Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 26. März 2014 - 3 A 54/11

bei uns veröffentlicht am26.03.2014

Tenor

Der Beklagte wird – insoweit unter Aufhebung seines Bescheides vom 26.10.2010 und seines Widerspruchsbescheides vom 13.11.2010 – verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Gewährung einer weitergehenden Extensivierungsprämie (ohne Kürzung wegen Verstoßes gegen CC-Vorschriften) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.

Kläger und Beklagter tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich in dem vorliegenden sowie einem weiteren (die Betriebsprämie betreffenden) Verfahren gegen eine Kürzung eines Beihilfeanspruchs, welche auf dem Hintergrund eines vom Beklagten angenommenen Verstoßes gegen Cross-Compliance-Regelungen erfolgt ist.

2

Unter dem 11.05.2007 stellte der Kläger – in Vorgriff auf eine vorgesehene Richtlinie –einen ‚Antrag zur Förderung der Einführung bzw. Beibehaltung ökologischer Anbauverfahren in der landwirtschaftlichen Erzeugung in Mecklenburg-Vorpommern (Extensivierungsrichtlinie 2007)’. Er erklärte (u. a.) mit seiner Unterschrift, ihm sei bekannt, dass bei Verstößen gegen „Cross Compliance – Vorschriften“ der jährliche Zuwendungsbetrag in Abhängigkeit der Schwere des Verstoßes entsprechend der Empfehlung der Kontrollbehörde gekürzt werde; das Maß der Kürzung und die Möglichkeit dessen Korrektur durch die Zahlstelle gemäß Verordnung (EG) Nr. 796/2004, Artikel 66 und 67 sind in dem Antragsformular dargestellt.

3

Nachdem die ‚Richtlinie zur Förderung der Einführung und. Beibehaltung ökologischer Anbauverfahren in der landwirtschaftlichen Erzeugung (Extensivierungsrichtlinie 2007)’ vom 14.11.2007 (AmtsBl. M-V 2007 S.656) ergangen war – diese enthält die Verpflichtung des Betriebsleiters zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen (Cross Compliance) in Nr. 8.6, die bei Verstößen anzuwendenden Sanktionen in Nr. 7.7 -, erließ der Beklagte unter dem 29.04.2008 einen Bewilligungsbescheid, wonach dem Kläger insgesamt für die Dauer von fünf Jahren eine Zuwendung von 177.292,70 € bewilligt wurde. Unter „Auflagen und Bedingungen ist (u. a.) ausgeführt, dass der Kläger gemäß Art. 51 der VO (EG) Nr. 1698/2005 verpflichtet ist, die verbindlichen Anforderungen der Artikel 4 und 5 und der Anhänge III und IV der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 (Grundanforderungen an die Betriebsführung und den Erhalt des guten landwirtschaftliche und ökologischen Zustandes der Flächen) im gesamten Betrieb zu erfüllen. Diese Regelung findet sich auch im Erweiterungsbescheid des Beklagten vom 08.03.2010.

4

Bezogen auf das Wirtschaftsjahr 2010/2011 legte der Kläger mit seinem ‚Sammelantrag im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen für das Antragsjahr 2010’ im Mai 2010 auch die Anlage „Flächen“ vor, in denen (unter der laufenden Nummer 5 und 6) zwei Feldblöcke (in einer Größe von 0,76 ha und 2,46 ha) aufgelistet waren mit der Kennzeichnung 07-3DA4-0008 und 07-3DA4-0130. Diese waren vom Kläger klassifiziert als „Dauergrünland, aus der Erzeugung genommen“.

5

Der Feldblock 07-3DA4-0130 war Gegenstand eines Antrages eines konkurrierenden Landwirtschaftsunternehmens; der Kläger zog den auf diesen Feldblock sich beziehenden Antrag – nach einem Hinweis des Beklagten auf die vorliegende Doppelbeantragung – unter dem 17.08.2010 zurück.

6

Am 07.09.2010 führten Mitarbeiter des Beklagten eine Vor-Ort-Kontrolle des klägerischen Betriebes durch. Ausweislich seines hierüber gefertigten Berichts stellte er hinsichtlich der aus der Produktion genommenen Ackerflächen fest, sie seien „weder jährlich gemulcht noch alle 2 Jahre gemäht und abgefahren“ worden. In der ‚Gesamtbewertung’ wurde ein „Verstoß 3 %“ vermerkt. Diese Feststellung führt im Ergebnis zur Kürzungen des Beihilfeanspruchs von jeweils 3 %.

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Mit Bescheid vom 26.10.2010 gewährte der Beklagte dem Kläger eine Zuwendung nach der Extensivierungsrichtlinie in Höhe von 33.737,13 €. Aus der Berechnung in diesem Bescheid ist zu entnehmen, dass ‚Abzüge CC’ in Höhe von 3 % im Umfang von 1043,42 € vorgenommen worden waren.

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Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 01.11.2010 und machte geltend, weder ginge aus den vorliegenden Fotos eine eindeutig nachvollziehbare räumliche Zuordnung des Feldblocks hervor, noch sei auf diesen ein Verstoß gegen das Instandhaltungsgebot zu erkennen. Die zu erkennenden Pflanzen erreichten die dargestellte Wuchshöhe von 1,58 m innerhalb einer Vegetationsperiode, auf ein mehrjähriges Unterlassen der Pflege lasse sich daraus nicht schließen.

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Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2010, zugestellt am 15.12.2010, zurück. Bei der durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle sei festgestellt worden, dass diese fraglichen Flächen offensichtlich mehrere Jahre nicht gepflegt worden sei. Die Nichteinhaltung des Instandhaltungsgebotes stelle einen mittleren Verstoß dar und habe eine 3 %-ige Sanktionierung zur Folge.

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Der Kläger hat am 12.01.2011 die vorliegende Klage erhoben. Er macht geltend, der Beklagte greife in die Ansprüche des Klägers ein, er sei sowohl vortrags- als auch beweisverpflichtet für sämtliche Tatsachen, die eine Maßnahmen rechtfertigen. Eine Begründung für die erfolgte Kürzung enthalte der Bescheid nicht. Soweit im Widerspruchsbescheid festgestellt werde, dass die Fläche offensichtlich mehrere Jahre nicht gepflegt worden sei, sei eine solche Pflege der Fläche keine CC-Verpflichtung. Die Gründe, aufgrund deren der Beklagte davon ausgehe, dass der Kläger seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, hätten zwingend positiv dargestellt werden müssen. Sofern der Beklagte sich auf einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 Direktzahlungen-Verpflichtungsverordnung beziehe, so finde sich eine derartigen Regelung nicht im EU-Recht. Das EU-Recht gebe die Rechtsgrundlage zur Ahndung von CC-Verstößen; Verschärfungen des nationalen Umsetzungsrechts im Verhältnis zum EU-Recht könnten kein Maßstab für die Anwendung der EU-CC-Regelungen sein.

11

Weiterhin finde sich in der Akte keinerlei Begründung, weshalb es sich bei dem angeblichen Verstoß des Klägers um einen „mittleren Verstoß“ handeln solle. Der eine 3 %-ige Sanktionierung zur Folge habe. Da es unterschiedliche Einstufungen gebe, sei der Beklagte gezwungen, seine Entscheidung zu begründen, eine solche Begründung existiere nicht. Die Einstufung des Verstoßes stelle eine Ermessensentscheidung dar, eine Ermessensausübung finde sich weder im Ausgangsbescheid noch im Widerspruchsbescheid.

12

Soweit das Gericht die Auffassung geäußert habe, der Kläger sei vortrags- und beweispflichtig für die Vorraussetzungen der Gewährung der Prämien, sei dies unverständlich und überzeuge nicht. Zunächst sei einmal darauf hin zu weisen, dass wegen des Amts-ermittlungsgrundsatzes eine Beweislastverteilung wie im Zivilprozessrecht nicht gegeben sei. Selbst bei einer Verpflichtungsklage ergebe sich aus dem Gesetz nicht, dass der Antragsteller grundsätzlich vollständig beweispflichtig wäre. Aber selbst dann, wenn das Gericht im Rahmen seiner Amtsaufklärung nicht herausbekommen sollte, was denn der Kläger an Pflegeleistungen unterlassen haben sollte, wäre nicht der Kläger, sondern der Beklagte beweispflichtig. Denn bei Kürzungen einer einmal gewährten Beihilfe handele es sich um eine Sanktion, die der Beklagte aus einer eigenen Rechtsgrundlage vornehme. Eine Entscheidung über die Beweislastverteilung sei bisher durch das Oberverwaltungsgericht nicht gefällt werden, die Frage, wer beweispflichtig sei, sei von rechtsgrundsätzlicher Natur, deshalb – bei gegenteiliger Auffassung – die Berufung zuzulassen sei.

13

Dass die Beweislast bei der Behörde liegen müsse, liege auf der Hand. Die gesetzliche Konstruktion sehe vor, dass es einen Anspruch des Landwirts auf Auskehrung der jeweiligen Prämien gebe, und zwar ohne dass dieser - außerhalb eines Antrages – irgendetwas nachweisen müsste. Sofern ein Verstoß festgestellt worden sei, müsse die Behörde zunächst ermitteln, dass ein Verstoß vorliege, dann wie schwer er wiege und wie er zu ahnden sei. Eine Sanktion setze eine aktive Handlung einer Verwaltungsbehörde und eine vorangegangenen Erkenntnisprozess voraus. Die Sanktionierung sei die Ausnahme, nicht die Regel. Da die Verwaltungsbehörde von der Regel abweichen wolle, handle sie aufgrund von Rechtsvorschriften, die zugunsten der Behörde etwas regele; den allgemeinen Beweislastgrundsätzen nach sei damit die Behörde beweispflichtig. Im Übrigen sei der Landwirt gar nicht in der Lage, den geforderten Beweis zu erbringen; er sitze allein auf dem Traktor, eine Verpflichtung, das Mulchen und Verteilen oder das Mähen und Abfahren zu dokumentieren, gäbe es nicht. Bei überschaubar großen Flächen wisse der Landwirt im Zweifel gar nicht mehr, wann er gemulcht oder gemäht habe, das eine jährlich, das andere alle zwei Jahre. Diese Tätigkeiten seien nebensächlicher Natur und würden nebenbei erledigt.

14

Der Kläger beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, über den bereits mit Extensivierungsrichtlinienbescheid vom 26.10.2010 zugesprochenen Betrag in Höhe von 33.737,13 € einen weiteren Betrag in Höhe von 1.043,42 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz zu zahlen,

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hilfsweise,

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den Beklagten unter entsprechender Aufhebung seines Bescheides vom 26.10.2010 und unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2010 zu verpflichten, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 1.043,42 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

18

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

20

Soweit der Kläger eine fehlende Begründung der strittigen Kürzung rüge, sei darauf hin zu weisen, dass sowohl der Grundbescheid, als auch der Widerspruchsbescheid den Kürzungsgrund nenne und Bezug auf die Tatsachenfeststellungen im Rahmen der Kontrollen zum Beihilfeantrag des Klägers nehme. Grund der streitigen Kürzung sei die im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle am 07.09.2010 festgestellte nicht erfolgte Pflege und Instandhaltung der Flächen der fraglichen Feldblöcke. Diese Feststellung sei durch fachlich versierte Mitarbeiter anhand des während der Kontrolle vorgefundenen Flächenzustandes ermittelt und dokumentiert worden. Die betreffenden Flächen seien unter anderem mit Schilf und Weiden bewachsen gewesen, bei ordnungsgemäßer und regelmäßiger Pflege dieser Flächen sei ein solcher Bewuchs nicht möglich. Die Feststellungen, die Bewertungen der selben und die beihilferechtlichen Konsequenzen seien dem Kläger mitgeteilt und erläutert worden, die diesbezüglichen Unterlagen befänden sich in den Verwaltungsvorgängen. Die den betreffenden mit Kürzungen behafteten Bescheiden beigefügten Begründungen seien insbesondere durch die Tatsache, dass die kürzungsrelevanten Feststellungen des Verwaltungs- und Kontrollverfahrens den Antragstellern gesondert mitgeteilt würden, für das Verständnis der Bescheide hinreichend. Zum Vortrag hinsichtlich der Bewertung des festgestellten Verstoßes und der vermeintlich fehlenden Ermessensausübung sei festzustellen, dass nach dem im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle ermittelten und fachlich beurteilten Flächenbewuchses sich der Verstoß gegen die Verpflichtung zur Pflege und Instandhaltung der betreffenden Flächen über mehrere Jahre erstrecke. In Verbindung mit der Größe der betroffenen Flächen sei der Verstoß als mittlerer Verstoß bewertet worden. Gründe im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens von dieser 3 %-igen Regelwertung abzuweichen, hätten nicht vorgelegen. Damit sei die Bewertung des ermittelten Verstoßes nach Schwere, Ausmaß und Dauer und das Nichtabweichen vom 3 %-igen Regelkürzungssatz nicht zu beanstanden. Zwar stoße zugegebenermaßen die Ausübung von Ermessensentscheidungen im Rahmen einer automatisierten Antragsbearbeitung und der ebenso automatisierten Erstellung von Verwaltungsakten auf Bedenken, werde aber so lange grundsätzlich als zulässig erachtet, wie der Gesetzesvorrang garantiert bleibe und Einzelfallentscheidungen zur manuellen Entscheidungsfindung aussortiert würden. Im vorliegenden Verfahren zur automatisierten Bearbeitung von EU-Agrarbeihilfen sei technisch ausgeschlossen, dass das Bearbeitungsprogramm beim Vorliegen eines CC-Verstoßes allein über die abschließende Bewertung eines Verstoßes, über die Höhe des Kürzungssatzes und ein eventuelles Absehen von einer Sanktion „entscheide“. Vielmehr sei sichergestellt, dass in allen Fällen, zu denen CC-Verstöße in das Bearbeitungsprogramm eingetragen seien, letztlich die zuständige Zahlstelle manuell, nach Prüfung der Sach- und Rechtslage, im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung vor der sogenannten Zahlungsfreigabe entscheide.

21

Weiterhin sei dem Vortrag des Klägers nicht zu folgen, dass die Pflege von Antragsflächen nicht Bestandteil der anderweitigen bzw. der CC-Verpflichtungen im Sinne der europarechtlichen Regelungen sei. Es sei unzutreffend, dass die Pflegeverpflichtung lediglich aus der nationalen Norm der Direktzahlungen-Verpflichtungen-Verordnung resultiere. Die Regelung des Paragraphen 4 dieser Vorschrift sei die nationale Umsetzung der Regelung des Artikel 6 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 73 2009 und damit CC relevant. Verstöße gegen diese Verpflichtung führten grundsätzlich zu Kürzungen der Beihilfeansprüche im Sinne der genannten Norm.

22

Soweit das Gericht die Frage aufwerfe, ob die „Zahlstelle“ mit CC-Verfahren befasst werde, sei in den vorliegenden Verfahren eine Befassung der Zahlstelle mit der Festsetzung der Sanktionshöhe im Ergebnis erfolgt. Durch die Aufstellung und Verwendung von (vom Ministerium eigenverantwortlich vorab ausgewählten) Bewertungsmatritzen für Regelfälle sei eine darüber hinaus gehende Befassung der Zahlstelle mit dem Einzelfall nicht erforderlich.

23

Die Kammer hat gemäß Beschluss vom 22.07.2013 den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

24

Auf die am 30.07.2013 erfolgte mündliche Verhandlung haben die Beteiligten erklärt, auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung zu verzichten.

25

In den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden wie des parallel gelagerten Verfahrens 3 A 356/11 und der hierzu vorgelegten Verwaltungsvorgänge.

Entscheidungsgründe

26

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

27

Die Klage hat lediglich hinsichtlich eines Neubescheidungsbegehrens Erfolg.

28

A. Hinsichtlich des Hauptantrages, einer Leistungsklage auf Zahlung einer weitergehenden Extensivierungsprämie, kann die Klage schon deshalb keinen Erfolg haben, weil ein Rechtsgrund für einen solchen Anspruch nicht ersichtlich ist. Entsprechende Zuwendungen werden nicht qua Gesetz, sondern aufgrund entsprechender Zuwendungsbescheide gewährt – ein solcher ist vorliegend hinsichtlich der begehrten weiteren Zuwendung nicht gegeben.

29

B. 1. Soweit der Kläger hilfsweise einen Verpflichtungsantrag stellt, ist dieser statthaft – anders als es ein bloßer Anfechtungsantrag wäre. Insoweit folgt der Einzelrichter der ständigen Rechtsprechung der Kammer, dass bei aufgrund von Feststellungen in Vor-Ort-Terminen im Raum stehenden CC-Verstößen der Landwirt (und Antragsteller) darlegungs- und nachweispflichtig ist, dass es zu solchen nicht gekommen ist. Dem Landwirt steht kein uneingeschränkter „Förderungshöchstanspruch“ zu, bei dessen Kürzung die Behörde diese Pflichten träfen. Tatbestandsmerkmal für den geltend gemachten Anspruch ist auch das Nichtvorliegen anspruchsvernichtender CC-Verstöße.

30

Der Einzelrichter hat den Vortrag des Klägers zum Anlass einer umfassenden Recherche genommen, ob die Frage der Darlegungslast von irgendeinem Gericht anders als von der Kammer (und deren Berichterstatter) entschieden worden wäre – eine solche Entscheidung vermochte er nicht aufzufinden. Auch der Kläger hat eine solche nicht benannt; die von ihm zitierte Anlage K 4 (anscheinend Unterlagen eines Vortrages von RA Wagner „CC-Regelungen in der Praxis“) behandelt eine andere als die vorliegende Konstellation: „Bei Kürzungen einer einmal gewährten Beihilfe …“ Dort handelt es sich demnach um deren (Teil-Rücknahme); wird eine solche (im Wege einer Anfechtungsklage) angegriffen, ist die Behörde für die Tatbestandsmerkmale der Rücknahme, wie etwa die (Teil-)Rechts-widrigkeit ihrer Bewilligung, beweispflichtig. Um einen Fall nachträglicher Kürzung handelt es sich auch um den vom OVG Lüneburg, Urteil vom 20.08.2013 – 10 LC 113/11 –, entschiedenen.

31

Bei der Recherche hat der Einzelrichter indessen zahlreiche Entscheidungen der Instanzgerichte aufgefunden, die – ohne dies näher zu begründen – von der Zulässigkeit allein einer Verpflichtungsklage ausgehen (vgl. etwa, unveröffentlicht bzw. jeweils zitiert nach juris: VG Greifswald, Urteil vom 12.11.2013 – 4 A 587/09 – und vom 14.05.2013 – 4 A 989/09 u.a. –, VG Berlin, Urteil vom 05.04.2011 – 20 A 308.07 –, VG Augsburg, Urteil vom 22.03.2011 – Au 3 K 10.1782 –, VG Halle (Saale), Urteil vom 16.02.2011 – 7 A 159/09 –, VG Arnsberg, Urteile vom 07.09.2010 – 8 K 3125/08 und 8 K 824/09 –, VG München, Urteil vom 20.01.2010 – M 18 K 09.669 –, VG Braunschweig, Urteil vom 21.08.2009 2 A 22/09 –, VG Stade, Urteil vom 21.08.2009 – 6 A 101/07–, VG Hannover, Urteile vom 11.07.2008 – 11 A 4000/06 - und vom 08.02.2008 – 11 A 338/07 –).

32

Zweitinstanzliche Entscheidungen scheinen insoweit nicht dokumentiert zu sein. Angesichts dessen aber, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 14.04.2011 (Az. 3 B 5.11, juris,) in den Gründen formuliert, „der Kläger beansprucht die volle Betriebsprämie …“, geht auch dieses erkennbar von einem Verpflichtungsbegehren als zutreffende Klageart aus.

33

Dass der Kläger – und nicht die Behörde - darlegungs- und beweisbelastet ist hinsichtlich der Umstände, die einer Gewährung entgegenstehen können, folgt aus dem System der Gewährung einer Zuwendung. Mit der entsprechenden Regelung erfolgt ein Rechtskreiserweiterung des Begünstigten unter genau festgelegten Voraussetzungen. Diese können positiver Art sein – wie etwa das Bewirtschaften von landwirtschaftlichen Flächen -, aber auch im Unterlassen schädlicher Verhaltensweisen – wie etwa der Nutzung nicht zugelassener Schädlingsbekämpfungsmittel. Dem Grundsatz nach ist der Antragsteller für alle Umstände nachweispflichtig, die Voraussetzung einer entsprechenden Gewährung der Zuwendung sind.

34

Zutreffend ist zwar, dass in der Praxis der Landwirt als Antragsteller nicht jeden anspruchsbegründenden Umstand im Verwaltungsverfahren nachweisen muss; ihm wird – auch aus verwaltungsökonomischen Gründen – ein Vertrauensvorschuss entgegen gebracht. (Damit korrespondiert, dass er bei einem ‚Missbrauch’ dieses Vertrauens Sanktionen zu gewärtigen hat.) Wenn dann aber aufgrund von Feststellungen etwa in einem Vor-Ort-Termin eine Verletzung von Verpflichtungen im Raum steht, und hieraus Kürzungen oder Ausschlüsse von Zuwendungen in Rede stehen, dann obliegt es dem Antragsteller nachzuweisen, dass ein Zuwendungsanspruch ungekürzt besteht.

35

Soweit der Kläger auf tatsächliche Probleme der Beweisführung hinweist, mögen solche zwar bestehen, können aber nicht zu einer Beweislastumkehr führen. Da vorliegend zudem der Vorwurf eines Unterlassens einer gebotenen Maßnahme im Raum steht, ist allein der Kläger in der Lage vorzutragen und ggf. zu beweisen, wann er die geforderte Maßnahme durchgeführt hat.

36

2. Die danach allein zulässige Verpflichtungsklage ist nur teilweise begründet. Dem Kläger steht kein weitergehender Anspruch hinsichtlich einer Extensivierungsprämie für das Jahr 2010 zu, wohl aber ein Anspruch auf Neubescheidung, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO.

37

2.1 Nach der einschlägigen ‚Richtlinie zur Förderung der Einführung und. Beibehaltung ökologischer Anbauverfahren in der landwirtschaftlichen Erzeugung (Extensivierungsrichtlinie 2007)’ vom 14.11.2007 (AmtsBl. M-V 2007 S.656) hat der Betriebsleiter die Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen (Cross Compliance) gemäß den Artikeln 4 und 5 und den Anhängen III und IV der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 im gesamten Betrieb zu gewährleisten (so in Nr. 8.6). Auf diese Regelungen wird auch ausdrücklich in den bestandskräftig gewordenen Bescheiden vom 29.04.2008 und 08.03.2010 (jeweils unter ‚II. Auflagen und Bedingungen’) hingewiesen.

38

Einschlägig ist demgemäß vorliegend noch die in den Bescheiden genannte ‚Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001’ (Amtsblatt der Europäischen Union - ABl. L 270 S. 1). Inhaltlich entsprechen die vorliegend einschlägigen Vorschriften denen der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19.01.2009 (ABl. L 30, S. 16).

39

Nach Art. 3 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1782/2003 muss ein Betriebsinhaber, der Direktzahlungen bezieht, die Grundanforderungen an die Betriebsführung nach Anhang III gemäß dem in diesem Anhang festgelegten Zeitplan und für die Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 einhalten.

40

Nach dieser Vorschrift (Abs. 1 Sätze 1 und 2) stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere diejenigen, die nicht mehr für die Erzeugung genutzt werden, in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten bleiben. Die Mitgliedstaaten legen auf nationaler oder regionaler Ebene auf der Grundlage des in Anhang III vorgegebenen Rahmens Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand fest; sie berücksichtigen dabei die besonderen Merkmale der betreffenden Flächen, einschließlich Boden- und Klimaverhältnisse, Bewirtschaftungssysteme, Flächennutzung, Fruchtwechsel, Wirtschaftsweisen und Betriebsstrukturen.

41

Diesem Auftrag ist der bundesdeutsche Gesetzgeber durch das ‚Gesetz zur Regelung der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen durch Landwirte im Rahmen gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über Direktzahlungen’ (als Artikel 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik vom 21.07.2004, BGBl I S. 1763) nachgekommen, wie sich aus dessen § 1 ergibt. Dessen § 5 Abs. 1 Nr. 2 spricht die Ermächtigung aus, durch Rechtsverordnung die näheren Einzelheiten der Anforderungen an die Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand im Rahmen des Artikels 6 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 zu bestimmen.

42

Die ‚Verordnung über die Grundsätze der Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand - Direktzahlungen-Verpflichtungen-verordnung – (sowohl in der Fassung vom 26.05.2006, BGBl I. S. 1252, als auch in der Fassung vom 29.07.2009, BGBl I. S. 2542) trifft in § 4 Abs. 2 folgende Regelung:

43

„Auf einer Acker- oder einer Dauergrünlandfläche, die befristet oder unbefristet aus der landwirtschaftlichen Erzeugung genommen worden ist, ist der Aufwuchs mindestens einmal jährlich zu zerkleinern und ganzflächig zu verteilen. Eine Zerkleinerung und Verteilung des Aufwuchses nach Satz 1 kann unterbleiben, wenn der Aufwuchs mindestens alle zwei Jahre gemäht und das Mähgut abgefahren wird. …. „

44

Hieraus ist abzuleiten, dass die klägerische Auffassung unzutreffend ist, die Pflege der fraglichen Flächen sei keine CC-Verpflichtung gewesen.

45

2.2 Dass der Kläger seiner Verpflichtung zur Pflege der fraglichen Flächen nachgekommen wäre, vermag das Gericht nicht festzustellen; Derartiges hat der Kläger nicht einmal behauptet. In seiner Widerspruchsbegründung beanstandet er, dass aus den ihm vorliegenden Fotos eine eindeutig nachvollziehbare räumliche Zuordnung des Feldblocks nicht hervorgehe, und dass auf diesen Fotos ein Verstoß gegen das Instandhaltungsgebot nicht zu erkennen sei. Die zu erkennenden Pflanzen erreichten die dargestellte Wuchshöhe von 1,58 m innerhalb einer Vegetationsperiode, auf ein mehrjähriges Unterlassen der Pflege lasse sich daraus nicht schließen. Damit macht er eine Ungeeignetheit der Beweisführung geltend, nicht aber behauptet er, seinen Verpflichtungen nach § 4 Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung nachgekommen zu sein. Die Ausführungen im Klageverfahren befassen sich weitestgehend mit Rechtsfragen – wie etwa der Frage der Beweisbelastung. In der durchgeführten mündlichen Verhandlung, in der das Gericht seine Auffassung deutlich gemacht hat, dass der Kläger beweisbelastet sei, hat der Kläger daraufhin angekündigt, er werde ein Beweisanerbieten (Zeugenbenennung) vorlegen. Solches ist nicht geschehen; es folgte kein entsprechender Vortrag in tatsächlicher Hinsicht; vielmehr wurde auf die Schwierigkeit einer Beweisführung hingewiesen. Angesichts dessen sieht das Gericht – auch unter dem Gesichtspunkt des Amtsermittlungsgrundsatzes – eine Notwendigkeit, gleichwohl den Kläger (wie auch die Mitarbeiter des Beklagten, welche den Vor-Ort-Termin durchgeführt haben) zu hören, nicht.

46

2.3 Allerdings erweist sich das bislang durchgeführte Verfahren als fehlerhaft.

47

Die einschlägige Richtlinie trifft in Nr. 7.7 die folgenden Regelungen:

48

„Bei Verstößen gegen die Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen (Cross Compliance) der Artikel 4 und 5 und der Anhänge III und IV der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 wird der jährliche Zuwendungsbetrag in Abhängigkeit der Schwere des Verstoßes entsprechend der Empfehlung der Kontrollbehörde wie folgt gekürzt:

49

- ein Prozent bei leichtem Verstoß,
- drei Prozent bei mittlerem Verstoß,
- fünf Prozent bei schwerem Verstoß.

50

Die Zahlstelle kann in begründeten Ausnahmefällen in Abhängigkeit der Schwere, Dauer und Auswirkung des Verstoßes gemäß Art. 66 und 67 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 die von den einzelnen Fachbehörden festgesetzten Verstöße korrigieren. Erhält der Betriebsinhaber weitere Zuwendungen im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen (…) und die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete sowie Direktzahlungen, wird der jährliche Zuwendungsbetrag bei jeder betroffenen Maßnahme entsprechend sanktioniert.“

51

Die letztgenannte Regelung entspricht inhaltlich der des Art. 66 Abs. 1 2. Unterabsatz der VO (EG) Nr. 796/2004; auch dort ist der Zahlstelle ein Ermessen eingeräumt. Gleiches gilt bezüglich der „Nachfolgenorm“, Art. 71 Abs. 1 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 1122/2009.

52

Zu dieser Regelung hat die Kammer in ihrem Urteil vom 07.03.2014 (Az. 3 A 1161/11) in einem Verfahren, in denen gleichfalls das Maß der Sanktion nach einem CC-Verstoß zu überprüfen war, Folgendes ausgeführt:

53

„2. Allerdings erweist sich das vom Beklagten bislang durchgeführte Verfahren als fehlerhaft.

54

Nach Art. 24 Abs. 1 VO (EG) Nr. 73/2009 sind Durchführungsbestimmungen zu den Kürzungen und Ausschlüsse zu erlassen, dabei werden Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit der Verstöße berücksichtigt. Die fraglichen Durchführungsbestimmungen sind in der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 geregelt. Ist die festgestellte Nichteinhaltung auf Fahrlässigkeit des Betriebsinhabers zurückzuführen, so wird nach Art. 71 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 eine Kürzung vorgenommen. Diese Kürzung beläuft sich im Allgemeinen auf 3 % des Gesamtbetrags, Satz 2 der Norm. Dieses Maß wurde vorliegend (vom Beklagten) in Ansatz gebracht.

55

Allerdings kann nach Art. 71 Abs. 1 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 1122/2009 die Zahlstelle auf der Grundlage der Bewertung durch die zuständige Kontrollbehörde im bewertenden Teil des Kontrollberichtes beschließen, den genannten Prozentsatz entweder auf 1 % des Gesamtbetrages zu vermindern oder ihn auf 5 % zu erhöhen oder aber in bestimmten Fällen überhaupt keine Kürzung zu verhängen. „Zahlstelle“ im Sinne der genannten Norm (Art. 2 Nr. 30 VO (EG) Nr. 1122/2009 verweist insoweit auf die VO (EG) Nr. 1290/2005) ist das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz M-V, wie etwa die Dienstanweisung „Für die allgemeine Verfahrensbeschreibung der Zahlstelle für ELER-finanzierte Maßnahmen ….“ ausweist.

56

Diese landesrechtlich vorgenommene (europarechtlich nicht geforderte) Trennung zwischen Bewilligungsbehörde und Zahlstelle hat die Konsequenz, dass eine Ermessensentscheidung der Bewilligungsbehörde weder gefordert noch überhaupt rechtlich möglich ist. Vielmehr hat die Bewilligungsbehörde in den Fällen einer (beabsichtigten) Kürzung wegen CC-Verstöße (behördenintern) eine Ermessensentscheidung der Zahlstelle einzuholen. Insoweit mag es angehen, dass dieser Verfahrensschritt nicht bereits vor Erlass des Ausgangsbescheides durchgeführt wird; insbesondere stellt die Bearbeitung landwirtschaftsrechtlicher Anträge ein Massenverfahren dar, bei dem auch Gesichtspunkten einer Verfahrensökonomie Rechnung getragen werden kann. Wenn jedoch gegen den Erstbescheid wegen einer dort erfolgten Kürzung Widerspruch eingelegt worden ist, hat eine individualisierte Überprüfung und eine Befassung der Zahlstelle zu erfolgen; solches sieht im Übrigen auch das vom Beklagten vorgelegte ‚Ergebnisprotokoll des Zahlstellenkoordinierungsreferates’ des Ministeriums (unter 2. 2. Spiegelstrich) vor. Ohne eine solche Befassung erweist sich die Bearbeitung als verfahrensfehlerhaft – mit der zwingenden Konsequenz, dass die angefochtenen Bescheide aufzuheben sind. Eine Ergänzung von Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren (nach § 114 Satz 2 VwGO) kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil es sich hierbei nicht um die Erwägungen des Beklagten – der Bewilligungsbehörde – handeln kann. Auch eine Einführung einer Stellungnahme der Zahlstelle durch den jeweiligen Beklagten im gerichtlichen Verfahren, welche seine Rechtsauffassung bestätigt, kann den Verfahrensfehler nicht heilen, sondern signalisiert allenfalls die Einschätzung der Zahlstelle für ein Folgeverfahren.

57

Der Verfahrensfehler führt indessen nicht zur Klagestattgabe; es fehlt an einer Spruchreife. Zwar ist die Zahlstelle in ihrer Ermessensentscheidung nicht frei, diese ist vielmehr „auf der Grundlage der Bewertung durch die zuständige Kontrollbehörde gemäß Artikel 54 Absatz 1 Buchstabe c“ der VO (EG) Nr. 1122/2009 zu treffen. Diese Norm erfasst den „bewertenden Teil“ des Kontrollberichts, in dem die Bedeutung der festgestellten Verstöße nach den Kriterien ‚Schwere’, ‚Ausmaß’, ‚Dauer’ und ‚Häufigkeit’ zu beurteilen und alle Faktoren aufzuführen sind, die zu einer Erhöhung oder Verminderung der anzuwendenden Kürzung führen sollten. Diese Bewertung der einzelnen Kriterien wie auch der ‚Gesamteinschätzung’ hat durch die zuständige Behörde zu erfolgen; das Gericht kann deren Bewertung zwar nach Maßgabe des § 114 VwGO überprüfen, nicht aber selbständig vornehmen. Demgemäß ist der Beklagte zur Neubescheidung hinsichtlich der vorgenommenen CC-Kürzung zu verpflichten. Verwaltungsintern wird dieser eine Entscheidung der Zahlstelle herbeiführen, bevor er die Klägerin erneut bescheidet.“

58

Der Einzelrichter, der an der zitierten Entscheidung als Berichterstatter mitgewirkt hat, folgt dieser Rechtsprechung.

59

Soweit der Beklagte mit seinem Schriftsatz vom 20.03.2014 geltend macht, eine Befassung der Zahlstelle mit der Festsetzung der Sanktionshöhe sei im Ergebnis erfolgt, durch die Aufstellung und Verwendung von (vom Ministerium eigenverantwortlich vorab ausgewählten) Bewertungsmatritzen für Regelfälle sei eine darüber hinaus gehende Befassung der Zahlstelle mit dem Einzelfall nicht erforderlich, teilt das Gericht diese Auffassung nicht. In Zweifel zu ziehen ist bereits, ob die geschilderte Verfahrensweise bereits bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides im Januar 2011 erfolgt ist. Denn die in Bezug genommene Anlage 2, das ‚Arbeitspapier zur Kontrolle und zur Festsetzung der Kürzungen oder Ausschlüsse bei Cross Compliance’ vom 12.12.2013, verweist auf eine „Sitzung der UAG ‚Verfahrensabläufe’ am 07./08.2013“, anlässlich deren Bund und Länder den Entwurf eines Arbeitspapiers zur Frage der Ermessensausübung bei der Durchführung von Kontrolle und der Festsetzung von Kürzungen im Rahmen von CC vereinbart haben. Maßgeblich sind indessen inhaltliche Bedenken an der gewählten Praxis, die – so versteht sie der Einzelrichter – in Form einer antizipierten Ermessensregelung (durch Schaffung von Bewertungsmatritzen) dazu führt, dass die eigentlich für die Ermessensbetätigung zuständige Behörde ein Ermessen gar nicht mehr ausübt, ja sie mit dem konkreten Einzelfall gar nicht mehr befasst wird. Unbedenklich erscheint die Verwendung von solchen Bewertungsmatritzen durch die zur Ermessensentscheidung aufgerufene Behörde selbst, die etwa zur Gewährleistung einer Gleichbehandlung von Fällen auch sachgerecht ist. Für die Zulässigkeit einer Delegation der Ermessensausübung an eine andere Stelle, an die Bewilligungsbehörde, sieht das Gericht aber keinen Raum.

60

Soweit der Beklagte in seiner Klageerwiderung geltend macht, es sei sichergestellt, dass in allen Fällen, zu denen CC-Verstöße in das Bearbeitungsprogramm eingetragen seien, letztlich die zuständige Zahlstelle manuell, nach Prüfung der Sach- und Rechtslage, im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung vor der sogenannten Zahlungsfreigabe entscheide, bezieht sich diese Aussage nach den Darstellungen im Schriftsatz vom 20.03.2014 anscheinend auf Verstöße, welche nicht als Regelfälle eingestuft sind, und ist deshalb vorliegend nicht einschlägig. Demgemäß mag offen bleiben, ob bei einer fehlenden Dokumentation einer Ermessensentscheidung (allein) aus der Zahlungsfreigabe auf eine solche zuverlässig rückgeschlossen werden könnte.

61

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

62

Von der nach § 167 Abs. 2 VwGO eröffneten Möglichkeit, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, sieht das Gericht ab.

63

Eine Zulassung der Berufung kommt nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht in Betracht. Angesichts der (dargestellten) einheitlichen Rechtsprechung zur Frage der zutreffenden Klageart ist insbesondere eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, nicht gegeben.

64

Beschluss

65

Der Streitwert wird auf 1.043,42 € festgesetzt, § 52 Abs. 3 GKG.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 26. März 2014 - 3 A 54/11

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 26. März 2014 - 3 A 54/11

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 26. März 2014 - 3 A 54/11 zitiert 9 §§.

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

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Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 26. März 2014 - 3 A 54/11 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 26. März 2014 - 3 A 54/11 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 26. Sept. 2011 - 3 A 356/11

bei uns veröffentlicht am 26.09.2011

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 6 K 49/09 - wird zurückgewiesen.Die außergerichtlichen Kosten des geric
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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 26. Feb. 2015 - W 3 K 14.29

bei uns veröffentlicht am 26.02.2015

Tenor I. Der Beklagte wird unter insoweitiger Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheides vom 9. Dezember 2013 verpflichtet, der Klägerin eine weitere Betriebsprämie für das Jahr 2013 in Höhe von 3.994,50 EUR zu gewähren. II. Der

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 17. März 2016 - RN 5 K 14.1782

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger wendet sich gegen einen B

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 10. Nov. 2016 - RO 5 K 15.2255

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Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 6 K 49/09 - wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Gründe

I.

Der 1970 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Sein ursprünglicher Asylantrag vom 3.6.2002 wurde vom Bundesamt der Beklagten abgelehnt. Mit Urteil vom 12.12.2003 - A 15 K 11001/03 - verpflichtete das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorliegen. Zur Begründung war in dem Urteil ausgeführt, dass der Kläger in der Türkei verdächtigt worden sei, sich aktiv für die kurdische Sache einzusetzen, dass er deshalb erheblichen staatlichen Schikanen ausgesetzt gewesen sei und bei Rückkehr in das Heimatland mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen müsse. Mit Bescheid vom 29.3.2004 stellte daraufhin das Bundesamt fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 und 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich einer Abschiebung des Klägers in die Türkei vorliegen.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 8.1.2009 widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 29.3.2004 getroffenen Feststellungen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG vorliegen. Außerdem stellte es fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht gegeben sind. Zur Begründung war in dem Bescheid ausgeführt, seit der Ausreise des Klägers hätten sich Rechtslage und Menschenrechtssituation in der Türkei deutlich zum Positiven verändert. Aufgrund dieser Veränderungen seien die Gründe für die damalige Schutzgewährung heute entfallen.

Hiergegen erhob der Kläger Klage, zu deren Begründung er sich im Wesentlichen darauf berief, dass sich entgegen der Ansicht der Beklagten die für die Beurteilung der Verfolgungslage maßgeblichen Verhältnisse in der Türkei nicht erheblich geändert hätten. Nach wie vor sei er im Falle einer Rückkehr der Gefahr ausgesetzt, schwere Eingriffe in elementare Rechtsgüter zu erleiden und unmenschlich behandelt zu werden. Darüber hinaus wies er darauf hin, sich in der Bundesrepublik Deutschland exilpolitisch zu betätigen. Insbesondere sei er am 24.2.2008 zum stellvertretenden Vorsitzenden der e.V. gewählt worden. Bei dieser Funktion handele es sich um eine exponierte Betätigung. Im Übrigen sei er im Rahmen seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender der K. e.V. auch in der Öffentlichkeit aufgetreten.

Mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28.7.2011 ergangenem Urteil - 6 K 49/09 - hat das Verwaltungsgericht des Saarlandes die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist in dem Urteil im Wesentlichen ausgeführt, dass nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Widerrufsverfahren bei der Gefahrenprognose nunmehr von einem einheitlichen Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit auszugehen sei. Dies zugrunde legend ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass in der Türkei im letzten Jahrzehnt hinsichtlich der die Flüchtlingsanerkennung des Klägers begründenden Umstände eine erhebliche und nicht nur vorübergehende Veränderung stattgefunden habe, die im konkreten Fall des Klägers - auch unter Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten - zur Folge habe, dass keine beachtliche Gefahr einer politischen Verfolgung mehr bestehe.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG sowie einen Verfahrensmangel in Gestalt einer Verletzung des Grundsatzes auf Gewährung rechtlichen Gehörs im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 VwGO geltend.

II.

Der gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG statthafte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.7.2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 6 K 49/09 -, mit dem seine auf Aufhebung des Widerrufsbescheides der Beklagten vom 8.1.2009 gerichtete Klage abgewiesen wurde, ist unbegründet.

Das den Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren begrenzende Vorbringen des Klägers in der Antragsbegründung vom 1.9.2011 rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht.

Weder liegen die ausdrücklich geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG bzw. eines Verfahrensfehlers in Gestalt eines Gehörsverstoßes im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 VwGO vor, noch kann dem Vorbringen des Klägers ein anderer Zulassungsgrund entnommen werden.

Nach Auffassung des Klägers stellt sich zunächst die Frage von grundsätzlicher Bedeutung, welcher Prognosemaßstab in asylrechtlichen Widerrufsverfahren Anwendung findet. Darüber hinaus erachtet er die Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig, ob die Veränderung der Umstände in der Türkei so erheblich und nicht nur vorübergehend sei, dass eine Furcht vor Verfolgung nicht länger als begründet angesehen werden könne. Hierzu vertritt er die Auffassung, dass keine Rede von einer deutlichen und wesentlichen - zudem dauerhaften - Veränderung der politischen Verhältnisse in der Türkei sein könne, wenn das erstinstanzliche Gericht wie vorliegend - ungeachtet der angenommenen Verbesserung der Verhältnisse in der Türkei - nach wie vor Defizite im rechtsstaatlichen Bereich, im Bereich der Meinungs- und Pressefreiheit sowie im Bereich der Achtung der Menschenrechte durch die türkischen Sicherheitsbehörden feststelle und auch konstatiere, dass Folter und Misshandlung nicht vollständig unterbunden seien, die gesetzgeberischen Schutzinstrumentarien vielmehr zuweilen unbeachtet blieben und teilweise sogar unterlaufen würden. Des Weiteren misst er der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, unter welchen Voraussetzungen für einen Asylbewerber aufgrund exilpolitischer Aktivitäten ein relevanter Nachfluchtgrund zur Seite steht.

Diese vom Kläger als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfenen Fragen rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG hat eine Rechtssache, wenn sie eine für die Berufungsentscheidung erhebliche, klärungsfähige, höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht (hinreichend) geklärte rechtliche oder tatsächliche Frage allgemeiner, fallübergreifender Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder ihrer Fortentwicklung der berufungsgerichtlichen Klärung bedarf.

Ausgehend davon bietet die erste Frage, welcher Prognosemaßstab in asylrechtlichen Widerrufsverfahren Anwendung findet, schon deshalb keinen Anlass zur Zulassung der Berufung, weil diese Frage in der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits hinreichend geklärt ist und keiner weiteren Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf.

Mit Urteilen vom 1.6.2011 - 10 C 10.10 und 10 C 25.10 - (juris) hat das Bundesverwaltungsgericht hierzu ausgeführt, dass sich die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft grundsätzlich spiegelbildlich zur Anerkennung verhalte. Wegen der Symmetrie der Maßstäbe für die Anerkennung und das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft könne seit Umsetzung der in Art. 11 und Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltenen unionsrechtlichen Vorgaben an der bisherigen, unterschiedliche Prognosemaßstäbe heranziehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 73 AsylVfG nicht festgehalten werden. Das in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte materiell-rechtliche Konzept unterschiedlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe für die Verfolgungsprognose sei der Richtlinie 2004/83/EG fremd. Sie verfolge vielmehr bei einheitlichem Prognosemaßstab für die Begründung und das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft einen beweisrechtlichen Ansatz, wie er bei der Nachweispflicht der Mitgliedsstaaten nach Art. 14 Abs. 2 und der tatsächlichen Verfolgungsvermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie zum Ausdruck komme. Demzufolge gelte unionsrechtlich beim Flüchtlingsschutz für die Verfolgungsprognose ein einheitlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstab, auch wenn der Antragsteller bereits Vorverfolgung erlitten habe. Dieser in dem Tatbestandsmerkmal „… aus der begründeten Furcht vor Verfolgung …“ des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiere sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und entspreche dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.

Dieser neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat sich auch das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes mit Urteilen vom 25.8.2011 - 3 A 34/10 -und - 3 A 35/10 - angeschlossen.

Eine Abweichung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts von der dargestellten neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ebenfalls nicht erkennbar; vielmehr hat das Verwaltungsgericht diese dem angefochtenen Urteil ausdrücklich zugrunde gelegt, auch wenn es sich dazu im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nur auf die damals erst veröffentlichte Presseerklärung des Bundesverwaltungsgerichts stützen konnte.

Die vom Kläger des Weiteren als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage, ob die Veränderung der Umstände in der Türkei so erheblich und nicht nur vorübergehend ist, dass eine Furcht vor Verfolgung nicht länger als begründet angesehen werden kann, rechtfertigt eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ebenfalls nicht. Denn die vorgenannte Frage würde sich in dieser Form und Allgemeinheit in dem angestrebten Berufungsverfahren nicht stellen. In einem nach Zulassung der Berufung durchzuführenden Rechtsmittelverfahren wäre vielmehr zu prüfen, ob gerade mit Blick auf die konkreten Umstände, die zur Flüchtlingsanerkennung des Klägers geführt haben, die Voraussetzungen für einen Widerruf gem. § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG vorliegen.

Nach den entsprechenden unionsrechtlichen Vorgaben müssen sich die zuständigen Behörden und Gerichte mit Blick auf die individuelle Lage des Flüchtlings vergewissern, dass die Faktoren, aus denen die zur Flüchtlingsanerkennung führende Verfolgungsgefahr hergeleitet worden ist, deutlich und wesentlich geändert haben und als dauerhaft beseitigt angesehen werden können

vgl. BVerwG, Urteil vom 24.2.2011 - 10 C 5/10 - sowie EuGH, Urteil vom 2.3.2010 - C 175/08 u.a. -; juris.

Der anzuwendende Maßstab ist somit ein individueller, d.h. bezogen auf den konkreten Ausländer, der als Flüchtling anerkannt worden ist, und dem dieser Status entzogen werden soll. Das bedeutet: In Abhängigkeit von den Umständen, die zur Zuerkennung des Flüchtlingsstatus geführt haben, sind auch die Anforderungen an die Verbesserung der Verhältnisse im Heimatstaat und die Frage der Gefährdung im Falle einer Rückkehr im Grundsatz individuell unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen

vgl. Urteile des Senats vom 25.8.2011 - 3 A 34/10 und 3 A 35/10 -; OVG Hamburg, Beschluss vom 4.11.2010 - 4 Bf 113/09.AZ -; OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.11.2009 - 4 LA 78/09 - und vom 22.6.2009 - 7 LA 132/08 -; OVG Schleswig, Beschluss vom 5.10.2009 - 4 LA 73/09; OVG Greifswald, Beschluss vom 20.11.2007 - 2 L 152/07 -; jeweils juris; sowie Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Oktober 2010, § 73 Rz 19.

Demzufolge geht es auch im vorliegenden Verfahren nicht darum, ob der Reformprozess in der Türkei durchgängig zu einer solchen Verbesserung der Menschenrechtslage geführt hat, dass vorverfolgt ausgereiste Asylbewerber generell bei einer Rückkehr in die Türkei keine weitere Verfolgung mehr zu befürchten haben, sondern um die Frage, ob sich die Verhältnisse, die die Verfolgungsfurcht gerade des Klägers begründeten, erheblich und nicht nur vorübergehend verbessert haben und deshalb jedenfalls in seinem Falle keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer erneuten Verfolgung mehr besteht. So hat der Senat auch bereits in seinen Urteilen vom 25.8.2011 - 3 A 34/10 und 3 A 35/10 – betreffend Widerrufsverfahren türkischer Staatsangehöriger im Einzelnen ausgeführt, dass für den Widerruf einer Flüchtlingsanerkennung nicht die Feststellung erforderlich ist, dass im Heimatland des betroffenen Ausländers - hier der Türkei - seit der Anerkennung derartige Veränderungen stattgefunden haben, dass es dort nunmehr ausnahmslos oder zumindest bei allen Angehörigen der Gruppe, der der betroffene Ausländer angehört, zu keinen asyl- bzw. flüchtlingsrelevanten Übergriffen mehr kommt.

Der anzuwendende individuelle Prüfungsmaßstab schließt es allerdings nicht aus, dass unter besonderen Umständen eine Individualprüfung des Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung unter Würdigung der allgemeinen Entwicklung in einem Herkunftsstaat für eine größere Zahl von gleich liegenden Fällen verallgemeinerungsfähig ist, wenn und soweit in all diesen Fällen gleich liegende Umstände zur Gewährung des Flüchtlingsstatus geführt haben und personenbezogene Besonderheiten daneben nicht entscheidungsrelevant sind.

Das Vorliegen einer solchen Konstellation hat der Kläger jedoch nicht dargetan und ist auch nicht erkennbar. Die oben genannte, als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage bezieht sich vielmehr ganz allgemein darauf, ob sich die Verhältnisse in der Türkei generell derart verändert haben, dass eine Furcht vor Verfolgung nicht länger als begründet angesehen werden kann. Im vorliegenden Verfahren kommt es aber allein darauf an, ob angesichts der Verbesserung der Menschenrechts- und Sicherheitslage in der Türkei dem Kläger weiterhin eine Gefährdung wegen seines vor seiner Ausreise aus der Türkei gezeigten Einsatzes für die kurdische Sache bzw. mit Blick auf die von ihm konkret angeführten exilpolitischen Aktivitäten droht. Dabei handelt es sich aber - wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist - um eine individuell zu beantwortende Frage.

Auch die dritte vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage, unter welchen Voraussetzungen für einen Asylbewerber aufgrund exilpolitischer Aktivitäten ein relevanter Nachfluchtgrund zur Seite stehe, bietet keinen Anlass, die Berufung zuzulassen. In der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes ist nämlich geklärt, dass nur eine exponierte exilpolitische Betätigung, insbesondere eine Tätigkeit in herausgehobener oder erkennbar führender Position für eine in der Türkei verbotene Organisation bzw. besonders publizitätsträchtige Aktivitäten im Falle einer Rückkehr eine beachtlich wahrscheinliche Verfolgungsgefahr begründet

vgl. etwa Urteile vom 25.8.2011 - 3 A 34/10 - und - 3 A 35/10 -; vom 3.4.2008 - 2 A 312/07 - und vom 28.9.2005 - 2 R 1/05 -.

Ob für den jeweiligen Asyl suchenden Ausländer nach den konkreten Umständen seiner Betätigung mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass er sich derart exilpolitisch exponiert hat, dass erwartet werden kann, seine eigene Betätigung sei von der türkischen Auslandsbeobachtung als türkeikritisch - d.h. als kurdisch-separatistisch oder linksextremistisch - angesehen und erfasst worden, sowie ob auch eine genügende Identifizierung als beachtlich wahrscheinlich erscheint, ist dabei nicht weiter allgemein klärungsfähig, vielmehr eine Frage der Einzelfallwertung

vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 16.12.2004 - 2 R 1/04 sowie Beschlüsse vom 29.4.2003 - 2 Q 116/03 und vom 10.4.2003 - 2 Q 110/03.

Die vom Kläger angeführten Angaben des Zeugen A. in der mündlichen Verhandlung vom 16.6.2011 vor dem Verwaltungsgericht im Verfahren 6 K 1645/08 bieten keinen Anlass, diese Rechtsprechung nochmals einer grundsätzlichen Überprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen. Vielmehr bestätigen diese die bisherige Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts.

Auch erlaubt die Aussage des Zeugen A. keine weitergehende Konkretisierung der bisherigen Rechtsprechung. Insbesondere lässt sich ihr entgegen der Auffassung des Klägers nicht entnehmen, dass allein schon die zeitweilige Mitgliedschaft im Vorstand der K. e.V. bzw. einer ihrer Vorgängerorganisationen im Falle einer Rückkehr die beachtliche Gefahr politischer Verfolgung begründet.

Eine Divergenz der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG gegenüber der bisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes ist insoweit ebenfalls nicht erkennbar, so dass eine Zulassung der Berufung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht kommt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht davon ausgegangen, dass eine Vorstandsmitgliedschaft in der K. e.V. bzw. in einer ihrer Vorgängerorganisationen per se stets bereits eine exponierte exilpolitische Betätigung darstellt, die bei Rückkehr eines kurdischen Klägers in die Türkei zu politischer Verfolgung führen kann. Einen entsprechenden allgemeinen Grundsatz hat das Oberverwaltungsgericht weder in den vom Kläger zitierten Entscheidungen vom 28.9.2005 - 2 R 2/05 -, vom 16.12.2004 - 2 R 1/04 -, vom 3.4.2008 - 2 A 312/07-, vom 26.3.2010 - 2 A 333/09 -, vom 29.4.2003 - 2 Q 116/03 - oder vom 10.4.2003 - 2 Q 110/03 - (welche teilweise nicht einmal asylrechtliche, sondern lediglich ausländerrechtliche Fragestellungen beinhalten) noch sonst aufgestellt. Vielmehr ist das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - wie bereits dargestellt - im Grundsatz allgemein davon ausgegangen, dass kurdischen Volkszugehörigen türkischer Staatsangehörigkeit, die sich exilpolitisch exponiert haben, bei ihrer Rückkehr in die Türkei asylrelevante Verfolgung droht und hat darüber hinaus ( insbesondere auch in den vom Kläger zitierten Entscheidungen 2 R 1/04, 2 Q 110/03, 2 Q 116/03) stets betont, dass es jeweils eine Frage der Einzelfallwertung ist, ob für den jeweiligen Asyl suchenden Ausländer nach den konkreten Umständen eine exilpolitische Exponiertheit angenommen werden kann.

Dem entspricht der Sache nach auch der vom Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung formulierte Grundsatz, wonach eine beachtliche Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung wegen politischer Auslandsaktivitäten nur für Personen besteht, die sich in besonderem Maße exilpolitisch in herausgehobener Funktion und publizitätsträchtig namentlich für die PKK oder ihr nahestehende Organisationen exponiert haben. Im Übrigen räumt selbst der Kläger ein, dass das Verwaltungsgericht „formal“ bei seinen bisherigen Kriterien „geblieben“ sei. Ausgehend von dem dargestellten - der Sache nach unverändert gebliebenen - allgemeinen Grundsatz ist das Verwaltungsgericht lediglich im Rahmen der vorzunehmenden konkreten Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Beweiserhebung aus dem Verfahren 6 K 1645/08 im Falle des Klägers zu dem Ergebnis gelangt, dass dessen exilpolitische Aktivitäten ungeachtet seiner Mitgliedschaft im Vorstand der K. e.V. nicht als exponiert zu erachten sind.

Lediglich ergänzend wird insoweit darauf hingewiesen, dass das Verwaltungsgericht des Saarlandes auch früher bereits in einzelnen Fällen türkischer Staatsangehöriger, die Mitglied im Vorstand kurdischer Exilorganisationen waren, im Rahmen von Einzelfallbewertungen ein Vorliegen exponierter exilpolitischer Aktivitäten verneint hat

vgl. etwa Urteil vom 24.11.2006 - 6 K 26/06.A -.

Inwiefern die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz, insbesondere dem wiedergegebenen Auszug aus dem Urteil vom 7.11.1999 - 10 A 12044/98 OVG - abweichen soll, erschließt sich nicht.

Auch soweit der Kläger sich auf eine Verletzung des Gebots der Gewährung rechtlichen Gehörs im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO beruft, rechtfertigt dies die Zulassung der Berufung nicht.

Der Kläger macht insoweit geltend, ausweislich des Verpflichtungsurteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.12.2003 sei die Flüchtlingsanerkennung vor dem Hintergrund des klägerischen Vortrags erfolgt, in der Türkei gefoltert worden zu sein. Aufgrund dessen komme bei ihm jedenfalls § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG zum Tragen. Zwar habe das Verwaltungsgericht des Saarlandes die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG thematisiert und in den rechtlichen Grundsätzen zutreffend dargestellt. Nicht gefolgt werden könne dem erstinstanzlichen Gericht aber, soweit es unter Subsumtion des klägerischen Vorbringens unter die Vorschrift zu dem Ergebnis gelange, diese sei im Einzelfall nicht einschlägig. Die vom Kläger geschilderten Misshandlungen erfüllten ohne weiteres die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG. Zu seinem abweichenden Ergebnis habe das erstinstanzliche Gericht nur dadurch gelangen können, dass es den klägerischen Vortrag im Asylerstverfahren, wonach er gefoltert und unmenschlich behandelt worden sei, außer Betracht gelassen habe.

Der vom Kläger behauptete Gehörsverstoß ist nicht erkennbar.

Der durch Art. 103 Abs. 1 GG grundgesetzlich gewährleistete Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das angerufene Gericht dazu, das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen. Er soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme oder in der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben, gewährleistet jedoch nicht, dass die angegriffene Entscheidung in jeder Hinsicht frei von materiellen Rechtsfehlern ergeht. Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind grundsätzlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen.

Regelmäßig genügt es dem Gehörsgebot, wenn sich das Verwaltungsgericht in seinem Urteil mit dem nach seiner Auffassung für seine Entscheidung primär relevanten Beteiligtenvorbringen auseinandergesetzt hat. Nur dann, wenn das Verwaltungsgericht erhebliches Vorbringen eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, eindeutig übersehen hat oder in den Entscheidungsgründen nicht darauf eingegangen ist, lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach den vom Gericht vertretenen Rechtsstandpunkt ohnehin unerheblich war

vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 2.5.1998 - 2 BvR 378/98 -, NVwZ-RR 1999, 217 m.w.N. sowie Beschluss vom 23.7.2003 - BvR 624/01 -, NVwZ-RR 2004, 3.

Gemessen an diesen Maßstäben liegt der behauptete Gehörsverstoß nicht vor.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht anzunehmen, dass das Verwaltungsgericht sein Vorbringen, gefoltert worden zu sein, außer Acht gelassen hat. Vielmehr ist im Tatbestand des angefochtenen Urteils ausdrücklich ausgeführt, dass der Kläger zur Begründung seines Asylbegehrens angegeben habe, in der Türkei die HADEP unterstützt zu haben und aufgrund seiner Parteiarbeit wiederholt festgenommen und gefoltert worden zu sein. Auch hat das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen die in § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG enthaltene humanitäre Klausel, wonach von einem Widerruf abzusehen ist, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in seinem Heimatstaat abzulehnen, ausdrücklich problematisiert. Dies spricht dafür, dass das Verwaltungsgericht die dem Kläger nach eigenem Vorbringen vor seiner Ausreise aus der Türkei widerfahrenen Geschehnisse zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Das Verwaltungsgericht ist lediglich bei der Subsumtion des konkreten Falles des Klägers unter die Vorschrift zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Kläger es gerne gesehen hätte. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass bei erlittenen Misshandlungen bzw. Folter stets ein Ausnahmefall im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG anzunehmen sei. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG ist vielmehr, dass Nachwirkungen früherer Verfolgungsmaßnahmen vorliegen, die zur Unzumutbarkeit der Rückkehr in das Heimatland auch dann führen, wenn eine Verfolgung nicht mehr droht

vgl. BVerwG, Urteil vom 1.11.2005 - 1 C 24.04 - in DVBl. 2006, Seite 511; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2011 - 3 A 35/10 -, juris.

Dementsprechend ist im Einzelfall jeweils anhand einer Gesamtwürdigung der Umstände festzustellen, ob ein Ausnahmefall im Sinne der humanitären Klausel gegeben ist.

Der Sache nach wendet sich der Kläger letztlich gegen das Ergebnis der dem Verwaltungsgericht obliegenden Würdigung seines konkreten Falles. Mit Blick auf den abschließenden Katalog der Zulassungsgründe im Asylverfahren (§ 73 Abs. 3 Nr. 1 - 3 AsylVfG) vermag dies eine Rechtsmittelzulassung jedoch nicht zu rechtfertigen. Wie die im Vergleich zu § 124 Abs. 2 VwVO eingeschränkte Aufzählung von Gründen für die Zulassung der Berufung in § 78 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 AsylVfG verdeutlicht, hat der Gesetzgeber den gerichtlichen Rechtsschutz in Asylverfahren hinsichtlich der Sachverhaltsbeurteilung grundsätzlich auf eine Instanz beschränkt

vgl. auch Beschlüsse des Senats vom 26.11.2009 - 3 A 268/09 - und vom 3.3.2010 - 3 A 6/10 -.

Für die erstrebte Rechtsmittelzulassung ist nach allem kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83 b AsylVfG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Beklagte wird – insoweit unter Aufhebung seines Bescheides vom 02.12.2010 und seines Widerspruchsbescheides vom 07.06.2011 – verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer weitergehenden Betriebsprämie 2010 (ohne Kürzung wegen Verstoßes gegen CC-Vorschriften) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.

Klägerin und Beklagter tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich in dem vorliegenden sowie in drei weiteren Verfahren gegen eine Kürzung eines Beihilfeanspruches und begehrt deren vollständige Zahlung. Die Kürzung des Anspruchs ist jeweils auf dem Hintergrund eines Verstoßes gegen Cross-Compliance-Regelungen erfolgt.

2

Dem liegt folgender – unstreitiger – Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin, ein landwirtschaftlicher Betrieb, bewirtschaftet u. a. den Gründlandschlag „Bossows Koppel“ mit der Identnummer ... . Der Schlag hat eine Größe von 85 ha und liegt im Geltungsbereich der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Lewitz – Landkreis Parchim“ (LSG-VO „Lewitz“) in ihrer Fassung vom 23.01.1997 und des Europäischen Vogelschutzgebiet “Lewitz“ (DE 2535-402) .

3

Die Klägerin brach die fragliche Fläche im Frühjahr 2009 um. Nach einer einjährigen Zwischennutzung mit Ackerkulturen (hier konkret: Mais) legte sie sie im Folgejahr wieder als Dauergrünland an.

4

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass aus landwirtschaftlicher Sicht eine solche Maßnahme nicht zu beanstanden ist. Streitig ist, ob der zwischenzeitliche Anbau von Mais gegen Vorschriften des Naturschutzes verstößt.

5

Die zuständige Untere Naturschutzbehörde führte am 09.07.2009 bei der Klägerin eine Vorortkontrolle durch und beanstandete die erfolgte Maßnahme; ihren Prüfbericht brachte sie dem Beklagten (wie auch der Klägerin) zur Kenntnis.

6

Auf den klägerischen Antrag auf Gewährung einer Beihilfe im Rahmen der Betriebsprämieregelung 2010 gewährte der Beklagte gemäß Bescheid vom 02.12.2010 eine Betriebsprämie in Höhe von 2.105.145,91 €. Aus der Begründung ergibt sich eine „Kürzung wegen CC-Beanstandungen in Höhe von 65.107,61 €“.

7

Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid unter dem 09.12.2010 Widerspruch ein.

8

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nahm die Untere Naturschutzbehörde beim Landrat des Landkreises Parchim unter dem 23.02.2011 wie folgt Stellung: Die Klägerin habe im Jahre 2009 eine Grünlandumwandlung durchgeführt und anschließend Mais angebaut, 2010 sei wiederum Grünland eingesät worden. Diese einjährige Zwischennutzung sei nach der Dauergrünlanderhaltungsverordnung zulässig und auch so beim seinerzeit zuständigen Amt für Landwirtschaft beantragt worden. Da der betroffene Feldblock sich jedoch im Landschaftsschutzgebiet und Europäischen Vogelschutzgebiet „Lewitz“ befinde, seien zum Zeitpunkt der Umwandlung auch die Vorschriften der entsprechenden Landschaftsschutzgebietsverordnung „Lewitz“ zu berücksichtigen gewesen seien. Es habe seinerzeit § 3 Abs. 1 Nr. 14 der Landschaftsschutzgebietsverordnung gegolten, wonach es verboten gewesen sei, vorhandenes Dauergrünland in eine andere Nutzungsform umzuwandeln; freigestellt gewesen sei lediglich der Umbruch zum Zwecke der Wiederansaat. Die erforderliche Genehmigung (Ausnahme/Befreiung) für die Umwandlung habe nicht vorgelegen. Es sei eine Vorortkontrolle vorgenommen worden, in deren Ergebnis die Grünlandumwandlung als mittelschwerer Verstoß mit der Folge einer dreiprozentigen Kürzung bewertet worden sei. Eine Einordnung als leichter Verstoß sei nicht möglich gewesen. Bei Verstößen sei grundsätzlich der Regelsatz von 3 % anzuwenden, anderes gelte nur, wenn Gründe vorlägen, die Abweichungen nach oben oder unten begründen könnten; derartige Gründe hätten nicht vorgelegen. Insbesondere die Tatsache, dass die Grünlandumwandlung eine Fläche von 85 ha betroffen habe als auch die Gegebenheit, dass die umgewandelte Grünlandfläche eine langjährige Brutstätte eines Brachvogelpaares gewesen sei, wögen schwer. Auch der Umstand, dass im Jahr 2010 wieder Grünland eingesät worden und damit der Verstoß behoben worden sei, könne die durch die Umwandlung entstandenen Beeinträchtigungen nicht aufwiegen. Bei einem vergleichbaren Fall sei ebenfalls eine dreiprozentige Kürzung vorgenommen worden.

9

Mit (gemeinsamem) Widerspruchsbescheid vom 07.06.2011 wies der Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück. Nach der einschlägigen Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Lewitz - Landkreis Parchim“ sei ausgenommen von dem Verbot der Umwandlung vorhandenen Dauergrünlandes die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung. Allerdings sei nach Ziffer 14 ausgenommen worden lediglich der Umbruch zur Wiederansaat, nicht aber mit einer Zwischennutzung. Die strikte Verbots- und Ausnahmekette sei dem Schutzzweck nach § 2 der benannten Verordnung geschuldet. Der Erhaltung des Landschaftsbildes werde eine große Bedeutung zugemessen; um dieser Bedeutung gerecht zu werden, sei die Regelung der Verbote und deren Ausnahmen streng gefasst und somit auch streng auszulegen. Dies sei auch der Klägerin ersichtlich gewesen, die gewusst habe, dass sie in einem Landschaftsschutzgebiet wirtschafte, und die auch im Besitz der fraglichen Verordnung gewesen sei.

10

Die Höhe der Sanktion sei nicht zu beanstanden. Dass das seinerzeit zuständige Amt für Landwirtschaft eine allein auf die Dauergrünlanderhaltungsverordnung abgestellte Auskunft erteilt habe, könne nicht zugunsten der Klägerin herangezogen werden; es sei nicht ersichtlich, ob sie explizit nach den Bedingungen in dem Landschaftsschutzgebiet gefragt habe oder nur allgemein zum Umbruch zur Wiederansaat mit Zwischenfrucht. Da die Klägerin sich bewusst gewesen sei, im Landschaftsschutzgebiet zu wirtschaften, hätte sie auch wissen müssen, welche Behörde für sie zuständig gewesen sei.

11

Die Klägerin hat am 07.07.2011 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie die ungekürzte Auszahlung der fraglichen Betriebsprämie begehrt.

12

Vorliegend zu klären sei die Frage, ob die in der Landschaftsschutzgebietsverordnung geregelten Verbote Grundanforderungen an die Betriebsführung im Sinne von Artikel 5 der VO (EG) Nr. 73/2009 darstellten. Diese Verordnung enthalte keine Inbezugnahme der Europäischen Vogelschutzrichtlinien bzw. der FFH-Richtlinie, so dass zu fragen sei, ob die Umsetzung der Richtlinien in Deutschland wirklich über die hier streitgegenständliche LSVO erfolgt sei und ob sich aus ihr Grundanforderungen an die Betriebsführung für die Klägerin wirklich ergeben könnten. Artikel 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 73/2009 bestimme dazu, dass die im Anhang II aufgeführten Rechtsakte in ihrer jeweils geltenden Fassung im Falle von Richtlinien so gälten, wie sie von den Mitgliedsstaaten umgesetzt worden seien. Demgemäß könne die LSVO nur dann Grundanforderungen an die Betriebsführung regeln, wenn damit die o. g. Richtlinien umgesetzt worden seien und diese Umsetzung auch ordnungsgemäß erfolgt sei; dies sei zu bestreiten. Die Umsetzung der Europäischen Richtlinien durch eine Landesverordnung sei nicht ausreichend und die LSVO enthalte keinen Hinweis auf die beiden Richtlinien und diene daher nicht ihrer Umsetzung, so dass die Landschaftsschutzgebietsverordnung „Lewitz“ in der Fassung von 1997 nicht als Umsetzung der Vogelschutzlinie angesehen werden könne. Erst in der Landschaftsschutzordnung „Lewitz“ in der Fassung vom 07.01.2010 gebe es die ausdrückliche Erklärung, dass die Erklärung zum Landschaftsschutzgebiet auch zur Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie erfolge. Erforderlich sei jedenfalls die Bekanntmachung der Europäischen Vogelschutzgebiete im Bundesanzeiger, diese Richtlinie sei im maßgeblichen Zeitpunkt, dem Frühjahr 2009, noch nicht in zutreffender Weise umgesetzt gewesen. Damit habe in Deutschland keine entsprechende Verpflichtung im Rahmen der Cross-Complinace-Regelung bestanden.

13

Unstreitig fände die FFH-Richtlinie im vorliegenden Fall keine Anwendung. Es reiche aber nicht aus, dass die LSGVO „Lewitz“ in der älteren Fassung Regelungen enthalten habe, die direkt oder indirekt auch dem Vogelschutz habe dienen können; im Rahmen der Anwendung der Cross-Complinace-Sanktionen habe dies außer Betracht zu bleiben. Insbesondere die Sanktionsregelungen müssten so klar und transparent sein, dass der Betroffene ohne Weiteres erkennen könne, dass ein Verstoß gegen eine in einer Landschaftsschutzgebietsverordnung geregelte Pflicht Sanktionen nach sich ziehen könne; dies sei vorliegend in keiner Weise gegeben gewesen.

14

Die Anforderungen der FHH- und Vogelschutzrichtlinie der EU seien dem Landkreis bei Erlass der LSGVO „Lewitz“ noch nicht bekannt gewesen; es sei daher davon auszugehen, dass er diese mit der LSGVO „Lewitz“ nicht habe umsetzen wollen.

15

Außerdem gingen die in § 3 geregelten Verbote über den Schutzzweck der genannten Richtlinien hinaus. Dies könne allerdings letztlich offenbleiben, weil die Klägerin nicht gegen das in § 3 Ziffer 14 LSVO geregelte Umwandlungsverbot verstoßen habe. Die Vorgehensweise, nach Umbruch des Grünlands und einjähriger Zwischennutzung für den Maisanbau Gründland wieder anzusäen, sei aus Gründen der Bodenpflege und Bodenverbesserung wünschenswert. Die Zwischennutzung sei insbesondere zur Beseitigung von hartnäckigen Ungräsern bzw. Unkräutern erforderlich; der befristete Anbau von Mais als Zwischennutzung diene als zusätzliche Maßnahme der Beseitigung hartnäckiger Schadpflanzen und damit der erfolgreichen Wiederansaat, ohne dass dabei eine Umwandlung von vorhandenem Dauergrünland in eine Nutzungsart erfolge. Die Zwischennutzung stelle eine Vorbereitung der Wiederansaat von Grünlandflächen dar, bei bestimmten Schadbildern erfolge erst durch eine Zwischennutzung die erforderliche Schadpflanzenbeseitigung, wie eine gutachterliche Stellungnahme eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, welche zu den Akten gereicht worden sei, ergebe.

16

Ziele der LSVO seien durch die Zwischennutzung nicht verletzt, insbesondere sei das Landschaftsbild erhalten worden, denn nach der nur wenige Monate andauernden Zwischennutzung sei dort jetzt wieder Dauergrünland vorzufinden, und zwar in einem wesentlich besseren Zustand als vor dem Umbruch. Die in Bezug genommenen Richtlinien erforderten lediglich eine langfristige Erhaltung der Lebensräume, wie sich aus Artikel 1 Buchstabe e der FFH-Richtlinie ergebe: Dort sei ausdrücklich zur Definition des Begriffs „Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraumes“ festgehalten, dass es auf die langfristige Betrachtung des Lebensraums ankomme. Die Zwischennutzung mit Mais habe dieses Erhaltungsziel nicht gefährden können.

17

Soweit die angefochtene Entscheidung darauf gestützt werde, die Grünlandfläche sei zum Zeitpunkt der Umwandlung Brutplatz eines Brachvogelpaares gewesen, treffe dies nicht zu; hierzu wird weitergehend ausgeführt.

18

Die Klägerin beantragt,

19

unter Abänderung seines Bewilligungsbescheides vom 02.12.2010 und seines Widerspruchsbescheides vom 07.06.2011 den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin eine weitere Betriebsprämie 2010 in Höhe von 65.107,61 € zu gewähren.

20

Der Beklagte beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Die Grundanforderungen an die Betriebsführung nach Anhang II der VO (EG) 73/2009 umfasse Vorschriften der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 02.04.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie), ersetzt durch die Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 30.11.2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten. Der fraglich Grünlandschlag „Bossows Koppel“ befinde sich im Europäischen Vogelschutzgebiet „Lewitz“, so dass Vorschriften des Anhangs II der VO (EG) 73/2009 betroffen seien. Neben der Erhaltung des Landschaftsbildes diene die Verordnung auch der Erhaltung und Entwicklung und Verbesserung der Lebensstätten der typischen Tier- und Pflanzenwelt, so dass ein Bezug zwischen den Erhaltungszielen der jeweiligen Schutzanordnung bestehe. Dies wiederum führe zur Möglichkeit der Sanktionen bei dem in Rede stehenden Verstoß, da es dem Sinn und Zweck der anderweitigen Verpflichtungen entspreche. § 3 Abs. 1 Nr. 14 LSVO „Lewitz“ nehme vom Verbot einer Umwandlung vorhandenen Dauergrünlands in eine Nutzungsart nur den Fall eines Umbruchs zum Zwecke der Wiederansaat aus. Wenn man dies unter Zugrundelegung des Schutzzweckes der Vogelschutzrichtlinie und der LSGVO „Lewitz“ betrachte, sei zwangsläufig eine enge Auslegung hinsichtlich des erlaubten Umbruchs zum Zwecke der Wiederansaat anzunehmen. Ungeachtet dessen sei nicht ersichtlich, warum der Umbruch zur Wiederansaat gleichzeitig die Erlaubnis eines Umbruchs zur Wiederansaat mit Zwischenfrucht bedeuten solle; solches weise die Verordnung gerade nicht aus. Auch die Tatsache, dass der Umbruch zum Zwecke der Wiederansaat mit Zwischenfrucht der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft und der Grünlandverhaltungsverordnung entspreche, ändere hieran nichts. Bedenke man, dass selbst der Umbruch zur Wiederansaat einen Eingriff in den Lebensraum der sich dort befindlichen Tiere bedeute, widerspreche der Anbau von Mais völlig dem Zweck der Erhaltung eines bestehenden Lebensraumes.

23

Die Kammer hat am 22.10.2013 über das Verfahren mündlich verhandelt und den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, den der Beklagte (nach Befassung der vorgesetzten Behörde) abgelehnt hat; er hat deren Begründung zu den Akten gereicht.

24

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der hierzu gereichten Verwaltungsvorgänge.

Entscheidungsgründe

26

Das Gericht konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

27

Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg.

28

1. Gemäß Art. 4 Abs. 1 der ‚Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19.01.2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003’ (ABl. L 30, S. 16) muss ein Betriebsinhaber, der Direktzahlungen bezieht, die Grundanforderungen an die Betriebsführung nach Anhang II und die Vorschriften zum gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 6 erfüllen.

29

Nach Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 1 VO (EG) Nr. 73/2009 wird der Gesamtbetrag der Direktzahlungen, der nach Anwendung der Artikel 7, 10 und 11 dem Betriebsinhaber gewährt wurde oder zu gewähren ist, nach den Durchführungsbestimmungen gemäß Artikel 24 gekürzt oder gestrichen, wenn die Grundanforderungen an die Betriebsführung oder das Kriterium des guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands in einem bestimmten Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt werden, wenn dieser Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem Betriebsinhaber anzulasten ist.

30

Die Grundanforderungen an die Betriebsführung werden gemäß Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 73/2009 i.V.m. Anhang II dieser Verordnung in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft in verschiedenen Bereichen festgelegt, in dem Bereich 'Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen', dem Bereich 'Umwelt' und dem Bereich 'Tierschutz'. Zum Bereich 'Umwelt' gehören nach Anhang II der VO (EG) Nr. 73/2009 u. a. zum einen Normen der ‚Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. April 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen’. Insoweit teilt die Kammer die Auffassung der Beteiligten, dass diese Richtlinie auf den vorliegenden Fall noch keine Anwendung finden kann.

31

Weiterhin sind in Anhang II aufgeführt Normen der ‚Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten’, (welche ersetzt wurde durch die – vorliegend gleichfalls noch nicht einschlägige - ‚Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 30.11.2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten’). Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 79/409/EWG verpflichtet die Mitgliedsstaaten, unter Berücksichtigung der in Art. 2 genannten Erfordernisse die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um für alle unter Art. 1 der Richtlinie fallenden Vogelarten eine ausreichende Vielfalt und Flächengröße der Lebensräume zu erhalten oder wieder herzustellen. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchstabe b der Richtlinie gehören hierzu u. a. Maßnahmen zur Pflege und ökologisch richtigen Gestaltung der Lebensräume in und außerhalb von Schutzgebieten. Nach Art. 2 treffen die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um die Bestände aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten (das sind sämtliche wildlebenden Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, auf welche der Vertrag Anwendung findet, heimisch sind) auf einem Stand zu halten oder auf einen Stand zu bringen, der insbesondere den ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entspricht.

32

Die Richtlinie 79/409/EWG wurde durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes - BNatSchG - vom 30.04.1998 (BGBl. I S. 823) in nationales Recht umgesetzt – dies weist die Fußnote zur Überschrift des Gesetzes aus, welches die hier interessierende Richtlinie 79/409/EWG (unter Nr. 2) ausdrücklich aufführt. Dieses Gesetz ist ein Vorgänger des vorliegend anzuwendenden Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege vom 25. März 2002 (BGBl. I S. 1193).

33

Nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bestimmen die Länder, dass Teile der Natur und Landschaft (u. a.) zum Landschaftsschutzgebiet erklärt werden können. Das Landesrecht, nämlich (auch) das seinerzeit, zum Zeitpunkt des Umbruches des fraglichen Schlages im Jahre 2009 geltende Gesetz zum Schutz der Natur und der Landschaft im Lande Mecklenburg-Vorpommern, ermöglicht nach § 23 die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten und bestimmt in § 75 die Fortgeltung von Unterschutzstellungen. Nach dessen Abs. 2 bleiben die aufgrund des § 3 des Ersten Gesetzes zum Naturschutz im Lande Mecklenburg-Vorpommern (vom 10.01.1992, GVOBl. M-V S. 3) erlassenen Unterschutzstellungen in Kraft, sofern sie nicht ausdrücklich aufgehoben oder geändert werden oder ihre Geltungsdauer abläuft. Die Regelung des § 3 Abs. 1 des Ersten Gesetzes zum Naturschutz im Lande Mecklenburg-Vorpommern benennt nun die hier interessierende ‚Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Lewitz – Landkreis Parchim“ (LSG-VO „Lewitz“)’ vom 23.01.1997; Zweifel an ihrer fortbestehenden Geltung und daran, dass der fragliche Schlag in dem von der Verordnung erfassten Bereich gelegen ist, bestehen nicht.

34

Die LSG-VO „Lewitz“ benennt in § 2 als Schutzzweck der Verordnung unter anderem die Erhaltung und Entwicklung und Verbesserung der Lebensstätten der typischen Tier- und Pflanzenwelt, § 2 Abs. 2 Nr. 3. § 3 Abs. 1 bezeichnet ‚Verbote’ für den Geltungsbereich der Verordnung, darunter auch (in § 3 Abs. 1 Nr. 14) das Verbot, „vorhandenes Dauergrünland in eine andere Nutzungsart umzuwandeln.“. In § 4 sind ‚nicht betroffene Tätigkeiten’ aufgelistet, die von den Verboten des § 3 unberührt bleiben – darunter in Nr. 1,

35

„die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung sowie die ordnungsgemäße Nutzung und Pflege der Hecken, Feldhecken oder Ufergehölze: die Verbote nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, 5, 7, 8, 14 (außer zum Umbruch zum Zwecke der Wiederansaat) und 15 (außer …) gelten jedoch uneingeschränkt“.

36

Zu dem vorliegenden Fall, dass die Neueinsaat mit Grünlandsaat nicht sofort erfolgt, sondern eine einjährige Ackernutzung dazwischen geschaltet wird, um bestimmte, ungewollte Grünlandpflanzen nachhaltig zu beseitigen, verhält sich der Wortlaut der Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht. Indessen ergibt die (aus Sicht der Kammer zwingende) Auslegung nicht nur, dass der Verordnungsgeber grundsätzlich einen Umbruch als Umwandlung der Nutzungsart sieht (sonst gäbe die Klammerregelung in § 4 Nr. 1 keinen Sinn), sondern eine Ausnahmeregelung für den „Umbruch zum Zwecke der Wiederansaat“ trifft. Die Regelungssystematik (Ausnahmeregelungen sind grundsätzlich eng auszulegen) und der zitierte Schutzzweck der Verordnung gebieten nach Auffassung der Kammer dann, den Sonderfall der Erneuerung eines Dauergrünlandes, Umbruch zwecks Neueinsaat nach ackerlicher Zwischennutzung, für durch die Verordnung verboten zu halten. Da die ackerliche Zwischennutzung die Beeinträchtigung der „Lebensstätte Dauergrünland“ für die dortige typische Tier- und Pflanzenwelt (siehe etwa Großer Brachvogel) eigenständig nicht unerheblich vertieft, hätte der Verordnungsgeber ausdrücklich und zweifelsfrei regeln müssen, dass er dies dennoch erlauben will.

37

Damit liegt nach Auffassung der Kammer ein CC-relevanter Verstoß in der von der Klägerin gewählten einjährigen Zwischennutzung von Dauergrünland mit Ackerkulturen vor.

38

Zutreffend ist zwar, dass die fragliche LSG-VO „Lewitz“ aus dem Jahre 1997 datiert und damit vor der Umsetzung der Richtlinie durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes - BNatSchG - vom 30.04.1998 ergangen ist; demgemäß konnte auch nicht Motiv bei Erlass der LSG-VO „Lewitz“ eine Umsetzung der FHH- und Vogelschutzrichtlinie der EU gewesen sein. Indessen wurde durch die Bestimmung in § 75 BNatSchG eine Einbeziehung bereits erfolgter Unterschutzstellungen geregelt, so dass auf diesem Wege diese in den Anwendungsbereich der Richtlinie (und damit der CC-Relevanz) Eingang gefunden haben.

39

2. Allerdings erweist sich das vom Beklagten bislang durchgeführte Verfahren als fehlerhaft.

40

Nach Art. 24 Abs. 1 VO (EG) Nr. 73/2009 sind Durchführungsbestimmungen zu den Kürzungen und Ausschlüsse zu erlassen, dabei werden Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit der Verstöße berücksichtigt. Die fraglichen Durchführungsbestimmungen sind in der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 geregelt. Ist die festgestellte Nichteinhaltung auf Fahrlässigkeit des Betriebsinhabers zurückzuführen, so wird nach Art. 71 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 eine Kürzung vorgenommen. Diese Kürzung beläuft sich im Allgemeinen auf 3 % des Gesamtbetrags, Satz 2 der Norm. Dieses Maß wurde vorliegend (vom Beklagten) in Ansatz gebracht.

41

Allerdings kann nach Art. 71 Abs. 1 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 1122/2009 die Zahlstelle auf der Grundlage der Bewertung durch die zuständige Kontrollbehörde im bewertenden Teil des Kontrollberichtes beschließen, den genannten Prozentsatz entweder auf 1 % des Gesamtbetrages zu vermindern oder ihn auf 5 % zu erhöhen oder aber in bestimmten Fällen überhaupt keine Kürzung zu verhängen. „Zahlstelle“ im Sinne der genannten Norm (Art. 2 Nr. 30 VO (EG) Nr. 1122/2009 verweist insoweit auf die VO (EG) Nr. 1290/2005) ist das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz M-V, wie etwa die Dienstanweisung „Für die allgemeine Verfahrensbeschreibung der Zahlstelle für ELER-finanzierte Maßnahmen ….“ ausweist.

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Diese landesrechtlich vorgenommene (europarechtlich nicht geforderte) Trennung zwischen Bewilligungsbehörde und Zahlstelle hat die Konsequenz, dass eine Ermessensentscheidung der Bewilligungsbehörde weder gefordert noch überhaupt rechtlich möglich ist. Vielmehr hat die Bewilligungsbehörde in den Fällen einer (beabsichtigten) Kürzung wegen CC-Verstöße (behördenintern) eine Ermessensentscheidung der Zahlstelle einzuholen. Insoweit mag es angehen, dass dieser Verfahrensschritt nicht bereits vor Erlass des Ausgangsbescheides durchgeführt wird; insbesondere stellt die Bearbeitung landwirtschaftsrechtlicher Anträge ein Massenverfahren dar, bei dem auch Gesichtspunkten einer Verfahrensökonomie Rechnung getragen werden kann. Wenn jedoch gegen den Erstbescheid wegen einer dort erfolgten Kürzung Widerspruch eingelegt worden ist, hat eine individualisierte Überprüfung und eine Befassung der Zahlstelle zu erfolgen; solches sieht im Übrigen auch das vom Beklagten vorgelegte ‚Ergebnisprotokoll des Zahlstellenkoordinierungsreferates’ des Ministeriums (unter 2. 2. Spiegelstrich) vor. Ohne eine solche Befassung erweist sich die Bearbeitung als verfahrensfehlerhaft – mit der zwingenden Konsequenz, dass die angefochtenen Bescheide aufzuheben sind. Eine Ergänzung von Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren (nach § 114 Satz 2 VwGO) kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil es sich hierbei nicht um die Erwägungen des Beklagten – der Bewilligungsbehörde – handeln kann. Auch eine Einführung einer Stellungnahme der Zahlstelle durch den jeweiligen Beklagten im gerichtlichen Verfahren, welche seine Rechtsauffassung bestätigt, kann den Verfahrensfehler nicht heilen, sondern signalisiert allenfalls die Einschätzung der Zahlstelle für ein Folgeverfahren.

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Der Verfahrensfehler führt indessen nicht zur Klagestattgabe; es fehlt an einer Spruchreife. Zwar ist die Zahlstelle in ihrer Ermessensentscheidung nicht frei, diese ist vielmehr „auf der Grundlage der Bewertung durch die zuständige Kontrollbehörde gemäß Artikel 54 Absatz 1 Buchstabe c“ der VO (EG) Nr. 1122/2009 zu treffen. Diese Norm erfasst den „bewertenden Teil“ des Kontrollberichts, in dem die Bedeutung der festgestellten Verstöße nach den Kriterien ‚Schwere’, ‚Ausmaß’, ‚Dauer’ und ‚Häufigkeit’ zu beurteilen und alle Faktoren aufzuführen sind, die zu einer Erhöhung oder Verminderung der anzuwendenden Kürzung führen sollten. Diese Bewertung der einzelnen Kriterien wie auch der ‚Gesamteinschätzung’ hat durch die zuständige Behörde zu erfolgen; das Gericht kann deren Bewertung zwar nach Maßgabe des § 114 VwGO überprüfen, nicht aber selbständig vornehmen. Demgemäß ist der Beklagte zur Neubescheidung hinsichtlich der vorgenommenen CC-Kürzung zu verpflichten. Verwaltungsintern wird dieser eine Entscheidung der Zahlstelle herbeiführen, bevor er die Klägerin erneut bescheidet.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

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Von der nach § 167 Abs. 2 VwGO eröffneten Möglichkeit, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, sieht die Kammer ab.

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Beschluss

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Der Streitwert wird auf 65.107,61 € festgesetzt, § 52 Abs. 3 GKG.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.