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A. Der Antrag auf einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2005/2006, ist zulässig.
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I. Ein rechtzeitiger, vor dem 15.07.2005 gestellter Zulassungsantrag bei der Universität U. liegt vor. Die Kammer geht dabei von einer einheitlich für alle AntragstellerInnen geltenden Frist aus. Soweit §§ 24 , 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der hier für das erste Fachsemester anwendbaren Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studienplätzen vom 27.01.2005 (GBl. S. 167; ZVS-VergabeVO) die Frist auch für außerkapazitäre Bewerbungsanträge von AntragstellerInnen, die ihre Hochschulzugangsberechtigung vor dem 16.01.2005 erworben haben (sog. „Altabiturienten“), auf den 31.05. vorverlegt, lässt die Kammer diese Bestimmung in den hier zu beurteilenden Eilverfahren außer Anwendung. Folglich sind alle AntragstellerInnen mit einem bis zum 15.07.2005 bei der Antragsgegnerin eingereichten Bewerbungsantrag am Losverfahren zu beteiligen.
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Es ist zwar nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg in der Sache nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber für das außerkapazitäre Antragsverfahren gewisse formelle Anforderungen normiert (vgl. hierzu und zum Folgenden im Zusammenhang mit § 3 HVVO: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.1987 - NC 9 S 247/87 u.a. -, KMK-HSchR 1988, 249, 253). Grundsätzlich liegt auch die Wahl des für die Bewerbung maßgeblichen Stichtags im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Normgebers, die ihre äußerste Grenze nur in dem Gebot der Zumutbarkeit für den Studienbewerber findet. Eben jene Grenze wird aber ihrerseits wiederum bestimmt durch den Zweck, den der Normgeber zulässigerweise mit der Einführung eines Stichtages für Bewerbungen außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl verfolgt. Dieser liegt darin, frühzeitig eine geschlossene Bewerberkonkurrenz zu bilden, damit die Bewerbungsverfahren von der Hochschule ggf. beschieden bzw. die entsprechenden gerichtlichen (Massen-)Verfahren - wie von der entscheidenden Kammer regelmäßig beabsichtigt - so rechtzeitig abgewickelt werden können, dass eine Aufnahme des Studiums auch tatsächlich wie beantragt zu Beginn des Bewerbungssemesters möglich ist.
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Dieser Zweck kann jedoch mit der vorgenommenen Differenzierung zwischen Altabiturienten und sonstigen Bewerbern nicht erreicht werden. Auch nach der Neuregelung ist die Bewerberkonkurrenz nämlich erst am 15.07. geschlossen, da die Hochschule nach dem 31.05. weiter zuwarten muss, ob nicht noch „Neuabiturienten“ weitere Anträge stellen. Die Vorverlegung der Frist im außerkapazitären Bereich ist somit zur Zweckerreichung weder geeignet noch erforderlich.
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Die Neuregelung mag im originären (innerkapazitären) Anwendungsbereich des § 3 ZVS-VergabeVO, dem zentralen Vergabeverfahren, ihre Berechtigung haben, um bereits frühzeitig eine Bewerberauswahl für die in ihrem Umfang nunmehr ausgeweiteten Auswahlgespräche treffen zu können; diejenigen Bewerber, die ihre Hochschulzugangsberechtigung bereits erworben haben, können sich ohne weitere Umstände bereits zu einem früheren Zeitpunkt zumutbarerweise im ZVS-Verfahren bewerben. Da im außerkapazitären Vergabeverfahren aufgrund gerichtlicher Eilbeschlüsse jedoch lediglich ein Losverfahren durchgeführt wird und keine Auswahlgespräche zu führen sind, fehlt es an jeglichem erkennbaren sachlichen Grund für eine Vorverlegung der Bewerbungsfrist für - lediglich - einen Teil der potenziellen Bewerber. Insoweit ist die Regelung einer Ausschlussfrist nicht erforderlich, vielmehr erschwert sie die Durchsetzung des Teilhaberechts aus Art. 12 Abs. 1 GG ohne sachliche Rechtfertigung und ist daher unverhältnismäßig.
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Dazuhin dürfte die Fristregelung kaum mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sein. Einerseits ist - wie dargelegt - mangels eines außerkapazitären „Auswahlverfahrens“ kein sachlicher Grund ersichtlich, Altabiturienten bei den Anforderungen an die außerkapazitäre Bewerbung anders als Neuabiturienten zu behandeln. Ebenso wenig ist für die Kammer andererseits auch nur ansatzweise erkennbar, weshalb Altabiturienten als Bewerber für höhere Fachsemester oder für nicht in das zentrale Vergabeverfahren einbezogene Studiengänge, auf die nicht die ZVS-VergabeVO, sondern der - unverändert gebliebene - § 3 HVVO Anwendung findet, ihren außerkapazitären Antrag bis zum 15.07. einreichen dürfen, während Bewerber für das 1. Fachsemester mit „Altabitur“ in Studiengängen des ZVS-Verfahrens ihre Bewerbung bereits zum 31.05. einreichen müssen. Zwischen beiden (außerkapazitären) Vergleichsgruppen bestehen keine Unterschiede von Gewicht, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Letztlich steht Art. 3 Abs. 1 GG auch einer willkürlichen Gleichbehandlung von Ungleichem entgegen; ein sachlicher Grund für die Gleichbehandlung des inner- und des außerkapazitären Antrags eines Altabiturienten ist aber gerade nicht ersichtlich, nachdem die Vorverlegung des Bewerbungszeitpunktes nur im zentralen Vergabeverfahren einen erkennbaren Sinn hat (wo sie im Übrigen von der ZVS für das Wintersemester 2005/2006 selbst nicht angewandt wird).
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Auch der Normgeber selbst - das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst - konnte auf Anfrage der Kammer weder die Beschränkung der Teilhaberechte der Studienbewerber im außerkapazitären Bereich sachlich rechtfertigen noch einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung der Vergleichsgruppen benennen (vgl. das Schreiben des MWK vom 19.05.2005 - Az. 632.1/308).
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Angesichts all dessen hält es die Kammer im Eilverfahren für geboten, die - voraussichtlich verfassungswidrige - Neuregelung des Fristendes in §§ 24, 3 Abs. 2 ZVS-VergabeVO, soweit sie die Frist für außerkapazitäre Bewerbungen von Altabiturienten vorverlegt, nicht anzuwenden und die Bestimmung dahingehend geltungserhaltend zu reduzieren, dass es bei der einheitlichen Fristbestimmung auf den 15.07. bleibt. Die Vorschrift ist daher einstweilen wie folgt zu lesen:
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„(2) Der Zulassungsantrag muss
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2. für das Wintersemester, wenn die Hochschulzugangsberechtigung vor dem 16. Januar erworben wurde, bis zum 31. Mai, andernfalls bis zum 15. Juli, bei der Zentralstelle eingegangen sein (Ausschlussfrist).“
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Eine Verwerfung der Fristenbestimmung insgesamt mit der Folge, dass überhaupt keine Frist mehr gilt, hält die Kammer - jedenfalls im Eilverfahren - weder für geboten noch für zulässig. Die Bestimmung enthält zwei selbstständige - trennbare - Regelungsbereiche: einerseits die spezielle Fristbestimmung 31.05. für Altabiturienten und andererseits als Auffangregelung die generelle Fristbestimmung 15.07. für alle (übrigen) Studienbewerber. Nur die erstgenannte ist verfassungswidrig. Da die Vorschrift teilbar ist und der verfassungswidrige Teil isoliert aufgehoben werden kann, verbleibt es bei der Auffangfrist 15.07. Eine Auslegung dergestalt, dass nunmehr (nur) für Altabiturienten überhaupt keine Frist mehr gilt, Neuabiturienten jedoch den 15.07. einzuhalten haben, verbietet sich deshalb, weil dies gleichfalls zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG - und ggf. sogar zu einem noch verfassungsferneren Zustand - führen würde.
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Auf die von Antragstellerseite im Rahmen des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Normenkontrollverfahrens diskutierten weiteren Fragen - insbesondere betreffend die Frage, ob einem Studienbewerber eine Bewerbung zu einem Zeitpunkt zugemutet werden kann, zu dem die Zulassungszahl noch gar nicht festgesetzt ist und zu dem er die Erfolgsaussichten eines Bewerbungsantrags noch gar nicht abschätzen kann (vgl. dazu etwa Bayer. VGH, Beschluss vom 12.02.1997 - 7 CE 96.10046 u.a. -) - kommt es danach nicht mehr an. Die grundsätzliche Zulässigkeit einer Fristbestimmung im Verordnungswege stellt die Kammer im Eilverfahren nicht in Frage. Angesichts der langjährig - weit gehend beanstandungsfrei - praktizierten Anwendung der Frist hinterfragt die Kammer auch im Eilverfahren die Tauglichkeit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (§ 2 Abs. 1 HZG i.V. mit Art. 16 Abs. 1 des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen bzw. des Umsetzungsgesetzes; zur Mehrdeutigkeit der entsprechenden Ermächtigungsgrundlage in Sachsen: Sächs. OVG, Beschluss vom 18.11.1999 - NC 2 S 73/99 -) nicht weiter.
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II. Das Gericht erachtet auch die im gerichtlichen Eilverfahren gestellten Anträge für zulässig, unabhängig davon, ob einzelne AntragstellerInnen ihren jeweiligen Antrag auf eine unmittelbare Zulassung gerichtet und nur hilfsweise die Zulassung nach den Rangplätzen eines anzuordnenden Losverfahrens begehrt haben oder ob sie isoliert (nur) die Durchführung eines - mitunter auf eine bestimmte Platzzahl beschränkten - Losverfahrens und die anschließende Zulassung nach den jeweiligen Rangplätzen beantragt haben.
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Nach Auffassung der Kammer besteht der sachdienliche Antrag im Eilverfahren des Kapazitätsstreits darin, im Hauptantrag eine direkte (vorläufige) Zulassung und hilfsweise eine Zulassung nach Maßgabe eines durchzuführenden Losverfahrens zu begehren. Soweit Antragsfassungen unklar sind, legt das Gericht das Begehren der Antragsteller in diesem Sinne aus.
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Nachdem einzelne Antragstellervertreter sich nunmehr ausdrücklich gegen eine sachdienliche Auslegung der vorgenannten Art zur Wehr setzen, besteht Anlass zu weiteren Ausführungen im Hinblick auf die Behandlung der von ihnen gestellten „reinen Losanträge“. Art. 12 Abs. 1 GG i.V. mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip vermittelt dem Studienbewerber in den Grenzen der vorhandenen Ausbildungskapazitäten ein subjektiv-öffentliches Teilhaberecht auf Aufnahme in eine öffentliche Ausbildungseinrichtung. Der daraus im Einzelfall folgende verfassungsrechtlichen Zulassungsanspruch wird durch einen Auswahlmodus - wie etwa ein Losverfahren -, der zwangsläufig aufgrund des Bewerberüberhangs zu bestimmen ist, nicht geprägt, sondern nur in seiner Realisierung beeinflusst (vgl. die Äußerung des BVerwG an das BVerfG im Verfahren 1 BvR 2460/04 vom 18.01.2005 - BVerwG 6 St 11.04 -, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerwG). Folglich hat der Studienbewerber aus dem Verfassungsrecht ggf. einen Anspruch auf Zulassung zum Studium seiner Wahl, nicht aber einen subjektivrechtlichen Anspruch auf ein bestimmtes Auswahlverfahren. Das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 GG bezieht sich auf die Teilhabe an den vorhandenen Ausbildungskapazitäten, nicht aber auf die isolierte Teilnahme an einem zwischengeschalteten Verfahren zur Bewältigung des Bewerberüberhangs. Das Losverfahren stellt im Rahmen der Mangelverwaltung immer nur den Weg zum eigentlichen Ziel - der Zulassung zum Studium - dar. Vor diesem Hintergrund sind reine Losanträge als „kupierte Hilfsanträge“ in dem Sinne zu verstehen, dass der jeweilige Antragsteller den „eigentlichen“ Hauptantrag - aus Kostengründen - bewusst nicht und nur den an sich als Hilfsantrag zu begreifenden Losantrag stellt (einen „verdeckten Hilfsantrag“ verneinend: VG Berlin, Beschluss vom 16.02.2005 - VG 12 A 1331.04 -).
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Einem derartigen Antrag kann - unabhängig davon, ob er mit einer zusätzlichen Quote versehen ist oder nicht - das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden (so das BVerwG in der zitierten Stellungnahme). Für die Kammer folgt dies bereits daraus, dass das Gericht im auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V. mit § 938 ZPO einen Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Fassung der einstweiligen Anordnung hat. Gemäß § 938 Abs. 1 ZPO bestimmt das Gericht „nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind“. Das Gericht kann dabei nicht nur mit der einstweiligen Anordnung hinter dem Antrag zurückbleiben, sondern unter Umständen im Rahmen eines gewissen Spielraums auch eine geeignete andere Regelung treffen (vgl. HessStGH, Urteil vom 17.01.1991 - P St. 1119 e. V. -, NVwZ 1991, 561) , solange der „Zweck“ - das ist hier unabhängig von der konkreten Antragsfassung die Sicherung der Erlangung eines Studienplatzes im Hauptsachverfahren - gewahrt bleibt. Damit ist positivrechtlich festgelegt, dass sich der Anordnungsinhalt nicht streng an der Vorgabe von §§ 113 Abs. 5, 114 VwGO zu orientieren hat, sondern dem Gericht eine flexibel handhabbare einstweilige Entscheidungsbefugnis gegeben ist (vgl. dazu Schoch, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 123, Rn 133).
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Nach diesen Maßgaben überschreitet die Kammer auch nicht die Grenzen des § 88 VwGO, wenn einzelne AntragstellerInnen ihren Antrag auf ein Losverfahren um eine bestimmte Anzahl von Plätzen (etwa: „15 % der festgesetzten Zulassungszahl“, hier also: 45 Studienplätze) beschränkt haben und die Kammer sie dennoch an einem Losverfahren um eine höhere Anzahl von Studienplätzen (hier: 48) beteiligt. Nach dieser Vorschrift darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Die Bestimmung legitimiert den Richter zwar nicht, die Grenzen einer zulässigen Auslegung zu überschreiten und dabei an die Stelle dessen, was eine Partei erklärtermaßen will, das zu setzen, was sie - nach Meinung des Richters - zur Verwirklichung ihres Bestrebens wollen sollte (so BVerwG, Beschluss vom 29.08.1989 - 8 B 9.89 -, Buchholz 310 § VwGO Nr 17). Im Verfahren nach § 123 VwGO findet die Regelung des § 88 VwGO jedoch nur entsprechende Anwendung, die an die Erfordernisse des Eilverfahrens anzupassen ist. Wie dargelegt, kann das Gericht danach etwa auch zweckorientiert ein vom Antrag abweichendes Aliud in den Tenor mit aufnehmen.
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Vor diesem Hintergrund erscheint es der Kammer angemessen, alle AntragstellerInnen unabhängig von einer Quotierung ihres Losantrags vollumfänglich am Losverfahren zu beteiligen. Eine strenge Anwendung des Grundsatzes „ne ultra petita“ wäre im Massenverfahren des Hochschulzulassungsrechts auch praktisch nicht durchführbar oder jedenfalls mit nicht hinnehmbaren Schwierigkeiten verbunden. Beantragt beispielsweise ein Antragsteller / eine Antragstellerin die Teilnahme an einem Losverfahren um 45 Studienplätze und erhält er bzw. sie im sodann von der Hochschule durchgeführten Losverfahren um die Vergabe von 48 gerichtlich aufgedeckten Studienplätzen den Rangplatz 46, so müsste die Hochschule 48 Studienplätze an die Inhaber der Rangplätze 1-45 und 47-49 vergeben und den Antragsteller mit dem Rangplatz 46 zurückweisen. Insoweit ist ein Losverfahren noch ohne Weiteres durchführbar. Nahezu unlösbare Probleme tun sich aber auf, wenn auf vorrangigen Plätzen ein Bewerber die Zulassung nicht annimmt und ein Nachrückverfahren durchzuführen ist. Dann ist bereits unklar, wer zum Nachrücken berechtigt sein soll, der Rangplatzinhaber mit Nr. 46 oder der Rangplatzinhaber mit Nr. 50. Auch wenn mit der Tenorierung sicher gestellt würde, dass das Nachrückverfahren strikt nach Rangziffer durchzuführen ist, wäre dabei noch - bereits im Rahmen der Tenorierung - die gerichtliche Antragstellung des jeweiligen Nachrückers zu beachten; es ist nämlich durchaus denkbar, dass etwa der auf
Rangnr.
50 platzierte Studienbewerber nur die Beteiligung an einem Losverfahren um (z.B.) 23 Studienplätze beantragt hat, weshalb er beim Nachrücken wohl nicht zu berücksichtigen wäre, solange nicht weniger als 23 zusätzliche Studienplätze vergeben sind. Das Beispiel ließe sich bis ins Absurde weiterbilden, etwa mit Blick auf die Frage, was zu geschehen hätte, wenn ausgerechnet der Rangplatzinhaber Nr. 23 seine Zulassung ausschlägt; müsste dann die
Rangnr.
50 auf Platz 23 „vorspringen“ mit der Folge einer Zulassung oder könnte ihm weiter entgegengehalten werden, dass er nur ein Losverfahren um 23 Plätze beantragt hat, vorrangig vor ihm aber schon 47 Plätze vergeben sind? Führt man sich die Vielgestaltigkeit der tatsächlich vorliegenden Anträge der jeweiligen Antragsteller vor Augen - viele Prozessbevollmächtigte, die einen quotierten Losantrag gestellt haben, prognostizieren jeweils unterschiedliche Zulassungszahlen -, so wird deutlich, dass ein derartiges Losverfahren - selbst wenn es theoretisch konstruierbar wäre - für die Antragsgegnerin, die zur Durchführung des Losverfahrens zu verpflichtet wird, praktisch nicht durchführbar ist. Die Rangliste verlöre in einem solchen Fall im Übrigen auch jegliche Aussagekraft im Hinblick auf das prozesstaktische Verhalten im Hauptsacheverfahren, da dem jeweiligen Bewerber nur sein Rangplatz, nicht aber die Antragstellung der vor ihm platzierten Bewerber bekannt ist, was dazu führen kann, dass er in Anbetracht eines (nur vermeintlich) aussichtslosen Rangplatzes auf die Durchführung eines kostenpflichtigen Hauptsacheverfahrens verzichtet. Letztlich kann aus der Sicht der Kammer auch der Charakter des Hochschulzulassungsverfahrens als Massenverfahren, das zu gewissen Pauschalierungen berechtigen muss, in diesem Zusammenhang nicht vollständig ausgeblendet werden. Eine - nach Ansicht der Kammer gebotene - Entscheidung der gerichtlichen Eilverfahren in einem vertretbaren zeitlichen Zusammenhang zum Semesterbeginn wie auch eine dem folgende (vorläufige) Zulassung der im Losverfahren obsiegenden AntragstellerInnen durch die Antragsgegnerin wäre nämlich in vielen Fällen nicht mehr möglich, wenn bei der Tenorierung der einzelnen Verfahren wie auch bei der konkreten Durchführung des Los- und Nachrückverfahrens derart differenziert vorgegangen werden müsste.
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Im Übrigen wäre es vollends unmöglich, die Verlosung von einer je nach Antragstellerin und jeweiliger Antragstellung unterschiedlichen Zahl von Studienplätzen mit dem von einigen Antragstellervertretern - jedenfalls im Vorjahr noch - propagierten „Entdeckerprinzip“ zu verbinden, wonach vom Gericht jeweils „aufgedeckte“ freie Studienplätze nur an diejenigen AntragstellerInnen zu vergeben seien, die durch entsprechenden Sachvortrag im Rahmen der Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zu ihrer „Entdeckung“ beigetragen haben.
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Angesichts all dessen orientiert sich die Kammer weiterhin am „Zweck“ des mit der Antragstellung im Eilverfahren verbundenen Begehrens - der Zulassung zum Studium - und beteiligt alle AntragstellerInnen ungeachtet bestimmter Maßgaben für das Losverfahren in den jeweiligen Anträgen am von der Antragsgegnerin durchzuführenden Losverfahren. Im Hinblick auf die Folgen bestimmter Antragstellungen für die gesondert zu betrachtende Kostenentscheidung werden Ausführungen im Rahmen der Begründung der Nebenentscheidungen zu machen sein (dazu unten V.2.).
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B. Der Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
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Es besteht ein Anordnungsgrund. Es ist nicht zumutbar, mit dem Beginn des Studiums zuzuwarten, bis das Hauptsacheverfahren abgeschlossen ist, da es sich um die Berufsausbildung handelt.
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Es liegt auch ein Anordnungsanspruch vor. Ein Anspruch auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 3, 920 Abs. 2 ZPO). Die Aufnahmekapazität der Antragsgegnerin im Studiengang Humanmedizin beträgt nach den Vorgaben der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen (Kapazitätsverordnung - KapVO VII) vom 14.06.2002 (GBl. S. 271), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25.04.2003 (GBl. S. 275), 350 Studienplätze.
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I. In der Zulassungszahlenverordnung 2005/2006 - ZZVO 2005/2006 - vom 28.06.2005 (GBl. S. 492) sind 300 Studienplätze für das Studienjahr 2005/06 festgesetzt. Aktuell sind an der Universität im ersten Fachsemester 302 Studienplätze belegt, die Antragsgegnerin ist daher zur vorläufigen Vergabe weiterer 48 Studienplätze zu verpflichten.
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Hinsichtlich der Höhe der Lehrdeputate ist die gemäß § 62 Universitätsgesetz erlassene Verordnung der Landesregierung über die Lehrverpflichtungen an Universitäten, Hochschulen, Fachhochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung - LVVO -) vom 11.12.1995 (GBl. S. 43), zuletzt geändert durch Art. 17 des 2. HRÄG vom 01.01.2005 (GBl. S. 1), anzuwenden. Hiernach beträgt das Lehrdeputat für Professoren und beamtete wissenschaftliche Mitarbeiter mit Lehraufgaben jeweils 9 Semesterwochenstunden (SWS) und für Hochschulassistenten 4 SWS. Juniorprofessoren haben danach, soweit sie positiv evaluiert worden sind 6 SWS, im Übrigen 4 SWS zu unterrichten. Bei wissenschaftlichen Dauerassistenten beträgt die Lehrverpflichtung in der Regel 9 SWS, bei Zeitangestellten in der Regel 4 SWS.
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Die Antragsgegnerin hat in ihrem an das Ministerium übersandten Kapazitätsbericht das unbereinigte Lehrangebot der Lehreinheit Vorklinische Medizin mit 264,5 SWS angegeben. Dabei hat sie 39 Planstellen, zwei weniger als im Vorjahr, zugrunde gelegt. Im Einzelnen geht die Kapazitätsberechnung von folgenden Berechnungsgrundlagen aus:
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Abt Anatomie u.
zellul.
Neurobiol.
/ Abt. Anatomie u. Zellbiologie
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Stellengruppe |
Stellenanzahl |
Lehrdeputat |
Deputatsverminderung |
Summe |
C 4 |
2 |
9 |
- |
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C 3 |
3 |
9 |
- |
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C 2 |
2 |
9 |
- |
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C 1 |
3 |
4 |
- |
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A 15 |
1 |
9 |
- |
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BAT IIa/Ib (D) |
2 |
9 |
- |
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BAT IIa/Ib (Z) |
2 |
4 |
- |
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Summe |
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Abteilung Physiologische Chemie / Abt. Biochemie
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Stellengruppe |
Stellenanzahl |
Lehrdeputat |
Deputatsverminderung |
Summe |
C 4 |
2 |
9 |
4 |
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C 3 |
2 |
9 |
- |
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C 1 |
5 |
4 |
- |
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BAT IIa/Ib (D) |
0,5 |
9 |
- |
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BAT IIa/Ib (Z) |
3,5 |
4 |
- |
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Summe |
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Abteilung Allg. Physiologie / Abt.
Angew.
Physiologie
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Stellengruppe |
Stellenanzahl |
Lehrdeputat |
Deputatsverminderung |
Summe |
C 4 |
2 |
9 |
- |
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C 3 |
2 |
9 |
- |
|
C 2 |
1 |
9 |
- |
|
C 1 |
2 |
4 |
- |
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BAT IIa/Ib (D) |
3 |
9 |
- |
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BAT IIa/Ib (Z) |
1 |
4 |
- |
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Summe |
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Das Lehrangebot hat sich gegenüber dem Vorjahr in den Rechnungen der Antragsgegnerin dadurch verringert, dass die Universität eine C 1 - Stelle in der Abteilung Allgemeine Physiologie / Angewandte Physiologie (Nr. 104983) gestrichen hat (- 4 SWS). Weiterhin hat die Antragsgegnerin in der Abteilung für Physiologische Chemie / Biochemie eine befristete BAT IIa/Ib - Stelle (Nr. 106625, Stelleninhaberin: Dr. T.) nicht mehr in Ansatz gebracht (- 4 SWS) und eine unbefristete BAT IIa/Ib - Stelle (Nr. 104861, Stelleninhaber: Prof. Dr. M.-E.) in eine befristete Stelle umgewandelt (- 5 SWS). Darüber hinaus berücksichtigt die Universität in dieser Abteilung für Prof. Dr. W. weiterhin eine Deputatsreduzierung von 4 SWS für seine Tätigkeit als Prodekan (- 4 SWS).
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In der Vorklinischen Lehreinheit legte die Antragsgegnerin der Berechnung keine Titellehre und keine Lehraufträge zugrunde, sodass auch keine Erhöhung des bereinigten Lehrangebots nach § 10 KapVO VII angenommen wurde.
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In Anwendung von § 11 KapVO VII hat die Antragsgegnerin das unbereinigte Lehrangebot um die Dienstleistungen reduziert, welche die Lehreinheit Vorklinische Medizin für die ihr nicht zugeordneten Studiengänge Biologie (Diplom), Zahnmedizin, Biochemie und Molekulare Medizin (Dienstleistungsexport) erbringt.
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Für den nicht zugeordneten Studiengang Biologie (Diplom) hat die Antragsgegnerin dabei - anders als in den Vorjahren - erstmals mit einem CAq von 0,3000 gerechnet und einen Aq von 70 prognostiziert, sodass sich 0,3 x 70/2 = 10,5 SWS an Exportleistung errechneten. Für die Biologie-Vorlesung sind weiterhin 1,5 SWS in die Berechnung eingestellt. Den CAq für Zahnmedizin hat die Universität auf 0,8005 reduziert und ist im Weiteren von der festgesetzten Studienanfängerzahl des Vorjahres (55) als Aq ausgegangen, sodass sich weitere Exportleistungen von (0,8005 x 55/2 =) 22,0131 SWS ergeben. Erstmals hat die Antragsgegnerin nunmehr auch Exportleistungen für die neuen Bachelorstudiengänge Biochemie und Molekulare Medizin geltend gemacht. Jeweils ausgehend von einer Studienanfängerzahl von 25 hat sie unter Ansatz eines CAq von 0,6000 (Biochemie) bzw. 0,3700 (Molekulare Medizin) Exportleistungen von 7,5 und 4,6250 SWS addiert. Insgesamt hat die Antragsgegnerin das unbereinigte Lehrangebot danach um 10,5 + 1,5 + 22,0131 + 7,5 + 4,6250 = 46,1381 SWS reduziert.
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Dies führt in der Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin zu einem bereinigten Lehrangebot von
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264,5 – 46,1381 = 218,3619 SWS.
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Zur Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität wird dieses bereinigte Lehrangebot verdoppelt und sodann durch den auf die Lehreinheit der Vorklinik entfallenden CAp, den die Antragsgegnerin mit einem Wert von 1,4736 angibt, geteilt. Auf diesem Wege errechnete die Antragsgegnerin
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(218,3619 x 2) : 1,4736 = 296,3652,
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abgerundet 296 Studienplätze. Abweichend von dieser errechneten Kapazität schlug die Antragsgegnerin dem Ministerium die Festsetzung einer Zulassungszahl von 300 Studienanfängern vor, die in der Folge vorgenommen wurde (vgl. das Schreiben der Antragsgegnerin an das MWK vom 29.03.2005).
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Zur Ermittlung des CAp der Vorklinik von 1,4736 hat sich die Antragsgegnerin wie im Vorjahr an den in der Studienordnung festgelegten Stundenvolumina orientiert und unter Anwendung der Formel
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Semesterwochenstunden x Anrechnungsfaktor
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für jede Veranstaltung den Betreuungsaufwand der Vorklinik ermittelt. Für Vorlesungen rechnet die Antragsgegnerin weiter mit einer Gruppengröße von g = 180.
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Ein negativer Schwund war nach der Kapazitätsberechnung nicht zu verzeichnen.
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II. Diese Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin schöpft die vorhandene Ausbildungskapazität nicht aus und bedarf der Korrektur:
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1. Dabei ist zunächst auf Lehrangebotsseite die für zwei - soweit ersichtlich noch nicht evaluierte - Juniorprofessoren angesetzte Lehrverpflichtung von 4 SWS im Eilverfahren hier nicht zu beanstanden. Sie entspricht § 1 Abs. 1 Nr. 3 LVVO. Zwar hat die Kammer vor Einführung einer verordnungsrechtlichen Regelung durch Art. 17 des 2. HRÄG Bedenken gegen die Höhe dieser Lehrverpflichtung erhoben, die sich der Sache nach weiterhin gegen die nun erfolgte Regelung richten könnten. Gleichwohl hält es die Kammer im Eilverfahren nicht für angebracht, die gesetzgeberische Wertung außer acht zu lassen, nachdem auch der VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 24.08.2005 - NC 9 S 29/05 -, wenn auch dort ohne Bezug und Aussagen zur materiell-rechtlich erforderlichen Höhe der Lehrverpflichtung von Juniorprofessoren, sondern allein unter Auseinandersetzung mit dem Stellengruppenprinzip, Fragen der richterlichen Notkompetenz und der Regelung des § 5 KapVO) keinen Anlass für eine Anhebung des Lehrdeputats gesehen hat. Die weitere Klärung der Verfassungskonformität der neu geregelten Lehrverpflichtung kann allenfalls in einem Hauptsacheverfahren erfolgen.
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2. Die Lehrverpflichtungsermäßigung für Prof. Dr. W. von 4 SWS kann - wie im Vorjahr - auch für den hier zu beurteilenden Berechnungszeitraum nicht anerkannt werden. Es fehlt weiterhin an der nach § 6 a Abs. 5 LVVO in formeller Hinsicht erforderlichen Entscheidung des Rektorats vor Beginn des Berechnungszeitraums am 01.10.2005. Die Kammer hat der Antragsgegnerin in den Eilbeschlüssen des Vorjahres (Beschlüsse vom 02.11.2004 - NC 6 K 241/04 u.a. -) und in den dazugehörigen Hauptsacheentscheidungen (Urteile vom 17.03.2005 - NC 6 K 396/04 u.a. -) dargelegt, dass die vorgenommene funktionsbezogene Bestimmung der Lehrverpflichtungsermäßigung nicht genügt und eine individuelle Verteilung der Deputatsermäßigungen im Rahmen der Freistellungspauschale nach § 6 a Abs. 5 LVVO nicht zu ersetzen vermag. Darauf wird zur weiteren Begründung verwiesen. Die Antragsgegnerin hat - in Kenntnis der Rechtsansicht der Kammer - weder vorgetragen, dass eine individuelle Abwägungsentscheidung für den nunmehr zu beurteilenden Berechnungszeitraum nachgeholt worden ist, noch ist dies sonst ersichtlich.
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Die Kammer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ihr ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung des VGH Baden-Württemberg in den - noch immer - anhängigen Beschwerdeverfahren betreffend das Studienjahr 2004/2005 sowie in den ebenfalls anhängigen Berufungsverfahren nicht vertretbar erscheint, nachdem die Antragsgegnerin Bescheide erlassen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar die Berufungsverhandlung auf den 23.11.2005 terminiert und wird voraussichtlich zur Lehrverpflichtungsermäßigung des Prodekans - wie auch im Übrigen zu streitigen Rechtsfragen auf der Lehrnachfrageseite (g = 180 bei Vorlesungen) - Stellung nehmen; es ist jedoch nicht absehbar, wann die Entscheidungsgründe in diesen Verfahren vorliegen werden und ob bzw. wann die Entscheidungen rechtskräftig werden. In Anbetracht des Umstands, dass die Universität die gesamte Bewerberkonkurrenz durch den Erlass von Ablehnungsbescheiden nunmehr in weitere kostenpflichtige Hauptsacheverfahren zwingt, hielt es die Kammer für geboten, die anhängigen Eilverfahren des Wintersemesters 2005/2006 zu entscheiden, damit wenigstens die auf der auszulosenden Rangliste schlecht platzierten Bewerbern für die Frage der Einleitung eines Klageverfahrens entsprechende Konsequenzen ziehen können.
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3. Das Lehrdeputat der C 1 - Stelle Nr. 104983 aus der Abteilung Allgemeine Physiologie / Angewandte Physiologie ist fiktiv fortzuführen. Aus kapazitätsrechtlicher Sicht fehlt es an der für die Anerkennung der Stellenstreichung erforderlichen Abwägung mit den Belangen der Studienbewerber.
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Mit dem Kapazitätsbericht hat die Antragsgegnerin einen Vermerk vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass die Stelle „in den Solidarpakt“ eingehe. Prof. Dr. D., der die Nachfolge des Abteilungsleiters Prof. Dr. R. angetreten habe, habe in seiner Berufungszusage 5 Stellen erhalten, während Prof. Dr. R. 6 Stellen gehabt habe. Obwohl die Kammer der Antragsgegnerin Gelegenheit zur Darlegung der Abwägungsentscheidungen für die Stellenstreichungen gegeben hat, hat sie in Bezug auf diese Stelle in der Sache nichts weiter vorgetragen, sondern lediglich ausgeführt beschrieben, dass Prof. Dr. D. seine Tätigkeit im Dezember 2004 an der Universität aufgenommen habe und dass ihm in den Berufungsverhandlungen „nur“ 5 Stellen zugesagt worden seien (vgl. Schriftsatz des Antragsgegnervertreters vom 14.10.2005 mit Anlage B 12). Die sechste Stelle habe aus Haushaltsgründen im Rahmen des Solidarpaktes gestrichen werden müssen.
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Diese Begründungen genügen nicht den nach der Rechtsprechung der Kammer an Stellenstreichungen kapazitätsrechtlich zu stellenden Anforderungen (vgl. nur Beschluss vom 12.11.2004 - NC 6 K 239/04 -, Zahnmedizin Tübingen; vgl. im Übrigen auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.02.2003 - NC 9 S 40/02 -; Urteil vom 18.12.1986 - NC 9 S 1542/86 -, NVwZ 1987, 716; Beschluss vom 23.02.1999 - NC 9 S 113/98 u.a. -, KMK-HSchR/NF 41C Nr. 22; Beschluss vom 29.01.2002 - NC 9 S 24/02 u.a. -, KMK-HSchR/NF 41C Nr. 31; BVerwG, Urteil vom 23.07.1987 - 7 C 10.86 u.a. -, Buchholz 421.21 Nr. 34; Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 15.88 -, Buchholz 421.21 Nr. 42). Danach ist unter Berücksichtigung des Kapazitätserschöpfungsgebots eine Abwägung zwischen den Belangen der Studienplatzbewerber und den übrigen in Forschung, Lehre und Studium betroffenen Belangen zu treffen. Die Entscheidung ist gerichtlich zu beanstanden, wenn eine planerische Abwägung gar nicht stattgefunden hat, wenn diese nicht willkürfrei auf der Grundlage eines vollständigen Sachverhalts erfolgt ist oder wenn Belange der Studienplatzbewerber in einer Weise gewichtet wurden, die den erforderlichen Ausgleich der grundrechtlich geschützten Rechtssphären von Hochschulen, Lehrpersonen, Studenten und Studienplatzbewerbern zum Nachteil der Letzteren verfehlt. Zwar sind als sachliche Gründe im Rahmen einer Abwägungsentscheidung, die vor dem Kapazitätserschöpfungsgebot Bestand haben, im Zweifel auch Sparzwänge anzuerkennen. Darunter fallen auch die zwingenden Folgen von Umstrukturierungen, die unter dem Eindruck von Sparzwängen einem wirtschaftlicheren Einsatz der staatlichen Haushaltsmittel dienen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.02.2003 - NC 9 S 57/02 u.a. -). Allerdings können Sparzwänge alleine eine kapazitätserhebliche Stellenkürzung nicht ohne weitere Abwägung im Konkreten rechtfertigen. Vielmehr bedarf es unter Berücksichtigung dieser Sparzwänge einer konkreten und auf die einzelne Stelle bezogenen Abwägung der zuvor zu ermittelnden widerstreitenden Belange unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.02.2003 - NC 9 S 57/02 u.a. -; OVG Berlin, Beschluss vom 25. September 1996 - 7 NC 51.96 -, WissR 1997, 79, wonach diese Grundsätze nicht nur für den Abbau von Studienplätzen aufgrund von gesetzlich geregelten Reduzierungen des Lehrkörpers gelten, sondern auch für den Fall, dass die Reduzierungen auf Zuschusskürzungen des Landes beruhen, die die Hochschulen im Rahmen ihrer Haushaltsentscheidungen in den einzelnen Fachbereichen umsetzten). Diesen Grundsätzen werden die hier von der - insoweit darlegungspflichtigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.02.2003 - NC 9 S 40/02 -) und zur weiteren Darlegung aufgeforderten - Antragsgegnerin ins Feld geführten Erwägungen nicht gerecht.
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Der Sache nach hat die Antragsgegnerin eine Abwägungsentscheidung überhaupt nicht vorgetragen. Offenkundig hat eine Abwägung auch nicht stattgefunden. Die Antragsgegnerin hat sich auf die Schilderung der Hintergründe der Stellenstreichung beschränkt. Eine Abwägung mit den Belangen der Studienbewerber lässt sich dem Vorbringen der Antragsgegnerin auch nicht ansatzweise entnehmen. Teilhaberechte der Studienbewerber sind - soweit ersichtlich - nicht in den Blick genommen, geschweige denn in eine konkrete Abwägungsentscheidung einbezogen worden (zu einem derartigen Abwägungsausfall vgl. etwa auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.04.2004 - 2 NB 729/04 -, NVwZ-RR 2004, 754, 756).
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4. Auch die Streichung der befristeten BAT-Stelle Nr. 106625 in der Abteilung für Physiologische Chemie kann kapazitätsrechtlich nicht anerkannt werden. Hinsichtlich dieser Stelle hat die Antragsgegnerin vorgetragen, sie sei dem Abteilungsleiter Prof. Dr. W. in dessen Berufungsverhandlungen 1999 zugesagt worden, nachdem Prof. Dr. M.-E. als unbefristet Beschäftigter damals bereits eine Stelle „blockiert“ habe und Prof. Dr. W. sein eigenes Personal habe mitbringen wollen. Die Zusage sei längstens bis zum 31.07.2005 ausgesprochen worden. Zu diesem Zeitpunkt endete das Beschäftigungsverhältnis von Prof. Dr. M.-E.. Die Stelle sei von vorneherein mit der Maßgabe eingerichtet worden, dass sie beim - absehbarem - altersbedingten Ausscheiden von Prof. Dr. M.-E. wieder entfalle. Insoweit handele es sich um eine Rückkehr zu den ursprünglichen Verhältnissen, nicht aber um einen Stellenabbau. Derartige Übergangslösungen müssten auch kapazitätsrechtlich möglich sein.
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Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob diese Erwägungen den dargelegten Anforderungen an die Abwägungsentscheidung im Zusammenhang mit einer Stellenstreichung genügen, da wiederum Belange der Studienbewerber nicht gewürdigt worden sind und die Antragsgegnerin selbst noch in einem Vermerk vom 09.09.2005 (Anlage B 7 zum Schriftsatz des Antragsgegnervertreters vom 23.09.2005) ausführt, ein Abwägungsbeschluss über die Stellenbesetzungen der Abteilung von Prof. Dr. W. liege nicht vor. Eine solche Abwägungsentscheidung wäre allenfalls - wenn überhaupt - dann entbehrlich, wenn die Stelle tatsächlich - wie von der Antragsgegnerin vorgetragen - von vorneherein quasi mit der Hypothek des späteren Wegfalls 1999 (neu, zusätzlich und nur auf Zeit) geschaffen worden ist. Die genauen Umstände der Berufungsverhandlungen aus dem Jahr 1999 sind der Kammer weder bekannt noch von der Antragsgegnerin im Einzelnen dargelegt. Sollte die Stelle auch zuvor schon vorhanden gewesen sein und Prof. Dr. W. nur deren Beibehaltung - nicht aber die Neueinrichtung der Stelle - zugesagt worden sein, so wäre nunmehr ohnehin unter Abwägung aller beachtlichen Belange zunächst über die Streichung der Stelle zu befinden gewesen.
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Es kann jedoch letztlich offen bleiben, ob hier eine Abwägungsentscheidung erforderlich war. Jedenfalls steht § 5 Abs. 2, 3 KapVO der kapazitätsrechtlichen Anerkennung der Stellenstreichung für den hier zu beurteilenden Berechnungszeitraum entgegen. Nach den der Kammer vorliegenden Unterlagen ist der Wegfall der Stelle nämlich bislang weder eingetreten noch war er mit hinreichender Sicherheit vor Beginn des Berechnungszeitraums erkennbar. Nach dem bereits zitierten Vermerk vom 09.09.2005 (Anlage B 7 zum Schriftsatz des Antragsgegnervertreters vom 23.09.2005) existiert(e) offenkundig jedenfalls noch kurz vor Beginn des Berechnungszeitraums ein schriftliches Bleibeangebot an Prof. Dr. W., das auch die Wiederbesetzung der hier streitigen Stelle Nr. 106625 beinhaltete. Auch in seinem Schriftsatz vom 05.10.2005 nimmt der Antragsgegnervertreter - im Zusammenhang mit der noch zu erörternden Umwidmung der Stelle von Prof. Dr. M.-E. - noch auf diese Zusage Bezug und führt sogar aus, die Kapazitätsberechnung gehe von einer Stellenstruktur aus, welche die Zusage an Prof. Dr. W. einbeziehe. Im Übrigen ist bemerkenswert, dass die Antragsgegnerin einerseits - beim Ansatz der Lehrverpflichtungsermäßigung für Prof. Dr. W. - unterstellt, dass er im Berechnungszeitraum an der Universität bleiben wird, andererseits aber die durch die Zusage an seine Person „gebundene“ Stelle Nr. 106625 so behandelt, als würde sie wegfallen, was nur für den Fall eintreten dürfte, dass Prof. Dr. W. das Bleibeangebot ausschlägt. Angesichts all dessen vermag die Kammer den diesbezüglichen rechnerischen Kapazitätsabbau, der im Tatsächlichen noch gar nicht sicher ist, nicht anzuerkennen.
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5. Demgegenüber beanstandet die Kammer die Umwidmung der Stelle Nr. 104861 (Stelleninhaber: Prof. Dr. M.-E.) von einer unbefristeten in eine befristete Stelle - jedenfalls im Eilverfahren - nicht. Ob eine Stelle eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters auf Dauer oder nur befristet besetzt wird, unterliegt dem Stellendispositionsermessen der Wissenschafts- und Hochschulverwaltung (vgl. dazu und zum Folgenden mit zahlreichen Nachweisen die bereits zitierten Urteile der Kammer vom 17.03.2005 - NC 6 K 396/04 u.a. -). Dieses Ermessen soll der Verwaltung ermöglichen, den Bedürfnissen der Hochschulen in allen ihren Belangen angemessen und flexibel Rechnung zu tragen. Dabei sind die Bedürfnisse der Studienbewerber - auch in Studiengängen mit Kapazitätsbeschränkung - zwar ein bedeutsamer, jedoch nicht der einzige Gesichtspunkt. Das Ermessen ist daher nicht dahin eingeschränkt, dass von ihm stets im Sinne der kapazitätsgünstigeren Alternative Gebrauch gemacht werden müsste. Das Kapazitätserschöpfungsgebot verlangt nur - aber immerhin -, dass die Verwaltung Stellenentscheidungen, die für einen Kapazitätsverlust (mit)ursächlich sind, unter Beachtung der Belange der Studienbewerber zu treffen hat, die gegen die übrigen in Forschung, Lehre und Studium betroffenen Belange abzuwägen sind. Die Verwaltungsgerichte haben - wie oben bereits ausgeführt - zu überprüfen, ob die Verwaltung eine solche Abwägung vorgenommen hat, ob sie dabei alle einschlägigen Belange auf der Grundlage eines vollständigen Sachverhalts willkürfrei berücksichtigt hat und ob die Belange der Studienbewerber nicht in einer Weise gewichtet wurden, die den erforderlichen Ausgleich der grundrechtlich geschützten Rechtssphären von Hochschulen, Lehrpersonen, Studenten und Studienbewerbern zum Nachteil der Letzteren verfehlt. Die Ermessensbetätigung im Zusammenhang mit der Befristung der Beschäftigung eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters ist dabei durch die Besonderheiten des Wissenschaftsbetriebs und das Bedürfnis nach einer hohen Fluktuation im Bereich des wissenschaftlichen Nachwuchspersonals im Sinne eines gewissermaßen intendierten Ermessens dahin gehend vorgeprägt, dass nach Möglichkeit befriste Verträge geschlossen werden sollen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.11.2004 - 6 D 11327/04 -, NJW 2005, 457; BVerwG, Urteil vom 23.07.1987 - 7 C 10.86 -), wodurch das Gewicht der Interessen der Studienbewerber und die Anforderungen an deren Berücksichtigung sinken.
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Die Antragsgegnerin hat die Umwandlung der Stelle in eine befristete einerseits damit begründet, dass eine weitere unbefristete Besetzung ihr derzeit jegliche Flexibilität in Zusammenhang mit einer möglicherweise vorzunehmenden Neubesetzung der Abteilungsleiterstelle nehmen würde. Andererseits müsse es der Universität möglich sein, altersbedingt frei werdende Stellen umzugruppieren, um sie in einer aktuell als sinnvoll und angemessen angesehenen Art und Weise zur Ausstattung einer Abteilung einzusetzen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Universität die mit der Umwandlung zwangsläufig verbundene Einbuße von 4 SWS nicht bedacht und aus sachwidrigen Erwägungen in Kauf genommen hätte. Die künftige Besetzung der Stelle als (nur) befristete entspreche der Konzeption der Stelle als solcher, die für den wissenschaftlichen Nachwuchs vorgesehen sei. Eine Fluktuation auf dieser Position sei gewollt. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sei im Rahmen des Besetzungsermessens ein tragfähiger Gesichtspunkt zugunsten der befristeten Anstellung, die nach der Vorstellung des Verordnungsgebers und der KMK regelhaft mit einem reduzierten Lehrdeputat versehen sei.
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Diese Erwägungen sind im Rahmen des hier - wie dargelegt - vorgeprägten Maßstabs bei der Befristung von Stellen im Eilverfahren (noch) ausreichend. Zwar verkennt die Antragsgegnerin die Anforderungen an ihre Darlegungspflicht, wenn sie sich - wie zunächst geschehen - auf den sinngemäßen Hinweis beschränkt, Abwägungsfehler seien nicht ersichtlich, da es ihr zunächst obliegt, die der Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen darzutun (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.02.2003 - NC 9 S 40/02 -). Die weiteren von der Antragsgegnerin vorgetragenen Gesichtspunkte entsprechen jedoch dem intendierten Ermessen, das bei Befristungsentscheidungen auszuüben ist. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in der Lehreinheit Vorklinische Medizin noch verhältnismäßig viele unbefristete Stellen vorhanden sind, liegt die von der Antragsgegnerin getroffene Befristungsentscheidung nahe. Sie dient ersichtlich der Ermöglichung eines regelmäßigen Austauschs des Personals und damit der Sicherung von Innovation in Forschung und Lehre an den Hochschulen. Dass die Stelle bislang unbefristet ausgestaltet war, lag ersichtlich in der Person des Stelleninhabers begründet. Dass die Antragsgegnerin nach dessen Ausscheiden nunmehr eine Befristung der Stelle vornimmt, um sie wiederum mit wechselndem Personal besetzen zu können, ist angesichts dessen im Eilverfahren nicht zu beanstanden.
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6. Eine weitere Erhöhung des Lehrangebots kommt im Hinblick auf das Deputat des Lehrpersonals im Eilverfahren nicht in Betracht.
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In Bezug auf mögliche Lehrleistungen von Drittmittelbediensteten hat die Kammer in den Hauptsacheverfahren des Vorjahres nicht feststellen können, dass Drittmittelbedienstete tatsächlich in der Lehre eingesetzt werden. Eine Lehrverpflichtung kommt ihnen in Baden-Württemberg nicht zu. Auf die diesbezüglichen Rechtsausführungen in den Urteilen der Kammer vom 17.03.2005 - NC 6 K 296/04 - wird verwiesen.
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Die Kammer hat in den zitierten Hauptsacheverfahren auch nicht feststellen können, dass Stellen für befristet beschäftigte Wissenschaftliche Mitarbeiter widmungswidrig besetzt sind; auch für den hier zu beurteilenden Berechnungszeitraum ist dies nicht ersichtlich. Soweit einzelne Vertreter der Antragstellerseite rügen, von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung werde durchweg übersehen, dass es eine wirksame Neuregelung des § 57 f Abs. 2 HRG erst seit dem 31.12.2004 gebe, nachdem das BVerfG zunächst das 5. HRGÄndG (Urteil vom 27.07.2004 - 2 BvF 2/02 -, NJW 2004, 2803) und später teilweise das 6. HRGÄndG (Urteil vom 26.01.2005 - 2 BvF 1/03 -) für nichtig erklärt habe, sodass sämtliche zwischen dem 08.08.2002 und dem 30.12.2004 geschlossenen - auf § 57 f Abs. 2 HRG gestützten - Arbeitsverträge nicht wirksam befristet seien, rechtfertigt dies hier keine andere Beurteilung. Schon in tatsächlicher Hinsicht ist - wie das Gericht bereits in den Hauptsacheverfahren des Vorjahres festgestellt hat - nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin in der fraglichen Zeitspanne für die Vorklinische Lehreinheit auf § 57 f Abs. 2 HRG gestützte befristete Verträge überhaupt abgeschlossen hat. Im Übrigen würde eine „versehentliche“, nicht vom beiderseitigen Parteiwillen getragene unbefristete Besetzung einer Stelle wohl nichts an der - kapazitätsrechlich entscheidenden - Widmung der Stelle für befristet beschäftigte Mitarbeiter ändern.
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7. Die von der Antragsgegnerin bereits im Vorjahr vorgenommene Verlagerung der in der Abteilung für Medizinische Soziologie und Medizinische Psychologie nach - kapazitätsrechtlich bislang nicht begründeter - Streichung der Abteilungsleiterstellen verbleibenden Stellen in die klinische Lehreinheit ist auch für das hier zu beurteilende Studienjahr jedenfalls im Eilverfahren wiederum (noch) nicht zu beanstanden. Die Kammer hat auch für das Studienjahr 2005/2006 eine Vergleichsberechnung durchgeführt, die - fiktiv - von einem Verbleib der betroffenen Stellen in der Lehreinheit ausgeht und dies auch auf Lehrnachfrageseite berücksichtigt. Nachdem der Abteilung im Studienjahr 2004/2005 umfängliche Lehraufträge zugute gekommen sind, die damals aufgrund der Regelung des § 10 KapVO VII in die in vergleichbarer Weise bereits im Vorjahr vorgenommene Vergleichsberechnung nicht haben eingestellt werden können, lag nahe, dass der Vergleich nunmehr anders ausfallen könnte; für das Studienjahr 2005/2006 sind nämlich die im Berechnungszeitraum 2004/2005 vorhandenen Lehraufträge in die Berechnung einzubeziehen. Im Eilverfahren lässt sich ein Kapazitätsabbau durch die Verlagerung jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit annehmen, auch wenn im Tatsächlichen erhebliche Zweifel bestehen:
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Die zuvor in der Vorklinischen Lehreinheit vorhandenen (und nunmehr verschobenen) 6 Planstellen hatten eine Lehrverpflichtung von zusammen 39 SWS. Addiert man diese zu dem bereinigten Lehrangebot des Kapazitätsberichts - ohne jegliche gerichtliche Korrekturen im Übrigen - hinzu, so ergibt sich ein bereinigtes Lehrangebot von 264,5 + 39 = 303,5 SWS. Weiterhin sind fiktiv die der Abteilung für Veranstaltungen der Vorklinik im Studienjahr 2004/2005 tatsächlich zugute gekommenen Lehrauftragsstunden hinzuzuzählen, die die Antragsgegnerin selbst auf Anfrage mit 12,2 SWS, pro Semester also 6,1 SWS, angibt (fiktives Gesamtlehrangebot danach: 303,5 + 6,1 = 309,6 SWS).
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Demgegenüber ist auf Lehrnachfrageseite der CAp um diejenigen Anteile zu erhöhen, die auf den Leistungen der Abteilung beruhen, die derzeit als „klinischer Import“ erbracht werden (0,2183 + 0,15 für 3 Integrierte Seminare), sodass der CAp der Vorklinik damit auf 1,4738 + 0,2183 + 0,15 = 1,8421 steigt. Andererseits hat die Kammer in den Zulassungsverfahren der Zahnmedizin für das Wintersemester 2004/2005 Kenntnis davon erhalten, dass ein Zahnmediziner (Dr. E. L.) seinerseits wiederum Lehrleistungen in Höhe von 16 Stunden in das von der Abteilung verantwortete Seminar „Mit 66 Jahren...“ exportiert, was nach Angaben der Antragsgegnerin einem CNW-Anteil von 0,0041 entspricht (vgl. Anlage B 6 zum Schreiben des Antragsgegnervertreters vom 30.09.2005 - Zahnmedizin), der bei der Vergleichsberechnung in Abzug zu bringen ist (1,8421 - 0,0041 = 1,8380). Ferner geht aus der Lehrveranstaltungsübersicht der Abteilung im Internet
(http://sip.medizin.uni-ulm.de/studium_lehre/veranstaltungen.html)
hervor, dass der „Kursus der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie“ tatsächlich mit einer Gruppengröße von g = 20 durchgeführt wird, während in der Kapazitätsberechnung mit g = 15 gerechnet wird. Unklar bleibt in dieser Lehrveranstaltungsübersicht auch der konkrete Ablauf des Seminars „Schmerz lass` nach!“, das in 4 Gruppen abgehalten wird, was Zweifel an der Gruppengröße hervorrufen kann (g = 80 statt g = 20?).
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Selbst wenn man all diese Umstände kapazitätsrechtlich für berücksichtigungsfähig hält - was im Einzelnen rechtlich nicht zweifelsfrei ist und auch im Tatsächlichen eine weitere Aufklärung erfordern würde - und auch auf eine Verrechnung der Lehrauftragsstunden mit Stellenvakanzen verzichtet, so ergibt sich im Rahmen der Vergleichsberechnung bei Einsatz der dargelegten Parameter - jeweils in der für die Universität ungünstigsten Variante - folgende (fiktive) Zulassungszahl:
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309,6 SWS - 46,1381 SWS = 263,4619 SWS
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unber.
Lehrang.
Dienstl.-Exp. ber.
Lehrangeb.
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526,9238 SWS : (1,8380 - 0,0226 - 0,0375) = 296,3743 Studienplätze
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verdopp.
Lehrangeb.
CAp: Kursus g=20 1 Semin. g=80
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Diese fiktive Zulassungszahl entspricht der von der Hochschule errechneten (296,3652). Die Vergleichsberechnung fällt damit in diesem Studienjahr zwar nicht mehr so studienbewerbergünstig aus wie noch im Vorjahr, vielmehr zeigen die Zweifel im Tatsächlichen und die vorhandenen Lehraufträge nunmehr die Möglichkeit auf, dass durch die Ausgliederung der Abteilung aus der Vorklinik die Lehrleistung der in der Lehreinheit verbleibenden Abteilungen zum kapazitätsbestimmenden Engpass erhoben wird und bei der ausgegliederten Einheit ggf. ungenutzte Kapazität liegt (vgl. zu entsprechenden Erwägungen bei der Bildung einer reinen Dienstleistungseinheit VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.02.2000 - NC 9 S 39/99 -). Angesichts des Umstands, dass die Vergleichsberechnung mit zahlreichen noch unbeantworteten Rechtsfragen und auch mit - im Eilverfahren zeitnah nicht zu leistender - weiterer Sachaufklärung verbunden ist, können kapazitätsrechtliche Folgen einstweilen nicht gezogen werden. In Anbetracht der identischen errechneten Zulassungszahl ist die Verlagerung der Abteilung daher im Eilverfahren auch für den hier zu beurteilenden Berechnungszeitraum kapazitätsrechtlich nicht zu beanstanden.
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8. Der von der Antragsgegnerin angesetzte Dienstleistungsexport bedarf der Korrektur.
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a) Der - erstmals in diesem Studienjahr - in die Berechnung eingestellte Dienstleistungsexport für den zum Wintersemester 2003/2004 neu eingerichteten Studiengang Molekulare Medizin (Bachelor) kann kapazitätsrechtlich im Eilverfahren nicht anerkannt werden. Für diesen Studiengang hat die Antragsgegnerin ein „Praktikum der Physiologie“ (v = 5,1 SWS; Anrechnungsfaktor 0,5; g = 15; CAq = 5,1 x 0,5 / 15 = 0,1700 SWS) sowie ein „Biochemisches und Molekularbiologisches Blockpraktikum“ (v = 6 SWS; folglich CAq = 6 x 0,5 / 15 = 0,2 SWS) angesetzt und damit unter Zugrundelegung einer Studienanfängerzahl von 25 Studierenden einen Export von CAq x Aq / 2 = 0,3700 x 25 / 2 = 4,6250 SWS errechnet.
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Mit der Einrichtung des Studienganges bzw. seiner nunmehr - nach Besetzung aller Kohorten - vorgenommenen Einstellung in die Kapazitätsberechnung wird das Lehrangebot der Lehreinheit Vorklinische Medizin in Anspruch genommen und die dort bisher vorhandene Lehrkapazität vermindert. Auf diese Weise gehen - im Ergebnis nicht anders als z. B. durch Stellenumwidmungen - in einem Studienfach mit absolutem Numerus clausus Studienplätze verloren, die stattdessen in einem anderen Fach angeboten werden. Eine solche Umstrukturierung des Lehrangebots ist kapazitätsrechtlich nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die Einrichtung eines neuen Studiengangs an einer Hochschule ist eine bildungs-, wissenschafts- und wirtschaftspolitische Entscheidung, die an übergeordneten Zielen der Gemeinschaft orientiert ist und nicht allein deshalb in Frage gestellt werden kann, weil der neue Studiengang bei etablierten Studiengängen dort kapazitätssenkend Lehraufwand in Form von Dienstleistungen nachfragt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.02.2004 - 13 C 1283/04 -). Die Hochschulen müssen flexibel und offen für Innovationen bleiben können, auch wenn Studiengänge mit absolutem Numerus clausus betroffen sind. Andererseits aber ist ein Abbau des für das harte Numerus-clausus-Fach Medizin verfügbaren Anteils am Lehrangebot unter dem Blickpunkt von Art. 12 GG rechtlich in hohem Maße problematisch, denn der absolute Numerus clausus belastet die Berufszugangsfreiheit ohnehin schon bis an die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen. Das in einem Studienfach mit absolutem Numerus clausus vorhandene Lehrangebot kann deshalb keinesfalls beliebig verkürzt werden. Jedenfalls darf die Umlenkung nicht ohne eingehende Abwägung ihrer Auswirkungen - vergleichbar der Abwägung bei Stellenstreichungen bzw. -verlagerungen - vorgenommen werden, in die der Abbau von Studienmöglichkeiten in einem dem absoluten Numerus clausus unterliegenden Studienfach mit dem ihm verfassungsrechtlich zukommenden erheblichen Gewicht einzubeziehen ist (vgl. zu alledem nur OVG Bremen, Beschluss vom 10.03.1997 - 1 B 1/97 -, ). Die Hochschule hat dabei die Belange der Studienplatzbewerber zu berücksichtigen und gegen die übrigen in Forschung, Lehre und Studium betroffenen Interessen willkürfrei auf der Grundlage eines vollständigen Sachverhalts abzuwägen (Bayer. VGH, Beschluss vom 19.02.1999 - 7 ZE 98.10059 -; Beschluss vom 15.10.2001 - 7 CE 01.10005 -; VG Ansbach, Beschluss vom 13.11.2001 - AN 2 E 01.10031 u.a. -). Sorgfältig zu prüfen und auszuschöpfen sind außerdem alle Möglichkeiten, für das aus dem Studiengang mit absolutem Numerus clausus abgezweigte Lehrangebot einen (rechnerischen) Ausgleich zu schaffen. Bei alledem ist das Gericht nicht auf eine bloße Willkürkontrolle beschränkt (vgl. VG Ansbach, a.a.O.).
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Eine Abwägung dieser Art hat offenkundig nicht in hinreichender Weise stattgefunden, jedenfalls hat die Antragsgegnerin eine solche auch auf Anforderung nicht in der erforderlichen Weise dargelegt.
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Die Universität hat insoweit ausgeführt, beim Studiengang Molekulare Medizin handele es sich um einen hochinnovativen „kleinen“ Studiengang, dessen Lehrbedarf zu einem erheblichen Teil über Importleistungen anderer Lehreinheiten zur Verfügung gestellt werde. Der Einrichtung des Studienganges liege ein entsprechender Senatsbeschluss vom 12.12.2002 sowie eine Genehmigung des Ministeriums (vom 14.04.2003, Anlage B 11 zum Schriftsatz des Antragsgegnervertreters vom 10.10.2005) zugrunde. Das Ministerium ging dabei davon aus, dass die Durchführung des Studiengangs auf Dauer mit den vorhandenen Ressourcen erfolgen könne. Die Antragsgegnerin trägt weiter vor, bereits bei der Einrichtung des Studiengangs habe aufgrund der gewollten inhaltlichen Verzahnung mit der Medizin festgestanden, dass ein gewisser Anteil des Lehrangebots aus fachspezifischen Gründen von der Lehreinheit Vorklinische Medizin zu erbringen sei. Angesichts der überschaubaren Größe des Studienganges sei die damit verbundene Kapazitätsbeeinträchtigung im Studiengang Humanmedizin für vertretbar angesehen worden, zumal im ebenfalls zulassungsbeschränkten Studiengang Molekulare Medizin neue Kapazitäten geschaffen würden. Das Land habe kein zusätzliches Lehrpersonal bzw. Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt, sodass zwangsläufig das Lehrangebot an anderer Stelle habe zurückgenommen werden müssen. Die Einrichtung des neuen Studiengangs sei seitens der Universität und seitens des Ministeriums wohl erwogen worden. Es sei nicht ersichtlich, dass hier Belange der Studienbewerber willkürlich zurückgesetzt worden seien. Die Einrichtung des neuen Studiengangs stelle sich vielmehr als eine komplexe, von zahlreichen planerischen, haushaltsspezifischen und wissenschaftsbezogenen Wertungen und Abwägungen abhängige Ermessensentscheidung dar, welche die Universität unter Beachtung der Interessen der Studienbewerber und der übrigen in Forschung, Lehre und Studium berührten Belange getroffen habe. Dies zeige sich auch an der überaus maßvollen Zulassungszahl von 25 Studienanfängern. Dass für den neu eingerichteten Studiengang kein Curricularnormwert normiert worden sei, stehe dem Ansatz eines Dienstleistungsexports nicht entgegen. Der Unterricht werde auf der Grundlage einer förmlich beschlossenen und praktizierten Studienordnung angeboten. Erfahrungswerte, die die Festsetzung eines CNW ermöglichten, seien nicht vorhanden.
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Ferner hat die Kammer den Vortrag der Antragsgegnerin in einem auf Zulassung zum Studiengang Molekulare Medizin gerichteten Kapazitätsrechtsstreit (NC 6 K 286/05) auch zum Gegenstand der Eilverfahren zum Studiengang Humanmedizin gemacht, denselben in die Generalakte aufgenommen und den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin davon in Kenntnis gesetzt. Dort hat die Antragsgegnerin weiter ausgeführt, der Dienstleistungsexport reduziere die Aufnahmekapazität in der Vorklinik um 6 Studienplätze. Demgegenüber erhöhe sich aber die Studierendenzahl in der Medizinischen Fakultät um 25 Molekularmediziner, sodass ein positives Saldo von 19 zusätzlichen Studienplätzen zu verzeichnen sei. Die Beeinträchtigung der vorklinischen Kapazität falle sehr gering aus. Im Übrigen messe die Universität der Einrichtung des zukunftsträchtigen Studiengangs Molekulare Medizin eine höheres Gewicht bei als dem Verlust von 6 Studienplätzen in der Humanmedizin. Zugleich heißt es im Weiteren, das Studium der Molekularen Medizin sei in den ersten vier Semestern des Grundstudiums weit gehend identisch mit dem Studiengang Humanmedizin, weshalb in dieser Phase die Belastung der Lehreinheit Vorklinische Medizin besonders hoch sei. In einem als Anlage vorgelegten undatierten „Memorandum zur Einführung des Bachelor-Master-Studiengangs `Molekulare Medizin`“, das offenkundig von der Medizinischen Fakultät stammt und im Vorfeld der Genehmigung des Studiengangs an die beschließenden Gremien der Universität gerichtet war, heißt es, der Studiengang richte sich an Interessenten, die zwar in der Medizin, nicht jedoch in der unmittelbaren Patientenbetreuung tätig sein wollen. Die Absolventen sollten auf Tätigkeiten insbesondere an Universitäten, Forschungseinrichtungen und in der forschenden bzw. entwickelnden pharmazeutischen und diagnostischen Industrie vorbereitet werden. Nr. 9 des Memorandums lautet wie folgt:
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„(...) Die Einführung des Studiengangs „Molekulare Medizin“ hat keine kapazitätsmindernden Auswirkungen auf die Studiengänge Human- und Zahnmedizin. Mit diesem Studiengang erbringt die Medizinische Fakultät über die Kapazität hinaus zusätzliche Lehrleistungen.“
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Insbesondere angesichts des im Memorandum enthaltenen Vermerks kann von einer hinreichenden Abwägung aller Belange nicht ausgegangen werden. Offenkundig lag den entscheidenden Gremien bei der Beschlussfassung eine falsche Entscheidungsgrundlage vor. Sollten diese nämlich bei der Einrichtung des Studiengangs angenommen haben, dass die Lehrleistungen der Vorklinik zugunsten des neuen Studiengangs überobligatorisch erbracht würden und dort keine Kapazität „kosteten“, so bestand mangels Interessenberührung überhaupt keine Veranlassung, Belange und Teilhaberechte von Studienbewerbern mit in den Blick zu nehmen. In Anbetracht des Umstands, dass die Universität anfänglich auch auf eine Geltendmachung der Exportleistungen verzichtete und diese erst jetzt in die Berechnung einstellt, nachdem der Studiengang in allen Semesterkohorten durchgeführt wird, ergibt der Vermerk im Memorandum auch - für den damaligen Zeitpunkt - einen Sinn, da damals tatsächlich - jedenfalls rechnerisch - keine Kapazität in Anspruch genommen werden sollte bzw. in Anspruch genommen wurde. Jedoch wäre es dann in dem Zeitpunkt erforderlich gewesen, die erforderliche Abwägungsentscheidung vorzunehmen, als die Entscheidung über die kapazitätsrechtliche Geltendmachung als Dienstleistungsexport getroffen wurde. Dass die Universität die Kapazitätseinbuße von vorneherein für vertretbar angesehen hat - wie der Antragsgegnervertreter vorträgt -, kann angesichts des Inhalts des Memorandums, das von einer Kapazitätseinbuße gerade nicht ausgeht, nicht angenommen werden.
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Auch im Übrigen - falls die Hochschule tatsächlich in eine Abwägung eingetreten sein sollte - ist nicht erkennbar, dass die Belange der Studienbewerber hinreichend berücksichtigt worden sind. Insoweit ist zunächst mit Blick auf den Vortrag des Antragsgegnervertreters darauf hinzuweisen, dass es nicht genügt, lediglich zu behaupten, es sei nicht ersichtlich, dass Belange der Studienbewerber willkürlich zurückgesetzt worden seien; vielmehr hat die darlegungspflichtige Hochschule die tragenden Erwägungen ihrer Abwägungsentscheidung auf Anforderung im Einzelnen darzulegen. Insoweit konzentrieren sich die Ausführungen der Antragsgegnerin jedoch stark auf lediglich eine Seite des Abwägungsmaterials, nämlich die für die Einrichtung des neuen Studiengangs sprechenden Gesichtspunkte. Es ist im Grundsatz nicht zu beanstanden, dass die Universität der Einrichtung eines zukunftsträchtigen Studiengangs höheres Gewicht beimisst und den Verlust von Studienplätzen in der Vorklinik des Studiengangs Humanmedizin hinnimmt. Voraussetzung ist jedoch, dass sie zuvor die entstehenden Kapazitätsverluste rechnerisch ermittelt und nach Möglichkeiten sucht, dieselben zu vermeiden oder zumindest gering zu halten, und dass sie sich letztlich in Kenntnis des damit ggf. verbundenen Kapazitätsverlustes bewusst zu einer konkreten Entscheidungsalternative bekennt.
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Dass den beschließenden Gremien der Hochschule die volle Tragweite der Entscheidung im Hinblick auf die Reduzierung der Studienplätze im Studiengang Humanmedizin - auch größenordnungsmäßig - bekannt gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Insgesamt sind die Vorteile im einen Bereich nicht den gravierenden Nachteilen im anderen Bereich gewichtend und abwägend gegenübergestellt worden. Es ist auch nicht erkennbar oder dargelegt, dass Handlungsalternativen diskutiert und erwogen worden sind. So käme etwa neben der Vergabe von zusätzlichen Lehraufträgen auch in Betracht, einzelne Veranstaltungen bei anderen Lehreinheiten nachzufragen (ein molekularbiologisches Blockpraktikum, wie es für die Molekulare Medizin geltend gemacht wird, wird beispielsweise auch von der Naturwissenschaftlichen Fakultät angeboten; Nr. BIO 5949 im VVZ).
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Die erforderliche differenzierende Abwägung kann auch nicht wegen der relativ geringen Zahl der dem Studiengang Medizin entzogenen Studienplätze als entbehrlich angesehen werden. Es geht um den Wegfall von ca. 6 Medizin-Studienplätzen. Abgewiesene Studienbewerber können das erstrebte Studium in dem absoluten Numerus clausus-Fach auch an anderen Orten im Bundesgebiet nicht aufnehmen. Aus diesen Gründen hat schon der Wegfall weniger Studienplätze erhebliches Gewicht und kann allenfalls gerechtfertigt werden, wenn er unabwendbar ist und überwiegenden Ausbildungszielen dient (vgl. OVG Bremen, a.a.O.). Das alles ist bisher weder hinreichend geprüft noch in seinem Problemgehalt den zuständigen Entscheidungsgremien unterbreitet worden. Dem kann auch nicht ohne Weiteres entgegen gehalten werden, der Sache nach finde eigentlich gar kein Kapazitätsabbau statt, sondern es gebe aufgrund des (auch) medizinischen Ausbildungsinhalts des neuen Studiengangs im Saldo einen Zuwachs an Studienplätzen in der Medizin. Diese Argumentation lässt außer acht, dass der Bachelor im Fach Molekulare Medizin eine spätere berufliche Krankenversorgung - die Kernaufgabe des approbierten Arztes - nicht ermöglicht. Nach alledem muss derzeit auf die Anrechnung des Lehrexports für Molekulare Medizin verzichtet werden.
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Angesichts dessen kann im Eilverfahren auch offen bleiben, ob die für den Studiengang Molekulare Medizin - der kein eigenes Lehrpersonal hat und sich (quasi als „passive Dienstleistungseinheit“, vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.02.2000 - NC 9 S 39/99 -) nur aus Dienstleistungen anderer Lehreinheiten speist - erbrachten Lehrleistungen der Lehreinheit Vorklinische Medizin als Dienstleistungsexport kapazitätsrechtlich zutreffend erfasst sind oder ob der Studiengang einer (ggf. welcher?) Lehreinheit zuzuordnen ist, sodass die Lehrleistungen über die Bildung des Curricularfremdanteils einzustellen sein könnten. Ebenso bedarf die Frage keiner Entscheidung, ob ein Curricularnormwert für den importierenden Studiengang festgesetzt sein muss.
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b) Die vorstehenden Erwägungen gelten sinngemäß auch weitgehend für den Dienstleistungsexport zugunsten des ebenfalls neu zum Wintersemester 2002/2003 eingerichteten Studiengangs Biochemie (Bachelor/Master). Für diesen Studiengang hat die Antragsgegnerin ein „Praktikum der Biochemie/Molekularbiologie“ (v = 6 SWS; Anrechnungsfaktor f = 0,5; g = 15; CAq = 6 x 0,5 / 15 = 0,2000 SWS) sowie ein „Großpraktikum Biochemie“ (v = 12 SWS; folglich CAq = 12 x 0,5 / 15 = 0,4 SWS) angesetzt und damit unter Zugrundelegung einer Studienanfängerzahl von 25 Studierenden einen Export von CAq x Aq / 2 = 0,6000 x 25 / 2 = 7,5 SWS errechnet.
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Auch insoweit hat die Antragsgegnerin - nach gerichtlicher Aufforderung - lediglich eine Seite des Abwägungsmaterials ausführlich dargelegt, nämlich die Bedeutung des neuen Studiengangs für die Hochschule. Sie hat nur behauptet, dass sie eine Interessenabwägung mit den Belangen der Studienbewerber vorgenommen habe, nicht aber im Einzelnen dargelegt, wie diese Abwägung im Einzelnen aussah, welche Belange eingestellt und wie sie gewichtet wurden. Ihrer diesbezüglichen Darlegungsobliegenheit genügt sie damit nicht. Inwieweit sie versucht hat, Kapazitätsverringerungen soweit als möglich - etwa durch Inanspruchnahme anderer Lehreinheiten oder durch Vergabe zusätzlicher Lehraufträge - zu vermeiden, ergibt sich aus ihrem Vortrag nicht.
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Im Hinblick auf die einzelnen Lehrveranstaltungen für diesen Studiengang ist - lediglich ergänzend - auf Folgendes hinzuweisen: Das Großpraktikum Biochemie ist ausweislich des Studienplans zur Studien- und Prüfungsordnung der Universität Ulm für den Bachelor-/Masterstudiengang Biochemie vom 05.05.2003 im 8. Fachsemester - also bereits im Masterstudium - als „Block (Labor) wahlweise in den an den Veranstaltungen des Studiengangs beteiligten Abteilungen“ zu absolvieren. Beteiligt in diesem Sinne sind neben der Medizin auch die Lehreinheiten der Biologie, der Chemie und der Physik/Mathematik. Es bestehen daher erhebliche Bedenken, die volle Studienanfängerzahl (25) als Aq für diese Veranstaltung anzusetzen und nicht nur - prognostisch - die erheblich geringere Zahl derjenigen Studierenden, die sich voraussichtlich für die medizinische Veranstaltung entscheiden.
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c) Für den Diplomstudiengang Biologie hat die Antragsgegnerin zum Einen - wie bislang - 1,5 SWS für die Vorlesung „Einführung in die Biochemie für Biologen“ (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.09.1982 - NC 9 S 1141/82 - u. a.) in Ansatz gebracht, was nicht zu beanstanden ist.
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Abweichend von der bisherigen Praxis hat sie jedoch den weiteren Dienstleistungsexport an diesen Studiengang rechnerisch erhöht. In der Vergangenheit hatte sie insoweit durchgehend mit einem CAq von 0,2333 gerechnet. Dieser Wert galt bislang für das „Biochemische Praktikum für Biologen“, für das der VGH Baden-Württemberg bereits in seinem das Wintersemester 1981/82 betreffenden Beschluss vom 30.09.1982 - NC 9 S 1416/82 u.a. - den Curricularanteilswert ermittelt hat. Der VGH ging bei der Berechnung davon aus, dass das Praktikum mit den Einsatzwerten v = 7 SWS, f = 0,5 und g = 15 abgehalten werde und errechnete so den CAq von 7 x 0,5 / 15 = 0,2333. Weiter ging er davon aus, dass es sich bei dem Fach Biochemie um ein Wahlpflichtfach des Studiengangs Biologie (Diplom) handele und dass deshalb als Studienanfängerzahl des fremden Studienganges (vgl. § 11 Abs. 2 KapVO VII), mit welcher der CAq zur Ermittlung des durch die Dienstleistung eingetretenen Deputatsverbrauchs zu vervielfachen ist, die Zahl von Studierenden des Studiengangs Biologie (Diplom) anzusetzen sei, die sich für das Wahlpflichtfach voraussichtlich entscheiden werden und nicht die in der ZZVO für den Studiengang insgesamt festgesetzte (höhere) Zulassungszahl (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.12.1982 - NC 9 S 962/81 -).
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Nunmehr hat die Antragsgegnerin eine neue, konkrete Berechnung des Dienstleistungsexports vorgenommen und neben dem „Biochemischen Praktikum für Naturwissenschaftler“ (v = 6 SWS) zusätzlich auch ein „Seminar Biochemie“ (v = 2; f= 1; g = 20) in Ansatz gebracht. Damit unterscheidet sich die Exportberechnung der Sache nach im Vergleich zu den Vorjahren lediglich darin, dass das Biochemische Praktikum um 1 SWS verkürzt und zusätzlich das Seminar geschaffen wurde; der CAq steigt dadurch von 0,2333 auf 0,3000.
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Die von der Antragsgegnerin vor Beginn des Berechnungszeitraums gemäß § 11 Abs. 2 KapVO VII getroffene Prognose einer Teilnehmerzahl von 70 (10 mehr als im Vorjahr) für das biochemische Praktikum stellt das Gericht im Eilverfahren nicht in Frage, auch wenn insoweit durchaus Bedenken bestehen, nachdem die in der ZZVO festgesetzte Zulassungszahl im Vergleich zum Vorjahr nahezu gleich geblieben ist bzw. sich sogar von 79 auf 78 verringert hat. Warum sich die prognostizierte Teilnehmerzahl erhöht, während gleichzeitig die Gesamtzahl der Biologie-Studienanfänger sinkt, ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, eine nähere Aufklärung kann jedoch allenfalls in einem Hauptsacheverfahren erfolgen.
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Im Hinblick auf das Seminar Biochemie ist der Kammer aber nicht deutlich, dass die Lehreinheit dieses „zu erbringen hat“ (§ 11 Abs. 1 KapVO VII) und wie sich die diesbezügliche Prognose eines Aq von 70 rechtfertigt. Auf telefonische Anfrage des Berichterstatters, wo das Seminar im Studienplan zu finden sei und wer die Lehrleistung erbringe, hat die Antragsgegnerin dazu ausgeführt, die Seminare Biochemie seien als Wahlpflichtveranstaltungen „Bestandteil der Module im Hauptstudium Biologie (z.B. Seminar `Mikrobiologie I`, `Aktuelle Probleme in der Endokrinologie` oder `Aktuelle Probleme aus Biochemie und Molekularbiologie`)“. Ausweislich der Vorlesungsverzeichnisses werden diese Veranstaltungen jedoch nicht von der Vorklinischen Lehreinheit angeboten (Nrn. BIO 5614, BIO 6112 und BIO 6213). Selbst wenn einzelne Veranstaltungen von der Vorklinik erbracht werden sollten, so wäre diesbezüglich ein Aq von 70 keinesfalls gerechtfertigt, sondern allenfalls ein solcher, der die voraussichtliche Zahl der die Veranstaltung wählenden Studierenden realistisch widerspiegelt.
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Da im Eilverfahren ein geeigneter Substitutionswert für die Prognoseentscheidung der Hochschule fehlt, hält es die Kammer bei vorsichtiger Betrachtungsweise für angemessen, den angesetzten CAq nicht um den vollen Wert des Seminars (0,1000) zu reduzieren und auch den Aq nicht zu kürzen. Vielmehr erscheint es angebracht, für den Biologie-Export einstweilen insgesamt weiter mit dem seit Jahren angewandten Wert von 0,2333 zu rechnen, sodass sich insoweit ein Export von 0,2333 x 70 / 2 = 8,1655 SWS ergibt.
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d) Der Dienstleistungsexport zugunsten der Zahnmedizin ist im Eilverfahren rechtlich nicht zu beanstanden. Die Herabsetzung des CAq von 0,8667 auf 0,8005 (in Abwendung vom Beispielstudienplan der „Marburger Analyse“) ist studienbewerbergünstig. Die Annahme einer Studienanfängerzahl von 55 - statt der in der ZZVO 2005/2006 festgesetzten Zahl von 51 - beruht auf dem Umstand, dass die Kapazitätsberechnung für den Studiengang Humanmedizin vor derjenigen des Studiengangs Zahnmedizin erstellt worden ist und die Antragsgegnerin als Grundlage für die Studienanfängerzahl nur diejenige des Vorjahres (55) hatte. Die Kammer stellt die Prognose insbesondere auch in Anbetracht der übrigen umfangreichen Korrekturen an der Kapazitätsberechnung einstweilen nicht in Frage. Auch wenn dabei offenkundig Doppelstudierende nicht in Abzug gebracht worden sind und die Zulassungszahl überschritten worden ist, ist die Zahl nicht von vorneherein vollkommen unrealistisch, da sie zumindest durch gerichtliche Zulassungen oder freiwillige Überbuchungen noch erreicht werden kann.
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e) Es ergeben sich damit insgesamt - abzüglich der nicht anzuerkennenden Exporte für Biochemie und Molekulare Medizin - folgende Dienstleistungen:
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Biologie: |
0,2333 x (70 : 2) = |
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Biologie Vorlesung: |
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Zahnmed.
:
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0,8005 x (55 : 2) = |
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Summe |
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9. Auf der Lehrnachfrageseite ist der Ansatz einer Gruppengröße von g = 180 für Vorlesungen auch weiterhin zu korrigieren. Mit Urteilen vom 17.03.2005 - NC 6 K 396/04 u.a. - hat die Kammer der Antragsgegnerin ihre Rechtsauffassung ausführlich dargelegt, weshalb eine satzungsrechtliche Regelung der Betreuungsrelation für Vorlesungen nach Wegfall des ZVS-Beispielstudienplans und der Neugestaltung des Ausbildungsrechts erforderlich gewesen wäre und weshalb die - ohne diese satzungsrechtliche Regelung - erfolgte systemwidrige Übernahme der Gruppengröße g = 180 in das Beziehungsgeflecht der Studienplanverhältnisse der Antragsgegnerin eine gerichtliche Ersetzung der Eigenanteilsbildung erfordert. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird wegen der Einzelheiten der Begründung auf die der Antragsgegnerin bekannten Urteile der Kammer verwiesen. Eine entsprechende Satzung hat die Antragsgegnerin zwischenzeitlich nicht erlassen. Die Ausführungen der Kammer in den zitierten Urteilen beanspruchen daher weiter Gültigkeit. Im Rahmen der gerichtlichen Substitution der Eigenanteilsbildung ist mit einer unbeschränkten Gruppengröße (g = ∞) zu rechnen und der Vorlesungsanteil der Lehreinheit (27 SWS) damit auf Lehrangebotsseite vom Jahreslehrangebot abzuziehen.
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Die Kammer weist in diesem Zusammenhang nochmals darauf hin, dass sie es nicht für vertretbar hielt, mit der Entscheidung bis zu einer - ggf. rechtskräftigen - Äußerung des VGH Baden-Württemberg, der sich in den anhängigen Berufungsverfahren zum Studienjahr 2004/2005 mit dieser Rechtsfrage auseinandersetzen wird, zuzuwarten, nachdem die Antragsgegnerin die gesamte Bewerberkonkurrenz durch den Erlass von Ablehnungsbescheiden in kostenpflichtige Klageverfahren zwingt, in denen der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin auch auf außerprozessuale Anfrage von Antragstellervertretern nicht bereit ist, auf eine Antragstellung zu verzichten.
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10. Soweit einzelne Antragstellervertreter Lehrpersonen der Lehreinheit Klinisch-praktische Medizin in das Lehrangebot der Vorklinik einbeziehen wollen - was diese jedoch noch nicht zu Lehrpersonen der Vorklinik machen kann und deshalb allenfalls (als fiktiver klinischer Import) eine entsprechende Korrektur der Lehrnachfrageseite zur Folge haben könnte - und zur Begründung auf § 5 Abs. 1 LVVO abstellen, folgt die Kammer dem im Eilverfahren nicht. Nach dieser Bestimmung verringert sich die Lehrverpflichtung einer Lehrperson nach Feststellung durch die Fakultät oder den Fachbereich insoweit, als sie diese in ihrem Aufgabenbereich wegen eines Überangebots in der Lehre nicht erfüllen kann. Ob derartige Feststellungen der Fakultät für einzelne Lehrpersonen der Klinik vorliegen oder ob es tatsächlich „ungenutztes“ Lehrangebot in der Klinik gibt, bedurfte im Eilverfahren keiner weiteren Aufklärung. Nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (vgl. nur Beschlüsse vom 23.11.2004 - NC 9 S 298/04 und vom 24.08.2005 - NC 9 S 29/05 - unter Verweis auf die Rechtsprechung der OVGe Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt; Bayer. VGH, Beschluss vom 08.07.2004 - 7 CE 04.10017 u.a. -) fordert auch die ausbildungsrechtliche Verknüpfung von vorklinischen und klinischen Lehrinhalten nicht den Einsatz von klinischen Lehrpersonen in der Vorklinik. Eine personelle Zwangsverflechtung oder eine irgendwie geartete Optimierungspflicht im Hinblick auf einen rationellen und effektiven lehreinheitenübergreifenden Einsatz des Lehrpersonals gibt weder das Ausbildungsrecht noch das Verfassungsrecht vor.
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11. Ob Korrekturen an der Schwundberechnung erforderlich sind, kann hier dahin stehen. Denkbare Änderungen führen jedenfalls im Eilverfahren nicht zu weiteren Studienplätzen. Die von der Antragsgegnerin übermittelten Belegungszahlen stellt die Kammer im Eilverfahren nicht in Frage. Ansatzpunkt für eine Korrektur könnte lediglich der Übergang vom 1. ins 3. Fachsemester zum Wintersemester 2003/2004 sein, als die Kohorte um 12 Studierende von 288 auf 300 anwuchs. Selbst wenn dies aber auf sog. „schwundfremden Faktoren“ beruhen sollte - wozu möglicherweise die zum 01.10.2003 erfolgte Erhöhung der Lehrverpflichtung für Professoren zählen könnte -, führte eine Eliminierung der Übergangsquote nicht zu einem negativen Schwund. Auch bei Ansatz einer Belegungszahl von 288 Studierenden im 3. Fachsemester des Wintersemesters 2003/2004 ergibt sich nämlich ein Schwundfaktor von 1,000, der eine Korrektur des Berechnungsergebnis ausschließt.
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III. Nach den dargelegten Korrekturen an der Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin ist sonach im Ergebnis das zu niedrig angesetzte Lehrangebot um jeweils 4 SWS für die beiden nicht anzuerkennenden Stellenstreichungen und um die zu Unrecht in Abzug gebrachten 4 SWS betreffend die formell fehlerhafte Deputatsermäßigung für den Prodekan auf insgesamt
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Nach Abzug des korrigierten Dienstleistungsbedarfs ergibt sich folglich ein bereinigtes Lehrangebot von
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276,5 - 31,6786 = 244,8214 SWS.
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Von diesem bereinigten Lehrangebot ist nach dessen Verdopplung, wenn man mit einer unbeschränkten Hörerzahl bei Vorlesungen rechnet, aufgrund des Gebots der Bilanzierungssymmetrie von Lehrangebot und Lehrnachfrage ein Vorlesungsanteil von 27 SWS abzuziehen, sodass sich ein Gesamtjahreslehrangebot von
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Dieses Lehrangebot ist durch den korrigierten und wie folgt zu errechnenden CAp zu teilen:
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| v |
| V |
| V |
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| Vorl. |
vx1:∞ |
Prakt. |
vx0,5:15 |
Sem. |
vx1:20 |
CAp |
Anatomie Sem. |
4 |
0 |
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| 1,7143 |
0,0857 |
0,0857 |
Makrosk.
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2 |
0 |
8,1429 |
0,2714 |
|
| 0,2714 |
Mikrosk.
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3 |
0 |
3,7143 |
0,1238 |
|
| 0,1238 |
Physiol. |
8 |
0 |
5,1429 |
0,1714 |
2 |
0,1000 |
0,2714 |
Biochem. |
10 |
0 |
5,1429 |
0,1714 |
2 |
0,1000 |
0,2714 |
Seminare nach § 2 ÄAppO |
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| 6 |
0,3000 |
0,3000 |
SUMME |
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| 1,3237 |
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462,6428 : 1,3237 = 349,5073,
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aufgerundet 350 Studienplätze. Die Antragsgegnerin hat die Aufnahmekapazität mit 300 festgesetzten Plätzen folglich nicht ausgeschöpft. Nachdem die Antragsgegnerin 302 Studienplätze tatsächlich vergeben hat, ist die vorläufige Aufnahme weiterer 48 AntragstellerInnen möglich.
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Die vorläufig zu vergebenden Studienplätze sind Vollstudienplätze. Zwar ist nicht auszuschließen, dass es in der Klinisch-praktischen Medizin einen Engpass gibt, nachdem die Antragsgegnerin nunmehr wieder eine Kapazitätsberechnung für die Klinik erstellt hat, nach der ZZVO 2005/2006 eine Auffüllgrenze von 300 Studierenden für die Fachsemester des klinischen Studienabschnitts festgesetzt ist und bei der Kammer auch außerkapazitäre Eilverfahren auf vorläufige Zulassung in die klinischen Semester anhängig sind. Der Studienbewerber hat jedoch bereits im Eilverfahren einen Anspruch auf Prüfung seines vorrangigen Begehrens auf vorläufige Zuweisung eines Vollstudienplatzes, nachdem der Teilstudienplatz ein Aliud und kein Minus im Verhältnis zum Vollstudienplatz ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.1999 - NC 9 S 113/98 u.a. -). Eine kapazitätsrechtliche Prüfung eines klinischen Engpasses war der Kammer jedoch nicht möglich, da die Antragsgegnerin bis zum Zeitpunkt der Entscheidung - trotz mehrfacher Aufforderung in einzelnen Verfahren auf Zulassung in klinische Semester - die Kapazitätsberechnung für die Klinik nicht vorgelegt hat. Angesichts dessen konnte im Eilverfahren nur davon ausgegangen werden, dass ein Weiterstudium nach dem Physikum gesichert ist.
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IV. 1. Die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 27.10.2005 übersandte Losrangliste konnte nicht berücksichtigt werden. Einer Weiterleitung der Liste an die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerseite standen bereits datenschutzrechtliche Bedenken entgegen, nachdem die Liste nicht anonymisiert erstellt wurde und sämtliche Studienbewerber umfasst bzw. umfassen sollte, die bis zum 15.07.2005 einen außerkapazitären Bewerbungsantrag bei der Hochschule gestellt hatten. Konnte sie aber inhaltlich bereits nicht zum Gegenstand der anhängigen Verfahren gemacht werden, so scheidet bereits aus diesem Grund eine Vergabe nach den Rangplätzen dieser Liste aus. Im Übrigen weist die Kammer darauf hin, dass die Liste wohl auch unvollständig ist, da sie u.a. Bewerber für höhere Semester, die sich hilfsweise auch für das 1. Fachsemester beworben haben, - soweit ersichtlich - nicht berücksichtigt. Ferner dürfte es an einer Rechtsgrundlage für die Erstellung einer derartigen Liste fehlen, weshalb dort aussichtslos platzierte Antragsteller - nicht von vorneherein ohne Erfolg - rügen könnten, dass sie gegenüber Konkurrenten ohne Rechtsgrundlage benachteiligt worden sind und dass die Hochschule nur auf Anordnung des Gerichts insoweit tätig werden darf (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.12.1979 - NC IX 1214/79 -, ). Ob ein derartiges Vorlosverfahren generell - etwa für künftige Vergabeverfahren - ohne einen entsprechenden Zwischenbeschluss des Gerichts (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 23.08.1994 - 1 TG 2086/94 -, NVwZ-RR 1995, 302 und Schoch, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 123, Rn 164) möglich ist, bedarf hier jedoch keiner Entscheidung. Jedenfalls kann aus dem Umstand, dass der VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 17.08.1999 - NC 9 S 38/99 -) insoweit keine Beanstandungen vorgenommen hat, nicht ohne Weiteres auf die Zulässigkeit einer derartigen Verfahrensweise geschlossen werden, da auch eine aus der Sicht des Beschwerdegerichts rechtswidrig - etwa wegen eines möglichen Verstoßes gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz - erstellte Rangfolge eine faktische Bindungswirkung erzeugt, die auch im Beschwerdeverfahren ggf. nicht mehr reversibel ist.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Kammer hält es im Anschluss an den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden - Württemberg vom 03.04.2003 - NC 9 S 1/03 - (Tübingen/ Psychologie/ WS 2002/2003) im Eilverfahren auch weiterhin für geboten, die gleiche Loschance aller Bewerber mit einem zulässigen Eilantrag dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass in jedem Verfahren die Kosten im Verhältnis zusätzlicher Studienplätze zur Gesamtzahl der Bewerber abzüglich der Zahl der zusätzlichen Studienplätze aufgeteilt wird. Damit ergibt sich bei 48 zusätzlichen Studienplätzen und 127 Bewerbern unter Anwendung von § 155 Abs.1 Satz 3 in Rechtsanalogie die aus dem Tenor ersichtliche Kostenentscheidung.
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Diese Kostenentscheidung gilt einheitlich für alle Verfahren und damit auch für diejenigen Antragsteller, die nur die Beteiligung an einem Losverfahren um eine bestimmte Anzahl von Studienplätzen und die Vergabe der Plätze nach der daraus folgenden Rangfolge beantragt haben. Insoweit ist den Antragstellervertretern zwar einzuräumen, dass der Tenor in manchen Verfahren - jedenfalls im Kern des Sachausspruchs - fast exakt dem Antrag entspricht, was eine volle Kostentragung der Hochschule nahe legt (so denn auch etwa VG Schwerin, Beschluss vom 01.09.2005 - 3 C 16/04 u.a. -; VG Berlin, Beschluss vom 16.02.2005 - VG 12 A 1331.04 -; vgl. auch VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 13.05.2005 - 4 Nc 928/04 -). Ausgangspunkt für die Kostenentscheidung ist jedoch § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 VwGO. Diese Vorschriften fragen nach dem Maß des „Unterliegens“. Für die Kammer ist in diesem Zusammenhang wiederum von Bedeutung, dass ihr bei der Tenorierung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V. mit § 938 Abs. 1 ZPO ein Ermessen zukommt. Ob und inwieweit ein Antragsteller bzw. sein Prozessbevollmächtigter im Eilverfahren in der Lage ist, die genaue Fassung des Tenors im Rahmen dieses Ermessens bzw. die exakte Zahl der aufgedeckten Studienplätze vorherzusehen, ist jedoch kein sachgerechter Maßstab für die Beurteilung des „Obsiegens“ oder „Unterliegens“. Vielmehr ist auch insoweit auf den Zweck des Eilverfahrens abzustellen und auf die Frage, inwieweit der Antragsteller / die Antragstellerin denselben erreicht. Dies findet aber noch am ehesten seinen Ausdruck in der dem Antragsteller / der Antragstellerin mit der einstweiligen Anordnung zugewiesenen Loschance.
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3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG. Aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung in Baden-Württemberg setzt die Kammer hier den Auffangstreitwert an (vgl. die ständige Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg, zuletzt etwa Beschluss vom 06.05.2004 - NC 9 S 281/04 -; Beschluss vom 04.04.2005 - NC 9 S 3/05 -; zu abweichenden Streitwertberechnungsmethoden in Anlehnung an einen Gesamtstreitwert aus allen ausgesprochenen Zulassungen und dem jeweiligen Verhältnis zur Bewerberzahl vgl. nur OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.11.2004 - 2 NB 430/03 -; Beschluss vom 28.04.2004 - 2 NB 729/04 -, KMK-HSchR/NF 41 C Nr. 44; wiederum anders etwa im Falle eines Antrags auf Beteiligung an einem Losverfahren: VG Magdeburg, Beschluss vom 14.12.2004 - 5 C 510/04 MD -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 13.05.2005 - 4 Nc 928/04 -; Beschluss vom 19.04.2005 - 4 Nc 109/04 -; VG Schwerin, Beschluss vom 01.09.2005 - 3 C 16/04 u.a. -; VG Berlin, Beschluss vom 16.02.2005 - VG 12 A 1331.04 -; VG Arnsberg, Beschluss vom 20.01.2001 - 12 L 1109/01 - unter Verweis auf die gleichlautende Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen; VG Regensburg, Beschluss vom 12.08.2005 - RO 7 E 05.10082 -; für eine Halbierung des Auffangwertes im Eilverfahren: Bayer. VGH, Beschluss vom 16.06.2005 - 7 C 05.10476 -; Sächs. OVG, Beschluss vom 13.07.2005 - NC 2 E 86/05 -; anknüpfend an die zitierte Stellungnahme des BVerwG: OVG Saarland, Beschluss vom 02.08.2005 - 3 Y 13/05 -).
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