| |
|
Die Klage ist zulässig und in dem im Tenor zum Ausdruck kommenden Umfang auch begründet. Der Vergnügungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.09.2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin eine Vergnügungssteuer für die Fläche des „Kontakthofs“ und der Cafeteria in Höhe von 22.979,44 EUR festgesetzt wurde. Die Erhebung einer Vergnügungssteuer in Höhe von 30.524,56 EUR für die Fläche der Zimmer, die die Klägerin an Prostituierte vermietet, erfolgte hingegen rechtmäßig. Die Bescheide waren deshalb aufzuheben, soweit darin eine Vergnügungssteuer von mehr als 30.524,56 EUR festgesetzt worden war (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO); die Klage im Übrigen war abzuweisen.
|
|
|
1. Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide sind die Art. 105 Abs. 2 a GG i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1, 9 Abs. 4 KAG i.V.m. den Vorschriften der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten vom 18.12.2007. Soweit in dieser Satzung die Erhebung der Vergnügungssteuer nach § 1 Absatz 1 Nr. 4 an die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen, sowie ähnlichen Einrichtungen“ anknüpft, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Es handelt sich insoweit um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG, die bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist.
|
|
|
Das in Art. 105 Abs. 2 a GG enthaltene Verbot von gleichartigen Steuern wird seit jeher dahin ausgelegt, dass es sich nicht auf die herkömmlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern erstreckt, zu denen die Vergnügungssteuer zählt (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 26.02.1985 - 2 BvL 14/84 -, BVerfGE 69, 174, 183; BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, NVwZ 2009, 968). Aufwandsteuern sind Steuern auf die in der Vermögens- oder Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere Konsumfähigkeit des Steuerpflichtigen. Sie sollen einen besonderen Aufwand, also eine über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Verwendung von Einkommen oder Vermögen erfassen. Ausschlaggebendes Merkmal ist der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Veranstaltungen, die für den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind, scheiden als vergnügungssteuerpflichtig aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR 1532/88 - NVwZ 1989, 1152; st. Rspr.). Eine Besteuerung von „sexuellen Vergnügungen“ durch den Satzungsgeber setzt demnach voraus, dass der sich Vergnügende hierfür finanzielle Mittel aufwendet. Derartige Steuern werden zwar, soweit ersichtlich, nicht seit jeher als traditioneller Fall einer Aufwandsteuer angesehen (vgl. insoweit wohl OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.06.2009 - 14 A 1577/07 - ). Werden Steuern für entgeltliche sexuelle Vergnügungen erhoben, so zielen sie aber darauf ab, die mit der Einkommensverwendung für ein Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen zu belasten. Sie beruhen auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein - entgeltliches - Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3/03 -, NVwZ 2004, 1128 für Tanzveranstaltungen). Steuergegenstand der von der Beklagten nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung erhobenen Steuer ist zwar nicht direkt der Aufwand für die „sexuelle Vergnügung“, vielmehr wird die Steuer bereits für die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen“ erhoben. Auch dieser, von der Beklagten gewählte Steuergegenstand, erfasst aber letztlich den finanziellen (Mehr-) Aufwand, den ein Konsument bereit ist, für sexuelle Vergnügungen zu leisten. Besteuert wird auch hier die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden - wenn auch nicht erst dann, wenn er sich tatsächlich sexuell vergnügt, sondern bereits dann, wenn ihm hierzu gezielt die Gelegenheit gegeben wird und er für die Einräumung der Gelegenheit finanzielle Mittel aufwendet. Insoweit sprechen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass Betriebe wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs einerseits und Bordelle andererseits, trotz ihrer in der Regel unterschiedlichen Konzeptionen, in einem Steuertatbestand zusammen gefasst werden. Die - bloße - Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen kann sowohl in derartigen Bars/Clubs als auch in Bordellen gegen Entgelt gezielt eingeräumt werden. Dies erfordert allerdings bei der Festsetzung der Steuer eine genaue Prüfung, ob der Kunde bzw. Besucher derartiger Betriebe auch tatsächlich für die bloße Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen, die finanziellen Mittel aufwendet.
|
|
|
Soweit in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nicht ausdrücklich geregelt ist, dass die gezielte Einräumung der Gelegenheit nur dann der Vergnügungssteuer unterliegt, wenn sie entgeltlich erfolgt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Regelung. Eine entgeltliche Veranstaltung liegt vor, wenn für die Entgegennahme der oder Teilnahme an der Vergnügung direkte finanzielle Aufwendungen notwendig sind, z.B. Eintrittsgelder. Auch finanzielle Aufwendungen, die nur indirekt mit der Veranstaltung verbunden sind, bestätigen die Entgeltlichkeit der Vergnügungsentgegennahme, z.B. erhöhte Getränkepreise, die ein „Eintrittsgeld“ mit umfassen. Der Begriff „Veranstaltung“ ist weit zu fassen. Veranstaltung ist jede persönliche oder maschinelle, aktive oder passive Darbietung, die der Unterhaltung im weitesten Sinne dient, aber nicht einen reinen Leistungsaustausch beinhaltet. Der Begriff Veranstaltung ist mit demjenigen der Vergnügung im Wesentlichen identisch (vgl. Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 3 Rdnr. 165). Gemessen hieran ist das Erfordernis der Entgeltlichkeit ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Steuergegenstandes nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung. Da die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnügungen in den in Nr. 4 genannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in aller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt möglich ist bzw. erhöhte Getränke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann in die Regelung hinein gelesen werden, dass von dem Steuertatbestand nur die entgeltliche Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen erfasst wird.
|
|
|
Letztlich bestehen grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Steuer auf sexuelle Vergnügungen auch nicht deshalb, weil die Beklagte sie vor allem deshalb eingeführt hat, um ordnungs- und speziell baurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterziehen zu können. Der kommunale Satzungsgeber ist bei herkömmlichen kommunalen Steuern mit örtlich begrenztem Wirkungskreis und begrenzter Belastungsintensität - wie hier der Vergnügungssteuer - zur Regelung von Lenkungssteuern zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. Birk in Driehaus, Kommunalabgabengesetz, § 3 Rdnr. 162 m.w.N.). Der Beklagten war es deshalb erlaubt, den Lenkungszweck der Steuer deutlicher in den Vordergrund zu rücken und den Finanzierungszweck zurücktreten zu lassen.
|
|
|
Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Das Laufhaus, das die Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten betreibt, ist ein Bordell. Nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vermietet sie an selbstständig tätige Prostituierte Zimmer gegen eine Tagespauschale von 105 EUR. Die Prostituierten warten bei geöffneter Zimmertür auf ihre Kunden, die durch die Flure des Hauses „laufen“. Kommt eine Vereinbarung zwischen Prostituierter und Kunde zu Stande, kann er ihre Dienste in dem von ihr angemieteten Zimmer beanspruchen. Der Besuch des Laufhauses kostet keinen Eintritt. Der Gast darf das Haus auch ohne Zahlung irgendeines Entgeltes wieder verlassen.
|
|
|
Den Kunden, die das Laufhaus der Klägerin aufsuchen, wird damit gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügen gegen Entgelt eingeräumt. Diese - entgeltliche - Gelegenheit wird den Kunden nach der dargestellten Konzeption des Hauses allerdings nicht von der Klägerin selbst eingeräumt, sondern nur von den jeweiligen Prostituierten. Nur diesen gegenüber wendet der Kunde, der der eigentlich Vergnügungssteuerpflichtige ist, seine finanziellen Mittel auf, sei es für das sexuelle Vergnügungen selbst, sei es für die bloße Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen. Zwischen der Klägerin und den Kunden besteht ein solches „entgeltliches“ Verhältnis nicht. Aber auch im Verhältnis zwischen der Klägerin und den Prostituierten wird der Tatbestand nicht erfüllt. Diese bezahlen an die Klägerin zwar eine Tagespauschale - und damit ein „Entgelt“. Es kann aber sicher keine Rede davon sein, dass die Prostituierten dieses „Entgelt“ an die Klägerin entrichten, weil diese ihnen die Gelegenheit zu einer sexuellen Vergnügung einräumen würde.
|
|
|
2. Die Klägerin ist Steuerschuldnerin.
|
|
|
Gemäß § 3 Abs. 1 der Satzung ist Steuerschuldner der Aufsteller bzw. der Unternehmer der Veranstaltung. Unternehmerin der Veranstaltung ist die Klägerin nicht. Ausgehend davon, dass der Begriff der Veranstaltung gleich bedeutend ist mit dem des zu versteuernden „Vergnügens“, kann hier nur die jeweilige Prostituierten die Unternehmerin der Veranstaltung im Sinne des Absatzes 1 und damit die eigentliche Steuerschuldnerin sein. Denn wie ausgeführt, bietet nur sie und nicht die Klägerin den Kunden gegen Entgelt die Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen.
|
|
|
Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt nach § 3 Absatz 2 der Satzung aber auch der Inhaber genutzter Räume, Grundstücke oder Einrichtungen bzw. der, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Diese Regelung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist berechtigt, in ihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen“ Abgabenschuldner (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen, mithin also auch einen weiteren Abgabenpflichtigen zu bestimmen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a KAG i.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Aus dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot folgt allerdings, dass ein Haftungstatbestand auf denjenigen Betroffenen begrenzt bleiben muss, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum Abgabentatbestand steht. Willkürlich ist eine Haftungsbestimmung dann nicht, wenn die haftbar gemachte Person in einem besonderen Verhältnis, einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder der betroffene Haftende einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes leistet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - , m.w.N.). Die in § 3 Abs. 2 der Satzung enthaltene Haftungsbestimmung kann in diesem Sinne verfassungskonform ausgelegt werden. Soweit die Haftschuld an die bloße Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten anknüpft, kann auch hier die nicht ausdrücklich aufgenommene Entgeltlichkeit der Raumüberlassung in den Tatbestand hineingelesen werden, denn bezogen auf die in § 1 der Satzung der Besteuerung unterliegenden Steuergegenstände erscheint es fernliegend, dass eine Raumüberlassung unentgeltlich erfolgen könnte.
|
|
|
In diesem Sinne gilt die Klägerin als Mitunternehmerin im Sinne des § 3 Abs. 2 der Satzung und ist folglich Steuerschuldnerin. Sie stellt den Prostituierten in ihrem Laufhaus gegen eine Tagespauschale von 105 EUR Zimmer zur Verfügung, in denen diese den Kunden gegen Entgelt die Gelegenheit einräumen können, sich sexuell zu vergnügen. Die besondere Beziehung zum Steuergegenstand, die ihre Haftungsschuld begründet, besteht damit zwar nicht auf Grund einer besonderen rechtlichen Beziehung zum Steuertatbestand, da sie rechtlich lediglich die Raumüberlassung gewährt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - , m.w.N.). Auch dürfte in Anbetracht der Höhe der Tagespauschale nicht unbedingt von einer besonderen wirtschaftlichen Beziehung zum Steuertatbestand auszugehen sein (vgl. insoweit bereits zweifelnd in Bezug auf einen wirtschaftlichen Vorteil auch bei einer besonders hohen Miete VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - ). Die Klägerin leistet aber einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestandes. Sie ist die Betreiberin des Laufhauses. Sie vermietet nicht nur die Zimmer an die Prostituierten, sondern ist verantwortlich für das Gesamtkonzept des Betriebes, der allein auf Grund seiner Größe und seines „Ambiente“ geeignet erscheint, mehr Kunden zu erreichen als ein „klassisches“ Bordell. Es ist auch die Klägerin, die für dieses Gesamtkonzept auf der Homepage des Laufhauses wirbt und so maßgeblich dazu beiträgt, dass das besondere Konzept bei den potentiellen Kunden bekannt wird. Insoweit unterscheidet sich die Klägerin wesentlich von einem Vermieter, der seinen Mietern lediglich die Räumlichkeiten überlässt. Denn vor allem auf diese zusätzlichen Leistungen wie Werbung und Bereitstellung eines besonderen Ambientes ist es zurückzuführen, dass der Steuertatbestand letztlich verwirklicht wird.
|
|
|
3. Soweit die Beklagte für Vergnügungen nach § 1 Absatz 1 Nr. 4 der Satzung als Bemessungsgrundlage den Flächenmaßstab gewählt hat (§ 4 Abs. 3 der Satzung), für den die Veranstaltungsfläche maßgeblich ist (§ 5 Abs. 3 Satz 1 der Satzung), begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Mit der Vergnügungssteuer soll der Aufwand des sich Vergnügenden besteuert werden, weshalb der Steuermaßstab auf diesen Aufwand bezogen sein muss. Am sachgerechtesten ist es daher immer, der Besteuerung den individuellen, wirklichen Vergnügungsaufwand zu Grunde zu legen. Für Veranstaltungen, bei denen sich der individuelle Aufwand nicht oder kaum zuverlässig erfassen lässt, hat das Vergnügungssteuerrecht jedoch Ersatzmaßstäbe in der Gestalt der Pauschsteuer herausgebildet; bei ihr sieht es von dem wirklichen Vergnügungsaufwand ab und erfasst statt dessen den wahrscheinlichen Vergnügungsaufwand, den es einfachen äußeren Umständen entnimmt; hierfür setzt es Durchschnittssätze fest (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76). Die weitgehende Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei der Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnügungsaufwands des Einzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabes hat, wird allerdings durch Art. 3 Abs. 1 GG eine Grenze gesetzt. Wählt der Satzungsgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabes einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnügungssteuer fremd, also nicht sachgerecht ist und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Der Ersatzmaßstab muss deshalb zumindest einen „lockeren Bezug“ zum Vergnügungsaufwand des sich Vergnügenden aufweisen, der die Erfassung seines Vergnügungsaufwandes wenigstens wahrscheinlich macht (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - a.a.O., st. Rspr.). Weiterhin erfordert eine am Gleichheitssatz ausgerichtete, gerechte Zuteilung der Vergnügungssteuerlast, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen aufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Vergnügungsaufwand betreibt. Die Steuer muss daher auf den Benutzer der Veranstaltung abwälzbar sein. Hierfür genügt die kalkulatorische Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, a.a.O., st. Rspr.).
|
|
|
Der Flächenmaßstab, bei dem es sich um einen pauschalierten Steuermaßstab handelt, stellt gemessen an diesen Anforderungen einen rechtmäßigen Ersatzmaßstab bei Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung dar. Die Ermittlung des individuellen Aufwands ist bei einem Steuertatbestand, der darauf abstellt, dass der sich Vergnügende finanzielle Mittel für die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen aufwendet, im Grunde nicht feststellbar, so dass ein sachgerechter Grund besteht, die Steuer durch eine Pauschale zu erheben. Der Flächenmaßstab, der sich pauschal nach der Größe der Veranstaltungsfläche bemisst, weist den erforderlichen „lockeren Bezug“ auf, da es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnügungsaufwandes mit der Größe eines Betriebes wächst (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.02.1987 - 14 S 330/86 -, BWVPr 1987, 184). Im Übrigen sah auch das frühere Vergnügungssteuergesetz für Baden-Württemberg im Einzelfall eine Pauschalsteuer nach der Größe des benutzten Raumes vor (vgl. § 22 Vergnügungssteuergesetz in der Fassung vom 01.04.1964 ). Auch wenn diese damalige Pauschalsteuer an andere Voraussetzungen anknüpfte wie die Satzungsregelung der Beklagten, so zeigt diese frühere Regelung doch, dass eine Pauschalierung der Vergnügungssteuer nach dem Flächenmaßstab grundsätzlich als zulässig angesehen wurde (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.02.2004 - 14 B 163/04 - ). Bedenken dagegen, dass die Steuer nicht auf Abwälzbarkeit angelegt wäre, bestehen nicht.
|
|
|
Ist die Besteuerung nach dem Flächenmaßstab damit grundsätzlich zulässig, durfte die Beklagte bei der Festsetzung der Vergnügungssteuer für das Laufhaus die „Veranstaltungsfläche“ zu Grunde legen. Als Veranstaltungsfläche gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle für das Publikum zugänglichen Flächen mit Ausnahme der Toiletten und Garderobenräume. Dies sind im Falle des Laufhauses die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (346,87 m²), nicht jedoch die übrigen Flächen des Betriebes.
|
|
|
Die Größe der „Veranstaltungsfläche“ kann, neben dem Erfordernis der Zugänglichkeit für das Publikum, nicht losgelöst vom Steuertatbestand ermittelt werden. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut selbst, denn maßgebend ist die Fläche, auf der die Veranstaltung stattfindet. Dies bedeutet, dass Flächen eines Betriebes, die der Verwirklichung des Steuertatbestandes nicht dienen können, nicht für die Steuerfestsetzung herangezogen werden können. Unterliegt der Vergnügungssteuer - wie hier - die einem Kunden gegen Entgelt gezielt eingeräumte Gelegenheit, sich sexuell zu vergnügen, beschränkt sich die maßgebliche „Veranstaltungsfläche“ damit auf die Flächen, die dem Kunden für die Inanspruchnahme dieser Gelegenheit zur Verfügung gestellt werden. Denn nur dort, wo er finanzielle Mittel aufwendet, um diese Gelegenheit wahrzunehmen, findet im eigentlichen Sinne die „Veranstaltung“ statt.
|
|
|
Die Flächen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer erfüllen diese Erfordernisse. Auf den Flächen dieser Zimmer findet die Veranstaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung statt. Die Zimmer sind auch „dem Publikum zugänglich“, denn es handelt sich nicht etwa um Privatzimmer der Prostituierten, sondern um Zimmer, die diese zur Ausübung ihres Gewerbes nutzen. Damit sind sie gerade darauf ausgerichtet, dass Kunden - und damit „das Publikum“ - sie aufsuchen und Zugang zu ihnen haben. Im Übrigen entspricht es gerade der Konzeption eines „Laufhauses“, dass jedermann zu den einzelnen Zimmern gehen und dort Zutritt erhalten kann, wenn er sich mit der Prostituierten darauf einigt. Allein der Umstand, dass es der Prostituierten überlassen bleibt, ob sie dem einzelnen Kunden letztlich Zutritt in das Zimmer gewährt oder nicht, schließt die Eigenschaft der Zimmerflächen als Veranstaltungsfläche nicht aus. Ausschlaggebend ist allein, dass die Zimmer nach ihrer Bestimmung dazu dienen, einer wechselnden Kundschaft Raum zu bieten.
|
|
|
Die Flächen des Kontakthofs und der Cafeteria sind jedoch nicht Veranstaltungsfläche im Sinne des § 5 Abs. 3 der Satzung. Zwar sind auch diese Flächen dem Publikum zugänglich. Es fehlt jedoch insoweit am erforderlichen Bezug zu der zu besteuernden „Veranstaltung“. Auf diesen Flächen wird den Besuchern des Laufhauses nicht gezielt gegen Entrichtung eines Entgeltes die Gelegenheit eingeräumt, sich sexuell zu vergnügen. Nach den Angaben der Gesellschafterin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wurden, können diese Flächen von den Besuchern des Laufhauses unentgeltlich genutzt werden. Die Kontakthoffläche dient nach der Konzeption des Laufhauses - entgegen ihrer Bezeichnung - auch nicht der Kontaktaufnahme zwischen Prostituierter und potentiellem Kunden, so dass der Besucher auf dieser Fläche zwar die dort aufgestellten Spielgeräte nutzen kann, ihm hier jedoch noch nicht gegen Entgelt die Gelegenheit eingeräumt wird, sich sexuell zu vergnügen. Dies ist ebenfalls in der Cafeteria nicht der Fall, wo eine Kontaktaufnahme ausdrücklich nicht erwünscht ist und wo im Übrigen für Getränke die üblichen Gaststättenpreise verlangt werden. Insoweit unterscheidet sich der Betrieb der Klägerin in seiner Konzeption wesentlich von solchen Betrieben, in denen für die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen ein Entgelt bereits bei Zutritt verlangt wird, sei es in Form eines „Eintrittsgeldes“, sei es in Form von überhöhten Preisen für Speisen und/oder Getränke.
|
|
|
Die Beklagte durfte die Fläche der Zimmer ihrer Festsetzung letztlich auch zu Grunde legen, obwohl die Klägerin ihr diese Fläche nicht als Veranstaltungsfläche angegeben hatte. Gemäß § 12 Abs. 4 der Satzung sind Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung spätestens innerhalb von 1 Woche nach Aufnahme bzw. Einstellung des Betriebes der Steuerabteilung schriftlich anzuzeigen. Dabei sind die für die Berechnung der Steuer notwendigen Flächen anzugeben und auf Nachfrage zu belegen. Bei nicht oder nicht vollständig abgebebenen Erklärungen oder Anzeigen ist die Steuerabteilung der Beklagten nach § 12 Abs. 7 der Satzung berechtigt, Schätzungen vorzunehmen. Hier hatte die Klägerin auf Nachfrage der Beklagten lediglich die Fläche des Kontakthofes als Veranstaltungsfläche angegeben. Ihre Erklärung war damit unvollständig, so dass die Beklagte zur Schätzung berechtigt war, die sie anhand der ihr vorliegenden Baupläne vorgenommen hat. Dass sie hierbei zu einer unzutreffenden Gesamtfläche der Zimmer gekommen wäre, hat die Klägerin selbst nicht behauptet.
|
|
|
Für die Festsetzung der Steuer ist deshalb von einer Veranstaltungsfläche von 346,87 m² auszugehen.
|
|
|
4. Der von der Beklagten in § 8 Abs. 2 der Satzung für Vergnügungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8 EUR je m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
|
|
|
Das grundsätzlich weite Ermessen des Satzungsgebers hinsichtlich der Höhe des Steuersatzes wird lediglich durch das rechtsstaatliche Übermaßverbot einer Erdrosselungswirkung als äußerster Grenze der Besteuerung eingeschränkt. Ein unzulässiger Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Berufsfreiheit wäre nur dann anzunehmen, wenn die Besteuerung es in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen unmöglich werden ließe, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen, wobei insoweit ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet als Maßstab zu nehmen ist, da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet (BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 -, DVBl. 2005, 1208 ff.). Es liegen dem Gericht keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Steuersatz von 8 EUR je m² der Veranstaltungsfläche für jeden angefangenen Kalendermonat in diesem Sinne eine erdrosselnde Wirkung auf die Betreiber von Einrichtungen der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung genannten Art haben könnte. Die Klägerin selbst hat von Problemen wirtschaftlicher Art, die sich aus der Höhe des Steuersatzes für sie ergeben könnten, bereits nichts berichtet. Und auch der Umstand, dass die Klägerin trotz der Erhebung der Vergnügungssteuer beabsichtigt, ihr Angebot zu erweitern (vgl. die Anzeige auf ihrer Homepage: „2. O.G. Eröffnung demnächst“) und es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren Großbetrieb dieser Art gibt, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und kostendeckend arbeiten kann (vgl. Anzeige im Stuttgarter Wochenblatt vom 08.10.2009: „Prostitution ist ein legaler Beruf“ und Neue Württembergische Zeitung vom 27.12.2008, Südwest-Aktiv: Bordell läuft auch ohne Messe) spricht eindeutig dagegen, dass mit der Höhe des Steuersatzes in unzulässiger Weise in die Berufsfreiheit eingegriffen würde.
|
|
|
Soweit der Steuersatz von 8 EUR/m² pauschal für jeden angefangenen Kalendermonat gilt, mithin nicht danach differenziert wird, wie lange ein Zimmer am Tag oder wie oft ein Zimmer im Monat tatsächlich genutzt wird, führt auch dies nicht zu seiner Rechtswidrigkeit. Die Steuererhebung auf Grund eines zulässigen Pauschalmaßstabes, wie hier dem Flächenmaßstab, bringt es mit sich, dass die Steuer nicht nach dem individuellen, wirklichen Vergnügungsaufwand erhoben wird, d.h. im konkreten Fall danach, wie oft ein Zimmer am Tag bzw. im Monat tatsächlich dazu dient, einem Kunden die Gelegenheit zu geben, sich sexuell zu vergnügen. Die mangelnde Differenzierung ist somit alleine dem zu Grunde liegenden Steuermaßstab geschuldet, der der Steuererhebung in zulässiger Weise Durchschnittssätze zu Grunde legt.
|
|
|
Unter Zugrundelegung einer Veranstaltungsfläche von 346,87 m², beträgt die für den zu besteuernden Zeitraum von Februar bis Dezember 2008 bei einem Steuersatz von 8 EUR/m² je angefangenem Kalendermonat festzusetzende Vergnügungssteuer damit insgesamt aber nur 30.524,56 EUR und nicht 53.504 EUR.
|
|
|
|
|
|
|
Beschluss vom 10. Dezember 2009
|
|
|
|