den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Staatsministeriums vom 27.09.2012 (ohne Aktenzeichen) zu verpflichten, den Antrag auf Löschung personenbezogener Daten vom 19.09.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Ansicht, der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs. Vor der Internationalen Handelskammer in Paris sei ein Schiedsverfahren gegen die EdF anhängig, in dem das Land geltend mache, im Dezember 2010 einen Betrag von 834 Mio. EUR zu viel für die Anteile an der EnBW AG bezahlt zu haben. Da der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, könnten die Sicherungskopien möglicherweise wichtige Hinweise liefern und die Position des Landes in diesem Verfahren entscheidend verbessern. Weiter sei das Land aus Gründen der Verjährung gezwungen, bis spätestens Ende Dezember 2013 mögliche Rechtsmittel gegenüber den am Kauf beteiligten Personen und Gesellschaften einzulegen. Für hier in Rede stehende Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB sei aber jeweils der Nachweis des subjektiven Tatbestandes - insbesondere die bewusste Inkaufnahme eines Vermögensschadens - notwendig. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Darüber hinaus liege dem Staatsministerium ein Akteneinsichtsgesuch der Herren ... und ... auf der Grundlage des Landesumweltinformationsgesetzes vor, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Das Staatsministerium habe dieses Akteneinsichtsgesuch hinsichtlich der Kopien mit Verweis auf das laufende verwaltungsgerichtliche Verfahren abgelehnt. Seitens der Herren ... und ... sei dieser Ablehnung unter Hinweis auf das öffentliche Interesse an den Unterlagen widersprochen worden. Ein Klageverfahren sei absehbar. Weiter seien die Sicherungskopien auch bereits Gegenstand einer Landtagsanfrage (Drs. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen.
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Eine Unzulässigkeit der Datenverwendung ergebe sich nicht aus § 88 TKG. Weder sei er Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG noch der Kläger ein Dritter im Sinne des § 3 Nr. 10 TKG. Auch aus weiteren Gründen greife § 88 TKG nicht.
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Die Speicherung der streitgegenständlichen Postfach-Daten sei von § 15 LDSG gedeckt, auch wenn die Speicherung der Postfach-Daten zunächst wohl vornehmlich zu Zwecken der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage und der Datensicherung erfolgt sei. Der Zweck der Datensicherung im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG umfasse neben der Vermeidung von Datenverlusten, Datenverfälschungen und der Vermeidung eines unbefugten Datenzugangs auch die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. Durch die jetzige Speicherung sollten verloren gegangene, dienstlich relevante und zu den Sachakten gehörende Schriftstücke gesichert und wiederhergestellt werden.
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Daneben wolle § 15 Abs. 4 LDSG dem Wortlaut nach nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Arbeits- oder dienstrechtliche Maßnahmen kämen gegenüber dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt in Betracht. Der Informationsgehalt der Postfach-Daten solle zwar im Rahmen der Sachakten genutzt werden; dies allein würde aber noch keine Nutzung speziell gegenüber dem Kläger darstellen.
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Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von EnBW-Anteilen E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien.
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Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG. Dem Landesarchiv seien die Postfach-Daten zur Übernahme anzubieten. Durch § 23 Abs. 3 LDSG und §§ 3, 7 und 8 LArchG solle sichergestellt werden, dass dem Landesarchiv auch die dem Schutzbereich des Landesdatenschutzgesetzes unterfallenden Daten angeboten und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 LArchG zukämen, übergeben würden, um dort zu verbleiben.
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Mit Beschluss vom 04.03.2013 wurde der Beiladungsantrag der Antragsteller ... und von ... abgelehnt, die sich auf ihren beim Staatsministerium Baden-Württemberg gestellten Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen, auch betreffend die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten, berufen hatten.
34 
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die dem Gericht vorliegenden Akten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Über die Klage hat nach der hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts Stuttgart das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu entscheiden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
36 
Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem ersten Hilfsantrag dagegen begründet.
37 
Die Ablehnung der begehrten Datenlöschung seitens des beklagten Landes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf die Löschung, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
38 
1. Anspruchsgrundlage ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (die womöglich ebenfalls in Betracht kommende Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 LDSG hinge von den gleichen Rechtsfragen ab, vgl. zum Anwendungsbereich bei nachträglichem Unzulässigwerden einer Speicherung: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 39 mit Fußn. 73 sowie - betreffend die Parallelvorschrift § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X - Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 26). Danach sind personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat derjenige, um dessen personenbezogene Daten es geht, einen Anspruch auf Löschung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.03.2004 - 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = NVwZ 2004, 626; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 2 und 35; zu der Parallelnorm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - NZS 2011, 473). Unter Löschen ist dabei nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 LDSG das Unkenntlichmachen der gespeicherten personenbezogenen Daten zu verstehen. Kennzeichnend dafür ist, dass die Verfügungsmöglichkeit der speichernden Stelle irreversibel wegfällt (Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 28).
39 
2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind hier erfüllt. Die Kenntnis der Daten, deren Löschung der Kläger begehrt, ist für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen ist (§ 15 Abs. 4 LDSG).
40 
a) Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 3 Rn. 7; BAG, Beschluss vom 27.05.1986 - 1 ABR 48/84 - BAGE 52, 88 = NJW 1987, 674; Urteil vom 13.01.1987 - 1 AZR 267/85 - BAGE 54, 67 = NZA 1987, 515; jeweils für Telefondaten; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997> für Inhalts- und Verbindungsdaten beim E-Mail-Verkehr).
41 
b) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium, denn das Staatsministerium ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG zu dem Begriff der auch hier gemeinten „verantwortlichen Stelle“; zum Begriff des „Speicherns“ § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDSG).
42 
c) Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Kenntnis der Daten ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Beklagten - außerhalb von an dieser Stelle nicht relevanten archivrechtlichen Belangen - allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegensteht.
43 
Der Beklagte beruft sich - neben der Bezugnahme auf den Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 LDSG - auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG und ist der Ansicht, das weitere Speichern der E-Mail-Postfach-Daten sei zulässig, denn es müssten mit ihrer Hilfe Angaben des Klägers überprüft werden, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Möglicherweise sei der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentations- und Archivierungspflichten nicht nachgekommen. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem Unternehmen EnBW (vgl. dazu auch StGH, Urteil vom 06.10.2011 - GR 2/11, 2/11 - ESVGH 62, 9 = VBlBW 2012, 19) E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Insbesondere die den Ankauf der EnBW-Aktien betreffenden Daten seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den Sachakten fehlten. Im Zusammenhang mit diesem Vorbringen hat der Beklagte ein Konvolut mit E-Mail-Ausdrucken vorgelegt, die der Landtag von Baden-Württemberg dem Staatsministerium mit Schreiben vom 18.06.2012 übersandt hat. Es handelt sich um das Staatsministerium betreffende Korrespondenz (an das Staatsministerium gerichtet oder aus dem Staatsministerium gesendet), die die Bank ... an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ übergeben hat.
44 
Es kann jedoch offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt ist, denn diese Bestimmungen werden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. § 15 Abs. 4 LDSG steht der weiteren Datenspeicherung entgegen. Danach dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG sind § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG nach allgemeiner Auffassung unanwendbar, denn § 15 Abs. 4 LDSG ist die speziellere Regelung (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 106 m.w.N.; zur Parallelnorm des § 67c Abs. 4 SGB X etwa Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14).
45 
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, § 15 Abs. 4 LDSG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, weil der Kläger gar kein „Bediensteter“ (gewesen) sei, es sich aber allein um eine Schutzvorschrift für diese Personengruppe handele, kann dem nicht gefolgt werden. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“ bezieht sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibt von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Dies zeigt etwa ein Vergleich des § 15 Abs. 4 LDSG mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 4 BDSG, wo der Bestandteil „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten“ fehlt (vgl. auch Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 mit Fußn.218). § 15 Abs. 4 LDSG erlaubt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur entweder für diesen Zweck oder - daneben - für hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten.
46 
Der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG ist auch sonst erfüllt. Die E-Mail-Postfach-Daten stellen - in der im Herbst 2010 kopierten Form - personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden.
47 
Die E-Mail-Postfach-Daten wurden zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können (vgl. zur Anfertigung und Aufbewahrung von Kopien als womöglich „impliziter Nebenzweck“ eines anderen Hauptzweckes § 15 Abs. 3 Satz 1 LDSG sowie Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 47 f.; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 23 und 30 ff.).
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Dieser Zweck beinhaltet eine Speicherung ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
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Zwar ist der Zweck der Datenschutzkontrolle nicht gegeben. Unter Datenschutzkontrolle versteht man sowohl die externe Kontrolle durch den Landes- beziehungsweise Bundesdatenschutzbeauftragten, die interne Kontrolle durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder eine andere mit der Überwachung des Datenschutzes betraute Stelle als auch die im Rahmen der Dienstaufsicht über nachgeordnete Behörden wahrgenommene Datenschutzkontrolle. Gegenstand dessen ist etwa die Protokollierung von datenschutzrelevanten Vorgängen wie Datenabrufen oder -übermittlungen (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 108; ähnlich Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 38; Fromm in jurisPK-SGB X, 1. Aufl., § 67c Rn. 35; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8; Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14). Um derlei Daten geht es hier ersichtlich nicht.
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Es handelt sich aber um eine Kopie ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
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Der Begriff Datensicherung (vgl. dazu auch Art. 7 des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten; ebenso die Begrifflichkeit etwa in ähnlichem Kontext in § 37 Abs. 1 Nr. 2 AZRG, § 19 Abs. 2, § 31 BDSG, § 83 Abs. 2 SGB X, § 489 Abs. 7 Satz 2 StPO) umfasst die nach § 9 LDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ausführung des Landesdatenschutzgesetzes. Die Datensicherung wird davon insoweit erfasst, als sie sich auf vom Landesdatenschutzgesetz geschützte Daten bezieht und der Gewährleistung der Ausführung von Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dient, zum Beispiel Zugriffsprotokolle, Firewalls, Anti-Spam-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 109). Sicherungskopien können als Maßnahmen der Datensicherung angesehen werden (vgl. Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 28; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 39; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8).
52 
Bei der Speicherung zur „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage“ (ebenso die Begrifflichkeit etwa in § 9 Abs. 1 Satz 2 ATDG, § 9 Abs. 2 Satz 2 AZRG, § 106 Abs. 3 Satz 3 BBG, § 31 BDSG) geht es im Unterschied zu den ersten Fallgruppen (Kontrolle und Sicherheit) um die Gewährleistung des Betriebs als solchen. Der Begriff des Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage umfasst dabei neben den allgemeinen Systemfunktionen des DV-Systems auch deren organisatorische und technische Voraussetzungen - etwa in Form einer Rechenzentrumsorganisation einschließlich der Not- und Ausfallpläne - wie auch das einwandfreie Funktionieren der Anwendungsprogramme und der Kommunikations-/Netzsoftware. Die Zweckbindung bezieht sich allerdings nicht auf die Inhalte der einzelnen Anwendungsprogramme, sondern auf die zusätzlichen, nur DV-technisch bedingt gespeicherten Daten (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110). In Betracht kommen die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter im Bereich der DV-Technik, etwa die Angaben der Datenerfassung, der Systemverwaltung und der Wartung, ferner Dateien, in denen die Zugangs- und Verarbeitungsberechtigungen von Mitarbeitern oder externen Nutzern geführt werden sowie das systeminterne Handling der Nutzerdaten während der Bearbeitungsdauer (vgl. abermals Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110; ähnlich Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29).
53 
Ohne dass es hier einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage zur Datensicherung ankommt (nach Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14 gehört die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage zur „Datensicherung“), umfasst jedenfalls einer dieser beiden Tatbestände die vorliegende Kopie eines E-Mail-Postfachs. Teilweise werden Sicherungskopien der Datensicherung zugeordnet (siehe die Nachweise am Ende des Absatzes zum Begriff der Datensicherung), teilweise der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112). Nach Sinn und Zweck bezieht sich § 15 Abs. 4 LDSG gerade auch auf solche Daten.
54 
Daher scheidet eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus, weshalb auch der Löschungsanspruch des Klägers durchgreifen muss. Zwar soll bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 und 114). Dies kann aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen ist, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt wurde. Im vorliegenden Fall wurden die E-Mail-Postfach-Daten allein zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Darum geht es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten kam noch der Beklagte die Daten weiter benötigt, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können.
55 
Ausgehend davon, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG erfüllt ist, ist es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung ist insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke (also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage) zulässig (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 114; Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 31 Rn. 5 f.).
56 
Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setzte voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert werden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgehen. Daran fehlt es hier. Mit der Kopie wurden keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt; vielmehr erschöpfte sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten. Die Erzeugung neuer Daten ist aber kein zwingendes Merkmal für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 LDSG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung über eine strikte Zweckbindung ist es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13). Dem entspricht es, Sicherungskopien auch dann einer strikten Zweckbindung zu unterstellen, wenn es lediglich um die Vervielfältigung vorhandener Daten geht. Denn andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre.
57 
d) Die Schutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes kommen dem Kläger allerdings nicht zusätzlich zugute. Ein (weiteres) rechtliches Hindernis der Datennutzung, worauf sich das Löschungsbegehren des Klägers (außerdem) stützen ließe, ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz nicht.
58 
Der Kläger beruft sich auf die mit „Fernmeldegeheimnis“ überschriebene Bestimmung des § 88 TKG. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen dem Fernmeldegeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 TKG jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist (§ 88 Abs. 2 Satz 2 TKG). Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG ist es den nach § 88 Abs. 2 TKG Verpflichteten untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden (§ 88 Abs. 3 Satz 2 TKG). Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht (§ 88 Abs. 3 Satz 3 TKG).
59 
Der Schutzbereich des § 88 TKG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 88 TKG ist im Verhältnis zu den Datenschutzgesetzen eine spezielle Schutzvorschrift für personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs anfallen (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 10). § 88 TKG hat allerdings wie Art. 10 GG allein den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zum Ziel. § 88 TKG kann als einfachgesetzliche Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG bezeichnet werden (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 1). Ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG nicht eröffnet, so kann sich ein Betroffener auch nicht auf das für Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG geltende gesetzliche Verbot nach § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG berufen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - NJW 2009, 2470). So liegt der Fall hier.
60 
Das Bundesverfassungsgericht grenzt den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG in ständiger Rechtsprechung auf die Bewahrung des privaten, vor der Öffentlichkeit und den Eingriffen unbefugter Dritter unbehelligt ablaufenden Austauschs von Informationen während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ein. Der Grundrechtsschutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst demgegenüber nicht die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten, soweit dieser eigene Schutzvorkehrungen gegen den heimlichen Datenzugriff treffen kann. Die spezifischen Gefahren einer räumlich distanzierten Kommunikation, vor denen das Telekommunikationsgeheimnis schützen will, bestehen hier nicht fort (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, Urteile vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976 und vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 = NJW 2008, 822; siehe ferner BVerfG, 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 = NJW 2009, 2431; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - NZA-RR 2010, 406; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - DB 2011, 1281; LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012 - 14 Sa 1711/10 - DuD 2013, 50 = juris Rn. 175).
61 
Gemessen daran ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses des Art. 10 Abs. 1 GG hier hinsichtlich der streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten des Klägers nicht betroffen. Dies folgt daraus, dass es sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte handelt, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet hat. Vielmehr sind diese E-Mails erst nach dem Abschluss der Übertragung über den Empfänger der E-Mail in die Speichermedien des Beklagten gelangt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O.).
62 
Der danach allein durch andere Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistete Schutz der E-Mail-Postfachdaten wird nicht durch § 88 TKG, sondern durch das allgemeine Datenschutzrecht vermittelt.
63 
Daneben ist selbst bei unterstellter Eröffnung des Schutzbereichs des Fernmeldegeheimnisses der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - a.a.O. ; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - a.a.O. ; Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 24; Schöttler in jurisPR-ITR 4/2009 Anm. 2 m.w.N.; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 ff. m.w.N.). Nach § 3 Nr. 6 TKG ist „Diensteanbieter“ jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. „Telekommunikationsdienste“ sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. In § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG wird eine geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten vorausgesetzt. Das „geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ ist in § 3 Nr. 10 TKG definiert als das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
64 
Gemessen an diesen Vorgaben spricht gegen eine Anwendbarkeit von § 88 TKG insbesondere schon die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger eine private E-Mail-Nutzung nie ausdrücklich gestattet hatte. Eine Erlaubnis privater Nutzung kann durch bloß passives Verhalten der das E-Mail-Postfach stellenden Behörde, also allein durch die Duldung privater Nutzung, nicht entstehen (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997, 1998>). Somit konnte das besondere Schutzbedürfnis, dem das Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen will, nicht auftreten.
65 
Selbst bei Annahme einer erlaubten privaten Nutzung steht zudem der Gesetzeszweck des Telekommunikationsgesetzes einer Heranziehung des § 88 TKG entgegen. § 1 TKG bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetz zur Förderung des privaten Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation handelt, dass also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Telekommunikationsanbietern sowie diejenigen zwischen den Telekommunikationsanbietern untereinander abgezielt wird. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen - etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - zu regeln (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1999>; a.A. insoweit allerdings etwa Naumann in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 37 Rn. 15; Seifert in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 32 Rn. 92 m.w.N.). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.
66 
e) Zu einer abweichenden Beurteilung gibt auch § 36 Abs. 1 LDSG keinen Anlass. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung innerdienstlicher planerischer, organisatorischer, personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung es vorsieht.
67 
Die Vorschrift ist auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten war. Als Mitglied der Regierung stand der Kläger nach Maßgabe des Ministergesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 1 MinG). Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV, § 1 Abs. 1 GO LReg). Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 LV, § 1 Abs. 4 GO LReg). Der Ministerpräsident bedient sich zur Führung seiner Geschäfte des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GO LReg). Dessen Leitung obliegt nach Weisung des Ministerpräsidenten dem beamteten Staatssekretär des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GO LReg). Ausgehend hiervon verbietet es sich, die Stellung eines Ministerpräsidenten als „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ zu kennzeichnen. Gegen die „Beschäftigten“-Eigenschaft des Klägers spricht zudem die Definition des entsprechenden Begriffes in § 3 Abs. 11 BDSG, die sich nicht auf ein Amt wie dasjenige des Ministerpräsidenten erstreckt.
68 
Im Übrigen dient § 36 Abs. 1 LDSG einer Verstärkung des Datenschutzes und kann hier nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus gegenüber den allgemein geltenden Bestimmungen (§ 15 LDSG) führen.
69 
f) Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bildet die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt haben, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten bezieht (vgl. den ablehnenden Teil des bei der Gerichtsakte befindlichen Bescheids des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 18.01.2013, der nach Angaben des Beklagten noch nicht bestandskräftig ist).
70 
Nach § 3 Abs. 1 LUIG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe weiterer Bestimmungen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Allerdings ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG).
71 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sperrt der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die Löschung der E-Mail-Postfachdaten nicht. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebührt der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststeht oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 LUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG enthalten. In Betracht kämen wohl allenfalls Daten „über Maßnahmen oder Tätigkeiten“, die sich auf Umweltbestandteile oder auf Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG; zur weiten Auslegung des Begriffes Umweltinformation siehe etwa Rudisile, VBlBW 2013, 46 <47> m.w.N.). Die Antragsteller beziehen sich auf den „Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art vor, während und nach Oktober 2010“, haben einen Zusammenhang zwischen den E-Mail-Postfachdaten und dem benannten Interessensgebiet aber nicht weiter nachvollziehbar substantiiert. Ein Fall der „Entziehung des Informationsanspruchs“ durch Datenlöschung (vgl. dazu Schomerus in Hk-UIG, 2. Aufl. 2002, § 3 Rn. 99) ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
72 
Dabei wird der von der Umweltinformationsrichtlinie gesetzte Rahmen (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 19) nicht verkannt. Danach sind die Ablehnungsgründe für einen Umweltinformationsanspruch eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/4/EG). In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 zur Umweltinformationsrichtlinie beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Auch unter Berücksichtigung dessen liegt hier aus den vorstehend genannten Gründen jedoch ein Ablehnungsgrund vor.
73 
g) Dem Löschungsanspruch steht schließlich dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten sind (dazu im Folgenden aa). Das Archivrecht führt allerdings zu einer Modifikation des Anspruchsumfangs (dazu im Folgenden bb).
74 
aa) Das Landesarchiv verwahrt, erhält und erschließt als Archivgut alle Unterlagen, die von den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, deren Funktionsvorgängern oder von Rechtsvorgängern des Landes übernommen worden sind und die bleibenden Wert haben; es macht das Archivgut allgemein nutzbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LArchG). Unterlagen sind insbesondere Schriftstücke, Akten, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG).
75 
Das Landesarchivgesetz enthält bereichsspezifische Regelungen zur Ergänzung des Datenschutzrechts; es dient dem Ausgleich des Aufgabenkonflikts von Datenschutz und Archivwesen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 12). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG bieten die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an. Anzubieten sind auch Unterlagen, die durch Rechtsvorschriften über Geheimhaltung geschützt sind, wenn die abgebende Stelle im Benehmen mit dem Landesarchiv festgestellt hat, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG). Die schutzwürdigen Belange einer Person werden angemessen berücksichtigt, wenn im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände festgestellt werden kann, dass das öffentliche Interesse an der Archivierung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen erheblich überwiegt (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 unter Hinweis auf Rspr. des BVerfG).
76 
Daraus ergibt sich zunächst, dass die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv keine Zwecksetzung ist, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen kann (vgl. Nieders. OVG, Urteil vom 17.09.2002 - 11 LB 123/02 - NdsVBl. 2003, 105 = juris Rn. 77: Archivierung ist Zweckentfremdung, die einer spezifisch archivgesetzlichen Regelung bedarf; VG Darmstadt, Urteil vom 15.10.2003 - 5 E 1395/97 - NJW 2004, 1471 = juris Rn. 33). § 23 Abs. 3 LDSG befasst sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindert weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen. Die Vorschrift regelt lediglich als Modalität, dass vor dem Löschen nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG das Angebot zur Übernahme an das zuständige Archiv erfolgen muss. Dies wird auch durch § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG verdeutlicht, wonach Löschungsansprüche gemäß § 13 Abs. 3 LDSG (nach jetziger Rechtslage § 23 Abs. 1 LDSG) nach Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv ausgeschlossen sind. Umgekehrt trifft der Ausschluss auf nicht dem Landesarchiv übergebene Unterlagen gerade nicht zu.
77 
bb) Der Löschungsanspruch des Klägers kann allerdings insoweit nicht durchgreifen, als es um ein Verwahren, Erhalten und Erschließen der Daten als Archivgut beim Landesarchiv Baden-Württemberg für die Aufgaben des staatlichen Archivwesens geht, das nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes vorgenommen wird und bei dem die schutzwürdigen Belange des Klägers durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Deshalb sind die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.
78 
Soweit der Kläger meint, es handele sich bei den streitgegenständlichen Daten um „Archivgut eines Privaten“, das nur mit seinem Einvernehmen dem Landesarchiv überantwortet werden könne, trifft dies nicht zu. Nach § 2 Abs. 3 LArchG kann das Landesarchiv auch Archivgut „anderer Stellen und Privater“ mit deren Einvernehmen erfassen, verwahren, erhalten, erschließen und allgemein nutzbar machen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Diese Bestimmung ist hier aber nicht anwendbar, denn es handelt sich bei den Daten um solche, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten (vgl. § 2 Abs. 1 LArchG). § 2 Abs. 3 LArchG meint Daten „aus privater Hand“ (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Landtags, LT-Drucks. 9/4575, S. 13; siehe hierzu ferner LT-Drucks. 9/3345, S. 14). Ob beziehungsweise inwieweit der Inhalt der Daten privater Natur sein mag und ob die Speicherung der Daten beim Staatsministerium (noch) zu Recht erfolgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
79 
Die Rechtslage sieht vor, dass vor einer Löschung die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren sind. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirken, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindert.
80 
Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht ist in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ auszugehen. Das Archivrecht enthält eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz.
81 
Zwar verhält sich das Landesarchivgesetz selbst nicht ausdrücklich zu der Frage, so dass aus diesem - isoliert betrachtet - nicht geschlossen werden kann, dass zu löschende oder zu vernichtende Unterlagen angeboten und archiviert werden dürfen (vgl. Uhl, Rechtsfragen der Aussonderung und Übernahme von Archivgut, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, 1991, S. 61 <91>; siehe hingegen für anbietungspflichtige Unterlagen § 3 Abs. 2 Satz 4 ArchG, wonach diese grundsätzlich nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden dürfen).
82 
Das genannte Vorrangverhältnis ergibt sich aber bereits aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Danach unterbleibt die Löschung zwar nicht - wie bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 23 Abs. 4 und 5 LDSG -, wenn das Landesarchiv Unterlagen nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes übernehmen will. Vor einer Löschung sind die Daten aber nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsieht - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergeben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden ist.
83 
Dieses Verständnis wird gestärkt durch einen Vergleich mit der Art, wie der Bundesgesetzgeber das Verhältnis des Archivrechts zum Datenschutzrecht in seinem Bereich geregelt hat. Es spricht viel dafür, dass das Landesdatenschutzgesetz in seiner Konzeption insoweit im Wesentlichen dem Bundesdatenschutzgesetz gleicht. Nach § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt, was - anders als in Baden-Württemberg, das eine solche Beschränkung nicht kennt - zunächst einen Vorrang von Löschungsvorschriften auch des allgemeinen Datenschutzrechts nahezulegen scheint. Das Bundesdatenschutzgesetz nimmt seine Löschungsverpflichtung im Verhältnis zum Archivrecht aber selbst zurück. Denn § 20 Abs. 9 BDSG lautet: „§ 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes ist anzuwenden.“ Nicht in Bezug genommen ist gerade § 2 Abs. 7 BArchG. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (BT-Drucks. 11/4306, S. 47) soll die Regelung ermöglichen, dass personenbezogene Daten, die zu löschen wären, dem Bundesarchiv angeboten werden und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 BArchG zukommt, zu übergeben sind. Es werde klargestellt, dass § 18 BDSG (jetzt § 20 BDSG; entspricht weitgehend § 23 LDSG) keine dem Bundesarchivgesetz vorgehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung von Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 7 BArchG sei. Auch die Literatur leitet hieraus einen Vorrang des Archivrechts ab (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 39; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 98; Uhl, a.a.O., S. 61 <88>; siehe ferner Bannasch in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 20 Rn. 38; nicht überzeugend dagegen Manegold, Archivrecht, S. 225, wonach die Rechtslage im Bund nicht eindeutig bzw. unklar sei). Deutlich wird dieses Verhältnis auch in dem anders formulierten, aber insoweit nicht abweichend zu verstehenden § 20 Abs. 3 Sächs. DSG. Danach darf eine Löschung, wenn die Kenntnis von personenbezogenen Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist, erst erfolgen, nachdem die Daten dem zuständigen Archiv angeboten worden sind und dieses die Archivwürdigkeit verneint hat oder über sie nicht fristgemäß entschieden hat.
84 
Es scheidet auch aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers - etwa wegen der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG - „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Hiergegen spricht, dass vor der Übernahme in das Archiv Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden können, wie etwa eine (Teil-) Anonymisierung (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 f.). Das Landesarchiv übernimmt nur Unterlagen, denen historischer Wert zukommt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LArchG). Ferner sind in § 4 LArchG Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht getroffen: Das Archivgut ist durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen (Satz 1). Die Verknüpfung personenbezogener Daten ist innerhalb der in § 6 genannten Sperrfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt sind (Satz 2). Unterlagen, denen kein bleibender Wert zukommt, sind zu vernichten (Satz 3). Ferner regelt § 6 Abs. 5 Satz 1 LArchG, dass für die Nutzung von Archivgut Sperrfristen gelten, und zwar auch für die Nutzung durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, wenn das Archivgut - wie hier - durch diese Stellen aufgrund von Rechtsvorschriften hätte vernichtet werden müssen. Die Nutzung von Archivgut kann schließlich aus den in § 6 Abs. 6 Satz 1 LArchG aufgezählten sowie anderen wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 LArchG) eingeschränkt oder versagt werden. Einzelheiten regelt die aufgrund von § 6 Abs. 6 Satz 4 LArchG erlassene Verordnung der Landesregierung über die Benutzung des Landesarchivs Baden-Württemberg (Landesarchivbenutzungsordnung - LArchBO) vom 10.04.2006 (GBl. S. 110 ff.). Danach ist etwa für die Nutzung von Archivgut grundsätzlich ein Nutzerausweis erforderlich, der schriftlich beantragt und bei jeder Nutzung vorgelegt werden muss (§ 2 Abs. 1, 3 LArchBO). Vor der Bestellung von Archivgut zur Einsichtnahme sind das Nutzungsvorhaben, die Daten eines etwaigen Auftraggebers sowie der Nutzungszweck anzugeben (§ 2 Abs. 6 LArchBO). Der Nutzer ist verpflichtet, Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte sowie schutzwürdige Belange Dritter zu beachten (§ 2 Abs. 7 LArchBO).
85 
Zweck der archivgesetzlichen Regelungen ist es gerade auch, die Abgabe solcher Unterlagen an das Archiv zu gewährleisten, die nach allgemeinen Datenschutzregelungen verweigert werden könnten oder gar müssten (vgl. Polley, NJW 1988, 2026 f.). Die archivgesetzlichen Normen beseitigen gewissermaßen die mit dem Datenschutzrecht begründeten Aufbewahrungshindernisse; Ablieferungssperren bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Richter, BWVPrax 1988, 25 <26>; ähnlich ders., Die Landesarchivgesetzgebung in Baden-Württemberg, in: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 229 <237 f.>). Das Archivgut soll grundsätzlich vollständig in die Staatsarchive gelangen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 15). Die Archivierung bildet ein „Löschungssurrogat“ (so Manegold, Archivrecht, S. 61 u. S. 218); das Archiv kann als „Datentreuhänder“ und unabhängiger „Sachwalter“ angesehen werden (vgl. Manegold, a.a.O., S. 64).
86 
Da der Kläger nach seinem Hauptantrag seinen Löschungsanspruch so verstanden wissen will, dass auch eine Archivierung der E-Mail-Postfachdaten beim Landesarchiv nicht soll stattfinden können, ist die Klage insoweit teilweise abzuweisen. Der Beklagte hat dem Kläger gegenüber rechtsfehlerfrei deutlich gemacht hat, dass er die streitgegenständlichen Daten gemäß den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zuführen will.
87 
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht.
88 
Zwar sind in den Archivgesetzen mancher anderer Länder - abweichend von der Rechtslage in Baden-Württemberg oder im Bundesrecht - unzulässig erhobene beziehungsweise unzulässig gespeicherte Daten ausdrücklich von der Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv und damit von der dauerhaften Archivierung ausgenommen (vgl. den Überblick bei Manegold, Archivrecht, S. 221 ff.). Der Interessenausgleich, namentlich zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einerseits und der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) andererseits, ist dort in anderer Weise vorgenommen worden. Von Verfassungs wegen geboten ist eine derartige strikte Ausnahmeklausel aber nicht, weil es daneben andere, im Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg auch hinreichend verankerte Möglichkeiten des Persönlichkeitsschutzes gibt.
89 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes - wie bereits angesprochen - dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1<41 f.>; vgl. BVerfGE 103, 21 <32 f.>). Dies umfasst nicht nur elektronisch speicherbare, sondern sämtliche personenbezogenen Daten (BVerfGE 78, 77 <84>). Dabei ist grundsätzlich gleichgültig, wo die Information gewonnen wurde oder welchen Inhalt sie hat; das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren - zu „verdinglichen“ - und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren, dabei auch zu verändern oder zu manipulieren (BVerfGE 101, 361 <381>; 106, 28 <40>). Träger des Grundrechts sind auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes „im Amt“. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Amts- oder funktionsbezogene Informationen - selbst richtige und nicht nur manipulierte - können für einen Politiker existenzvernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auch auf die Privatsphäre haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 = NJW 2004, 2462 m.w.N.). Die oben angeführten gesetzgeberischen Vorkehrungen im Landesarchivgesetz versprechen indes einen hinreichenden Schutz.
90 
Der Kläger ist insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angeht. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsieht, kann er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Ist die Übergabe an das Landesarchiv als erste Stufe des Archivierungsprozesses, die der Kläger hier bereits vorbeugend verhindern will, erfolgt, stehen ihm zudem auf einer zweiten Stufe aus dem Landesarchivgesetz folgende Rechte eigener Art zur Verfügung. Nach Maßgabe von § 5 LArchG hat er das Recht auf Auskunft, Einsicht und Gegendarstellung. Selbst nach dem Tod des Klägers steht dem Ehegatten, den Kindern oder den Eltern ein Gegendarstellungsrecht zu, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person bestritten wird und ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (vgl. zum postmortalen Persönlichkeitsschutz im Archivrecht auch Bizer, NVwZ 1993, 653 ff.).
91 
Weiter kommt dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute. Danach sind die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht „innerhalb eines Jahres“ über die Übernahme entschieden hat und wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Der genaue Beginn der Jahresfrist ist gesetzlich nicht weiter konkretisiert.
92 
In Frage käme einerseits der Zeitpunkt, in dem der Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und zugleich die Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv nach § 23 Abs. 3 LDSG entstehen. Da es aber Fälle - wie den vorliegenden - geben kann, in denen der Löschungsanspruch und die Anbietungspflicht unklar und umstritten sind, erscheint ein starrer Fristlauf beginnend bereits mit dem Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG nicht sachgerecht. Diesem Einwand ließe sich mit einer Hemmung des Fristlaufs (vgl. § 209 BGB; dort zur Wirkung bei der Verjährung) begegnen, solange die Anbietungspflicht bestritten und noch keine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangen ist. Es bestehen aber noch weitergehende Bedenken gegen eine Anknüpfung an den Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG ist nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck als Entscheidungsfrist für das Landesarchiv ausgestaltet. Das Landesarchiv kann frühestens mit der tatsächlichen Anbietung in die Prüfung eintreten, ob es Unterlagen übernehmen will. Daher kann die Jahresfrist erst mit der tatsächlichen Anbietung zu laufen beginnen.
93 
Mit dem Charakter als Entscheidungsfrist des Landesarchivs wäre es auch nicht vereinbar, die Jahresfrist unabhängig von der tatsächlichen Anbietung bereits dann beginnen zu lassen, wenn die Behörde von der Anbietungspflicht bezogen auf die konkreten Unterlagen Kenntnis erlangt oder die Anbietungspflicht hätte kennen müssen.
94 
Lässt man die Frist erst mit der tatsächlichen Anbietung beginnen, so gibt es zwar grundsätzlich keine oder nur eine schwache Handhabe gegen ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung. Dabei ist auch zu beachten, dass das Landesarchiv in Baden-Württemberg die Stellung einer Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat und nicht rechtlich verselbständigt ist (vgl. auch das Organisationsstatut vom 19.05.2006). Andererseits darf die Behörde mit den Unterlagen nichts Anderes unternehmen, als sie für das Anbieten gegenüber dem Archiv vorzuhalten. Jedenfalls bei einer völligen Abschottung der Daten vor jeglichem Zugriff - wie sie hier gewährleistet ist - erscheint dies hinnehmbar, zumal bei dem Beklagten keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung beziehungsweise für eine entsprechende Absicht ersichtlich sind. Die in § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG vorgesehene Jahresfrist ist daher derzeit noch nicht abgelaufen.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
96 
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG bisher obergerichtlich ungeklärt und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehend klärungsbedürftig ist.
97 
BESCHLUSS
98 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
35 
Über die Klage hat nach der hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts Stuttgart das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu entscheiden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
36 
Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem ersten Hilfsantrag dagegen begründet.
37 
Die Ablehnung der begehrten Datenlöschung seitens des beklagten Landes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf die Löschung, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
38 
1. Anspruchsgrundlage ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (die womöglich ebenfalls in Betracht kommende Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 LDSG hinge von den gleichen Rechtsfragen ab, vgl. zum Anwendungsbereich bei nachträglichem Unzulässigwerden einer Speicherung: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 39 mit Fußn. 73 sowie - betreffend die Parallelvorschrift § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X - Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 26). Danach sind personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat derjenige, um dessen personenbezogene Daten es geht, einen Anspruch auf Löschung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.03.2004 - 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = NVwZ 2004, 626; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 2 und 35; zu der Parallelnorm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - NZS 2011, 473). Unter Löschen ist dabei nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 LDSG das Unkenntlichmachen der gespeicherten personenbezogenen Daten zu verstehen. Kennzeichnend dafür ist, dass die Verfügungsmöglichkeit der speichernden Stelle irreversibel wegfällt (Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 28).
39 
2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind hier erfüllt. Die Kenntnis der Daten, deren Löschung der Kläger begehrt, ist für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen ist (§ 15 Abs. 4 LDSG).
40 
a) Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 3 Rn. 7; BAG, Beschluss vom 27.05.1986 - 1 ABR 48/84 - BAGE 52, 88 = NJW 1987, 674; Urteil vom 13.01.1987 - 1 AZR 267/85 - BAGE 54, 67 = NZA 1987, 515; jeweils für Telefondaten; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997> für Inhalts- und Verbindungsdaten beim E-Mail-Verkehr).
41 
b) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium, denn das Staatsministerium ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG zu dem Begriff der auch hier gemeinten „verantwortlichen Stelle“; zum Begriff des „Speicherns“ § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDSG).
42 
c) Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Kenntnis der Daten ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Beklagten - außerhalb von an dieser Stelle nicht relevanten archivrechtlichen Belangen - allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegensteht.
43 
Der Beklagte beruft sich - neben der Bezugnahme auf den Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 LDSG - auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG und ist der Ansicht, das weitere Speichern der E-Mail-Postfach-Daten sei zulässig, denn es müssten mit ihrer Hilfe Angaben des Klägers überprüft werden, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Möglicherweise sei der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentations- und Archivierungspflichten nicht nachgekommen. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem Unternehmen EnBW (vgl. dazu auch StGH, Urteil vom 06.10.2011 - GR 2/11, 2/11 - ESVGH 62, 9 = VBlBW 2012, 19) E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Insbesondere die den Ankauf der EnBW-Aktien betreffenden Daten seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den Sachakten fehlten. Im Zusammenhang mit diesem Vorbringen hat der Beklagte ein Konvolut mit E-Mail-Ausdrucken vorgelegt, die der Landtag von Baden-Württemberg dem Staatsministerium mit Schreiben vom 18.06.2012 übersandt hat. Es handelt sich um das Staatsministerium betreffende Korrespondenz (an das Staatsministerium gerichtet oder aus dem Staatsministerium gesendet), die die Bank ... an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ übergeben hat.
44 
Es kann jedoch offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt ist, denn diese Bestimmungen werden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. § 15 Abs. 4 LDSG steht der weiteren Datenspeicherung entgegen. Danach dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG sind § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG nach allgemeiner Auffassung unanwendbar, denn § 15 Abs. 4 LDSG ist die speziellere Regelung (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 106 m.w.N.; zur Parallelnorm des § 67c Abs. 4 SGB X etwa Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14).
45 
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, § 15 Abs. 4 LDSG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, weil der Kläger gar kein „Bediensteter“ (gewesen) sei, es sich aber allein um eine Schutzvorschrift für diese Personengruppe handele, kann dem nicht gefolgt werden. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“ bezieht sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibt von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Dies zeigt etwa ein Vergleich des § 15 Abs. 4 LDSG mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 4 BDSG, wo der Bestandteil „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten“ fehlt (vgl. auch Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 mit Fußn.218). § 15 Abs. 4 LDSG erlaubt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur entweder für diesen Zweck oder - daneben - für hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten.
46 
Der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG ist auch sonst erfüllt. Die E-Mail-Postfach-Daten stellen - in der im Herbst 2010 kopierten Form - personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden.
47 
Die E-Mail-Postfach-Daten wurden zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können (vgl. zur Anfertigung und Aufbewahrung von Kopien als womöglich „impliziter Nebenzweck“ eines anderen Hauptzweckes § 15 Abs. 3 Satz 1 LDSG sowie Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 47 f.; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 23 und 30 ff.).
48 
Dieser Zweck beinhaltet eine Speicherung ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
49 
Zwar ist der Zweck der Datenschutzkontrolle nicht gegeben. Unter Datenschutzkontrolle versteht man sowohl die externe Kontrolle durch den Landes- beziehungsweise Bundesdatenschutzbeauftragten, die interne Kontrolle durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder eine andere mit der Überwachung des Datenschutzes betraute Stelle als auch die im Rahmen der Dienstaufsicht über nachgeordnete Behörden wahrgenommene Datenschutzkontrolle. Gegenstand dessen ist etwa die Protokollierung von datenschutzrelevanten Vorgängen wie Datenabrufen oder -übermittlungen (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 108; ähnlich Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 38; Fromm in jurisPK-SGB X, 1. Aufl., § 67c Rn. 35; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8; Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14). Um derlei Daten geht es hier ersichtlich nicht.
50 
Es handelt sich aber um eine Kopie ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
51 
Der Begriff Datensicherung (vgl. dazu auch Art. 7 des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten; ebenso die Begrifflichkeit etwa in ähnlichem Kontext in § 37 Abs. 1 Nr. 2 AZRG, § 19 Abs. 2, § 31 BDSG, § 83 Abs. 2 SGB X, § 489 Abs. 7 Satz 2 StPO) umfasst die nach § 9 LDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ausführung des Landesdatenschutzgesetzes. Die Datensicherung wird davon insoweit erfasst, als sie sich auf vom Landesdatenschutzgesetz geschützte Daten bezieht und der Gewährleistung der Ausführung von Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dient, zum Beispiel Zugriffsprotokolle, Firewalls, Anti-Spam-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 109). Sicherungskopien können als Maßnahmen der Datensicherung angesehen werden (vgl. Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 28; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 39; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8).
52 
Bei der Speicherung zur „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage“ (ebenso die Begrifflichkeit etwa in § 9 Abs. 1 Satz 2 ATDG, § 9 Abs. 2 Satz 2 AZRG, § 106 Abs. 3 Satz 3 BBG, § 31 BDSG) geht es im Unterschied zu den ersten Fallgruppen (Kontrolle und Sicherheit) um die Gewährleistung des Betriebs als solchen. Der Begriff des Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage umfasst dabei neben den allgemeinen Systemfunktionen des DV-Systems auch deren organisatorische und technische Voraussetzungen - etwa in Form einer Rechenzentrumsorganisation einschließlich der Not- und Ausfallpläne - wie auch das einwandfreie Funktionieren der Anwendungsprogramme und der Kommunikations-/Netzsoftware. Die Zweckbindung bezieht sich allerdings nicht auf die Inhalte der einzelnen Anwendungsprogramme, sondern auf die zusätzlichen, nur DV-technisch bedingt gespeicherten Daten (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110). In Betracht kommen die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter im Bereich der DV-Technik, etwa die Angaben der Datenerfassung, der Systemverwaltung und der Wartung, ferner Dateien, in denen die Zugangs- und Verarbeitungsberechtigungen von Mitarbeitern oder externen Nutzern geführt werden sowie das systeminterne Handling der Nutzerdaten während der Bearbeitungsdauer (vgl. abermals Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110; ähnlich Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29).
53 
Ohne dass es hier einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage zur Datensicherung ankommt (nach Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14 gehört die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage zur „Datensicherung“), umfasst jedenfalls einer dieser beiden Tatbestände die vorliegende Kopie eines E-Mail-Postfachs. Teilweise werden Sicherungskopien der Datensicherung zugeordnet (siehe die Nachweise am Ende des Absatzes zum Begriff der Datensicherung), teilweise der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112). Nach Sinn und Zweck bezieht sich § 15 Abs. 4 LDSG gerade auch auf solche Daten.
54 
Daher scheidet eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus, weshalb auch der Löschungsanspruch des Klägers durchgreifen muss. Zwar soll bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 und 114). Dies kann aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen ist, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt wurde. Im vorliegenden Fall wurden die E-Mail-Postfach-Daten allein zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Darum geht es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten kam noch der Beklagte die Daten weiter benötigt, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können.
55 
Ausgehend davon, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG erfüllt ist, ist es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung ist insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke (also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage) zulässig (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 114; Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 31 Rn. 5 f.).
56 
Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setzte voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert werden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgehen. Daran fehlt es hier. Mit der Kopie wurden keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt; vielmehr erschöpfte sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten. Die Erzeugung neuer Daten ist aber kein zwingendes Merkmal für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 LDSG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung über eine strikte Zweckbindung ist es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13). Dem entspricht es, Sicherungskopien auch dann einer strikten Zweckbindung zu unterstellen, wenn es lediglich um die Vervielfältigung vorhandener Daten geht. Denn andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre.
57 
d) Die Schutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes kommen dem Kläger allerdings nicht zusätzlich zugute. Ein (weiteres) rechtliches Hindernis der Datennutzung, worauf sich das Löschungsbegehren des Klägers (außerdem) stützen ließe, ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz nicht.
58 
Der Kläger beruft sich auf die mit „Fernmeldegeheimnis“ überschriebene Bestimmung des § 88 TKG. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen dem Fernmeldegeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 TKG jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist (§ 88 Abs. 2 Satz 2 TKG). Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG ist es den nach § 88 Abs. 2 TKG Verpflichteten untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden (§ 88 Abs. 3 Satz 2 TKG). Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht (§ 88 Abs. 3 Satz 3 TKG).
59 
Der Schutzbereich des § 88 TKG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 88 TKG ist im Verhältnis zu den Datenschutzgesetzen eine spezielle Schutzvorschrift für personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs anfallen (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 10). § 88 TKG hat allerdings wie Art. 10 GG allein den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zum Ziel. § 88 TKG kann als einfachgesetzliche Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG bezeichnet werden (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 1). Ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG nicht eröffnet, so kann sich ein Betroffener auch nicht auf das für Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG geltende gesetzliche Verbot nach § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG berufen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - NJW 2009, 2470). So liegt der Fall hier.
60 
Das Bundesverfassungsgericht grenzt den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG in ständiger Rechtsprechung auf die Bewahrung des privaten, vor der Öffentlichkeit und den Eingriffen unbefugter Dritter unbehelligt ablaufenden Austauschs von Informationen während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ein. Der Grundrechtsschutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst demgegenüber nicht die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten, soweit dieser eigene Schutzvorkehrungen gegen den heimlichen Datenzugriff treffen kann. Die spezifischen Gefahren einer räumlich distanzierten Kommunikation, vor denen das Telekommunikationsgeheimnis schützen will, bestehen hier nicht fort (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, Urteile vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976 und vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 = NJW 2008, 822; siehe ferner BVerfG, 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 = NJW 2009, 2431; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - NZA-RR 2010, 406; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - DB 2011, 1281; LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012 - 14 Sa 1711/10 - DuD 2013, 50 = juris Rn. 175).
61 
Gemessen daran ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses des Art. 10 Abs. 1 GG hier hinsichtlich der streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten des Klägers nicht betroffen. Dies folgt daraus, dass es sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte handelt, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet hat. Vielmehr sind diese E-Mails erst nach dem Abschluss der Übertragung über den Empfänger der E-Mail in die Speichermedien des Beklagten gelangt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O.).
62 
Der danach allein durch andere Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistete Schutz der E-Mail-Postfachdaten wird nicht durch § 88 TKG, sondern durch das allgemeine Datenschutzrecht vermittelt.
63 
Daneben ist selbst bei unterstellter Eröffnung des Schutzbereichs des Fernmeldegeheimnisses der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - a.a.O. ; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - a.a.O. ; Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 24; Schöttler in jurisPR-ITR 4/2009 Anm. 2 m.w.N.; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 ff. m.w.N.). Nach § 3 Nr. 6 TKG ist „Diensteanbieter“ jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. „Telekommunikationsdienste“ sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. In § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG wird eine geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten vorausgesetzt. Das „geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ ist in § 3 Nr. 10 TKG definiert als das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
64 
Gemessen an diesen Vorgaben spricht gegen eine Anwendbarkeit von § 88 TKG insbesondere schon die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger eine private E-Mail-Nutzung nie ausdrücklich gestattet hatte. Eine Erlaubnis privater Nutzung kann durch bloß passives Verhalten der das E-Mail-Postfach stellenden Behörde, also allein durch die Duldung privater Nutzung, nicht entstehen (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997, 1998>). Somit konnte das besondere Schutzbedürfnis, dem das Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen will, nicht auftreten.
65 
Selbst bei Annahme einer erlaubten privaten Nutzung steht zudem der Gesetzeszweck des Telekommunikationsgesetzes einer Heranziehung des § 88 TKG entgegen. § 1 TKG bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetz zur Förderung des privaten Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation handelt, dass also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Telekommunikationsanbietern sowie diejenigen zwischen den Telekommunikationsanbietern untereinander abgezielt wird. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen - etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - zu regeln (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1999>; a.A. insoweit allerdings etwa Naumann in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 37 Rn. 15; Seifert in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 32 Rn. 92 m.w.N.). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.
66 
e) Zu einer abweichenden Beurteilung gibt auch § 36 Abs. 1 LDSG keinen Anlass. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung innerdienstlicher planerischer, organisatorischer, personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung es vorsieht.
67 
Die Vorschrift ist auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten war. Als Mitglied der Regierung stand der Kläger nach Maßgabe des Ministergesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 1 MinG). Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV, § 1 Abs. 1 GO LReg). Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 LV, § 1 Abs. 4 GO LReg). Der Ministerpräsident bedient sich zur Führung seiner Geschäfte des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GO LReg). Dessen Leitung obliegt nach Weisung des Ministerpräsidenten dem beamteten Staatssekretär des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GO LReg). Ausgehend hiervon verbietet es sich, die Stellung eines Ministerpräsidenten als „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ zu kennzeichnen. Gegen die „Beschäftigten“-Eigenschaft des Klägers spricht zudem die Definition des entsprechenden Begriffes in § 3 Abs. 11 BDSG, die sich nicht auf ein Amt wie dasjenige des Ministerpräsidenten erstreckt.
68 
Im Übrigen dient § 36 Abs. 1 LDSG einer Verstärkung des Datenschutzes und kann hier nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus gegenüber den allgemein geltenden Bestimmungen (§ 15 LDSG) führen.
69 
f) Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bildet die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt haben, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten bezieht (vgl. den ablehnenden Teil des bei der Gerichtsakte befindlichen Bescheids des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 18.01.2013, der nach Angaben des Beklagten noch nicht bestandskräftig ist).
70 
Nach § 3 Abs. 1 LUIG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe weiterer Bestimmungen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Allerdings ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG).
71 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sperrt der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die Löschung der E-Mail-Postfachdaten nicht. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebührt der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststeht oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 LUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG enthalten. In Betracht kämen wohl allenfalls Daten „über Maßnahmen oder Tätigkeiten“, die sich auf Umweltbestandteile oder auf Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG; zur weiten Auslegung des Begriffes Umweltinformation siehe etwa Rudisile, VBlBW 2013, 46 <47> m.w.N.). Die Antragsteller beziehen sich auf den „Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art vor, während und nach Oktober 2010“, haben einen Zusammenhang zwischen den E-Mail-Postfachdaten und dem benannten Interessensgebiet aber nicht weiter nachvollziehbar substantiiert. Ein Fall der „Entziehung des Informationsanspruchs“ durch Datenlöschung (vgl. dazu Schomerus in Hk-UIG, 2. Aufl. 2002, § 3 Rn. 99) ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
72 
Dabei wird der von der Umweltinformationsrichtlinie gesetzte Rahmen (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 19) nicht verkannt. Danach sind die Ablehnungsgründe für einen Umweltinformationsanspruch eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/4/EG). In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 zur Umweltinformationsrichtlinie beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Auch unter Berücksichtigung dessen liegt hier aus den vorstehend genannten Gründen jedoch ein Ablehnungsgrund vor.
73 
g) Dem Löschungsanspruch steht schließlich dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten sind (dazu im Folgenden aa). Das Archivrecht führt allerdings zu einer Modifikation des Anspruchsumfangs (dazu im Folgenden bb).
74 
aa) Das Landesarchiv verwahrt, erhält und erschließt als Archivgut alle Unterlagen, die von den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, deren Funktionsvorgängern oder von Rechtsvorgängern des Landes übernommen worden sind und die bleibenden Wert haben; es macht das Archivgut allgemein nutzbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LArchG). Unterlagen sind insbesondere Schriftstücke, Akten, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG).
75 
Das Landesarchivgesetz enthält bereichsspezifische Regelungen zur Ergänzung des Datenschutzrechts; es dient dem Ausgleich des Aufgabenkonflikts von Datenschutz und Archivwesen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 12). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG bieten die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an. Anzubieten sind auch Unterlagen, die durch Rechtsvorschriften über Geheimhaltung geschützt sind, wenn die abgebende Stelle im Benehmen mit dem Landesarchiv festgestellt hat, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG). Die schutzwürdigen Belange einer Person werden angemessen berücksichtigt, wenn im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände festgestellt werden kann, dass das öffentliche Interesse an der Archivierung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen erheblich überwiegt (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 unter Hinweis auf Rspr. des BVerfG).
76 
Daraus ergibt sich zunächst, dass die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv keine Zwecksetzung ist, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen kann (vgl. Nieders. OVG, Urteil vom 17.09.2002 - 11 LB 123/02 - NdsVBl. 2003, 105 = juris Rn. 77: Archivierung ist Zweckentfremdung, die einer spezifisch archivgesetzlichen Regelung bedarf; VG Darmstadt, Urteil vom 15.10.2003 - 5 E 1395/97 - NJW 2004, 1471 = juris Rn. 33). § 23 Abs. 3 LDSG befasst sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindert weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen. Die Vorschrift regelt lediglich als Modalität, dass vor dem Löschen nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG das Angebot zur Übernahme an das zuständige Archiv erfolgen muss. Dies wird auch durch § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG verdeutlicht, wonach Löschungsansprüche gemäß § 13 Abs. 3 LDSG (nach jetziger Rechtslage § 23 Abs. 1 LDSG) nach Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv ausgeschlossen sind. Umgekehrt trifft der Ausschluss auf nicht dem Landesarchiv übergebene Unterlagen gerade nicht zu.
77 
bb) Der Löschungsanspruch des Klägers kann allerdings insoweit nicht durchgreifen, als es um ein Verwahren, Erhalten und Erschließen der Daten als Archivgut beim Landesarchiv Baden-Württemberg für die Aufgaben des staatlichen Archivwesens geht, das nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes vorgenommen wird und bei dem die schutzwürdigen Belange des Klägers durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Deshalb sind die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.
78 
Soweit der Kläger meint, es handele sich bei den streitgegenständlichen Daten um „Archivgut eines Privaten“, das nur mit seinem Einvernehmen dem Landesarchiv überantwortet werden könne, trifft dies nicht zu. Nach § 2 Abs. 3 LArchG kann das Landesarchiv auch Archivgut „anderer Stellen und Privater“ mit deren Einvernehmen erfassen, verwahren, erhalten, erschließen und allgemein nutzbar machen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Diese Bestimmung ist hier aber nicht anwendbar, denn es handelt sich bei den Daten um solche, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten (vgl. § 2 Abs. 1 LArchG). § 2 Abs. 3 LArchG meint Daten „aus privater Hand“ (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Landtags, LT-Drucks. 9/4575, S. 13; siehe hierzu ferner LT-Drucks. 9/3345, S. 14). Ob beziehungsweise inwieweit der Inhalt der Daten privater Natur sein mag und ob die Speicherung der Daten beim Staatsministerium (noch) zu Recht erfolgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
79 
Die Rechtslage sieht vor, dass vor einer Löschung die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren sind. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirken, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindert.
80 
Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht ist in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ auszugehen. Das Archivrecht enthält eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz.
81 
Zwar verhält sich das Landesarchivgesetz selbst nicht ausdrücklich zu der Frage, so dass aus diesem - isoliert betrachtet - nicht geschlossen werden kann, dass zu löschende oder zu vernichtende Unterlagen angeboten und archiviert werden dürfen (vgl. Uhl, Rechtsfragen der Aussonderung und Übernahme von Archivgut, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, 1991, S. 61 <91>; siehe hingegen für anbietungspflichtige Unterlagen § 3 Abs. 2 Satz 4 ArchG, wonach diese grundsätzlich nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden dürfen).
82 
Das genannte Vorrangverhältnis ergibt sich aber bereits aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Danach unterbleibt die Löschung zwar nicht - wie bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 23 Abs. 4 und 5 LDSG -, wenn das Landesarchiv Unterlagen nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes übernehmen will. Vor einer Löschung sind die Daten aber nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsieht - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergeben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden ist.
83 
Dieses Verständnis wird gestärkt durch einen Vergleich mit der Art, wie der Bundesgesetzgeber das Verhältnis des Archivrechts zum Datenschutzrecht in seinem Bereich geregelt hat. Es spricht viel dafür, dass das Landesdatenschutzgesetz in seiner Konzeption insoweit im Wesentlichen dem Bundesdatenschutzgesetz gleicht. Nach § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt, was - anders als in Baden-Württemberg, das eine solche Beschränkung nicht kennt - zunächst einen Vorrang von Löschungsvorschriften auch des allgemeinen Datenschutzrechts nahezulegen scheint. Das Bundesdatenschutzgesetz nimmt seine Löschungsverpflichtung im Verhältnis zum Archivrecht aber selbst zurück. Denn § 20 Abs. 9 BDSG lautet: „§ 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes ist anzuwenden.“ Nicht in Bezug genommen ist gerade § 2 Abs. 7 BArchG. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (BT-Drucks. 11/4306, S. 47) soll die Regelung ermöglichen, dass personenbezogene Daten, die zu löschen wären, dem Bundesarchiv angeboten werden und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 BArchG zukommt, zu übergeben sind. Es werde klargestellt, dass § 18 BDSG (jetzt § 20 BDSG; entspricht weitgehend § 23 LDSG) keine dem Bundesarchivgesetz vorgehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung von Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 7 BArchG sei. Auch die Literatur leitet hieraus einen Vorrang des Archivrechts ab (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 39; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 98; Uhl, a.a.O., S. 61 <88>; siehe ferner Bannasch in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 20 Rn. 38; nicht überzeugend dagegen Manegold, Archivrecht, S. 225, wonach die Rechtslage im Bund nicht eindeutig bzw. unklar sei). Deutlich wird dieses Verhältnis auch in dem anders formulierten, aber insoweit nicht abweichend zu verstehenden § 20 Abs. 3 Sächs. DSG. Danach darf eine Löschung, wenn die Kenntnis von personenbezogenen Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist, erst erfolgen, nachdem die Daten dem zuständigen Archiv angeboten worden sind und dieses die Archivwürdigkeit verneint hat oder über sie nicht fristgemäß entschieden hat.
84 
Es scheidet auch aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers - etwa wegen der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG - „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Hiergegen spricht, dass vor der Übernahme in das Archiv Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden können, wie etwa eine (Teil-) Anonymisierung (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 f.). Das Landesarchiv übernimmt nur Unterlagen, denen historischer Wert zukommt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LArchG). Ferner sind in § 4 LArchG Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht getroffen: Das Archivgut ist durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen (Satz 1). Die Verknüpfung personenbezogener Daten ist innerhalb der in § 6 genannten Sperrfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt sind (Satz 2). Unterlagen, denen kein bleibender Wert zukommt, sind zu vernichten (Satz 3). Ferner regelt § 6 Abs. 5 Satz 1 LArchG, dass für die Nutzung von Archivgut Sperrfristen gelten, und zwar auch für die Nutzung durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, wenn das Archivgut - wie hier - durch diese Stellen aufgrund von Rechtsvorschriften hätte vernichtet werden müssen. Die Nutzung von Archivgut kann schließlich aus den in § 6 Abs. 6 Satz 1 LArchG aufgezählten sowie anderen wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 LArchG) eingeschränkt oder versagt werden. Einzelheiten regelt die aufgrund von § 6 Abs. 6 Satz 4 LArchG erlassene Verordnung der Landesregierung über die Benutzung des Landesarchivs Baden-Württemberg (Landesarchivbenutzungsordnung - LArchBO) vom 10.04.2006 (GBl. S. 110 ff.). Danach ist etwa für die Nutzung von Archivgut grundsätzlich ein Nutzerausweis erforderlich, der schriftlich beantragt und bei jeder Nutzung vorgelegt werden muss (§ 2 Abs. 1, 3 LArchBO). Vor der Bestellung von Archivgut zur Einsichtnahme sind das Nutzungsvorhaben, die Daten eines etwaigen Auftraggebers sowie der Nutzungszweck anzugeben (§ 2 Abs. 6 LArchBO). Der Nutzer ist verpflichtet, Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte sowie schutzwürdige Belange Dritter zu beachten (§ 2 Abs. 7 LArchBO).
85 
Zweck der archivgesetzlichen Regelungen ist es gerade auch, die Abgabe solcher Unterlagen an das Archiv zu gewährleisten, die nach allgemeinen Datenschutzregelungen verweigert werden könnten oder gar müssten (vgl. Polley, NJW 1988, 2026 f.). Die archivgesetzlichen Normen beseitigen gewissermaßen die mit dem Datenschutzrecht begründeten Aufbewahrungshindernisse; Ablieferungssperren bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Richter, BWVPrax 1988, 25 <26>; ähnlich ders., Die Landesarchivgesetzgebung in Baden-Württemberg, in: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 229 <237 f.>). Das Archivgut soll grundsätzlich vollständig in die Staatsarchive gelangen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 15). Die Archivierung bildet ein „Löschungssurrogat“ (so Manegold, Archivrecht, S. 61 u. S. 218); das Archiv kann als „Datentreuhänder“ und unabhängiger „Sachwalter“ angesehen werden (vgl. Manegold, a.a.O., S. 64).
86 
Da der Kläger nach seinem Hauptantrag seinen Löschungsanspruch so verstanden wissen will, dass auch eine Archivierung der E-Mail-Postfachdaten beim Landesarchiv nicht soll stattfinden können, ist die Klage insoweit teilweise abzuweisen. Der Beklagte hat dem Kläger gegenüber rechtsfehlerfrei deutlich gemacht hat, dass er die streitgegenständlichen Daten gemäß den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zuführen will.
87 
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht.
88 
Zwar sind in den Archivgesetzen mancher anderer Länder - abweichend von der Rechtslage in Baden-Württemberg oder im Bundesrecht - unzulässig erhobene beziehungsweise unzulässig gespeicherte Daten ausdrücklich von der Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv und damit von der dauerhaften Archivierung ausgenommen (vgl. den Überblick bei Manegold, Archivrecht, S. 221 ff.). Der Interessenausgleich, namentlich zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einerseits und der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) andererseits, ist dort in anderer Weise vorgenommen worden. Von Verfassungs wegen geboten ist eine derartige strikte Ausnahmeklausel aber nicht, weil es daneben andere, im Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg auch hinreichend verankerte Möglichkeiten des Persönlichkeitsschutzes gibt.
89 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes - wie bereits angesprochen - dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1<41 f.>; vgl. BVerfGE 103, 21 <32 f.>). Dies umfasst nicht nur elektronisch speicherbare, sondern sämtliche personenbezogenen Daten (BVerfGE 78, 77 <84>). Dabei ist grundsätzlich gleichgültig, wo die Information gewonnen wurde oder welchen Inhalt sie hat; das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren - zu „verdinglichen“ - und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren, dabei auch zu verändern oder zu manipulieren (BVerfGE 101, 361 <381>; 106, 28 <40>). Träger des Grundrechts sind auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes „im Amt“. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Amts- oder funktionsbezogene Informationen - selbst richtige und nicht nur manipulierte - können für einen Politiker existenzvernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auch auf die Privatsphäre haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 = NJW 2004, 2462 m.w.N.). Die oben angeführten gesetzgeberischen Vorkehrungen im Landesarchivgesetz versprechen indes einen hinreichenden Schutz.
90 
Der Kläger ist insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angeht. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsieht, kann er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Ist die Übergabe an das Landesarchiv als erste Stufe des Archivierungsprozesses, die der Kläger hier bereits vorbeugend verhindern will, erfolgt, stehen ihm zudem auf einer zweiten Stufe aus dem Landesarchivgesetz folgende Rechte eigener Art zur Verfügung. Nach Maßgabe von § 5 LArchG hat er das Recht auf Auskunft, Einsicht und Gegendarstellung. Selbst nach dem Tod des Klägers steht dem Ehegatten, den Kindern oder den Eltern ein Gegendarstellungsrecht zu, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person bestritten wird und ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (vgl. zum postmortalen Persönlichkeitsschutz im Archivrecht auch Bizer, NVwZ 1993, 653 ff.).
91 
Weiter kommt dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute. Danach sind die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht „innerhalb eines Jahres“ über die Übernahme entschieden hat und wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Der genaue Beginn der Jahresfrist ist gesetzlich nicht weiter konkretisiert.
92 
In Frage käme einerseits der Zeitpunkt, in dem der Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und zugleich die Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv nach § 23 Abs. 3 LDSG entstehen. Da es aber Fälle - wie den vorliegenden - geben kann, in denen der Löschungsanspruch und die Anbietungspflicht unklar und umstritten sind, erscheint ein starrer Fristlauf beginnend bereits mit dem Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG nicht sachgerecht. Diesem Einwand ließe sich mit einer Hemmung des Fristlaufs (vgl. § 209 BGB; dort zur Wirkung bei der Verjährung) begegnen, solange die Anbietungspflicht bestritten und noch keine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangen ist. Es bestehen aber noch weitergehende Bedenken gegen eine Anknüpfung an den Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG ist nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck als Entscheidungsfrist für das Landesarchiv ausgestaltet. Das Landesarchiv kann frühestens mit der tatsächlichen Anbietung in die Prüfung eintreten, ob es Unterlagen übernehmen will. Daher kann die Jahresfrist erst mit der tatsächlichen Anbietung zu laufen beginnen.
93 
Mit dem Charakter als Entscheidungsfrist des Landesarchivs wäre es auch nicht vereinbar, die Jahresfrist unabhängig von der tatsächlichen Anbietung bereits dann beginnen zu lassen, wenn die Behörde von der Anbietungspflicht bezogen auf die konkreten Unterlagen Kenntnis erlangt oder die Anbietungspflicht hätte kennen müssen.
94 
Lässt man die Frist erst mit der tatsächlichen Anbietung beginnen, so gibt es zwar grundsätzlich keine oder nur eine schwache Handhabe gegen ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung. Dabei ist auch zu beachten, dass das Landesarchiv in Baden-Württemberg die Stellung einer Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat und nicht rechtlich verselbständigt ist (vgl. auch das Organisationsstatut vom 19.05.2006). Andererseits darf die Behörde mit den Unterlagen nichts Anderes unternehmen, als sie für das Anbieten gegenüber dem Archiv vorzuhalten. Jedenfalls bei einer völligen Abschottung der Daten vor jeglichem Zugriff - wie sie hier gewährleistet ist - erscheint dies hinnehmbar, zumal bei dem Beklagten keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung beziehungsweise für eine entsprechende Absicht ersichtlich sind. Die in § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG vorgesehene Jahresfrist ist daher derzeit noch nicht abgelaufen.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
96 
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG bisher obergerichtlich ungeklärt und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehend klärungsbedürftig ist.
97 
BESCHLUSS
98 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

1. Der Beklagte wird verpflichtet, die drei Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:

- ...,

- ...,

- ...,

sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu ¾, der Kläger zu ¼.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der bis Mai 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg war, begehrt die Löschung von kopierten Daten aus seinem ihm vom Staatsministerium zur Verfügung gestellten E-Mail-Postfach.
Bei den vom Staatsministerium für seinen E-Mail-Verkehr genutzten Produkten (beim Server „Microsoft Exchange“ und im Clientbereich „Microsoft Outlook“) ist systembedingt jede E-Mail-Adresse Bestandteil einer Datenbank. Dort werden die eingehenden E-Malls in dem Postfach der E-Mail-Adresse gespeichert. Startet der Anwender auf seinem (Client-) PC das Programm Outlook, findet eine Synchronisation zwischen dem Exchange-Server und dem Outlook-Client-PC statt. Die Daten des Postfaches werden dabei in eine OST-Datei kopiert. Diese OST-Datei liegt üblicherweise auf dem PC des Anwenders. Durch das Verschieben einer E-Mail in den Ordner „gelöschte Objekte“ auf dem Client-PC und dessen Leerung können die E-Mails im Postfach durch den Anwender gelöscht werden. Auf dem Server werden diese E-Mails dadurch zunächst nicht direkt physikalisch gelöscht, aber als gelöscht gekennzeichnet. Der Server ist so eingestellt, dass die als gelöscht gekennzeichneten E-Mails innerhalb von sieben Tagen nach dem Löschen durch den Anwender wiederhergestellt werden können. Danach werden sie automatisch auf den Servern des Staatsministeriums gelöscht. Daneben bleiben die auf einem Server im Staatsministerium gelöschten Daten noch 30 Tage in einem Ausfallrechenzentrum in Oberreichenbach gespeichert. Dies soll sicherstellen, dass die Postfachinhalte bei technischen Problemen beziehungsweise bei einer versehentlichen Löschung vorerst weiter verfügbar bleiben. Die Löschung der Daten im Ausfallrechenzentrum erfolgt automatisch mit Ablauf der 30-Tage-Frist. Anschließend ist eine im Postfach gelöschte E-Mail nur noch verfügbar, wenn sie zuvor durch den Anwender in einer sogenannten PST-Datei archiviert wurde. Eine elektronische Langzeit-Speicherung ist nicht vorgesehen.
Für den Kläger wurde mit einem von seinem Büroleiter „i. A.“ am 11.02.2010 unterschriebenen Antragsformular erklärt: „Hiermit beantrage ich, den Internetzugang auf meinem Arbeitsplatz-PC freizuschalten. Ich benötige den Zugang ausschließlich für dienstliche Zwecke. Mir ist bekannt, dass jede Verbindung zum Internet aus Sicherheitsgründen protokolliert wird und bei Bedarf ausgewertet werden kann. Die Sicherheitshinweise auf der Rückseite dieses Antrags habe ich zur Kenntnis genommen.“ In den Sicherheitshinweisen heißt es unter Nr. 1: „Der Internetzugang auf den Arbeitsplatz-PCs des Staatsministeriums wurde ausschließlich zu dienstlichen Zwecken eingerichtet. Die private Nutzung ist untersagt.“ Eine gesonderte Regelung für den Umgang mit E-Mails gab es im Staatsministerium nicht. Es lag auch keine ausdrückliche Gestattung der privaten IT-Nutzung (etwa durch eine Betriebsvereinbarung, arbeitsvertragliche Regelungen oder durch eine IT-Richtlinie) vor. Eine Kontrolle der Nutzung auf privaten Gebrauch fand nicht statt. Für die Aktenführung im Staatsministerium wird grundsätzlich die „Gemeinsame Anordnung der Ministerien über die Verwaltung des Schriftguts der Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes (AnO Schriftgut)“ vom 22.12.2005 angewandt.
Im Sommer/Herbst 2010 meldete das Büro des Klägers bei der EDV-Abteilung des Staatsministeriums technische Probleme mit dem elektronischen Terminkalender des „Outlook“-Postfachs. Bemängelt wurde das Verschwinden eingetragener Termine und Fristen ohne erkennbaren Grund. Zur Klärung der Probleme beauftragte der IT-Bereich des Staatsministeriums die Firma ... mit der Fehlersuche. Für die Koordinierung wurde zudem das Informatikzentrum des Landes (IZLBW) eingeschaltet. Die Arbeiten wurden nicht in der Datenverarbeitungsanlage, das heißt in dem Datensystem selbst, sondern in Kopien durchgeführt.
Im Oktober/November 2010 erstellte ein mit Administratorrechten ausgestatteter Mitarbeiter des IT-Bereichs eine Kopie des auf dem Server des Staatsministeriums liegenden und dem Kläger zugewiesenen Original-Postfachs. Nachdem die Überprüfung durch die Firma ... im Dezember 2010 abgeschlossen war und der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Daten weiter gespeichert. Die kopierten Postfach-Daten sollten nach Angaben des Beklagten vorgehalten werden, um sie bei einem erneuten Auftreten des Fehlers mit den neueren Postfach-Daten des Klägers oder fehlerbehafteten Postfach-Daten anderer Mitarbeiter vergleichen zu können.
Die beiden Original-E-Mail-Accounts des Klägers ([email protected] und [email protected]) wurden nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums gelöscht. Die endgültige Löschung im Ausfallrechenzentrum erfolgte durch das Überschreiben der Datenbank nach 30 Tagen.
Die kopierten Dateien waren zunächst auf einem Server im Staatsministerium gespeichert. Der Festplattenbereich war nur für den mit Administratorrechten ausgestatteten Mitarbeiter ... und für seinen Vertreter zugänglich und wurde seit Dezember 2010 mit einem Zeitstempel versehen. Mit einem solchen Zeitstempel wird jeder Zugriff auf die Daten dokumentiert. Bislang fand seitens des Staatsministeriums weder eine Sichtung noch eine sonstige Nutzung der Dateien statt. Der Zeitstempel steht unverändert auf Dezember 2010.
Im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die kopierten Dateien wieder aufmerksam. In einem Vermerk vom 23.08.2012 heißt es, man sei „auf eine versehentlich nicht gelöschte Arbeitskopie des Postfaches von MP a.D. ... gestoßen, die am 20.10.2010 aufgrund von technischen Störungen zur Überprüfung“ durch eine externe Firma angelegt worden sei. In einem weiteren Vermerk vom 05.09.2012 ist ausgeführt, dass die Daten in einer Arbeitsablage vorgefunden worden seien. Ein Mitarbeiter habe berichtet, dass es sich um Daten vom Oktober 2010 handele. Damals habe eine externe Firma untersucht, weshalb Termineinträge aus dem Postfach des Klägers sporadisch verschwunden seien. Zur Lösung des Problems sei seinerzeit den externen Dienstleistern eine Kopie des Postfachs zur Überprüfung auf einem separaten Plattenplatz zur Verfügung gestellt worden. Da die externen Dienstleister das Problem nicht hätten lösen können, habe man die Daten bis zum nächsten Vorfall erhalten wollen. Dieser Umstand sei „in Vergessenheit“ geraten.
Am 30.08.2012 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart die Amtsräume des Staatsministeriums. Dabei stellte sie die Kopien des E-Mail-Postfachs des Klägers mithilfe einer forensischen Software sicher. Hierüber unterrichtete die Staatsanwaltschaft die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10.09.2012. Sie teilte weiter mit, die „Outlookexportdateien“ seien vorläufig sichergestellt worden, da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht möglich gewesen sei. Die Dateien befänden sich auf einem Datenträger des Landeskriminalamts. In der Folgezeit wertete die Staatsanwaltschaft die Kopien des E-Mail-Postfachs für ihre Ermittlungen aus und übergab Daten später auch an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ (zur Weitergabe von Daten des Klägers aus einer Wohnungsdurchsuchung siehe auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.11.2012 - 4a VAs 3/12 - Justiz 2013, 181).
10 
Mit Anwaltsschreiben vom 12.09.2012 begehrte der Kläger vom Staatsministerium Auskunft, ob sich nach der Sicherstellung der Staatsanwaltschaft die Dateien beziehungsweise Kopien dieser Dateien noch im Besitz des Staatsministeriums befänden.
11 
Mit Schreiben vom 17.09.2012 teilte der Beklage dem Rechtsanwalt des Klägers daraufhin mit, dass im Staatsministerium Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des Klägers existierten. Diese seien im Herbst 2010 von der EDV-Abteilung anlässlich der vom Kläger gemeldeten Störungen des elektronischen Terminkalenders seines Outlook-Postfachs angelegt worden. Unter Einschaltung eines externen Unternehmens habe die Fehlfunktion des Terminkalenders geprüft werden sollen. Im Anschluss seien die Arbeitskopien „in Vergessenheit geraten“. Der Beklagte bat außerdem um eine Einwilligung des Klägers in die Sichtung der Kopien, um private von dienstlichen Dateien zu trennen.
12 
Hierauf bestätigte der Kläger dem Staatsministerium mit Anwaltsschreiben vom 19.09.2012, dass die Sichtung der Dateien seiner Einwilligung bedürfe. Diese werde jedoch nicht erteilt. Das Staatsministerium wurde aufgefordert, die Dateien unverzüglich zu löschen und dies bis zum 27.09.2012 zu bestätigen.
13 
Mit Schreiben vom 27.09.2012 lehnte es das Staatsministerium ab, die Dateien zu löschen. Mit Anwaltsschreiben vom 18.10.2012 ließ es ergänzend mitteilen, die Daten könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch dienstliche Unterlagen enthalten. Daher werde vorgeschlagen, gemeinsam eine Trennung von privaten und dienstlichen Daten vorzunehmen. Dies könne so gestaltet werden, dass die Rechtsanwälte im Beisein der Datenschutzbeauftragten des Staatsministeriums und eines gemeinsam ausgewählten Notars zum Zwecke der Dokumentation die gespeicherten Daten durchsähen und die einvernehmlich als privat eingestuften gelöscht würden. Es bestehe Bereitschaft, eine Verschwiegenheitserklärung über die privaten Mails abzugeben. Diesen Vorschlag ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2012 mit der Begründung ablehnen, dass sämtliche vom Staatsministerium gespeicherten Daten personenbezogen seien.
14 
Am 03.12.2012 verlagerte die Firma ... im Auftrag des Staatsministeriums die auf dem Server des Staatsministeriums liegenden Dateien in einen sogenannten „Datentresor“. Dieser „Tresor“ ist mit einem Passwort vor Zugriffen geschützt. Um diesen „Datentresor“ vor Verlust zu schützen, wurde er noch auf einen dem Staatsministerium zugewiesenen Serverbereich im Informatikzentrum des Landes Baden-Württemberg (IZLBW) kopiert. Zusätzlich wurden die Daten von der Firma ... auf einen externen Datenträger überspielt. Dieser Datenträger befindet sich in einem verschweißten Beutel in einem Tresor des Staatsministeriums. Das Passwort befindet sich in einem verschlossenen Umschlag in einem weiteren Tresor. Die auf dem Server im Staatsministerium befindlichen Kopien des Postfaches wurden sodann gelöscht. Bel diesen Maßnahmen wurde keine Einsicht in die Daten genommen.
15 
Der Kläger hat am 15.10.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.11.2012 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen hat, Klage auf Löschung der Dateien erhoben. Zur Begründung macht er geltend, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Daten:
16 
Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG seien personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich sei. In den E-Mails seien personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG enthalten, daher unterfielen sie dem Landesdatenschutzgesetz, dessen Aufgabe es ausweislich seines § 1 sei, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch die Verarbeitung und damit auch das Speichern (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 LDSG) seiner personenbezogenen Daten in seinem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werde. Nach § 15 Abs. 4 LDSG dürften Daten, die ausschließlich zum Zwecke der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert würden, nur für diesen Zweck und damit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. § 15 Abs. 4 LDSG beinhalte eine strikte, ausnahmslose Zweckbindung, weshalb auch § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG unanwendbar seien. Das Nutzen der Daten für andere Zwecke als den der Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage sei also unzulässig und verletze sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beziehungsweise das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. Demgemäß könnten die Daten auch nicht mehr erforderlich im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sein.
17 
Dies folge auch daraus, dass die E-Mail-Kommunikation dem Fernmeldegeheimnis und damit § 88 TKG unterliege. Der Beklagte sei ihm gegenüber „Diensteanbieter“ im Sinne des § 3 Nr. 6 TKG.
18 
§ 23 Abs. 3 LDSG, wonach vor einer Löschung die Daten dem Archiv zur Übernahme anzubieten seien, stehe seinem Begehren nicht entgegen. Die Daten seien seinem Persönlichkeitsbereich zuzuordnen und vollständig privat. Archivgut Privater könne das Landesarchiv nur mit deren Einvernehmen erfassen, und seine Zustimmung gebe er nicht. Jedenfalls sei die Archivierung nur unter der Prämisse einer Abschottung der Daten nach § 4 LArchG unter Wahrung der Sperrfristen gemäß § 6 Abs. 2 LArchG zulässig. Spätestens nach dem Anbieten gegenüber dem Landesarchiv habe der Beklagte die Daten zu löschen.
19 
Der Kläger beantragt zuletzt,
20 
den Beklagten zu verpflichten, drei Dateien mit „Arbeitskopien“ seines Outlook-Postfachs, nämlich die Dateien mit den Bezeichnungen:
21 
- ...,
- ...,
- ...,
22 
sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen,
23 
hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, die genannten Dateien sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind,
24 
weiter hilfsweise: den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Staatsministeriums vom 27.09.2012 (ohne Aktenzeichen) zu verpflichten, den Antrag auf Löschung personenbezogener Daten vom 19.09.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
25 
Der Beklagte beantragt,
26 
die Klage abzuweisen.
27 
Er ist der Ansicht, der Kläger habe keinen Löschungsanspruch. Die Speicherung der streitgegenständlichen Dateien sei zulässig. Sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung der dem Staatsministerium obliegenden Aufgaben erforderlich. Da der Kläger seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs. Vor der Internationalen Handelskammer in Paris sei ein Schiedsverfahren gegen die EdF anhängig, in dem das Land geltend mache, im Dezember 2010 einen Betrag von 834 Mio. EUR zu viel für die Anteile an der EnBW AG bezahlt zu haben. Da der Verlauf der Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der Anteile nach wie vor in weiten Teilen nicht geklärt sei, könnten die Sicherungskopien möglicherweise wichtige Hinweise liefern und die Position des Landes in diesem Verfahren entscheidend verbessern. Weiter sei das Land aus Gründen der Verjährung gezwungen, bis spätestens Ende Dezember 2013 mögliche Rechtsmittel gegenüber den am Kauf beteiligten Personen und Gesellschaften einzulegen. Für hier in Rede stehende Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB sei aber jeweils der Nachweis des subjektiven Tatbestandes - insbesondere die bewusste Inkaufnahme eines Vermögensschadens - notwendig. Die Staatsanwaltschaft lehne eine Akteneinsicht des Landes bislang unter Hinweis auf § 406e Abs. 2 StPO ab. Darüber hinaus liege dem Staatsministerium ein Akteneinsichtsgesuch der Herren ... und ... auf der Grundlage des Landesumweltinformationsgesetzes vor, das sich unter anderem auch auf die Sicherungskopien beziehe. Das Staatsministerium habe dieses Akteneinsichtsgesuch hinsichtlich der Kopien mit Verweis auf das laufende verwaltungsgerichtliche Verfahren abgelehnt. Seitens der Herren ... und ... sei dieser Ablehnung unter Hinweis auf das öffentliche Interesse an den Unterlagen widersprochen worden. Ein Klageverfahren sei absehbar. Weiter seien die Sicherungskopien auch bereits Gegenstand einer Landtagsanfrage (Drs. 15/2640) gegenüber dem Staatsministerium gewesen.
28 
Eine Unzulässigkeit der Datenverwendung ergebe sich nicht aus § 88 TKG. Weder sei er Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG noch der Kläger ein Dritter im Sinne des § 3 Nr. 10 TKG. Auch aus weiteren Gründen greife § 88 TKG nicht.
29 
Die Speicherung der streitgegenständlichen Postfach-Daten sei von § 15 LDSG gedeckt, auch wenn die Speicherung der Postfach-Daten zunächst wohl vornehmlich zu Zwecken der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage und der Datensicherung erfolgt sei. Der Zweck der Datensicherung im Sinne von § 15 Abs. 4 LDSG umfasse neben der Vermeidung von Datenverlusten, Datenverfälschungen und der Vermeidung eines unbefugten Datenzugangs auch die Korrektur von Fehlern und die Wiederherstellung verloren gegangener Datenbestände. Sowohl die jetzige Speicherung als auch eine spätere Durchsicht und Entnahme einzelner E-Mail-Nachrichten zur Vervollständigung der Sachakten halte sich damit im Rahmen der ursprünglich verfolgten Zwecksetzung. Durch die jetzige Speicherung sollten verloren gegangene, dienstlich relevante und zu den Sachakten gehörende Schriftstücke gesichert und wiederhergestellt werden.
30 
Daneben wolle § 15 Abs. 4 LDSG dem Wortlaut nach nur zweckändernde Maßnahmen und eine nachfolgende Datennutzung gegenüber Bediensteten ausschließen. Der Kläger sei aber gerade kein Bediensteter im datenschutzrechtlichen Sinne gewesen. Arbeits- oder dienstrechtliche Maßnahmen kämen gegenüber dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt in Betracht. Der Informationsgehalt der Postfach-Daten solle zwar im Rahmen der Sachakten genutzt werden; dies allein würde aber noch keine Nutzung speziell gegenüber dem Kläger darstellen.
31 
Die beabsichtigte Datenverwendung sei gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG gerechtfertigt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentationspflichten nicht nachgekommen sei. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von EnBW-Anteilen E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien.
32 
Zudem sei § 23 Abs. 3 LDSG zu beachten. Archivwürdige Daten unterlägen nicht der Löschungspflicht des § 23 LDSG. Dem Landesarchiv seien die Postfach-Daten zur Übernahme anzubieten. Durch § 23 Abs. 3 LDSG und §§ 3, 7 und 8 LArchG solle sichergestellt werden, dass dem Landesarchiv auch die dem Schutzbereich des Landesdatenschutzgesetzes unterfallenden Daten angeboten und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 LArchG zukämen, übergeben würden, um dort zu verbleiben.
33 
Mit Beschluss vom 04.03.2013 wurde der Beiladungsantrag der Antragsteller ... und von ... abgelehnt, die sich auf ihren beim Staatsministerium Baden-Württemberg gestellten Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen, auch betreffend die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten, berufen hatten.
34 
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die dem Gericht vorliegenden Akten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Über die Klage hat nach der hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts Stuttgart das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu entscheiden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
36 
Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem ersten Hilfsantrag dagegen begründet.
37 
Die Ablehnung der begehrten Datenlöschung seitens des beklagten Landes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf die Löschung, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
38 
1. Anspruchsgrundlage ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (die womöglich ebenfalls in Betracht kommende Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 LDSG hinge von den gleichen Rechtsfragen ab, vgl. zum Anwendungsbereich bei nachträglichem Unzulässigwerden einer Speicherung: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 39 mit Fußn. 73 sowie - betreffend die Parallelvorschrift § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X - Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 26). Danach sind personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat derjenige, um dessen personenbezogene Daten es geht, einen Anspruch auf Löschung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.03.2004 - 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = NVwZ 2004, 626; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 2 und 35; zu der Parallelnorm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - NZS 2011, 473). Unter Löschen ist dabei nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 LDSG das Unkenntlichmachen der gespeicherten personenbezogenen Daten zu verstehen. Kennzeichnend dafür ist, dass die Verfügungsmöglichkeit der speichernden Stelle irreversibel wegfällt (Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 28).
39 
2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind hier erfüllt. Die Kenntnis der Daten, deren Löschung der Kläger begehrt, ist für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen ist (§ 15 Abs. 4 LDSG).
40 
a) Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 3 Rn. 7; BAG, Beschluss vom 27.05.1986 - 1 ABR 48/84 - BAGE 52, 88 = NJW 1987, 674; Urteil vom 13.01.1987 - 1 AZR 267/85 - BAGE 54, 67 = NZA 1987, 515; jeweils für Telefondaten; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997> für Inhalts- und Verbindungsdaten beim E-Mail-Verkehr).
41 
b) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium, denn das Staatsministerium ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG zu dem Begriff der auch hier gemeinten „verantwortlichen Stelle“; zum Begriff des „Speicherns“ § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDSG).
42 
c) Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Kenntnis der Daten ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Beklagten - außerhalb von an dieser Stelle nicht relevanten archivrechtlichen Belangen - allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegensteht.
43 
Der Beklagte beruft sich - neben der Bezugnahme auf den Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 LDSG - auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG und ist der Ansicht, das weitere Speichern der E-Mail-Postfach-Daten sei zulässig, denn es müssten mit ihrer Hilfe Angaben des Klägers überprüft werden, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Möglicherweise sei der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentations- und Archivierungspflichten nicht nachgekommen. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem Unternehmen EnBW (vgl. dazu auch StGH, Urteil vom 06.10.2011 - GR 2/11, 2/11 - ESVGH 62, 9 = VBlBW 2012, 19) E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Insbesondere die den Ankauf der EnBW-Aktien betreffenden Daten seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den Sachakten fehlten. Im Zusammenhang mit diesem Vorbringen hat der Beklagte ein Konvolut mit E-Mail-Ausdrucken vorgelegt, die der Landtag von Baden-Württemberg dem Staatsministerium mit Schreiben vom 18.06.2012 übersandt hat. Es handelt sich um das Staatsministerium betreffende Korrespondenz (an das Staatsministerium gerichtet oder aus dem Staatsministerium gesendet), die die Bank ... an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ übergeben hat.
44 
Es kann jedoch offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt ist, denn diese Bestimmungen werden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. § 15 Abs. 4 LDSG steht der weiteren Datenspeicherung entgegen. Danach dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG sind § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG nach allgemeiner Auffassung unanwendbar, denn § 15 Abs. 4 LDSG ist die speziellere Regelung (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 106 m.w.N.; zur Parallelnorm des § 67c Abs. 4 SGB X etwa Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14).
45 
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, § 15 Abs. 4 LDSG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, weil der Kläger gar kein „Bediensteter“ (gewesen) sei, es sich aber allein um eine Schutzvorschrift für diese Personengruppe handele, kann dem nicht gefolgt werden. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“ bezieht sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibt von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Dies zeigt etwa ein Vergleich des § 15 Abs. 4 LDSG mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 4 BDSG, wo der Bestandteil „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten“ fehlt (vgl. auch Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 mit Fußn.218). § 15 Abs. 4 LDSG erlaubt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur entweder für diesen Zweck oder - daneben - für hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten.
46 
Der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG ist auch sonst erfüllt. Die E-Mail-Postfach-Daten stellen - in der im Herbst 2010 kopierten Form - personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden.
47 
Die E-Mail-Postfach-Daten wurden zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können (vgl. zur Anfertigung und Aufbewahrung von Kopien als womöglich „impliziter Nebenzweck“ eines anderen Hauptzweckes § 15 Abs. 3 Satz 1 LDSG sowie Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 47 f.; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 23 und 30 ff.).
48 
Dieser Zweck beinhaltet eine Speicherung ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
49 
Zwar ist der Zweck der Datenschutzkontrolle nicht gegeben. Unter Datenschutzkontrolle versteht man sowohl die externe Kontrolle durch den Landes- beziehungsweise Bundesdatenschutzbeauftragten, die interne Kontrolle durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder eine andere mit der Überwachung des Datenschutzes betraute Stelle als auch die im Rahmen der Dienstaufsicht über nachgeordnete Behörden wahrgenommene Datenschutzkontrolle. Gegenstand dessen ist etwa die Protokollierung von datenschutzrelevanten Vorgängen wie Datenabrufen oder -übermittlungen (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 108; ähnlich Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 38; Fromm in jurisPK-SGB X, 1. Aufl., § 67c Rn. 35; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8; Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14). Um derlei Daten geht es hier ersichtlich nicht.
50 
Es handelt sich aber um eine Kopie ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
51 
Der Begriff Datensicherung (vgl. dazu auch Art. 7 des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten; ebenso die Begrifflichkeit etwa in ähnlichem Kontext in § 37 Abs. 1 Nr. 2 AZRG, § 19 Abs. 2, § 31 BDSG, § 83 Abs. 2 SGB X, § 489 Abs. 7 Satz 2 StPO) umfasst die nach § 9 LDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ausführung des Landesdatenschutzgesetzes. Die Datensicherung wird davon insoweit erfasst, als sie sich auf vom Landesdatenschutzgesetz geschützte Daten bezieht und der Gewährleistung der Ausführung von Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dient, zum Beispiel Zugriffsprotokolle, Firewalls, Anti-Spam-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 109). Sicherungskopien können als Maßnahmen der Datensicherung angesehen werden (vgl. Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 28; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 39; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8).
52 
Bei der Speicherung zur „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage“ (ebenso die Begrifflichkeit etwa in § 9 Abs. 1 Satz 2 ATDG, § 9 Abs. 2 Satz 2 AZRG, § 106 Abs. 3 Satz 3 BBG, § 31 BDSG) geht es im Unterschied zu den ersten Fallgruppen (Kontrolle und Sicherheit) um die Gewährleistung des Betriebs als solchen. Der Begriff des Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage umfasst dabei neben den allgemeinen Systemfunktionen des DV-Systems auch deren organisatorische und technische Voraussetzungen - etwa in Form einer Rechenzentrumsorganisation einschließlich der Not- und Ausfallpläne - wie auch das einwandfreie Funktionieren der Anwendungsprogramme und der Kommunikations-/Netzsoftware. Die Zweckbindung bezieht sich allerdings nicht auf die Inhalte der einzelnen Anwendungsprogramme, sondern auf die zusätzlichen, nur DV-technisch bedingt gespeicherten Daten (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110). In Betracht kommen die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter im Bereich der DV-Technik, etwa die Angaben der Datenerfassung, der Systemverwaltung und der Wartung, ferner Dateien, in denen die Zugangs- und Verarbeitungsberechtigungen von Mitarbeitern oder externen Nutzern geführt werden sowie das systeminterne Handling der Nutzerdaten während der Bearbeitungsdauer (vgl. abermals Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110; ähnlich Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29).
53 
Ohne dass es hier einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage zur Datensicherung ankommt (nach Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14 gehört die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage zur „Datensicherung“), umfasst jedenfalls einer dieser beiden Tatbestände die vorliegende Kopie eines E-Mail-Postfachs. Teilweise werden Sicherungskopien der Datensicherung zugeordnet (siehe die Nachweise am Ende des Absatzes zum Begriff der Datensicherung), teilweise der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112). Nach Sinn und Zweck bezieht sich § 15 Abs. 4 LDSG gerade auch auf solche Daten.
54 
Daher scheidet eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus, weshalb auch der Löschungsanspruch des Klägers durchgreifen muss. Zwar soll bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 und 114). Dies kann aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen ist, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt wurde. Im vorliegenden Fall wurden die E-Mail-Postfach-Daten allein zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Darum geht es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten kam noch der Beklagte die Daten weiter benötigt, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können.
55 
Ausgehend davon, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG erfüllt ist, ist es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung ist insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke (also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage) zulässig (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 114; Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 31 Rn. 5 f.).
56 
Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setzte voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert werden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgehen. Daran fehlt es hier. Mit der Kopie wurden keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt; vielmehr erschöpfte sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten. Die Erzeugung neuer Daten ist aber kein zwingendes Merkmal für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 LDSG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung über eine strikte Zweckbindung ist es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13). Dem entspricht es, Sicherungskopien auch dann einer strikten Zweckbindung zu unterstellen, wenn es lediglich um die Vervielfältigung vorhandener Daten geht. Denn andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre.
57 
d) Die Schutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes kommen dem Kläger allerdings nicht zusätzlich zugute. Ein (weiteres) rechtliches Hindernis der Datennutzung, worauf sich das Löschungsbegehren des Klägers (außerdem) stützen ließe, ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz nicht.
58 
Der Kläger beruft sich auf die mit „Fernmeldegeheimnis“ überschriebene Bestimmung des § 88 TKG. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen dem Fernmeldegeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 TKG jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist (§ 88 Abs. 2 Satz 2 TKG). Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG ist es den nach § 88 Abs. 2 TKG Verpflichteten untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden (§ 88 Abs. 3 Satz 2 TKG). Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht (§ 88 Abs. 3 Satz 3 TKG).
59 
Der Schutzbereich des § 88 TKG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 88 TKG ist im Verhältnis zu den Datenschutzgesetzen eine spezielle Schutzvorschrift für personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs anfallen (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 10). § 88 TKG hat allerdings wie Art. 10 GG allein den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zum Ziel. § 88 TKG kann als einfachgesetzliche Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG bezeichnet werden (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 1). Ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG nicht eröffnet, so kann sich ein Betroffener auch nicht auf das für Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG geltende gesetzliche Verbot nach § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG berufen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - NJW 2009, 2470). So liegt der Fall hier.
60 
Das Bundesverfassungsgericht grenzt den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG in ständiger Rechtsprechung auf die Bewahrung des privaten, vor der Öffentlichkeit und den Eingriffen unbefugter Dritter unbehelligt ablaufenden Austauschs von Informationen während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ein. Der Grundrechtsschutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst demgegenüber nicht die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten, soweit dieser eigene Schutzvorkehrungen gegen den heimlichen Datenzugriff treffen kann. Die spezifischen Gefahren einer räumlich distanzierten Kommunikation, vor denen das Telekommunikationsgeheimnis schützen will, bestehen hier nicht fort (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, Urteile vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976 und vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 = NJW 2008, 822; siehe ferner BVerfG, 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 = NJW 2009, 2431; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - NZA-RR 2010, 406; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - DB 2011, 1281; LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012 - 14 Sa 1711/10 - DuD 2013, 50 = juris Rn. 175).
61 
Gemessen daran ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses des Art. 10 Abs. 1 GG hier hinsichtlich der streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten des Klägers nicht betroffen. Dies folgt daraus, dass es sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte handelt, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet hat. Vielmehr sind diese E-Mails erst nach dem Abschluss der Übertragung über den Empfänger der E-Mail in die Speichermedien des Beklagten gelangt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O.).
62 
Der danach allein durch andere Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistete Schutz der E-Mail-Postfachdaten wird nicht durch § 88 TKG, sondern durch das allgemeine Datenschutzrecht vermittelt.
63 
Daneben ist selbst bei unterstellter Eröffnung des Schutzbereichs des Fernmeldegeheimnisses der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - a.a.O. ; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - a.a.O. ; Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 24; Schöttler in jurisPR-ITR 4/2009 Anm. 2 m.w.N.; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 ff. m.w.N.). Nach § 3 Nr. 6 TKG ist „Diensteanbieter“ jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. „Telekommunikationsdienste“ sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. In § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG wird eine geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten vorausgesetzt. Das „geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ ist in § 3 Nr. 10 TKG definiert als das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
64 
Gemessen an diesen Vorgaben spricht gegen eine Anwendbarkeit von § 88 TKG insbesondere schon die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger eine private E-Mail-Nutzung nie ausdrücklich gestattet hatte. Eine Erlaubnis privater Nutzung kann durch bloß passives Verhalten der das E-Mail-Postfach stellenden Behörde, also allein durch die Duldung privater Nutzung, nicht entstehen (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997, 1998>). Somit konnte das besondere Schutzbedürfnis, dem das Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen will, nicht auftreten.
65 
Selbst bei Annahme einer erlaubten privaten Nutzung steht zudem der Gesetzeszweck des Telekommunikationsgesetzes einer Heranziehung des § 88 TKG entgegen. § 1 TKG bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetz zur Förderung des privaten Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation handelt, dass also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Telekommunikationsanbietern sowie diejenigen zwischen den Telekommunikationsanbietern untereinander abgezielt wird. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen - etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - zu regeln (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1999>; a.A. insoweit allerdings etwa Naumann in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 37 Rn. 15; Seifert in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 32 Rn. 92 m.w.N.). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.
66 
e) Zu einer abweichenden Beurteilung gibt auch § 36 Abs. 1 LDSG keinen Anlass. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung innerdienstlicher planerischer, organisatorischer, personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung es vorsieht.
67 
Die Vorschrift ist auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten war. Als Mitglied der Regierung stand der Kläger nach Maßgabe des Ministergesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 1 MinG). Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV, § 1 Abs. 1 GO LReg). Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 LV, § 1 Abs. 4 GO LReg). Der Ministerpräsident bedient sich zur Führung seiner Geschäfte des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GO LReg). Dessen Leitung obliegt nach Weisung des Ministerpräsidenten dem beamteten Staatssekretär des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GO LReg). Ausgehend hiervon verbietet es sich, die Stellung eines Ministerpräsidenten als „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ zu kennzeichnen. Gegen die „Beschäftigten“-Eigenschaft des Klägers spricht zudem die Definition des entsprechenden Begriffes in § 3 Abs. 11 BDSG, die sich nicht auf ein Amt wie dasjenige des Ministerpräsidenten erstreckt.
68 
Im Übrigen dient § 36 Abs. 1 LDSG einer Verstärkung des Datenschutzes und kann hier nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus gegenüber den allgemein geltenden Bestimmungen (§ 15 LDSG) führen.
69 
f) Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bildet die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt haben, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten bezieht (vgl. den ablehnenden Teil des bei der Gerichtsakte befindlichen Bescheids des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 18.01.2013, der nach Angaben des Beklagten noch nicht bestandskräftig ist).
70 
Nach § 3 Abs. 1 LUIG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe weiterer Bestimmungen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Allerdings ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG).
71 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sperrt der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die Löschung der E-Mail-Postfachdaten nicht. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebührt der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststeht oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 LUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG enthalten. In Betracht kämen wohl allenfalls Daten „über Maßnahmen oder Tätigkeiten“, die sich auf Umweltbestandteile oder auf Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG; zur weiten Auslegung des Begriffes Umweltinformation siehe etwa Rudisile, VBlBW 2013, 46 <47> m.w.N.). Die Antragsteller beziehen sich auf den „Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art vor, während und nach Oktober 2010“, haben einen Zusammenhang zwischen den E-Mail-Postfachdaten und dem benannten Interessensgebiet aber nicht weiter nachvollziehbar substantiiert. Ein Fall der „Entziehung des Informationsanspruchs“ durch Datenlöschung (vgl. dazu Schomerus in Hk-UIG, 2. Aufl. 2002, § 3 Rn. 99) ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
72 
Dabei wird der von der Umweltinformationsrichtlinie gesetzte Rahmen (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 19) nicht verkannt. Danach sind die Ablehnungsgründe für einen Umweltinformationsanspruch eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/4/EG). In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 zur Umweltinformationsrichtlinie beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Auch unter Berücksichtigung dessen liegt hier aus den vorstehend genannten Gründen jedoch ein Ablehnungsgrund vor.
73 
g) Dem Löschungsanspruch steht schließlich dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten sind (dazu im Folgenden aa). Das Archivrecht führt allerdings zu einer Modifikation des Anspruchsumfangs (dazu im Folgenden bb).
74 
aa) Das Landesarchiv verwahrt, erhält und erschließt als Archivgut alle Unterlagen, die von den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, deren Funktionsvorgängern oder von Rechtsvorgängern des Landes übernommen worden sind und die bleibenden Wert haben; es macht das Archivgut allgemein nutzbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LArchG). Unterlagen sind insbesondere Schriftstücke, Akten, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG).
75 
Das Landesarchivgesetz enthält bereichsspezifische Regelungen zur Ergänzung des Datenschutzrechts; es dient dem Ausgleich des Aufgabenkonflikts von Datenschutz und Archivwesen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 12). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG bieten die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an. Anzubieten sind auch Unterlagen, die durch Rechtsvorschriften über Geheimhaltung geschützt sind, wenn die abgebende Stelle im Benehmen mit dem Landesarchiv festgestellt hat, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG). Die schutzwürdigen Belange einer Person werden angemessen berücksichtigt, wenn im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände festgestellt werden kann, dass das öffentliche Interesse an der Archivierung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen erheblich überwiegt (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 unter Hinweis auf Rspr. des BVerfG).
76 
Daraus ergibt sich zunächst, dass die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv keine Zwecksetzung ist, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen kann (vgl. Nieders. OVG, Urteil vom 17.09.2002 - 11 LB 123/02 - NdsVBl. 2003, 105 = juris Rn. 77: Archivierung ist Zweckentfremdung, die einer spezifisch archivgesetzlichen Regelung bedarf; VG Darmstadt, Urteil vom 15.10.2003 - 5 E 1395/97 - NJW 2004, 1471 = juris Rn. 33). § 23 Abs. 3 LDSG befasst sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindert weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen. Die Vorschrift regelt lediglich als Modalität, dass vor dem Löschen nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG das Angebot zur Übernahme an das zuständige Archiv erfolgen muss. Dies wird auch durch § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG verdeutlicht, wonach Löschungsansprüche gemäß § 13 Abs. 3 LDSG (nach jetziger Rechtslage § 23 Abs. 1 LDSG) nach Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv ausgeschlossen sind. Umgekehrt trifft der Ausschluss auf nicht dem Landesarchiv übergebene Unterlagen gerade nicht zu.
77 
bb) Der Löschungsanspruch des Klägers kann allerdings insoweit nicht durchgreifen, als es um ein Verwahren, Erhalten und Erschließen der Daten als Archivgut beim Landesarchiv Baden-Württemberg für die Aufgaben des staatlichen Archivwesens geht, das nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes vorgenommen wird und bei dem die schutzwürdigen Belange des Klägers durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Deshalb sind die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.
78 
Soweit der Kläger meint, es handele sich bei den streitgegenständlichen Daten um „Archivgut eines Privaten“, das nur mit seinem Einvernehmen dem Landesarchiv überantwortet werden könne, trifft dies nicht zu. Nach § 2 Abs. 3 LArchG kann das Landesarchiv auch Archivgut „anderer Stellen und Privater“ mit deren Einvernehmen erfassen, verwahren, erhalten, erschließen und allgemein nutzbar machen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Diese Bestimmung ist hier aber nicht anwendbar, denn es handelt sich bei den Daten um solche, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten (vgl. § 2 Abs. 1 LArchG). § 2 Abs. 3 LArchG meint Daten „aus privater Hand“ (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Landtags, LT-Drucks. 9/4575, S. 13; siehe hierzu ferner LT-Drucks. 9/3345, S. 14). Ob beziehungsweise inwieweit der Inhalt der Daten privater Natur sein mag und ob die Speicherung der Daten beim Staatsministerium (noch) zu Recht erfolgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
79 
Die Rechtslage sieht vor, dass vor einer Löschung die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren sind. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirken, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindert.
80 
Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht ist in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ auszugehen. Das Archivrecht enthält eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz.
81 
Zwar verhält sich das Landesarchivgesetz selbst nicht ausdrücklich zu der Frage, so dass aus diesem - isoliert betrachtet - nicht geschlossen werden kann, dass zu löschende oder zu vernichtende Unterlagen angeboten und archiviert werden dürfen (vgl. Uhl, Rechtsfragen der Aussonderung und Übernahme von Archivgut, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, 1991, S. 61 <91>; siehe hingegen für anbietungspflichtige Unterlagen § 3 Abs. 2 Satz 4 ArchG, wonach diese grundsätzlich nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden dürfen).
82 
Das genannte Vorrangverhältnis ergibt sich aber bereits aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Danach unterbleibt die Löschung zwar nicht - wie bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 23 Abs. 4 und 5 LDSG -, wenn das Landesarchiv Unterlagen nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes übernehmen will. Vor einer Löschung sind die Daten aber nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsieht - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergeben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden ist.
83 
Dieses Verständnis wird gestärkt durch einen Vergleich mit der Art, wie der Bundesgesetzgeber das Verhältnis des Archivrechts zum Datenschutzrecht in seinem Bereich geregelt hat. Es spricht viel dafür, dass das Landesdatenschutzgesetz in seiner Konzeption insoweit im Wesentlichen dem Bundesdatenschutzgesetz gleicht. Nach § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt, was - anders als in Baden-Württemberg, das eine solche Beschränkung nicht kennt - zunächst einen Vorrang von Löschungsvorschriften auch des allgemeinen Datenschutzrechts nahezulegen scheint. Das Bundesdatenschutzgesetz nimmt seine Löschungsverpflichtung im Verhältnis zum Archivrecht aber selbst zurück. Denn § 20 Abs. 9 BDSG lautet: „§ 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes ist anzuwenden.“ Nicht in Bezug genommen ist gerade § 2 Abs. 7 BArchG. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (BT-Drucks. 11/4306, S. 47) soll die Regelung ermöglichen, dass personenbezogene Daten, die zu löschen wären, dem Bundesarchiv angeboten werden und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 BArchG zukommt, zu übergeben sind. Es werde klargestellt, dass § 18 BDSG (jetzt § 20 BDSG; entspricht weitgehend § 23 LDSG) keine dem Bundesarchivgesetz vorgehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung von Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 7 BArchG sei. Auch die Literatur leitet hieraus einen Vorrang des Archivrechts ab (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 39; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 98; Uhl, a.a.O., S. 61 <88>; siehe ferner Bannasch in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 20 Rn. 38; nicht überzeugend dagegen Manegold, Archivrecht, S. 225, wonach die Rechtslage im Bund nicht eindeutig bzw. unklar sei). Deutlich wird dieses Verhältnis auch in dem anders formulierten, aber insoweit nicht abweichend zu verstehenden § 20 Abs. 3 Sächs. DSG. Danach darf eine Löschung, wenn die Kenntnis von personenbezogenen Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist, erst erfolgen, nachdem die Daten dem zuständigen Archiv angeboten worden sind und dieses die Archivwürdigkeit verneint hat oder über sie nicht fristgemäß entschieden hat.
84 
Es scheidet auch aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers - etwa wegen der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG - „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Hiergegen spricht, dass vor der Übernahme in das Archiv Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden können, wie etwa eine (Teil-) Anonymisierung (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 f.). Das Landesarchiv übernimmt nur Unterlagen, denen historischer Wert zukommt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LArchG). Ferner sind in § 4 LArchG Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht getroffen: Das Archivgut ist durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen (Satz 1). Die Verknüpfung personenbezogener Daten ist innerhalb der in § 6 genannten Sperrfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt sind (Satz 2). Unterlagen, denen kein bleibender Wert zukommt, sind zu vernichten (Satz 3). Ferner regelt § 6 Abs. 5 Satz 1 LArchG, dass für die Nutzung von Archivgut Sperrfristen gelten, und zwar auch für die Nutzung durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, wenn das Archivgut - wie hier - durch diese Stellen aufgrund von Rechtsvorschriften hätte vernichtet werden müssen. Die Nutzung von Archivgut kann schließlich aus den in § 6 Abs. 6 Satz 1 LArchG aufgezählten sowie anderen wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 LArchG) eingeschränkt oder versagt werden. Einzelheiten regelt die aufgrund von § 6 Abs. 6 Satz 4 LArchG erlassene Verordnung der Landesregierung über die Benutzung des Landesarchivs Baden-Württemberg (Landesarchivbenutzungsordnung - LArchBO) vom 10.04.2006 (GBl. S. 110 ff.). Danach ist etwa für die Nutzung von Archivgut grundsätzlich ein Nutzerausweis erforderlich, der schriftlich beantragt und bei jeder Nutzung vorgelegt werden muss (§ 2 Abs. 1, 3 LArchBO). Vor der Bestellung von Archivgut zur Einsichtnahme sind das Nutzungsvorhaben, die Daten eines etwaigen Auftraggebers sowie der Nutzungszweck anzugeben (§ 2 Abs. 6 LArchBO). Der Nutzer ist verpflichtet, Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte sowie schutzwürdige Belange Dritter zu beachten (§ 2 Abs. 7 LArchBO).
85 
Zweck der archivgesetzlichen Regelungen ist es gerade auch, die Abgabe solcher Unterlagen an das Archiv zu gewährleisten, die nach allgemeinen Datenschutzregelungen verweigert werden könnten oder gar müssten (vgl. Polley, NJW 1988, 2026 f.). Die archivgesetzlichen Normen beseitigen gewissermaßen die mit dem Datenschutzrecht begründeten Aufbewahrungshindernisse; Ablieferungssperren bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Richter, BWVPrax 1988, 25 <26>; ähnlich ders., Die Landesarchivgesetzgebung in Baden-Württemberg, in: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 229 <237 f.>). Das Archivgut soll grundsätzlich vollständig in die Staatsarchive gelangen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 15). Die Archivierung bildet ein „Löschungssurrogat“ (so Manegold, Archivrecht, S. 61 u. S. 218); das Archiv kann als „Datentreuhänder“ und unabhängiger „Sachwalter“ angesehen werden (vgl. Manegold, a.a.O., S. 64).
86 
Da der Kläger nach seinem Hauptantrag seinen Löschungsanspruch so verstanden wissen will, dass auch eine Archivierung der E-Mail-Postfachdaten beim Landesarchiv nicht soll stattfinden können, ist die Klage insoweit teilweise abzuweisen. Der Beklagte hat dem Kläger gegenüber rechtsfehlerfrei deutlich gemacht hat, dass er die streitgegenständlichen Daten gemäß den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zuführen will.
87 
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht.
88 
Zwar sind in den Archivgesetzen mancher anderer Länder - abweichend von der Rechtslage in Baden-Württemberg oder im Bundesrecht - unzulässig erhobene beziehungsweise unzulässig gespeicherte Daten ausdrücklich von der Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv und damit von der dauerhaften Archivierung ausgenommen (vgl. den Überblick bei Manegold, Archivrecht, S. 221 ff.). Der Interessenausgleich, namentlich zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einerseits und der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) andererseits, ist dort in anderer Weise vorgenommen worden. Von Verfassungs wegen geboten ist eine derartige strikte Ausnahmeklausel aber nicht, weil es daneben andere, im Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg auch hinreichend verankerte Möglichkeiten des Persönlichkeitsschutzes gibt.
89 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes - wie bereits angesprochen - dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1<41 f.>; vgl. BVerfGE 103, 21 <32 f.>). Dies umfasst nicht nur elektronisch speicherbare, sondern sämtliche personenbezogenen Daten (BVerfGE 78, 77 <84>). Dabei ist grundsätzlich gleichgültig, wo die Information gewonnen wurde oder welchen Inhalt sie hat; das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren - zu „verdinglichen“ - und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren, dabei auch zu verändern oder zu manipulieren (BVerfGE 101, 361 <381>; 106, 28 <40>). Träger des Grundrechts sind auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes „im Amt“. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Amts- oder funktionsbezogene Informationen - selbst richtige und nicht nur manipulierte - können für einen Politiker existenzvernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auch auf die Privatsphäre haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 = NJW 2004, 2462 m.w.N.). Die oben angeführten gesetzgeberischen Vorkehrungen im Landesarchivgesetz versprechen indes einen hinreichenden Schutz.
90 
Der Kläger ist insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angeht. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsieht, kann er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Ist die Übergabe an das Landesarchiv als erste Stufe des Archivierungsprozesses, die der Kläger hier bereits vorbeugend verhindern will, erfolgt, stehen ihm zudem auf einer zweiten Stufe aus dem Landesarchivgesetz folgende Rechte eigener Art zur Verfügung. Nach Maßgabe von § 5 LArchG hat er das Recht auf Auskunft, Einsicht und Gegendarstellung. Selbst nach dem Tod des Klägers steht dem Ehegatten, den Kindern oder den Eltern ein Gegendarstellungsrecht zu, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person bestritten wird und ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (vgl. zum postmortalen Persönlichkeitsschutz im Archivrecht auch Bizer, NVwZ 1993, 653 ff.).
91 
Weiter kommt dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute. Danach sind die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht „innerhalb eines Jahres“ über die Übernahme entschieden hat und wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Der genaue Beginn der Jahresfrist ist gesetzlich nicht weiter konkretisiert.
92 
In Frage käme einerseits der Zeitpunkt, in dem der Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und zugleich die Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv nach § 23 Abs. 3 LDSG entstehen. Da es aber Fälle - wie den vorliegenden - geben kann, in denen der Löschungsanspruch und die Anbietungspflicht unklar und umstritten sind, erscheint ein starrer Fristlauf beginnend bereits mit dem Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG nicht sachgerecht. Diesem Einwand ließe sich mit einer Hemmung des Fristlaufs (vgl. § 209 BGB; dort zur Wirkung bei der Verjährung) begegnen, solange die Anbietungspflicht bestritten und noch keine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangen ist. Es bestehen aber noch weitergehende Bedenken gegen eine Anknüpfung an den Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG ist nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck als Entscheidungsfrist für das Landesarchiv ausgestaltet. Das Landesarchiv kann frühestens mit der tatsächlichen Anbietung in die Prüfung eintreten, ob es Unterlagen übernehmen will. Daher kann die Jahresfrist erst mit der tatsächlichen Anbietung zu laufen beginnen.
93 
Mit dem Charakter als Entscheidungsfrist des Landesarchivs wäre es auch nicht vereinbar, die Jahresfrist unabhängig von der tatsächlichen Anbietung bereits dann beginnen zu lassen, wenn die Behörde von der Anbietungspflicht bezogen auf die konkreten Unterlagen Kenntnis erlangt oder die Anbietungspflicht hätte kennen müssen.
94 
Lässt man die Frist erst mit der tatsächlichen Anbietung beginnen, so gibt es zwar grundsätzlich keine oder nur eine schwache Handhabe gegen ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung. Dabei ist auch zu beachten, dass das Landesarchiv in Baden-Württemberg die Stellung einer Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat und nicht rechtlich verselbständigt ist (vgl. auch das Organisationsstatut vom 19.05.2006). Andererseits darf die Behörde mit den Unterlagen nichts Anderes unternehmen, als sie für das Anbieten gegenüber dem Archiv vorzuhalten. Jedenfalls bei einer völligen Abschottung der Daten vor jeglichem Zugriff - wie sie hier gewährleistet ist - erscheint dies hinnehmbar, zumal bei dem Beklagten keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung beziehungsweise für eine entsprechende Absicht ersichtlich sind. Die in § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG vorgesehene Jahresfrist ist daher derzeit noch nicht abgelaufen.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
96 
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG bisher obergerichtlich ungeklärt und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehend klärungsbedürftig ist.
97 
BESCHLUSS
98 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
35 
Über die Klage hat nach der hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts Stuttgart das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu entscheiden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
36 
Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet, mit dem ersten Hilfsantrag dagegen begründet.
37 
Die Ablehnung der begehrten Datenlöschung seitens des beklagten Landes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf die Löschung, nachdem die Daten nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
38 
1. Anspruchsgrundlage ist § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG (die womöglich ebenfalls in Betracht kommende Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 LDSG hinge von den gleichen Rechtsfragen ab, vgl. zum Anwendungsbereich bei nachträglichem Unzulässigwerden einer Speicherung: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 39 mit Fußn. 73 sowie - betreffend die Parallelvorschrift § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X - Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 26). Danach sind personenbezogene Daten in Dateien zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG hat derjenige, um dessen personenbezogene Daten es geht, einen Anspruch auf Löschung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.03.2004 - 1 WB 32.03 - BVerwGE 120, 188 = NVwZ 2004, 626; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 2 und 35; zu der Parallelnorm des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB X: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - NZS 2011, 473). Unter Löschen ist dabei nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 LDSG das Unkenntlichmachen der gespeicherten personenbezogenen Daten zu verstehen. Kennzeichnend dafür ist, dass die Verfügungsmöglichkeit der speichernden Stelle irreversibel wegfällt (Bay. LSG, Urteil vom 31.03.2011 - L 15 SB 80/06 - juris Rn. 28).
39 
2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG sind hier erfüllt. Die Kenntnis der Daten, deren Löschung der Kläger begehrt, ist für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich, da die Daten ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden und der konkrete Sicherungszweck mittlerweile entfallen ist (§ 15 Abs. 4 LDSG).
40 
a) Es handelt sich dabei um personenbezogene Daten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Die E-Mail-Postfach-Daten des Klägers betreffen Einzelangaben über dessen sachliche Verhältnisse, nämlich dessen Kommunikation mit Dritten (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 3 Rn. 7; BAG, Beschluss vom 27.05.1986 - 1 ABR 48/84 - BAGE 52, 88 = NJW 1987, 674; Urteil vom 13.01.1987 - 1 AZR 267/85 - BAGE 54, 67 = NZA 1987, 515; jeweils für Telefondaten; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997> für Inhalts- und Verbindungsdaten beim E-Mail-Verkehr).
41 
b) Speichernde Stelle ist das Staatsministerium, denn das Staatsministerium ist die Stelle, die die E-Mail-Postfach-Daten für sich selbst verarbeitet beziehungsweise durch andere im Auftrag verarbeiten lässt (vgl. § 3 Abs. 3 LDSG zu dem Begriff der auch hier gemeinten „verantwortlichen Stelle“; zum Begriff des „Speicherns“ § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDSG).
42 
c) Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Kenntnis der Daten ergibt sich daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Beklagten - außerhalb von an dieser Stelle nicht relevanten archivrechtlichen Belangen - allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegensteht.
43 
Der Beklagte beruft sich - neben der Bezugnahme auf den Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 LDSG - auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG und ist der Ansicht, das weitere Speichern der E-Mail-Postfach-Daten sei zulässig, denn es müssten mit ihrer Hilfe Angaben des Klägers überprüft werden, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Möglicherweise sei der Kläger entgegen seinen Angaben seinen Dokumentations- und Archivierungspflichten nicht nachgekommen. Es stehe fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an dem Unternehmen EnBW (vgl. dazu auch StGH, Urteil vom 06.10.2011 - GR 2/11, 2/11 - ESVGH 62, 9 = VBlBW 2012, 19) E-Mails erhalten und versandt habe, die er nicht zu den Sachakten genommen habe. Aufgrund der wenigen im Staatsministerium noch vorhandenen Schriftstücke aus seiner Amtszeit bestünden zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auch sonstige das Regierungshandeln betreffende Schriftstücke nicht zu den Akten genommen worden seien. Insbesondere die den Ankauf der EnBW-Aktien betreffenden Daten seien für die Aufgabenerfüllung des Staatsministeriums erforderlich. Das Staatsministerium sei im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren verpflichtet zu prüfen, inwieweit die Postfach-Kopien Dokumente enthielten, die in den Sachakten fehlten. Im Zusammenhang mit diesem Vorbringen hat der Beklagte ein Konvolut mit E-Mail-Ausdrucken vorgelegt, die der Landtag von Baden-Württemberg dem Staatsministerium mit Schreiben vom 18.06.2012 übersandt hat. Es handelt sich um das Staatsministerium betreffende Korrespondenz (an das Staatsministerium gerichtet oder aus dem Staatsministerium gesendet), die die Bank ... an den Untersuchungsausschuss „Ankauf der EnBW-Anteile der Électricité de France (EdF) durch das Land Baden-Württemberg und seine Folgen (EnBW-Deal)“ übergeben hat.
44 
Es kann jedoch offen bleiben, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG, einer anderen Variante des § 15 Abs. 2 LDSG oder gar des § 15 Abs. 1 LDSG erfüllt ist, denn diese Bestimmungen werden von der Spezialvorschrift des § 15 Abs. 4 LDSG verdrängt. § 15 Abs. 4 LDSG steht der weiteren Datenspeicherung entgegen. Danach dürfen personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden. Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 4 LDSG sind § 15 Abs. 2 und Abs. 3 LDSG nach allgemeiner Auffassung unanwendbar, denn § 15 Abs. 4 LDSG ist die speziellere Regelung (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 106 m.w.N.; zur Parallelnorm des § 67c Abs. 4 SGB X etwa Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14).
45 
Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, § 15 Abs. 4 LDSG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, weil der Kläger gar kein „Bediensteter“ (gewesen) sei, es sich aber allein um eine Schutzvorschrift für diese Personengruppe handele, kann dem nicht gefolgt werden. Der Satzteil „gegenüber Bediensteten“ bezieht sich lediglich auf den voranstehenden, die strikte Zweckbindung relativierenden Inhalt „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen“. Die in § 15 Abs. 4 LDSG angelegte strikte Zweckbindung im Übrigen bleibt von dem Zusatz „gegenüber Bediensteten“ unberührt. Dies zeigt etwa ein Vergleich des § 15 Abs. 4 LDSG mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 4 BDSG, wo der Bestandteil „und hiermit in Zusammenhang stehende(n) Maßnahmen gegenüber Bediensteten“ fehlt (vgl. auch Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 mit Fußn.218). § 15 Abs. 4 LDSG erlaubt die Nutzung von personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert wurden, nur entweder für diesen Zweck oder - daneben - für hiermit in Zusammenhang stehende Maßnahmen gegenüber Bediensteten.
46 
Der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG ist auch sonst erfüllt. Die E-Mail-Postfach-Daten stellen - in der im Herbst 2010 kopierten Form - personenbezogene Daten dar, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden.
47 
Die E-Mail-Postfach-Daten wurden zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können (vgl. zur Anfertigung und Aufbewahrung von Kopien als womöglich „impliziter Nebenzweck“ eines anderen Hauptzweckes § 15 Abs. 3 Satz 1 LDSG sowie Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 47 f.; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 23 und 30 ff.).
48 
Dieser Zweck beinhaltet eine Speicherung ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
49 
Zwar ist der Zweck der Datenschutzkontrolle nicht gegeben. Unter Datenschutzkontrolle versteht man sowohl die externe Kontrolle durch den Landes- beziehungsweise Bundesdatenschutzbeauftragten, die interne Kontrolle durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder eine andere mit der Überwachung des Datenschutzes betraute Stelle als auch die im Rahmen der Dienstaufsicht über nachgeordnete Behörden wahrgenommene Datenschutzkontrolle. Gegenstand dessen ist etwa die Protokollierung von datenschutzrelevanten Vorgängen wie Datenabrufen oder -übermittlungen (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 108; ähnlich Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 38; Fromm in jurisPK-SGB X, 1. Aufl., § 67c Rn. 35; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8; Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14). Um derlei Daten geht es hier ersichtlich nicht.
50 
Es handelt sich aber um eine Kopie ausschließlich zum Zweck der Datensicherung beziehungsweise zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage.
51 
Der Begriff Datensicherung (vgl. dazu auch Art. 7 des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten; ebenso die Begrifflichkeit etwa in ähnlichem Kontext in § 37 Abs. 1 Nr. 2 AZRG, § 19 Abs. 2, § 31 BDSG, § 83 Abs. 2 SGB X, § 489 Abs. 7 Satz 2 StPO) umfasst die nach § 9 LDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Ausführung des Landesdatenschutzgesetzes. Die Datensicherung wird davon insoweit erfasst, als sie sich auf vom Landesdatenschutzgesetz geschützte Daten bezieht und der Gewährleistung der Ausführung von Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dient, zum Beispiel Zugriffsprotokolle, Firewalls, Anti-Spam-Systeme, Intrusion-Detection-Systeme (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 109). Sicherungskopien können als Maßnahmen der Datensicherung angesehen werden (vgl. Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 28; Dehoust in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 13 Rn. 39; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13; Seidel in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl., § 67c Rn. 8).
52 
Bei der Speicherung zur „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage“ (ebenso die Begrifflichkeit etwa in § 9 Abs. 1 Satz 2 ATDG, § 9 Abs. 2 Satz 2 AZRG, § 106 Abs. 3 Satz 3 BBG, § 31 BDSG) geht es im Unterschied zu den ersten Fallgruppen (Kontrolle und Sicherheit) um die Gewährleistung des Betriebs als solchen. Der Begriff des Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage umfasst dabei neben den allgemeinen Systemfunktionen des DV-Systems auch deren organisatorische und technische Voraussetzungen - etwa in Form einer Rechenzentrumsorganisation einschließlich der Not- und Ausfallpläne - wie auch das einwandfreie Funktionieren der Anwendungsprogramme und der Kommunikations-/Netzsoftware. Die Zweckbindung bezieht sich allerdings nicht auf die Inhalte der einzelnen Anwendungsprogramme, sondern auf die zusätzlichen, nur DV-technisch bedingt gespeicherten Daten (vgl. zum Ganzen Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110). In Betracht kommen die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter im Bereich der DV-Technik, etwa die Angaben der Datenerfassung, der Systemverwaltung und der Wartung, ferner Dateien, in denen die Zugangs- und Verarbeitungsberechtigungen von Mitarbeitern oder externen Nutzern geführt werden sowie das systeminterne Handling der Nutzerdaten während der Bearbeitungsdauer (vgl. abermals Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 110; ähnlich Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 14 Rn. 29).
53 
Ohne dass es hier einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage zur Datensicherung ankommt (nach Steinmeyer in Wannagat, SGB X, § 67c Rn. 14 gehört die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage zur „Datensicherung“), umfasst jedenfalls einer dieser beiden Tatbestände die vorliegende Kopie eines E-Mail-Postfachs. Teilweise werden Sicherungskopien der Datensicherung zugeordnet (siehe die Nachweise am Ende des Absatzes zum Begriff der Datensicherung), teilweise der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage (Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112). Nach Sinn und Zweck bezieht sich § 15 Abs. 4 LDSG gerade auch auf solche Daten.
54 
Daher scheidet eine weitere Speicherung für den von dem Beklagten nunmehr genannten Zweck aus, weshalb auch der Löschungsanspruch des Klägers durchgreifen muss. Zwar soll bei einer dem Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG unterfallenden Sicherungskopie die Wiedergewinnung eines gesicherten Datenbestandes zu den nach § 15 Abs. 4 LDSG erlaubten Zwecken gehören (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 112 und 114). Dies kann aber nur insoweit gelten, als es gerade zu dem konkreten Datenverlustereignis gekommen ist, für dessen Eintritt die Sicherungskopie erstellt wurde. Im vorliegenden Fall wurden die E-Mail-Postfach-Daten allein zu dem Zweck kopiert, die Kopie vorzuhalten, um einen möglichen Datenverlust im Rahmen der Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu vermeiden und außerdem um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können. Darum geht es bei der „Wiedergewinnung“ der in der Kopie enthaltenen Daten nun nicht mehr, da es weder bei den Arbeiten zur Behebung der vom Büro des Klägers gemeldeten Probleme zu Datenverlusten kam noch der Beklagte die Daten weiter benötigt, um technischen Problemen der vom Büro des Klägers gemeldeten Art mit dem Outlook-Kalendersystem wirksam entgegentreten zu können.
55 
Ausgehend davon, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 4 LDSG erfüllt ist, ist es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße des Klägers auszuwerten, denn eine Verwendung ist insoweit nur für datenschutzspezifische Zwecke (also etwa zur Aufdeckung der Verletzung von Datenschutzbestimmungen bei den Maßnahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage) zulässig (vgl. Dammann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 14 Rn. 114; Schola/Gomerus, BDSG, 11. Aufl., § 31 Rn. 5 f.).
56 
Zu einer Nichtanwendung der strikten Zweckbindung § 15 Abs. 4 LDSG könnte man nur dann kommen, wenn man annähme, § 15 Abs. 4 LDSG setzte voraus, dass zu den in der Bestimmung genannten Zwecken neue Daten generiert werden, die inhaltlich, das heißt nach ihrem geistigen Gehalt, über den schon zuvor vorhandenen Datenbestand hinausgehen. Daran fehlt es hier. Mit der Kopie wurden keine neuen inhaltlichen Informationen erzeugt; vielmehr erschöpfte sich der Vorgang in der reinen Vervielfältigung vorhandener Daten. Die Erzeugung neuer Daten ist aber kein zwingendes Merkmal für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 LDSG. Sinn und Zweck dieser Bestimmung über eine strikte Zweckbindung ist es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 67c Rn. 13). Dem entspricht es, Sicherungskopien auch dann einer strikten Zweckbindung zu unterstellen, wenn es lediglich um die Vervielfältigung vorhandener Daten geht. Denn andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre.
57 
d) Die Schutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes kommen dem Kläger allerdings nicht zusätzlich zugute. Ein (weiteres) rechtliches Hindernis der Datennutzung, worauf sich das Löschungsbegehren des Klägers (außerdem) stützen ließe, ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz nicht.
58 
Der Kläger beruft sich auf die mit „Fernmeldegeheimnis“ überschriebene Bestimmung des § 88 TKG. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen dem Fernmeldegeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 TKG jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist (§ 88 Abs. 2 Satz 2 TKG). Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG ist es den nach § 88 Abs. 2 TKG Verpflichteten untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden (§ 88 Abs. 3 Satz 2 TKG). Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht (§ 88 Abs. 3 Satz 3 TKG).
59 
Der Schutzbereich des § 88 TKG ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 88 TKG ist im Verhältnis zu den Datenschutzgesetzen eine spezielle Schutzvorschrift für personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs anfallen (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 10). § 88 TKG hat allerdings wie Art. 10 GG allein den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zum Ziel. § 88 TKG kann als einfachgesetzliche Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG bezeichnet werden (vgl. Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 1). Ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG nicht eröffnet, so kann sich ein Betroffener auch nicht auf das für Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG geltende gesetzliche Verbot nach § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG berufen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - NJW 2009, 2470). So liegt der Fall hier.
60 
Das Bundesverfassungsgericht grenzt den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG in ständiger Rechtsprechung auf die Bewahrung des privaten, vor der Öffentlichkeit und den Eingriffen unbefugter Dritter unbehelligt ablaufenden Austauschs von Informationen während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ein. Der Grundrechtsschutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst demgegenüber nicht die nach Abschluss des Kommunikationsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalte und Verbindungsdaten, soweit dieser eigene Schutzvorkehrungen gegen den heimlichen Datenzugriff treffen kann. Die spezifischen Gefahren einer räumlich distanzierten Kommunikation, vor denen das Telekommunikationsgeheimnis schützen will, bestehen hier nicht fort (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, Urteile vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04 - BVerfGE 115, 166 = NJW 2006, 976 und vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07 - BVerfGE 120, 274 = NJW 2008, 822; siehe ferner BVerfG, 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 = NJW 2009, 2431; LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - NZA-RR 2010, 406; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - DB 2011, 1281; LAG Hamm, Urteil vom 10.07.2012 - 14 Sa 1711/10 - DuD 2013, 50 = juris Rn. 175).
61 
Gemessen daran ist der Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses des Art. 10 Abs. 1 GG hier hinsichtlich der streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten des Klägers nicht betroffen. Dies folgt daraus, dass es sich bei den E-Mails nicht um Kommunikationsinhalte handelt, die der Beklagte während des Kommunikations- oder Übertragungsvorgangs ohne Wissen und Wollen der Kommunikationsteilnehmer datenmäßig erfasst und gespeichert beziehungsweise in anderer Weise verarbeitet hat. Vielmehr sind diese E-Mails erst nach dem Abschluss der Übertragung über den Empfänger der E-Mail in die Speichermedien des Beklagten gelangt (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19.05.2009 - 6 A 2672/08.Z - a.a.O.).
62 
Der danach allein durch andere Grundrechte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistete Schutz der E-Mail-Postfachdaten wird nicht durch § 88 TKG, sondern durch das allgemeine Datenschutzrecht vermittelt.
63 
Daneben ist selbst bei unterstellter Eröffnung des Schutzbereichs des Fernmeldegeheimnisses der Beklagte gegenüber dem Kläger kein Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010 - 12 Sa 875/09 - a.a.O. ; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 - 4 Sa 2132/10 - a.a.O. ; Bock in Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Aufl., § 88 Rn. 24; Schöttler in jurisPR-ITR 4/2009 Anm. 2 m.w.N.; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 ff. m.w.N.). Nach § 3 Nr. 6 TKG ist „Diensteanbieter“ jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. „Telekommunikationsdienste“ sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. In § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG wird eine geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten vorausgesetzt. Das „geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ ist in § 3 Nr. 10 TKG definiert als das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.
64 
Gemessen an diesen Vorgaben spricht gegen eine Anwendbarkeit von § 88 TKG insbesondere schon die Tatsache, dass der Beklagte dem Kläger eine private E-Mail-Nutzung nie ausdrücklich gestattet hatte. Eine Erlaubnis privater Nutzung kann durch bloß passives Verhalten der das E-Mail-Postfach stellenden Behörde, also allein durch die Duldung privater Nutzung, nicht entstehen (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1997, 1998>). Somit konnte das besondere Schutzbedürfnis, dem das Telekommunikationsgesetz Rechnung tragen will, nicht auftreten.
65 
Selbst bei Annahme einer erlaubten privaten Nutzung steht zudem der Gesetzeszweck des Telekommunikationsgesetzes einer Heranziehung des § 88 TKG entgegen. § 1 TKG bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein Gesetz zur Förderung des privaten Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation handelt, dass also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Telekommunikationsanbietern sowie diejenigen zwischen den Telekommunikationsanbietern untereinander abgezielt wird. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen - etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - zu regeln (vgl. Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995 <1999>; a.A. insoweit allerdings etwa Naumann in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 37 Rn. 15; Seifert in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 32 Rn. 92 m.w.N.). Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.
66 
e) Zu einer abweichenden Beurteilung gibt auch § 36 Abs. 1 LDSG keinen Anlass. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur verarbeitet werden, soweit dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung innerdienstlicher planerischer, organisatorischer, personeller, sozialer oder haushalts- und kostenrechnerischer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung es vorsieht.
67 
Die Vorschrift ist auf den Kläger bereits nicht anwendbar, weil er zu keiner Zeit in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ bei dem Beklagten eingetreten war. Als Mitglied der Regierung stand der Kläger nach Maßgabe des Ministergesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 1 MinG). Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LV, § 1 Abs. 1 GO LReg). Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 LV, § 1 Abs. 4 GO LReg). Der Ministerpräsident bedient sich zur Führung seiner Geschäfte des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GO LReg). Dessen Leitung obliegt nach Weisung des Ministerpräsidenten dem beamteten Staatssekretär des Staatsministeriums (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GO LReg). Ausgehend hiervon verbietet es sich, die Stellung eines Ministerpräsidenten als „Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ zu kennzeichnen. Gegen die „Beschäftigten“-Eigenschaft des Klägers spricht zudem die Definition des entsprechenden Begriffes in § 3 Abs. 11 BDSG, die sich nicht auf ein Amt wie dasjenige des Ministerpräsidenten erstreckt.
68 
Im Übrigen dient § 36 Abs. 1 LDSG einer Verstärkung des Datenschutzes und kann hier nicht zu einer Senkung des Schutzniveaus gegenüber den allgemein geltenden Bestimmungen (§ 15 LDSG) führen.
69 
f) Kein Hindernis für das Löschungsbegehren des Klägers bildet die Tatsache, dass zwei Personen beim Staatsministerium Baden-Württemberg einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt haben, der sich auch auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen E-Mail-Daten bezieht (vgl. den ablehnenden Teil des bei der Gerichtsakte befindlichen Bescheids des Staatsministeriums Baden-Württemberg vom 18.01.2013, der nach Angaben des Beklagten noch nicht bestandskräftig ist).
70 
Nach § 3 Abs. 1 LUIG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe weiterer Bestimmungen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Allerdings ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Abs. 1 LUIG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG).
71 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sperrt der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die Löschung der E-Mail-Postfachdaten nicht. Der in § 15 Abs. 4 LDSG verankerten strikten Zweckbindung gebührt der Vorrang vor dem im Landesumweltinformationsgesetz geschützten Erhaltungsinteresse an den Daten. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil noch nicht einmal feststeht oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die E-Mail-Postfachdaten überhaupt Umweltinformationen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 2 LUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG enthalten. In Betracht kämen wohl allenfalls Daten „über Maßnahmen oder Tätigkeiten“, die sich auf Umweltbestandteile oder auf Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG; zur weiten Auslegung des Begriffes Umweltinformation siehe etwa Rudisile, VBlBW 2013, 46 <47> m.w.N.). Die Antragsteller beziehen sich auf den „Komplex Baumfällungen für Stuttgart 21 im Oktober 2010 und damit zusammenhängende Vorgänge, Ereignisse, Aktionen und Maßnahmen aller Art vor, während und nach Oktober 2010“, haben einen Zusammenhang zwischen den E-Mail-Postfachdaten und dem benannten Interessensgebiet aber nicht weiter nachvollziehbar substantiiert. Ein Fall der „Entziehung des Informationsanspruchs“ durch Datenlöschung (vgl. dazu Schomerus in Hk-UIG, 2. Aufl. 2002, § 3 Rn. 99) ist unter diesen Umständen nicht gegeben.
72 
Dabei wird der von der Umweltinformationsrichtlinie gesetzte Rahmen (vgl. BT-Drucks. 15/3406, S. 19) nicht verkannt. Danach sind die Ablehnungsgründe für einen Umweltinformationsanspruch eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/4/EG). In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 RL 2003/4/EG). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 zur Umweltinformationsrichtlinie beinhaltet das Recht auf Information, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Auch unter Berücksichtigung dessen liegt hier aus den vorstehend genannten Gründen jedoch ein Ablehnungsgrund vor.
73 
g) Dem Löschungsanspruch steht schließlich dem Grunde nach auch nicht § 23 Abs. 3 LDSG entgegen, wonach vor einer Löschung die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten sind (dazu im Folgenden aa). Das Archivrecht führt allerdings zu einer Modifikation des Anspruchsumfangs (dazu im Folgenden bb).
74 
aa) Das Landesarchiv verwahrt, erhält und erschließt als Archivgut alle Unterlagen, die von den Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, deren Funktionsvorgängern oder von Rechtsvorgängern des Landes übernommen worden sind und die bleibenden Wert haben; es macht das Archivgut allgemein nutzbar (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LArchG). Unterlagen sind insbesondere Schriftstücke, Akten, Karteien, Karten, Pläne, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie sonstige Informationsträger und maschinenlesbar auf diesen gespeicherte Informationen und Programme (§ 2 Abs. 2 Satz 1 LArchG).
75 
Das Landesarchivgesetz enthält bereichsspezifische Regelungen zur Ergänzung des Datenschutzrechts; es dient dem Ausgleich des Aufgabenkonflikts von Datenschutz und Archivwesen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 12). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LArchG bieten die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an. Anzubieten sind auch Unterlagen, die durch Rechtsvorschriften über Geheimhaltung geschützt sind, wenn die abgebende Stelle im Benehmen mit dem Landesarchiv festgestellt hat, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen durch geeignete Maßnahmen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls angemessen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG). Die schutzwürdigen Belange einer Person werden angemessen berücksichtigt, wenn im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände festgestellt werden kann, dass das öffentliche Interesse an der Archivierung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen erheblich überwiegt (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 unter Hinweis auf Rspr. des BVerfG).
76 
Daraus ergibt sich zunächst, dass die Absicht zum Anbieten der Daten gegenüber dem Landesarchiv keine Zwecksetzung ist, die die Kenntnis der Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 LDSG „erforderlich“ machen kann (vgl. Nieders. OVG, Urteil vom 17.09.2002 - 11 LB 123/02 - NdsVBl. 2003, 105 = juris Rn. 77: Archivierung ist Zweckentfremdung, die einer spezifisch archivgesetzlichen Regelung bedarf; VG Darmstadt, Urteil vom 15.10.2003 - 5 E 1395/97 - NJW 2004, 1471 = juris Rn. 33). § 23 Abs. 3 LDSG befasst sich gerade mit nicht mehr benötigten, an sich löschungsreifen Daten und hindert weder behördliche Löschungsvorhaben noch Löschungsansprüche von Betroffenen. Die Vorschrift regelt lediglich als Modalität, dass vor dem Löschen nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG das Angebot zur Übernahme an das zuständige Archiv erfolgen muss. Dies wird auch durch § 5 Abs. 3 Satz 2 LArchG verdeutlicht, wonach Löschungsansprüche gemäß § 13 Abs. 3 LDSG (nach jetziger Rechtslage § 23 Abs. 1 LDSG) nach Übergabe von Unterlagen an das Landesarchiv ausgeschlossen sind. Umgekehrt trifft der Ausschluss auf nicht dem Landesarchiv übergebene Unterlagen gerade nicht zu.
77 
bb) Der Löschungsanspruch des Klägers kann allerdings insoweit nicht durchgreifen, als es um ein Verwahren, Erhalten und Erschließen der Daten als Archivgut beim Landesarchiv Baden-Württemberg für die Aufgaben des staatlichen Archivwesens geht, das nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes vorgenommen wird und bei dem die schutzwürdigen Belange des Klägers durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Deshalb sind die streitgegenständlichen Dateien erst zu löschen, nachdem sie nach Maßgabe des § 3 LArchG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind.
78 
Soweit der Kläger meint, es handele sich bei den streitgegenständlichen Daten um „Archivgut eines Privaten“, das nur mit seinem Einvernehmen dem Landesarchiv überantwortet werden könne, trifft dies nicht zu. Nach § 2 Abs. 3 LArchG kann das Landesarchiv auch Archivgut „anderer Stellen und Privater“ mit deren Einvernehmen erfassen, verwahren, erhalten, erschließen und allgemein nutzbar machen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht. Diese Bestimmung ist hier aber nicht anwendbar, denn es handelt sich bei den Daten um solche, die vom Staatsministerium und damit von einer Behörde übernommen werden könnten (vgl. § 2 Abs. 1 LArchG). § 2 Abs. 3 LArchG meint Daten „aus privater Hand“ (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Landtags, LT-Drucks. 9/4575, S. 13; siehe hierzu ferner LT-Drucks. 9/3345, S. 14). Ob beziehungsweise inwieweit der Inhalt der Daten privater Natur sein mag und ob die Speicherung der Daten beim Staatsministerium (noch) zu Recht erfolgt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
79 
Die Rechtslage sieht vor, dass vor einer Löschung die streitgegenständlichen E-Mail-Postfachdaten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes (LArchG) zur Übernahme anzubieten und somit nach Maßgabe des Archivrechts auch zu archivieren sind. Weder § 15 Abs. 4 LDSG noch sonstige Bestimmungen des einfachen wie auch des Verfassungsrechts bewirken, dass der dem Grunde nach gegebene Löschungsanspruch des Klägers auch eine Archivierung der Daten hindert.
80 
Im Verhältnis zwischen Archivrecht und allgemeinem Datenschutzrecht ist in Baden-Württemberg von einem „Vorrang des Archivrechts“ auszugehen. Das Archivrecht enthält eigene, ausreichende Vorkehrungen zum Datenschutz.
81 
Zwar verhält sich das Landesarchivgesetz selbst nicht ausdrücklich zu der Frage, so dass aus diesem - isoliert betrachtet - nicht geschlossen werden kann, dass zu löschende oder zu vernichtende Unterlagen angeboten und archiviert werden dürfen (vgl. Uhl, Rechtsfragen der Aussonderung und Übernahme von Archivgut, in: Archivgesetzgebung in Deutschland, 1991, S. 61 <91>; siehe hingegen für anbietungspflichtige Unterlagen § 3 Abs. 2 Satz 4 ArchG, wonach diese grundsätzlich nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden dürfen).
82 
Das genannte Vorrangverhältnis ergibt sich aber bereits aus Wortlaut und Systematik von § 23 LDSG. Danach unterbleibt die Löschung zwar nicht - wie bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 23 Abs. 4 und 5 LDSG -, wenn das Landesarchiv Unterlagen nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes übernehmen will. Vor einer Löschung sind die Daten aber nach § 23 Abs. 3 LDSG - ohne dass das Landesdatenschutzgesetz irgendeine Einschränkung dieser Verpflichtung vorsieht - dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 LArchG zur Übernahme anzubieten. Grenzen für den archivrechtlichen Umgang mit Unterlagen, die datenschutzrechtlich „an sich“ zu löschen wären, ergeben sich somit ausschließlich aus dem Landesarchivgesetz, das allerdings in einer verfassungskonformen, insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener Rechnung tragenden Weise auszulegen und anzuwenden ist.
83 
Dieses Verständnis wird gestärkt durch einen Vergleich mit der Art, wie der Bundesgesetzgeber das Verhältnis des Archivrechts zum Datenschutzrecht in seinem Bereich geregelt hat. Es spricht viel dafür, dass das Landesdatenschutzgesetz in seiner Konzeption insoweit im Wesentlichen dem Bundesdatenschutzgesetz gleicht. Nach § 2 Abs. 7 BArchG bleiben Rechtsvorschriften über die Verpflichtung zur Vernichtung von Unterlagen unberührt, was - anders als in Baden-Württemberg, das eine solche Beschränkung nicht kennt - zunächst einen Vorrang von Löschungsvorschriften auch des allgemeinen Datenschutzrechts nahezulegen scheint. Das Bundesdatenschutzgesetz nimmt seine Löschungsverpflichtung im Verhältnis zum Archivrecht aber selbst zurück. Denn § 20 Abs. 9 BDSG lautet: „§ 2 Abs. 1 bis 6, 8 und 9 des Bundesarchivgesetzes ist anzuwenden.“ Nicht in Bezug genommen ist gerade § 2 Abs. 7 BArchG. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (BT-Drucks. 11/4306, S. 47) soll die Regelung ermöglichen, dass personenbezogene Daten, die zu löschen wären, dem Bundesarchiv angeboten werden und, sofern ihnen bleibender Wert im Sinne von § 3 BArchG zukommt, zu übergeben sind. Es werde klargestellt, dass § 18 BDSG (jetzt § 20 BDSG; entspricht weitgehend § 23 LDSG) keine dem Bundesarchivgesetz vorgehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung von Unterlagen im Sinne des § 2 Abs. 7 BArchG sei. Auch die Literatur leitet hieraus einen Vorrang des Archivrechts ab (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 20 Rn. 39; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl., § 20 Rn. 98; Uhl, a.a.O., S. 61 <88>; siehe ferner Bannasch in Giesen/Bannasch/Naumann/Mauersberger/Dehoust, Sächs. DSG, 1. Aufl., § 20 Rn. 38; nicht überzeugend dagegen Manegold, Archivrecht, S. 225, wonach die Rechtslage im Bund nicht eindeutig bzw. unklar sei). Deutlich wird dieses Verhältnis auch in dem anders formulierten, aber insoweit nicht abweichend zu verstehenden § 20 Abs. 3 Sächs. DSG. Danach darf eine Löschung, wenn die Kenntnis von personenbezogenen Daten für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist, erst erfolgen, nachdem die Daten dem zuständigen Archiv angeboten worden sind und dieses die Archivwürdigkeit verneint hat oder über sie nicht fristgemäß entschieden hat.
84 
Es scheidet auch aus, dass es von vornherein im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 3 LArchG schutzwürdige Belange des Klägers - etwa wegen der strikten Zweckbindung des § 15 Abs. 4 LDSG - „nicht angemessen berücksichtigen würde“, wenn der Beklagte dem Landesarchiv Daten aus dem kopierten E-Mail-Postfach des Klägers auch nur anbieten würde. Hiergegen spricht, dass vor der Übernahme in das Archiv Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte durchgeführt beziehungsweise festgelegt werden können, wie etwa eine (Teil-) Anonymisierung (vgl. LT-Drucks. 9/3345, S. 15 f.). Das Landesarchiv übernimmt nur Unterlagen, denen historischer Wert zukommt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LArchG). Ferner sind in § 4 LArchG Schutzvorkehrungen für das Persönlichkeitsrecht getroffen: Das Archivgut ist durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen (Satz 1). Die Verknüpfung personenbezogener Daten ist innerhalb der in § 6 genannten Sperrfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt sind (Satz 2). Unterlagen, denen kein bleibender Wert zukommt, sind zu vernichten (Satz 3). Ferner regelt § 6 Abs. 5 Satz 1 LArchG, dass für die Nutzung von Archivgut Sperrfristen gelten, und zwar auch für die Nutzung durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, wenn das Archivgut - wie hier - durch diese Stellen aufgrund von Rechtsvorschriften hätte vernichtet werden müssen. Die Nutzung von Archivgut kann schließlich aus den in § 6 Abs. 6 Satz 1 LArchG aufgezählten sowie anderen wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 LArchG) eingeschränkt oder versagt werden. Einzelheiten regelt die aufgrund von § 6 Abs. 6 Satz 4 LArchG erlassene Verordnung der Landesregierung über die Benutzung des Landesarchivs Baden-Württemberg (Landesarchivbenutzungsordnung - LArchBO) vom 10.04.2006 (GBl. S. 110 ff.). Danach ist etwa für die Nutzung von Archivgut grundsätzlich ein Nutzerausweis erforderlich, der schriftlich beantragt und bei jeder Nutzung vorgelegt werden muss (§ 2 Abs. 1, 3 LArchBO). Vor der Bestellung von Archivgut zur Einsichtnahme sind das Nutzungsvorhaben, die Daten eines etwaigen Auftraggebers sowie der Nutzungszweck anzugeben (§ 2 Abs. 6 LArchBO). Der Nutzer ist verpflichtet, Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte sowie schutzwürdige Belange Dritter zu beachten (§ 2 Abs. 7 LArchBO).
85 
Zweck der archivgesetzlichen Regelungen ist es gerade auch, die Abgabe solcher Unterlagen an das Archiv zu gewährleisten, die nach allgemeinen Datenschutzregelungen verweigert werden könnten oder gar müssten (vgl. Polley, NJW 1988, 2026 f.). Die archivgesetzlichen Normen beseitigen gewissermaßen die mit dem Datenschutzrecht begründeten Aufbewahrungshindernisse; Ablieferungssperren bestehen grundsätzlich nicht (vgl. Richter, BWVPrax 1988, 25 <26>; ähnlich ders., Die Landesarchivgesetzgebung in Baden-Württemberg, in: Bannasch, Archivrecht in Baden-Württemberg, 1990, S. 229 <237 f.>). Das Archivgut soll grundsätzlich vollständig in die Staatsarchive gelangen (vgl. Gesetzentwurf der LReg., LT-Drucks. 9/3345, S. 15). Die Archivierung bildet ein „Löschungssurrogat“ (so Manegold, Archivrecht, S. 61 u. S. 218); das Archiv kann als „Datentreuhänder“ und unabhängiger „Sachwalter“ angesehen werden (vgl. Manegold, a.a.O., S. 64).
86 
Da der Kläger nach seinem Hauptantrag seinen Löschungsanspruch so verstanden wissen will, dass auch eine Archivierung der E-Mail-Postfachdaten beim Landesarchiv nicht soll stattfinden können, ist die Klage insoweit teilweise abzuweisen. Der Beklagte hat dem Kläger gegenüber rechtsfehlerfrei deutlich gemacht hat, dass er die streitgegenständlichen Daten gemäß den Bestimmungen des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zuführen will.
87 
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nicht.
88 
Zwar sind in den Archivgesetzen mancher anderer Länder - abweichend von der Rechtslage in Baden-Württemberg oder im Bundesrecht - unzulässig erhobene beziehungsweise unzulässig gespeicherte Daten ausdrücklich von der Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv und damit von der dauerhaften Archivierung ausgenommen (vgl. den Überblick bei Manegold, Archivrecht, S. 221 ff.). Der Interessenausgleich, namentlich zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einerseits und der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) andererseits, ist dort in anderer Weise vorgenommen worden. Von Verfassungs wegen geboten ist eine derartige strikte Ausnahmeklausel aber nicht, weil es daneben andere, im Landesarchivgesetz von Baden-Württemberg auch hinreichend verankerte Möglichkeiten des Persönlichkeitsschutzes gibt.
89 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat bei der Heranziehung des Landesarchivgesetzes - wie bereits angesprochen - dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1<41 f.>; vgl. BVerfGE 103, 21 <32 f.>). Dies umfasst nicht nur elektronisch speicherbare, sondern sämtliche personenbezogenen Daten (BVerfGE 78, 77 <84>). Dabei ist grundsätzlich gleichgültig, wo die Information gewonnen wurde oder welchen Inhalt sie hat; das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abzulösen, datenmäßig zu fixieren - zu „verdinglichen“ - und jederzeit vor einem unüberschaubaren Personenkreis zu reproduzieren, dabei auch zu verändern oder zu manipulieren (BVerfGE 101, 361 <381>; 106, 28 <40>). Träger des Grundrechts sind auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes „im Amt“. Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz. Amts- oder funktionsbezogene Informationen - selbst richtige und nicht nur manipulierte - können für einen Politiker existenzvernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auch auf die Privatsphäre haben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 = NJW 2004, 2462 m.w.N.). Die oben angeführten gesetzgeberischen Vorkehrungen im Landesarchivgesetz versprechen indes einen hinreichenden Schutz.
90 
Der Kläger ist insbesondere nicht rechtsschutzlos, was den Umgang des Landesarchivs mit übergebenen Unterlagen angeht. Etwaige Verstöße gegen Bestimmungen, die das Landesarchivgesetz zu seinem Schutz vorsieht, kann er im Verwaltungsrechtsweg abwehren. Ist die Übergabe an das Landesarchiv als erste Stufe des Archivierungsprozesses, die der Kläger hier bereits vorbeugend verhindern will, erfolgt, stehen ihm zudem auf einer zweiten Stufe aus dem Landesarchivgesetz folgende Rechte eigener Art zur Verfügung. Nach Maßgabe von § 5 LArchG hat er das Recht auf Auskunft, Einsicht und Gegendarstellung. Selbst nach dem Tod des Klägers steht dem Ehegatten, den Kindern oder den Eltern ein Gegendarstellungsrecht zu, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person bestritten wird und ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (vgl. zum postmortalen Persönlichkeitsschutz im Archivrecht auch Bizer, NVwZ 1993, 653 ff.).
91 
Weiter kommt dem Kläger der Schutz des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG zugute. Danach sind die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht „innerhalb eines Jahres“ über die Übernahme entschieden hat und wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Der genaue Beginn der Jahresfrist ist gesetzlich nicht weiter konkretisiert.
92 
In Frage käme einerseits der Zeitpunkt, in dem der Löschungsanspruch nach § 23 Abs. 1 LDSG und zugleich die Anbietungspflicht gegenüber dem Archiv nach § 23 Abs. 3 LDSG entstehen. Da es aber Fälle - wie den vorliegenden - geben kann, in denen der Löschungsanspruch und die Anbietungspflicht unklar und umstritten sind, erscheint ein starrer Fristlauf beginnend bereits mit dem Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG nicht sachgerecht. Diesem Einwand ließe sich mit einer Hemmung des Fristlaufs (vgl. § 209 BGB; dort zur Wirkung bei der Verjährung) begegnen, solange die Anbietungspflicht bestritten und noch keine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung hierzu ergangen ist. Es bestehen aber noch weitergehende Bedenken gegen eine Anknüpfung an den Eintritt der Voraussetzungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 LDSG. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG ist nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck als Entscheidungsfrist für das Landesarchiv ausgestaltet. Das Landesarchiv kann frühestens mit der tatsächlichen Anbietung in die Prüfung eintreten, ob es Unterlagen übernehmen will. Daher kann die Jahresfrist erst mit der tatsächlichen Anbietung zu laufen beginnen.
93 
Mit dem Charakter als Entscheidungsfrist des Landesarchivs wäre es auch nicht vereinbar, die Jahresfrist unabhängig von der tatsächlichen Anbietung bereits dann beginnen zu lassen, wenn die Behörde von der Anbietungspflicht bezogen auf die konkreten Unterlagen Kenntnis erlangt oder die Anbietungspflicht hätte kennen müssen.
94 
Lässt man die Frist erst mit der tatsächlichen Anbietung beginnen, so gibt es zwar grundsätzlich keine oder nur eine schwache Handhabe gegen ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung. Dabei ist auch zu beachten, dass das Landesarchiv in Baden-Württemberg die Stellung einer Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat und nicht rechtlich verselbständigt ist (vgl. auch das Organisationsstatut vom 19.05.2006). Andererseits darf die Behörde mit den Unterlagen nichts Anderes unternehmen, als sie für das Anbieten gegenüber dem Archiv vorzuhalten. Jedenfalls bei einer völligen Abschottung der Daten vor jeglichem Zugriff - wie sie hier gewährleistet ist - erscheint dies hinnehmbar, zumal bei dem Beklagten keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Hinauszögern der Anbietung beziehungsweise für eine entsprechende Absicht ersichtlich sind. Die in § 3 Abs. 2 Satz 3 LArchG vorgesehene Jahresfrist ist daher derzeit noch nicht abgelaufen.
95 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
96 
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Reichweite des § 15 Abs. 4 LDSG bisher obergerichtlich ungeklärt und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehend klärungsbedürftig ist.
97 
BESCHLUSS
98 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
99 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Für Streitigkeiten zwischen einer natürlichen oder einer juristischen Person und einer Aufsichtsbehörde des Bundes oder eines Landes über Rechte gemäß Artikel 78 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU)2016/679sowie § 61 ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Satz 1 gilt nicht für Bußgeldverfahren.

(2) Die Verwaltungsgerichtsordnung ist nach Maßgabe der Absätze 3 bis 7 anzuwenden.

(3) Für Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.

(4) In Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist die Aufsichtsbehörde beteiligungsfähig.

(5) Beteiligte eines Verfahrens nach Absatz 1 Satz 1 sind

1.
die natürliche oder juristische Person als Klägerin oder Antragstellerin und
2.
die Aufsichtsbehörde als Beklagte oder Antragsgegnerin.
§ 63 Nummer 3 und 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(6) Ein Vorverfahren findet nicht statt.

(7) Die Aufsichtsbehörde darf gegenüber einer Behörde oder deren Rechtsträger nicht die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung anordnen.

(1) Ist eine Löschung im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung personenbezogener Daten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(3) Ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, wenn einer Löschung satzungsgemäße oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung von Sozialdaten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die Sozialdaten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Wird die Richtigkeit von Sozialdaten von der betroffenen Person bestritten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellen, gilt ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, dass dies keine Einschränkung der Verarbeitung bewirkt, soweit es um die Erfüllung sozialer Aufgaben geht; die ungeklärte Sachlage ist in geeigneter Weise festzuhalten. Die bestrittenen Daten dürfen nur mit einem Hinweis hierauf verarbeitet werden.

(3) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(4) Sind Sozialdaten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig, gilt ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 Absatz 1 entsprechend, wenn einer Löschung satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(5) Das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegenüber einer öffentlichen Stelle besteht nicht, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung von Sozialdaten verpflichtet.

(6) § 71 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(1) Für Streitigkeiten zwischen einer natürlichen oder einer juristischen Person und einer Aufsichtsbehörde des Bundes oder eines Landes über Rechte gemäß Artikel 78 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU)2016/679sowie § 61 ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Satz 1 gilt nicht für Bußgeldverfahren.

(2) Die Verwaltungsgerichtsordnung ist nach Maßgabe der Absätze 3 bis 7 anzuwenden.

(3) Für Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.

(4) In Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist die Aufsichtsbehörde beteiligungsfähig.

(5) Beteiligte eines Verfahrens nach Absatz 1 Satz 1 sind

1.
die natürliche oder juristische Person als Klägerin oder Antragstellerin und
2.
die Aufsichtsbehörde als Beklagte oder Antragsgegnerin.
§ 63 Nummer 3 und 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(6) Ein Vorverfahren findet nicht statt.

(7) Die Aufsichtsbehörde darf gegenüber einer Behörde oder deren Rechtsträger nicht die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung anordnen.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Für Streitigkeiten zwischen einer natürlichen oder einer juristischen Person und einer Aufsichtsbehörde des Bundes oder eines Landes über Rechte gemäß Artikel 78 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU)2016/679sowie § 61 ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Satz 1 gilt nicht für Bußgeldverfahren.

(2) Die Verwaltungsgerichtsordnung ist nach Maßgabe der Absätze 3 bis 7 anzuwenden.

(3) Für Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.

(4) In Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist die Aufsichtsbehörde beteiligungsfähig.

(5) Beteiligte eines Verfahrens nach Absatz 1 Satz 1 sind

1.
die natürliche oder juristische Person als Klägerin oder Antragstellerin und
2.
die Aufsichtsbehörde als Beklagte oder Antragsgegnerin.
§ 63 Nummer 3 und 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(6) Ein Vorverfahren findet nicht statt.

(7) Die Aufsichtsbehörde darf gegenüber einer Behörde oder deren Rechtsträger nicht die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung anordnen.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Für Streitigkeiten zwischen einer natürlichen oder einer juristischen Person und einer Aufsichtsbehörde des Bundes oder eines Landes über Rechte gemäß Artikel 78 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU)2016/679sowie § 61 ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Satz 1 gilt nicht für Bußgeldverfahren.

(2) Die Verwaltungsgerichtsordnung ist nach Maßgabe der Absätze 3 bis 7 anzuwenden.

(3) Für Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.

(4) In Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist die Aufsichtsbehörde beteiligungsfähig.

(5) Beteiligte eines Verfahrens nach Absatz 1 Satz 1 sind

1.
die natürliche oder juristische Person als Klägerin oder Antragstellerin und
2.
die Aufsichtsbehörde als Beklagte oder Antragsgegnerin.
§ 63 Nummer 3 und 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(6) Ein Vorverfahren findet nicht statt.

(7) Die Aufsichtsbehörde darf gegenüber einer Behörde oder deren Rechtsträger nicht die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung anordnen.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für die Zwecke geändert oder genutzt werden, für die sie gespeichert worden sind.

(2) Die nach Absatz 1 gespeicherten Daten dürfen von demselben Verantwortlichen für andere Zwecke nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn

1.
die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind,
2.
es zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erforderlich ist und die Voraussetzungen des § 75 Absatz 1, 2 oder 4a Satz 1 vorliegen.

(3) Eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten ist zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Verantwortlichen oder für die Wahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit eines informationstechnischen Systems durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erforderlich ist. Das gilt auch für die Veränderung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

(4) Sozialdaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verändert, genutzt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

(5) Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erhobene oder gespeicherte Sozialdaten dürfen von den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen nur für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich oder der Planung im Sozialleistungsbereich verändert oder genutzt werden. Die Sozialdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Planungszweck dies erfordert.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Die Verwendung eines Wahrscheinlichkeitswerts über ein bestimmtes zukünftiges Verhalten einer natürlichen Person zum Zweck der Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit dieser Person (Scoring) ist nur zulässig, wenn

1.
die Vorschriften des Datenschutzrechts eingehalten wurden,
2.
die zur Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts genutzten Daten unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen Verfahrens nachweisbar für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit des bestimmten Verhaltens erheblich sind,
3.
für die Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts nicht ausschließlich Anschriftendaten genutzt wurden und
4.
im Fall der Nutzung von Anschriftendaten die betroffene Person vor Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts über die vorgesehene Nutzung dieser Daten unterrichtet worden ist; die Unterrichtung ist zu dokumentieren.

(2) Die Verwendung eines von Auskunfteien ermittelten Wahrscheinlichkeitswerts über die Zahlungsfähig- und Zahlungswilligkeit einer natürlichen Person ist im Fall der Einbeziehung von Informationen über Forderungen nur zulässig, soweit die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen und nur solche Forderungen über eine geschuldete Leistung, die trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, berücksichtigt werden,

1.
die durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden sind oder für die ein Schuldtitel nach § 794 der Zivilprozessordnung vorliegt,
2.
die nach § 178 der Insolvenzordnung festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind,
3.
die der Schuldner ausdrücklich anerkannt hat,
4.
bei denen
a)
der Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist,
b)
die erste Mahnung mindestens vier Wochen zurückliegt,
c)
der Schuldner zuvor, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung, über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist und
d)
der Schuldner die Forderung nicht bestritten hat oder
5.
deren zugrunde liegendes Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann und bei denen der Schuldner zuvor über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist.
Die Zulässigkeit der Verarbeitung, einschließlich der Ermittlung von Wahrscheinlichkeitswerten, von anderen bonitätsrelevanten Daten nach allgemeinem Datenschutzrecht bleibt unberührt.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Die Verwendung eines Wahrscheinlichkeitswerts über ein bestimmtes zukünftiges Verhalten einer natürlichen Person zum Zweck der Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit dieser Person (Scoring) ist nur zulässig, wenn

1.
die Vorschriften des Datenschutzrechts eingehalten wurden,
2.
die zur Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts genutzten Daten unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen Verfahrens nachweisbar für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit des bestimmten Verhaltens erheblich sind,
3.
für die Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts nicht ausschließlich Anschriftendaten genutzt wurden und
4.
im Fall der Nutzung von Anschriftendaten die betroffene Person vor Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts über die vorgesehene Nutzung dieser Daten unterrichtet worden ist; die Unterrichtung ist zu dokumentieren.

(2) Die Verwendung eines von Auskunfteien ermittelten Wahrscheinlichkeitswerts über die Zahlungsfähig- und Zahlungswilligkeit einer natürlichen Person ist im Fall der Einbeziehung von Informationen über Forderungen nur zulässig, soweit die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen und nur solche Forderungen über eine geschuldete Leistung, die trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, berücksichtigt werden,

1.
die durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden sind oder für die ein Schuldtitel nach § 794 der Zivilprozessordnung vorliegt,
2.
die nach § 178 der Insolvenzordnung festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind,
3.
die der Schuldner ausdrücklich anerkannt hat,
4.
bei denen
a)
der Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist,
b)
die erste Mahnung mindestens vier Wochen zurückliegt,
c)
der Schuldner zuvor, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung, über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist und
d)
der Schuldner die Forderung nicht bestritten hat oder
5.
deren zugrunde liegendes Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann und bei denen der Schuldner zuvor über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist.
Die Zulässigkeit der Verarbeitung, einschließlich der Ermittlung von Wahrscheinlichkeitswerten, von anderen bonitätsrelevanten Daten nach allgemeinem Datenschutzrecht bleibt unberührt.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Die Verwendung eines Wahrscheinlichkeitswerts über ein bestimmtes zukünftiges Verhalten einer natürlichen Person zum Zweck der Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit dieser Person (Scoring) ist nur zulässig, wenn

1.
die Vorschriften des Datenschutzrechts eingehalten wurden,
2.
die zur Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts genutzten Daten unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen Verfahrens nachweisbar für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit des bestimmten Verhaltens erheblich sind,
3.
für die Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts nicht ausschließlich Anschriftendaten genutzt wurden und
4.
im Fall der Nutzung von Anschriftendaten die betroffene Person vor Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts über die vorgesehene Nutzung dieser Daten unterrichtet worden ist; die Unterrichtung ist zu dokumentieren.

(2) Die Verwendung eines von Auskunfteien ermittelten Wahrscheinlichkeitswerts über die Zahlungsfähig- und Zahlungswilligkeit einer natürlichen Person ist im Fall der Einbeziehung von Informationen über Forderungen nur zulässig, soweit die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen und nur solche Forderungen über eine geschuldete Leistung, die trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, berücksichtigt werden,

1.
die durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden sind oder für die ein Schuldtitel nach § 794 der Zivilprozessordnung vorliegt,
2.
die nach § 178 der Insolvenzordnung festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind,
3.
die der Schuldner ausdrücklich anerkannt hat,
4.
bei denen
a)
der Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist,
b)
die erste Mahnung mindestens vier Wochen zurückliegt,
c)
der Schuldner zuvor, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung, über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist und
d)
der Schuldner die Forderung nicht bestritten hat oder
5.
deren zugrunde liegendes Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann und bei denen der Schuldner zuvor über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist.
Die Zulässigkeit der Verarbeitung, einschließlich der Ermittlung von Wahrscheinlichkeitswerten, von anderen bonitätsrelevanten Daten nach allgemeinem Datenschutzrecht bleibt unberührt.

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch

1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt.
Für nichtöffentliche Stellen gilt dieses Gesetz für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, es sei denn, die Verarbeitung durch natürliche Personen erfolgt zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.

(2) Andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz gehen den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regeln sie einen Sachverhalt, für den dieses Gesetz gilt, nicht oder nicht abschließend, finden die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet werden.

(4) Dieses Gesetz findet Anwendung auf öffentliche Stellen. Auf nichtöffentliche Stellen findet es Anwendung, sofern

1.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter personenbezogene Daten im Inland verarbeitet,
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters erfolgt oder
3.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter zwar keine Niederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, er aber in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung fällt.
Sofern dieses Gesetz nicht gemäß Satz 2 Anwendung findet, gelten für den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter nur die §§ 8 bis 21, 39 bis 44.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt.

(6) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(7) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) stehen die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands assoziierten Staaten den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(8) Für Verarbeitungen personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen im Rahmen von nicht in die Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie (EU) 2016/680 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und die Teile 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechend Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch

1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt.
Für nichtöffentliche Stellen gilt dieses Gesetz für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, es sei denn, die Verarbeitung durch natürliche Personen erfolgt zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.

(2) Andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz gehen den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regeln sie einen Sachverhalt, für den dieses Gesetz gilt, nicht oder nicht abschließend, finden die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet werden.

(4) Dieses Gesetz findet Anwendung auf öffentliche Stellen. Auf nichtöffentliche Stellen findet es Anwendung, sofern

1.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter personenbezogene Daten im Inland verarbeitet,
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters erfolgt oder
3.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter zwar keine Niederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, er aber in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung fällt.
Sofern dieses Gesetz nicht gemäß Satz 2 Anwendung findet, gelten für den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter nur die §§ 8 bis 21, 39 bis 44.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt.

(6) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(7) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) stehen die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands assoziierten Staaten den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(8) Für Verarbeitungen personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen im Rahmen von nicht in die Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie (EU) 2016/680 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und die Teile 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechend Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(1) Sobald die Staatsanwaltschaft durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält, hat sie zu ihrer Entschließung darüber, ob die öffentliche Klage zu erheben ist, den Sachverhalt zu erforschen.

(2) Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln und für die Erhebung der Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen ist.

(3) Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sollen sich auch auf die Umstände erstrecken, die für die Bestimmung der Rechtsfolgen der Tat von Bedeutung sind. Dazu kann sie sich der Gerichtshilfe bedienen.

(4) Eine Maßnahme ist unzulässig, soweit besondere bundesgesetzliche oder entsprechende landesgesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen.

(1) Zu dem in § 160 Abs. 1 bis 3 bezeichneten Zweck ist die Staatsanwaltschaft befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen und Ermittlungen jeder Art entweder selbst vorzunehmen oder durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen zu lassen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln. Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes sind verpflichtet, dem Ersuchen oder Auftrag der Staatsanwaltschaft zu genügen, und in diesem Falle befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen.

(2) Soweit in diesem Gesetz die Löschung personenbezogener Daten ausdrücklich angeordnet wird, ist § 58 Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes nicht anzuwenden.

(3) Ist eine Maßnahme nach diesem Gesetz nur bei Verdacht bestimmter Straftaten zulässig, so dürfen die auf Grund einer entsprechenden Maßnahme nach anderen Gesetzen erlangten personenbezogenen Daten ohne Einwilligung der von der Maßnahme betroffenen Personen zu Beweiszwecken im Strafverfahren nur zur Aufklärung solcher Straftaten verwendet werden, zu deren Aufklärung eine solche Maßnahme nach diesem Gesetz hätte angeordnet werden dürfen. § 100e Absatz 6 Nummer 3 bleibt unberührt.

(4) In oder aus einer Wohnung erlangte personenbezogene Daten aus einem Einsatz technischer Mittel zur Eigensicherung im Zuge nicht offener Ermittlungen auf polizeirechtlicher Grundlage dürfen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu Beweiszwecken nur verwendet werden (Artikel 13 Abs. 5 des Grundgesetzes), wenn das Amtsgericht (§ 162 Abs. 1), in dessen Bezirk die anordnende Stelle ihren Sitz hat, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme festgestellt hat; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(1) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes haben Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Zu diesem Zweck sind sie befugt, alle Behörden um Auskunft zu ersuchen, bei Gefahr im Verzug auch, die Auskunft zu verlangen, sowie Ermittlungen jeder Art vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln.

(2) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der Staatsanwaltschaft. Erscheint die schleunige Vornahme richterlicher Untersuchungshandlungen erforderlich, so kann die Übersendung unmittelbar an das Amtsgericht erfolgen.

(3) Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Sechsten Abschnitts des Ersten Buches entsprechend. Die eidliche Vernehmung bleibt dem Gericht vorbehalten.

(4) Die Staatsanwaltschaft entscheidet

1.
über die Zeugeneigenschaft oder das Vorliegen von Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechten, sofern insoweit Zweifel bestehen oder im Laufe der Vernehmung aufkommen,
2.
über eine Gestattung nach § 68 Absatz 3 Satz 1, Angaben zur Person nicht oder nur über eine frühere Identität zu machen,
3.
über die Beiordnung eines Zeugenbeistands nach § 68b Absatz 2 und
4.
bei unberechtigtem Ausbleiben oder unberechtigter Weigerung des Zeugen über die Verhängung der in den §§ 51 und 70 vorgesehenen Maßregeln; dabei bleibt die Festsetzung der Haft dem nach § 162 zuständigen Gericht vorbehalten.
Im Übrigen trifft die erforderlichen Entscheidungen die die Vernehmung leitende Person.

(5) Gegen Entscheidungen von Beamten des Polizeidienstes nach § 68b Absatz 1 Satz 3 sowie gegen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 und 4 kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten jeweils entsprechend. Gerichtliche Entscheidungen nach Satz 1 sind unanfechtbar.

(6) Für die Belehrung des Sachverständigen durch Beamte des Polizeidienstes gelten § 52 Absatz 3 und § 55 Absatz 2 entsprechend. In den Fällen des § 81c Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt § 52 Absatz 3 auch bei Untersuchungen durch Beamte des Polizeidienstes sinngemäß.

(7) § 185 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes gilt entsprechend.

(1) Zu dem in § 160 Abs. 1 bis 3 bezeichneten Zweck ist die Staatsanwaltschaft befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen und Ermittlungen jeder Art entweder selbst vorzunehmen oder durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen zu lassen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln. Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes sind verpflichtet, dem Ersuchen oder Auftrag der Staatsanwaltschaft zu genügen, und in diesem Falle befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen.

(2) Soweit in diesem Gesetz die Löschung personenbezogener Daten ausdrücklich angeordnet wird, ist § 58 Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes nicht anzuwenden.

(3) Ist eine Maßnahme nach diesem Gesetz nur bei Verdacht bestimmter Straftaten zulässig, so dürfen die auf Grund einer entsprechenden Maßnahme nach anderen Gesetzen erlangten personenbezogenen Daten ohne Einwilligung der von der Maßnahme betroffenen Personen zu Beweiszwecken im Strafverfahren nur zur Aufklärung solcher Straftaten verwendet werden, zu deren Aufklärung eine solche Maßnahme nach diesem Gesetz hätte angeordnet werden dürfen. § 100e Absatz 6 Nummer 3 bleibt unberührt.

(4) In oder aus einer Wohnung erlangte personenbezogene Daten aus einem Einsatz technischer Mittel zur Eigensicherung im Zuge nicht offener Ermittlungen auf polizeirechtlicher Grundlage dürfen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu Beweiszwecken nur verwendet werden (Artikel 13 Abs. 5 des Grundgesetzes), wenn das Amtsgericht (§ 162 Abs. 1), in dessen Bezirk die anordnende Stelle ihren Sitz hat, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme festgestellt hat; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.

(2) Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist.

(3) Den nach Absatz 2 Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht. Die Anzeigepflicht nach § 138 des Strafgesetzbuches hat Vorrang.

(4) Befindet sich die Telekommunikationsanlage an Bord eines Wasser- oder Luftfahrzeugs, so besteht die Pflicht zur Wahrung des Geheimnisses nicht gegenüber der Person, die das Fahrzeug führt oder gegenüber ihrer Stellvertretung.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 21. März 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1296,86 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist eine Restforderung des Klägers nach stationärer Krankenhausbehandlung in Höhe von 1296,86 Euro gegen die Beklagte.

2

Die bei der Beklagten krankenversicherte S. wurde vom 25.9. bis 1.10.2009 im Krankenhaus des Klägers stationär wegen Herzinsuffizienz und Schocks behandelt. Hierfür stellte der Kläger der Beklagten am 2.10.2009 mit Bezugnahme auf die Diagnosis Related Group (DRG) F62B (Herzinsuffizienz und Schock mit äußerst schweren CC ) 4012,97 Euro in Rechnung. Die Beklagte bezahlte diesen Betrag am 7.10.2009 unter Vorbehalt, weil die übermittelten Daten eine zweifelsfreie Beurteilung der Richtigkeit der zugrunde gelegten Hauptdiagnose nicht zuließen, und forderte den Kläger unter Bezug auf § 2 Abs 1 S 2 des Vertrages gemäß § 112 Abs 1 SGB V zu § 112 Abs 2 Nr 2 SGB V - Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung - vom 1.7.1995 (im Folgenden: KÜV) auf, eine medizinische Begründung abzugeben. Nach Eingang der Antwort des Klägers "HD korrekt, stat. Aufnahme wegen li-kardialer Dekompensation" beauftragte die Beklagte ihren Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit der Durchführung einer Abrechnungsprüfung. Der SMD zeigte dem Kläger mit Schreiben vom 21.10.2009 den Prüfauftrag der Beklagten an und bat um Übermittlung des Entlassungsberichts und der Aufnahmeanamnese. Nach Vorlage entsprechender Unterlagen durch den Kläger am 22.10.2009 erstellte der SMD eine sozialmedizinische Stellungnahme vom 22.4.2010 und führte darin aus, die Hauptdiagnose sei zwar zutreffend kodiert worden, wegen Änderung anderer Parameter werde der stationäre Aufenthalt richtigerweise aber durch die DRG F62C (Herzinsuffizienz und Schock, ohne äußerst schwere CC = 2716,11 Euro) abgebildet. Auf dieser Grundlage rechnete die Beklagte am 4.5.2010 gegen eine unstreitige Forderung des Klägers aus anderen Behandlungsfällen in Höhe des Differenzbetrages von 1296,86 Euro auf.

3

Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger 1296,86 Euro zzgl Zinsen zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 28.4.2011), das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 21.3.2012): Der Kläger habe Anspruch auf die weitere Vergütung, da die Beklagte wegen des Verstoßes gegen das Gebot zur zeitnahen Durchführung der Überprüfung (§ 275 Abs 1c SGB V)mit etwaigen Einwendungen gegen die Rechnung ausgeschlossen sei. Der unbestimmte Rechtsbegriff "zeitnah" sei durch richterliche Auslegung zu konkretisieren. Deshalb sei eine Prüfung unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien nur noch dann als zeitnah anzusehen, wenn sie innerhalb von zwölf Wochen nach Einleitung des Prüfverfahrens abgeschlossen werde; dieser Zeitrahmen dürfe nur bei Vorliegen eines besonderen Grundes überschritten werden.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht die Beklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend. Das LSG habe den Zeitraum für eine zeitnahe Prüfung fehlerhaft auf zwölf Wochen festgelegt und in der Folge das Versäumnis dieser Frist durch den SMD rechtswidrig ihr - der Krankenkasse - zugerechnet. Selbst wenn man aber die Zurechnung eines entsprechenden Verstoßes annehmen würde, könne dies nicht den Ausschluss sämtlicher Einwendungen gegen die klägerische Abrechnung zur Folge haben. Das LSG habe die notwendigen Ermittlungen wegen der Abrechnungshöhe unterlassen und damit gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 21.3.2012 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 28.4.2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger verteidigt die angegriffenen Entscheidungen und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann an Hand der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend prüfen, ob der zutreffend im Wege der (echten) Leistungsklage (stRspr, vgl BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 18, 20; BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 8) geltend gemachte - selbst außer Streit stehende (vgl Urteil des Senats vom 21.3.2013 - B 3 KR 2/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 vorgesehen; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6) - Anspruch auf weitergehendes Entgelt für Krankenhausleistungen in Höhe von 1296,86 Euro durch die Aufrechnung der Beklagten vom 4.5.2010 erloschen ist. Denn anders als die Vorinstanzen meinen, ist die Beklagte mit ihren Einwendungen gegen die Abrechnung vom 2.10.2009 nicht aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Zwar wurde das die Gegenforderung begründende Prüfverfahren nicht fehlerfrei, weil nicht zeitnah durchgeführt (dazu Ziffer 1). Dabei kann im Ergebnis unentschieden bleiben, ob die Beklagte sich dies zurechnen lassen muss (dazu Ziffer 2). Denn sie ist nach bisheriger Rechtslage trotz des Verstoßes gegen § 275 Abs 1c S 1 SGB V nicht gehindert, auf der Grundlage des Prüfergebnisses Einwendungen gegen die Abrechnung des Klägers vom 2.10.2009 zu erheben (dazu Ziffer 3). Diese Einwendungen der Beklagten sind auch aus anderen Rechtsgründen nicht ausgeschlossen (dazu Ziffer 4).

8

1. Die gesetzlichen Vorgaben des zunächst rechtmäßig nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V eingeleiteten Verfahrens(dazu Punkt a) wurden vorliegend verletzt, weil die Prüfung nicht innerhalb von sechs Monaten und damit nicht mehr zeitnah iS von § 275 Abs 1c S 1 SGB V abgeschlossen worden ist(dazu Punkt b).

9

a) § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Fallpauschalengesetzes - FPG - vom 23.4.2002 (BGBl I 1412) berechtigt und verpflichtet die Krankenkassen, in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK, hier wahrgenommen durch den SMD, § 283 S 3 SGB V idF Art 15 Nr 5 Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007 iVm Bekanntmachung vom 28.12.2007 ) einzuholen. Diese Regelung ist Ausfluss des Datenschutzes sowie des Arztgeheimnisses und steht nicht zur Disposition der Krankenkassen (sind … verpflichtet), wie insbesondere der Vergleich mit Abs 3 der Vorschrift (können) bzw Abs 4 (sollen) deutlich zeigt.

10

aa) Die Beklagte war berechtigt und verpflichtet, ein Prüfverfahren nach § 275 Abs 1 Nr 1 Halbs 2 SGB V einzuleiten, da die Abrechnung des Klägers vom 2.10.2009 auffällig war.

11

Der hier maßgebliche Tatbestand der Abrechnungsprüfung fehlte in der Ursprungsfassung des § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V und ist erst durch das FPG vom 23.4.2002 mit Wirkung zum 1.1.2003 eingefügt worden. In den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 14/7862) heißt es dazu, dass das Verfahren ausdrücklich auf Fälle begrenzt wird, in denen die Krankenkassen einen Anfangsverdacht haben. Der erkennende Senat hat daraus gefolgert, dass durch das Tatbestandsmerkmal der "Auffälligkeiten" eine Abgrenzung der routinemäßigen Stichprobenprüfung nach § 17c Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) von der konkreten Einzelprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V erfolgt ist und eine Auffälligkeit nur dann vorliegt, wenn der konkrete Verdacht einer fehlerhaften Abrechnung besteht(BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 22 mwN). Der 1. Senat des BSG ist dem gefolgt und hat das Bestehen von Auffälligkeiten dann angenommen, wenn die Abrechnung und/oder die vom Krankenhaus zur ordnungsgemäßen Abrechnung vollständig mitgeteilten Behandlungsdaten und/oder weitere zulässig von der Krankenkasse verwertbare Informationen konkrete Fragen nach der - insbesondere sachlich-rechnerischen - Richtigkeit der Abrechnung und/oder nach der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots aufwerfen, die die Krankenkasse aus sich heraus ohne weitere medizinische Sachverhaltsermittlung und -bewertung durch den MDK nicht beantworten kann (BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 18). Der erkennende Senat hat dies sodann dahingehend konkretisiert, dass der Anwendungsbereich der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 Halbs 2 SGB V - soweit also die Rechnungsprüfung in Rede steht - auf solche Anlässe beschränkt ist, die durch "Auffälligkeiten" gekennzeichnet sind; diese hat die Krankenkasse im Zweifelsfall zu belegen (Urteil vom 22.11.2012 - B 3 KR 20/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 275 Nr 9 vorgesehen, RdNr 23). Liegt keine Auffälligkeit im dargelegten Rechtssinne vor, kann und muss der MDK die Krankenkasse bei einem solchen, auf bloß vermeintliche Auffälligkeiten gestützten Auftrag auf diesen Umstand hinweisen und den Auftrag ggf ablehnen. Das Krankenhaus darf die Herausgabe von dennoch angeforderten Krankenbehandlungsunterlagen, die über das für die Abrechnung Erforderliche (§ 301 SGB V) hinausgehen, unter Hinweis auf das Fehlen von Auffälligkeiten verweigern.

12

Das BSG ist in der Vergangenheit von einer Auffälligkeit iS des § 275 Abs 1 Nr 1 Halbs 2 SGB V dann ausgegangen, wenn ein Versicherter an einem Montagmorgen entlassen wurde(BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 32 f, SozR 4-2500 § 109 Nr 16 RdNr 21), wenn eine falsche Hauptdiagnose der Kodierung durch das Krankenhaus zugrunde lag (BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 14 f) oder wenn der Versicherte am Tag nach seiner Entlassung innerhalb der oberen Grenzverweildauer erneut stationär aufgenommen werden musste (BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 21). Die Durchführung einer Koronarangiographie wurde als "auffällig" angesehen, wenn diese auch ambulant hätte geschehen können - vorausgesetzt, die Krankenkasse hatte sich zuvor ärztlich beraten lassen (BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 31). Eine Auffälligkeit wurde hingegen als fernliegend angesehen, wenn die Rechnungsprüfung nur mit der Schwere der Erkrankung und einem latent suizidalen Zustand begründet wurde (Urteil vom 22.11.2012 - B 3 KR 20/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 275 Nr 9 vorgesehen, RdNr 23). Zuletzt hat der Senat noch darauf hingewiesen, dass die Tatsache, dass ein Versicherter innerhalb der vorgesehenen Grenzverweildauern im Krankenhaus behandelt wird, allein grundsätzlich keine Auffälligkeit begründen kann (vgl Urteil des Senats vom 16.5.2013 - B 3 KR 32/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen, RdNr 15 f mwN).

13

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 7.10.2009 darauf hingewiesen, dass aufgrund der übermittelten Daten für sie nicht zweifelsfrei zu beurteilen sei, ob die angegebene Hauptdiagnose für die Abrechnung des Krankenhauses zutreffend verschlüsselt worden ist. Die Beklagte hat damit eine konkrete Frage nach der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung aufgeworfen, die ohne weitere medizinische Sachverhaltsermittlung - wie hier die Prüfung der Aufnahme- und der Entlassungsbefunde - und deren Bewertung durch den SMD allein durch die Krankenkasse nicht beantwortet werden konnte. Zwar mutet es eigentümlich an, dass auf dem Rechnungsprüfungsbogen der Beklagten an exponierter Stelle und mit Fettdruck der Terminus "Einsparpotential" vermerkt und handschriftlich mit ca 1100 Euro konkretisiert worden ist, doch dieser ggf sachfremde Zusatzzweck der Rechnungsprüfung macht diese deshalb nicht eo ipso unwirksam.

14

bb) Das Prüfverfahren wurde auch rechtzeitig iS des § 275 Abs 1c S 2 SGB V eingeleitet. Der SMD hat dem Kläger die Prüfung mit Schreiben vom 21.10.2009 und damit innerhalb von sechs Wochen nach Zugang der Abrechnung vom 2.10.2009 bei der Beklagten angezeigt. Dies war fristgerecht, so dass ein Ermittlungs- und Beweisverwertungsverbots wegen des Versäumens der Anzeige- und Ausschlussfrist nach § 275 Abs 1c S 2 SGB V nicht in Betracht kommt(vgl SozR 4-2500 § 275 Nr 5, RdNr 16; BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 17).

15

cc) Der SMD war schließlich auch berechtigt, den Krankenhausentlassungsbericht und die Aufnahmeanamnese beim Kläger anzufordern.

16

Der Medizinische Dienst darf Sozialdaten nur erheben und speichern, soweit dies für Prüfungen, Beratungen und gutachtliche Stellungnahmen erforderlich ist; dem entsprechend sind die Leistungserbringer verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung unmittelbar an diesen zu übermitteln (§ 276 Abs 2 S 1 SGB V). Zulässig ist damit allerdings nicht jegliche Datenerhebung durch den MDK. Die Daten müssen vielmehr für die jeweilige Prüfung relevant sein. Hiervon nicht gedeckt ist die regelmäßige und nicht durch den Prüfzweck bedingte Anforderung der kompletten Krankenakte oder - wie hier im Schreiben des SMD vom 21.10.2009 - die Anforderung "ggf weiterer zur abschließenden Beurteilung des genannten Prüfanlasses geeigneter Unterlagen". Der Zusammenhang zwischen dem Prüfauftrag und den angeforderten Unterlagen muss dem Krankenhaus ersichtlich sein, da es andernfalls nicht prüfen kann, ob es zu deren Herausgabe nach § 276 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB V verpflichtet ist. Der Senat hat hierzu bereits entschieden, dass der MDK diejenigen Gründe anzugeben hat, aus denen der Adressat die für die Anforderung leitenden Gründe entnehmen kann (Rechtsgedanke des § 35 SGB X, SozR 4-2500 § 109 Nr 18 RdNr 25).

17

Es mag zweifelhaft sein, ob der Kläger allein an Hand der Unterlagenanforderung des SMD vom 21.10.2009 hätte prüfen können, ob dieser den angeforderten Krankenhausentlassungsbericht und die Aufnahmeanamnese benötigte, um eine Stellungnahme für die Krankenkasse abzugeben, denn der SMD hatte den Prüfgrund nicht näher bezeichnet. Dies ist im vorliegenden Fall aber unschädlich, da der Kläger den Anlass der Prüfung bereits aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 7.10.2009 kannte, auf das der SMD in seiner Prüfanzeige auch ausdrücklich Bezug genommen hatte, und damit auf die Erforderlichkeit der angeforderten Unterlagen für die Prüfung des SMD schließen konnte. Denn nach der Rechtsprechung des BSG richten sich die aus § 35 SGB X abzuleitenden Begründungsanforderungen nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes sowie nach den Umständen des Einzelfalles. Es reicht aus, wenn dem Betroffenen die Gründe einer Behördenentscheidung bzw hier für die Beiziehung medizinischer Unterlagen in solcher Weise und in solchem Umfang bekannt gegeben werden, dass er seine Rechte wahrnehmen und ggf sachgemäß verteidigen kann. Die Verwaltung darf sich deshalb auf die Angabe der maßgebend tragenden Erwägungen beschränken und braucht Gesichtspunkte und Umstände, die auf der Hand liegen oder dem Betroffenen bekannt sind, nicht nochmals darzulegen (SozR 4-2500 § 109 Nr 18 RdNr 29 mwN).

18

b) Die Prüfung wurde allerdings entgegen § 275 Abs 1c S 1 SGB V nicht zeitnah durchgeführt, da sie nicht innerhalb von sechs Monaten seit Rechnungsstellung durch den Kläger abgeschlossen worden ist.

19

§ 275 Abs 1c S 1 und 2 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl I 378) regeln, dass bei Krankenhausbehandlung nach § 39 eine Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V zeitnah durchzuführen ist. Die Prüfung ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK anzuzeigen. Innerhalb welcher Frist eine rechtzeitig eingeleitete Prüfung durchzuführen ist bzw wann eine Prüfung abgeschlossen sein muss, um "zeitnah" iS des § 275 Abs 1c S 1 SGB V durchgeführt worden zu sein, ist dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen. Schon das LSG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich hier um einen sog unbestimmten Rechtsbegriff handelt, den die Gerichte unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks und der Interessenlage der Beteiligten im Einzelfall zu konkretisieren und somit durch Auslegung zu ermitteln haben. Die Gründe, die den Gesetzgeber bewegen, solche unbestimmten Rechtsbegriffe in einer Vielzahl von Gesetzen zu verwenden, können vielfältig sein. In allen Fällen ist es aber ein Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG), die auf solchen Tatbeständen beruhenden Umsetzungsentscheidungen der Exekutive in vollem Umfang überprüfbar zu machen (BVerfGE 7, 129, 154; 84, 34, 49; 103, 142, 157; stRspr). Es ist geradezu die Pflicht der Gerichte, die erforderliche Kontrolldichte bei Einzelfallentscheidungen durch eine Normenkonkretisierung herbeizuführen. Deshalb erschöpft sich das in § 275 Abs 1c S 1 und 2 SGB V normierte besondere Beschleunigungsgebot nach Auffassung des Senats nicht bereits in der rechtzeitigen Einleitung des Prüfverfahrens innerhalb von sechs Wochen(§ 275 Abs 1c S 2 SGB V), sondern es gilt für das komplette Prüfverfahren, denn ansonsten wäre die Verwendung des Wortes "zeitnah" in § 275 Abs 1c S 1 SGB V sinnlos(vgl auch Schliephorst, Das Krankenhaus 2013, 835, 837).

20

aa) Die von einer Krankenkasse im Einzelfall vorgenommene Beanstandung einer Krankenhausrechnung steht nach stRspr des erkennenden Senats unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben, der über § 69 SGB V gemäß dem Rechtsgedanken des § 242 BGB auf die Rechtsbeziehungen zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern einwirkt. Demzufolge sind die dauerhaften professionellen Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen von einem systemimmanenten Beschleunigungsgebot geprägt und verpflichten zur gegenseitigen Rücksichtnahme (so bereits BSGE 89, 104, 110 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2 S 10, 16 f - sog "Berliner Fälle" bzw zuletzt Urteil des Senats vom 21.3.2013 - B 3 KR 28/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen, RdNr 11 f). Der Senat hat weiter stets betont, dass den landesvertraglichen Regelungen iS von § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 und 2 SGB V ebenfalls ein generelles Gebot zur zügigen Abwicklung aller verwaltungsmäßigen Vorgänge innewohnt(BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6, RdNr 13 und 16; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 14 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 16 RdNr 16) und in § 275 Abs 1c SGB V nunmehr eine dementsprechende gesetzliche Regelung zu sehen ist(BSGE 105, 150 = SozR 4-2500 § 109 Nr 20, RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 16 RdNr 16), mit der der Gesetzgeber an diese Vertragspraxis hat anschließen wollen. § 275 Abs 1c SGB V ist damit als Teil eines Bündels von Regelungen zu verstehen, mit dem auf verschiedenen Ebenen eine möglichst beschleunigte Abwicklung der Krankenhausabrechnungen und - wo nötig - eine effiziente Klärung medizinischer Zweifelsfragen erreicht werden soll(BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 12 f).

21

Dieses aus der Rechtsentwicklung und dem Regelungszusammenhang entwickelte Verständnis des § 275 Abs 1c SGB V wird schließlich durch den Wortsinn, die Regelungssystematik und die mit der Einführung des § 275 Abs 1c SGB V verbundene Zielsetzung eindrucksvoll bestätigt. Die Durchführung der Prüfung, von der § 275 Abs 1c S 1 SGB V spricht, geht bereits sprachlich über deren Einleitung iS des § 275 Abs 1c S 2 SGB V hinaus. Für ein sinnvolles temporäres Zusammenspiel der Einleitung einer Prüfung nach S 2 und der Durchführung derselben nach S 1 sprechen weiterhin die Systematik des § 275 Abs 1c SGB V bzw dessen Sätze 1 und 2. Denn Satz 1 wäre völlig überflüssig, wenn es dem Gesetzgeber mit der Einführung des § 275 Abs 1c SGB V ausschließlich um die Regelung der zeitnahen Prüfungseinleitung gegangen wäre. Dies machen auch die Gesetzesmaterialien deutlich, wonach die zeitnahe Durchführung der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs 1c S 1 SGB V für "sämtliche Schritte der Einleitung durch die Krankenkasse und der Durchführung der Prüfung durch den medizinischen Dienst" gilt(BT-Drucks 16/3100 S 171). Der Gesetzgeber geht damit gerade nicht davon aus, dass eine Prüfung bereits dann zeitnah durchgeführt wird, wenn sie innerhalb von sechs Wochen eingeleitet worden ist. Dieses Ergebnis wird auch durch die mit der Einführung des § 275 Abs 1c SGB V verbundene Zielsetzung verdeutlicht. Es kann letztlich offen bleiben, ob - wie die Beklagte meint - allein mit der für die Einleitung der Prüfung nach § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbundenen Ausschlussfrist jede Gefahr einer sich verschlechternden Beweislage zu Lasten der Krankenhäuser gebannt ist. Dies erscheint allerdings bereits deshalb zweifelhaft, weil sich das Krankenhaus regelmäßig erst dann umfassend auf die Einwände der Krankenkasse gegen seine Abrechnung wird einstellen können, wenn es die Stellungnahme des MDK kennt. Unabhängig davon entspricht die Interpretation der Beklagten nicht einer weiteren Intention des Gesetzgebers. Denn ausweislich der Gesetzesmaterialien geht es auch darum, unnötige Bürokratie im Allgemeinen und im Zusammenhang mit der zeitnahen Durchführung sämtlicher Prüfschritte erhöhten Aufwand zu vermeiden (BT-Drucks 16/3100 aaO). Der Aufwand für ein Verfahren wird sich aber durch eine längere Dauer regelmäßig erhöhen, da aufgrund der fortschreitenden Zeit der für eine erneute Einarbeitung entstehende Aufwand erfahrungsgemäß steigt und wichtige Beweise ggf nicht mehr greifbar sind. Im Übrigen wäre auch das wirtschaftliche Ergebnis untragbar, wenn sich die Medizinischen Dienste zur Durchführung einer Rechnungsprüfung bis zur Verjährungsfristgrenze Zeit lassen dürften - die Krankenhäuser müssten bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit medizinischen Überprüfungen und Erstattungsforderungen rechnen und entsprechend hohe Rücklagen bilden, während die Krankenkassen ebenfalls nicht überblicken könnten, in welcher Höhe sie Erstattungsforderungen in ihre Haushalte einzustellen haben. Und dass bei derartigen Unsicherheiten keine sinnvollen und jahresbezogenen Budgetverhandlungen (§ 4 ff KHEntgG)geführt werden können, dürfte jedem einleuchten.

22

bb) Unter Berücksichtigung der für die Auslegung des § 275 Abs 1c S 1 SGB V maßgeblichen Zielsetzung ist eine Rechnungsprüfung zur Überzeugung des Senats idR dann zeitnah durchgeführt, wenn die Stellungnahme des MDK spätestens sechs Monate nach Zugang der vollständigen Krankenhausabrechnung bei der Krankenkasse vorliegt. Dass es sich hierbei um eine Zeitgrenze handelt, die sowohl den Interessen der Krankenhäuser an einem zeitnahen Abschluss des Abrechnungs- und Prüfverfahrens genügt als auch den Medizinischen Diensten die Durchführung einer ordnungsgemäßen Prüfung ermöglicht, zeigt sich daran, dass diese Frist in der Vergangenheit von verschiedenen Verbänden auf Landesebene als zulässige Höchstdauer für ein Prüfverfahren vereinbart worden war (vgl § 19 Abs 2 S 2 des zwischen der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und der AOK Baden-Württemberg ua geschlossenen Vertrages nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - vom 21.9.2005, wonach Einwendungen gegen die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung sowie gegen die Art der Abrechnung nur sechs Monate nach Rechnungszugang geltend gemacht werden können; § 14 Abs 2 S 4 des zwischen der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen e. V. und der AOK - Die Gesundheitskasse in Thüringen ua geschlossenen Vertrages nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V vom 1.1.2004, wonach die Durchführung der Verrechnung aufgrund einer MDK-Prüfung innerhalb von sechs Monaten ab Fälligkeit zu erfolgen hat). Für diese Fristbegrenzung sprechen auch die vom LSG in Bezug genommenen Daten zur Dauer von MDK-Prüfungen (Blum/Offermanns/ Perner, MDK-Prüfungen - mehr als nur ein Einzelfall, Das Krankenhaus 2009, S 111, 114): Rechnungsprüfungen dauerten danach im statistischen Durchschnitt 13 Wochen seit der Anzeige durch den MDK, wobei 25 % aller Prüfungen bereits sechs Wochen nach der Prüfanzeige abgeschlossen werden konnten. Dies zeigt, dass ein Zeitraum von sechs Monaten ab Eingang der vollständigen Krankenhausabrechnung bei der Krankenkasse in der Regel ausreicht, um eine ordnungsgemäße Rechnungsprüfung durchzuführen. Ob und inwieweit bei sehr komplexen Sachverhalten, bei fehlender Mitwirkung des Krankenhauses iS von extremer Zeitverzögerung oder in anderen - seltenen - Fällen auch eine längere Frist geboten sein könnte, kann der Senat hier unentschieden lassen.

23

Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Eingang der iS von § 301 SGB V vollständigen Abrechnungsunterlagen bei der Krankenkasse in zweifacher Weise Bedeutung hat: Zum einen beginnt mit diesem Zeitpunkt der Lauf der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V, zum anderen ist der Eingang der Abrechnungsunterlagen auch maßgeblich für den Lauf der Sechs-Monats-Frist des § 275 Abs 1c S 1 SGB V.

24

In seiner rechtlichen Wertung, dass das in § 275 Abs 1c SGB V zum Ausdruck kommende Beschleunigungsgebot nicht nur für die Einleitung, sondern für das gesamte Verfahren der Rechnungsprüfung gilt, wird der Senat schließlich durch die parallel zu diesem Revisionsverfahren in den Gesetzgebungsgremien beratene Fortentwicklung der Regelungen des Prüfverfahrens bestätigt. Danach werden ab 1.8.2013 der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft beauftragt, das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs 1c SGB V in einer Vereinbarung zu regeln(§ 17c Abs 2 S 1 Halbs 1 KHG in der Fassung des Art 5c Nr 2 Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.7.2013, BGBl I 2423, 2428) und dabei insbesondere Regelungen über die Prüfdauer zu treffen (§ 17c Abs 2 S 2 Halbs 2 KHG nF). Damit soll es den Vertragsparteien auf Bundesebene ermöglicht werden, die Zusammenarbeit zwischen den Krankenhäusern und Krankenkassen insgesamt effektiver und konsensorientierter zu gestalten. Als eine wesentliche Aufgabe der Vertragsparteien wird insbesondere die Beschleunigung des Prüfverfahrens gesehen (BT-Drucks 17/13947 S 51).

25

cc) An der Konkretisierung des Begriffs der Zeitnähe in § 275 Abs 1c S 2 SGB V sieht sich der erkennende Senat nicht durch die Entscheidung des 1. Senat des BSG vom 13.11.2012 (B 1 KR 24/11 R - BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8) gehindert. Dort hat der 1. Senat (aaO RdNr 30) ausgeführt: "§ 275 Abs 1c SGB V konkretisiert seit 1.4.2007 die allgemeinen Anforderungen von Treu und Glauben, nach denen Krankenhaus und Krankenkassen angesichts ihrer auf Dauer angelegten Rechtsbeziehung gehalten sind, so zügig zu kooperieren, dass es nicht zu treuwidrigen Verzögerungen kommt. Die Bestimmung regelt abschließend die sozialrechtlichen Sanktionen bei Verstößen. Das entspricht dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung des Regelungssystems. Wie oben dargelegt ordnet § 275 Abs 1c S 1 SGB V in Bezug auf die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V an, dass eine Prüfung nach Abs 1 Nr 1 'zeitnah' durchzuführen ist. Dieses wird in Abs 1c S 2 dahin präzisiert, dass eine Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen ist. … Die Regelung schneidet den Krankenkassen … keine weiteren Rechte ab, mit Hilfe des MDK Abrechnungen von Krankenhäusern zu überprüfen." Eine nach Ansicht des erkennenden Senats notwendige Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs "zeitnah" hat der 1. Senat damit gerade nicht vorgenommen.

26

2. Der Senat neigt dazu, diesen Verstoß des SMD gegen die Sechs-Monats-Frist des § 275 Abs 1c S 1 SGB V im vorliegenden Abrechnungsstreit der beklagten Krankenkasse zuzurechnen, lässt diesen Punkt aber ausdrücklich offen.

27

Nicht zutreffend ist allerdings der Ansatz des LSG, die Zurechnung der zeitlichen Verzögerung des Prüfverfahrens durch den SMD auf dessen besondere Stellung in der Organisation der Beklagten zu stützen. Die Ärzte des MDK sind bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben, zu denen grundsätzlich auch die Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V gehört, nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen(§ 275 Abs 5 SGB V) - also von Weisungen der Krankenkassen unabhängig. Dies gilt auch für den SMD, weil er mit der Überprüfung von Abrechnungen nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V die gesetzlichen Aufgaben eines Medizinischen Dienstes wahrnimmt(§ 283 S 3 SGB V). Das BSG hat vor diesem Hintergrund bislang stets von einer Differenzierung zwischen dem SMD oder anderen Medizinischen Diensten und dem MDK abgesehen bzw mit dem Hinweis auf § 283 SGB V die für den MDK geltenden Regelungen auch auf diese angewendet(BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 32; SozR 4-2500 § 109 Nr 16, RdNr 18; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 24).

28

Der Senat hat allerdings auch bereits entschieden, dass Fehler des MDK im Abrechnungsverfahren zwischen Krankenkasse und Krankenhaus nicht völlig unbeachtlich sind (BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 29) und dabei seine im Urteil vom 28.9.2006 (SozR 4-2500 § 112 Nr 6 RdNr 17 f) noch anders lautende Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben. Daran anschließend hat der Senat jüngst zur Verletzung der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V entschieden, dass rechtserhebliche Mängel des Prüfverfahrens wie diese Fristversäumnis, auch soweit sie der Sphäre des MDK zuzurechnen sind, die gesetzliche Ausschlussfrist auslösen und damit die prüfrechtlichen Möglichkeiten der Krankenkasse selbst beschneiden(BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 29; so im Ergebnis nunmehr auch der 1. Senat des BSG in der oa Entscheidung vom 13.11.2012 - BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 25).

29

Da die Krankenkasse "Herrin" des gesamten Prüfverfahrens ist und § 275 Abs 1c SGB V die Verpflichtung zur zeitnahen Durchführung aller Prüfschritte normiert, wobei der MDK ausdrücklich auf Seiten der Krankenkasse in den Prüfvorgang einbezogen wird(vgl BT-Drucks 16/3100, aaO), liegt eine Zurechnung von zeitlichen Verzögerungen oder sonstigen Fehlern des MDK zum Verantwortungsbereich der Krankenkasse grundsätzlich auf der Hand. Denn es ließe sich nur schwer nachvollziehen, warum ein entsprechender Zurechnungstatbestand zwar bei Verletzung der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V hinsichtlich der spezielleren Verpflichtung zur fristgerechten Einleitung der Prüfung folgen soll, aus § 275 Abs 1c S 1 SGB V hinsichtlich des allgemeinen und das gesamte Prüfverfahren betreffende Beschleunigungsgebots - Sechs-Monats-Frist - hingegen nicht. Die Frage der Zurechnung kann aber letztendlich offen bleiben, weil es auf ihre Beantwortung im vorliegenden Fall nicht entscheidend ankommt (vgl dazu Ziffer 3). Damit braucht auch nicht entschieden zu werden, wie die Rechtsprechung des 1. Senats zur Frage der Zurechnung von Verstößen gegen § 275 Abs 1c S 1 SGB V zu interpretieren ist(wohl offen gelassen im oa Urteil vom 13.11.2012 - BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 24 und 30 aE, vgl aber auch Terminbericht Nr 59/12 vom 14.11.2012 zu Nr 4).

30

3. Im Ergebnis ergeben sich - selbst bei Zurechnung des vorliegend festgestellten Verstoßes des SMD gegen § 275 Abs 1c S 1 SGB V - hieraus keine nachteiligen Konsequenzen für die beklagte Krankenkasse. Insbesondere kann der Kläger nicht einwenden, dass die Angaben aus den mit Schreiben vom 22.10.2009 übermittelten medizinischen Unterlagen im vorliegenden Verfahren nicht hätten verwertet werden dürfen. Da sich dem Gesetz selbst Rechtsfolgen aus einem Verstoß gegen das gesetzliche Beschleunigungsgebot des § 275 Abs 1c S 1 SGB V - Sechs-Monats-Frist - nicht entnehmen lassen, muss durch ergänzende Gesetzauslegung ermittelt werden, welche Rechtsfolgen sich aus einer verzögerlichen MDK-Prüfung bzw einer sich ggf anschließenden verschleppenden Entscheidungspraxis der Krankenkasse zu ziehen sind oder ob solche Verstöße sanktionslos bleiben. Der 1. Senat des BSG ist insoweit zu dem Ergebnis gekommen, dass § 275 Abs 1c SGB V eine gesetzliche Ausschlussfrist ausschließlich in seinem Satz 2 regele und aus Satz 1 und dem dort genannten Erfordernis der zeitnahen Prüfung eine Ausschlussfrist nicht abgeleitet werden könne. Die abschließende, abgestufte Regelungskonzeption des § 275 Abs 1c SGB V, lediglich die kurze Frist des Satzes 2 zu sanktionieren, bei im Anschluss an gezielte Abrechnungsprüfungen nicht erfolgten Abrechnungskürzungen zu einer pauschalen Aufwandspauschale zu gelangen(§ 275 Abs 1c S 3 SGB V) und nach erfolgter rechtskonformer Einleitung der Prüfung die Verjährungsfrist als Zeitgrenze eingreifen zu lassen, eröffne keinen Raum für die Krankenhäuser, sich etwa wegen zögerlicher Prüfbearbeitung des MDK auf Verwirkung zu berufen (BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 33 ff, 36).

31

Der Kläger kritisiert diese Entscheidung des 1. Senats mit grundsätzlich nachvollziehbaren Argumenten. Zwar geht sein Hinweis fehl, das Krankenhaus kenne in der Regel den konkreten Anlass der Prüfung nicht, weil die Einleitung einer rechtmäßigen Prüfung das Vorliegen von Auffälligkeiten und die Mitteilung des Prüfgrundes voraussetzt. Richtig ist indes der Einwand, dass bei Prüfverfahren, die erst nach Jahren mit einer Stellungnahme des MDK medizinisch abgeschlossen werden, ergänzende oder fachlich widersprechende Einlassungen des Krankenhauses durch den erheblichen Zeitablauf erschwert werden; eine evtl notwendige weitere Sachverhaltsaufklärung ist dann nur mit wesentlich mehr Aufwand zu leisten, als wenn sie zeitnah zur Rechnungsstellung angefallen wäre. Dies gilt vor allem in Massenverfahren wie hier im Bereich der Abrechnung von Krankenhausleistungen. Zudem lässt sich das gesetzgeberische Begleitziel, die Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 Halbs 2 SGB V von unnötiger Bürokratie und erheblichem Verwaltungsaufwand zu entlasten, ohne umfassende Verfahrensbeschleunigung nicht erreichen. Im Übrigen gelangt man - folgt man der Rechtsauffassung des 1. Senats (aaO), dass sich die Medizinischen Dienste zur Durchführung einer Rechnungsprüfung bis zur Verjährungsfristgrenze Zeit lassen dürften - auch zu wirtschaftlich untragbaren Ergebnissen: Die Krankenhäuser müssten bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit medizinischen Überprüfungen und Erstattungsforderungen rechnen und entsprechend hohe Rücklagen bilden, während die Krankenkassen ebenfalls nicht überblicken könnten, in welcher Höhe sie Erstattungsforderungen in ihre Haushalte einzustellen haben. Und ein Budgetabschluss mit der notwendigen Planungssicherheit (§ 11 KHEntgG)für beide Seiten wäre ebenfalls nahezu unmöglich.

32

Auch der erkennende 3. Senat hält die Rechtsauffassung des 1. Senats im Hinblick auf die oa Rechtsentwicklung und den Wortsinn, die Regelungssystematik und die mit der Einführung des § 275 Abs 1c SGB V verbundene Zielsetzung für nicht überzeugend, wohl aber für vertretbar. Deshalb und insbesondere wegen der den Vertragspartnern nach § 17c Abs 2 KHG zum 1.8.2013 auferlegten Pflicht zur Regelung des Prüfverfahrens in § 275 Abs 1c SGB V - vor allem auch im Hinblick auf die Prüfdauer - sieht der Senat von einer Vorlage an den Großen Senat des BSG gemäß § 41 Abs 2 SGG ab.

33

4. Die Beklagte ist mit ihren Einwendungen gegen die Abrechnung des Klägers vom 2.10.2009 auch nicht aus anderen Rechtsgründen ausgeschlossen.

34

a) Insoweit kann sich der Kläger insbesondere nicht auf einen Verstoß der Beklagten bzw des SMD gegen § 2 Abs 6 KÜV berufen. Danach sollen die Ärzte der Medizinischen Dienste ihre Bedenken gegenüber dem Leitenden Abteilungsarzt des Krankenhauses oder dessen Vertreter darlegen und mit diesem "erörtern", wenn aus ihrer Sicht Bedenken gegen die Notwendigkeit, Art und Dauer der Krankenhausbehandlung bestehen.

35

Der Senat hat bereits entschieden (BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6, RdNr 16 ff), dass er bei der Auslegung der Vorschriften KÜV nicht den Beschränkungen nach § 162 SGG unterliegt, wonach eine Revision nur darauf gestützt werden kann, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Zwar gilt der hier maßgebliche Landesvertrag nur im Saarland und damit nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus. Die Revisibilität der berufungsgerichtlichen Auslegung eines Landesvertrages ist aber auch dann gegeben, wenn inhaltlich gleiche Vorschriften in Bezirken verschiedener LSG gelten (BSGE 1, 98, 100; 3, 77, 80 = SozR Nr 2 zu Art 14 GG; BSGE 13, 189, 191 = SozR Nr 156 zu § 162 SGG; BSGE 16, 227, 234 = SozR Nr 168 zu § 162 SGG) und die Übereinstimmung nicht nur zufällig, sondern bewusst und gewollt ist (BSGE 13, 189, 191 = SozR Nr 156 zu § 162 SGG; BSGE 38, 21, 29 = SozR 2200 § 725 Nr 1; BSG SozR 3-5920 § 1 Nr 1; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 5a mwN). Das ist hier der Fall. Mit dem saarländischen Landesvertrag inhaltlich und in wesentlichen Teilen sogar wörtlich übereinstimmende Landesverträge gibt es zB in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Dass die Übereinstimmung nicht den gesamten Wortlaut der Verträge erfasst, ist unschädlich, weil es insoweit nur auf den Inhalt der einschlägigen Vorschriften ankommt (BSGE 13, 189, 191 = SozR Nr 156 zu § 162 SGG). Die Übereinstimmung ist auch bewusst und gewollt herbeigeführt worden, denn die Landesverträge beruhen auf der Umsetzung von Rahmenempfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 27.11.1990.

36

Der Senat hat weiter bereits darauf hingewiesen, dass eine Erörterung iS von § 2 Abs KÜV zwischen den Medizinischen Diensten und den Krankenhausärzten lediglich erfolgen "soll", aber nicht muss, und dass eine unterlassene Erörterung im Fall der Erstellung eines für das Krankenhaus negativen Gutachtens durch den MDK lediglich dazu führt, dass die Krankenkasse dem Krankenhaus Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss, bevor sie einen Erstattungsanspruch geltend macht und ggf gegen einen unstreitigen Vergütungsanspruch aufrechnet(BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6 RdNr 16 aE). Dies ist hier - wenngleich erst nach der Aufrechnung durch die Beklagte am 4.5.2010 - in Form des sich an die Stellungnahme des SMD vom 22.4.2010 anschließenden Schriftwechsels zwischen den Beteiligten erfolgt. Damit kann offen bleiben, ob dem vorliegenden Abrechnungsstreit überhaupt "Bedenken gegen die Notwendigkeit, Art und Dauer der Krankenhausbehandlung" im Sinne des § 2 Abs 6 KÜV zugrunde liegen, nachdem die Beteiligten darüber streiten, welche Kodierung zur Anwendung kommen muss.

37

b) Die Beklagte ist mit ihren Einwendungen auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen. Zwar gibt es Fälle, in denen eine Berufung auf Einwendungen nach Würdigung aller Umstände gegen Treu und Glauben verstößt und damit rechtsmissbräuchlich ist (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 242 BGB). Der Senat hat aber stets darauf hingewiesen, dass die Annahme eines Rechtsmissbrauchs durch die Krankenkasse auf gravierende Fälle vertragswidrigen Verhaltens zu beschränken ist, und eine solche Konstellation bislang nur einmal konkret angenommen (sog Berliner Fälle, vgl BSGE 89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2). Ein solcher Fall missbräuchlichen Prüfungsverhaltens liegt hier ersichtlich nicht vor. Der Senat hat kürzlich weiter darauf hingewiesen, dass ein Prüfverhalten im dargestellten Sinn auch dann "rechtsmissbräuchlich" sein kann, wenn es nicht von der einzelnen Abrechnung bzw der in ihr festzustellenden Auffälligkeit geleitet wird, sondern unabhängig davon und systematisch eine Vielzahl von Abrechnungsfällen einem Prüfverfahren nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V zuführt, weil sie ein abstraktes Kürzungspotenzial enthalten(BSG Urteil vom 16.5.2013 - B 3 KR 32/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen, RdNr 29). Auch hierfür sind Anhaltspunkte vorliegend weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

38

5. Ob der Kläger Anspruch auf die streitige Restforderung hat, hängt somit davon ab, ob und ggf in welchem Umfang die Beklagte einen Erstattungsanspruch aus ihrer unter Vorbehalt geleisteten Zahlung vom 7.10.2009 besitzt. Für die Beantwortung dieser Frage reichen die bisher getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts - aus seiner Sicht konsequent - nicht aus, so dass der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

39

6. Die Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren beruht auf § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und § 47 Abs 1 GKG.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Der Berufungsbeklagte und die anderen Beteiligten können sich der Berufung anschließen. Die Anschlussberufung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzulegen.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Beteiligte auf die Berufung verzichtet hat oder die Frist für die Berufung oder den Antrag auf Zulassung der Berufung verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 124a Abs. 3 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend.

(4) Die Anschlussberufung bedarf keiner Zulassung.

(5) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Der Bund unterhält ein Bundesarchiv als selbstständige Bundesoberbehörde, die der Dienst- und Fachaufsicht der für Kultur und Medien zuständigen obersten Bundesbehörde untersteht.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 09. Oktober 2009 - 3 B 834/08 u. a. - wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Beschwerdebegründungsfrist wird abgelehnt.

Die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin zur Anschlussbeschwerde des Antragsgegners wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt zwei Drittel und der Antragsgegner ein Drittel der Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens.

Der Streitwert wird für das zweitinstanzliche Verfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin nach den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 an der Universität C-Stadt im ersten vorklinischen Fachsemester.

2

Der Antragsgegner ist in dem mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 09. Oktober 2009 - 3 B 292/08 u.a. -, der auch das Verfahren der Antragstellerin erfasst, im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet worden, unter den in seinem Rubrum bezeichneten Antragstellern im Losverfahren weitere 36 Studienplätze zu vergeben.

3

Das Verwaltungsgericht ist dabei davon ausgegangen, dass die Ausbildungskapazität im Studiengang Humanmedizin für das 1. vorklinische Fachsemester 255 Studienplätze und damit mehr als die durch die Zulassungszahlenfestsetzungsverordnung vom 04. Juli 2008 (GVOBl. M-V 2008, S. 311) festgesetzte Zulassungszahl von 205 Studienplätzen betrage, von diesen 255 Studienplätzen jedoch - bei 219 tatsächlich erfolgten Einschreibungen Stand 01. Dezember 2008 - kapazitätsverzehrend 219 durch entsprechende Einschreibungen bereits vergeben seien. Weitergehende Anträge hat das Verwaltungsgericht abgelehnt.

II.

4

Die nach Zustellung des angefochtenen ablehnenden Beschlusses am 12. Oktober 2009 mit am 21. Oktober 2009 eingegangenem Schriftsatz fristgemäß eingelegte und mit am 11. November 2009 eingegangenem Schriftsatz gleichermaßen fristgemäß begründete Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg (1.). Gleiches gilt für die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners (2.) und die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin zur Anschlussbeschwerde des Antragsgegners (3.).

5

1. Die Beschwerdebegründung der Antragstellerin genügt nicht dem Darlegungserfordernis aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO und/oder weckt im Übrigen auch in der Sache im Ergebnis unter den im Beschwerdeverfahren angesprochenen Gesichtspunkten keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass das Verwaltungsgericht über die von ihm ermittelten zusätzlichen Studienplätze hinausgehend einen Anordnungsanspruch hinsichtlich nicht ausgeschöpfter Ausbildungskapazitäten verneint hat.

6

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.

7

In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht - dem Darlegungserfordernis genügend - geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

8

Vor diesem Hintergrund verlangt das Darlegungserfordernis von dem Beschwerdeführer, dass die Beschwerdebegründung auf die rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen eingeht, auf die das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gestützt hat. Es ist für die Zulässigkeit der Beschwerde erforderlich, dass die Beschwerdebegründung an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpft und aufzeigt, weshalb sich diese aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen der Ausgangsbeschluss unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss sich insofern an der Begründungsstruktur der angegriffenen Entscheidung orientieren. Grundsätzlich reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen. Stützt das Verwaltungsgericht sein Ergebnis alternativ auf mehrere Begründungen, muss die Beschwerde alle Begründungen aufgreifen, sich mit diesen auseinander setzen und sie in Zweifel ziehen. Geht die Beschwerdebegründung auf nur eine Erwägung nicht ein, die die angefochtene Entscheidung selbstständig trägt, bzw. lässt sie unangefochten, bleibt der Beschwerde schon aus diesem Grund der Erfolg versagt. Diese Anforderungen an die Beschwerdebegründung sind für einen Beschwerdeführer auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang gemäß § 67 Abs. 4 VwGO ist sichergestellt, dass Beschwerdeführer - in aller Regel durch einen Rechtsanwalt - rechtskundig vertreten sind (insgesamt ständige Rspr. des Senats, vgl. etwa Beschl. v. 19.08.2008 - 1 M 44/08 -).

9

Zunächst führt es nicht zum Erfolg der Beschwerde, soweit sich die Antragstellerin hinsichtlich der Anerkennung des Dienstleistungsexports nach Maßgabe der Kapazitätsberechnung gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts wendet, es sei unerheblich, dass für die nicht der Lehreinheit Vorklinische Medizin zugeordneten Studiengänge (Biomedizinische Technik und die fünf Lehramtsstudiengänge) kein CNW festgesetzt worden sei, und mit umfangreicher Begründung ausführt, nach ihrer Auffassung sei eine Normierung des CNW der nicht zugeordneten Studiengänge aus verschiedenen rechtlichen Gründen zwingend erforderlich.

10

Der Senat hat zu der im Wesentlichen inhaltlich übereinstimmenden Beschwerdebegründung seitens des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in Beschwerdeverfahren betreffend einen Zulassungsanspruch der dortigen Antragstellerinnen an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald mit Beschluss vom 05. Juli 2010 - 1 M 28/10 u. a. - Folgendes ausgeführt:

11

"... Die Antragstellerinnen tragen zur Begründung ihrer Rüge im wesentlichen vor, nach Maßgabe der Zulassungszahlenverordnung vom 03. Juli 2009 handele es sich bei diesen zulassungsbeschränkten Studiengängen nicht mehr um Diplomstudiengänge, sondern um Bachelor-Studiengänge, für die kein CNW festgelegt worden sei und für die auch keine Prüfungs- und Studienordnungen vorgelegt worden seien. Schon weil in der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 KapVO für diese nicht zugeordneten kein Curricularnormwert festgesetzt worden sei, sei ein Dienstleistungsbedarf nicht anzuerkennen. Hierzu tragen die Antragstellerinnen umfangreiche rechtliche Erwägungen vor, denen der Senat jedoch nicht folgt.

12

Der in der Kapazitätsberechnung zugrunde gelegte Dienstleistungsbedarf für die betreffenden Studiengänge ist unter den angesprochenen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.

13

Der Hinweis der Antragstellerinnen auf § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V berücksichtigt den systematischen Kontext der Bestimmung nicht in ausreichendem Maße.

14

Nach § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V setzt das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur die Normwerte oder Bandbreiten von Normwerten durch Rechtsverordnung fest. Die Bestimmung ist Teil der in § 3 Abs. 4 HZG M-V enthaltenen Regelungen betreffend die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität. Gemeint ist dabei die jährliche Aufnahmekapazität der nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengänge. Dies ergibt der Rückgriff auf die in § 3 Abs. 1 HZG M-V enthaltene Weichenstellung für das hinsichtlich der Kapazitätsermittlung und die Festsetzung von Zulassungszahlen anzuwendende Recht: Nach § 3 Abs. 1 HZG M-V in der - vorliegend maßgeblichen - bis zum 31. März 2010 (vgl. Art. 3 des Gesetzes zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung sowie zur Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes v. 11.03.2010, GVOBl. M-V S. 164) geltenden Fassung setzt das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur nach Anhörung der Hochschulen die Zulassungszahlen für die in das Verfahren der ZVS einbezogenen Studiengänge nach Art. 7 Abs. 1 des Staatsvertrages und für nicht einbezogene Studiengänge nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 durch Rechtsverordnung fest. Bei den Bachelor-Studiengängen Biologie, Biochemie und Humanbiologie handelt es sich um nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogene Studiengänge (vgl. Anlage 1 zu § 1 Satz 2 ZVS-Vergabeverordnung vom 30.05.2008, GVOBl. M-V S. 159, zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung der ZVS-Vergabeverordnung v. 20.05.2010, GVOBl. M-V S. 263). Folglich ist für eine Zulassungszahlenfestsetzung nach Maßgabe der in § 3 Abs. 1 HZG M-V geregelten zweiten Alternative - insoweit liegen die Antragstellerinnen mit ihrem Verweis auf § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V im Ansatz richtig - zu verfahren bzw. sind die Absätze 2 bis 4 anzuwenden.

15

Eine solche Zulassungszahlenfestsetzung ist für die Studiengänge Biologie (Bachelor), Biochemie (Bachelor) und Humanbiologie (Bachelor) unter § 1 Abs. 3 der Zulassungszahlenverordnung vom 03. Juli 2009 (GVOBl. M-V S. 449 - ZulZVO M-V) erfolgt (Festsetzung auf 70, 60 und 40 in vorstehender Reihenfolge); augenscheinlich ist mit Blick auf § 3 Abs. 2 HZG M-V jeweils prognostisch ein Bedürfnis zur Festsetzung einer Zulassungszahl gesehen worden. Allerdings liegt keine ausdrückliche Festsetzung eines Normwertes oder der Bandbreite eines Normwertes für die Studiengänge durch Verordnung vor. Dies ist jedoch für die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit des Dienstleistungsexports nach Maßgabe von § 11 KapVO bzw. die Kapazität im Studiengang Humanmedizin ohne rechtliche Bedeutung. Denn Gegenstand der Normierungsverpflichtung aus § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V sind nach dem systematischen Kontext ausschließlich die nicht in das Verfahren der ZVS einbezogenen Studiengänge selbst und deren jährliche Aufnahmekapazität. Es ist nach diesem systematischen Kontext und nach Sinn und Zweck des § 3 Abs. 2 bis 4 HZG M-V nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber hier eine sich auf die Kapazität im Bereich der in das Verfahren der ZVS einbezogenen Studiengänge nach Art. 7 Abs. 1 des Staatsvertrages auswirkende Normierungspflicht regeln bzw. die Berücksichtigung von Dienstleistungsexporten nach § 11 KapVO ausschließen wollte, wenn eine entsprechende - ausdrückliche - Normierung fehlen sollte.

16

Diese Rechtsauffassung harmoniert mit der obergerichtlichen Rechtsprechung, derzufolge insbesondere Art. 7 Abs. 3 Satz 6 des Staatsvertrages vom 22. Juni 2006 (GVOBl. M-V S. 286) und die §§ 11 ff. KapVO nicht vorschreiben, in normativer Form - insbesondere in Gestalt einer Verordnung - Curricularnormwerte für die im Falle des Dienstleistungsexports aufnehmenden Studiengänge festzusetzen, weil insbesondere Art. 7 Abs. 3 Satz 6, Abs. 1 des Staatsvertrages nur Geltung beansprucht, wenn es um die Ermittlung der Aufnahmekapazität eines zulassungsbeschränkten Studiengangs als solchen geht, nicht jedoch hinsichtlich der Curricularanteile, die der Berechnung nach § 11 Abs. 1 KapVO zugrunde zu legen sind (vgl. VGH München, Beschl. v. 23.10.2009 - 7 CE 09.10567 -; Beschl. v. 20.10.2009 - 7 CE 09.10565, 7 CE 09.10566 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.11.2009 - OVG 5 NC 72.09 -; OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.04.2010 - 2 NB 159/09 -; Beschl. v. 25.02.2010 - 2 NB 115/09 -; OVG Münster, Beschl. v. 25.02.2010 - 13 C 1/10 u. a. -; Beschl. v. 08.07.2009 - 13 C 93/09 -; VGH Kassel, Urt. v. 24.09.2009 - 19 B 1142/09.MM.W8 -; jeweils zitiert nach juris). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Es erschiene nicht nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber des Landes Mecklenburg-Vorpommern in § 3 Abs. 1 HZG M-V zunächst eine klare Weichenstellung und Trennung hinsichtlich des für die Zulassungszahlenfestsetzung maßgeblichen Rechtsregimes getroffen haben sollte, um dann diese Weichenstellung und Trennung letztendlich wieder aufzugeben, indem die Normierungspflicht für die nicht einbezogenen Studiengänge auf die in das Verfahren der ZVS einbezogenen Studiengänge durchschlagen sollte. Folglich ist nur eine Auslegung systematisch plausibel, nach der der Gesetzgeber die Regelungen des Staatsvertrages, denen nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen gerade keine Verpflichtung zu normativer Regelung der Curricularnormwerte für die im Falle des Dienstleistungsexports aufnehmenden Studiengänge entnommen werden kann, unberührt lassen wollte.

17

Dass nur dieses Normverständnis richtig sein kann, untermauert auch der systematische Bezug des § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V zu § 3 Abs. 2 HZG M-V: In einem nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengang oder in höheren Fachsemestern eines Studiengangs sollen Zulassungszahlen gemäß § 3 Abs. 2 HZG M-V in der bis zum 31. März 2010 geltenden Fassung festgesetzt werden, wenn aufgrund der Zahl der zu den letzten beiden Zulassungsterminen tatsächlich erfolgten Einschreibungen zu erwarten ist, dass die Zahl der künftig immatrikulierten Studentinnen und Studenten die Zahl der verfügbaren Studienplätze im jeweiligen Studiengang erheblich übersteigen wird. Die Vorschrift regelte also nicht, dass in einem nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengang zwingend eine Zulassungszahlenfestsetzung erfolgen sollte. Sie machte das "Ob" einer solchen Festsetzung vielmehr von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen bzw. einer Prognose des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur abhängig und sah selbst für diesen Fall kein "muss" vor (anders nunmehr die Neufassung von § 3 Abs. 2 HZG M-V nach Maßgabe von Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung sowie zur Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes v. 11.03.2010, GVOBl. M-V S. 164), sondern enthielt lediglich eine Soll-Bestimmung. Anders gewendet konnte eine Zulassungszahlenfestsetzung unterbleiben, wenn die genannten Voraussetzungen in Ansehung eines bestimmten, nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengangs nicht vorlagen.

18

Hiervon ausgehend erschließt sich ohne weiteres, dass die in § 3 Abs. 3 und 4 HZG M-V enthaltenen Bestimmungen naturgemäß nur dann zur Anwendung gelangen, wenn auf der Ebene des § 3 Abs. 2 HZG M-V die Frage nach dem "Ob" einer Zulassungszahlenfestsetzung bejaht wird. War für einen nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengang nach den Maßgaben des § 3 Abs. 2 HZG M-V keine Zulassungszahlenfestsetzung vorzunehmen, musste folglich die jährliche Aufnahmekapazität für den betreffenden Studiengang nicht ermittelt werden und infolge dessen ebenso wenig ein Normwert oder die Bandbreite eines Normwertes durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur durch Rechtsverordnung gemäß § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V festgesetzt werden. Dass eine Verpflichtung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur entsprechenden Normsetzung dergestalt bestehen sollte, dass gewissermaßen "auf Vorrat" für sämtliche nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengänge Normwerte oder Bandbreiten von Normwerten festzusetzen gewesen wären, ist nach der Systematik, aber auch nach Sinn und Zweck der erörterten Bestimmungen nicht erkennbar.

19

Vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass die kapazitätswirksame Berücksichtigung des Dienstleistungsexports in nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogene Studiengänge nach dem Willen des Gesetzgebers davon abhängig sein sollte, dass für den aufnehmenden Studiengang zufällig die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 HZG M-V erfüllt sind bzw. eine entsprechende Prognoseentscheidung ergeht oder nicht. Die Frage der Kapazitätswirksamkeit des Dienstleistungsexports weist keinen sachlichen Bezug hierzu auf.

20

In welchem Verhältnis § 13 Abs. 3 KapVO zu § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V steht, bedarf mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen keiner näheren Betrachtung.

21

Soweit die Antragstellerinnen im Übrigen insbesondere auf die Bestimmungen des Staatsvertrages und den Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 12. Mai 2009 - NC 9 S 240/09 - (juris) verweisen und das Fehlen einer aus ihrer Sicht auch danach erforderlichen normativen Grundlage für die Festlegung von Curricularnormwerten bzw. Curricularanteilen hinsichtlich der im Rahmen des Dienstleistungsexports aufnehmenden Studiengänge rügen, führt auch dies nicht zu der Annahme, der Dienstleitungsexport sei fehlerhaft berechnet worden und könne im geltend gemachten Umfang mit der Folge der Kapazitätserhöhung nicht berücksichtigt werden. Soweit die Regelungen des Staatsvertrages angesprochen sind, kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

22

Hinsichtlich der in Bezug genommenen Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg fehlt bereits unter dem Blickwinkel des Darlegungserfordernisses Vortrag dazu, ob und inwieweit die betreffende Entscheidung auf das hiesige Landesrecht, insbesondere unter Berücksichtigung der vorstehend erläuterten Normsystematik des § 3 HZG M-V in der bis zum 31. März 2010 geltenden Fassung, übertragen werden kann. Darüber hinaus betrifft die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg nicht "Lehrveranstaltungsstunden, die die Lehreinheit für nicht zugeordnete Studiengänge zu erbringen hat" (vgl. § 11 Abs. 1 KapVO), sondern bezieht sich auf den Fall, dass einer Lehreinheit mehrere Studiengänge zugeordnet sind, und nimmt damit andere kapazitätsrechtliche Fragestellungen im Kontext von § 12 Abs. 1 KapVO in den Blick (ebenso OVG Münster, Beschl. v. 08.07.2009 - 13 C 93/09 -). Das Beschwerdevorbringen legt mit seinem Hinweis darauf, dass die Ermittlung der Anteilsquote nur unter Berücksichtigung eines CNW nach § 13 KapVO erfolgen könne, nicht hinreichend dar, dass die vorliegend angesprochene kapazitätsrechtliche Fragestellung gleich zu behandeln sei. Diese Erwägung ist im Übrigen zirkelschlüssig, wenn vorgetragen wird, die Berechnung der Aufnahmekapazität der zugeordneten Studiengänge könne "wiederum nur unter Berücksichtigung eines CNW nach § 13 KapVO erfolgen"; die Erforderlichkeit der Festsetzung eines CNW für den aufnehmenden Studiengang wäre zunächst zu zu belegen, dann erst könnte mit der Gleichartigkeit der Berechnungsmethodik argumentiert werden. Im Übrigen sieht der Senat mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen auch in der Sache keine Veranlassung, aus der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg für das hiesige Landesrecht die von den Antragstellerinnen gewünschten Schlussfolgerungen zu ziehen.

23

Auch aus dem von den Antragstellerinnen angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1989 - 7 C 15/88 - (NVwZ-RR 1990, 349 - zitiert nach juris) ergibt sich nichts Abweichendes. Dieses Urteil betrifft die Frage der kapazitätsrechtlichen Wirksamkeit der Bildung "großer" Lehreinheiten bestehend aus mehreren Fächern unter Zuordnung mehrerer Studiengänge, also nicht Fragen des Dienstleistungsexports. Die konkret zitierte Passage aus den Entscheidungsgründen konstruiert zudem einen Gegensatz, der der Entscheidung jedoch so nicht zu entnehmen ist. Wenn dort von einer "Entscheidung des Staates" die Rede ist, kann dies nicht ohne weiteres - im Sinne der Antragstellerinnen - so verstanden werden, dass damit gesagt sein soll, ausschließlich die normsetzende Behörde - gemeint ist das Ministerium - und nicht die Universität wäre zur Entscheidung über die Verteilung des Lehrangebots berufen. Denn vorangehend hat das Bundesverwaltungsgericht gerade ausgeführt, "... durch die von der Beklagten und dem Ministerium gebildete 'große' Lehreinheit (wird) lediglich die mangelnde Widmungsneutralität der 'kleinen' Lehreinheit offengelegt und den kapazitätsbestimmenden Stellen die Möglichkeit eingeräumt, diesem Umstand durch eine auf 60 Studienanfänger im Jahr berechnete Anteilsquote für den Studiengang Biochemie entgegenzuwirken". Demzufolge liegt eher das Verständnis nahe, das Bundesverwaltungsgericht verstehe unter "Staat" sowohl Universität als auch Ministerium.

24

Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen ist zudem nicht erkennbar, auf welcher (verfassungs-) rechtlichen Grundlage ein Anordnungsanspruch der Antragstellerinnen anzuerkennen wäre, wenn bei richtiger Berechnung auf der Grundlage der tatsächlich vorhandenen Kapazitäten gewissermaßen "nur" ein - zwingend für erforderlich gehaltener - ausdrücklicher normativer Curricularnormwert für die betreffenden Studiengänge fehlen würde, jedoch keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen werden oder ersichtlich wären, dass die Kapazität nach Maßgabe der KapVO mit Blick auf den tatsächlichen Ausbildungsaufwand im Rahmen des Dienstleistungsexports fehlerhaft berechnet worden sein könnte. Blendete man in einer solchen Situation den tatsächlich im in die Kapazitätsberechnung eingestellten Umfang erfolgenden Dienstleistungsexport aus, würde der Rahmen des verfassungsrechtlichen Teilhabeanspruchs überschritten und letztlich ein Leistungsanspruch auf Schaffung zusätzlicher Kapazitäten begründet. Dies wäre ebenso wie ein verfassungsrechtlicher Pauschalanspruch auf einen "Sicherheitszuschlag" abzulehnen (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.11.2009 - OVG 5 NC 72.09 -, juris). Dies gilt umso mehr, als zum einen das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf der Basis der von der Universität vorgelegten Kapazitätsberechnungen für die Studiengänge Humanmedizin, Biologie, Biochemie und Humanbiologie mit der Zulassungszahlenverordnung vom 03. Juli 2009 einerseits für den Studiengang Humanmedizin und andererseits für die Studiengänge Biologie (Bachelor), Biochemie (Bachelor) und Humanbiologie (Bachelor) jeweils eine Zulassungszahl festgesetzt hat und folglich der Dienstleistungsexport der Lehreinheit Vorklinische Medizin ebenso wie die CNW von 7,4698 / 4,3450 / 4,4759 für die drei aufnehmenden Studiengänge (in vorstehender Reihenfolge) - letztere nach Maßgabe der entsprechenden Kapazitätsberichte - mittelbar eine normative Billigung durch das nach § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V zuständige Organ für die Festsetzung von Normwerten in Gestalt einer Rechtsverordnung gefunden haben. Zum anderen dürfte das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur als das zuständige Normsetzungsorgan während eines Hauptsacheverfahrens einen entsprechenden Normwert ggfs. noch mit verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässiger (unechter) Rückwirkung ausdrücklich festsetzen können, der dem in die Kapazitätsberechnung eingestellten Ausbildungsaufwand entspräche (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 26.05.2010 - 1 M 37/10 u. a. -). ..."

25

An dieser Rechtsprechung hält der Senat insbesondere auch unter dem Eindruck des ergänzenden Vorbringens des insoweit Unterbevollmächtigten der Antragstellerin in dessen Schriftsatz vom 10. Mai 2010 fest. Abgesehen davon, dass in dem dort in Bezug genommenen Schreiben des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur M-V vom 15. April 2010 auf die der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg entgegengesetzte Rechtsprechung verwiesen wird, diesem also gerade kein "Eingeständnis eines Normierungsdefizits" entnommen werden kann, vermag die ministerielle Absicht, zukünftig CNW für Dienstleistungen nachfragende Studiengänge festsetzen zu wollen, an der dargestellten Rechtslage nichts zu ändern. Im Übrigen kann diesem Schreiben entnommen werden, dass die vorstehend angesprochene Möglichkeit einer Festsetzung von CNW-Werten während eines Hauptsacheverfahrens eine konkrete Grundlage hat, da das Ministerium eine solche Festlegung durch Verordnung plant. Mit Blick auf den im Schriftsatz der Antragstellerin vom 09. August 2010 enthaltenen Hinweis auf § 13 Abs. 4 Satz 2 KapVO ist anzumerken, dass insoweit schlicht behauptet wird, die danach erforderliche Abstimmung verlange eine normative Festsetzung des CNW. Insbesondere lässt sich dem Zitat der Antragstellerin aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.09.1981 - 7 N 1.79 - eine solche Forderung nicht entnehmen.

26

Soweit die Antragstellerin als Voraussetzung der kapazitätswirksamen Berücksichtigung des Dienstleitungsexports eine Akkreditierung der betreffenden Studiengänge für notwendig hält, hat der Senat zu entsprechendem Vorbringen der Antragstellerinnen in den dortigen Beschwerdeverfahren in seinem vorerwähnten Beschluss vom 05. Juli 2010 - vorliegend entsprechend übertragbar - ausgeführt:

27

"...Der Dienstleistungsexport für die drei Bachelor-Studiengänge ist auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Antragstellerinnen geltend machen, die kapazitätsrechtliche Berücksichtigung desselben setzte eine Akkreditierung nach § 28 Abs. 5 Satz 2 LHG M-V voraus, von einer wirksamen Studien- und Prüfungsordnung, die Voraussetzung für die Anerkennung des Dienstleistungsexports sei, könne nur dann die Rede sein, wenn eine wirksame Akkreditierung vorliege, die der Antragsgegner nicht nachgewiesen habe. Die Antragstellerinnen berufen sich auf Äußerungen von "Vertretern zahlreicher Hochschulen", denen zufolge zahlreiche Bachelor-Studiengänge betrieben würden, bei denen entweder gar keine Akkreditierung vorliege oder diese bereits abgelaufen sei.

28

Hinsichtlich seiner tatsächlichen Grundlagen geht dieses Vorbringen zunächst "ins Blaue" und genügt offenkundig nicht dem Darlegungserfordernis.

29

Aber auch in der Sache folgt der Senat diesem Vorbringen nicht: Gemäß § 28 Abs. 5 Satz 1 LHG M-V sind neu einzurichtende Studiengänge zu modularisieren und mit einem Leistungspunktesystem zu versehen, welches das europäische Kredit-Transfer-System (ECTS) berücksichtigt. Studiengänge, die zu einem Bachelor- (Bakkalaureus-) oder Master- (Magister-) Abschluss führen, sind zusätzlich bei einer anerkannten Stelle zu akkreditieren (Satz 2). Andere neue Studiengänge sind zu akkreditieren, soweit anerkannte Stellen entsprechende Akkreditierungen durchführen (Satz 3). Das in § 28 Abs. 5 Satz 2 LHG M-V geregelte Akkreditierungserfordernis steht der kapazitätsrechtlichen Berücksichtigung von Dienstleistungsexporten in einen aufnehmenden, neu eingerichteten, aber (noch) nicht akkreditierten Studiengang nicht entgegen. Dies zeigt des systematische Kontext zu § 28 Abs. 4 LHG M-V, der die Einrichtung von Studiengängen den Hochschulen zuweist (Satz 1), eine bloße Anzeigepflicht und Darlegungspflicht hinsichtlich Stellen und Mitteln gegenüber dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Sätze 2, 3) und ein Einvernehmenserfordernis (Satz 4) unter bestimmten Voraussetzungen regelt. Gemäß § 28 Abs. 4 Satz 5 LHG M-V ist schließlich Voraussetzung für die Einschreibung von Studierenden in einen neuen Studiengang (nur) die gemäß § 13 Abs. 4 genehmigte Prüfungsordnung, nicht jedoch eine Akkreditierung. § 28 Abs. 4 Satz 6 LHG M-V ergänzt diese Bestimmungen um eine Untersagungsermächtigung zu Gunsten des Ministeriums. Die Bestimmungen des § 28 Abs. 4, 5 LHG M-V sind zudem im Kontext des § 11 Nr. 1 LHG M-V zu sehen, wonach Staat und Hochschule nach den Bestimmungen des Gesetzes insbesondere bei der Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Studiengängen zusammenwirken. Nach alledem ist nicht ersichtlich, dass die Akkreditierung eines neuen Bachelor-Studiengangs Voraussetzung dafür wäre, dass er kapazitätswirksam Dienstleistungsexporte aufnehmen dürfte (vgl. OVG A-Stadt, Beschl. v. 19.10.2009 - 3 Nc 82/08 -, juris; OVG Magdeburg, Beschl. v. 16.07.2009 - 3 N 599/08 -, juris; VGH München, Beschl. v. 19.09.2007 - 7 CE 07.10334, u. a. -, juris). ..."

30

Die Antragstellerin rügt bezogen auf den Bachelor-Studiengang Biomedizinische Technik weiter, vom Antragsgegner sei keine Berechnung des CAq mit den Faktoren v, g und f vorgelegt worden, die Gruppengrößen seien in der Studienordnung nicht normiert. Weder aus kapazitätsrechtlichen Vorschriften bzw. sonstigem Landesrecht noch aus Verfassungsrecht ist jedoch eine Verpflichtung zur normativen Festlegung von Gruppengrößen in Studienordnungen vorgeschrieben (vgl. VGH München, Beschl. v. 01.07.2009 - 7 CE 09.10044 -, juris; VGH Kassel, Urt. v. 24.09.2009 - 10 B 1142/09.MM.W8 -, juris; OVG Bremen, Beschl. v. 16.03.2010 - 2 B 428/09 -, juris; OVG Greifswald, Beschl. v. 05.07.2010 - 1 M 28/10 u. a. -). Wenn die Antragstellerin zudem ausführt, eine Berechnung des CAq sei nicht vorgelegt worden, so dass nicht nachvollzogen werden könne, wie sich der Wert von 0,11 ergebe, genügt dieser Vortrag insgesamt jedenfalls mangels Auseinandersetzung mit den ausdrücklich hierauf bezogenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht dem Darlegungserfordernis. Der Vortrag ist zudem angesichts dieser Erwägungen seinerseits nicht nachvollziehbar, führt das Verwaltungsgericht doch aus, die insoweit angesetzte Lehrnachfrage mit einem CAq-Wert von 0,11 habe der Antragsgegner mit einem entsprechenden die Curricularanteile ausweisenden "CNW-Ausfüllnachweis", dem 2 SWS Vorlesungen jeweils in Anatomie und Physiologie bei einer Gruppengröße von 150 und jeweils 1 SWS Praktikum bei einer Gruppengröße von 20 zu entnehmen seien, unterlegt.

31

Auch die im Kontext der Frage nach dem ordnungsgemäßen Zustandekommen der Studienordnungen der Exportstudiengänge und nach der Richtigkeit der für diese vorgenommenen Schwundquotenberechnungen angegriffene Erwägung des Verwaltungsgerichts, wenn "ins Blaue hinein" abstrakt mögliche Fehlerquellen bei der Kapazitätsberechnung aufgelistet werden, bestünde für das Gericht keine Notwendigkeit zur weiteren Amtsaufklärung, ist mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht im Übrigen vorgenommene Überprüfung der Ausbildungskapazität nicht zu beanstanden. Wenn die Antragstellerin ausführt, es seien von ihr "einige Punkte, die bei der Kapazitätsberechnung überprüft werden müssen" aufgelistet worden, bestätigt dies die Wertung des Verwaltungsgerichts, es handele sich um eine Auflistung abstrakt möglicher Fehlerquellen bei der Kapazitätsberechnung. Das Verwaltungsgericht hat sich zudem mit einzelnen konkreten Fragestellungen hinsichtlich der vorstehend angesprochenen Gesichtspunkte des Dienstleistungsexports auseinandergesetzt und entsprechend nähere Prüfungen vorgenommen. Hinsichtlich dieser Ausführungen liegt jedenfalls die vom Bundesverfassungsgerichts geforderte kursorische oder stichprobenartige Überprüfung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.03.2004 - 1 BvR 356/04 -, NVwZ 2004, 1112 - zitiert nach juris) unter verschiedenen Gesichtspunkten, die auch konkret von Antragstellern erstinstanzlich gerügt worden sind, vor. Das Bundesverfassungsgericht verlangt in seiner von der Antragstellerin umfangreich zitierten Entscheidung gerade nicht, dass die Verwaltungsgerichte in Eilverfahren, mag die gerichtliche Prüfung auch längere Zeit in Anspruch genommen haben, "ins Blaue" jede auch nur abstrakt-theoretische Fehlerquelle für eine Kapazitätsberechnung genauestens unter die Lupe nehmen (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 22.10.1991 - 1 BvR 393/85, 1 BvR 610/85 -, BVerfGE 85, 36 - zitiert nach juris ). Die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 23.07.1987 - 7 C 10.86 u. a. -, NVwZ 1989, 360) ist schon deshalb nicht einschlägig, weil sie sich auf das Hauptsacheverfahren bezieht. Im Übrigen genügt es unter der Geltung des Darlegungserfordernisses im Beschwerdeverfahren (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) zur Begründung des geltend gemachten Anordnungsanspruchs grundsätzlich nicht, auf vermeintliche Ermittlungsdefizite im erstinstanzlichen Verfahren zu verweisen und/oder das Rechtsmittelgericht um weitere Ermittlungen mit dem Ziel zu bitten, Darlegungsdefizite im eigenen Vorbringen auszugleichen bzw. eigene Darlegungen zu ersetzen (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 03.03.2009 - 1 M 140/08 u. a. -; Beschl. v. 11.07.2008 - 1 N 17/07 -).

32

Soweit mit dem Beschwerdevorbringen die Ansetzung des Schwundfaktors 1 für den Studiengang Biomedizinische Technik gerügt wird, begründet dies keine durchgreifenden Bedenken gegen die hierauf bezogenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts und zeigt jedenfalls nicht auf, dass die Antragstellerin insoweit einen Anordnungsanspruch gelten machen könnte.

33

Die Angriffe gegen den Dienstleistungsbedarf betreffend den Studiengang Lehramt für Sonderpädagogik genügen wiederum bereits nicht dem Darlegungserfordernis. Das Verwaltungsgericht hat hierzu erläutert, insoweit änderten die vorgebrachten Umstände "nichts an dem angesetzten CAq von 0,02 (Gruppengröße 50, Anrechnungsfaktor 1, Gesamt-CNW 3,19) und einem Dienstleistungsverbrauch (bei 53 im WS 2007/2008 eingeschriebenen Studienanfängern und einer Schwundquote von 0,9617) von 0,5097 DS wie im Kapazitätsbericht Medizin ausgewiesen". Damit setzt sich das Beschwerdevorbringen nicht hinreichend auseinander, sondern rügt pauschal, eine Berechnung des CAq sei nicht vorgelegt worden, der CAq-Wert von 0,02 sei nicht nachvollziehbar. Jedenfalls ist damit zudem keine höhere als die vom Verwaltungsgericht errechnete Ausbildungskapazität dargetan. Wenn schließlich der Wert Aq/2 von 26,5 als überhöht gerügt wird, fehlt es auch in dieser Hinsicht an einem Eingehen auf den Hinweis des Verwaltungsgerichts, dass im WS 2007/2008 53 Studienanfänger eingeschrieben gewesen seien. Dies stimmt mit den Daten der Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität gemäß KapVO des Instituts für Sonderpädagogische Entwicklungsförderung und Rehabilitation (ISER) überein. Daraus folgt aber ein Aq/2 von 26,5. Das Beschwerdevorbringen geht bei alledem insbesondere nicht auf die Voraussetzungen von § 11 Abs. 2 KapVO ein, wonach zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen Studienanfängerzahlen für die nicht zugeordneten Studiengänge anzusetzen sind, wobei die voraussichtlichen Zulassungszahlen für diese Studiengänge und/oder die bisherige Entwicklung der Studienanfängerzahlen zu berücksichtigen sind. Nach der letzten Alternative hat die Hochschule also zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen wohl auch die Studienanfängerzahl zum WS 2007/2008 zugrunde legen dürfen.

34

Hinsichtlich der Studiengänge Sport Lehramt Gymnasium, Sport Lehramt Haupt- und Realschulen, Sport Lehramt Grund- und Hauptschulen, Sport Lehramt Sonderpädagogik sowie Zahnmedizin enthält das Beschwerdevorbringen im Kern nur die pauschale Rüge, dass die von der Universität vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend seien, um den entsprechenden Dienstleistungsexport zu berücksichtigen. Insbesondere fehle eine Berechnung des CAq, ein vom Ministerium festgelegter CNW sei nicht nachgewiesen und eine Schwundberechnung nicht vorgelegt worden. Damit genügt die Antragstellerin entsprechend den vorstehenden Erwägungen nicht dem Darlegungserfordernis.

35

Die Rüge, es gebe keinen CNW für den der Lehreinheit vorklinische Medizin zugeordneten Bachelor-Studiengang Medizinische Biotechnologie, führt ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde. Insoweit gelten jedenfalls die vorstehenden Erwägungen zur Notwendigkeit der normativen Festsetzung des CNW für die Studiengänge, in die Dienstleistungsexporte erfolgen, entsprechend, soweit darin darauf verwiesen wird, es sei - erstens - nicht erkennbar, auf welcher (verfassungs-) rechtlichen Grundlage ein Anordnungsanspruch anzuerkennen wäre, wenn bei richtiger Berechnung auf der Grundlage der tatsächlich vorhandenen Kapazitäten gewissermaßen "nur" ein - zwingend für erforderlich gehaltener - ausdrücklicher normativer Curricularnormwert für die betreffenden Studiengänge fehlen würde, jedoch keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen werden oder ersichtlich wären, dass die Kapazität nach Maßgabe der KapVO mit Blick auf den tatsächlichen Ausbildungsaufwand für den Bachelor-Studiengang Medizinische Biotechnologie fehlerhaft berechnet worden sein könnte, es bestehe - zweitens - mit Blick auf die festgesetzten Zulassungszahlen zumindest eine mittelbare normative Bestätigung und dass - drittens - das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur als das zuständige Normsetzungsorgan während eines Hauptsacheverfahrens einen entsprechenden Normwert ggfs. noch mit verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässiger (unechter) Rückwirkung ausdrücklich festsetzen könnte, der dem in die Kapazitätsberechnung eingestellten Ausbildungsaufwand entspräche. Letzteres gilt umso mehr, als eine solche Festsetzung nach Maßgabe des von Seiten der Antragstellerin überreichten Schreibens des Ministeriums vom 15. April 2010 tatsächlich konkret beabsichtigt ist.

36

Soweit das Verwaltungsgericht die für den Studiengang Medizinische Biotechnologie im Kapazitätsbericht angenommene Schwundquote von 1 - letztmalig - gebilligt hat, setzt sich das Beschwerdevorbringen mit den gerichtlichen Ausführungen nicht hinreichend auseinander. Die im an das Ministerium gerichteten Schreiben der Universität vom 29. September 2009 insoweit enthaltenen Erläuterungen zum Kapazitätsbericht, eine Schwundquotenberechnung sei noch nicht möglich, weil der Studiengang noch relativ neu sei, erscheint zudem noch hinreichend plausibel, um die Schwundquote im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung auf 1 festzusetzen. Das Schwundverhalten von Studenten eines neu angebotenen Studiengangs, die zum Zeitpunkt ihrer entsprechenden Entscheidung für die Aufnahme gerade dieses Studiums gewissermaßen noch nicht genau wussten, "was auf sie zukam", konnte wohl auch noch zum Wintersemester 2008/2009 als nicht hinreichend zuverlässige Prognosegrundlage betrachtet werden, weil der erstmalig zum Wintersemester 2005/2006 angebotene sechssemestrige Bachelor-Studiengang jedenfalls zum Berechnungsstichtag 04.02.2008 noch nicht wenigstens einmal über volle sechs Semester gelaufen war.

37

Dem Darlegungserfordernis genügt auch der Vortrag der Antragstellerin nicht, dass vermeintlich vorhandene Doppel- und Zweitstudierende der Zahnmedizin von der Universität nicht ausgewiesen würden. Der Vortrag entbehrt einer auch nur ansatzweise konkreten Grundlage und geht daher "ins Blaue". Im Übrigen hat der Antragsgegner in den Verfahren betreffend das Wintersemester 2009/2010 ausweislich des dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin bekannten Beschlusses des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 02. August 2010 (vgl. S. 27/40) inzwischen mitgeteilt, im Wintersemester 2007/2008 habe es ebensowenig wie im Sommersemester 2008 Doppel- oder Zweitstudenten gegeben.

38

Mit ihrem weiteren Vorbringen zum CAp bzw. betreffend die Gruppengrößen und Anrechnungsfaktoren bei Seminaren, Praktika/Kursen und Vorlesungen dringt die Antragstellerin ebensowenig durch. Soweit die Antragstellerin sich bezüglich der Gruppengröße für Seminare zentral auf den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. April 1992 - OVG Bs III 115/02 - (juris) beruft, ist darauf hinzuweisen, dass das Hamburgische Oberverwaltungsgericht diese Rechtsprechung schon mit Beschluss vom 18. Oktober 1999 - 3 Nc 110/99 - (NordÖR 2000, 158 - zitiert nach juris) aufgegeben hat. In seinem Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 3 Nc 90/07 - (juris) hat es insoweit zutreffend ausgeführt, für die Gruppengrößen enthalte § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO eine normative Vorgabe, nach der die Zahl der Teilnehmer an einem Seminar 20 nicht überschreiten darf. Insoweit sei es unerheblich, ob die Seminare nach Auffassung einiger Antragsteller auch mit mehr Teilnehmern durchgeführt werden könnten oder in der Vergangenheit durchgeführt worden seien. Die Gruppengrößen könnten zudem nicht konkret nach den tatsächlichen Gegebenheiten angesetzt werden, da die tatsächliche Gruppengröße einer Lehrveranstaltung erst nach der Kapazitätsberechnung während des Semesters bekannt werde, sondern es müssten der Berechnung abstrakte Gruppengrößen zu Grunde gelegt werden (vgl. auch OVG Magdeburg, Beschl. v. 16.07.2009 - 3 N 599/08 -, juris). Zur Frage des Anrechnungsfaktors schließt sich der Senat den Erwägungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in dessen Beschluss vom 22. Oktober 2009 - 7 CE 09.10572, 7 CE 09.10573 - (juris) an. Die Ausführungen der Antragstellerin zu diesem Gesichtspunkt sind mit Blick auf das Darlegungserfordernis zu abstrakt und pauschal und bilden in keiner Weise die konkreten Verhältnisse im Bereich der Universität C-Stadt ab. Das in diesem Zusammenhang und auch zur Gruppengröße bei den Praktika von der Antragstellerin formulierte Aufklärungsbegehren kann den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ebenfalls nicht gerecht werden. Die Entscheidung des Niedersächsischen OVG vom 30.11.2004 - 2 NB 430/03 - (NVwZ-RR 2005, 409), auf die sich die Antragstellerin maßgeblich für ihre Forderung, die Gruppengröße g = 180 für Vorlesungen sei zu erhöhen, beruft, ist ebenfalls überholt. Das Niedersächsische OVG hat die entsprechende Rechtsprechung inzwischen aufgegeben (vgl. Beschl. v. 27.02.2009 - 2 NB 154/08 -, juris). Im Übrigen ist die Gruppengröße g = 180 auch in der Rechtsprechung des Senats, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend verwiesen hat, bereits gebilligt worden (vgl. Beschl. v. 19.08.2008 - 1 M 41/08 -; vgl. im Übrigen auch Beschl. 03.02.2009 - 1 M 135/08 -).

39

Das mit am 25. Juni 2010 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz erfolgte und mit weiterem Schriftsatz vom 09. August 2010 ergänzte Vorbringen zu den CNW-Berechnungen zum Dienstleistungsexport hat die Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht gewahrt und ist deshalb als verspätetes Vorbringen nicht berücksichtigungsfähig. Insoweit handelt es sich auch nicht um eine - zulässige - Vertiefung rechtzeitigen und dem Darlegungserfordernis genügenden Vortrags. Zwar hat die Antragstellerin in der Beschwerdebegründungsfrist Angriffe gegen die entsprechenden CNW gerichtet (S. 6 ff. des Schriftsatzes vom 11. November 2009). Diese genügten - wie vorstehend ausgeführt - jedoch nicht dem Darlegungserfordernis.

40

Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Begründung der Beschwerde kam nicht in Betracht. Gemäß § 60 Abs. 1 VwGO ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Antragstellerin war jedoch nicht ohne Verschulden verhindert, ihre Beschwerde mit Ausführungen zu den CNW-Berechnungen zum Dienstleistungsexport in der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO zu begründen. Dabei steht das - hier vorliegende - Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Antragstellerin gleich (vgl. § 173 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO).

41

Die Antragstellerin hat ihren Wiedereinsetzungsantrag mit dem am 25. Juni 2010 eingegangenen Schriftsatz gestellt und begründet. Sie hat dabei vorgetragen, dass ihr die "CNW-Berechnungen" am 15. Juni 2010 zugegangen seien. Die Stellung des Wiedereinsetzungsantrages wäre insoweit in der einmonatigen Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO erfolgt, da das behauptete Hindernis - die fehlende Kenntnis von den erwähnten "CNW-Berechnungen" - für die rechtzeitige Beschwerdebegründung in dem vorstehend angesprochenen Punkt nach dem Vortrag der Antragstellerin erst mit Übersendung der Anlagen zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 09. Juni 2010, der "CNW-Berechnungen", weggefallen wäre.

42

Im Übrigen sind die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in die Beschwerdebegründungsfrist aber jedenfalls nicht erfüllt.

43

Die einmonatige Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO gilt nicht nur für die Antragstellung, sondern auch für die Geltendmachung der Wiedereinsetzungsgründe (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 60 VwGO Rn. 27). Diese Frist ist am 15. Juli 2010 abgelaufen. In der Wiedereinsetzungsfrist hat die Antragstellerin lediglich vorgetragen, ihr sei vorher, d. h. vor Übermittlung der "CNW-Berechnungen", eine Stellungnahme mangels Kenntnis nicht möglich gewesen. Ihr Vortrag hat sich also darauf beschränkt, die Unkenntnis von den betreffenden Unterlagen geltend zu machen, die es ihr unmöglich gemacht habe, in der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO die Beschwerde insoweit zu begründen (ähnlich bereits im Schriftsatz vom 12. Juni 2010). Damit hat sie jedoch keine Gründe vorgetragen, die die beantragte Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten. Die an die Antragstellerin mit gerichtlicher Verfügung vom 14. Juni 2010 übermittelten Unterlagen befanden sich nämlich - worauf der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 04. August 2010 zutreffend hinweist - vollständig in Band I der Generalakten des Verwaltungsgerichts. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat zwar mit Beschwerdeeinlegung am 21. Oktober 2009 Akteneinsicht beantragt, die auch gemäß Verfügung des Verwaltungsgerichts vom 26. Oktober 2010 in den hier interessierenden Band I der Generalakten dergestalt gewährt wurde, dass sie "nur hier vor Ort", also im Verwaltungsgericht erfolgen konnte. Zudem hat das Verwaltungsgericht auf die Möglichkeit der Fertigung und Übersendung von Kopien näher bezeichneter Unterlagen verwiesen. Der Prozessbevollmächtigte hat die gewährte Akteneinsicht nach Aktenlage jedoch nicht vorgenommen. Er hat sich damit selbst der Möglichkeit beraubt, während der noch laufenden Beschwerdebegründungsfrist Kenntnis von den "CNW-Berechnungen" zu erhalten. Damit ist seine Unkenntnis der "CNW-Berechnungen" nicht unverschuldet, eine rechtzeitige Kenntnisnahme und anschließend hierauf bezogene Beschwerdebegründung und damit eine Fristwahrung wäre möglich gewesen.

44

Das in Reaktion auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 04. August 2010 mit am 09. August 2010 eingegangenem Schriftsatz erfolgte weitere Vorbringen der Antragstellerin zu den Wiedereinsetzungsgründen kann schon deshalb keine Wiedereinsetzung begründen, weil es nicht in der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO erfolgt ist. Unabhängig davon fehlt es hinsichtlich der vorgetragenen Tatsachen (Telefonat mit dem Vizepräsidenten des VG) an jeglicher Glaubhaftmachung (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO); aktenkundig ist ein derartiges Telefonat jedenfalls nicht. Der betreffende Tatsachenvortrag ist zudem ohnehin vage, da der Prozessbevollmächtigte ihn selbst relativiert ("..., soweit sich der Unterzeichnende erinnert,..."; "... nach der Erinnerung des Unterzeichnenden ..."). Selbst wenn es im Übrigen ein entsprechendes Telefonat gegeben hat, änderte dies nichts an einem die Wiedereinsetzung ausschließenden Mitverschulden der Antragstellerin. Denn der Begründung des angefochtenen Beschlusses lassen sich auf Seite 19 zweimal hinreichend deutliche Hinweise auf das Vorliegen der in Rede stehenden Unterlagen bei Gericht entnehmen (Untersetzung mit "CNW-Ausfüllnachweis"; "auch insoweit hat der Antragsgegner ergänzend nunmehr 'CNW-Ausfüllnachweise' vorgelegt, ..."). Zumindest hätte hier ein Widerspruch zu der behaupteten gerichtlichen Aussage, alle vom Antragsgegner eingereichten Unterlagen seien an die Prozessbevollmächtigten gegangen, bemerkt werden müssen, der Veranlassung zu weiterer Klärung oder Wahrnehmung der Gelegenheit zur Akteneinsicht hätte geben müssen. Die Mutmaßungen dazu, ob und wann die angesprochenen E-Mail-Ausdrucke zur Generalakte gelangt sind, gehen ersichtlich ins Blaue.

45

2. Die unselbständige Anschlussbeschwerde des Antragsgegners, mit der er die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses und die Zurückweisung des einstweiligen Anordnungsantrags der Antragstellerin verfolgt, hat keinen Erfolg.

46

Vorliegend erscheint bereits zweifelhaft, ob der Antragsgegner über das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis verfügt. Zu beachten ist insoweit auf der einen Seite, dass die Antragstellerin im verwaltungsgerichtlich angeordneten Losverfahren keinen - vorläufigen - Studienplatz erhalten hat und damit ihr entsprechender Zulassungsanspruch entfallen ist (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u. a. -, juris). Daraus folgt, dass der Antragsgegner im Verhältnis zur Antragstellerin auf der Grundlage des angefochtenen Beschluss nicht mehr dadurch belastet sein kann, dass er sie - vorläufig - zum Studium zulassen müsste. Auf der anderen Seite hat der Antragsgegner sich nicht mit einer Beschwerde gegen solche Antragsteller gewandt, die auf der Basis des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses im Losverfahren einen - vorläufigen - Studienplatz erhalten haben. Er hat damit die aus diesem Beschluss für ihn folgende Beschwer hingenommen. Deren Beseitigung kann er insbesondere im vorliegenden Anschlussbeschwerdeverfahren nicht mehr erreichen. Insoweit sieht sich der Antragsgegner dem Einwand selbstwidersprüchlichen Verhaltens ausgesetzt, wenn er einerseits die aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung folgende Beschwer akzeptiert, andererseits aber vorliegend - teilweise - die der Entscheidung insoweit zugrunde liegenden Erwägungen angreift, ohne dass dies im Erfolgsfall seine Beschwer entfallen lassen könnte.

47

Unabhängig hiervon ist die unselbständige Anschlussbeschwerde aber jedenfalls aus weiteren Gründen zurückzuweisen.

48

Eine sog. unselbständige Anschlussbeschwerde erfüllt im Unterschied zur selbständigen nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer gewöhnlichen Beschwerde. Vorliegend wäre eine eigene, nach Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses am 12. Oktober 2009 mit dem am 09. Dezember 2009 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz eingelegte Beschwerde bzw. selbständige Anschlussbeschwerde des Antragsgegners wegen Nichteinhaltung der Beschwerdebegründungsfrist bereits unzulässig gewesen. Insoweit ist die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners als unselbständig zu qualifizieren.

49

Ein unselbständige Anschlussbeschwerde wird in Rechtsprechung und Literatur vielfach als nach den §§ 146, 127 analog, 173 VwGO i. V. m. § 567 Abs. 3 ZPO grundsätzlich statthaft erachtet. Es bestehen aus Sicht des Senats jedoch erhebliche Zweifel, ob die Zulassung einer derartigen Anschlussbeschwerde den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit genügt (vgl. auch VGH Mannheim, Beschl. v. 26.10.2001 - 4 S 2196/01 -, VBlBW 2002, 165 zum Anschlusszulassungsantrag im früheren Beschwerdezulassungsverfahren; vgl. auch Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 46 ff., der Zweifel an der Zulässigkeit thematisiert - nicht jedoch unter dem Blickwinkel der Rechtsmittelklarheit -, aber zur Bejahung derselben kommt). Rechtsbehelfe müssen in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt und in ihren Voraussetzungen für die Bürger erkennbar sein. Wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist der Grundsatz der Rechtssicherheit. Er wirkt sich im Bereich des Verfahrensrechts unter anderem in dem Postulat der Rechtsmittelklarheit aus. Das rechtsstaatliche Erfordernis der Messbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns führt zu dem Gebot, dem Rechtsuchenden den Weg zur Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen klar vorzuzeichnen. Die rechtliche Ausgestaltung des Rechtsmittels soll dem Bürger insbesondere die Prüfung ermöglichen, ob und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist. Sind die Formerfordernisse so kompliziert und schwer zu erfassen, dass nicht erwartet werden kann, der Rechtsuchende werde sich in zumutbarer Weise darüber Aufklärung verschaffen können, müsste die Rechtsordnung zumindest für eine das Defizit ausgleichende Rechtsmittelbelehrung sorgen. Diese kann aber zuverlässig nur erteilt werden, wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen des jeweiligen Rechtsbehelfs in der Rechtsordnung geregelt sind (vgl. zum Ganzen BVerfG, Plenumsbeschl. v. 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 -, BVerfGE 107, 395 - zitiert nach juris).

50

Dass ein Rechtsmittel der Anschlussbeschwerde in der Prozessordnung klar vorgezeichnet wäre, ist aus Sicht des Senats zumindest zweifelhaft. Zunächst sprechen die detaillierten Regelungen der VwGO zur Beschwerde - insbesondere in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - unter dem Blickwinkel der spezielleren Norm dagegen, einen Rückgriff auf § 567 Abs. 3 ZPO zuzulassen. Wenn im Übrigen die VwGO als einschlägige Prozessordnung für das Rechtsmittel der Berufung mit § 127 VwGO ausdrücklich eine wiederum detaillierte Regelung zur Anschlussberufung bereit hält, eine entsprechende Bestimmung für die Beschwerde aber fehlt, kann nicht die Rede davon sein, ein Rechtsmittel der Anschlussbeschwerde würde dem Rechtsuchenden in der VwGO klar vorgezeichnet. Nimmt man zusätzlich in den Blick, dass hinsichtlich der Ausgestaltung des Rechtsmittels der Anschlussbeschwerde etwa im Streit steht, ob die Frist des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO entsprechend gilt (vgl. hierzu OVG Saarlouis, Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u. a. -, juris, m. w. N.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 146 Rn. 46; Hk-VerwR/Himstedt/Schäfer, 2. Aufl., § 127 Rn. 32; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 46) und ob ein Begründungserfordernis zu bejahen ist (dagegen etwa Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 48; dafür OVG A-Stadt, Beschl. v. 15.12.2006 - 3 Bs 112/06 -, NVwZ 2007, 604 - zitiert nach juris ; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 146 Rn. 46 m. w. N.), erscheint es angesichts der daraus für den Rechtsschutzsuchenden folgenden Unsicherheiten fraglich, dass eine unselbständige Anschlussbeschwerde als statthaft betrachtet werden kann.

51

Der Senat kann die Frage der Statthaftigkeit allerdings offen lassen, da die Anschlussbeschwerde aus anderen Gründen keinen Erfolg hat; auf die umstrittene Frage, ob die Monatsfrist des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO entsprechend einzuhalten ist, kommt es vorliegend allerdings nicht an, da die Beschwerdebegründung der Antragstellerin dem Antragsgegner am 25. November 2009 zugestellt worden ist und dieser binnen eines Monats am 09. Dezember 2009 beim Oberverwaltungsgericht seine Anschlussbeschwerde eingelegt hat.

52

Der Senat folgt der Auffassung, derzufolge in entsprechender Anwendung dieser Vorschriften auch für die Anschlussbeschwerde jedenfalls die Begründungspflicht des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO und der eingeschränkte Überprüfungsumfang des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gelten, um eine gewisse Waffengleichheit zwischen der qualifizierten Anforderungen unterliegenden Beschwerde und der Anschlussbeschwerde zu erreichen (vgl. OVG A-Stadt, Beschl. v. 15.12.2006 - 3 Bs 112/06 -, NVwZ 2007, 604 - zitiert nach juris ; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 146 Rn. 46 m. w. N.). Dafür spricht auch die Erwägung, dass der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Ausgestaltung des Rechtsbehelfssystems zwar einen weiten Spielraum hat, er dabei aber insbesondere auch die Interessen anderer Verfahrensbeteiligter zu berücksichtigen hat (vgl. BVerfG, Plenumsbeschl. v. 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 -, BVerfGE 107, 395 - zitiert nach juris). Dagegen kann nicht eingewandt werden, eine besondere Begründungspflicht vertrüge sich nicht damit, dass über Beschwerden gegen Entscheidungen des vorläufigen Rechtsschutzes schnell entschieden werden solle (vgl. Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 48). Denn die Zulassung eines Rechtsbehelfs der Anschlussbeschwerde wirkt sich ihrerseits bereits offensichtlich in der Tendenz verfahrensverzögernd aus. Die Begründungspflicht dient zudem - wie bei der Beschwerde - grundsätzlich und insbesondere in Verknüpfung mit § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO der Beschleunigung des (Anschluss-) Beschwerdeverfahrens. Ohne Begründungspflicht käme im Übrigen die gerichtliche Pflicht zur Amtsermittlung gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO zum Tragen. Schließlich erschiene es als unauflösbarer Wertungswiderspruch, wenn derjenige, der eine unselbständige Anschlussbeschwerde einlegt, eine weitergehende Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung erreichen könnte als bei Einlegung einer selbständigen Beschwerde unter Wahrung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 146 Abs. 4 VwGO.

53

Bereits den danach zu berücksichtigenden Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt die Begründung der Anschlussbeschwerde überwiegend nicht. Der Antragsgegner geht im Rahmen der Begründung seiner Anschlussbeschwerde zunächst nicht darauf ein, dass das Verwaltungsgericht der Lehrangebotsberechnung ein zusätzliches Lehrangebot von zusammen 12 Deputatsstunden wegen nicht hinreichend gerechtfertigter "kapazitätsverknappender" Stellenverschiebungen hinzugerechnet hat. Gleiches gilt bezogen auf die vom Verwaltungsgericht nach Maßgabe von § 10 KapVO berechnete erhöhte Kapazität. Aber auch soweit die im Mittelpunkt des Vorbringens der Anschlussbeschwerde stehende Anlage 1a und die mit Blick auf diese vom Verwaltungsgericht ermittelte zusätzliche Ausbildungskapazität betroffen ist, genügt der Vortrag nach Maßgabe des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 09. Dezember 2009 nicht dem Darlegungserfordernis. Darin wird im wesentlichen das im angefochtenen Beschluss umfänglich wiedergegebene erstinstanzliche Vorbringen wiederholt. Eine Auseinandersetzung mit den entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Erwägungen erfolgt nicht im erforderlichen Maße.

54

Soweit sich der Antragsgegner darauf beruft, dass mit Art. 1 der Dritten Satzung zur Änderung der Studienordnung für das Studium der Humanmedizin an der Universität C-Stadt vom 14. Dezember 2009 zwischenzeitlich die Anlage 1a aufgehoben worden und die Änderungssatzung zum 13. September 2004 - rückwirkend - in Kraft getreten sei, teilt der Senat jedenfalls in der Sache die vom Verwaltungsgericht in dessen Beschluss vom 02. August 2010 - 3 B 1271/09 u. a. - geäußerten Zweifel an einer Vereinbarkeit der rückwirkenden Aufhebung der Anlage 1a mit § 5 Abs. 2 KapVO bzw. - der Sache nach auch - § 5 Abs. 1 KapVO. Das Regelungssystem der KapVO sieht eine rückwirkende Änderung der tatsächlichen Eingabegrößen für die Berechnung der Ausbildungskapazität nicht vor. Dies gilt umso mehr, als auf der Basis der nach Maßgabe der KapVO errechneten bzw. zu errechnenden Ausbildungskapazität Zulassungszahlen festgesetzt worden und in entsprechender Anzahl Studenten zum Studium zugelassen worden sind. Diesen innerhalb der festgesetzten oder rechtmäßig festzusetzenden Kapazität zugelassenen Studenten kann aber auf der Grundlage einer kapazitätsvermindernden rückwirkenden Veränderung der tatsächlichen Grundlagen der Berechnung der Ausbildungskapazität der Studienplatz nicht wieder entzogen werden. § 5 KapVO dürfte systematisch die Berücksichtigung kapazitätsverändernder/-vermindernder Daten nur bis zum Beginn des Berechnungszeitraums bzw. längstens bis zum Abschluss des Vergabe- oder Auswahlverfahrens vorsehen (vgl. Bahro/Berlin, Hochschulzulassungsrecht, 4. Aufl., § 5 KapVO Rn. 4 ff., allerdings unter Hinweis darauf, dass kapazitätserhöhende Änderungen auch rückwirkend zu berücksichtigen seien). Insoweit dürfte die rückwirkende Aufhebung der Anlage 1a die Ausbildungskapazität im Studiengang Humanmedizin nicht mehr in rechtlich zulässiger Weise verändert haben können.

55

3. Die mit Schriftsatz vom 09. August 2010 eingelegte Anschlussbeschwerde der Antragstellerin zur Anschlussbeschwerde des Antragsgegners, mit der die Antragstellerin die Berücksichtigung ihres verspäteten Vorbringens erreichen will, ist unstatthaft und zu verwerfen. Ihre Zulassung würde zur Umgehung insbesondere der Voraussetzungen des § 146 Abs. 4 VwGO führen. Entschließt sich ein Beteiligter zur Einlegung einer Beschwerde, muss er diese Voraussetzungen erfüllen. Die gesetzlichen Bestimmungen, die zur Begründung der Statthaftigkeit einer Anschlussbeschwerde herangezogen werden, sehen die Anschließungsmöglichkeit auch ausdrücklich nur für den "Beschwerdegegner" oder den "Berufungsbeklagten und die anderen Beteiligten" vor, nicht jedoch für den Beschwerdeführer oder den Berufungskläger.

56

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

57

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 47 GKG (vgl. zum Streitwert OVG Greifswald, Beschl. v. 24.06.2008 - 1 O 75/08 -). Da Beschwerde, Anschlussbeschwerde und Anschlussbeschwerde zur Anschlussbeschwerde jeweils denselben Streitgegenstand betreffen, ist der Streitwert nicht zu erhöhen.

58

Dieser Beschluss ist jeweils unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Für Streitigkeiten zwischen einer natürlichen oder einer juristischen Person und einer Aufsichtsbehörde des Bundes oder eines Landes über Rechte gemäß Artikel 78 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU)2016/679sowie § 61 ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Satz 1 gilt nicht für Bußgeldverfahren.

(2) Die Verwaltungsgerichtsordnung ist nach Maßgabe der Absätze 3 bis 7 anzuwenden.

(3) Für Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.

(4) In Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist die Aufsichtsbehörde beteiligungsfähig.

(5) Beteiligte eines Verfahrens nach Absatz 1 Satz 1 sind

1.
die natürliche oder juristische Person als Klägerin oder Antragstellerin und
2.
die Aufsichtsbehörde als Beklagte oder Antragsgegnerin.
§ 63 Nummer 3 und 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(6) Ein Vorverfahren findet nicht statt.

(7) Die Aufsichtsbehörde darf gegenüber einer Behörde oder deren Rechtsträger nicht die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung anordnen.

(1) Ist eine Löschung im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung personenbezogener Daten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(3) Ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, wenn einer Löschung satzungsgemäße oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung von Sozialdaten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die Sozialdaten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Wird die Richtigkeit von Sozialdaten von der betroffenen Person bestritten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellen, gilt ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, dass dies keine Einschränkung der Verarbeitung bewirkt, soweit es um die Erfüllung sozialer Aufgaben geht; die ungeklärte Sachlage ist in geeigneter Weise festzuhalten. Die bestrittenen Daten dürfen nur mit einem Hinweis hierauf verarbeitet werden.

(3) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(4) Sind Sozialdaten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig, gilt ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 Absatz 1 entsprechend, wenn einer Löschung satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(5) Das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegenüber einer öffentlichen Stelle besteht nicht, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung von Sozialdaten verpflichtet.

(6) § 71 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(1) Für Streitigkeiten zwischen einer natürlichen oder einer juristischen Person und einer Aufsichtsbehörde des Bundes oder eines Landes über Rechte gemäß Artikel 78 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU)2016/679sowie § 61 ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Satz 1 gilt nicht für Bußgeldverfahren.

(2) Die Verwaltungsgerichtsordnung ist nach Maßgabe der Absätze 3 bis 7 anzuwenden.

(3) Für Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.

(4) In Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist die Aufsichtsbehörde beteiligungsfähig.

(5) Beteiligte eines Verfahrens nach Absatz 1 Satz 1 sind

1.
die natürliche oder juristische Person als Klägerin oder Antragstellerin und
2.
die Aufsichtsbehörde als Beklagte oder Antragsgegnerin.
§ 63 Nummer 3 und 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(6) Ein Vorverfahren findet nicht statt.

(7) Die Aufsichtsbehörde darf gegenüber einer Behörde oder deren Rechtsträger nicht die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung anordnen.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Für Streitigkeiten zwischen einer natürlichen oder einer juristischen Person und einer Aufsichtsbehörde des Bundes oder eines Landes über Rechte gemäß Artikel 78 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU)2016/679sowie § 61 ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Satz 1 gilt nicht für Bußgeldverfahren.

(2) Die Verwaltungsgerichtsordnung ist nach Maßgabe der Absätze 3 bis 7 anzuwenden.

(3) Für Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.

(4) In Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist die Aufsichtsbehörde beteiligungsfähig.

(5) Beteiligte eines Verfahrens nach Absatz 1 Satz 1 sind

1.
die natürliche oder juristische Person als Klägerin oder Antragstellerin und
2.
die Aufsichtsbehörde als Beklagte oder Antragsgegnerin.
§ 63 Nummer 3 und 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(6) Ein Vorverfahren findet nicht statt.

(7) Die Aufsichtsbehörde darf gegenüber einer Behörde oder deren Rechtsträger nicht die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung anordnen.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Für Streitigkeiten zwischen einer natürlichen oder einer juristischen Person und einer Aufsichtsbehörde des Bundes oder eines Landes über Rechte gemäß Artikel 78 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU)2016/679sowie § 61 ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Satz 1 gilt nicht für Bußgeldverfahren.

(2) Die Verwaltungsgerichtsordnung ist nach Maßgabe der Absätze 3 bis 7 anzuwenden.

(3) Für Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.

(4) In Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 ist die Aufsichtsbehörde beteiligungsfähig.

(5) Beteiligte eines Verfahrens nach Absatz 1 Satz 1 sind

1.
die natürliche oder juristische Person als Klägerin oder Antragstellerin und
2.
die Aufsichtsbehörde als Beklagte oder Antragsgegnerin.
§ 63 Nummer 3 und 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(6) Ein Vorverfahren findet nicht statt.

(7) Die Aufsichtsbehörde darf gegenüber einer Behörde oder deren Rechtsträger nicht die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung anordnen.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten durch die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden gesetzlichen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist und für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für die Zwecke geändert oder genutzt werden, für die sie gespeichert worden sind.

(2) Die nach Absatz 1 gespeicherten Daten dürfen von demselben Verantwortlichen für andere Zwecke nur gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn

1.
die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften dieses Gesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind,
2.
es zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erforderlich ist und die Voraussetzungen des § 75 Absatz 1, 2 oder 4a Satz 1 vorliegen.

(3) Eine Speicherung, Veränderung oder Nutzung von Sozialdaten ist zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung von Aufsichts-, Kontroll- und Disziplinarbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Verantwortlichen oder für die Wahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit eines informationstechnischen Systems durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erforderlich ist. Das gilt auch für die Veränderung oder Nutzung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch den Verantwortlichen, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen.

(4) Sozialdaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verändert, genutzt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

(5) Für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich erhobene oder gespeicherte Sozialdaten dürfen von den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen nur für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich oder der Planung im Sozialleistungsbereich verändert oder genutzt werden. Die Sozialdaten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungs- oder Planungszweck dies erfordert.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Die Verwendung eines Wahrscheinlichkeitswerts über ein bestimmtes zukünftiges Verhalten einer natürlichen Person zum Zweck der Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit dieser Person (Scoring) ist nur zulässig, wenn

1.
die Vorschriften des Datenschutzrechts eingehalten wurden,
2.
die zur Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts genutzten Daten unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen Verfahrens nachweisbar für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit des bestimmten Verhaltens erheblich sind,
3.
für die Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts nicht ausschließlich Anschriftendaten genutzt wurden und
4.
im Fall der Nutzung von Anschriftendaten die betroffene Person vor Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts über die vorgesehene Nutzung dieser Daten unterrichtet worden ist; die Unterrichtung ist zu dokumentieren.

(2) Die Verwendung eines von Auskunfteien ermittelten Wahrscheinlichkeitswerts über die Zahlungsfähig- und Zahlungswilligkeit einer natürlichen Person ist im Fall der Einbeziehung von Informationen über Forderungen nur zulässig, soweit die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen und nur solche Forderungen über eine geschuldete Leistung, die trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, berücksichtigt werden,

1.
die durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden sind oder für die ein Schuldtitel nach § 794 der Zivilprozessordnung vorliegt,
2.
die nach § 178 der Insolvenzordnung festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind,
3.
die der Schuldner ausdrücklich anerkannt hat,
4.
bei denen
a)
der Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist,
b)
die erste Mahnung mindestens vier Wochen zurückliegt,
c)
der Schuldner zuvor, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung, über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist und
d)
der Schuldner die Forderung nicht bestritten hat oder
5.
deren zugrunde liegendes Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann und bei denen der Schuldner zuvor über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist.
Die Zulässigkeit der Verarbeitung, einschließlich der Ermittlung von Wahrscheinlichkeitswerten, von anderen bonitätsrelevanten Daten nach allgemeinem Datenschutzrecht bleibt unberührt.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Die Verwendung eines Wahrscheinlichkeitswerts über ein bestimmtes zukünftiges Verhalten einer natürlichen Person zum Zweck der Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit dieser Person (Scoring) ist nur zulässig, wenn

1.
die Vorschriften des Datenschutzrechts eingehalten wurden,
2.
die zur Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts genutzten Daten unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen Verfahrens nachweisbar für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit des bestimmten Verhaltens erheblich sind,
3.
für die Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts nicht ausschließlich Anschriftendaten genutzt wurden und
4.
im Fall der Nutzung von Anschriftendaten die betroffene Person vor Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts über die vorgesehene Nutzung dieser Daten unterrichtet worden ist; die Unterrichtung ist zu dokumentieren.

(2) Die Verwendung eines von Auskunfteien ermittelten Wahrscheinlichkeitswerts über die Zahlungsfähig- und Zahlungswilligkeit einer natürlichen Person ist im Fall der Einbeziehung von Informationen über Forderungen nur zulässig, soweit die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen und nur solche Forderungen über eine geschuldete Leistung, die trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, berücksichtigt werden,

1.
die durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden sind oder für die ein Schuldtitel nach § 794 der Zivilprozessordnung vorliegt,
2.
die nach § 178 der Insolvenzordnung festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind,
3.
die der Schuldner ausdrücklich anerkannt hat,
4.
bei denen
a)
der Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist,
b)
die erste Mahnung mindestens vier Wochen zurückliegt,
c)
der Schuldner zuvor, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung, über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist und
d)
der Schuldner die Forderung nicht bestritten hat oder
5.
deren zugrunde liegendes Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann und bei denen der Schuldner zuvor über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist.
Die Zulässigkeit der Verarbeitung, einschließlich der Ermittlung von Wahrscheinlichkeitswerten, von anderen bonitätsrelevanten Daten nach allgemeinem Datenschutzrecht bleibt unberührt.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Die Verwendung eines Wahrscheinlichkeitswerts über ein bestimmtes zukünftiges Verhalten einer natürlichen Person zum Zweck der Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit dieser Person (Scoring) ist nur zulässig, wenn

1.
die Vorschriften des Datenschutzrechts eingehalten wurden,
2.
die zur Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts genutzten Daten unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich anerkannten mathematisch-statistischen Verfahrens nachweisbar für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit des bestimmten Verhaltens erheblich sind,
3.
für die Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts nicht ausschließlich Anschriftendaten genutzt wurden und
4.
im Fall der Nutzung von Anschriftendaten die betroffene Person vor Berechnung des Wahrscheinlichkeitswerts über die vorgesehene Nutzung dieser Daten unterrichtet worden ist; die Unterrichtung ist zu dokumentieren.

(2) Die Verwendung eines von Auskunfteien ermittelten Wahrscheinlichkeitswerts über die Zahlungsfähig- und Zahlungswilligkeit einer natürlichen Person ist im Fall der Einbeziehung von Informationen über Forderungen nur zulässig, soweit die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen und nur solche Forderungen über eine geschuldete Leistung, die trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, berücksichtigt werden,

1.
die durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden sind oder für die ein Schuldtitel nach § 794 der Zivilprozessordnung vorliegt,
2.
die nach § 178 der Insolvenzordnung festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind,
3.
die der Schuldner ausdrücklich anerkannt hat,
4.
bei denen
a)
der Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist,
b)
die erste Mahnung mindestens vier Wochen zurückliegt,
c)
der Schuldner zuvor, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung, über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist und
d)
der Schuldner die Forderung nicht bestritten hat oder
5.
deren zugrunde liegendes Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann und bei denen der Schuldner zuvor über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist.
Die Zulässigkeit der Verarbeitung, einschließlich der Ermittlung von Wahrscheinlichkeitswerten, von anderen bonitätsrelevanten Daten nach allgemeinem Datenschutzrecht bleibt unberührt.

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch

1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt.
Für nichtöffentliche Stellen gilt dieses Gesetz für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, es sei denn, die Verarbeitung durch natürliche Personen erfolgt zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.

(2) Andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz gehen den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regeln sie einen Sachverhalt, für den dieses Gesetz gilt, nicht oder nicht abschließend, finden die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet werden.

(4) Dieses Gesetz findet Anwendung auf öffentliche Stellen. Auf nichtöffentliche Stellen findet es Anwendung, sofern

1.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter personenbezogene Daten im Inland verarbeitet,
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters erfolgt oder
3.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter zwar keine Niederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, er aber in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung fällt.
Sofern dieses Gesetz nicht gemäß Satz 2 Anwendung findet, gelten für den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter nur die §§ 8 bis 21, 39 bis 44.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt.

(6) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(7) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) stehen die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands assoziierten Staaten den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(8) Für Verarbeitungen personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen im Rahmen von nicht in die Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie (EU) 2016/680 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und die Teile 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechend Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch

1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt.
Für nichtöffentliche Stellen gilt dieses Gesetz für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, es sei denn, die Verarbeitung durch natürliche Personen erfolgt zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.

(2) Andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Datenschutz gehen den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regeln sie einen Sachverhalt, für den dieses Gesetz gilt, nicht oder nicht abschließend, finden die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet werden.

(4) Dieses Gesetz findet Anwendung auf öffentliche Stellen. Auf nichtöffentliche Stellen findet es Anwendung, sofern

1.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter personenbezogene Daten im Inland verarbeitet,
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters erfolgt oder
3.
der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter zwar keine Niederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, er aber in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung fällt.
Sofern dieses Gesetz nicht gemäß Satz 2 Anwendung findet, gelten für den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter nur die §§ 8 bis 21, 39 bis 44.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen die Verordnung (EU) 2016/679 in der jeweils geltenden Fassung, unmittelbar gilt.

(6) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(7) Bei Verarbeitungen zu Zwecken gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) stehen die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands assoziierten Staaten den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.

(8) Für Verarbeitungen personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen im Rahmen von nicht in die Anwendungsbereiche der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie (EU) 2016/680 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und die Teile 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechend Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.

(1) Sobald die Staatsanwaltschaft durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält, hat sie zu ihrer Entschließung darüber, ob die öffentliche Klage zu erheben ist, den Sachverhalt zu erforschen.

(2) Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln und für die Erhebung der Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen ist.

(3) Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sollen sich auch auf die Umstände erstrecken, die für die Bestimmung der Rechtsfolgen der Tat von Bedeutung sind. Dazu kann sie sich der Gerichtshilfe bedienen.

(4) Eine Maßnahme ist unzulässig, soweit besondere bundesgesetzliche oder entsprechende landesgesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen.

(1) Zu dem in § 160 Abs. 1 bis 3 bezeichneten Zweck ist die Staatsanwaltschaft befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen und Ermittlungen jeder Art entweder selbst vorzunehmen oder durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen zu lassen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln. Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes sind verpflichtet, dem Ersuchen oder Auftrag der Staatsanwaltschaft zu genügen, und in diesem Falle befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen.

(2) Soweit in diesem Gesetz die Löschung personenbezogener Daten ausdrücklich angeordnet wird, ist § 58 Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes nicht anzuwenden.

(3) Ist eine Maßnahme nach diesem Gesetz nur bei Verdacht bestimmter Straftaten zulässig, so dürfen die auf Grund einer entsprechenden Maßnahme nach anderen Gesetzen erlangten personenbezogenen Daten ohne Einwilligung der von der Maßnahme betroffenen Personen zu Beweiszwecken im Strafverfahren nur zur Aufklärung solcher Straftaten verwendet werden, zu deren Aufklärung eine solche Maßnahme nach diesem Gesetz hätte angeordnet werden dürfen. § 100e Absatz 6 Nummer 3 bleibt unberührt.

(4) In oder aus einer Wohnung erlangte personenbezogene Daten aus einem Einsatz technischer Mittel zur Eigensicherung im Zuge nicht offener Ermittlungen auf polizeirechtlicher Grundlage dürfen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu Beweiszwecken nur verwendet werden (Artikel 13 Abs. 5 des Grundgesetzes), wenn das Amtsgericht (§ 162 Abs. 1), in dessen Bezirk die anordnende Stelle ihren Sitz hat, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme festgestellt hat; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(1) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes haben Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Zu diesem Zweck sind sie befugt, alle Behörden um Auskunft zu ersuchen, bei Gefahr im Verzug auch, die Auskunft zu verlangen, sowie Ermittlungen jeder Art vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln.

(2) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der Staatsanwaltschaft. Erscheint die schleunige Vornahme richterlicher Untersuchungshandlungen erforderlich, so kann die Übersendung unmittelbar an das Amtsgericht erfolgen.

(3) Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Sechsten Abschnitts des Ersten Buches entsprechend. Die eidliche Vernehmung bleibt dem Gericht vorbehalten.

(4) Die Staatsanwaltschaft entscheidet

1.
über die Zeugeneigenschaft oder das Vorliegen von Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechten, sofern insoweit Zweifel bestehen oder im Laufe der Vernehmung aufkommen,
2.
über eine Gestattung nach § 68 Absatz 3 Satz 1, Angaben zur Person nicht oder nur über eine frühere Identität zu machen,
3.
über die Beiordnung eines Zeugenbeistands nach § 68b Absatz 2 und
4.
bei unberechtigtem Ausbleiben oder unberechtigter Weigerung des Zeugen über die Verhängung der in den §§ 51 und 70 vorgesehenen Maßregeln; dabei bleibt die Festsetzung der Haft dem nach § 162 zuständigen Gericht vorbehalten.
Im Übrigen trifft die erforderlichen Entscheidungen die die Vernehmung leitende Person.

(5) Gegen Entscheidungen von Beamten des Polizeidienstes nach § 68b Absatz 1 Satz 3 sowie gegen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 und 4 kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten jeweils entsprechend. Gerichtliche Entscheidungen nach Satz 1 sind unanfechtbar.

(6) Für die Belehrung des Sachverständigen durch Beamte des Polizeidienstes gelten § 52 Absatz 3 und § 55 Absatz 2 entsprechend. In den Fällen des § 81c Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt § 52 Absatz 3 auch bei Untersuchungen durch Beamte des Polizeidienstes sinngemäß.

(7) § 185 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes gilt entsprechend.

(1) Zu dem in § 160 Abs. 1 bis 3 bezeichneten Zweck ist die Staatsanwaltschaft befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen und Ermittlungen jeder Art entweder selbst vorzunehmen oder durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen zu lassen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln. Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes sind verpflichtet, dem Ersuchen oder Auftrag der Staatsanwaltschaft zu genügen, und in diesem Falle befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen.

(2) Soweit in diesem Gesetz die Löschung personenbezogener Daten ausdrücklich angeordnet wird, ist § 58 Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes nicht anzuwenden.

(3) Ist eine Maßnahme nach diesem Gesetz nur bei Verdacht bestimmter Straftaten zulässig, so dürfen die auf Grund einer entsprechenden Maßnahme nach anderen Gesetzen erlangten personenbezogenen Daten ohne Einwilligung der von der Maßnahme betroffenen Personen zu Beweiszwecken im Strafverfahren nur zur Aufklärung solcher Straftaten verwendet werden, zu deren Aufklärung eine solche Maßnahme nach diesem Gesetz hätte angeordnet werden dürfen. § 100e Absatz 6 Nummer 3 bleibt unberührt.

(4) In oder aus einer Wohnung erlangte personenbezogene Daten aus einem Einsatz technischer Mittel zur Eigensicherung im Zuge nicht offener Ermittlungen auf polizeirechtlicher Grundlage dürfen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu Beweiszwecken nur verwendet werden (Artikel 13 Abs. 5 des Grundgesetzes), wenn das Amtsgericht (§ 162 Abs. 1), in dessen Bezirk die anordnende Stelle ihren Sitz hat, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme festgestellt hat; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(1) Die oder der Bundesbeauftragte hat neben den in der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Aufgaben die Aufgaben,

1.
die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zu überwachen und durchzusetzen,
2.
die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu sensibilisieren und sie darüber aufzuklären, wobei spezifische Maßnahmen für Kinder besondere Beachtung finden,
3.
den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Bundesregierung und andere Einrichtungen und Gremien über legislative und administrative Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu beraten,
4.
die Verantwortlichen und die Auftragsverarbeiter für die ihnen aus diesem Gesetz und sonstigen Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, entstehenden Pflichten zu sensibilisieren,
5.
auf Anfrage jeder betroffenen Person Informationen über die Ausübung ihrer Rechte aufgrund dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zweck mit den Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten,
6.
sich mit Beschwerden einer betroffenen Person oder Beschwerden einer Stelle, einer Organisation oder eines Verbandes gemäß Artikel 55 der Richtlinie (EU) 2016/680 zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten, insbesondere, wenn eine weitere Untersuchung oder Koordinierung mit einer anderen Aufsichtsbehörde notwendig ist,
7.
mit anderen Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten, auch durch Informationsaustausch, und ihnen Amtshilfe zu leisten, um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU)2016/680erlassenen Rechtsvorschriften, zu gewährleisten,
8.
Untersuchungen über die Anwendung dieses Gesetzes und sonstiger Vorschriften über den Datenschutz, einschließlich der zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 erlassenen Rechtsvorschriften, durchzuführen, auch auf der Grundlage von Informationen einer anderen Aufsichtsbehörde oder einer anderen Behörde,
9.
maßgebliche Entwicklungen zu verfolgen, soweit sie sich auf den Schutz personenbezogener Daten auswirken, insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Geschäftspraktiken,
10.
Beratung in Bezug auf die in § 69 genannten Verarbeitungsvorgänge zu leisten und
11.
Beiträge zur Tätigkeit des Europäischen Datenschutzausschusses zu leisten.
Im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU)2016/680nimmt die oder der Bundesbeauftragte zudem die Aufgabe nach § 60 wahr.

(2) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 genannten Aufgabe kann die oder der Bundesbeauftragte zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten stehen, von sich aus oder auf Anfrage Stellungnahmen an den Deutschen Bundestag oder einen seiner Ausschüsse, den Bundesrat, die Bundesregierung, sonstige Einrichtungen und Stellen sowie an die Öffentlichkeit richten. Auf Ersuchen des Deutschen Bundestages, eines seiner Ausschüsse oder der Bundesregierung geht die oder der Bundesbeauftragte ferner Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge des Datenschutzes bei den öffentlichen Stellen des Bundes nach.

(3) Die oder der Bundesbeauftragte erleichtert das Einreichen der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 genannten Beschwerden durch Maßnahmen wie etwa die Bereitstellung eines Beschwerdeformulars, das auch elektronisch ausgefüllt werden kann, ohne dass andere Kommunikationsmittel ausgeschlossen werden.

(4) Die Erfüllung der Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten ist für die betroffene Person unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder, insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung, exzessiven Anfragen kann die oder der Bundesbeauftragte eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die oder der Bundesbeauftragte die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

(1) Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.

(2) Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist.

(3) Den nach Absatz 2 Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht. Die Anzeigepflicht nach § 138 des Strafgesetzbuches hat Vorrang.

(4) Befindet sich die Telekommunikationsanlage an Bord eines Wasser- oder Luftfahrzeugs, so besteht die Pflicht zur Wahrung des Geheimnisses nicht gegenüber der Person, die das Fahrzeug führt oder gegenüber ihrer Stellvertretung.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 21. März 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1296,86 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist eine Restforderung des Klägers nach stationärer Krankenhausbehandlung in Höhe von 1296,86 Euro gegen die Beklagte.

2

Die bei der Beklagten krankenversicherte S. wurde vom 25.9. bis 1.10.2009 im Krankenhaus des Klägers stationär wegen Herzinsuffizienz und Schocks behandelt. Hierfür stellte der Kläger der Beklagten am 2.10.2009 mit Bezugnahme auf die Diagnosis Related Group (DRG) F62B (Herzinsuffizienz und Schock mit äußerst schweren CC ) 4012,97 Euro in Rechnung. Die Beklagte bezahlte diesen Betrag am 7.10.2009 unter Vorbehalt, weil die übermittelten Daten eine zweifelsfreie Beurteilung der Richtigkeit der zugrunde gelegten Hauptdiagnose nicht zuließen, und forderte den Kläger unter Bezug auf § 2 Abs 1 S 2 des Vertrages gemäß § 112 Abs 1 SGB V zu § 112 Abs 2 Nr 2 SGB V - Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung - vom 1.7.1995 (im Folgenden: KÜV) auf, eine medizinische Begründung abzugeben. Nach Eingang der Antwort des Klägers "HD korrekt, stat. Aufnahme wegen li-kardialer Dekompensation" beauftragte die Beklagte ihren Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit der Durchführung einer Abrechnungsprüfung. Der SMD zeigte dem Kläger mit Schreiben vom 21.10.2009 den Prüfauftrag der Beklagten an und bat um Übermittlung des Entlassungsberichts und der Aufnahmeanamnese. Nach Vorlage entsprechender Unterlagen durch den Kläger am 22.10.2009 erstellte der SMD eine sozialmedizinische Stellungnahme vom 22.4.2010 und führte darin aus, die Hauptdiagnose sei zwar zutreffend kodiert worden, wegen Änderung anderer Parameter werde der stationäre Aufenthalt richtigerweise aber durch die DRG F62C (Herzinsuffizienz und Schock, ohne äußerst schwere CC = 2716,11 Euro) abgebildet. Auf dieser Grundlage rechnete die Beklagte am 4.5.2010 gegen eine unstreitige Forderung des Klägers aus anderen Behandlungsfällen in Höhe des Differenzbetrages von 1296,86 Euro auf.

3

Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger 1296,86 Euro zzgl Zinsen zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 28.4.2011), das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 21.3.2012): Der Kläger habe Anspruch auf die weitere Vergütung, da die Beklagte wegen des Verstoßes gegen das Gebot zur zeitnahen Durchführung der Überprüfung (§ 275 Abs 1c SGB V)mit etwaigen Einwendungen gegen die Rechnung ausgeschlossen sei. Der unbestimmte Rechtsbegriff "zeitnah" sei durch richterliche Auslegung zu konkretisieren. Deshalb sei eine Prüfung unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien nur noch dann als zeitnah anzusehen, wenn sie innerhalb von zwölf Wochen nach Einleitung des Prüfverfahrens abgeschlossen werde; dieser Zeitrahmen dürfe nur bei Vorliegen eines besonderen Grundes überschritten werden.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht die Beklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend. Das LSG habe den Zeitraum für eine zeitnahe Prüfung fehlerhaft auf zwölf Wochen festgelegt und in der Folge das Versäumnis dieser Frist durch den SMD rechtswidrig ihr - der Krankenkasse - zugerechnet. Selbst wenn man aber die Zurechnung eines entsprechenden Verstoßes annehmen würde, könne dies nicht den Ausschluss sämtlicher Einwendungen gegen die klägerische Abrechnung zur Folge haben. Das LSG habe die notwendigen Ermittlungen wegen der Abrechnungshöhe unterlassen und damit gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 21.3.2012 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 28.4.2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger verteidigt die angegriffenen Entscheidungen und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann an Hand der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend prüfen, ob der zutreffend im Wege der (echten) Leistungsklage (stRspr, vgl BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 18, 20; BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 8) geltend gemachte - selbst außer Streit stehende (vgl Urteil des Senats vom 21.3.2013 - B 3 KR 2/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 vorgesehen; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6) - Anspruch auf weitergehendes Entgelt für Krankenhausleistungen in Höhe von 1296,86 Euro durch die Aufrechnung der Beklagten vom 4.5.2010 erloschen ist. Denn anders als die Vorinstanzen meinen, ist die Beklagte mit ihren Einwendungen gegen die Abrechnung vom 2.10.2009 nicht aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Zwar wurde das die Gegenforderung begründende Prüfverfahren nicht fehlerfrei, weil nicht zeitnah durchgeführt (dazu Ziffer 1). Dabei kann im Ergebnis unentschieden bleiben, ob die Beklagte sich dies zurechnen lassen muss (dazu Ziffer 2). Denn sie ist nach bisheriger Rechtslage trotz des Verstoßes gegen § 275 Abs 1c S 1 SGB V nicht gehindert, auf der Grundlage des Prüfergebnisses Einwendungen gegen die Abrechnung des Klägers vom 2.10.2009 zu erheben (dazu Ziffer 3). Diese Einwendungen der Beklagten sind auch aus anderen Rechtsgründen nicht ausgeschlossen (dazu Ziffer 4).

8

1. Die gesetzlichen Vorgaben des zunächst rechtmäßig nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V eingeleiteten Verfahrens(dazu Punkt a) wurden vorliegend verletzt, weil die Prüfung nicht innerhalb von sechs Monaten und damit nicht mehr zeitnah iS von § 275 Abs 1c S 1 SGB V abgeschlossen worden ist(dazu Punkt b).

9

a) § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Fallpauschalengesetzes - FPG - vom 23.4.2002 (BGBl I 1412) berechtigt und verpflichtet die Krankenkassen, in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK, hier wahrgenommen durch den SMD, § 283 S 3 SGB V idF Art 15 Nr 5 Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007 iVm Bekanntmachung vom 28.12.2007 ) einzuholen. Diese Regelung ist Ausfluss des Datenschutzes sowie des Arztgeheimnisses und steht nicht zur Disposition der Krankenkassen (sind … verpflichtet), wie insbesondere der Vergleich mit Abs 3 der Vorschrift (können) bzw Abs 4 (sollen) deutlich zeigt.

10

aa) Die Beklagte war berechtigt und verpflichtet, ein Prüfverfahren nach § 275 Abs 1 Nr 1 Halbs 2 SGB V einzuleiten, da die Abrechnung des Klägers vom 2.10.2009 auffällig war.

11

Der hier maßgebliche Tatbestand der Abrechnungsprüfung fehlte in der Ursprungsfassung des § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V und ist erst durch das FPG vom 23.4.2002 mit Wirkung zum 1.1.2003 eingefügt worden. In den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 14/7862) heißt es dazu, dass das Verfahren ausdrücklich auf Fälle begrenzt wird, in denen die Krankenkassen einen Anfangsverdacht haben. Der erkennende Senat hat daraus gefolgert, dass durch das Tatbestandsmerkmal der "Auffälligkeiten" eine Abgrenzung der routinemäßigen Stichprobenprüfung nach § 17c Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) von der konkreten Einzelprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V erfolgt ist und eine Auffälligkeit nur dann vorliegt, wenn der konkrete Verdacht einer fehlerhaften Abrechnung besteht(BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 22 mwN). Der 1. Senat des BSG ist dem gefolgt und hat das Bestehen von Auffälligkeiten dann angenommen, wenn die Abrechnung und/oder die vom Krankenhaus zur ordnungsgemäßen Abrechnung vollständig mitgeteilten Behandlungsdaten und/oder weitere zulässig von der Krankenkasse verwertbare Informationen konkrete Fragen nach der - insbesondere sachlich-rechnerischen - Richtigkeit der Abrechnung und/oder nach der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots aufwerfen, die die Krankenkasse aus sich heraus ohne weitere medizinische Sachverhaltsermittlung und -bewertung durch den MDK nicht beantworten kann (BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 18). Der erkennende Senat hat dies sodann dahingehend konkretisiert, dass der Anwendungsbereich der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 Halbs 2 SGB V - soweit also die Rechnungsprüfung in Rede steht - auf solche Anlässe beschränkt ist, die durch "Auffälligkeiten" gekennzeichnet sind; diese hat die Krankenkasse im Zweifelsfall zu belegen (Urteil vom 22.11.2012 - B 3 KR 20/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 275 Nr 9 vorgesehen, RdNr 23). Liegt keine Auffälligkeit im dargelegten Rechtssinne vor, kann und muss der MDK die Krankenkasse bei einem solchen, auf bloß vermeintliche Auffälligkeiten gestützten Auftrag auf diesen Umstand hinweisen und den Auftrag ggf ablehnen. Das Krankenhaus darf die Herausgabe von dennoch angeforderten Krankenbehandlungsunterlagen, die über das für die Abrechnung Erforderliche (§ 301 SGB V) hinausgehen, unter Hinweis auf das Fehlen von Auffälligkeiten verweigern.

12

Das BSG ist in der Vergangenheit von einer Auffälligkeit iS des § 275 Abs 1 Nr 1 Halbs 2 SGB V dann ausgegangen, wenn ein Versicherter an einem Montagmorgen entlassen wurde(BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 32 f, SozR 4-2500 § 109 Nr 16 RdNr 21), wenn eine falsche Hauptdiagnose der Kodierung durch das Krankenhaus zugrunde lag (BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 14 f) oder wenn der Versicherte am Tag nach seiner Entlassung innerhalb der oberen Grenzverweildauer erneut stationär aufgenommen werden musste (BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 21). Die Durchführung einer Koronarangiographie wurde als "auffällig" angesehen, wenn diese auch ambulant hätte geschehen können - vorausgesetzt, die Krankenkasse hatte sich zuvor ärztlich beraten lassen (BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 31). Eine Auffälligkeit wurde hingegen als fernliegend angesehen, wenn die Rechnungsprüfung nur mit der Schwere der Erkrankung und einem latent suizidalen Zustand begründet wurde (Urteil vom 22.11.2012 - B 3 KR 20/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 275 Nr 9 vorgesehen, RdNr 23). Zuletzt hat der Senat noch darauf hingewiesen, dass die Tatsache, dass ein Versicherter innerhalb der vorgesehenen Grenzverweildauern im Krankenhaus behandelt wird, allein grundsätzlich keine Auffälligkeit begründen kann (vgl Urteil des Senats vom 16.5.2013 - B 3 KR 32/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen, RdNr 15 f mwN).

13

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 7.10.2009 darauf hingewiesen, dass aufgrund der übermittelten Daten für sie nicht zweifelsfrei zu beurteilen sei, ob die angegebene Hauptdiagnose für die Abrechnung des Krankenhauses zutreffend verschlüsselt worden ist. Die Beklagte hat damit eine konkrete Frage nach der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung aufgeworfen, die ohne weitere medizinische Sachverhaltsermittlung - wie hier die Prüfung der Aufnahme- und der Entlassungsbefunde - und deren Bewertung durch den SMD allein durch die Krankenkasse nicht beantwortet werden konnte. Zwar mutet es eigentümlich an, dass auf dem Rechnungsprüfungsbogen der Beklagten an exponierter Stelle und mit Fettdruck der Terminus "Einsparpotential" vermerkt und handschriftlich mit ca 1100 Euro konkretisiert worden ist, doch dieser ggf sachfremde Zusatzzweck der Rechnungsprüfung macht diese deshalb nicht eo ipso unwirksam.

14

bb) Das Prüfverfahren wurde auch rechtzeitig iS des § 275 Abs 1c S 2 SGB V eingeleitet. Der SMD hat dem Kläger die Prüfung mit Schreiben vom 21.10.2009 und damit innerhalb von sechs Wochen nach Zugang der Abrechnung vom 2.10.2009 bei der Beklagten angezeigt. Dies war fristgerecht, so dass ein Ermittlungs- und Beweisverwertungsverbots wegen des Versäumens der Anzeige- und Ausschlussfrist nach § 275 Abs 1c S 2 SGB V nicht in Betracht kommt(vgl SozR 4-2500 § 275 Nr 5, RdNr 16; BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 17).

15

cc) Der SMD war schließlich auch berechtigt, den Krankenhausentlassungsbericht und die Aufnahmeanamnese beim Kläger anzufordern.

16

Der Medizinische Dienst darf Sozialdaten nur erheben und speichern, soweit dies für Prüfungen, Beratungen und gutachtliche Stellungnahmen erforderlich ist; dem entsprechend sind die Leistungserbringer verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung unmittelbar an diesen zu übermitteln (§ 276 Abs 2 S 1 SGB V). Zulässig ist damit allerdings nicht jegliche Datenerhebung durch den MDK. Die Daten müssen vielmehr für die jeweilige Prüfung relevant sein. Hiervon nicht gedeckt ist die regelmäßige und nicht durch den Prüfzweck bedingte Anforderung der kompletten Krankenakte oder - wie hier im Schreiben des SMD vom 21.10.2009 - die Anforderung "ggf weiterer zur abschließenden Beurteilung des genannten Prüfanlasses geeigneter Unterlagen". Der Zusammenhang zwischen dem Prüfauftrag und den angeforderten Unterlagen muss dem Krankenhaus ersichtlich sein, da es andernfalls nicht prüfen kann, ob es zu deren Herausgabe nach § 276 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB V verpflichtet ist. Der Senat hat hierzu bereits entschieden, dass der MDK diejenigen Gründe anzugeben hat, aus denen der Adressat die für die Anforderung leitenden Gründe entnehmen kann (Rechtsgedanke des § 35 SGB X, SozR 4-2500 § 109 Nr 18 RdNr 25).

17

Es mag zweifelhaft sein, ob der Kläger allein an Hand der Unterlagenanforderung des SMD vom 21.10.2009 hätte prüfen können, ob dieser den angeforderten Krankenhausentlassungsbericht und die Aufnahmeanamnese benötigte, um eine Stellungnahme für die Krankenkasse abzugeben, denn der SMD hatte den Prüfgrund nicht näher bezeichnet. Dies ist im vorliegenden Fall aber unschädlich, da der Kläger den Anlass der Prüfung bereits aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 7.10.2009 kannte, auf das der SMD in seiner Prüfanzeige auch ausdrücklich Bezug genommen hatte, und damit auf die Erforderlichkeit der angeforderten Unterlagen für die Prüfung des SMD schließen konnte. Denn nach der Rechtsprechung des BSG richten sich die aus § 35 SGB X abzuleitenden Begründungsanforderungen nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes sowie nach den Umständen des Einzelfalles. Es reicht aus, wenn dem Betroffenen die Gründe einer Behördenentscheidung bzw hier für die Beiziehung medizinischer Unterlagen in solcher Weise und in solchem Umfang bekannt gegeben werden, dass er seine Rechte wahrnehmen und ggf sachgemäß verteidigen kann. Die Verwaltung darf sich deshalb auf die Angabe der maßgebend tragenden Erwägungen beschränken und braucht Gesichtspunkte und Umstände, die auf der Hand liegen oder dem Betroffenen bekannt sind, nicht nochmals darzulegen (SozR 4-2500 § 109 Nr 18 RdNr 29 mwN).

18

b) Die Prüfung wurde allerdings entgegen § 275 Abs 1c S 1 SGB V nicht zeitnah durchgeführt, da sie nicht innerhalb von sechs Monaten seit Rechnungsstellung durch den Kläger abgeschlossen worden ist.

19

§ 275 Abs 1c S 1 und 2 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl I 378) regeln, dass bei Krankenhausbehandlung nach § 39 eine Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V zeitnah durchzuführen ist. Die Prüfung ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK anzuzeigen. Innerhalb welcher Frist eine rechtzeitig eingeleitete Prüfung durchzuführen ist bzw wann eine Prüfung abgeschlossen sein muss, um "zeitnah" iS des § 275 Abs 1c S 1 SGB V durchgeführt worden zu sein, ist dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen. Schon das LSG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich hier um einen sog unbestimmten Rechtsbegriff handelt, den die Gerichte unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks und der Interessenlage der Beteiligten im Einzelfall zu konkretisieren und somit durch Auslegung zu ermitteln haben. Die Gründe, die den Gesetzgeber bewegen, solche unbestimmten Rechtsbegriffe in einer Vielzahl von Gesetzen zu verwenden, können vielfältig sein. In allen Fällen ist es aber ein Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG), die auf solchen Tatbeständen beruhenden Umsetzungsentscheidungen der Exekutive in vollem Umfang überprüfbar zu machen (BVerfGE 7, 129, 154; 84, 34, 49; 103, 142, 157; stRspr). Es ist geradezu die Pflicht der Gerichte, die erforderliche Kontrolldichte bei Einzelfallentscheidungen durch eine Normenkonkretisierung herbeizuführen. Deshalb erschöpft sich das in § 275 Abs 1c S 1 und 2 SGB V normierte besondere Beschleunigungsgebot nach Auffassung des Senats nicht bereits in der rechtzeitigen Einleitung des Prüfverfahrens innerhalb von sechs Wochen(§ 275 Abs 1c S 2 SGB V), sondern es gilt für das komplette Prüfverfahren, denn ansonsten wäre die Verwendung des Wortes "zeitnah" in § 275 Abs 1c S 1 SGB V sinnlos(vgl auch Schliephorst, Das Krankenhaus 2013, 835, 837).

20

aa) Die von einer Krankenkasse im Einzelfall vorgenommene Beanstandung einer Krankenhausrechnung steht nach stRspr des erkennenden Senats unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben, der über § 69 SGB V gemäß dem Rechtsgedanken des § 242 BGB auf die Rechtsbeziehungen zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern einwirkt. Demzufolge sind die dauerhaften professionellen Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen von einem systemimmanenten Beschleunigungsgebot geprägt und verpflichten zur gegenseitigen Rücksichtnahme (so bereits BSGE 89, 104, 110 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2 S 10, 16 f - sog "Berliner Fälle" bzw zuletzt Urteil des Senats vom 21.3.2013 - B 3 KR 28/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen, RdNr 11 f). Der Senat hat weiter stets betont, dass den landesvertraglichen Regelungen iS von § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 und 2 SGB V ebenfalls ein generelles Gebot zur zügigen Abwicklung aller verwaltungsmäßigen Vorgänge innewohnt(BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6, RdNr 13 und 16; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 14 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 16 RdNr 16) und in § 275 Abs 1c SGB V nunmehr eine dementsprechende gesetzliche Regelung zu sehen ist(BSGE 105, 150 = SozR 4-2500 § 109 Nr 20, RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 16 RdNr 16), mit der der Gesetzgeber an diese Vertragspraxis hat anschließen wollen. § 275 Abs 1c SGB V ist damit als Teil eines Bündels von Regelungen zu verstehen, mit dem auf verschiedenen Ebenen eine möglichst beschleunigte Abwicklung der Krankenhausabrechnungen und - wo nötig - eine effiziente Klärung medizinischer Zweifelsfragen erreicht werden soll(BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 12 f).

21

Dieses aus der Rechtsentwicklung und dem Regelungszusammenhang entwickelte Verständnis des § 275 Abs 1c SGB V wird schließlich durch den Wortsinn, die Regelungssystematik und die mit der Einführung des § 275 Abs 1c SGB V verbundene Zielsetzung eindrucksvoll bestätigt. Die Durchführung der Prüfung, von der § 275 Abs 1c S 1 SGB V spricht, geht bereits sprachlich über deren Einleitung iS des § 275 Abs 1c S 2 SGB V hinaus. Für ein sinnvolles temporäres Zusammenspiel der Einleitung einer Prüfung nach S 2 und der Durchführung derselben nach S 1 sprechen weiterhin die Systematik des § 275 Abs 1c SGB V bzw dessen Sätze 1 und 2. Denn Satz 1 wäre völlig überflüssig, wenn es dem Gesetzgeber mit der Einführung des § 275 Abs 1c SGB V ausschließlich um die Regelung der zeitnahen Prüfungseinleitung gegangen wäre. Dies machen auch die Gesetzesmaterialien deutlich, wonach die zeitnahe Durchführung der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs 1c S 1 SGB V für "sämtliche Schritte der Einleitung durch die Krankenkasse und der Durchführung der Prüfung durch den medizinischen Dienst" gilt(BT-Drucks 16/3100 S 171). Der Gesetzgeber geht damit gerade nicht davon aus, dass eine Prüfung bereits dann zeitnah durchgeführt wird, wenn sie innerhalb von sechs Wochen eingeleitet worden ist. Dieses Ergebnis wird auch durch die mit der Einführung des § 275 Abs 1c SGB V verbundene Zielsetzung verdeutlicht. Es kann letztlich offen bleiben, ob - wie die Beklagte meint - allein mit der für die Einleitung der Prüfung nach § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbundenen Ausschlussfrist jede Gefahr einer sich verschlechternden Beweislage zu Lasten der Krankenhäuser gebannt ist. Dies erscheint allerdings bereits deshalb zweifelhaft, weil sich das Krankenhaus regelmäßig erst dann umfassend auf die Einwände der Krankenkasse gegen seine Abrechnung wird einstellen können, wenn es die Stellungnahme des MDK kennt. Unabhängig davon entspricht die Interpretation der Beklagten nicht einer weiteren Intention des Gesetzgebers. Denn ausweislich der Gesetzesmaterialien geht es auch darum, unnötige Bürokratie im Allgemeinen und im Zusammenhang mit der zeitnahen Durchführung sämtlicher Prüfschritte erhöhten Aufwand zu vermeiden (BT-Drucks 16/3100 aaO). Der Aufwand für ein Verfahren wird sich aber durch eine längere Dauer regelmäßig erhöhen, da aufgrund der fortschreitenden Zeit der für eine erneute Einarbeitung entstehende Aufwand erfahrungsgemäß steigt und wichtige Beweise ggf nicht mehr greifbar sind. Im Übrigen wäre auch das wirtschaftliche Ergebnis untragbar, wenn sich die Medizinischen Dienste zur Durchführung einer Rechnungsprüfung bis zur Verjährungsfristgrenze Zeit lassen dürften - die Krankenhäuser müssten bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit medizinischen Überprüfungen und Erstattungsforderungen rechnen und entsprechend hohe Rücklagen bilden, während die Krankenkassen ebenfalls nicht überblicken könnten, in welcher Höhe sie Erstattungsforderungen in ihre Haushalte einzustellen haben. Und dass bei derartigen Unsicherheiten keine sinnvollen und jahresbezogenen Budgetverhandlungen (§ 4 ff KHEntgG)geführt werden können, dürfte jedem einleuchten.

22

bb) Unter Berücksichtigung der für die Auslegung des § 275 Abs 1c S 1 SGB V maßgeblichen Zielsetzung ist eine Rechnungsprüfung zur Überzeugung des Senats idR dann zeitnah durchgeführt, wenn die Stellungnahme des MDK spätestens sechs Monate nach Zugang der vollständigen Krankenhausabrechnung bei der Krankenkasse vorliegt. Dass es sich hierbei um eine Zeitgrenze handelt, die sowohl den Interessen der Krankenhäuser an einem zeitnahen Abschluss des Abrechnungs- und Prüfverfahrens genügt als auch den Medizinischen Diensten die Durchführung einer ordnungsgemäßen Prüfung ermöglicht, zeigt sich daran, dass diese Frist in der Vergangenheit von verschiedenen Verbänden auf Landesebene als zulässige Höchstdauer für ein Prüfverfahren vereinbart worden war (vgl § 19 Abs 2 S 2 des zwischen der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und der AOK Baden-Württemberg ua geschlossenen Vertrages nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - vom 21.9.2005, wonach Einwendungen gegen die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung sowie gegen die Art der Abrechnung nur sechs Monate nach Rechnungszugang geltend gemacht werden können; § 14 Abs 2 S 4 des zwischen der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen e. V. und der AOK - Die Gesundheitskasse in Thüringen ua geschlossenen Vertrages nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V vom 1.1.2004, wonach die Durchführung der Verrechnung aufgrund einer MDK-Prüfung innerhalb von sechs Monaten ab Fälligkeit zu erfolgen hat). Für diese Fristbegrenzung sprechen auch die vom LSG in Bezug genommenen Daten zur Dauer von MDK-Prüfungen (Blum/Offermanns/ Perner, MDK-Prüfungen - mehr als nur ein Einzelfall, Das Krankenhaus 2009, S 111, 114): Rechnungsprüfungen dauerten danach im statistischen Durchschnitt 13 Wochen seit der Anzeige durch den MDK, wobei 25 % aller Prüfungen bereits sechs Wochen nach der Prüfanzeige abgeschlossen werden konnten. Dies zeigt, dass ein Zeitraum von sechs Monaten ab Eingang der vollständigen Krankenhausabrechnung bei der Krankenkasse in der Regel ausreicht, um eine ordnungsgemäße Rechnungsprüfung durchzuführen. Ob und inwieweit bei sehr komplexen Sachverhalten, bei fehlender Mitwirkung des Krankenhauses iS von extremer Zeitverzögerung oder in anderen - seltenen - Fällen auch eine längere Frist geboten sein könnte, kann der Senat hier unentschieden lassen.

23

Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Eingang der iS von § 301 SGB V vollständigen Abrechnungsunterlagen bei der Krankenkasse in zweifacher Weise Bedeutung hat: Zum einen beginnt mit diesem Zeitpunkt der Lauf der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V, zum anderen ist der Eingang der Abrechnungsunterlagen auch maßgeblich für den Lauf der Sechs-Monats-Frist des § 275 Abs 1c S 1 SGB V.

24

In seiner rechtlichen Wertung, dass das in § 275 Abs 1c SGB V zum Ausdruck kommende Beschleunigungsgebot nicht nur für die Einleitung, sondern für das gesamte Verfahren der Rechnungsprüfung gilt, wird der Senat schließlich durch die parallel zu diesem Revisionsverfahren in den Gesetzgebungsgremien beratene Fortentwicklung der Regelungen des Prüfverfahrens bestätigt. Danach werden ab 1.8.2013 der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft beauftragt, das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs 1c SGB V in einer Vereinbarung zu regeln(§ 17c Abs 2 S 1 Halbs 1 KHG in der Fassung des Art 5c Nr 2 Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.7.2013, BGBl I 2423, 2428) und dabei insbesondere Regelungen über die Prüfdauer zu treffen (§ 17c Abs 2 S 2 Halbs 2 KHG nF). Damit soll es den Vertragsparteien auf Bundesebene ermöglicht werden, die Zusammenarbeit zwischen den Krankenhäusern und Krankenkassen insgesamt effektiver und konsensorientierter zu gestalten. Als eine wesentliche Aufgabe der Vertragsparteien wird insbesondere die Beschleunigung des Prüfverfahrens gesehen (BT-Drucks 17/13947 S 51).

25

cc) An der Konkretisierung des Begriffs der Zeitnähe in § 275 Abs 1c S 2 SGB V sieht sich der erkennende Senat nicht durch die Entscheidung des 1. Senat des BSG vom 13.11.2012 (B 1 KR 24/11 R - BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8) gehindert. Dort hat der 1. Senat (aaO RdNr 30) ausgeführt: "§ 275 Abs 1c SGB V konkretisiert seit 1.4.2007 die allgemeinen Anforderungen von Treu und Glauben, nach denen Krankenhaus und Krankenkassen angesichts ihrer auf Dauer angelegten Rechtsbeziehung gehalten sind, so zügig zu kooperieren, dass es nicht zu treuwidrigen Verzögerungen kommt. Die Bestimmung regelt abschließend die sozialrechtlichen Sanktionen bei Verstößen. Das entspricht dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung des Regelungssystems. Wie oben dargelegt ordnet § 275 Abs 1c S 1 SGB V in Bezug auf die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V an, dass eine Prüfung nach Abs 1 Nr 1 'zeitnah' durchzuführen ist. Dieses wird in Abs 1c S 2 dahin präzisiert, dass eine Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen ist. … Die Regelung schneidet den Krankenkassen … keine weiteren Rechte ab, mit Hilfe des MDK Abrechnungen von Krankenhäusern zu überprüfen." Eine nach Ansicht des erkennenden Senats notwendige Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs "zeitnah" hat der 1. Senat damit gerade nicht vorgenommen.

26

2. Der Senat neigt dazu, diesen Verstoß des SMD gegen die Sechs-Monats-Frist des § 275 Abs 1c S 1 SGB V im vorliegenden Abrechnungsstreit der beklagten Krankenkasse zuzurechnen, lässt diesen Punkt aber ausdrücklich offen.

27

Nicht zutreffend ist allerdings der Ansatz des LSG, die Zurechnung der zeitlichen Verzögerung des Prüfverfahrens durch den SMD auf dessen besondere Stellung in der Organisation der Beklagten zu stützen. Die Ärzte des MDK sind bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben, zu denen grundsätzlich auch die Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V gehört, nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen(§ 275 Abs 5 SGB V) - also von Weisungen der Krankenkassen unabhängig. Dies gilt auch für den SMD, weil er mit der Überprüfung von Abrechnungen nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V die gesetzlichen Aufgaben eines Medizinischen Dienstes wahrnimmt(§ 283 S 3 SGB V). Das BSG hat vor diesem Hintergrund bislang stets von einer Differenzierung zwischen dem SMD oder anderen Medizinischen Diensten und dem MDK abgesehen bzw mit dem Hinweis auf § 283 SGB V die für den MDK geltenden Regelungen auch auf diese angewendet(BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 32; SozR 4-2500 § 109 Nr 16, RdNr 18; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 24).

28

Der Senat hat allerdings auch bereits entschieden, dass Fehler des MDK im Abrechnungsverfahren zwischen Krankenkasse und Krankenhaus nicht völlig unbeachtlich sind (BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 29) und dabei seine im Urteil vom 28.9.2006 (SozR 4-2500 § 112 Nr 6 RdNr 17 f) noch anders lautende Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben. Daran anschließend hat der Senat jüngst zur Verletzung der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V entschieden, dass rechtserhebliche Mängel des Prüfverfahrens wie diese Fristversäumnis, auch soweit sie der Sphäre des MDK zuzurechnen sind, die gesetzliche Ausschlussfrist auslösen und damit die prüfrechtlichen Möglichkeiten der Krankenkasse selbst beschneiden(BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 29; so im Ergebnis nunmehr auch der 1. Senat des BSG in der oa Entscheidung vom 13.11.2012 - BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 25).

29

Da die Krankenkasse "Herrin" des gesamten Prüfverfahrens ist und § 275 Abs 1c SGB V die Verpflichtung zur zeitnahen Durchführung aller Prüfschritte normiert, wobei der MDK ausdrücklich auf Seiten der Krankenkasse in den Prüfvorgang einbezogen wird(vgl BT-Drucks 16/3100, aaO), liegt eine Zurechnung von zeitlichen Verzögerungen oder sonstigen Fehlern des MDK zum Verantwortungsbereich der Krankenkasse grundsätzlich auf der Hand. Denn es ließe sich nur schwer nachvollziehen, warum ein entsprechender Zurechnungstatbestand zwar bei Verletzung der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V hinsichtlich der spezielleren Verpflichtung zur fristgerechten Einleitung der Prüfung folgen soll, aus § 275 Abs 1c S 1 SGB V hinsichtlich des allgemeinen und das gesamte Prüfverfahren betreffende Beschleunigungsgebots - Sechs-Monats-Frist - hingegen nicht. Die Frage der Zurechnung kann aber letztendlich offen bleiben, weil es auf ihre Beantwortung im vorliegenden Fall nicht entscheidend ankommt (vgl dazu Ziffer 3). Damit braucht auch nicht entschieden zu werden, wie die Rechtsprechung des 1. Senats zur Frage der Zurechnung von Verstößen gegen § 275 Abs 1c S 1 SGB V zu interpretieren ist(wohl offen gelassen im oa Urteil vom 13.11.2012 - BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 24 und 30 aE, vgl aber auch Terminbericht Nr 59/12 vom 14.11.2012 zu Nr 4).

30

3. Im Ergebnis ergeben sich - selbst bei Zurechnung des vorliegend festgestellten Verstoßes des SMD gegen § 275 Abs 1c S 1 SGB V - hieraus keine nachteiligen Konsequenzen für die beklagte Krankenkasse. Insbesondere kann der Kläger nicht einwenden, dass die Angaben aus den mit Schreiben vom 22.10.2009 übermittelten medizinischen Unterlagen im vorliegenden Verfahren nicht hätten verwertet werden dürfen. Da sich dem Gesetz selbst Rechtsfolgen aus einem Verstoß gegen das gesetzliche Beschleunigungsgebot des § 275 Abs 1c S 1 SGB V - Sechs-Monats-Frist - nicht entnehmen lassen, muss durch ergänzende Gesetzauslegung ermittelt werden, welche Rechtsfolgen sich aus einer verzögerlichen MDK-Prüfung bzw einer sich ggf anschließenden verschleppenden Entscheidungspraxis der Krankenkasse zu ziehen sind oder ob solche Verstöße sanktionslos bleiben. Der 1. Senat des BSG ist insoweit zu dem Ergebnis gekommen, dass § 275 Abs 1c SGB V eine gesetzliche Ausschlussfrist ausschließlich in seinem Satz 2 regele und aus Satz 1 und dem dort genannten Erfordernis der zeitnahen Prüfung eine Ausschlussfrist nicht abgeleitet werden könne. Die abschließende, abgestufte Regelungskonzeption des § 275 Abs 1c SGB V, lediglich die kurze Frist des Satzes 2 zu sanktionieren, bei im Anschluss an gezielte Abrechnungsprüfungen nicht erfolgten Abrechnungskürzungen zu einer pauschalen Aufwandspauschale zu gelangen(§ 275 Abs 1c S 3 SGB V) und nach erfolgter rechtskonformer Einleitung der Prüfung die Verjährungsfrist als Zeitgrenze eingreifen zu lassen, eröffne keinen Raum für die Krankenhäuser, sich etwa wegen zögerlicher Prüfbearbeitung des MDK auf Verwirkung zu berufen (BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 33 ff, 36).

31

Der Kläger kritisiert diese Entscheidung des 1. Senats mit grundsätzlich nachvollziehbaren Argumenten. Zwar geht sein Hinweis fehl, das Krankenhaus kenne in der Regel den konkreten Anlass der Prüfung nicht, weil die Einleitung einer rechtmäßigen Prüfung das Vorliegen von Auffälligkeiten und die Mitteilung des Prüfgrundes voraussetzt. Richtig ist indes der Einwand, dass bei Prüfverfahren, die erst nach Jahren mit einer Stellungnahme des MDK medizinisch abgeschlossen werden, ergänzende oder fachlich widersprechende Einlassungen des Krankenhauses durch den erheblichen Zeitablauf erschwert werden; eine evtl notwendige weitere Sachverhaltsaufklärung ist dann nur mit wesentlich mehr Aufwand zu leisten, als wenn sie zeitnah zur Rechnungsstellung angefallen wäre. Dies gilt vor allem in Massenverfahren wie hier im Bereich der Abrechnung von Krankenhausleistungen. Zudem lässt sich das gesetzgeberische Begleitziel, die Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 Halbs 2 SGB V von unnötiger Bürokratie und erheblichem Verwaltungsaufwand zu entlasten, ohne umfassende Verfahrensbeschleunigung nicht erreichen. Im Übrigen gelangt man - folgt man der Rechtsauffassung des 1. Senats (aaO), dass sich die Medizinischen Dienste zur Durchführung einer Rechnungsprüfung bis zur Verjährungsfristgrenze Zeit lassen dürften - auch zu wirtschaftlich untragbaren Ergebnissen: Die Krankenhäuser müssten bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit medizinischen Überprüfungen und Erstattungsforderungen rechnen und entsprechend hohe Rücklagen bilden, während die Krankenkassen ebenfalls nicht überblicken könnten, in welcher Höhe sie Erstattungsforderungen in ihre Haushalte einzustellen haben. Und ein Budgetabschluss mit der notwendigen Planungssicherheit (§ 11 KHEntgG)für beide Seiten wäre ebenfalls nahezu unmöglich.

32

Auch der erkennende 3. Senat hält die Rechtsauffassung des 1. Senats im Hinblick auf die oa Rechtsentwicklung und den Wortsinn, die Regelungssystematik und die mit der Einführung des § 275 Abs 1c SGB V verbundene Zielsetzung für nicht überzeugend, wohl aber für vertretbar. Deshalb und insbesondere wegen der den Vertragspartnern nach § 17c Abs 2 KHG zum 1.8.2013 auferlegten Pflicht zur Regelung des Prüfverfahrens in § 275 Abs 1c SGB V - vor allem auch im Hinblick auf die Prüfdauer - sieht der Senat von einer Vorlage an den Großen Senat des BSG gemäß § 41 Abs 2 SGG ab.

33

4. Die Beklagte ist mit ihren Einwendungen gegen die Abrechnung des Klägers vom 2.10.2009 auch nicht aus anderen Rechtsgründen ausgeschlossen.

34

a) Insoweit kann sich der Kläger insbesondere nicht auf einen Verstoß der Beklagten bzw des SMD gegen § 2 Abs 6 KÜV berufen. Danach sollen die Ärzte der Medizinischen Dienste ihre Bedenken gegenüber dem Leitenden Abteilungsarzt des Krankenhauses oder dessen Vertreter darlegen und mit diesem "erörtern", wenn aus ihrer Sicht Bedenken gegen die Notwendigkeit, Art und Dauer der Krankenhausbehandlung bestehen.

35

Der Senat hat bereits entschieden (BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6, RdNr 16 ff), dass er bei der Auslegung der Vorschriften KÜV nicht den Beschränkungen nach § 162 SGG unterliegt, wonach eine Revision nur darauf gestützt werden kann, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Zwar gilt der hier maßgebliche Landesvertrag nur im Saarland und damit nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus. Die Revisibilität der berufungsgerichtlichen Auslegung eines Landesvertrages ist aber auch dann gegeben, wenn inhaltlich gleiche Vorschriften in Bezirken verschiedener LSG gelten (BSGE 1, 98, 100; 3, 77, 80 = SozR Nr 2 zu Art 14 GG; BSGE 13, 189, 191 = SozR Nr 156 zu § 162 SGG; BSGE 16, 227, 234 = SozR Nr 168 zu § 162 SGG) und die Übereinstimmung nicht nur zufällig, sondern bewusst und gewollt ist (BSGE 13, 189, 191 = SozR Nr 156 zu § 162 SGG; BSGE 38, 21, 29 = SozR 2200 § 725 Nr 1; BSG SozR 3-5920 § 1 Nr 1; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 5a mwN). Das ist hier der Fall. Mit dem saarländischen Landesvertrag inhaltlich und in wesentlichen Teilen sogar wörtlich übereinstimmende Landesverträge gibt es zB in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Dass die Übereinstimmung nicht den gesamten Wortlaut der Verträge erfasst, ist unschädlich, weil es insoweit nur auf den Inhalt der einschlägigen Vorschriften ankommt (BSGE 13, 189, 191 = SozR Nr 156 zu § 162 SGG). Die Übereinstimmung ist auch bewusst und gewollt herbeigeführt worden, denn die Landesverträge beruhen auf der Umsetzung von Rahmenempfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 27.11.1990.

36

Der Senat hat weiter bereits darauf hingewiesen, dass eine Erörterung iS von § 2 Abs KÜV zwischen den Medizinischen Diensten und den Krankenhausärzten lediglich erfolgen "soll", aber nicht muss, und dass eine unterlassene Erörterung im Fall der Erstellung eines für das Krankenhaus negativen Gutachtens durch den MDK lediglich dazu führt, dass die Krankenkasse dem Krankenhaus Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss, bevor sie einen Erstattungsanspruch geltend macht und ggf gegen einen unstreitigen Vergütungsanspruch aufrechnet(BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6 RdNr 16 aE). Dies ist hier - wenngleich erst nach der Aufrechnung durch die Beklagte am 4.5.2010 - in Form des sich an die Stellungnahme des SMD vom 22.4.2010 anschließenden Schriftwechsels zwischen den Beteiligten erfolgt. Damit kann offen bleiben, ob dem vorliegenden Abrechnungsstreit überhaupt "Bedenken gegen die Notwendigkeit, Art und Dauer der Krankenhausbehandlung" im Sinne des § 2 Abs 6 KÜV zugrunde liegen, nachdem die Beteiligten darüber streiten, welche Kodierung zur Anwendung kommen muss.

37

b) Die Beklagte ist mit ihren Einwendungen auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen. Zwar gibt es Fälle, in denen eine Berufung auf Einwendungen nach Würdigung aller Umstände gegen Treu und Glauben verstößt und damit rechtsmissbräuchlich ist (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 242 BGB). Der Senat hat aber stets darauf hingewiesen, dass die Annahme eines Rechtsmissbrauchs durch die Krankenkasse auf gravierende Fälle vertragswidrigen Verhaltens zu beschränken ist, und eine solche Konstellation bislang nur einmal konkret angenommen (sog Berliner Fälle, vgl BSGE 89, 104 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2). Ein solcher Fall missbräuchlichen Prüfungsverhaltens liegt hier ersichtlich nicht vor. Der Senat hat kürzlich weiter darauf hingewiesen, dass ein Prüfverhalten im dargestellten Sinn auch dann "rechtsmissbräuchlich" sein kann, wenn es nicht von der einzelnen Abrechnung bzw der in ihr festzustellenden Auffälligkeit geleitet wird, sondern unabhängig davon und systematisch eine Vielzahl von Abrechnungsfällen einem Prüfverfahren nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V zuführt, weil sie ein abstraktes Kürzungspotenzial enthalten(BSG Urteil vom 16.5.2013 - B 3 KR 32/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen, RdNr 29). Auch hierfür sind Anhaltspunkte vorliegend weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

38

5. Ob der Kläger Anspruch auf die streitige Restforderung hat, hängt somit davon ab, ob und ggf in welchem Umfang die Beklagte einen Erstattungsanspruch aus ihrer unter Vorbehalt geleisteten Zahlung vom 7.10.2009 besitzt. Für die Beantwortung dieser Frage reichen die bisher getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts - aus seiner Sicht konsequent - nicht aus, so dass der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

39

6. Die Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren beruht auf § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und § 47 Abs 1 GKG.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Der Berufungsbeklagte und die anderen Beteiligten können sich der Berufung anschließen. Die Anschlussberufung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzulegen.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Beteiligte auf die Berufung verzichtet hat oder die Frist für die Berufung oder den Antrag auf Zulassung der Berufung verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 124a Abs. 3 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend.

(4) Die Anschlussberufung bedarf keiner Zulassung.

(5) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Der Bund unterhält ein Bundesarchiv als selbstständige Bundesoberbehörde, die der Dienst- und Fachaufsicht der für Kultur und Medien zuständigen obersten Bundesbehörde untersteht.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 09. Oktober 2009 - 3 B 834/08 u. a. - wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Beschwerdebegründungsfrist wird abgelehnt.

Die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin zur Anschlussbeschwerde des Antragsgegners wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt zwei Drittel und der Antragsgegner ein Drittel der Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens.

Der Streitwert wird für das zweitinstanzliche Verfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin nach den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 an der Universität C-Stadt im ersten vorklinischen Fachsemester.

2

Der Antragsgegner ist in dem mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 09. Oktober 2009 - 3 B 292/08 u.a. -, der auch das Verfahren der Antragstellerin erfasst, im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet worden, unter den in seinem Rubrum bezeichneten Antragstellern im Losverfahren weitere 36 Studienplätze zu vergeben.

3

Das Verwaltungsgericht ist dabei davon ausgegangen, dass die Ausbildungskapazität im Studiengang Humanmedizin für das 1. vorklinische Fachsemester 255 Studienplätze und damit mehr als die durch die Zulassungszahlenfestsetzungsverordnung vom 04. Juli 2008 (GVOBl. M-V 2008, S. 311) festgesetzte Zulassungszahl von 205 Studienplätzen betrage, von diesen 255 Studienplätzen jedoch - bei 219 tatsächlich erfolgten Einschreibungen Stand 01. Dezember 2008 - kapazitätsverzehrend 219 durch entsprechende Einschreibungen bereits vergeben seien. Weitergehende Anträge hat das Verwaltungsgericht abgelehnt.

II.

4

Die nach Zustellung des angefochtenen ablehnenden Beschlusses am 12. Oktober 2009 mit am 21. Oktober 2009 eingegangenem Schriftsatz fristgemäß eingelegte und mit am 11. November 2009 eingegangenem Schriftsatz gleichermaßen fristgemäß begründete Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg (1.). Gleiches gilt für die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners (2.) und die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin zur Anschlussbeschwerde des Antragsgegners (3.).

5

1. Die Beschwerdebegründung der Antragstellerin genügt nicht dem Darlegungserfordernis aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO und/oder weckt im Übrigen auch in der Sache im Ergebnis unter den im Beschwerdeverfahren angesprochenen Gesichtspunkten keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass das Verwaltungsgericht über die von ihm ermittelten zusätzlichen Studienplätze hinausgehend einen Anordnungsanspruch hinsichtlich nicht ausgeschöpfter Ausbildungskapazitäten verneint hat.

6

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.

7

In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht - dem Darlegungserfordernis genügend - geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

8

Vor diesem Hintergrund verlangt das Darlegungserfordernis von dem Beschwerdeführer, dass die Beschwerdebegründung auf die rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen eingeht, auf die das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gestützt hat. Es ist für die Zulässigkeit der Beschwerde erforderlich, dass die Beschwerdebegründung an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpft und aufzeigt, weshalb sich diese aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen der Ausgangsbeschluss unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss sich insofern an der Begründungsstruktur der angegriffenen Entscheidung orientieren. Grundsätzlich reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen. Stützt das Verwaltungsgericht sein Ergebnis alternativ auf mehrere Begründungen, muss die Beschwerde alle Begründungen aufgreifen, sich mit diesen auseinander setzen und sie in Zweifel ziehen. Geht die Beschwerdebegründung auf nur eine Erwägung nicht ein, die die angefochtene Entscheidung selbstständig trägt, bzw. lässt sie unangefochten, bleibt der Beschwerde schon aus diesem Grund der Erfolg versagt. Diese Anforderungen an die Beschwerdebegründung sind für einen Beschwerdeführer auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang gemäß § 67 Abs. 4 VwGO ist sichergestellt, dass Beschwerdeführer - in aller Regel durch einen Rechtsanwalt - rechtskundig vertreten sind (insgesamt ständige Rspr. des Senats, vgl. etwa Beschl. v. 19.08.2008 - 1 M 44/08 -).

9

Zunächst führt es nicht zum Erfolg der Beschwerde, soweit sich die Antragstellerin hinsichtlich der Anerkennung des Dienstleistungsexports nach Maßgabe der Kapazitätsberechnung gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts wendet, es sei unerheblich, dass für die nicht der Lehreinheit Vorklinische Medizin zugeordneten Studiengänge (Biomedizinische Technik und die fünf Lehramtsstudiengänge) kein CNW festgesetzt worden sei, und mit umfangreicher Begründung ausführt, nach ihrer Auffassung sei eine Normierung des CNW der nicht zugeordneten Studiengänge aus verschiedenen rechtlichen Gründen zwingend erforderlich.

10

Der Senat hat zu der im Wesentlichen inhaltlich übereinstimmenden Beschwerdebegründung seitens des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in Beschwerdeverfahren betreffend einen Zulassungsanspruch der dortigen Antragstellerinnen an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald mit Beschluss vom 05. Juli 2010 - 1 M 28/10 u. a. - Folgendes ausgeführt:

11

"... Die Antragstellerinnen tragen zur Begründung ihrer Rüge im wesentlichen vor, nach Maßgabe der Zulassungszahlenverordnung vom 03. Juli 2009 handele es sich bei diesen zulassungsbeschränkten Studiengängen nicht mehr um Diplomstudiengänge, sondern um Bachelor-Studiengänge, für die kein CNW festgelegt worden sei und für die auch keine Prüfungs- und Studienordnungen vorgelegt worden seien. Schon weil in der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 KapVO für diese nicht zugeordneten kein Curricularnormwert festgesetzt worden sei, sei ein Dienstleistungsbedarf nicht anzuerkennen. Hierzu tragen die Antragstellerinnen umfangreiche rechtliche Erwägungen vor, denen der Senat jedoch nicht folgt.

12

Der in der Kapazitätsberechnung zugrunde gelegte Dienstleistungsbedarf für die betreffenden Studiengänge ist unter den angesprochenen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.

13

Der Hinweis der Antragstellerinnen auf § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V berücksichtigt den systematischen Kontext der Bestimmung nicht in ausreichendem Maße.

14

Nach § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V setzt das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur die Normwerte oder Bandbreiten von Normwerten durch Rechtsverordnung fest. Die Bestimmung ist Teil der in § 3 Abs. 4 HZG M-V enthaltenen Regelungen betreffend die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität. Gemeint ist dabei die jährliche Aufnahmekapazität der nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengänge. Dies ergibt der Rückgriff auf die in § 3 Abs. 1 HZG M-V enthaltene Weichenstellung für das hinsichtlich der Kapazitätsermittlung und die Festsetzung von Zulassungszahlen anzuwendende Recht: Nach § 3 Abs. 1 HZG M-V in der - vorliegend maßgeblichen - bis zum 31. März 2010 (vgl. Art. 3 des Gesetzes zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung sowie zur Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes v. 11.03.2010, GVOBl. M-V S. 164) geltenden Fassung setzt das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur nach Anhörung der Hochschulen die Zulassungszahlen für die in das Verfahren der ZVS einbezogenen Studiengänge nach Art. 7 Abs. 1 des Staatsvertrages und für nicht einbezogene Studiengänge nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 durch Rechtsverordnung fest. Bei den Bachelor-Studiengängen Biologie, Biochemie und Humanbiologie handelt es sich um nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogene Studiengänge (vgl. Anlage 1 zu § 1 Satz 2 ZVS-Vergabeverordnung vom 30.05.2008, GVOBl. M-V S. 159, zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung der ZVS-Vergabeverordnung v. 20.05.2010, GVOBl. M-V S. 263). Folglich ist für eine Zulassungszahlenfestsetzung nach Maßgabe der in § 3 Abs. 1 HZG M-V geregelten zweiten Alternative - insoweit liegen die Antragstellerinnen mit ihrem Verweis auf § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V im Ansatz richtig - zu verfahren bzw. sind die Absätze 2 bis 4 anzuwenden.

15

Eine solche Zulassungszahlenfestsetzung ist für die Studiengänge Biologie (Bachelor), Biochemie (Bachelor) und Humanbiologie (Bachelor) unter § 1 Abs. 3 der Zulassungszahlenverordnung vom 03. Juli 2009 (GVOBl. M-V S. 449 - ZulZVO M-V) erfolgt (Festsetzung auf 70, 60 und 40 in vorstehender Reihenfolge); augenscheinlich ist mit Blick auf § 3 Abs. 2 HZG M-V jeweils prognostisch ein Bedürfnis zur Festsetzung einer Zulassungszahl gesehen worden. Allerdings liegt keine ausdrückliche Festsetzung eines Normwertes oder der Bandbreite eines Normwertes für die Studiengänge durch Verordnung vor. Dies ist jedoch für die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit des Dienstleistungsexports nach Maßgabe von § 11 KapVO bzw. die Kapazität im Studiengang Humanmedizin ohne rechtliche Bedeutung. Denn Gegenstand der Normierungsverpflichtung aus § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V sind nach dem systematischen Kontext ausschließlich die nicht in das Verfahren der ZVS einbezogenen Studiengänge selbst und deren jährliche Aufnahmekapazität. Es ist nach diesem systematischen Kontext und nach Sinn und Zweck des § 3 Abs. 2 bis 4 HZG M-V nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber hier eine sich auf die Kapazität im Bereich der in das Verfahren der ZVS einbezogenen Studiengänge nach Art. 7 Abs. 1 des Staatsvertrages auswirkende Normierungspflicht regeln bzw. die Berücksichtigung von Dienstleistungsexporten nach § 11 KapVO ausschließen wollte, wenn eine entsprechende - ausdrückliche - Normierung fehlen sollte.

16

Diese Rechtsauffassung harmoniert mit der obergerichtlichen Rechtsprechung, derzufolge insbesondere Art. 7 Abs. 3 Satz 6 des Staatsvertrages vom 22. Juni 2006 (GVOBl. M-V S. 286) und die §§ 11 ff. KapVO nicht vorschreiben, in normativer Form - insbesondere in Gestalt einer Verordnung - Curricularnormwerte für die im Falle des Dienstleistungsexports aufnehmenden Studiengänge festzusetzen, weil insbesondere Art. 7 Abs. 3 Satz 6, Abs. 1 des Staatsvertrages nur Geltung beansprucht, wenn es um die Ermittlung der Aufnahmekapazität eines zulassungsbeschränkten Studiengangs als solchen geht, nicht jedoch hinsichtlich der Curricularanteile, die der Berechnung nach § 11 Abs. 1 KapVO zugrunde zu legen sind (vgl. VGH München, Beschl. v. 23.10.2009 - 7 CE 09.10567 -; Beschl. v. 20.10.2009 - 7 CE 09.10565, 7 CE 09.10566 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.11.2009 - OVG 5 NC 72.09 -; OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.04.2010 - 2 NB 159/09 -; Beschl. v. 25.02.2010 - 2 NB 115/09 -; OVG Münster, Beschl. v. 25.02.2010 - 13 C 1/10 u. a. -; Beschl. v. 08.07.2009 - 13 C 93/09 -; VGH Kassel, Urt. v. 24.09.2009 - 19 B 1142/09.MM.W8 -; jeweils zitiert nach juris). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Es erschiene nicht nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber des Landes Mecklenburg-Vorpommern in § 3 Abs. 1 HZG M-V zunächst eine klare Weichenstellung und Trennung hinsichtlich des für die Zulassungszahlenfestsetzung maßgeblichen Rechtsregimes getroffen haben sollte, um dann diese Weichenstellung und Trennung letztendlich wieder aufzugeben, indem die Normierungspflicht für die nicht einbezogenen Studiengänge auf die in das Verfahren der ZVS einbezogenen Studiengänge durchschlagen sollte. Folglich ist nur eine Auslegung systematisch plausibel, nach der der Gesetzgeber die Regelungen des Staatsvertrages, denen nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen gerade keine Verpflichtung zu normativer Regelung der Curricularnormwerte für die im Falle des Dienstleistungsexports aufnehmenden Studiengänge entnommen werden kann, unberührt lassen wollte.

17

Dass nur dieses Normverständnis richtig sein kann, untermauert auch der systematische Bezug des § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V zu § 3 Abs. 2 HZG M-V: In einem nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengang oder in höheren Fachsemestern eines Studiengangs sollen Zulassungszahlen gemäß § 3 Abs. 2 HZG M-V in der bis zum 31. März 2010 geltenden Fassung festgesetzt werden, wenn aufgrund der Zahl der zu den letzten beiden Zulassungsterminen tatsächlich erfolgten Einschreibungen zu erwarten ist, dass die Zahl der künftig immatrikulierten Studentinnen und Studenten die Zahl der verfügbaren Studienplätze im jeweiligen Studiengang erheblich übersteigen wird. Die Vorschrift regelte also nicht, dass in einem nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengang zwingend eine Zulassungszahlenfestsetzung erfolgen sollte. Sie machte das "Ob" einer solchen Festsetzung vielmehr von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen bzw. einer Prognose des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur abhängig und sah selbst für diesen Fall kein "muss" vor (anders nunmehr die Neufassung von § 3 Abs. 2 HZG M-V nach Maßgabe von Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung sowie zur Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes v. 11.03.2010, GVOBl. M-V S. 164), sondern enthielt lediglich eine Soll-Bestimmung. Anders gewendet konnte eine Zulassungszahlenfestsetzung unterbleiben, wenn die genannten Voraussetzungen in Ansehung eines bestimmten, nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengangs nicht vorlagen.

18

Hiervon ausgehend erschließt sich ohne weiteres, dass die in § 3 Abs. 3 und 4 HZG M-V enthaltenen Bestimmungen naturgemäß nur dann zur Anwendung gelangen, wenn auf der Ebene des § 3 Abs. 2 HZG M-V die Frage nach dem "Ob" einer Zulassungszahlenfestsetzung bejaht wird. War für einen nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengang nach den Maßgaben des § 3 Abs. 2 HZG M-V keine Zulassungszahlenfestsetzung vorzunehmen, musste folglich die jährliche Aufnahmekapazität für den betreffenden Studiengang nicht ermittelt werden und infolge dessen ebenso wenig ein Normwert oder die Bandbreite eines Normwertes durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur durch Rechtsverordnung gemäß § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V festgesetzt werden. Dass eine Verpflichtung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur entsprechenden Normsetzung dergestalt bestehen sollte, dass gewissermaßen "auf Vorrat" für sämtliche nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengänge Normwerte oder Bandbreiten von Normwerten festzusetzen gewesen wären, ist nach der Systematik, aber auch nach Sinn und Zweck der erörterten Bestimmungen nicht erkennbar.

19

Vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass die kapazitätswirksame Berücksichtigung des Dienstleistungsexports in nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogene Studiengänge nach dem Willen des Gesetzgebers davon abhängig sein sollte, dass für den aufnehmenden Studiengang zufällig die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 HZG M-V erfüllt sind bzw. eine entsprechende Prognoseentscheidung ergeht oder nicht. Die Frage der Kapazitätswirksamkeit des Dienstleistungsexports weist keinen sachlichen Bezug hierzu auf.

20

In welchem Verhältnis § 13 Abs. 3 KapVO zu § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V steht, bedarf mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen keiner näheren Betrachtung.

21

Soweit die Antragstellerinnen im Übrigen insbesondere auf die Bestimmungen des Staatsvertrages und den Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 12. Mai 2009 - NC 9 S 240/09 - (juris) verweisen und das Fehlen einer aus ihrer Sicht auch danach erforderlichen normativen Grundlage für die Festlegung von Curricularnormwerten bzw. Curricularanteilen hinsichtlich der im Rahmen des Dienstleistungsexports aufnehmenden Studiengänge rügen, führt auch dies nicht zu der Annahme, der Dienstleitungsexport sei fehlerhaft berechnet worden und könne im geltend gemachten Umfang mit der Folge der Kapazitätserhöhung nicht berücksichtigt werden. Soweit die Regelungen des Staatsvertrages angesprochen sind, kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

22

Hinsichtlich der in Bezug genommenen Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg fehlt bereits unter dem Blickwinkel des Darlegungserfordernisses Vortrag dazu, ob und inwieweit die betreffende Entscheidung auf das hiesige Landesrecht, insbesondere unter Berücksichtigung der vorstehend erläuterten Normsystematik des § 3 HZG M-V in der bis zum 31. März 2010 geltenden Fassung, übertragen werden kann. Darüber hinaus betrifft die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg nicht "Lehrveranstaltungsstunden, die die Lehreinheit für nicht zugeordnete Studiengänge zu erbringen hat" (vgl. § 11 Abs. 1 KapVO), sondern bezieht sich auf den Fall, dass einer Lehreinheit mehrere Studiengänge zugeordnet sind, und nimmt damit andere kapazitätsrechtliche Fragestellungen im Kontext von § 12 Abs. 1 KapVO in den Blick (ebenso OVG Münster, Beschl. v. 08.07.2009 - 13 C 93/09 -). Das Beschwerdevorbringen legt mit seinem Hinweis darauf, dass die Ermittlung der Anteilsquote nur unter Berücksichtigung eines CNW nach § 13 KapVO erfolgen könne, nicht hinreichend dar, dass die vorliegend angesprochene kapazitätsrechtliche Fragestellung gleich zu behandeln sei. Diese Erwägung ist im Übrigen zirkelschlüssig, wenn vorgetragen wird, die Berechnung der Aufnahmekapazität der zugeordneten Studiengänge könne "wiederum nur unter Berücksichtigung eines CNW nach § 13 KapVO erfolgen"; die Erforderlichkeit der Festsetzung eines CNW für den aufnehmenden Studiengang wäre zunächst zu zu belegen, dann erst könnte mit der Gleichartigkeit der Berechnungsmethodik argumentiert werden. Im Übrigen sieht der Senat mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen auch in der Sache keine Veranlassung, aus der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg für das hiesige Landesrecht die von den Antragstellerinnen gewünschten Schlussfolgerungen zu ziehen.

23

Auch aus dem von den Antragstellerinnen angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1989 - 7 C 15/88 - (NVwZ-RR 1990, 349 - zitiert nach juris) ergibt sich nichts Abweichendes. Dieses Urteil betrifft die Frage der kapazitätsrechtlichen Wirksamkeit der Bildung "großer" Lehreinheiten bestehend aus mehreren Fächern unter Zuordnung mehrerer Studiengänge, also nicht Fragen des Dienstleistungsexports. Die konkret zitierte Passage aus den Entscheidungsgründen konstruiert zudem einen Gegensatz, der der Entscheidung jedoch so nicht zu entnehmen ist. Wenn dort von einer "Entscheidung des Staates" die Rede ist, kann dies nicht ohne weiteres - im Sinne der Antragstellerinnen - so verstanden werden, dass damit gesagt sein soll, ausschließlich die normsetzende Behörde - gemeint ist das Ministerium - und nicht die Universität wäre zur Entscheidung über die Verteilung des Lehrangebots berufen. Denn vorangehend hat das Bundesverwaltungsgericht gerade ausgeführt, "... durch die von der Beklagten und dem Ministerium gebildete 'große' Lehreinheit (wird) lediglich die mangelnde Widmungsneutralität der 'kleinen' Lehreinheit offengelegt und den kapazitätsbestimmenden Stellen die Möglichkeit eingeräumt, diesem Umstand durch eine auf 60 Studienanfänger im Jahr berechnete Anteilsquote für den Studiengang Biochemie entgegenzuwirken". Demzufolge liegt eher das Verständnis nahe, das Bundesverwaltungsgericht verstehe unter "Staat" sowohl Universität als auch Ministerium.

24

Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen ist zudem nicht erkennbar, auf welcher (verfassungs-) rechtlichen Grundlage ein Anordnungsanspruch der Antragstellerinnen anzuerkennen wäre, wenn bei richtiger Berechnung auf der Grundlage der tatsächlich vorhandenen Kapazitäten gewissermaßen "nur" ein - zwingend für erforderlich gehaltener - ausdrücklicher normativer Curricularnormwert für die betreffenden Studiengänge fehlen würde, jedoch keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen werden oder ersichtlich wären, dass die Kapazität nach Maßgabe der KapVO mit Blick auf den tatsächlichen Ausbildungsaufwand im Rahmen des Dienstleistungsexports fehlerhaft berechnet worden sein könnte. Blendete man in einer solchen Situation den tatsächlich im in die Kapazitätsberechnung eingestellten Umfang erfolgenden Dienstleistungsexport aus, würde der Rahmen des verfassungsrechtlichen Teilhabeanspruchs überschritten und letztlich ein Leistungsanspruch auf Schaffung zusätzlicher Kapazitäten begründet. Dies wäre ebenso wie ein verfassungsrechtlicher Pauschalanspruch auf einen "Sicherheitszuschlag" abzulehnen (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.11.2009 - OVG 5 NC 72.09 -, juris). Dies gilt umso mehr, als zum einen das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf der Basis der von der Universität vorgelegten Kapazitätsberechnungen für die Studiengänge Humanmedizin, Biologie, Biochemie und Humanbiologie mit der Zulassungszahlenverordnung vom 03. Juli 2009 einerseits für den Studiengang Humanmedizin und andererseits für die Studiengänge Biologie (Bachelor), Biochemie (Bachelor) und Humanbiologie (Bachelor) jeweils eine Zulassungszahl festgesetzt hat und folglich der Dienstleistungsexport der Lehreinheit Vorklinische Medizin ebenso wie die CNW von 7,4698 / 4,3450 / 4,4759 für die drei aufnehmenden Studiengänge (in vorstehender Reihenfolge) - letztere nach Maßgabe der entsprechenden Kapazitätsberichte - mittelbar eine normative Billigung durch das nach § 3 Abs. 4 Satz 6 HZG M-V zuständige Organ für die Festsetzung von Normwerten in Gestalt einer Rechtsverordnung gefunden haben. Zum anderen dürfte das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur als das zuständige Normsetzungsorgan während eines Hauptsacheverfahrens einen entsprechenden Normwert ggfs. noch mit verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässiger (unechter) Rückwirkung ausdrücklich festsetzen können, der dem in die Kapazitätsberechnung eingestellten Ausbildungsaufwand entspräche (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 26.05.2010 - 1 M 37/10 u. a. -). ..."

25

An dieser Rechtsprechung hält der Senat insbesondere auch unter dem Eindruck des ergänzenden Vorbringens des insoweit Unterbevollmächtigten der Antragstellerin in dessen Schriftsatz vom 10. Mai 2010 fest. Abgesehen davon, dass in dem dort in Bezug genommenen Schreiben des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur M-V vom 15. April 2010 auf die der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg entgegengesetzte Rechtsprechung verwiesen wird, diesem also gerade kein "Eingeständnis eines Normierungsdefizits" entnommen werden kann, vermag die ministerielle Absicht, zukünftig CNW für Dienstleistungen nachfragende Studiengänge festsetzen zu wollen, an der dargestellten Rechtslage nichts zu ändern. Im Übrigen kann diesem Schreiben entnommen werden, dass die vorstehend angesprochene Möglichkeit einer Festsetzung von CNW-Werten während eines Hauptsacheverfahrens eine konkrete Grundlage hat, da das Ministerium eine solche Festlegung durch Verordnung plant. Mit Blick auf den im Schriftsatz der Antragstellerin vom 09. August 2010 enthaltenen Hinweis auf § 13 Abs. 4 Satz 2 KapVO ist anzumerken, dass insoweit schlicht behauptet wird, die danach erforderliche Abstimmung verlange eine normative Festsetzung des CNW. Insbesondere lässt sich dem Zitat der Antragstellerin aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.09.1981 - 7 N 1.79 - eine solche Forderung nicht entnehmen.

26

Soweit die Antragstellerin als Voraussetzung der kapazitätswirksamen Berücksichtigung des Dienstleitungsexports eine Akkreditierung der betreffenden Studiengänge für notwendig hält, hat der Senat zu entsprechendem Vorbringen der Antragstellerinnen in den dortigen Beschwerdeverfahren in seinem vorerwähnten Beschluss vom 05. Juli 2010 - vorliegend entsprechend übertragbar - ausgeführt:

27

"...Der Dienstleistungsexport für die drei Bachelor-Studiengänge ist auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Antragstellerinnen geltend machen, die kapazitätsrechtliche Berücksichtigung desselben setzte eine Akkreditierung nach § 28 Abs. 5 Satz 2 LHG M-V voraus, von einer wirksamen Studien- und Prüfungsordnung, die Voraussetzung für die Anerkennung des Dienstleistungsexports sei, könne nur dann die Rede sein, wenn eine wirksame Akkreditierung vorliege, die der Antragsgegner nicht nachgewiesen habe. Die Antragstellerinnen berufen sich auf Äußerungen von "Vertretern zahlreicher Hochschulen", denen zufolge zahlreiche Bachelor-Studiengänge betrieben würden, bei denen entweder gar keine Akkreditierung vorliege oder diese bereits abgelaufen sei.

28

Hinsichtlich seiner tatsächlichen Grundlagen geht dieses Vorbringen zunächst "ins Blaue" und genügt offenkundig nicht dem Darlegungserfordernis.

29

Aber auch in der Sache folgt der Senat diesem Vorbringen nicht: Gemäß § 28 Abs. 5 Satz 1 LHG M-V sind neu einzurichtende Studiengänge zu modularisieren und mit einem Leistungspunktesystem zu versehen, welches das europäische Kredit-Transfer-System (ECTS) berücksichtigt. Studiengänge, die zu einem Bachelor- (Bakkalaureus-) oder Master- (Magister-) Abschluss führen, sind zusätzlich bei einer anerkannten Stelle zu akkreditieren (Satz 2). Andere neue Studiengänge sind zu akkreditieren, soweit anerkannte Stellen entsprechende Akkreditierungen durchführen (Satz 3). Das in § 28 Abs. 5 Satz 2 LHG M-V geregelte Akkreditierungserfordernis steht der kapazitätsrechtlichen Berücksichtigung von Dienstleistungsexporten in einen aufnehmenden, neu eingerichteten, aber (noch) nicht akkreditierten Studiengang nicht entgegen. Dies zeigt des systematische Kontext zu § 28 Abs. 4 LHG M-V, der die Einrichtung von Studiengängen den Hochschulen zuweist (Satz 1), eine bloße Anzeigepflicht und Darlegungspflicht hinsichtlich Stellen und Mitteln gegenüber dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Sätze 2, 3) und ein Einvernehmenserfordernis (Satz 4) unter bestimmten Voraussetzungen regelt. Gemäß § 28 Abs. 4 Satz 5 LHG M-V ist schließlich Voraussetzung für die Einschreibung von Studierenden in einen neuen Studiengang (nur) die gemäß § 13 Abs. 4 genehmigte Prüfungsordnung, nicht jedoch eine Akkreditierung. § 28 Abs. 4 Satz 6 LHG M-V ergänzt diese Bestimmungen um eine Untersagungsermächtigung zu Gunsten des Ministeriums. Die Bestimmungen des § 28 Abs. 4, 5 LHG M-V sind zudem im Kontext des § 11 Nr. 1 LHG M-V zu sehen, wonach Staat und Hochschule nach den Bestimmungen des Gesetzes insbesondere bei der Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Studiengängen zusammenwirken. Nach alledem ist nicht ersichtlich, dass die Akkreditierung eines neuen Bachelor-Studiengangs Voraussetzung dafür wäre, dass er kapazitätswirksam Dienstleistungsexporte aufnehmen dürfte (vgl. OVG A-Stadt, Beschl. v. 19.10.2009 - 3 Nc 82/08 -, juris; OVG Magdeburg, Beschl. v. 16.07.2009 - 3 N 599/08 -, juris; VGH München, Beschl. v. 19.09.2007 - 7 CE 07.10334, u. a. -, juris). ..."

30

Die Antragstellerin rügt bezogen auf den Bachelor-Studiengang Biomedizinische Technik weiter, vom Antragsgegner sei keine Berechnung des CAq mit den Faktoren v, g und f vorgelegt worden, die Gruppengrößen seien in der Studienordnung nicht normiert. Weder aus kapazitätsrechtlichen Vorschriften bzw. sonstigem Landesrecht noch aus Verfassungsrecht ist jedoch eine Verpflichtung zur normativen Festlegung von Gruppengrößen in Studienordnungen vorgeschrieben (vgl. VGH München, Beschl. v. 01.07.2009 - 7 CE 09.10044 -, juris; VGH Kassel, Urt. v. 24.09.2009 - 10 B 1142/09.MM.W8 -, juris; OVG Bremen, Beschl. v. 16.03.2010 - 2 B 428/09 -, juris; OVG Greifswald, Beschl. v. 05.07.2010 - 1 M 28/10 u. a. -). Wenn die Antragstellerin zudem ausführt, eine Berechnung des CAq sei nicht vorgelegt worden, so dass nicht nachvollzogen werden könne, wie sich der Wert von 0,11 ergebe, genügt dieser Vortrag insgesamt jedenfalls mangels Auseinandersetzung mit den ausdrücklich hierauf bezogenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht dem Darlegungserfordernis. Der Vortrag ist zudem angesichts dieser Erwägungen seinerseits nicht nachvollziehbar, führt das Verwaltungsgericht doch aus, die insoweit angesetzte Lehrnachfrage mit einem CAq-Wert von 0,11 habe der Antragsgegner mit einem entsprechenden die Curricularanteile ausweisenden "CNW-Ausfüllnachweis", dem 2 SWS Vorlesungen jeweils in Anatomie und Physiologie bei einer Gruppengröße von 150 und jeweils 1 SWS Praktikum bei einer Gruppengröße von 20 zu entnehmen seien, unterlegt.

31

Auch die im Kontext der Frage nach dem ordnungsgemäßen Zustandekommen der Studienordnungen der Exportstudiengänge und nach der Richtigkeit der für diese vorgenommenen Schwundquotenberechnungen angegriffene Erwägung des Verwaltungsgerichts, wenn "ins Blaue hinein" abstrakt mögliche Fehlerquellen bei der Kapazitätsberechnung aufgelistet werden, bestünde für das Gericht keine Notwendigkeit zur weiteren Amtsaufklärung, ist mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht im Übrigen vorgenommene Überprüfung der Ausbildungskapazität nicht zu beanstanden. Wenn die Antragstellerin ausführt, es seien von ihr "einige Punkte, die bei der Kapazitätsberechnung überprüft werden müssen" aufgelistet worden, bestätigt dies die Wertung des Verwaltungsgerichts, es handele sich um eine Auflistung abstrakt möglicher Fehlerquellen bei der Kapazitätsberechnung. Das Verwaltungsgericht hat sich zudem mit einzelnen konkreten Fragestellungen hinsichtlich der vorstehend angesprochenen Gesichtspunkte des Dienstleistungsexports auseinandergesetzt und entsprechend nähere Prüfungen vorgenommen. Hinsichtlich dieser Ausführungen liegt jedenfalls die vom Bundesverfassungsgerichts geforderte kursorische oder stichprobenartige Überprüfung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.03.2004 - 1 BvR 356/04 -, NVwZ 2004, 1112 - zitiert nach juris) unter verschiedenen Gesichtspunkten, die auch konkret von Antragstellern erstinstanzlich gerügt worden sind, vor. Das Bundesverfassungsgericht verlangt in seiner von der Antragstellerin umfangreich zitierten Entscheidung gerade nicht, dass die Verwaltungsgerichte in Eilverfahren, mag die gerichtliche Prüfung auch längere Zeit in Anspruch genommen haben, "ins Blaue" jede auch nur abstrakt-theoretische Fehlerquelle für eine Kapazitätsberechnung genauestens unter die Lupe nehmen (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 22.10.1991 - 1 BvR 393/85, 1 BvR 610/85 -, BVerfGE 85, 36 - zitiert nach juris ). Die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 23.07.1987 - 7 C 10.86 u. a. -, NVwZ 1989, 360) ist schon deshalb nicht einschlägig, weil sie sich auf das Hauptsacheverfahren bezieht. Im Übrigen genügt es unter der Geltung des Darlegungserfordernisses im Beschwerdeverfahren (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) zur Begründung des geltend gemachten Anordnungsanspruchs grundsätzlich nicht, auf vermeintliche Ermittlungsdefizite im erstinstanzlichen Verfahren zu verweisen und/oder das Rechtsmittelgericht um weitere Ermittlungen mit dem Ziel zu bitten, Darlegungsdefizite im eigenen Vorbringen auszugleichen bzw. eigene Darlegungen zu ersetzen (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 03.03.2009 - 1 M 140/08 u. a. -; Beschl. v. 11.07.2008 - 1 N 17/07 -).

32

Soweit mit dem Beschwerdevorbringen die Ansetzung des Schwundfaktors 1 für den Studiengang Biomedizinische Technik gerügt wird, begründet dies keine durchgreifenden Bedenken gegen die hierauf bezogenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts und zeigt jedenfalls nicht auf, dass die Antragstellerin insoweit einen Anordnungsanspruch gelten machen könnte.

33

Die Angriffe gegen den Dienstleistungsbedarf betreffend den Studiengang Lehramt für Sonderpädagogik genügen wiederum bereits nicht dem Darlegungserfordernis. Das Verwaltungsgericht hat hierzu erläutert, insoweit änderten die vorgebrachten Umstände "nichts an dem angesetzten CAq von 0,02 (Gruppengröße 50, Anrechnungsfaktor 1, Gesamt-CNW 3,19) und einem Dienstleistungsverbrauch (bei 53 im WS 2007/2008 eingeschriebenen Studienanfängern und einer Schwundquote von 0,9617) von 0,5097 DS wie im Kapazitätsbericht Medizin ausgewiesen". Damit setzt sich das Beschwerdevorbringen nicht hinreichend auseinander, sondern rügt pauschal, eine Berechnung des CAq sei nicht vorgelegt worden, der CAq-Wert von 0,02 sei nicht nachvollziehbar. Jedenfalls ist damit zudem keine höhere als die vom Verwaltungsgericht errechnete Ausbildungskapazität dargetan. Wenn schließlich der Wert Aq/2 von 26,5 als überhöht gerügt wird, fehlt es auch in dieser Hinsicht an einem Eingehen auf den Hinweis des Verwaltungsgerichts, dass im WS 2007/2008 53 Studienanfänger eingeschrieben gewesen seien. Dies stimmt mit den Daten der Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität gemäß KapVO des Instituts für Sonderpädagogische Entwicklungsförderung und Rehabilitation (ISER) überein. Daraus folgt aber ein Aq/2 von 26,5. Das Beschwerdevorbringen geht bei alledem insbesondere nicht auf die Voraussetzungen von § 11 Abs. 2 KapVO ein, wonach zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen Studienanfängerzahlen für die nicht zugeordneten Studiengänge anzusetzen sind, wobei die voraussichtlichen Zulassungszahlen für diese Studiengänge und/oder die bisherige Entwicklung der Studienanfängerzahlen zu berücksichtigen sind. Nach der letzten Alternative hat die Hochschule also zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen wohl auch die Studienanfängerzahl zum WS 2007/2008 zugrunde legen dürfen.

34

Hinsichtlich der Studiengänge Sport Lehramt Gymnasium, Sport Lehramt Haupt- und Realschulen, Sport Lehramt Grund- und Hauptschulen, Sport Lehramt Sonderpädagogik sowie Zahnmedizin enthält das Beschwerdevorbringen im Kern nur die pauschale Rüge, dass die von der Universität vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend seien, um den entsprechenden Dienstleistungsexport zu berücksichtigen. Insbesondere fehle eine Berechnung des CAq, ein vom Ministerium festgelegter CNW sei nicht nachgewiesen und eine Schwundberechnung nicht vorgelegt worden. Damit genügt die Antragstellerin entsprechend den vorstehenden Erwägungen nicht dem Darlegungserfordernis.

35

Die Rüge, es gebe keinen CNW für den der Lehreinheit vorklinische Medizin zugeordneten Bachelor-Studiengang Medizinische Biotechnologie, führt ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde. Insoweit gelten jedenfalls die vorstehenden Erwägungen zur Notwendigkeit der normativen Festsetzung des CNW für die Studiengänge, in die Dienstleistungsexporte erfolgen, entsprechend, soweit darin darauf verwiesen wird, es sei - erstens - nicht erkennbar, auf welcher (verfassungs-) rechtlichen Grundlage ein Anordnungsanspruch anzuerkennen wäre, wenn bei richtiger Berechnung auf der Grundlage der tatsächlich vorhandenen Kapazitäten gewissermaßen "nur" ein - zwingend für erforderlich gehaltener - ausdrücklicher normativer Curricularnormwert für die betreffenden Studiengänge fehlen würde, jedoch keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen werden oder ersichtlich wären, dass die Kapazität nach Maßgabe der KapVO mit Blick auf den tatsächlichen Ausbildungsaufwand für den Bachelor-Studiengang Medizinische Biotechnologie fehlerhaft berechnet worden sein könnte, es bestehe - zweitens - mit Blick auf die festgesetzten Zulassungszahlen zumindest eine mittelbare normative Bestätigung und dass - drittens - das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur als das zuständige Normsetzungsorgan während eines Hauptsacheverfahrens einen entsprechenden Normwert ggfs. noch mit verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässiger (unechter) Rückwirkung ausdrücklich festsetzen könnte, der dem in die Kapazitätsberechnung eingestellten Ausbildungsaufwand entspräche. Letzteres gilt umso mehr, als eine solche Festsetzung nach Maßgabe des von Seiten der Antragstellerin überreichten Schreibens des Ministeriums vom 15. April 2010 tatsächlich konkret beabsichtigt ist.

36

Soweit das Verwaltungsgericht die für den Studiengang Medizinische Biotechnologie im Kapazitätsbericht angenommene Schwundquote von 1 - letztmalig - gebilligt hat, setzt sich das Beschwerdevorbringen mit den gerichtlichen Ausführungen nicht hinreichend auseinander. Die im an das Ministerium gerichteten Schreiben der Universität vom 29. September 2009 insoweit enthaltenen Erläuterungen zum Kapazitätsbericht, eine Schwundquotenberechnung sei noch nicht möglich, weil der Studiengang noch relativ neu sei, erscheint zudem noch hinreichend plausibel, um die Schwundquote im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung auf 1 festzusetzen. Das Schwundverhalten von Studenten eines neu angebotenen Studiengangs, die zum Zeitpunkt ihrer entsprechenden Entscheidung für die Aufnahme gerade dieses Studiums gewissermaßen noch nicht genau wussten, "was auf sie zukam", konnte wohl auch noch zum Wintersemester 2008/2009 als nicht hinreichend zuverlässige Prognosegrundlage betrachtet werden, weil der erstmalig zum Wintersemester 2005/2006 angebotene sechssemestrige Bachelor-Studiengang jedenfalls zum Berechnungsstichtag 04.02.2008 noch nicht wenigstens einmal über volle sechs Semester gelaufen war.

37

Dem Darlegungserfordernis genügt auch der Vortrag der Antragstellerin nicht, dass vermeintlich vorhandene Doppel- und Zweitstudierende der Zahnmedizin von der Universität nicht ausgewiesen würden. Der Vortrag entbehrt einer auch nur ansatzweise konkreten Grundlage und geht daher "ins Blaue". Im Übrigen hat der Antragsgegner in den Verfahren betreffend das Wintersemester 2009/2010 ausweislich des dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin bekannten Beschlusses des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 02. August 2010 (vgl. S. 27/40) inzwischen mitgeteilt, im Wintersemester 2007/2008 habe es ebensowenig wie im Sommersemester 2008 Doppel- oder Zweitstudenten gegeben.

38

Mit ihrem weiteren Vorbringen zum CAp bzw. betreffend die Gruppengrößen und Anrechnungsfaktoren bei Seminaren, Praktika/Kursen und Vorlesungen dringt die Antragstellerin ebensowenig durch. Soweit die Antragstellerin sich bezüglich der Gruppengröße für Seminare zentral auf den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. April 1992 - OVG Bs III 115/02 - (juris) beruft, ist darauf hinzuweisen, dass das Hamburgische Oberverwaltungsgericht diese Rechtsprechung schon mit Beschluss vom 18. Oktober 1999 - 3 Nc 110/99 - (NordÖR 2000, 158 - zitiert nach juris) aufgegeben hat. In seinem Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 3 Nc 90/07 - (juris) hat es insoweit zutreffend ausgeführt, für die Gruppengrößen enthalte § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO eine normative Vorgabe, nach der die Zahl der Teilnehmer an einem Seminar 20 nicht überschreiten darf. Insoweit sei es unerheblich, ob die Seminare nach Auffassung einiger Antragsteller auch mit mehr Teilnehmern durchgeführt werden könnten oder in der Vergangenheit durchgeführt worden seien. Die Gruppengrößen könnten zudem nicht konkret nach den tatsächlichen Gegebenheiten angesetzt werden, da die tatsächliche Gruppengröße einer Lehrveranstaltung erst nach der Kapazitätsberechnung während des Semesters bekannt werde, sondern es müssten der Berechnung abstrakte Gruppengrößen zu Grunde gelegt werden (vgl. auch OVG Magdeburg, Beschl. v. 16.07.2009 - 3 N 599/08 -, juris). Zur Frage des Anrechnungsfaktors schließt sich der Senat den Erwägungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in dessen Beschluss vom 22. Oktober 2009 - 7 CE 09.10572, 7 CE 09.10573 - (juris) an. Die Ausführungen der Antragstellerin zu diesem Gesichtspunkt sind mit Blick auf das Darlegungserfordernis zu abstrakt und pauschal und bilden in keiner Weise die konkreten Verhältnisse im Bereich der Universität C-Stadt ab. Das in diesem Zusammenhang und auch zur Gruppengröße bei den Praktika von der Antragstellerin formulierte Aufklärungsbegehren kann den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ebenfalls nicht gerecht werden. Die Entscheidung des Niedersächsischen OVG vom 30.11.2004 - 2 NB 430/03 - (NVwZ-RR 2005, 409), auf die sich die Antragstellerin maßgeblich für ihre Forderung, die Gruppengröße g = 180 für Vorlesungen sei zu erhöhen, beruft, ist ebenfalls überholt. Das Niedersächsische OVG hat die entsprechende Rechtsprechung inzwischen aufgegeben (vgl. Beschl. v. 27.02.2009 - 2 NB 154/08 -, juris). Im Übrigen ist die Gruppengröße g = 180 auch in der Rechtsprechung des Senats, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend verwiesen hat, bereits gebilligt worden (vgl. Beschl. v. 19.08.2008 - 1 M 41/08 -; vgl. im Übrigen auch Beschl. 03.02.2009 - 1 M 135/08 -).

39

Das mit am 25. Juni 2010 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz erfolgte und mit weiterem Schriftsatz vom 09. August 2010 ergänzte Vorbringen zu den CNW-Berechnungen zum Dienstleistungsexport hat die Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht gewahrt und ist deshalb als verspätetes Vorbringen nicht berücksichtigungsfähig. Insoweit handelt es sich auch nicht um eine - zulässige - Vertiefung rechtzeitigen und dem Darlegungserfordernis genügenden Vortrags. Zwar hat die Antragstellerin in der Beschwerdebegründungsfrist Angriffe gegen die entsprechenden CNW gerichtet (S. 6 ff. des Schriftsatzes vom 11. November 2009). Diese genügten - wie vorstehend ausgeführt - jedoch nicht dem Darlegungserfordernis.

40

Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Begründung der Beschwerde kam nicht in Betracht. Gemäß § 60 Abs. 1 VwGO ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Antragstellerin war jedoch nicht ohne Verschulden verhindert, ihre Beschwerde mit Ausführungen zu den CNW-Berechnungen zum Dienstleistungsexport in der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO zu begründen. Dabei steht das - hier vorliegende - Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Antragstellerin gleich (vgl. § 173 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO).

41

Die Antragstellerin hat ihren Wiedereinsetzungsantrag mit dem am 25. Juni 2010 eingegangenen Schriftsatz gestellt und begründet. Sie hat dabei vorgetragen, dass ihr die "CNW-Berechnungen" am 15. Juni 2010 zugegangen seien. Die Stellung des Wiedereinsetzungsantrages wäre insoweit in der einmonatigen Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO erfolgt, da das behauptete Hindernis - die fehlende Kenntnis von den erwähnten "CNW-Berechnungen" - für die rechtzeitige Beschwerdebegründung in dem vorstehend angesprochenen Punkt nach dem Vortrag der Antragstellerin erst mit Übersendung der Anlagen zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 09. Juni 2010, der "CNW-Berechnungen", weggefallen wäre.

42

Im Übrigen sind die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in die Beschwerdebegründungsfrist aber jedenfalls nicht erfüllt.

43

Die einmonatige Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO gilt nicht nur für die Antragstellung, sondern auch für die Geltendmachung der Wiedereinsetzungsgründe (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 60 VwGO Rn. 27). Diese Frist ist am 15. Juli 2010 abgelaufen. In der Wiedereinsetzungsfrist hat die Antragstellerin lediglich vorgetragen, ihr sei vorher, d. h. vor Übermittlung der "CNW-Berechnungen", eine Stellungnahme mangels Kenntnis nicht möglich gewesen. Ihr Vortrag hat sich also darauf beschränkt, die Unkenntnis von den betreffenden Unterlagen geltend zu machen, die es ihr unmöglich gemacht habe, in der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO die Beschwerde insoweit zu begründen (ähnlich bereits im Schriftsatz vom 12. Juni 2010). Damit hat sie jedoch keine Gründe vorgetragen, die die beantragte Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten. Die an die Antragstellerin mit gerichtlicher Verfügung vom 14. Juni 2010 übermittelten Unterlagen befanden sich nämlich - worauf der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 04. August 2010 zutreffend hinweist - vollständig in Band I der Generalakten des Verwaltungsgerichts. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat zwar mit Beschwerdeeinlegung am 21. Oktober 2009 Akteneinsicht beantragt, die auch gemäß Verfügung des Verwaltungsgerichts vom 26. Oktober 2010 in den hier interessierenden Band I der Generalakten dergestalt gewährt wurde, dass sie "nur hier vor Ort", also im Verwaltungsgericht erfolgen konnte. Zudem hat das Verwaltungsgericht auf die Möglichkeit der Fertigung und Übersendung von Kopien näher bezeichneter Unterlagen verwiesen. Der Prozessbevollmächtigte hat die gewährte Akteneinsicht nach Aktenlage jedoch nicht vorgenommen. Er hat sich damit selbst der Möglichkeit beraubt, während der noch laufenden Beschwerdebegründungsfrist Kenntnis von den "CNW-Berechnungen" zu erhalten. Damit ist seine Unkenntnis der "CNW-Berechnungen" nicht unverschuldet, eine rechtzeitige Kenntnisnahme und anschließend hierauf bezogene Beschwerdebegründung und damit eine Fristwahrung wäre möglich gewesen.

44

Das in Reaktion auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 04. August 2010 mit am 09. August 2010 eingegangenem Schriftsatz erfolgte weitere Vorbringen der Antragstellerin zu den Wiedereinsetzungsgründen kann schon deshalb keine Wiedereinsetzung begründen, weil es nicht in der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO erfolgt ist. Unabhängig davon fehlt es hinsichtlich der vorgetragenen Tatsachen (Telefonat mit dem Vizepräsidenten des VG) an jeglicher Glaubhaftmachung (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO); aktenkundig ist ein derartiges Telefonat jedenfalls nicht. Der betreffende Tatsachenvortrag ist zudem ohnehin vage, da der Prozessbevollmächtigte ihn selbst relativiert ("..., soweit sich der Unterzeichnende erinnert,..."; "... nach der Erinnerung des Unterzeichnenden ..."). Selbst wenn es im Übrigen ein entsprechendes Telefonat gegeben hat, änderte dies nichts an einem die Wiedereinsetzung ausschließenden Mitverschulden der Antragstellerin. Denn der Begründung des angefochtenen Beschlusses lassen sich auf Seite 19 zweimal hinreichend deutliche Hinweise auf das Vorliegen der in Rede stehenden Unterlagen bei Gericht entnehmen (Untersetzung mit "CNW-Ausfüllnachweis"; "auch insoweit hat der Antragsgegner ergänzend nunmehr 'CNW-Ausfüllnachweise' vorgelegt, ..."). Zumindest hätte hier ein Widerspruch zu der behaupteten gerichtlichen Aussage, alle vom Antragsgegner eingereichten Unterlagen seien an die Prozessbevollmächtigten gegangen, bemerkt werden müssen, der Veranlassung zu weiterer Klärung oder Wahrnehmung der Gelegenheit zur Akteneinsicht hätte geben müssen. Die Mutmaßungen dazu, ob und wann die angesprochenen E-Mail-Ausdrucke zur Generalakte gelangt sind, gehen ersichtlich ins Blaue.

45

2. Die unselbständige Anschlussbeschwerde des Antragsgegners, mit der er die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses und die Zurückweisung des einstweiligen Anordnungsantrags der Antragstellerin verfolgt, hat keinen Erfolg.

46

Vorliegend erscheint bereits zweifelhaft, ob der Antragsgegner über das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis verfügt. Zu beachten ist insoweit auf der einen Seite, dass die Antragstellerin im verwaltungsgerichtlich angeordneten Losverfahren keinen - vorläufigen - Studienplatz erhalten hat und damit ihr entsprechender Zulassungsanspruch entfallen ist (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u. a. -, juris). Daraus folgt, dass der Antragsgegner im Verhältnis zur Antragstellerin auf der Grundlage des angefochtenen Beschluss nicht mehr dadurch belastet sein kann, dass er sie - vorläufig - zum Studium zulassen müsste. Auf der anderen Seite hat der Antragsgegner sich nicht mit einer Beschwerde gegen solche Antragsteller gewandt, die auf der Basis des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses im Losverfahren einen - vorläufigen - Studienplatz erhalten haben. Er hat damit die aus diesem Beschluss für ihn folgende Beschwer hingenommen. Deren Beseitigung kann er insbesondere im vorliegenden Anschlussbeschwerdeverfahren nicht mehr erreichen. Insoweit sieht sich der Antragsgegner dem Einwand selbstwidersprüchlichen Verhaltens ausgesetzt, wenn er einerseits die aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung folgende Beschwer akzeptiert, andererseits aber vorliegend - teilweise - die der Entscheidung insoweit zugrunde liegenden Erwägungen angreift, ohne dass dies im Erfolgsfall seine Beschwer entfallen lassen könnte.

47

Unabhängig hiervon ist die unselbständige Anschlussbeschwerde aber jedenfalls aus weiteren Gründen zurückzuweisen.

48

Eine sog. unselbständige Anschlussbeschwerde erfüllt im Unterschied zur selbständigen nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer gewöhnlichen Beschwerde. Vorliegend wäre eine eigene, nach Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses am 12. Oktober 2009 mit dem am 09. Dezember 2009 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz eingelegte Beschwerde bzw. selbständige Anschlussbeschwerde des Antragsgegners wegen Nichteinhaltung der Beschwerdebegründungsfrist bereits unzulässig gewesen. Insoweit ist die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners als unselbständig zu qualifizieren.

49

Ein unselbständige Anschlussbeschwerde wird in Rechtsprechung und Literatur vielfach als nach den §§ 146, 127 analog, 173 VwGO i. V. m. § 567 Abs. 3 ZPO grundsätzlich statthaft erachtet. Es bestehen aus Sicht des Senats jedoch erhebliche Zweifel, ob die Zulassung einer derartigen Anschlussbeschwerde den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit genügt (vgl. auch VGH Mannheim, Beschl. v. 26.10.2001 - 4 S 2196/01 -, VBlBW 2002, 165 zum Anschlusszulassungsantrag im früheren Beschwerdezulassungsverfahren; vgl. auch Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 46 ff., der Zweifel an der Zulässigkeit thematisiert - nicht jedoch unter dem Blickwinkel der Rechtsmittelklarheit -, aber zur Bejahung derselben kommt). Rechtsbehelfe müssen in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt und in ihren Voraussetzungen für die Bürger erkennbar sein. Wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist der Grundsatz der Rechtssicherheit. Er wirkt sich im Bereich des Verfahrensrechts unter anderem in dem Postulat der Rechtsmittelklarheit aus. Das rechtsstaatliche Erfordernis der Messbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns führt zu dem Gebot, dem Rechtsuchenden den Weg zur Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen klar vorzuzeichnen. Die rechtliche Ausgestaltung des Rechtsmittels soll dem Bürger insbesondere die Prüfung ermöglichen, ob und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist. Sind die Formerfordernisse so kompliziert und schwer zu erfassen, dass nicht erwartet werden kann, der Rechtsuchende werde sich in zumutbarer Weise darüber Aufklärung verschaffen können, müsste die Rechtsordnung zumindest für eine das Defizit ausgleichende Rechtsmittelbelehrung sorgen. Diese kann aber zuverlässig nur erteilt werden, wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen des jeweiligen Rechtsbehelfs in der Rechtsordnung geregelt sind (vgl. zum Ganzen BVerfG, Plenumsbeschl. v. 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 -, BVerfGE 107, 395 - zitiert nach juris).

50

Dass ein Rechtsmittel der Anschlussbeschwerde in der Prozessordnung klar vorgezeichnet wäre, ist aus Sicht des Senats zumindest zweifelhaft. Zunächst sprechen die detaillierten Regelungen der VwGO zur Beschwerde - insbesondere in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - unter dem Blickwinkel der spezielleren Norm dagegen, einen Rückgriff auf § 567 Abs. 3 ZPO zuzulassen. Wenn im Übrigen die VwGO als einschlägige Prozessordnung für das Rechtsmittel der Berufung mit § 127 VwGO ausdrücklich eine wiederum detaillierte Regelung zur Anschlussberufung bereit hält, eine entsprechende Bestimmung für die Beschwerde aber fehlt, kann nicht die Rede davon sein, ein Rechtsmittel der Anschlussbeschwerde würde dem Rechtsuchenden in der VwGO klar vorgezeichnet. Nimmt man zusätzlich in den Blick, dass hinsichtlich der Ausgestaltung des Rechtsmittels der Anschlussbeschwerde etwa im Streit steht, ob die Frist des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO entsprechend gilt (vgl. hierzu OVG Saarlouis, Beschl. v. 28.06.2010 - 2 B 36/10.NC u. a. -, juris, m. w. N.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 146 Rn. 46; Hk-VerwR/Himstedt/Schäfer, 2. Aufl., § 127 Rn. 32; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 46) und ob ein Begründungserfordernis zu bejahen ist (dagegen etwa Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 48; dafür OVG A-Stadt, Beschl. v. 15.12.2006 - 3 Bs 112/06 -, NVwZ 2007, 604 - zitiert nach juris ; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 146 Rn. 46 m. w. N.), erscheint es angesichts der daraus für den Rechtsschutzsuchenden folgenden Unsicherheiten fraglich, dass eine unselbständige Anschlussbeschwerde als statthaft betrachtet werden kann.

51

Der Senat kann die Frage der Statthaftigkeit allerdings offen lassen, da die Anschlussbeschwerde aus anderen Gründen keinen Erfolg hat; auf die umstrittene Frage, ob die Monatsfrist des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO entsprechend einzuhalten ist, kommt es vorliegend allerdings nicht an, da die Beschwerdebegründung der Antragstellerin dem Antragsgegner am 25. November 2009 zugestellt worden ist und dieser binnen eines Monats am 09. Dezember 2009 beim Oberverwaltungsgericht seine Anschlussbeschwerde eingelegt hat.

52

Der Senat folgt der Auffassung, derzufolge in entsprechender Anwendung dieser Vorschriften auch für die Anschlussbeschwerde jedenfalls die Begründungspflicht des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO und der eingeschränkte Überprüfungsumfang des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gelten, um eine gewisse Waffengleichheit zwischen der qualifizierten Anforderungen unterliegenden Beschwerde und der Anschlussbeschwerde zu erreichen (vgl. OVG A-Stadt, Beschl. v. 15.12.2006 - 3 Bs 112/06 -, NVwZ 2007, 604 - zitiert nach juris ; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 146 Rn. 46 m. w. N.). Dafür spricht auch die Erwägung, dass der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Ausgestaltung des Rechtsbehelfssystems zwar einen weiten Spielraum hat, er dabei aber insbesondere auch die Interessen anderer Verfahrensbeteiligter zu berücksichtigen hat (vgl. BVerfG, Plenumsbeschl. v. 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 -, BVerfGE 107, 395 - zitiert nach juris). Dagegen kann nicht eingewandt werden, eine besondere Begründungspflicht vertrüge sich nicht damit, dass über Beschwerden gegen Entscheidungen des vorläufigen Rechtsschutzes schnell entschieden werden solle (vgl. Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 48). Denn die Zulassung eines Rechtsbehelfs der Anschlussbeschwerde wirkt sich ihrerseits bereits offensichtlich in der Tendenz verfahrensverzögernd aus. Die Begründungspflicht dient zudem - wie bei der Beschwerde - grundsätzlich und insbesondere in Verknüpfung mit § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO der Beschleunigung des (Anschluss-) Beschwerdeverfahrens. Ohne Begründungspflicht käme im Übrigen die gerichtliche Pflicht zur Amtsermittlung gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO zum Tragen. Schließlich erschiene es als unauflösbarer Wertungswiderspruch, wenn derjenige, der eine unselbständige Anschlussbeschwerde einlegt, eine weitergehende Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung erreichen könnte als bei Einlegung einer selbständigen Beschwerde unter Wahrung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 146 Abs. 4 VwGO.

53

Bereits den danach zu berücksichtigenden Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt die Begründung der Anschlussbeschwerde überwiegend nicht. Der Antragsgegner geht im Rahmen der Begründung seiner Anschlussbeschwerde zunächst nicht darauf ein, dass das Verwaltungsgericht der Lehrangebotsberechnung ein zusätzliches Lehrangebot von zusammen 12 Deputatsstunden wegen nicht hinreichend gerechtfertigter "kapazitätsverknappender" Stellenverschiebungen hinzugerechnet hat. Gleiches gilt bezogen auf die vom Verwaltungsgericht nach Maßgabe von § 10 KapVO berechnete erhöhte Kapazität. Aber auch soweit die im Mittelpunkt des Vorbringens der Anschlussbeschwerde stehende Anlage 1a und die mit Blick auf diese vom Verwaltungsgericht ermittelte zusätzliche Ausbildungskapazität betroffen ist, genügt der Vortrag nach Maßgabe des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 09. Dezember 2009 nicht dem Darlegungserfordernis. Darin wird im wesentlichen das im angefochtenen Beschluss umfänglich wiedergegebene erstinstanzliche Vorbringen wiederholt. Eine Auseinandersetzung mit den entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Erwägungen erfolgt nicht im erforderlichen Maße.

54

Soweit sich der Antragsgegner darauf beruft, dass mit Art. 1 der Dritten Satzung zur Änderung der Studienordnung für das Studium der Humanmedizin an der Universität C-Stadt vom 14. Dezember 2009 zwischenzeitlich die Anlage 1a aufgehoben worden und die Änderungssatzung zum 13. September 2004 - rückwirkend - in Kraft getreten sei, teilt der Senat jedenfalls in der Sache die vom Verwaltungsgericht in dessen Beschluss vom 02. August 2010 - 3 B 1271/09 u. a. - geäußerten Zweifel an einer Vereinbarkeit der rückwirkenden Aufhebung der Anlage 1a mit § 5 Abs. 2 KapVO bzw. - der Sache nach auch - § 5 Abs. 1 KapVO. Das Regelungssystem der KapVO sieht eine rückwirkende Änderung der tatsächlichen Eingabegrößen für die Berechnung der Ausbildungskapazität nicht vor. Dies gilt umso mehr, als auf der Basis der nach Maßgabe der KapVO errechneten bzw. zu errechnenden Ausbildungskapazität Zulassungszahlen festgesetzt worden und in entsprechender Anzahl Studenten zum Studium zugelassen worden sind. Diesen innerhalb der festgesetzten oder rechtmäßig festzusetzenden Kapazität zugelassenen Studenten kann aber auf der Grundlage einer kapazitätsvermindernden rückwirkenden Veränderung der tatsächlichen Grundlagen der Berechnung der Ausbildungskapazität der Studienplatz nicht wieder entzogen werden. § 5 KapVO dürfte systematisch die Berücksichtigung kapazitätsverändernder/-vermindernder Daten nur bis zum Beginn des Berechnungszeitraums bzw. längstens bis zum Abschluss des Vergabe- oder Auswahlverfahrens vorsehen (vgl. Bahro/Berlin, Hochschulzulassungsrecht, 4. Aufl., § 5 KapVO Rn. 4 ff., allerdings unter Hinweis darauf, dass kapazitätserhöhende Änderungen auch rückwirkend zu berücksichtigen seien). Insoweit dürfte die rückwirkende Aufhebung der Anlage 1a die Ausbildungskapazität im Studiengang Humanmedizin nicht mehr in rechtlich zulässiger Weise verändert haben können.

55

3. Die mit Schriftsatz vom 09. August 2010 eingelegte Anschlussbeschwerde der Antragstellerin zur Anschlussbeschwerde des Antragsgegners, mit der die Antragstellerin die Berücksichtigung ihres verspäteten Vorbringens erreichen will, ist unstatthaft und zu verwerfen. Ihre Zulassung würde zur Umgehung insbesondere der Voraussetzungen des § 146 Abs. 4 VwGO führen. Entschließt sich ein Beteiligter zur Einlegung einer Beschwerde, muss er diese Voraussetzungen erfüllen. Die gesetzlichen Bestimmungen, die zur Begründung der Statthaftigkeit einer Anschlussbeschwerde herangezogen werden, sehen die Anschließungsmöglichkeit auch ausdrücklich nur für den "Beschwerdegegner" oder den "Berufungsbeklagten und die anderen Beteiligten" vor, nicht jedoch für den Beschwerdeführer oder den Berufungskläger.

56

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

57

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 47 GKG (vgl. zum Streitwert OVG Greifswald, Beschl. v. 24.06.2008 - 1 O 75/08 -). Da Beschwerde, Anschlussbeschwerde und Anschlussbeschwerde zur Anschlussbeschwerde jeweils denselben Streitgegenstand betreffen, ist der Streitwert nicht zu erhöhen.

58

Dieser Beschluss ist jeweils unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).